Altweltkamele Als Altweltkamel wird eine Gattung der Kamelartigen bezeichnet, die in besonderer Weise an das Überleben in der Wüste angepasst sind. Zu dieser Gattung gehören als Art das Baktrische Kamel oder Trampeltier, dass sich durch zwei Höcker auszeichnet und das Dromedar, das nur über einen Höcker verfügt. Etymologie Das Wort Kamel stammt vom lateinischen camelus. Ursprünglich hieß nach Grimm das Tier mit anderem Namen gothisch ulbandus, althochdeutsch olpentâ, mittelhochdeutsch olbente. Der neue Name wurde durch die Kreuzzüge aus dem Morgenland mitgebracht: „der olbenten, daz Walhe heizent camelum.“ Über mittelhochdeutsch kémel, kemmel und kembel, auch kembelîn und kemelîn entwickelte sich die heutige Bezeichnung. Da der Name „Kamel“ als Oberbegriff für alle Kamelarten, also Trampeltier, Dromedar, Guanako, Lama, Vicunja und Alpaka benutzt wird, ist eine Benennung des baktrischen Kamels als Trampeltier üblich und bezeichnet die zweihöckerigen Altweltkamele. Die Ähnlichkeit der Wüste und des Meeres in ihrer Weite und Lebensfeindlichkeit sowie das Schaukelnde seines Gangs bescherte dem Kamel den Beinamen Wüstenschiff, da man lange Zeit nur mit Kamelen als Transportmittel in der Lage war, die Wüste zu bereisen bzw. zu durchqueren. Kamele – Überlebenskünstler der Wüste Dromedar Die Anpassung der Kamele an ihren Lebensraum Alle Altwelt-Kamelarten sind Überlebenskünstler der Wüste. Nur wenige Großtiere sind in der Lage, in den lebensfeindlichsten Regionen der Erde, den Wüsten, zu überleben. Altweltkamele haben dagegen die Anpassung an diese lebensfeindliche Umgebung perfektioniert. Im Gegensatz zu ihren südamerikanischen Verwandten, den Neuweltkamelen (Lama, Alpaka, Guanako und Vicuña) sind die beiden Kamelarten der Altwelt Bewohner der trockensten Gebiete der Erde. So lebt das Baktrische Kamel oder Trampeltier (Camelus ferus – Wildtrampeltier „Camelus ferus ferus“ – Haustrampeltier „Camelus ferus bactrianus“), erkennbar an den zwei Höckern, vor allem in den asiatischen Wüstengebieten. Das Dromedar (Camelus dromedarius) mit nur einem Höcker lebt in der Sahara und in den arabischen Wüsten. Sowohl das Trampeltier als auch das Dromedar haben sich ihrem Lebensraum in besonderer Weise angepasst. Höcker als Fettspeicher Kamelkarawane In ihren Höckern lagern die Tiere Fett ein, das ihnen in Hungerperioden als Futterund Wasserreservoir dient. Mit Hilfe dieses Nahrungslagers können Kamele bis zu 30 Tage ohne Nahrung auskommen. Auch ihre Wasserspeicherung ist perfektioniert und enorm. Sie speichern so viel Wasser im Magen, dass es ihnen möglich ist, bis zu zwei Wochen ohne Flüssigkeit zu überleben. Beide Speicher füllen die Kamele auf, wenn sie Wasser oder Nahrung aufnehmen. Dabei schaffen sie es, innerhalb von zehn Minuten über 100 Liter Wasser auf einmal zu trinken und einzulagern. Augenzeugenberichten zufolge tränken die Kamelpfleger die Tiere vor einer Reise auch zwangsweise. Die Besonderheit: wenn dieses „freie“ Wasser dann auf dem Wege durch die Wüste verbraucht ist, können die Tiere durch Abbau der Fettreserven im Höcker über den Stoffwechsel auch Wasser gewinnen. Das Fett in ihren Höckern heißt Tristearin. Bei der Verbrennung von 1000 g dieser Substanz mit Summenformel C57H110O6 entsteht neben Kohlendioxid auch 1111 g Wasser. Zur Berechnung dieser Mengen siehe Stöchiometrie. Regulierung der Körpertemperatur Die Altweltkamele verfügen als Anpassung an ihren Lebensraum über eine ungewöhnliche Anpassungsfähigkeit der Körpertemperatur. Die Körpertemperatur eines Kamels liegt bei ausreichender Wasserversorgung auf dem säugetiertypischen Niveau von 38 °C. Mangelt es ihm dagegen an Wasser, so kann die Körpertemperatur zwischen 34 °C nachts- und 41 °C tagsüber schwanken, ohne dass das Tier dadurch Schaden nimmt. Über diese Anpassung der Körpertemperatur spart das Kamel Wasser. Wie der Biologe Lavers berechnet hat, bedeutet bei einem 500 Kilogramm schweren Kamel eine Erhöhung der Körpertemperatur um 7 °C, dass das Gewebe 3.000 Kilokalorien an überschüssiger Wärme speichert, die, wenn sie ausgeschwitzt würden, fünf Kilogramm verbrauchen würden. Kamele schwitzen erst dann – und verlieren damit Wasser – wenn ihre Körpertemperatur über 41 °C steigt. Sie ertragen dabei einen ungewöhnlich hohen Grad an Dehydration und können bis zu 25 Prozent Gewichtseinbuße durch Schwitzen erleiden, ohne dass diese Entwässerung sich lebensgefährdend auswirkt. Auch das dichte Fell der Kamele wirkt regulierend auf die Körpertemperatur, da es das Sonnenlicht reflektiert. Ein geschorenes Kamel muss im Vergleich zu einem ungeschorenen um 50 % mehr schwitzen, um seine maximale Körpertemperatur nicht zu überschreiten. Nahrung Kamele sind in der Lage, auch dornenreiche und salzhaltige Pflanzen als Nahrung zu nutzen. In absoluten Notsituationen fressen sie jedoch auch Knochen, Häute oder Fleisch sowie Zelte, Sandalen oder Tücher ihrer Besitzer. Weitere Anpassungen an den Lebensraum Wüste Da es gerade in Wüstengebieten immer wieder zu Sandstürmen kommt, müssen sich die Tiere auch vor diesen Bedingungen schützen. Sie haben extrem lange Wimpern, die die Augen überdecken und so den Sand abhalten. Außerdem sind ihre Ohren mit langen Haaren bewachsen und sie können die Nasenlöcher schließen, sodass auch hier kein Sand eindringen kann. Durch ihren Passgang, bei dem sie beide Beine einer Seite immer gemeinsam bewegen, und ihre sehr breiten Fußflächen können sie sich auch auf tiefem, weichem Sand gut fortbewegen. Die Salzwasserkamele der Wüsten Taklamakan, Kuruktagh und Gobi Europäer auf dem Rücken eines Kamels - Asiatische Arbeit Nikolai Michailowitsch Prschewalski traf im Jahre 1876 am See Kara-koschun im östlichen Teil des Tarimbeckens zwischen den Wüsten Taklamakan und Kuruktagh in der chinesischen Provinz Xinjiang auf Wildkamele, und es gelang ihm, einige Tiere zu fangen und erstmals wissenschaftlich zu beschreiben. Sven Hedin fand 1901 in der gleichen Gegend am Kum-darja in der Nähe von Lop Nor ebenfalls Wildkamele. Im Jahr 1927 erforschte der russische Wissenschafter A. D. Simukov die Verbreitung und Lebensweise dieser Salzwasserkamele (Camelus ferus), die optimal an den Salzwassersee Lop Nor angepasst sind. Seit einigen Jahren erforschen Wissenschaftler diese Kamele, die zwei Besonderheiten aufweisen und in den Wüsten Taklamakan, Kuruktagh und Gobi leben. Anscheinend sind sie die letzte und einzige wildlebende Art, und die Kamele können Salzwasser verwerten. Deshalb gestalten sich die Forschungen an diesen Tieren so spannend, und die Wissenschaft hofft auf neue Erkenntnisse. Es hat sich gezeigt, dass die Kamele, im Gegensatz zu ihren Haustiervettern, in der Lage sind, Salzwasser als Trinkwasser zu nutzen, eine weitere Anpassung an ihren extremen Lebensraum. Genetische Analysen bestärken zudem den Verdacht, dass es sich bei diesen Wildkamelen keineswegs um die Vorfahren der Hauskamele handelt. Diese Tiere stellen wahrscheinlich eine eigene Art dar, die als Salzwasserkamel (Camelus bactrianus ferus) bezeichnet wird. Zumindest handelt es sich jedoch eindeutig um eine seit längerer Zeit separierte Population der Tiere. Diese ist allerdings stark bedroht. Neben der extremen Trockenheit sind es hier vor allem die Temperaturen, die das Leben erschweren. Im Sommer steigen sie auf bis zu 50 °C, im Winter liegen sie häufig bei bis zu –40 °C. Kamele schützen sich vor der Kälte durch einen dicken Winterpelz, den sie im Frühjahr wieder verlieren. Problematisch gestaltet sich die Suche nach wilden Kamelen. Wilde zweihöckrige Kamele finden sich nur noch in einer Gesamtzahl von etwa 1000 Tieren in den Wüsten Taklamakan, Kuruktagh und Gobi. Es sind die beschriebenen seltenen Salzwasserkamele. Sie werden, nachdem sie im Kernwaffentestgebiet Lop Nor die oberirdischen Kernwaffentests der Chinesen für Plutoniumbomben überstanden haben, von Wilderern gejagt, die die Kamele an den Wasserstellen mit Landminen töten. Schutzgebiet für Salzwasserkamele in und um Lop Nor Besonders die Wild Camel Protection Foundation setzte sich für den Schutz der letzten lebenden Salzwasserkamele ein. Sie plante deshalb gemeinsam mit der chinesischen Regierung ein großflächiges Schutzgebiet für diese Tiere, das finanziell von dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen United Nations Environment Programme unterstützt wird. Am 18. März 1999 wurde dieses Schutzgebiet von der State Environment Protection Administration of China (SEPA) mit dem Namen Xinjiang Lop Nur Nature Sanctuary of China (= Xinjiang Lop Nur Wild Camel Nature Reserve) errichtet. Es hat die Größe von 107,768 km² und umschließt sowohl das Seebecken Lop Nor als auch das chinesische Kernwaffentestgelände Lop Nor. Es grenzt an drei weitere Schutzgebiete: Arjin Shan Reserve (15.000 km²), Annanba Protected Area (3.960 km²) und Wanyaodong (333 km²). Im Februar 2001 wurden von den 15 Straßenzufahrten in das Schutzgebiet bereits fünf durch Kontrollpunkte überwacht. Die Einrichtung dieses Naturschutzgebietes zur Erhaltung der Artenvielfalt, des Ecosystems und der von Yardangs geprägten Landschaft im Norden des Lop Nor wurde am 6. November 1998 als Projekt 600 von der Globalen Umweltfazilität (=Global Environment Facility = GEF) mit einem Zuschuss von $725.000 gefördert. Der deutsche Anteil an diesem Zuschuß beträgt 12% = $87.000). Eine Gefahr für dieses Schutzgebiet geht in Zukunft von den Arbeitern aus, die bei der industriellen Ausbeutung der Bodenschätze im Seebecken des Lop Nor beschäftigt sind, da die geschützten Salzwasserkamele traditionell als Frischfleischlieferanten bejagt werden, obgleich ihre Bejagung in China strengstens verboten ist. Kamele und Menschen Domestizierung Wiener Genesis, Rebekka begegnet Elisier, während sie die Kamele am Brunnen tränken lässt, 6. Jahrhundert All diese Eigenschaften der Kamele sind natürlich auch für die Menschen der Wüstenregionen von Vorteil. So verwundert es nicht, dass beide Kamelarten bereits vor über 3.500 Jahren domestiziert wurden und der Mensch sie seitdem als Haustiere nutzt. Sie dienen als „Wüstenschiffe“, also als Reit- und Lasttiere in den Trockengebieten. Daneben werden ihr Fleisch, Fett, Milch, Wolle und Leder genutzt. Sogar ihr Mist dient, getrocknet, in der rohstoffarmen Umgebung als Brennmaterial. Darum wurden die Tiere über fast alle Wüsten der Erde, sogar bis nach Australien, wo sie im letzten Jahrhundert eingeführt wurden, angesiedelt. In Dubai erzielen eigens gezüchtete Rennkamele (meistens Weibchen) Marktpreise bis 1.000.000 Euro. Darstellungen in der westlichen Kunst Obwohl die Altweltkamele in Asien und Afrika beheimatet sind, tauchen sie bereits seit dem frühen Mittelalter in der Bildenden Kunst der westlichen Welt auf. Dies ist vor allem auf die Erwähnungen der Kamele in der Bibel zurückzuführen. So wird beispielsweise die biblische Person Rebekka häufig mit Kamelen dargestellt. Das Alte Testament berichtet, dass sie gemeinsam mit den Dienern damit beschäftigt war, die Kamele am Brunnen zu tränken, als ihr Elesier begegnet, der Brautwerber ihres späteren Mannes Isaak. Diese Szene wird beispielsweise in der sogenannten "Wiener Genesis" aus dem 6. Jahrhundert dargestellt. Auf dieser Darstellung befinden sich auch Kamele.