Kurzanalyse: Nachhaltiger Konsum - Hightech

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Kurzanalyse: Nachhaltiger Konsum – Schwerpunkt Ernährung.
Ist-Zustände, Innovationsbedarf und fachübergreifende
Wissenslücken1
Prof. Dr. Monika Hartmann*, Dr. Daniel Hawes, Dr. Johannes Simons
Institut für Lebensmittel und Ressourcenökonomik
Professur für Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft
Universität Bonn
1
Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde mit Mitteln des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Fachforums „Nachhaltiges Wirtschaften“
zur fachlichen Unterstützung der Empfehlungen an das High-Tech-Forum (www.hightechforum.de) gefördert. (Nov. 2016)
*Korrespondenz: Professur für Marktforschung der Agrar- u. Ernährungswirtschaft, Nußallee 21, 53115 Bonn,
Email: [email protected]
-1-
1. Einleitung
1.1. Hintergrund und Zielsetzung
Fortschritt und globales Bevölkerungswachstum sind mit Energie- und Ressourcenkonsum verbunden. Dies kann mit Ressourcenschwund, Abfall und Umweltzerstörung einhergehen (Abb. 1 und Abb. 2).
Globale Bevölkerung
Globaler Düngereinsatz
150
4
2
400
100
50
0
1900
0
1750
1800
1850
1900
1950
Exajoule
Mill. Tonnen
6
Mrd.
Globaler Energieverbrauch
2000
Globaler CO2 Ausstoß
200
0
1925
1950
1975
2000
1750
Globaler N2 O Ausstoß
1800
1850
1900
1950
2000
Globaler Methan Ausstoß
1800
Prtkl. pro Mrd.
Prtkl. pro Mrd.
350
325
300
Prtkl. pro Mrd.
320
375
310
300
290
280
1500
1200
900
270
275
1800
1900
2000
1800
1900
2000
1800
1900
2000
Jahr
Verlust tropischer Waldflächen
Prozentualer Flächenverlust
Mill. Tonnen
Globaler Fischfang
60
40
20
1960
1980
2000
20
10
0
1800
1900
2000
Abb. 1: Jahrhundertentwicklungen der Ressourcenbeanspruchung.
Quelle: International Geosphere-Biosphere Program (http://www.igbp.net/)
Die ökonomischen Beziehungen, welche den Konsums mit dem Begriff der Nachhaltigkeit in Verbindung bringen, sind vielfältig und überschreiten konzeptionelle Grenzen der
traditionellen Konsumforschung. Dies gilt auf aufgrund einer direkten Einbindung von Fragen
der generationenübergreifenden Verteilungsgerechtigkeit, der Veränderung kultureller Systeme in denen der Konsum eingebettet ist als auch erheblicher Wissenslücken in Hinblick auf
die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Domänen der Nachhaltigkeit in ihrem Bezug
zum Konsum.
-2-
Für die Gewährleistung von Lebensmittelqualität und Sicherheit heutiger und zukünftiger Generationen unter Erhalt planetarer Ressourcen spielt das Verhalten der Konsumenten eine wichtige Rolle. Die Bedeutung des Lebensmittelkonsums zeigt sich monetär an den Ausgaben für Lebensmitteln, die selbst in reicheren westlichen Ländern 12% - 15% betragen
(vgl. Abb. 3). Die Beziehung zwischen Lebensmittelausgaben, Ernährung und Gesundheit lässt sich daAbb. 2: Grenzen Planetarer Biosphären
gegen schwerer quantifizieren. Le-
Die Quelle der Grafik ist das SCRIPPS Institut für Ozeanography UC San
Diego. 11 Indikationssphären der Nachhaltigkeit sind hierin erfasst, und
farblich an derzeitig vorhandenes Wissen um ihren Nachhaltigkeitszustand dargestellt.
bensmittelkonsum und Konsumaus-
Farben indizieren Überschreitung kritischer Grenzwerte nachdem Ampelprinzip, und Fragezeichen – insbesondere auch die Dimension „novel
entities“ drücken aus, dass Wissenslücken sowohl in den einzelnen
Teilbereichen der Nachhaltigkeit, als auch in den Gesamtzusammenhängen der Dimensionen von Nachhaltigkeit bestehen. Die graphisch getrennten Regionen sind somit keinesfalls als separat, oder definitiv, zu
verstehen (SCRIPPS 2016).
Haushalte haben direkten Einfluss
gaben
privater
und
öffentlicher
auf den Wettbewerb von Gütern der
Agrar-
und
Ernährungswirtschaft
und den globalen Handel2, weshalb
ein starker Bezugspunkt der Nach-
haltigkeit des Konsums zu Produktion, Verarbeitung, Transport, Infrastruktur und soziale
Leistungen im ländlichen Raum existiert wie u.a. dem Schutz von Wasser und Bodenressourcen. Zu den Bereichen der globalen ökologischen Auswirkungen des Konsums gehören
insbesondere Emissionen3, Rodung4, Erosion, Bodendegradierung5, Artenverlust6, TierMensch-Krankheiten7. Diese stellen wiederum Risiken für soziale Systeme und Wohlstand
dar, und knüpfen zum Teil direkt an vielfältige Phänomene wie Lebensmittelarmut (insbesondere unter Kindern, und daher mit Langzeitauswirkungen), Unterernährung und Landflucht an.
2
Zur Struktur des Europäischen „Food and Drink“ Sektors vgl.
http://www.fooddrinkeurope.eu/uploads/publications_documents/Data_and_Trends_2014-20151.pdf
3
Eberle und Fels, Eberle, Fels 2016, ermitteln für Deutschland die Umwelteffekte, die aufgrund des Konsums von Lebensmitteln als auch von Verlusten in der Lebensmittelwertschöpfungskette entstehen. Die Autoren zeigen beispielsweise, dass jährlich
pro Person 2,7 Tonnen Treibhausgase in der Lebensmittelwertschöpfungskette emittiert werden, was 23 % der in Deutschland
pro Person entstehenden Treibhausgase entspricht.
4
75% derzeitiger Rodung stehen in Verbindung zur landwirtschaftlichen Nutzflächengewinnung.
5
Versalzung, Wasser Erosion, Sanddünenbeschluss, Überweidungsdruck, toxikologische Rückstände, etc.
6
Etwa 12 Pflanzenspezies füllen 75% der derzeitigen Menschheitsdiät. 15 Säugetiere und Vogelarten stellen 90% der domestizierten Agrartiere dar.
7
Das Wissenschaftsjournal Nature berichtet am 18.4.2016, dass eine bisher nur in Amerika und Kanada bekannte Prionenerkrankung nun zum ersten Mal freiauftauchend in Europa, Norwegen, entdeckt wurde. Die häufigsten Zoonosen in Deutschland,
also gängige Krankheiten in Deutschland, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können sind Campylobacteriose
und Salmonellose.
-3-
Abb. 3: Lebensmittelkonsum Europäischer Haushalte
Quelle: FoodDrinkEurope (ed.) (2015): Data & Trends European Food and Drink Industry 2014-2015. Brussels.
1.2. Vorgehensweise
Als Beitrag zum Fachforum Innovation wird im Folgenden eine Kurzbetrachtung
grundlegender Zusammenhänge des vernachhaltigenden Lebensmittelkonsums aus ökonomischer Sicht vorgenommen. Die folgenden Ausführungen basieren auf einer Auswertung
der wissenschaftlichen Literatur zur Nachhaltigkeitsthematik, beziehen aber auch Informationen von relevanten Webseiten (von Unternehmen, Verbänden, staatlichen und halbstaatlichen Institutionen) und Expertenwissen in die Erkenntnisauswertung ein. Inhaltlich erfolgt in
Kapitel 2 eine Konkretisierung des Begriffes und der Dimensionen von ‚Nachhaltigem Konsum‘ und ‚Nachhaltiger Ernährung‘ sowie der in der Literatur zu findenden Paradigmen ihrer
Umsetzung.
In Hinblick auf die bedeutende Rolle von Daten und Informiertheit in der politischen
und gesellschaftlichen Partizipation, beleuchten wir insbesondere Defizite in der Datenverfügbarkeit sowie Barrieren zur Initiative und Bildung von Kompetenzen in der Nachhaltigkeit.
Diese sind Gegenstand des dritten Kapitels in welchem die Messung von Nachhaltigkeit am
Markt, und deren Anwendung in der Praxis thematisiert wird.
-4-
Das vierte Kapitel widmet sich gesondert dem Thema Markttransparenz aus theoretischer und empirischer Perspektive, wobei Markttransparenz als Voraussetzung dafür angenommen wird, dass Verbraucher8 nachhaltige Produkte erkennen und - soweit diese ihren
Zielen entsprechen - auch in ihrer Kauf- und Konsumentscheidung berücksichtigen können.
Für die moderne wissenschaftliche Perspektive von Markttransparenz spielt daher, neben
der „kalten“ Bereitstellung von Informationen, auch die für die Aufnahme und Einflussnahme
in der Kaufentscheidung wichtige „heiße“ Wahrnehmung des Konsumenten eine Rolle, also
die Psychologie des Verhaltens und der Meinungsbildung. Im Rahmen des fünften Kapitels
steht daher der Konsument – das soziale Wesen – im Vordergrund, um auch verhaltensökonomische Erkenntnisse zum Einfluss von Design, sozialen Netzwerken, als auch der Wirksamkeit staatlicher und nicht-staatlicher Hilfestellungen in Richtung nachhaltigerem Konsum,
mit in die Überlegungen aufzunehmen. Der Beitrag ist keinesfalls umfassend, soll es jedoch
ermöglichen grundlegende Herausforderungen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im
Themenkomplex ‚Nachhaltige Ernährung‘ zu erkennen und auf dieser Basis im fünften Kapitel einen generellen konzeptionellen Ausblick ermöglichen.
2. ,Nachhaltiger Konsum‘ – Marktphänomen / Gesellschaftsprozess
2.1. Vernachhaltigung als Prozess: Definitionen und Dimensionen
Nachhaltiger Konsum ist in seiner Begrifflichkeit vielschichtig und in der Umsetzung
kompliziert. Die 1995 in Oslo verabschiedete Eingrenzung übersetzt nachhaltigen Konsum
als “Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen des Lebensnotwendigen und des Wohlstandserzeugenden, unter Minimierung von Rohstoffverbrauch, toxischen Rückständen,
Emissionen, Abfall und Verunreinigung, um nicht die Lebensqualität zukünftiger Generationen mit Risiko zu behaften.”9. Diese Definition setzt die direkten Verbrauchsansprüche heutigen Konsums mit den Lebensvoraussetzungen zukünftiger Generationen in Beziehung, und
bringt den Konsum des Weiteren mit der gesamten Wertschöpfungskette und den allgemein
anerkannten drei Säulen der Nachhaltigkeit - Ökologie, Ökonomie und Soziales – in Verbindung.
Der Bereich der Ernährung wird in der Literatur häufig als eigenständiger bedeutender Bereich einer nachhaltigen Transformation betrachtet und um die Dimensionen Gesundheit und Kultur ergänzt. (Koerber 2014) (vgl. Themenbox A1, A2). Zum Beispiel definiert die
Food and Agricultural Organization (FAO) nachhaltige Ernährung wie folgt: “Ernährung mit
8
Wir weisen an dieser Stelle bereits darauf hin, dass wir im Text vorwiegend die männliche Version der Verbraucher /
der Konsument verwenden, gemeint sind jeweils beide Geschlechter.
9
Originaldefinition in englischer Sprache: “... the use of services and related products which respond to basic needs and bring a
better quality of life while minimizing the use of natural resources and toxic materials as well as the emissions of waste and
pollutants over the life cycle of the service or product so as not to jeopardize the needs of further generations” (reprint Agenda
2030: https://sustainabledevelopment.un.org/topics/sustainableconsumptionandproduction).
-5-
geringen Umwelteffekten, die zur Nahrungs- und Nährwertsicherung und zu einem gesunden
Leben gegenwärtiger und zukünftiger Generationen beiträgt. Eine nachhaltige Ernährung
bewahrt und respektiert die Biodiversität und die Ökosysteme, ist kulturell akzeptiert, ökonomisch fair und bezahlbar, vom Nährwert adäquat, sicher und gesund, unter Optimierung der
natürlichen
und
menschlichen
Ressourcen“
-6-
(FAO
2010).
Themenbox A1: Nachhaltige Ernährung
Das Leitbild einer nachhaltigen Ernährung unterliegt einem fortlaufenden gesellschaftlichen Diskurs und stetigem
Wandel. Dies gilt auch und insbesondere für den Begriff der „Nachhaltigen Ernährung“, der nach Körber (2014) in 5
Dimensionen zu fassen ist:
-
Kultur – Nachhaltig essen und genießen
Umwelt – Ökologische Verträglichkeit der Nahrungsversorgung
Wirtschaft – Faire ökonomische Handelsbedingungen weltweit
Gesellschaft – Soziale Auswirkungen des Ernährungssystems
Gesundheit – Krankheitsprävention plus Wohlbefinden
Quelle: Koerber K. v (2014): Fünf Dimensionen der Nachhaltigen Ernährung und weiterentwickelte Grund-sätze - Ein
Update. Ernährung im Fokus (9-10), 260-266.
In Anlehnung an diese 5 Dimensionen leitet Koerber (2014) Grundsätze für eine nachhaltige Ernährung ab, die in
ähnlicher Weise auch vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (Rat für Nachhaltige Entwicklung 2015) kommuniziert
werden. An oberster Stelle steht die Bevorzugung einer primär pflanzlichen Kost gegenüber einer herkömmlichen
Mischkost. Diese bietet in Hinblick auf die Dimension Gesundheit viele Vorteile. Pflanzliche Lebensmittel weisen eine
geringe Energiedichte bei einem gleichzeitig hohen Gehalt von Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen sowie sekundären Pflanzenstoffen auf und wirken daher präventiv in Bezug auf zahlreiche ernährungsbedingte Krankheiten. Vor
allem aber leistet eine lakto-vegetabile Kost einen Beitrag zum Klimaschutz, sowie zur Verringerung des ernährungsbedingten Wasser- und Flächenbedarf (Koerber 2014). Positive Effekte einer entsprechenden Ernährung werden
auch für die Dimensionen Gesellschaft, Wirtschaft, und Kultur aufgezeigt. Zu den weiteren Grundsätzen zählt der
Konsum ökologisch erzeugter Lebensmittel sowie regionaler und saisonaler Lebensmittel, die Bevorzugung gering
verarbeiteter und fair gehandelter Lebensmittel als auch das ressourcenschonende Haushalten. Letzteres umfasst
neben der Verwendung von Ökostrom und einem energiesparendem Verhalten im Haushalt, ressourcenschonende
Einkaufswege, die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und die Einschränkung von Lebensmittelverpackungen (z.B. größere Verpackungen, Getränke in Mehrwegverpackungen). Schließlich gilt Genuss und die Wahl bekömmlicher Speisen als weiterer Nachhaltigkeitsgrundsatz. (Fortführung in Themenbox A2)
-7-
In der Diskussion um die Umsetzbarkeit einer nachhaltigen Entwicklung (auch im Bereich Ernährung) lassen sich zwei unterschiedliche Perspektiven konzeptionell unterscheiden. Erstens, die Perspektive der schwachen Nachhaltigkeitskonzepte10, welche eine substitutive Beziehung zwischen den unterschiedlichen Kapitalarten11 unterstellt, und damit impliziert, dass zur Sicherung der Nachhaltigkeit ein Verlust an Naturkapital (z.B. nicht regenerierbare Ressourcen wie Erdöl) durch eine Verbesserung an Humankapital (z.B. neue Technologien im Bereich der Solarenergie) ausgeglichen werden kann. Aus dieser Logik heraus
ist für die Sicherung der Nachhaltigkeit insbesondere entscheidend, dass der aggregierte
Kapitalstock so Verwendung findet, dass sein Grundwert zumindest erhalten bzw. idealerweise für zukünftige Generationen erweitert wird. Wirtschaftsideologisch wird hierbei also
davon ausgegangen, dass sich Umweltprobleme durch Marktkräfte - in Ausnahmefällen unterstützt durch umweltpolitische Maßnahmen zur Internalisierung bekannter Umweltkosten –
lösen lassen und dass technischer Fortschritt zur Behebung von Nachhaltigkeitsproblemen
ebenfalls endogen am Markt induziert wird. Effizienzgewinne sichern nach diesem Gedankengang des Weiteren den aggregierten Kapitalstock, und Wirtschaftswachstum ist gemäß
des traditionellen Wirtschaftswissenschaftsparadigmas im Einklang mit einer nachhaltigen
Entwicklung bzw. stellt sogar eine mögliche Voraussetzung für diese selbstregulierenden
Entwicklungen dar (Steurer 2010).
10
Die Position der schwachen Nachhaltigkeit wird mit den Arbeiten von Solow verbunden (vgl. Solow 1974a und 1974b).
In der Literatur gibt es unterschiedliche Kategorisierungen von Kapital. Corsten und Roth (2012) unterteilen zwischen Sachund Naturkapital, während in anderen Studien Humankapital zusätzlich aufgeführt wird. Döring (2004) differenziert zwischen
Sachkapital, Naturkapital, Kultiviertes Naturkapital wie beispielsweise landwirtschaftliche Nutzflächen, Sozialkapital wie beispielsweise Institutionen und Werte, Humankapital wie Fähigkeiten und Bildung und Wissenskapital.
11
-8-
Themenbox A2: Nachhaltige Ernährung (fortgeführt)
Entsprechende Vorschläge verringern die Komplexität der Diskussion über die Nachhaltigkeit von Produkten
und können somit die Entscheidungen der Verbraucher erleichtern. Allerdings zeigen Untersuchungen dass
die relative Bedeutung der Vorschläge in Hinblick auf ihre Nachhaltigkeitswirkung sehr unterschiedlich ist,
bei manchen ein Nachhaltigkeitsgewinn nicht grundsätzlich vorliegt oder tendenziell gering ausfällt bzw. die
Vorschläge in Konflikt stehen in Hinblick auf ihre Nachhaltigkeitswirkung (vgl. u.a. Nemecek et al. 2016).
Einige Beispiele:
 Weber und Matthews (2008) zeigen für die USA die relativ geringe Bedeutung eines Konsums regionaler Produkte im Vergleich zu einer begrenzten Einschränkung des Konsums tierischer Produkte.
 Basierend auf einer Lebenszyklusanalyse für in Österreich verkaufte Tomaten, die in den Ländern Österreich, Spanien und Italien produziert wurden, kommt die Studie von Theurl et al. (2014) zu dem Ergebnis, dass der Carbon Footprint weniger von der Regionalität der Produkte als von der Produktionsmethode abhängig ist. Vor allem Unterschiede in der Beheizung von Gewächshäusern und den
Aufwendungen für die Verpackung beeinflussten die Ökobilanz.
 Edwards-Jones et al. (2008) weisen in Hinblick auf die Annahme der Vorzüglichkeit regionaler Produkte auf die Komplexität der Analyse der Umweltwirkungen des Konsums von Äpfeln sowie auf die Bedeutung der im Rahmen der Analyse notwendigen Annahmen über Produktionssysteme und Systemgrenzen hin.
 Eine Untersuchung von Williams et al. (2012) zeigt, dass die Größe der Verpackung ein wesentlicher
Grund für Lebensmittelmüll im Haushalt ist. Das heißt, Großpackungen reduzieren somit zwar potentiell die Verpackungsaufwendung, können aber gleichzeitig das Problem des Lebensmittelmülls erhöhen. Auch andere Studien weisen darauf hin, dass im Zusammenhang mit der Bewertung von Verpackungen, der positive Effekt der Verringerung von Lebensmittelmüll Berücksichtigung finden muss
(Marsh, Bugusu 2007; Silvenius et al. 2014).
Das starke Nachhaltigkeitskonzept12 geht dem schwachen Konzept gegenüber von
einem komplementären Charakter des Naturkapitals zu den anderen Kapitalarten aus. Infolgedessen muss das Naturkapital über die Generationen hinweg konstant bleiben (constant
natural capital rule), da es als Basis der zivilisatorischen Kapitalakkumulation betrachtet wird
(Döring 2004). Der Verlust von Naturkapital wird im Gegensatz zu anderen Kapitalarten als
irreversible betrachtet. Starke Nachhaltigkeit erkennt also insbesondere eine potenzielle Inkompatibilität zwischen Wirtschaftswachstum und dem Schutz der Umwelt an. Diese ergibt
sich zum einen, aufgrund der angenommenen fehlenden Substituierbarkeit zwischen Naturkapital und anderen Kapitalformen. Zum anderen basiert diese Unvereinbarkeit aber auch
aus der empirischen Erkenntnis, dass die im Zuge technischer Fortschritte generierten Effizienzsteigerungen oft zu sogenannten Reboundeffekten führen, welche eine Überkompensation der Effizienzgewinne durch Verbrauchssteigerungen bedeutet. Hierdurch erscheint Naturkapital in seiner Regenerationskapazität angegriffen (siehe Abb. 1) und eine Regulation
des Marktes unzureichend. Aus diesen Gründen plädieren Befürworter eines starken Nachhaltigkeitsparadigmas für die Wirtschaftsideologie des „verringerten Mehrverlangens“ (Suffizienz), für das Konzept der nachhaltigen Produktions- und Konsumplanung (Konsistenz) und
12
Die Position der starken Nachhaltigkeit wird mit den Arbeiten von Daly verbunden (vgl. Daly 1990).
-9-
für die wirtschaftliche Umleitung von Effizienzgewinnen im Sinne einer Entkopplung vom
erhöhten Ressourcenkonsum (Steurer 2010).
Konzepte, welche die Positionen der schwachen und starken Nachhaltigkeit zu integrieren suchen, sind die zweistufige Nachhaltigkeitsregel und die ausgewogene Nachhaltigkeit
(Corsten, Roth 2012). Letztere geht davon aus, dass eine konsistente Umweltpolitik externe
Kosten gezielt internalisiert, zur Verhinderung des Reboundeffektes führt und damit eine
Entkoppelung
zwischen
Wirtschaftswachstum
und
Ressourcenver-
brauch/Umweltverschmutzung ermöglicht. Als gemeinschaftlich relevante Konzepte dieser
Strategiepfade werden daher Effizienz und
Konsistenz betrachtet (Steurer 2010). Im RahRahmen der zweistufigen Nachhaltigkeitsregel
wird außerdem davon ausgegangen, dass
unter Berücksichtigung kritischer Bestände an
Naturkapital, der Weg einer schwachen Nachhaltigkeitsstrategie komplementär zur starken
Vernachhaltigung
Abb. 4: Lebensmittelverschwendung in der
Wertschöpfungskette.
Laut Recherchen und offizieller Stellungnahme der CGIAR zur Rolle der Lebensmittelverschwendung für globale
Lebensmittelsicherheit gehen etwa 1/3 der der Produktionsmenge auf dem Absatzweg verloren
(vgl.
https://ccafs.cgiar.org/bigfacts/data/theme/foodsecurity/Theme_1_Food_Security_7_Waste.pdf ). Zusätzlich werden etwa 6-10% der von Menschen produzierten
Treibhausgase auf Lebensmittelverschwendung zurückgeführt, die mit etwa 95-115kg pro Kopf-und-Jahr in den
USA und Europa anfallen, und mit etwa und etwa 6-11kg
pro Kopf-und-Jahr im Afrika südlich der Sahara und in
Südasien (Gustavsson J, Cederberg C, Sonesson U, van
Otterdijk R, Meybeck A. 2011. Global food losses and
food waste. Rome: Food and Agriculture Organization of
the
United
Nations.
Hier
einsichtbar:
http://www.fao.org/fileadmin/user_upload/ags/publications
/ GFL_web.pdf)
verfolgt
werden
kann
(Corsten, Roth 2012). Diese Position lässt sich
auch als praktische Bewältigungsstrategie
zum Nachhaltigkeitsverständnis der Agenda
2030 und der Sustainable Development Goals
(United Nations 10/21/2015) einordnen.
Zur Veranschaulichung der Vielfältigkeit von
Nachhaltigkeit (z.B. wird Nachhaltigkeit in der
Agenda 2030 über die drei traditionellen Säulen hinaus, differenzierter unter den Bereichen
„People13“, „Planet14“, „Prosperity15“, „Peace16“,
und „Partnership“17 erfasst)
13
werden im An-
“We are determined to end poverty and hunger, in all their forms and dimensions, and to ensure that all human beings can
fulfil their potential in dignity and equality and in a healthy environment.”
14
“We are determined to protect the planet from degradation, including through sustainable consumption and production, sustainably managing its natural resources and taking urgent action on climate change, so that it can support the needs of the
present and future generations.”
15
“We are determined to ensure that all human beings can enjoy prosperous and fulfilling lives and that economic, social and
technological progress occurs in harmony with nature.”
16
“We are determined to foster peaceful, just and inclusive societies which are free from fear and violence. There can be no
sustainable development without peace and no peace without sustainable development.”
17
“We are determined to mobilize the means required to implement this Agenda through a revitalised Global Partnership for
Sustainable Development, based on a spirit of strengthened global solidarity, focussed in particular on the needs of the poorest
and most vulnerable and with the participation of all countries, all stakeholders and all people.
The interlinkages and integrated nature of the Sustainable Development Goals are of crucial importance in ensuring that the
purpose of the new Agenda is realised. If we realize our ambitions across the full extent of the Agenda, the lives of all will be
profoundly improved and our world will be transformed for the better.”
- 10 -
hang dieser Studie die sechs globalen Dimensionen einer nachhaltigen Ernährung des United Nations Environmental Programm (UNEP) sowie die identifizierten politischen und privaten Möglichkeiten ihrer Umsetzung aufgeführt (UNEP 2012).
Neben den genannten weltpolitischen Zielen einer Grünen Wirtschaft sind nachhaltige Produktion, nachhaltiger Konsum, und Wandel zu nachhaltigen Gesellschaftsstrukturen
zentrale Ansprüche vieler Wirtschaftsakteure (Dunlap 1994)18. Dennoch haben die „grünen“
Effizienzgewinne in der Landwirtschaft, in der Lebensmittelerzeugung und in der Lebensmittelvermarktung bisher weder zu einer konsolidierten Nachhaltigkeitsstrategie, noch zu einem
Nettozugewinn an besseren Nachhaltigkeitsvoraussetzungen geführt. Stattdessen unterstützt die bisherige Entwicklung die Einschätzung der Vereinten Nationen – basierend auf
der Auswertung des Global Footprint Networks 2012 - , dass ein Anhalten des derzeitigen
Bevölkerungswachstums und derzeitiger Konsumtrends bis zum Jahre 2030 einem Ressourcenäquivalent von zwei Erdplaneten entsprechen müsste, um beständig zu sein (UNEP
2012).
Grünes Wirtschaften ist in natürlicher Weise an die Forschungsbereiche der Chemie,
Logistik, Material- und Materialflusstechnik geknüpft (Policy and Global Affairs et al. 2011).
Insbesondere für die Reduzierung der erheblichen Verluste in der Lebensmittelproduktion
(z.B. Abb. 4; vgl. auch Themenbox B) sind effizientere Technologien und Verfahren erwünscht und versprechen laut Experten zukünftig insbesondere in Ländern mit hohem
Durchschnittseinkommen Effizienzsteigerungen (z.B. im digitalen Datenmanagement durch
19
Radio-frequency identification (RfID) im Verpackungswesen ). Innovationen zur Effizienzsteigerung sind aber nicht auf die physikalische Produktion und den Transport begrenzt,
sondern treten in der Nachhaltigkeitstransformation auch an sozialer Ebene auf. Dies zeigt
beispielsweise ein Bericht vom Fraunhofer Institut zur möglichen Einbindung von Technologiefortschritten in Grünes Management, Grüne Produktion, Grüne Lebensstyle, und Grüne
Technologieaffinität (Fraunhofer Institut 2013).
18
“Those who see world-wide environmental problems as serious, and environmental protection as a major international goal,
will probably take heart from the findings of Gallup's Health of the Planet survey. The results presented [above], along with
others obtained from the survey, reveal that environmental deterioration is seen as very serious by citizens of all types of nations. While the foci of their concerns vary somewhat, residents of both rich and poor countries see environmental conditions as
serious problems. No longer is concern about environmental quality limited to those who in live in the wealthy, industrialized
northern hemisphere—if it ever was. ... The Health of the Planet survey demonstrates virtually world-wide citizen awareness that
our planet is indeed in poor health, and great concern for its future well-being. The results not only document widespread citizen
awareness and concern, but highlight the existence of a greater degree of international consensus about environmental problems than is widely assumed to exist, and than was certainly reflected at the Earth Summit. Those concerned about the future of
the planet can only hope that world leaders will continue to strive to overcome their differences and move toward a similar degree of consensus in future international gatherings and negotiations on environmental issues” (Dunlap 1994)."
19
“A research team at Sam Houston State University's Center for Innovation and Technology and Southern Arkansas University recently completed a study that found the use of radio frequency identification technology can improve environmental sustainability, by providing more accurate and timely information to an organization's green supply chain management practices.”
RfID Journal 2013, 2013
- 11 -
Verbesserung in Bildung und Kommunikation bieten darüber hinaus das Potenzial
Zusammenhänge zwischen Produktion, Konsum und Nachhaltigkeit in Wertvorstellungen zu
übertragen. Wenn diese Werte mit gemeinschaftlichen Zielen von Kooperation und Solidarität in der Nutzung bedingt-regenerierbarerer Ressourcen einhergehen, könnte dies ebenfalls
die Nachhaltigkeit im Konsum begünstigen. Soziale Effizienzgewinne, die zur generellen
Entkopplung von Externalitäten des Konsumwandels beitragen können, betreffen Möglichkeiten zur Kollaboration im Konsum, u.a. durch Netzwerke für Teilen, Tauschen, Mieten und
Schenken von materiellen und immateriellen Ressourcen (Schor 2014). Entsprechende Entwicklungen sind ebenfalls im Lebensmittelmarkt zu beobachten (vgl. https://foodsharing.de/).
Aber auch die Veränderung der ‚Choice Architecture‘ durch Nudges wie wir sie zum Teil in
der Verwaltung von öffentlichen und privaten Kantinen beobachten können sind hier zu nennen (co.design 2016; vgl. Kapitel 5.3). Diese entkoppelnd wirkende Einbettung von Effizienzstrategien bietet die Möglichkeit von Win-Win Situationen in der Nachhaltigkeit und des
Wohlstandes.20
20
Hierzu eine eher kritische Stellungnahme: “The problem is not whether to bury or build the sharing economy: It is already on
the ground…Learning and appropriate regulation for fair reporting and fraud protection will be central—although it will need a
light touch to encourage innovation while still watching for problems. The task is to share the pain and the wealth. If this sharing
happens, the wealth will grow and endure.” (Malhotra, van Alstyne 2014).
- 12 -
Themenbox B: Lebensmittelabfälle in Deutschland Verbraucherfokus
Ein Drittel aller gewonnenen Lebensmittel gehen entlang der Wertschöpfungskette verloren (Monier
et al. 2010; Kranert et al. 2012; Noleppa und Cartsburg 2015). Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf
Ebene der privaten Haushalte, in denen für Deutschland zwischen 39% (Noleppa und Cartsburg 2015) und
61% (Kranert et al. 2012) aller Abfälle verortet werden.
Gründe für das Wegwerfen von Lebensmitteln in privaten Haushalten sind hauptsächlich ein abgelaufenes Mindesthaltbarkeitsdatum oder der Verderb der Lebensmittel, eine zu große Einkaufsmenge, bzw.
Verpackungsgröße und der Geschmack der Lebensmittel (BMELV 2011). Mehrere landes- und bundesweite
Initiativen setzen entsprechend bei der Einkaufsplanung und Lagerung von Lebensmitteln, sowie der Verwertung von Resten in der Küche durch die Endverbraucher an, Maßnahmen die sich beispielsweise in
Großbritannien als erfolgreich erwiesen haben (Quested und Ingle 2013). Allerdings deuten wissenschaftliche Studien darauf hin, dass Lebensmittelabfälle stark in einen sozialen Kontext eingebettet sind und dass
hierbei verschiedene Zielkonflikte zwischen dem allgemein akzeptieren Ideal der Vermeidung von Lebensmittelabfällen und anderen Idealen bestehen können (z. B. dem Verständnis von „guten“ GastgeberInnen,
die reichlich für ihre Gäste einkaufen) (vgl. Evans 2008; Langen, Burdick 2012; Graham-Rowe, Jessop,
Sparks 2014).
Neben dem Konsum zuhause wird auch der Außer-Haus-Konsum von Lebensmitteln als relevante
Quelle von Lebensmittelverschwendung genannt. Zurückgelassene Tellerreste stellen mit einem Anteil von
25% (Göbel et al. 2014) bis 30% (United Against Waste 2016) aller Lebensmittelabfälle ein wichtiges Handlungsfeld im Außer-Haus-Konsum dar.
Studien zum Konsumverhalten von Gästen in verschiedenen Sektoren der Außer-HausVerpflegung (AHV) zeigen, dass sowohl das Auswahlverhalten als auch das Essverhalten Tellerreste beeinflussen und jeweils von einer großen Anzahl z.T. interdependenter Faktoren beeinflusst werden (vgl. u.a.
Weijzen, de Graaf und Dijksterhuis, 2008; Wansnik, van Ittersum, Painter 2005; Lassen et al. 2011; Vermeer
et al. 2011; Cruwys et al. 2015).
Nur wenige Studien haben sich in Deutschland bisher mit den Gründen für Tellerreste befasst. In
diesen Studien wurden die Portionsgröße, der Geschmack von Speisen, sowie Zeitdruck im Zusammenhang
mit dem Kantinenbesuch aber auch die Einstellung zu Lebensmittelabfällen, empfundene soziale Normen in
Hinblick auf Lebensmittelabfälle sowie die empfundene eigene Verhaltenskontrolle, Lebensmittelabfälle zu
verhindern, als Hauptgründe für Tellerreste hervorgehoben (Finkbeiner 2013; Göbel et al. 2014; Lorenz et al.
2016).
Insgesamt zeichnet sich im Bereich der Lebensmittelabfälle durch Verbraucher zu Hause und in
der Außer-Haus Verpflegung ab, dass zusätzliche Forschungsansätze notwendig sind, um den Einfluss und
das komplexe Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu verstehen, um darauf basierend Strategien zur
Reduzierung von Lebensmittelabfällen ableiten zu können.
- 13 -
Was bisherige Errungenschaften durch Effizienzsteigerung problematisch macht, und
weshalb sie nicht zu einer Nettovergrünung geführt haben, ist nach allgemeiner Einschätzung (O'Rourke, Lollo 2015), wie oben bereits angesprochen, dass Effizienzsteigerungen in
die zyklischen Prozesse der Marktwirtschaft und der Kapitalakkumulation eingebunden zu
sein scheinen, was rückkoppelnd einen erhöhten Gesamtkonsum bestärkt, und somit das
Suffizienzkonzept eher unterläuft als fördert. Insbesondere können innovative Effizienzgewinne zum steigendem Gesamtkonsum beitragen, indem sie rein wirtschaftlich die allgemeine Kaufkraft erhöhen, aber auch indem sie schlicht ein verzerrtes Bild anhaltender Umweltzerstörung liefern, und sich somit Akteure in ihrer Konsumwahl legitimiert sehen (O'Rourke,
Lollo 2015).
Wie auch immer die genauen quantitativen Zusammenhänge gestaltet sind, die bereits angesprochenen Wirtschafts- und Umweltzahlen bezeugen (vgl. z.B. Abb. 1), dass
Konsumanstiege die bisher realisierten Effizienzgewinne übertreffen. Diese Diskrepanz ist
nicht alleine durch Bevölkerungswachstum erklärbar. In jedem Fall zeigt sie, dass potenzielle
Einsparungen des Ressourcenverbrauchs durch traditionelle Effizienzstrategien nicht ausreichen, um notwendige Ziele der Transformation umzusetzen.
Wie sich wertvolle Effizienzgewinne im Detail näher an die Ziele der Nachhaltigkeit im
Konsum heranführen lassen, ist eine offene Fragestellung der Politik und Forschung, doch
es scheint akzeptiert, dass Entkopplung, Transparenz und Beiträge zum tieferen Verständnis
von Verhaltens- und Systemwandel hierbei eine wichtige Rolle spielen
(O'Rourke, Lollo
2015). Partizipationsmöglichkeiten und Kompetenzen aller Akteure erscheinen in diesem
Zusammenhang von großer Bedeutung.
2.2. Komplexität und Demokratiekonflikte: Die Rolle daten- und informationsbasierter
Forschung und Entscheidungshilfen
Ein Umdenken in Hinblick auf die Definition adäquater Wohlstandsindikatoren und die
Berücksichtigung soziologischer, ökologischer, und kultureller Grenzen bei der Analyse und
Bewertung des Weltwirtschaftswachstums sind Kerninhalte der Empfehlung der Stiglitz-SenFitoussi Kommission.21
Die Kommissionsergebnisse nehmen insbesondere Stellung zur statistischen Informationsbereitstellung, welche dringend notwendig ist, um alternative Transformationspfade
aus den bestehenden wirtschaftlichen, ökologischen, und weltpolitischen Krisen heraus zu
identifizieren und nachhaltig zu gestalten. Der Bericht beschäftigt sich daher im Schwerpunkt
mit Problematiken der Messung und Verlässlichkeit von zentralen Informationswerkzeugen,
insbesondere der Ableitung geeigneter Wohlfahrts- und Nachhaltigkeitsindikatoren. Diese
21
Joseph Stiglitz, Amartya Sen und Jean Paul Fitoussi: Mismeasuring Our Lives. The New Press, New York 2010.
- 14 -
müssen entsprechend den Kommissionsergebnissen in Zukunft auf breiterer Basis erfasst
und im Sinne der verschiedenen Ansprüche der Nachhaltigkeit22 vielseitig anwendbar sein;
z.B. durch Ansammlung direkter und indirekter Sozialindikatoren in der Nachhaltigkeitsbilanzierung23.
Die französischen Kommissionsvorschläge sind nur ein Beispiel des derzeitigen
Leitmotivs Nachhaltigkeit in G20 Regierungen. Das Leitmotiv zeigt sich in mehreren geplanten Politikmaßnahmen24 und wird sich zukünftig auf die Gestalt des Lebensmittelkonsums
auswirken. Die in den Kommissionsvorschlägen hervorgehobene Prioritätensetzung auf eine
Problemstellung in der Bilanzierung von schwer erfassbaren Umwelt- und Sozialwirkungen
des Wirtschaftsgeschehens weist auf eine Kernproblematik in der objektiven Erfassung eines
Ist-Zustandes für Nachhaltigkeit im Lebensmittelsektor hin: die quantitative Darstellung
nachhaltiger Verfahren und Verhaltensweisen.
22
Ansprüche der Nachhaltigkeit sind soziologisch, ökologisch, ökonomisch, und kulturontologisch. Im Jahresbericht der Deutschen Bundesregierung 2015 erscheint der Begriff der Nachhaltigkeit 23 Mal. Neben der Verwendung unter dem Stichpunkt der
Entwicklungspolitik, wird Nachhaltigkeit ebenfalls als Qualitätskriterium für „Wirtschafts- und Währungsunion“ genannt, erscheint
zentral im Themenbereich der „Neuen Hightech-Strategie“, und unter den Themenbereichen und Stichpunkten „ländlicher
Raum, Landwirtschaft und Tierschutz“, „Soziale Sicherheit und Lebensqualität“, „Familie und Bürgerengagement“, „Wohnen und
Miete“. Bundeskanzlerin Angela Merkel reiste vom 24.-27.9.2015 zum UN-Gipfel nach New York und verabschiedete dort die
„Agenda 2030 – für nachhaltige Entwicklung“ mit.
23
Sogenannte dashboards - die Ansammlung mehrerer Indikatorsätze zur gemeinsamen Betrachtung wie auf der Titelseite
dieses Beitrags - sind ein bewährtes Werkzeug in der Nachhaltigkeits- und Entwicklungsforschung. Dieser Ansatz beinhaltet die
organisierte Darstellung einer Reihe von Indikatoren, mit direkter oder indirekter Verbindung zu sozioökonomischen Fortschritt
und dessen Dauerhaftigkeit. Die Verfügbarkeit solcher Indikatoren baut insbesondere auf Kapitel 40 der Agenda 21 auf, welche
Partizipationsländer zum Aufbau einer quantitativen Datenlage zu Fortschrittserrungenschaften und –aufwänden auffordert.
24
Im Zusammenhang mit demtransatlantischen Handelsabkommens (TTIP) deuten offizielle Aussagen der Bundesregierung
insbesondere auf ein Ziel der Festigung sozialer und ökologischer Standards durch diese veränderten Rahmenbedingungen hin
(https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2016/01/2016-01-09-podcast.html).
- 15 -
3.
Darstellung von Nachhaltigkeit in Lebensmittelwertschöpfungsketten
Abb. 5: Schematische Darstellung einer Ökobilanz
Quelle: EN ISO 14040: 2006, 3.3
3.1. Messansätze
ISO 14040 (Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingun25
gen)
ist eine von Deutschland und Europa mitgetragene Basis für die Vorgehensweise bei
der Bilanzierung von Umweltwirkungen. Grundlage bilden Ökobilanzen bzw. Lebenszyklusanalysen (Life Cycle Assessments (LCA)), die aus folgenden Elementen bestehen (vgl.
Abb. 5):

Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens

Sachbilanz: im Rahmen einer Sachbilanz werden Inputs und Outputs eines Produktionsprozesses entlang des gesamten Lebensmittelzyklus quantifiziert (EN
ISO 14040:2006, 3.3)

Wirkungsabschätzung: durch eine Wirkungsabschätzung auf der Grundlage der
Ergebnisse der Sachbilanz erfolgt eine Einschätzung der Umweltrelevanz.
25
ISO ist eine unabhängige, nicht-regierungsgebundene, internationale Organisation mit 161 nationale Standard Verkörperungen; ISO wird aus Genf verwaltet.
- 16 -

Auswertung: Die Auswertung der Sach- und Wirkungsbilanz der ISO 14040 wird
entweder einzeln, oder integriert im Vergleich mit vordefinierten Zielen durchgeführt. Sie dient der Ableitung von Empfehlungen für Maßnahmen, um die im Bewertungskontext ermittelten Ziele zu erreichen (EN ISO 14040:2006, 3.5).
Das Konzept der Ökobilanz ist geeignet, um die Probleme bei der Bereitstellung von Informationen über die Umweltwirkungen zu verdeutlichen:
1. Die Analyse produktbezogener Stoffströmen erfordert die Zuordnung von unterschiedlichen Inputs zu den einzelnen Outputs und damit eine darauf abgestellte
Dokumentation. Die Organisation der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung
von Lebensmitteln lässt sich angemessen als ein Wertschöpfungsnetzwerk bezeichnen, bei denen Rohstoffe zu unterschiedlichen Zwischenprodukten verarbeitet und dann in unterschiedlichen Endprodukten aufgehen.26 Neben der Erfassung von Umweltwirkungen auf der Basis von Stoffbilanzen entstehen bei der Erstellung von LCA deshalb Probleme bei der Zuordnung der Umweltwirkungen zu
den Endprodukten.
2. Die Bewertung von Umwelteinflüssen einzelner Produktionsverfahren anhand von
Durchschnittsmodellen führt zum Verlust wichtiger, für eine Nachhaltigkeitsbewertung relevanter Informationen. So lassen sich z.B. in der Landwirtschaft schlagbezogene Stickstoffbilanzen erstellen und in Standardmodelle der zusammenführenden Sach- und Wirkungsanalyse übertragen; tatsächliche Umweltauswirkung
werden jedoch von weiteren Faktoren wie z.B. der Bodenbeschaffenheit, der Witterung, der Pflanzenart oder dem Düngezeitpunkt abhängen, welche in allgemeinen Modellen nicht im Detail erfasst sind.
Dass diese Probleme einer generellen Natur der Nachhaltigkeitsbilanzierung entspringen und nicht eine spezielle Ausprägung in der Umsetzung der ISO-Norm sind, zeigt
sich bei Betrachtung ähnlicher Ansätze. Obwohl der Carbon Footprint nur Teilaspekte der
Umweltwirkungen eines Produktes aufgreift und damit wesentlich weniger komplex ist als die
Erstellung einer umfassenden Ökobilanz27 kommen Grießhammer et al. (2010) in Hinblick
auf den Carbon Footprint‘ zu folgender Schlussfolgerung: „Angesichts der [oben genannten]
Schwierigkeiten ist es offensichtlich, dass in absehbarer Zeit (und vermutlich auch zukünftig)
kein System entstehen wird, bei dem Tausende unterschiedlicher Lebensmittel in den Handelsgeschäften regelmäßig und wettbewerbsrechtlich zuverlässig mit ihrem jeweiligen und
26
De Wetenschappelijke Raad voor het Regeringsbeleid (WRR): Naar een voedselbeleid. Amsterdam 2014
Ridoutt, B., Sanguansri, P., Bonney, L., Crimp, S., Lewis, G., & Lim-Camacho, L. (2016). Climate Change Adaptation Strategy
in the Food Industry—Insights from Product Carbon and Water Footprints. Climate, 4(2), 26.
27
- 17 -
aktuellen CO2-Wert gekennzeichnet bzw. gelabelt werden und zudem auch jeweils entsprechende Rankingsysteme entwickelt werden“ (Grießhammer et al. 2010).
Insgesamt stehen Bewertungssysteme für die Ermittlung von Umweltwirkungen in
dem Konflikt zwischen Informationsverdichtung auf der einen und Präzision der Informationen auf der anderen Seite. Einfache und vereinheitlichte Kennziffern ermöglichen den Vergleich zwischen unterschiedlichen Produkten, sie erfordern aber die vereinheitlichende Gewichtung diverser Umweltwirkungen. Die Verdichtung der Bewertung auf eine Kennziffer wird
in ISO 14040 daher zu Recht wie folgt kommentiert: „Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage, Ergebnisse von Ökobilanzen übergreifend zu einer numerischen Rangfolge oder zu
einem numerischen Einzelwert zusammenzufassen, da es eine Gewichtung auf Basis von
Werthaltungen erfordert“ (EN ISO 14040:2006, 4.3 l). Ohne eine Reduktion der Komplexität
sind die Ergebnisse der Untersuchungen jedoch kaum anwendbar.
Dabei beschränkt sich die ISO14040, trotz der bereits gegebenen Komplexität, lediglich auf die Umweltwirkungen und deckt damit wichtige Aspekte der Nachhaltigkeit im Bereich des Lebensmittelkonsums nicht ab. Sozialeinflüsse in der Lebensmittelerzeugung, die
weniger an industrielle Güter als vielmehr an industrielle Verfahren gekoppelt sind, lassen
sich in einer Sachbilanz und einer darauf aufbauenden Wirkungsanalyse, wie für Ökobilanzen vorgesehen, nur unzureichend erfassen.
Eine Integration von Umwelt- und Gesundheitswirkungen in einem Indikator diskutieren Lukas et al. (2014). Hierbei werden Umwelt- und Gesundheitsindikatoren von Nahrungsmitteln zu einem „Nutritional Footprint“ zusammengefasst. Ein solcher zielt darauf ab,
die Komplexität der Informationen zu reduzieren und Entscheidungen mit unterschiedlichen
Zielen zu erleichtern. Er erfordert aber, Nahrungsmittel nach ihrem gesundheitlichen Wert zu
beurteilen. Die Zulässigkeit einer solchen Vorgehensweise ist umstritten. Bezüglich einer
möglichen Klassifizierung von Produkten im Zusammenhang mit einer gesunden Ernährung
weist die European Food Safety Authority (EFSA) in einem Gutachten zu Nährwertprofilen
explizit auf die grundlegende Schwierigkeit hin, die Nährwertzusammensetzung eines Produktes mit Empfehlungen abzugleichen, die sich auf die gesamte Ernährung beziehen (vgl.
auch EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies; EFSA NDA Panel 2008).
In diesem Zusammenhang diskutieren Tyszler et al. (2014) einen Ansatz, der vom
Nährstoffbedarf ausgeht und bei der Bewertung den Beitrag unterschiedlicher Nahrungsmittel zur Deckung des Nährstoffbedarfs einbezieht. Die Analyseeinheit ist somit nicht mehr das
Produktgewicht, sondern die im Produkt enthaltenen Nährstoffe. Der Ansatz basiert auf der
Methode der linearen Programmierung und dürfte für die menschliche Ernährung kaum anwendbar sein. Für den Bereich der Tierernährung, der sich durch eine deutlich geringere
Anzahl an Einzelfuttermitteln und durch einen standardisierten Bedarf an Nährstoffen aus-
- 18 -
zeichnet, ist eine solche Optimierung in Hinblick auf Umweltwirkungen jedoch denkbar, wenn
für die Einzelfuttermittel entsprechende Daten verfügbar sind.
Während die Ökobilanz nach ISO 14040 der quantitativen Erfassung von Umweltwirkungen dient und umfangreiche Analysen von Stoffströmen und Umweltwirkungen erfordert,
ist die Hot Spot Analyse ein Instrument, mit dessen Hilfe die für eine Vernachhaltigung einer
Wertschöpfungskette relevanten Aspekte qualitativ identifiziert werden. Grundlage hierfür
bilden wissenschaftliche Einzelforschungsergebnisse. Hot Spot Analysen sind nicht für den
Vergleich unterschiedlicher Produkte geeignet, sondern dienen dazu, wichtige Ansatzpunkte
zur Vernachhaltigung von Wertschöpfungsketten zu erkennen. Während die Ökobilanzen auf
die Analyse der Umweltwirkungen begrenzt sind, können in Hot Spot Analysen auch weitere
Nachhaltigkeitsdimensionen, z.B. soziale Aspekte, einbezogen werden (Liedtke et al. 2010;
Bienge et al. 2010; Wallbaum, Kummer 2006; Rohn et al. 2014).
Messinstrumente und deren Ergebnisse werden entweder für den Vergleich unterschiedlicher Produkte oder der Steuerung von Produktionsprozessen verwendet. Sie dienen
der Verbesserung der (Markt)transparenz und sollen zielgerichtete Entscheidungen ermöglichen. Die Qualität der Ergebnisse ist wichtig, um bei der Steuerung von Konsumverhalten
oder von Produktionsprozessen keine Fehlanreize zu geben. Eine Reduktion der Komplexität
ist vor allem auf der Ebene der Konsumenten notwendig, damit die Ergebnisse auch in Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden können (vgl. Themenbox C).
Themenbox C: Kommunikation der Dimensionen von
Nachhaltigkeit
Die grundlegende Frage, wie die Belange der verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit zu kommunizieren sind, ist bisher nicht beantwortet. Die Wissenschaftlichen Beiräte für Verbraucher- und Ernährungspolitik sowie Agrarpolitik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) schlagen in
diesem Zusammenhang ein staatliches Dachlabel vor, mit dem der „Gesundheitswert“, die „Umweltauswirkungen“, die „Umsetzung von Sozialstandards“ und die „Einhaltung von Tierschutzniveaus“ entsprechend
ihrem Erfüllungsgrad integriert in einem Label gekennzeichnet werden. Neben den Schwierigkeiten der
Entwicklung von Indikatoren für die einzelnen Bereiche des Dachlabels (z.B. Gesundheit) geben die Wissenschaftlichen Beiräte selber zu bedenken, „dass zwischen verschiedenen Kennzeichnungsfeldern, aber
auch innerhalb eines Kennzeichnungsfelds, Zielkonflikte bestehen können“ (Bauhus et al. 2012). Solche
Zielkonflikte lassen sich zwar transparent, nicht aber eindeutig lösen. Die Reduktion von Komplexität erfordert in diesem Fall Wertentscheidungen.
- 19 -
3.2. Diskussion: Anforderungen an Analysemethoden
Für eine eindeutige Aussage zur Nachhaltigkeit einzelner Produkte am Lebensmittelmarkt sind Nachhaltigkeitsanalysen im Sinne von umfassenden Lebenszyklusanalysen
essentiell, um insbesondere die Zusammenhänge der einzelnen Nachhaltigkeitsdimensionen
berücksichtigen zu können. Dazu ist es notwendig, aktuell auf Umweltaspekte fokussierte
Lebenszyklusanalysen um die weiteren Dimensionen der Nachhaltigkeit – soziale, kulturelle,
gesundheitsbezogene und ökonomische Nachhaltigkeit - zu erweitern. Aufgrund der Komplexität entsprechender Analysen als auch der Konflikte zwischen unterschiedlichen Nachhaltigkeitsdimensionen ist eine klare Einordnung der Produkte selten möglich, so dass im
besten Fall von einem Vernachhaltigungsstreben, also einer Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit und zum Erlernen dessen was nachhaltig ist, gesprochen werden kann. Hierfür scheinen das Erfassen vielfältiger Daten und ihre gemeinsame Aufbereitung zu Dashboards mehrerer flexibel erweiterbarer Kennzahlen sinnvoll (vgl. Traverso et al. 2012).
Zielkonflikte innerhalb und zwischen den Nachhaltigkeitsdimensionen erfordern zur
Ableitung von Handlungsempfehlungen jedoch unweigerlich Gewichtungen und Priorisierungen. Dies kann auf der Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen vorgenommen werde,
erfordert aber auch Bewertungen unterschiedlicher Ziele.
- 20 -
4.
Nachhaltigkeitsrisiken des Lebensmittelmarkts: Intransparenz, Barrieren (inklusive Externalitäten und Teilnahmesperren), Kosten
Nachhaltigkeitsrisiken des Lebensmittelmarkts entstehen dort, wo Anreize und
Pfadabhängigkeiten der Marktgestaltung dem Nachhaltigkeitsbestreben von Konsumenten
und Unternehmen entgegenstehen, und dort, wo Bestrebungen von Schlüsselakteuren die
Nachhaltigkeitsbefähigung (von Teilen) der Gesellschaft schädigt oder Innovation erschwert;
also dort, wo Informations- und Risikoasymmetrien, Täuschungsgefahr und Externalitäten
am Markt entstehen oder Nachhaltigkeitsmotivationen insgesamt unzureichend sind.
Der Lebensmittelsektor besteht aus einem ländergrenzen-überschreitenden Wertschöpfungsnetzwerk mit komplexen Organisationstrukturen in der Erzeugung, Verarbeitung
und Vermarktung von Lebensmitteln. Der Verbraucher am Ende der Wertschöpfungskette
kann in deutschen Supermärkten zwischen mehreren Zehntausend Produkten auswählen
(Wissenschaftliche Beiräte, 2011), und ist in der Einschätzung und der Entscheidung zu Kauf
und Konsum von Lebensmitteln vom kulturellen und sozialen Umfeld geprägt (Hartmann,
Simons, Dutta, 2014). D.h neben ihrem Gesundheits-, Nähr- und Genusswert bieten Nahrungsmittel Konsumenten auch die Möglichkeit, ihren kulturellen und ethischen Vorstellungen
Ausdruck zu verleihen (Sirgy 1982; Connors et al. 2001). Hierbei gilt es zu beachten, dass
Konsumenten nur solche Produktmerkmale in ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen, die
sie auch beurteilen können. Ohne Kenntnisse oder bei Unsicherheit über kauf- bzw. konsumrelevante Eigenschaften, z.B. über die Nachhaltigkeit eines Produktes, kann der Verbraucher
keine seinen Präferenzen entsprechende Konsumentscheidungen treffen (Nelson 1970).
4.1. Informationsökonomik und Lösungsansätze
Die Informationsökonomik berücksichtigt die Existenz als auch die Folgen unvollständiger Informationen bzw. das Vorliegen von Informationsasymmetrien28 für die Märkte und
befasst sich mit Lösungen zu ihrer Reduktion (Akerlof 1970; Picot, Wolff, 2004; Williamson,
1990).29 Unsicherheit in Hinblick auf die Kaufentscheidung kann dabei Folge von Verhaltensunsicherheit bzw. transaktionsspezifischer Unsicherheit und/oder von Umweltunsicherheit bzw. systemischer Unsicherheit sein. Beide Formen beeinträchtigen die Funktionsfähigkeit der Märkte (Lensch 2009; Hirschleifer, Riley 1979). Umwelt- oder systematische Unsicherheit ergibt sich aufgrund von Wissenslücken aller Marktteilnehmer im Hinblick auf für
die Transaktion relevanter Variablen. Im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit bezieht sich diese auf die Problematik der Erfassung und Messung von Nachhaltigkeit über komplexe Wert28
Informationsasymmetrie bedeutet, dass ungleiche Wissensstände der Marktakteure gegeben sind, z.B. dass Landwirte,
Hersteller und/oder Einzelhändler im Vergleich zu Verbrauchern einen Informationsvorsprung besitzen.
29
Darüber hinaus geht die Informationsökonomik von begrenzter Rationalität der Individuen sowie opportunistischem Verhalten
derjenigen aus, die über einen Wissensvorsprung verfügen (Simon 1972; Williamson 1990).
- 21 -
schöpfungsketten hinweg (siehe Kapitel 2.2 und 2.3). So fehlen nicht nur den Konsumenten
Informationen über die Nachhaltigkeit eines Lebensmittels, sondern auch die anderen Akteure des Lebensmittelsektors, z.B. landwirtschaftliche Erzeuger, lebensmittelverarbeitende
Produzenten und der Lebensmitteleinzelhandel sind unzureichend über die mit einem Produkt verbundenen sozialen, ökologischen und ökonomischen Implikationen informiert. Oft
besitzen sie keine Datenbasis, anhand derer eine verlässliche Aussage über die Nachhaltigkeit des Produktes in seinen unterschiedlichen Dimensionen möglich wäre oder sie überschauen die Entwicklung des Systems nur unzureichend, um langfristig vernachhaltigende
Innovationsversuche kurzfristig und mittelfristig im Wettbewerb rentabel zu gestalten (vgl.
Themenbox D).
Themenbox D: Preisaufschläge für nachhaltigere Produkte*
•
Reale Kosten in der Implementierung von nachhaltigen Produktionsstrukturen, stehen einer fehlenden
Zahlungsbereitschaft der Konsumenten gegenüber, ein Sachverhalt, der insbesondere in den gesättigten Lebensmittelmärkten bedeutend ist.
•
Entsprechend wird der kurzfristige ökonomische Anreiz zur Vernachhaltigung des Sortimentes als gering eingeschätzt. Entscheidungen am Markt werden mitunter stärker in Ausrichtung an akuten Wettbewerb ausgerichtet. Hierbei gibt es Win-Win Bereiche mit Nachhaltigkeitszielen, beispielsweise in Hinblick auf die Verbesserung der Energieeffizienz.
•
Vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH) werden dennoch auch darüber hinaus gehende Anstrengungen
im Bereich Nachhaltigkeit unternommen. Hierzu gehört die Vernachhaltigung des Sortiments. Die beiden größten Supermarktketten EDEKA und REWE verfügen beispielsweise über Label (Edeka: Panda
Logo; Rewe: pro planet) mit denen Produkte ausgezeichnet werden, die besondere Nachhaltigkeitsanforderungen ausloben. Darüber hinaus kommuniziert der LEH, dass er mit der Förderung des Angebotes von Bio-Produkten und von regionalen Produkten zu einer Vernachhaltigung des Sortimentes beiträgt. Begründet werden diese Anstrengungen mit den Anforderungen der Kunden (trotz begrenzter zusätzlicher Zahlungsbereitschaft) und mit einer Verbesserung der Reputation im Markt. Letztere wird
auch als wichtig in der Interaktion mit Nichtregierungsorganisationen gesehen.
* Basierend auf Expertengesprächen und Fachpresse
•
Verhaltensunsicherheit bzw. transaktionsspezifische Unsicherheit verstärkt sich,
wenn der Informationsstand der Wirtschaftsakteure sich unterscheidet, und sich die Akteure
mit einem Wissensvorsprung opportunistisch verhalten können. Die Implikationen von Informationsasymmetrien hängen hierbei von der Art der betrachteten Eigenschaft ab. Nelson
(1970) differenziert zwischen Such- und Erfahrungseigenschaften. Darby und Karni (1973)
ergänzen diese Systematik um Vertrauenseigenschaften. Sucheigenschaften lassen sich vor
dem Kauf des Produktes feststellen (z.B. Farbe eines Apfels), sodass sich Informationsasymmetrien bei diesen Charakteristika von geringer Relevanz erweisen (Darby, Karni 1973;
Nelson 1970; Caswell, Padberg 1992). Erfahrungseigenschaften können vom Konsumenten
jedoch erst nach dem Kauf und Konsum des Produktes beurteilt werden (Geschmack eines
Apfels), sodass Wiederholungskäufe notwendig sind um Erfahrungseigenschaften zu Such-
- 22 -
eigenschaften und somit in erkennbare Qualitätsmerkmale am Point of Sale (POS) zu überführen (Lensch 2009). Vertrauenseigenschaften kann der Verbraucher nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten bestimmen. Bei diesen Charakteristika sind Informationsasymmetrien
von großer Bedeutung und können zu Marktversagen führen. Soziale und ökologische
Nachhaltigkeit im Produktions-, Verarbeitungs- und/oder Distributionsprozess‘ ist eine Vertrauenseigenschaft. Dies impliziert, dass Verbraucher nicht bereit sind für Produkte, die unter
Einhaltung hoher sozialer und/oder ökologischer Standards erzeugt wurden, einen Preisaufschlag zu zahlen, wenn sie diese Produkte nicht erkennen und somit von nicht nachhaltig
erzeugten Produkten unterscheiden können. Dies gilt trotz potentiell gegebener hoher Wertschätzung und Zahlungsbereitschaft für die Prozessattribute ‚sozial‘ bzw. ‚ökologisch‘. Da die
im Produktions-, Verarbeitungs- und Distributionsprozess entstehenden Kosten für diese
Produkte in der Regel höher sind, besteht auch kein Anreiz für Erzeuger, Verarbeiter und
den Handel, diese anzubieten. Die Folge ist Marktversagen (Akerlof 1970).
4.1.2. Erhöhung der Markttransparenz auf den Märkten für nachhaltige Produkte
Anbieter verfügen für gewöhnlich über mehr Informationen als Konsumenten. Anbieter nachhaltigerer Lebensmittel sind daran interessiert, dass ihre Produkte von den Nachfragern erkannt werden und können entsprechend durch Informationsbereitstellung (Signalling)
Konsumenten in der Qualitätsbeurteilung unterstützen. In Hinblick auf das Prozessattribut
‚nachhaltig‘ besteht aber das Dilemma, dass der Konsument die Glaubwürdigkeit der durch
den Anbieter bereitgestellten Information nicht überprüfen kann. Tatsächlich gilt, dass die
wissentliche Bereitstellung falscher Informationen und somit opportunistisches Verhalten
selbst nach dem Kauf nicht durch den Konsumenten und z.T. nicht einmal von Experten zu
vertretbaren Kosten verifiziert werden kann. Zur Reduzierung der Informationsasymmetrie
von Prozessqualitäten gewinnen vor diesem Hintergrund Gütezeichen bzw. Label an Bedeutung hinter denen Zertifizierungskonzepte stehen, die die gesamte Wertschöpfungskette einschließen und durch neutrale Prüforganisationen überwacht werden. Inzwischen gibt es eine
fast unüberschaubare und stetig wachsende Zahl an Gütezeichen am Markt, die die unterschiedlichen Dimensionen der Nachhaltigkeit von Produkten ausloben (vgl. auch http://labelonline.de/ und Themenbox E). Viele der im Lebensmittelbereich existierenden Labels genügen dabei nicht bzw. nur eingeschränkt den Ansprüchen einer unabhängigen Vergabe und
Kontrolle und/oder eines Nachhaltigkeitsanspruchs der über die gesetzlichen Rahmenbedingungen hinausgeht.
- 23 -
Themenbox E: Informationsasymmetrie trotz bzw. wegen
Labelflut
Die große und zunehmende Zahl an Nachhaltigkeitslabeln und entsprechenden Kommunikationsinitiativen
könnten als Zeichen des Erfolgs hin zu mehr Transparenz für Konsumenten gewertet werden. Tatsächlich
ist diese Aussage aber in Frage zu stellen. Die am Markt existierenden Nachhaltigkeitslabel beziehen sich in
der Regel auf einen, in jedem Fall aber nur auf einen Teil des mehrdimensionalen Nachhaltigkeitskonzepts
(Carbon Footprint Label z.B. ausschließlich auf die ökologische Dimension) (vgl. u.a. Grunert 2011). Es
existieren eine Vielzahl von Labeln, die die gleiche Nachhaltigkeitsdimension ausloben, aber in Hinblick auf
die Gewichtung und Stringenz der zu erfüllenden Kriterien (z.B. Demeter versus das EU-Biosiegel) und/oder
in Hinblick auf die Existenz einer Zertifizierung und Kontrolle durch unabhängige Institutionen (z.B. Regionalfenster versus die Vielzahl von Regionallabeln) differieren (vgl. auch Stiftung Warentest 2016). Die sich
daraus ergebende Vielfalt ist für Konsumenten kaum überschaubar (vgl. Anhang 3 in Hinblick auf Regionallabel). So ist es vermutlich nicht trotz, sondern wegen der großen Zahl an Label, dass Konsumenten
Schwierigkeiten haben einzuschätzen, inwieweit bestimmte Nachhaltigkeitsdimensionen in Produkten berücksichtigt werden.
Quelle: Nestlé (2012): "Nestlé Studie 2012, Das is (s) t Qualität." (2012).
Wenn Verbraucher aber nicht in der Lage sind wichtige Nachhaltigkeitsinformationen am Produkt korrekt zu
identifizieren oder auszuwerten, werden sie ihre Entscheidungen basierend auf anderen Kriterien oder aus
Gewohnheiten treffen. Aus der Psychologie der Kaufentscheidung kommt hinzu, dass die Fülle an nur aufwendig unterscheidbaren Siegeln potenziell überfordernd und allgemein vertrauensuntergrabend wirken
kann, welches ebenfalls die Informationssuche erschwert und unwahrscheinlicher macht.
Für die Reduzierung bzw. den Abbau der Informationsasymmetrie ist neben dem
glaubwürdigen Signalling der Anbieter auch das Screening der Konsumenten entscheidend,
und damit die Bereitschaft zur Suche und Aufnahme von Informationen bzw. Signalen, die
vom Anbieter bzw. anderen Akteuren (u.a. Medien, Politik) bereitgestellt werden. Unter Abwägung der Kosten und des erwarteten Nutzens der Informationssuche und –aufnahme erfolgt die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Screeningaktivitäten erfolgen (Lensch
2009). Dabei gilt, dass es dem Einzelnen trotz der Entscheidung zur Informationssuche und aufnahme nicht möglich ist, vollständige Rückschlüsse auf die ökologische und soziale Bilanz der Lebensmittelkaufentscheidung zu ziehen. Ein zum Teil vollzogener Rückschluss ist
dennoch mit pagatorischen und zeitlichen Kosten aber auch psychischen Kosten der Informationsbeschaffung, -verarbeitung und –umsetzung verbunden. Nachhaltigkeitsriskante Intransparenz im Lebensmittelmarkt entsteht also einmal im Sinne einer Informationsunzuläng-
- 24 -
lichkeit am Produkt bei gleichzeitiger Notwendigkeit zur Durchführung einer Transaktion. Sie
entsteht aber auch aus den psychologischen Charakteristika der Konsumentscheidung, bei
der es zum einen, um die Bereitschaft des Konsumenten geht, soziale Kosten in eigene
Handlungskriterien mit aufzunehmen, und zum anderen, um das Vertrauen, dass die vollzogene Handlung tatsächlich der Förderung der Nachhaltigkeit dient.
4.2. Verhaltensökonomische Theorien und Lösungen
Derzeitige Forschung zur Erklärung menschlichen Verhaltens konzentriert sich stark
auf die rapide hinzukommenden Messmethoden der Neurowissenschaften (Camerer 2013a,
2013b; Glimcher, Rustichini 2004; Hare et al. 2010; Rangel et al. 2008; Krajbich 2010). Als
potenziell theorieverbindender Ansatzpunkt der neuroökonomischen Entwicklung wird insbesondere die Verhaltensökonomik30 betrachtet, welche in den letzten Dekaden Erkenntnisse
der kognitiven und sozialen Psychologie auf das experimentelle Protokoll der Ökonomie
(insbesondere der Spieltheorie) hat übertragen können (Camerer et al. 2004). Aus Neuroökonomik und Verhaltensökonomik ist dabei ersichtlich, was auch anderen Sozialtheorien
entspricht, nämlich dass insbesondere Genuss- und Werteentscheidungen systematisch
vom traditionellen ökonomischen Model des rationalen31 Entscheidungsträgers abweichen
(Rangel et al. 2008; Hare et al. 2011; Hare et al. 2010).
Wie aus den vorherigen Kapiteln ersichtlich, fallen auf dem nachhaltigen Lebensmittelmarkt potenziell konkurrierende Anreize, Ernährungsgewohnheiten, ökonomische Überlegungen und unvollkommene Markttransparenz/Information in der Schnittstelle des Verbraucherverhaltens zusammen. Die Verhaltensökonomie ist daher in diesem Unterkapitel und
nochmals in Unterkapitel 5.3 aufgenommen.
In der Betrachtung verhaltensökonomischer Phänomene am Markt zeigt sich, dass
Konsumenten (situativ flexible, aber dennoch gewohnheitsträchtige) Heuristiken (Faustregeln) in der Lebensmitteleinkaufentscheidung verfolgen, und somit aus der Psychologie bekannten systematischen kognitiven Verzerrungen (Biases) unterliegen. Diese werden zum
Teil durch den Entscheidungskontext geprägt und stellen somit auch einen Spielraum der
wirtschaftlichen Vermarktungsstrategien von Unternehmen dar (z.B. Cohen, Babey 2012;
Thaler, Sunstein 2009).
Eine Auflistung existierender Forschungsergebnisse der Verhaltensökonomie in der
Anwendung auf den Komplex Lebensmittelkonsum - Lebensmittelvermarktung ginge über
30
Als Väter der Verhaltensökonomik gelten die Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky. Kahneman erhielt 2002 den
Nobelpreis für Wirtschaft für seine mit Tversky entwickelten Arbeiten zur Prospect Theory (vgl. Tversky, A. and Kahneman, D.,
1975. Judgment under uncertainty: Heuristics and biases. In Utility, probability, and human decision making, pp. 141-162).
Tversky war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben.
31
Die ökonomisch-rationale Theorie sei an dieser Stelle nicht behandelt. Dazu: Simon, Herbert A. "Rationality in Psychology
and Economics." The Journal of Business 59.4 (1986): S209-224.
- 25 -
die Ziele dieser Kurzstudie hinaus, sind aber an anderen Stellen verzeichnet (z.B. Cornell
Lab 2016); der Spezialfall des „Nudgings“ wird im späteren Kapitel 5.3 wieder aufgenommen.
Die Entscheidungsarchitektur, also das physische und soziale Umfeld, in dem Konsumenten an eine Entscheidung herangeführt werden, beeinflusst maßgeblich Informationsaufnahme und Resultat der ‚freien Wahl‘ (Thaler, Sunstein 2009). Relativ kleine Investitionen
können daher zu mittelträchtigen Gewinnen und Einsparungen in öffentlichen und privaten
Haushalte führen und bekannte Effekte aus der Psychologie verhaltensökonomisch quantitativ bewertbar machen (Interview 2013). Die Basis der Bewertbarkeit, welche durch Verhaltensökonomik möglich wird, kann insbesondere zur Vernachhaltigung durch zukünftige Politikmaßnahmen führen, indem sie es ermöglicht politische Maßnahmen ex post wissenschaftlich zu untersuchen (Interview - Armin Falk (Zeit) 2016). Zur Verdeutlichung sei an dieser
Stelle auf eine Auflistung von über 100 in den letzten 10 Jahren vollzogenen verhaltensökonomischen Politikmaßnahmen, sowie auf die zusammengetragene Übersicht der verhaltensökonomischen Politikanwendungen des letzten Jahres verwiesen (insbesondere: Reisch,
Sandrini 2015; Database v1.2 2016; Samson 2016)32. An dieser Stelle sollen selektive Aspekte dieses Fortschritts verdeutlicht werden. Verhaltensökonomische Lösungsansätze in
der Politikanwendung werden systematisch auf drei Ebenen unterschieden:
1. Volluntersuchende verhaltensökonomische Interventionen (d.h. Umsetzung
einer Politikmaßnahme als ökonomisches Experiment mit entsprechenden
Möglichkeiten zur ex post Auswertung von Kausalzusammenhängen)
2. Verhaltensökonomisch informierte Interventionen (d.h. Umsetzung von Politikmaßnahmen in Anlehnung an konkrete Resultate aus ökonomischen
Laborexperimenten)
3. Verhaltensökonomisch basierte Intervention (d.h. Umsetzung einer Politikmaßnahme in Anlehnung an prinzipielle Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung)
Aus diesen Feldern der Untersuchung ist vor allem die volluntersuchende Intervention
dazu geeignet, holistischen und langfristigen Verhaltenswandel zu verstehen. Insbesondere
haben Ergebnisse aus vergangenen Jahren gezeigt, dass es auch in der verhaltensökonomischen Umsetzung zu unerwarteten Externalitäten kommen kann. Hier unterschieden werden33 vor allem:
32
Die Schriftenreihe des Instituts für Europäisches Wirtschafts- und Verbraucherrecht e.V. (Nudging in der Verbraucherpolitik)
setzt den Bezug des Verhaltensökonomischen Ansatzes von Sunstein und Thaler wie folgt in Kontext: „Mit der üblichen um
Jahre verschobenen Verzögerung hat die von Thaler und Sunstein losgetretene Debatte um „libertarian paternalism“ nun auch
Deutschland und die EU erreicht. Damit sind Grundlagen gelegt, um nicht nur die aktuellen Trends in den verschiedenen europäischen Staaten nachzuzeichnen, sondern auch konkrete Anwendungsfelder in der wirtschaftlichen Verbraucherpolitik offenzulegen in denen Nudging eine ernste Alternative zu bisherigen Regelungsansätzen darstellt.“ (Reisch und Sandrini 2015, S.6)
33
Wie auch in der traditionellen Ökonomie.
- 26 -
1. Spill-over effects: z.B. könnten Interventionen im Bereich Freizeitsport einen Einfluss auf Essgewohnheiten nehmen34. Volluntersuchende Verhaltensökonomie
kann also dazu beitragen zu identifizieren, „wo“ in einem System eingegriffen
werden sollte, um Nachhaltigkeitsziele effizient zu erreichen. Negative Spill-over
sind natürlich ebenfalls möglich (Angelucci et al. 2015).
2. Displacement effect: womit der klassische ökonomische Effekt der Substitution im
Verhalten gemeint ist (z.B. Nettle et al. 2012).
3. Licensing effects: welche zum Beispiel stattfinden, wenn das Eingehen auf nachhaltiges Verhalten in einer Domäne, weniger nachhaltiges Verhalten in angegliederten oder separaten Domänen in den Motivationsvorstellungen des Entscheidungsträgers legitimiert (van Trijp 2014).
4. Compensating effects: Welches Substitutionsverhalten aufgrund normativer
Selbstvorstellungen beschreibt (z.B. das explizite Achten auf nachhaltiges Handeln, weil tatsächliche Nachhaltigkeitsverstöße präsenter erkenntlich gemacht
sind (Samson 2016)35.
Die in der Verhaltensökonomie untersuchten Themenfelder und Einteilungen unterscheiden sich daher nicht substanziell von den Thematiken die auch in anderen Bereichen
der Ökonomie untersucht werden, sondern führen die ökonomischen Herangehensweisen
lediglich in die psychologische Untersuchung von empirisch erfassbaren kognitiven Beweggründen über. Unter den bisher erfassten Phänomenen scheint in diesem Kontext vor allem
wichtig, dass persönliche Werteeinstellungen in der gewohnheitsmäßigen und situativ beeinflussbaren Entscheidungssituation oft in den Hintergrund treten (vgl. Themenbox F). Entsprechende Untersuchungen am Einzelfall geben daher quantitativ belegbare Auskunft darüber, wie ein Entscheidungskontext gestaltet sein kann, um die Wahrscheinlichkeit von bestimmten Entscheidungen zu beeinflussen36. Die oft unter dem Mantel „liberaler Paternalismus“, oder Nudging, bekannte Beeinflussung beinhaltet somit auch eine ethische Dimension
(Lusk 2014)37.
34
z.B. http://www.haas.berkeley.edu/groups/online_marketing/facultyCV/papers/nelson_commitment.pdf
Seite 33 ff.
36
Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass es keine vereinheitlichende Verhaltensökonomische Theorie gibt, sondern dass die
Verhaltensökonomie einen modernisierten Experimentalansatz in der empirischen und politikberatenden Ökonomie darstellt
37
Lusk, Jayson L. 2014. “Are You Smart Enough to Know What to Eat? A Critique of Behavioral Economics as Justification for
Regulation,” European Review of Agricultural Economics 41:355-373.
35
- 27 -
Abschließend sei zu erwähnen, dass verhaltensrelevante Einzelforschungsbereiche – wie
zum Beispiel die Untersuchung von Heuristiken in der Wahrnehmung und Entscheidung –
mittlerweile fester Bestandteil der Psychologischen Forschung sind38. Die Verhaltensökonomie geht über diese Art Untersuchungen hinaus, indem sie die Ergebnisse dieser Forschung
analog zur traditionellen ökonomischen Herangehensweise für die Politikberatung und –
auswertung zugänglicher gestaltet.
Themenbox F: Einstellung versus Verhalten
Studien zeigen, dass Nachhaltigkeit für einen wachsenden Anteil von Konsumenten wichtig ist:
Quelle: GfK – Gesellschaft für Konsumforschung (2014): Nachhaltig oder regional? – Am besten beides, Consumer Index, Total Grocery 03.
Den geäußerten Einstellungen (s.o.) stehen allerdings nur geringe Marktanteile der entsprechenden Produkte
gegenüber: Der Umsatz an Bio-Lebensmitteln in Lebensmitteleinzelhandel betrug 2014 ca. 7,8 Mrd. €, der von
Fair gehandelten Produkte ca. 0,8 Mrd. €. Der Gesamtumsatz an Lebensmitteln in Deutschland belief sich in
2014 auf 187 Mrd. €, so dass sich Marktanteile von 0,4 % für Fair gehandelte Produkte und 4 % für BioProdukte errechnen. In einer Studie zum Einkauf regionaler Produkte kommt Lange nach der Untersuchung der
tatsächlichen Einkäufe in den Städten Magdeburg, Halle und Köthen (alle gelegen in Sachsen Anhalt) zu dem
Ergebnis, dass von den Produkten ohne Obst und Gemüse nur 1,3% aus einem Umkreis von weniger als 30
km, nur 6% aus Sachsen Anhalt und 9,1 % aus den Neuen Bundesländern stammten.
Die aufgezeigte Lücke zwischen den von Verbrauchern in Befragungen und Interviews ermittelten Bekundungen und ihrem tatsächlich ausgeübtem Kaufverhalten wird in der Fachliteratur als sogenannter AttitudeBehavioral Gap behandelt. Dieses Auseinanderklaffen zwischen Anspruch und Handlung in der Nachhaltigkeit
hat zum Teil ökonomische, psychologische, und soziologische Ursachen, und kann daher von Fall zu Fall auf
reale Kosten, Grenzen in der Informationsverarbeitung beim regulären Einkauf, oder auf die generelle Einbettung von Verhalten in das physische und soziale Umfeld zurückgeführt werden (vgl. auch Kapitel 4.2 und 5.3).
Einen Überblick zu den Erkenntnissen in der Literatur in Hinblick auf Unterschiede im Nachhaltigkeitsverhalten
der Konsumenten in Abhängigkeit von Soziodemographika finden sich im Anhang 2.
- 28 -
5.
Einflussnahme auf die Nachhaltigkeit des Konsumverhaltens
Es gibt eine Vielzahl von Maßnahmen des Staates, von Unternehmen aber auch ei-
ner engagierten Zivilgesellschaft mit Einfluss auf den nachhaltigen Konsum im Bereich Ernährung. Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Bereiche Steuern und Subventionen sowie
Nudging, greift aber auch staatliche Gebote und Verbote, als auch die Rolle von Organisationen des kollektiven Handels auf. An dieser Stelle gilt es darauf hinzuweisen, dass sowohl
auf staatlicher als auch auf unternehmerischer Ebene Maßnahmen existieren mit potentiellem Einfluss auf das Nachhaltigkeitsverhalten der Konsumenten, und dass das Verhältnis zu
zivilen Organisationen in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Hinweise hierzu sind teils
an anderer Stelle im Text (vgl. u.a. auch Themenboxen C und D) bzw. in der folgenden
Themenbox G angesprochen, teils finden sie nur als Referenz Berücksichtigung (z.B. staatliche Aufklärungskampagnen wie ‚Zu gut für die Tonne‘ (https://www.zugutfuerdietonne.de/)).
Themenbox G: Intervention im Setting Schule –
Nachhaltigkeitsdimension Gesundheit
Eine Implementierung von Präventionsmaßnamen am Setting „Schule“ bietet den Vorteil unterschiedliche
Zielgruppen und insbesondere Personen mit sozialbedingt ungünstigen Gesundheitschancen erreichen zu
können. Gleichzeitig erscheinen schulbasierte Interventionen gerade im Sinne der Primärprävention sinnvoll, da Ernährungsgewohnheiten aus dem Kindesalter häufig auch im Erwachsenenalter übernommen
werden (Fletcher et al. 2016; Lien et al. 2001). Schulbasierte Interventionsprogramme zur Adipositasprävention im Allgemeinen beinhalten dabei vor allem verhaltenspräventive Maßnahmen (Verhaltensänderung
des Einzelnen), die sich jedoch bisher nur bedingt als erfolgreich erwiesen haben und zudem Risikogruppen häufig nicht erreichen (Blüher et al. 2016). Dagegen zeigen Programme mit verhältnispräventivem
Ansatz, die speziell auf die Ernährung und in diesem Zusammenhang häufig auf eine Steigerung des Obstund Gemüsekonsums ausgerichtet sind, tendenziell positive Effekte. So konnte beispielsweise im Rahmen
der Evaluation des EU-Schulobst- und -gemüseprogrammes nachgewiesen werden, dass eine Änderung
der Verhältnisse (Verteilung von Schulobst) zumindest kurzfristig zu einem Erhöhung der Verzehrmenge
an Obst- und Gemüseprodukten führen kann (Methner 2015). Jedoch lassen sich auf Basis der derzeitigen
Studienlage noch keine Aussagen über Langzeiteffekte der Schulobstverteilung im Sinne einer nachhaltigen Prägung von Ernährungsgewohnheiten und damit verbundenen Vermeidung von ernährungsbedingten
Erkrankungen treffen. Dennoch stellen verhältnispräventive Maßnahmen an Schulen und Kindertagestätten vielversprechende Instrumente für die Prävention ernährungsbedingter Krankheiten dar. Wesentliche
Kriterien für die Ausgestaltung solcher Maßnahmen sind beispielsweise in den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zur Lebensmittelauswahl und zum Verpflegungsangebot für Kindertageseinrichtungen zusammengefasst.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass um das Ziel einer nachhaltigen Ernährung im Sinne der Dimension Gesundheit (Krankheitsprävention und Wohlbefinden) zu erreichen, nach derzeitigem Kenntnisstand eine Kombination von verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen besonders sinnvoll erscheint (Blüher et al. 2016).
5.1. Förderung der Nachhaltigkeit durch Steuern/Subventionen
- 29 -
Subventionen für Obst und Gemüse sowie Steuern auf Zucker und Fett bzw. auf zucker- und fetthaltige Lebensmittel stehen als Maßnahmen zur Lenkung des Lebensmittelkonsums hin zu einer ausgewogenen, der Gesundheit förderlichen Ernährung im Zentrum der
öffentlichen und politischen Diskussion. In einigen Ländern wurden entsprechende Maßnahmen bereits implementiert (u.a. Dänemark, Frankreich, Mexiko, Ungarn in vielen Bundesstaaten der USA), z.T. aber auch wieder abgeschafft (Dänemark) (Marron, Toder 2014;
Kim, Kawachi 2006; Caraher, Cowburn 2005; Bíró 2015). Auch zur Erreichung anderer
Nachhaltigkeitsziele (u.a. Reduzierung CO2 Belastung) werden Steuern diskutiert, wobei
bisher der Fokus nicht im Bereich des Lebensmittelkonsums liegt (Marron, Toder 2014).
Legitimieren lässt sich die Einführung entsprechender preispolitischen Maßnahmen
zum einen mit dem Hinweis auf die gesellschaftlichen Folgekosten eines nicht nachhaltigen
Konsums, den es zu internalisieren gilt.39 Zum anderen lassen sich Steuern bzw. Subventionen zur Förderung von Nachhaltigkeitszielen auch mit einer verzerrten Zeitpräferenzrate,
fehlenden Informationen oder irrationalem Verhalten der Konsumenten begründen.40
Es gibt eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die die Wirksamkeit von Steuern und Subventionen zur Förderung der Nachhaltigkeit/Gesundheit bestimmen. So hängt die Effektivität von
Steuern/Subventionen ab:

von der Enge des Zusammenhangs zwischen dem Konsum des subventionierten/besteuerten Gutes bzw. der subventionierten/besteuerten Dienstleistung und
dem Nachhaltigkeitseffekt.41

vom induzierten Mengeneffekt der Subvention/Steuer. Dieser wird wiederum bestimmt (1) von den Preiselastizitäten des Angebots und der Nachfrage (je preiselastischer desto höher der Mengen- und Wohlfahrtseffekt der Subvention/Steuer)42. Darüber hinaus spielt (2) die Wettbewerbssituation auf den relevanten Märkten eine Rolle. Auf Märkten mit wenig Anbietern bestimmt u.a. die Interaktion zwischen den Anbietern, in welchem Umfang Subventionen/Steuern an
Konsumenten weitergegeben werden (Thow et al. 2014). Ebenfalls von Bedeutung in Hinblick auf den induzierten Mengeneffekt einer Steuer ist die Ansatzstelle
39
Beispielsweise führt ein übermäßiger Zucker- bzw. Fettkonsum (zu geringer Obst- und Gemüsekonsum) zu externen Kosten,
die u.a. dem Gesundheitswesen durch das individuelle Handeln entstehen.
40
Das heißt, der Konsument vernachlässigt z.B. aufgrund einer zu starken Gewichtung der Gegenwart die langfristigen Folgen
des Konsums, z.B. auf seine Gesundheit. Der unter Berücksichtigung der langfristigen Präferenzen der Konsumenten zu geringe Konsum der nützlichen Güter (meritorische Güter) bzw. der zu hohe Konsum der schädlichen Güter (demeritorische Güter)
muss demnach durch den Staat erleichtert (z.B. Subventionen) bzw. erschwert (z.B. Steuern) werden. Hierbei wird unterstellt,
dass der Staat bzw. seine Vertreter die wahren Präferenzen der Konsumenten besser kennen als die Konsumenten selber
(Paternalismusvorwurf).
41
In Hinblick auf Steuern zur Förderung der Gesundheit ist der Effekt der Steuer, die bei den Inhaltsstoffen (z.B. Zucker) ansetzt
in der Regel höher als bei einer Steuer, die auf Ebene der Produkte (Limonadengetränke) ansetzt. Gerade bei Steuern zur
Förderung der Gesundheit gibt es darüber hinaus das generelle Problem, dass der Zusammenhang zwischen dem Konsum
eines Inhaltsstoffes und dem sich hieraus ergebenden Gesundheitseffekt individuenspezifisch ist, d.h. von einer Vielzahl individueller Faktoren abhängt.
42
vgl. die Reviewstudien zu Preiselastizitäten der Nachfrage von Andreyeva et al. 2010; Green et al. 2013.
- 30 -
der Steuer/Subvention (Produktwert, Produktvolumen, Inhaltsstoff, gesamtes
Nährwertprofil eines Produktes).43

von der Wahrnehmung der Steuer durch den Konsumenten (Konsumeffekt bedeutender, wenn die Steuer in der Preisauszeichnung sichtbar und nicht nur an
der Kasse abgezogen wird).

von den Auswirkungen der Subvention/Steuer in Hinblick auf den Konsum anderer Lebensmittel/Inhaltsstoffe (vgl. Mytton et al. 2007; Nnoaham et al. 2009). So
kann die Implementierung einer Steuer den Nachhaltigkeitseffekt verstärken,
wenn sie zu einer Konsumreduktion anderer ebenfalls nicht ‚nachhaltiger‘ Produkte führt. Umgekehrt kann es auch zu Kompensationseffekten führen, wenn die
durch die Steuer induzierte Konsumeinschränkung zum verstärkten Konsum anderer nicht ‚nachhaltiger‘ Produkte führt.44

von den Produktionseffekten der Subvention, d.h. inwieweit eine Subvention/Steuer auf Inhaltsstoffe den Anreiz für Unternehmen erhöht nachhaltigere Produkte zu produzieren und zu vermarkten.
In Hinblick auf Steuern und Subventionen zur Förderung des nachhaltigen Konsums
lassen sich eine Vielzahl von Problemen und offenen Fragen aufzeigen, die am Beispiel von
Steuern zur Förderung der Gesundheit zusammengefasst werden soll. So setzen diese häufig auf Ebene der Produkte an. Der Zusammenhang zwischen dem Konsum eines Produktes
und dem Gesundheitseffekt ist häufig nicht eng, die Ansatzstelle somit unpräzise und der
Gesundheitseffekt in den meisten Fällen moderat bis gering (Marron, Toder 2014). Steuern
auf Inhaltsstoffe oder Steuern auf Produkte entsprechend ihres Nährwertprofils sind effektiver in der Erzielung gesundheitspolitischer Ziele, aber in der Regel komplexer und administrativ aufwändiger zu implementieren und zu kontrollieren. Ein weiteres Problem sind die verteilungspolitischen Implikationen. Steuern auf Lebensmittel wirken stark regressiv, und stellen insbesondere für ärmere Haushalte eine Belastung dar.
45
Dies reduziert die Unterstüt-
zung für entsprechende Maßnahmen (vgl. (Kim, Kawachi 2006; Marron et al.; Marron, Toder
2014; Nnoaham et al. 2009; Caraher, Cowburn 2005). Schließlich ist die Implementierung
von Steuern auf Lebensmitteln aus gesundheitspolitischer Sicht aufgrund der genannten
43
Beim Vergleich von Steuern auf den als kritisch betrachteten Inhaltstoff, das Produkt, das den Inhaltstoff enthält oder den
Wert des Produktes lässt sich der größte Effekt auf den Konsum als auch auf die Produktion (Veränderung der Rezeptur der
Produkte) durch eine Subventionierung/Besteuerung des Inhaltsstoffes realisieren. Weniger effektiv erweist sich die Subventionierung/Besteuerung des Volumens eines Produktes. Am geringsten sind die Effekte bei einer Subvention/Steuer, die auf Ebene des Produktwerts ansetzt (Marron et al. 2015). Als besonders effektiv aber auch administrativ aufwändig wird nach den
Erkenntnissen von Thow et al. (2014) die Besteuerung von Produkten basierend auf ihrem Nährwertprofil gesehen.
44
Verstärkereffekt, wenn z.B. die Steuer auf Limonadengetränke eine Konsumreduktion auch bei anderen ‚ungesunden‘ Produkten induziert (z.B. Chips), Kompensationseffekte, wenn z.B. die Steuer auf Limonadengetränke zu einem verstärkten Konsum alternativer ‚ungesunder‘ Produkte führt (z.B. gesüßter Eistee). Die empirischen Ergebnisse in Hinblick auf den Nettoeffekt
von Steuern auf Lebensmitteln zur Förderung der Gesundheit sind heterogen.
45
Gleichzeitig zeigen aber Thow et al. (2014) in ihrem systematischen Überblicksbeitrag zu Lebensmittelsteuern, dass die
gesundheitlichen Vorteile entsprechender fiskaler durchweg in den ärmeren Bevölkerungsgruppen besonders hoch ausfallen.
- 31 -
Punkte - fehlende Zielgenauigkeit sowie regressive Effekte -, aber auch wegen des paternalistischen Charakters der Steuer und Lobbyarbeit der Industrie politisch schwer umsetzbar
(Kim, Kawachi 2006; Caraher, Cowburn 2005; Marron et al. 2015).
Der Effekt der Steuern hängt daher von einer Vielzahl von Faktoren ab. Erkenntnisse
fehlen insbesondere in Hinblick auf die Rückwirkungen von Steuern auf die gesamte Ernährung (Relevanz von Verstärker und Kompensationseffekte und deren Determinanten), den
Langfristeffekten von Steuern, den verteilungspolitischen Effekten von Steuern als auch
den durch Steuern auf Lebensmitteln induzierten Produktionseffekten.
5.2. Verbote/Gebote
Staatliche Verbote und Gebote schränken den Handlungsspielraum der wirtschaftenden Akteure ein. Entsprechende staatliche Handlungen können den Produktionsprozess
(z.B. Umweltrecht), die Informationspflichten (Lebensmittelkennzeichnungsverordnung) und
Informationsgrenzen der Anbieter (z.B. Verordnung (EG) über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben) als auch die Zulassung und das Inverkehrbringen von Lebensmitteln (z.B.
Verordnung (EG) über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten) betreffen.
Diese staatlichen Maßnahmen bestimmen den Rechtsrahmen für die Implementierung von
Nachhaltigkeit.
Die Möglichkeiten zur Festsetzung eines Rechtsrahmens werden durch internationale
Verträge wie z.B. das Abkommen über sanitäre und phytosantitäre Maßnahmen im Rahmen
der WTO Verträge begrenzt. Darüber hinaus beeinflussen Produktionsstandards die internationale Wettbewerbsfähigkeit, wenn sie zu Unterschieden in den Produktionskosten zwischen inländischen Produzenten und ihren Konkurrenten auf dem Weltmarkt führen. Eine
(teilweise) Verdrängung von EU-Produkten mit hohen Standards kann letztendlich potentiell
zu weniger und nicht mehr Nachhaltigkeit im Konsum führen (vgl. Hartmann et al. 2014).
5.3. Nudging
Wie in der Thematik Verhaltensökonomie dargestellt, können neben Verboten, Geboten, und finanziellen Anreizen durch Steuern oder Subventionen auch sanfte ‚Schupser‘, sogenannte Nugdes, eine weitere Möglichkeit bieten, Konsumenten und andere Akteure in der
Wertschöpfungskette in ihrem Nachhaltigkeitsbestreben zu unterstützen (Lehner et al. 2015).
Nudges stellen eine Form der verhaltensbasierten Regulierung dar, die auf der Kenntnis
menschlicher Verhaltenstendenzen und Entscheidungsregeln (Heuristiken) basiert (Reisch,
Sandrini 2015). Ziel ist es, das Verhalten von Menschen in eine gewünschte Richtung zu
lenken, ohne die Optionsauswahl zu verändern, welches - wie ebenfalls angesprochen - Bestand einer angehenden ethischen Diskussion ist.
- 32 -
Während das Nudging wissenschaftlich auf einer Vielzahl von eher nomenklatorisch
als systematisch erfassten Phänomenen beruht (z.B. sogenannter Zero-Price Effect, ChoiceOverload, Decision Fatigue, Peak-end rule, etc.) scheinen sich die für die Politikberatung
essentiellen Systematiken relativ schnell fortschreitend herauszukristallisieren46.
Da es sich bei den Maßnahmen die im Nudging durchgeführt werden um die Gestaltung der
Entscheidungsarchitektur handelt (z.B. Versandt von Kommunikationen mit persönlichem
Ton, oder Voreinstellungen in der öffentlichen Dokumentabgabe), lässt sich die Psychologie
des Nudgings mit Hilfe von Abb. 6 veranschaulichen.
Abb. 6: Das sogenannte 4P Model des Yale Center for Customer Insights.
Quelle: Samson, A. (Ed.) (2016): Behavioral Economics Guide.
46
Die in 2016 Jahr zum vierten Mal abgehaltene Messe ‚Nudgestock‘ – unter dem Titel „The Evolution of Behavioral Economics“ scheint diesem gerecht werden zu wollen (Behavioral Economics Report 2016, p.82 4#citavi) und der resultierende Beitrag für den Behavioral Economics Report 2016 befasste sich insbesondere mit dem Zukunftsfokus die Kluft zwischen Einstellung (Ziele und Bereitschaften im Handeln) und Verhalten (Tatsächliches tuen).
- 33 -
Die vier Prinzipien die in Abbildung 6 erscheinen sind in Hinblick auf das Ernährungsverhalten von Google Mitarbeitern getestet worden und richten sich als Nudges nicht an das
Propagandieren von Einstellungen, sondern an die Überwindung der EinstellungsVerhaltens-Kluft (Attitude-Behavior Gap); primär erfolgt dies durch Repositionierung von
Marktoptionen im psychologischen und physischen Raum. In Studien für Google wurde zum
Beispiel ermittelt, dass kostenlose Süßigkeiten mit 50% höherer Wahrscheinlichkeit mit kostenloser Getränkeauswahl einhergingen, wenn der Getränkeautomat und der Süßigkeitenautomat nebeneinander gestellt wurden, anstatt getrennt. Für Männer bedeutete dies kalorisch
etwa 1 Pfund Fett pro Jahr (pro Tasse Kaffee pro Tag) aufgrund einer prinzipiell nebensächlichen Entscheidung im Raumdesign.
Insbesondere systematisch erfasst scheinen also die Grundkonzepte der Abbildung
6 laut derer sich folgende Konzepte verallgemeinern lassen (Samson 2016)47:
1. Reihenfolge der Entscheidungsoptionen sind wichtig: Obwohl Ausnahmen
die Regel bestätigen, gilt für visuelle Designs häufig, dass die erste und/oder mittlere Position (z.B. in einem Menü) privilegiert behandelt werden.
2. Defaults haben Grenzen: Zwar können triviale Änderungen des Status quo signifikante Effekte für wichtige Verhaltensformen verankern (das klassische Beispiel
sind Organspenden und Entscheidungen in der Finanzabsicherung), aber diese
Effekte scheinen verringert – sogar ausgehebelt – wenn Präferenzen stark sind
(z.B. erreichten Studien, in denen Schulkinder Äpfel als Default-Beilage erhielten,
nicht ihr geplantes Ziel, wenn die Option für Pommes weiterhin ermöglicht war).
3. Zugänglichkeit und Sichtbarkeit verbinden ähnliches Verhalten: In Cafeteriastudien konnte z.B. gezeigt werden, dass simple Maßnahmen (wie geschlossene
Glasscheiben vor dem Eiskühlschrank, oder das Anheben von Trinkwasseroptionen auf normale Augenhöhe) Konsumentscheidungen signifikant und systematisch beeinflussen.
4. Lebhaftigkeit in der Kommunikation beeinflusst Grundeinstellungen: Hierbei
nehmen insbesondere (subtile) Anspielungen an die soziale Grundausrichtung
und das biologische Ekel- und Schönheitsgefühl des Menschen großen Einfluss
auf die Rationalität im Verhalten. Wansink, van Ittersum, und Painter (2005) konnten zum Beispiel zeigen, dass Adjektive wie „hausgemacht“ Probanden sowohl
zur Kaufentscheidung anregen konnten als auch das Gefühl der Geschmackszufriedenheit und Sättigung beeinflussten. Die Forscher Enax et al. zeigten ähnliche
Effekte mit Einfluss insbesondere auf Kinder in Bezug zu Lebensmittelverpa-
47
p. 92-93
- 34 -
ckungsbotschaften (88% der getesteten Kinder sprachen hierbei auf die wortinduzierte Geschmacksbeeinflussung an).
Während Kommunikation ein Kernbestand der Werbeindustrie ist, und deren Design im Kommerz vielfältigen professionellen Tests unterworfen wird, können
neuere Ergebnisse in der Neurologie eventuell die physiologischen Hintergründe
beleuchten und haben bereits jetzt zu intuitiv wirksamen Designvorschlägen im
Bereich Gesundheit und Ernährung geführt. Z.B. konnte eine weitere Forschergruppe (Samson 2016) zeigen, dass die Abbildung einer Phiole mit entsprechendem Fettgehalt auf Milchverpackungen einen stärkeren Anreiz zu Halbfettmilch
verursacht, als die schriftliche Kommunikation. Dieses Prinzip scheint auch aus
der Zigarettenindustrie bekannt. (vgl. Themenbox H)
5. Direkte Vergleichbarkeit hilft in der Entscheidung: Demnach sind Botschaften
wie „1 Snickers = 20 Minuten auf dem Laufband“ wahrscheinlich effektiver als die
rein kalorienbasierte Kommunikation.
6. Das Timing (der Kontext) von Botschaften ist kritisch: In einem weiteren Cafeteria-experiment bei Google wurden unbeliebte Gemüsesorten (u.a. Rote Beete,
Pastinake, Blumenkohl) als Gemüsesorten des Tages beworben. Diese Werbungen waren mit Fotos und interessanten Fakten versehen, aber experimentell an
unterschiedlichen Stellen der Cafeteria platziert. Die Platzierung dort wo die Gemüseentscheidung stattfindet (genau an der Gemüsetheke), konnte hierbei die
Auswahl der beworbenen Gemüsesorten signifikant erhöhen. Zum einen erhöhte
sich die Anzahl der Mitarbeiter die das beworbene Gemüse wählten um 74%,
zum anderen stieg die Durchschnittsmenge der selbstgewählten Portionen des
Gemüses um 64%.
Themenbox H: Wahrnehmung und Gestaltung von Labeln
In Hinblick auf die Einflussfaktoren der Wahrnehmung und Nutzung von Nachhaltigkeitslabeln bei
der Kaufentscheidung existiert nur geringe Konsistenz in den Ergebnissen wissenschaftlicher
Untersuchungen. Für manche Länder (z.B. USA) gibt es belastbare Evidenz, dass Bildung und
Geschlecht mit der Nutzung von Labeln korrelieren. Zeit gilt darüber hinaus als kritischer Faktor
in Hinblick auf die Nutzung von Labeln. Darüber hinaus spielen visuelle Reize in der Kaufentscheidung insbesondere bei Lebensmitteln eine besondere Bedeutung: Abbildungen auf der
Verpackung sind somit potentiell einflussreiche Faktoren des Verhaltens. Demnach eröffnet eine
adäquate Labelgestaltung und Labelkontrolle das Potential, Einfluss auf den Konsum in Richtung
einer stärker auf Nachhaltigkeit orientierten Einkaufsentscheidung zu nehmen. Die Gestaltung
wirksamerer Label kann durch Ergebnisse der Verhaltensforschung unterstützt werden. Diese
besagt, dass Informationen die leicht zu verarbeiten sind, soziale Signale senden, affektivemotional ansprechend sind, und transparent/authentisch/glaubwürdig erscheinen intuitiv bevorzugt verarbeitet werden können und somit besonderes Potenzial besitzen verhaltensausrichtend
zu wirken.
- 35 -
Die Werkzeugkiste des Nudgings steckt zum Teil noch in den Kinderschuhen,
baut aber auf langbekannten Einsichten der Psychologie auf. Diese werden durch die
Umsetzung im Design als Nudges und in Einbindung an die quantitativen Auswertungsverfahren der Verhaltensökonomie zunehmend systematisierbar und generalisierbar, wie oben dargestellt. Die vorgestellte Perspektive stellt einen selektiven
Querschnitt einer rasant wachsenden Forschungsrichtung dar, welche insbesondere
grundlegende Prinzipien mit Bezug zu Nachhaltigkeit in der Konsumentscheidung
thematisiert48 und dazu ausgebaut werden kann Politikmaßnahmen langfristig im Design zu betreuen sowie diese objektiv in ihrer Wirkung nachvollziehbar zu gestalten.
5.4. Organisationen des kollektiven Handelns
Soziale Bewegungen bieten ein Potential für die Transformation der Gesellschaft zu
mehr Nachhaltigkeit (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) 2014). Organisationen des kollektiven Handelns sind selbstorganisierte
Gruppen, oder sogenannte „Graswurzelbewegungen“ mit Potenzial zur Transformation der
Gesellschaft in Richtung größerer Nachhaltigkeit49. Graswurzelbewegungen, oder auch
„grassroots innovations“, ist hierbei die Bezeichnung für Netzwerke von Akteuren oder Organisationen, die sich von unten, also „bottom up“ für nachhaltige Lebensstile und Infrastrukturen engagieren. Sie experimentieren sowohl mit sozialen Innovationen als auch mit grünen
Technologien. Sie sind den neuen sozialen Bewegungen zuzurechnen (Seyfang, Haxeltine
2012), und ihre Ursprünge lassen sich in die 90er Jahre zurückverfolgen. Mittlerweile gelten
Graswurzelakteure in der Transition Management Theorie als potentiell treibende Kräfte für
gesellschaftliche Veränderungen. Prominente Beispiele dafür sind die Entwicklung und Verbreitung von Windanlagen durch Umweltgruppen in Dänemark, das Carsharing in der
Schweiz oder die Solarthermie, die in einem Dorf Österreich ihren Anfang nahm (Ornetzeder,
Rohracher 2013). Die Mitarbeit in solchen Gruppierungen hat auch Einfluss auf den persönlichen Lebensstil. So stellt Middlemiss (2009)50 heraus, dass die kulturellen Regeln und Informationen, der Austausch von Informationen und die Serviceleistungen einen Einfluss auf
Verhaltensänderungen haben. Auch Grabs et al. (2015) weisen in einer umfassenden Literaturauswertung auf die Bedeutung von Graswurzelbewegungen für nachhaltiges Handeln hin.
Zu den Erfolgsfaktoren für das nachhaltige Engagement gehören neben der eigenen Motivation und persönlichen Auseinandersetzungen auch ein Gefühl der Dringlichkeit und der
Stimmigkeit. Darüber hinaus sind die in einer Gruppe vorhandenen Ressourcen als auch
48
Perspektiven zur Anwendung des Nudging Ansatzes um langfristige Verhaltensänderung zu erzielen finden sich im 2016
Behavioral Economics Report auf den Seiten 75 – 88 (Gerhard Fehr, et al. 2016; Richard Chataway et al. 2016).
49
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) (2014) Sondergutachten Klimaschutz
als Weltbürgerbewegung. Berlin.
50
Seite 254
- 36 -
motivationsstärkende, gruppendynamische Prozesse relevant. Zusätzlich sind gesellschaftliche Rahmenbedingungen sowie das Engagement innerhalb einer Gesellschaft wichtig.
Graswurzelbewegungen sind zwar Nischenakteure, sie können aber, wenn es „Gelegenheitsfenster“ und günstige Rahmenbedingungen gibt, durchaus den Mainstream beeinflussen (s.o.). Forschungspotentiale liegen beispielsweise in der Frage, welche Rahmenbedingungen Nischenakteure brauchen um den „Tipping Point“ zu überschreiten und umgekehrt
wie die Gesellschaft von diesen „Rollenmodellen des Engagements“ lernen kann.
Beispiel für eine soziale Bewegung, die den Lebensmittelbereich mit einschließt sind
Carrotmobs, eine Bewegung, in der Konsumenten verantwortungsbewusstes Engagement
von Unternehmen durch ihr Einkaufsverhalten und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen (Hoffmann, Hutter 2012). Vor allem auch Food sharing Initiativen sind in diesen Zusammenhang
einzuordnen. Sie zielen darauf ab, Lebensmittelabfälle dadurch zu vermeiden, dass nicht
benötigte
Lebensmittel
an
andere
Konsumenten
https://foodsharing.de/).
- 37 -
weitergegeben
werden
(vgl.
Zusammenfassung
In Hinblick auf eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Ernährung kommen, wie
in dieser Kurzstudie gezeigt, viele Aspekte unterschiedlicher Themenfelder zutage, welche in
der Wissenschaft jeweils eigene Schwerpunkte in den Disziplinen Ökonomie, Psychologie,
Soziologie, Anthropologie und Ernährungswissenschaft darstellen.
Insbesondere die Ungewissheit in der Bilanzierung von Umweltauswirkungen in der
Produktion, Rückkopplungseffekte in den globalen Wirtschaftszyklen, und an erhöhten Konsum (und verringerte Lebensmittelausgaben) gebundene Verbrauchereinstellungen bei
wachsendem Wohlstand erschweren die Aufgabe von staatlichen Entscheidungsträgern in
Hinblick auf die Förderung einer an Nachhaltigkeit orientierten Entwicklung. Dennoch besitzen zwei prinzipielle Strategieanweisungen in der Wirtschaftsforschung konkrete Züge:
Der direkte Pfad betrifft das konkrete Verhalten und die Befähigung von Verbrauchern zu ressourcenschonenderem Auftritt auf Lebensmittelmärkten, z.B. indem Informationen transparenter gestaltet und einfacher zur Verfügung gestellt werden, oder indem situative Anreize zum nachhaltigeren Wirtschaften politisch und sozial bekräftigt werden. Standards und Normen, Preissubventionen, Steuern, Informations- und Bildungskampagnen sind
primäre Werkzeuge des Transformationsprozesses auf diesem Weg. Diese Nachhaltigkeitsstrategie setzt vorrangig auf eine Entkopplung von Wachstum und ökologischer Belastung
durch neue Technologien (Effizienzstrategie), welches in der Literatur als schwache Vernachhaltigung bezeichnet wird.
Grenzen einer effizienzorientierten ausschließlich schwachen Nachhaltigkeitsstrategie sind vor allem die z.T. bedeutenden und den Effizienzgewinn übersteigenden Reboundeffekte, sowie die zusätzlich bedeutenden gegensätzlichen Einflüsse von Bevölkerungswachstum und steigenden Wohlstandsansprüchen. Diese lassen sich potenziell mit einer
konsequenten Umweltpolitik (Konzept ausgewogene Nachhaltigkeit), der es gelingt die mit
dem Konsum verbundenen externen Effekte zu internalisieren, verringern, scheinen hiermit
allein aber selten vollkommen überwindbar.
Der kontextausrichtende Pfad - die als nicht direkt instrumentell umsetzbar betrachtete starke Vernachhaltigung - zielt darauf, die Gesellschaftslogiken des Wachstums und des
ressourcenverbrauchenden Konsums zu durchbrechen und Transformation hin zu einem
stärker auf Suffizienz und Konsistenz ausgerichteten Einstellung zu katalysieren. Hierfür
werden daher die Entwicklung persönlicher Anteilnahme und Identifikation mit den Zielen der
Nachhaltigkeit vorausgesetzt und als potenzielle Fördermechanismen anvisiert.
Politikmaßnahmen, welche die starke Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen - also Strukturwandel im Sinne von Wertewandel und die Neuausrichtung von kulturellen Idealen -, setzen darauf, Entscheidungskriterien von Unternehmensführern, Politikern und Bürgern in der
Konsumgestaltung zu verändern und neue Vergleichspunkte zu entwickeln an denen Zufrie-
- 38 -
denheit gesellschaftlich gemessen wird. Die mit dieser Strategie einhergehende Transformation von Einstellungen und Werten ist wesentlich komplexer und langwieriger als eine Transformation, die an eine Veränderung des Verhaltens ansetzt. Letztere kann aber als Ausgangspunkt betrachtet werden.
Für den Pfad der starken Nachhaltigkeit gibt es keine klaren Strategien. Wachsende
Kenntnis und geteilte Datenlage über die Interdependenzen zwischen individuellen und gesellschaftlichem Handeln auf der einen Seite und den ökonomischen, ökologischen und sozialen Implikationen von Produktions- und Konsumentscheidungen, als auch zur Werthaftigkeit von Transparenz, stellen aber eine notwendige - wenn auch nicht hinreichende - Bedingung für den Erfolg beider Strategien dar.
Die Autoren haben versucht in dieser Studie zu vermitteln, dass Erkenntnisse aus der
interdisziplinären Forschung – aber auch Bemühungen des gesamten Lebensmittel- und
Technologiesektors – mit in die ökonomische Politikbetrachtung aufgenommen werden können, und im Falle der Verhaltensökonomie sich auch an die Nachhaltigkeit von Politikumsetzungsmaßnahmen integrieren, insbesondere indem sie neue Datenlagen schaffen und
Kommunikation verbessern. Die spezielle Rolle von quantitativen Daten, welche sicherlich
eine genauere Betrachtung verdient, scheint in der Vernachhaltigung eine zwiespältige Rolle
zuzukommen. Zum einen stellt die quantitative Darstellung komplexer Zusammenhänge eine
objektive Grundlage in den Nachhaltigkeitsbemühungen diverser Akteure, zum anderen können systematische Ungewissheiten in der ökologischen Bilanzierung in der komprimierten
quantitativen Darstellung selbst zu Fehlanreizen auf Märkten führen.
Der Notwendigkeit Zusammenhänge in der Nachhaltigkeit divers und flexibel auswertbar zu erfassen, steht im Bereich des Konsums die Notwendigkeit gegenüber einfache
Handlungsanweisungen, intuitiv und leicht umsetzbar an Verbraucher vermitteln zu können.
Sollen diese Handlungsanweisungen zur starken Nachhaltigkeit beitragen, so müssen Informationen, über die Einfachheit in der Interpretation hinaus, auch psychologisch affektive Inhalte vermitteln und Partizipation initiieren; so scheint zumindest der derzeitige Stand interdisziplinärer Forschung, welche in dieser Studie betrachtet wurde.
- 39 -
Literaturverzeichnis
Akerlof, George A. (1970): The Market for "Lemons". Quality Uncertainty and the Market Mechanism. In The Quarterly Journal of Economics 84 (3), p. 488. DOI: 10.2307/1879431.
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Anhang 1
United Nations Environmental Programm Ley-Messages
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1. We cannot successfully address unsustainable production patterns without acknowledging
the consumptive drivers that shape and largely dictate the design of these production systems. We must address the consumptive demand and productive supply elements systemically.
2. The key drivers behind unsustainable food consumption patterns – a growing population,
increasing urbanisation and rising incomes – are likely to continue. Thus concrete action is
needed at the public and private sector levels, with the support of non-governmental organisations (NGOs) and consumers, to redirect elements of the universally observed nutrition
transition to diets based on less resource-intensive foods. The increased consumption of
animal products, including fish, deserves particular attention. Working together, the public
and private sectors – with the support of NGOs will have even greater influence.
3. Consumptive trends are detrimentally affecting health. The social and economic costs of
now widespread diet-related illnesses are straining individuals, families and national
healthcare budgets.
4. Consumptive trends are negatively affecting the agro-ecological resource base and its
ability to sustainably provide. Land degradation, declining soil fertility, unsustainable water
use, overfishing and marine environment degradation are all lessening the ability of the natural resource base to supply food. It is expected that this problem will be exacerbated by the
effects of climate change.
5. Consumptive trends are adversely affecting food security. Firstly, overconsumption in developed and developing countries has a direct impact on food prices, disproportionately affecting food accessibility for the poor. Secondly, the intensive production methods that have
come to define modern food production are a direct response to increased demand for more
resource-intensive food products. Thirdly, intensive production of resource-intensive foods
depletes the agro-ecological resource base, affecting its ability to produce plentiful food.
6. Curbing the amount of food loss and waste generated annually, across the globe, is a tangible starting point for effective collaborative action in this arena. Initiatives already underway
provide valuable case studies for adaptation and replication globally.
Opportunities and actions for the public sector:
1. Adopt “sustainable diets” as a policy lens. Sustainable diets are “ ... those diets with low
environmental impacts which contribute to food and nutrition security and to healthy life for
present and future generations. Sustainable diets are protective and respectful of biodiversity
and ecosystems, culturally acceptable, accessible, economically fair and affordable; nutritionally adequate, safe and healthy; while optimising natural and human resources (FAO
2009).” The adoption of a comprehensive “sustainable diets” approach to agriculture and
food policy making could help structure and develop a coherent and sustainable set of policy
tools to support nutritional health, food security and agro-ecological systems.
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2. Reduce or eliminate subsidies that encourage unsustainable consumption and waste, and
consider tax options to shift consumption patterns.
3. Design and conduct targeted public awareness campaigns on unsustainable food consumption and food waste. Public awareness campaigns can play a significant role in addressing and curbing unsustainable food consumption. Designed to meet specific goals and
to reach particular populations, they have played important roles in successfully changing
consumers’ dietary patterns, for health, socioeconomic or food security reasons, in both developed and developing countries.
4. Consider implementing advertising and marketing regulatory measures to curb the influence of campaigns for unhealthy and unsustainably produced foods. This is especially important for advertising that specifically targets children.
5. Use public procurement as a catalyst for change. Public procurement policy has a role to
play in decreasing unsustainable food consumption given the significant amounts of food
purchased for use in public institutions.
6. Improve availability of agricultural technologies and infrastructure to reduce food losses in
developing countries. These losses lead to less food availability, higher prices for the producer and consumer, lost income for producers and governments, and wasted agroecological resources in the form of land, soil nutrients, water and other inputs.
7. Increase inter-governmental coordination for sustainable food systems. Governments, with
the help of intergovernmental organisations and NGOs, must work collaboratively to develop
initiatives that bring the public and private sectors together on food consumption and production issues.
Opportunities for the private sector:
1. Decouple economic growth from resource intensity across the supply chain. Decoupling
does not imply a reduction in economic output but rather maintaining, or even improving,
economic performance through better resource efficiency. The private sector can use less to
produce more. This makes sound business sense as well as having positive effects on the
agro-ecological resource base and food security.
2. Reduce waste at the retail and consumer levels. There is a role for government in curbing
this waste through public information campaigns and the use of other policy measures. However, there are clear business opportunities for doing so as well, not the least of which is a
more efficient supply chain.
3. Use certification, standards and labelling to capture market share and to shape consumption. Adoption of voluntary certification schemes, standards and eco-labelling approaches
can increase awareness of consumers, build loyalty for sustainably-certified products and
shape consumption patterns – all resulting in more sustainable food consumption. It can also
be profitable for businesses.
4. Increase private sector collaboration for sustainable food consumption and food systems.
As does the public sector, the private sector needs to increase cooperation to strengthen
efforts in the food consumption arena. Sustainability-focused consortiums provide action oriented platforms for industry-related sustainability dialogue and for sharing best practices and
emerging tools. Existing consortiums can incorporate the food consumption issue – as some
already have – and industry sustainability leaders can initiate new endeavours on the topic.
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Anhang 2
Bedeutung von soziodemographischer Merkmale für einen nachhaltigen Konsum in Deutschland
Inwieweit sozio-demographische Charakteristika Determinanten für einen nachhaltigeren
Konsum sind, wurde in einer Vielzahl von Studien untersucht. Im Folgenden werden die Erkenntnisse mit einem Fokus auf Studien, die sich auf Deutschland beziehen zusammengefasst.
In Hinblick auf den Zusammenhang von nachhaltigem Konsum und Alter bzw. vom nachhaltigen Konsum von Senioren weisen wissenschaftliche Studien heterogene Ergebnisse auf.
Verain et al. (2012) kommen in ihrem Überblick zu Studien, die Konsumenten gemäß ihres
nachhaltigen Lebensmitteleinkaufs segmentieren, zu dem Ergebnis, dass Alter keinen Einfluss auf die Gruppenzugehörigkeit hat (z.B. die auf Deutschland bezogene Studie von Janssen et al. 2009) bzw. der Einfluss in den einzelnen Studien keine klare Aussage in Hinblick
auf den Zusammenhang zwischen Alter und Nachhaltigkeitsverhalten zulässt.
Von Interesse ist die Analyse von Kriwy und Mecking (2012) für Deutschland. Die Autoren
zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Alter und der Wahrscheinlichkeit regelmäßig
organische Produkte zu kaufen einer invertierten U-Verteilung entspricht. Das heißt, dass vor
allem Menschen mittleren Alters zur Gruppe der regelmäßigen KäuferInnen ökologischer
Produkte gehören. Auch frühere Studien zu Deutschland verdeutlichen, dass in den mittleren
Altersgruppen der Anteil der Bio-KäuferInnen überrepräsentiert ist. So gilt dies entsprechend
der Studie von Schultz et al. (2003) für die Alterstufen 40-49 Jahren, 50-59 Jahren und 60-69
Jahren. Menschen unter 40 bzw. über 69 sind dagegen im Vergleich zur deutschen Bevölkerung unter den BiokäuferInnen unterrepräsentiert (Schultz et al. 2003).
Mohr und Schlich (2015) beobachten ebenfalls eine invertierte U-Verteilung zwischen dem
Alter und dem allgemeinen Nachhaltigkeitsbewusstsein beim Lebensmitteleinkauf. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Nachhaltigkeitsbewusstsein vor allem hoch in der Altersklasse 46-55 Jahre und 56-65 Jahre ist und jüngere und ältere Bevölkerungsgruppen ein
signifikant niedrigeres Nachhaltigkeitsbewusstsein aufweisen. In der gleichen Studie wird
aber auch gezeigt, dass der Zusammenhang zwischen Alter und Nachhaltigkeitsbewusstsein
beim Lebensmitteleinkauf kontextspezifisch ist. Betrachtet man das Nachhaltigkeitsbewusstsein in Hinblick auf den Einkauf von Fleisch und Fleischprodukten lassen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den jüngeren und mittleren Altersgruppen feststellen. Jedoch
haben ältere Menschen (über 66 Jahre) ein signifikant niedrigeres Nachhaltigkeitsbewusstsein in Hinblick auf den Einkauf von Fleisch und Fleischprodukten.
Einige Studien (siehe Sudbury-Riley et al. 2012; Sudbury-Riley et al. 2014; Carrigan et al.
2004) untersuchen gezielt die Einstellungen zu ethischem (Kauf)Verhalten und das ethische
(Kauf)Verhalten von Senioren. Diese Analysen beziehen sich aber in der Regel nicht nur auf
Lebensmittel. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass ethische Einstellungen als auch ethisches Verhalten von Relevanz in der Gruppe der Senioren ist, dies aber keineswegs für alle
Senioren gilt. Neben der Heterogenität zwischen den Senioren innerhalb eines Landes weist
ein Vergleich zwischen dem Vereinigten Königreich, Japan, Ungarn und Deutschland auch
auf Unterschiede zwischen Ländern hin. Sowohl das ökologische und ethische Bewusstsein
als auch das entsprechende Verhalten sind gemäß der Studie von Sudbury-Riley et al.
(2012) und Sudbury-Riley et al. (2014) in Deutschland stärker als in den anderen untersuchten Ländern gegeben.
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Nachhaltigere Produkte wie Bioprodukte oder Fair Trade Produkte haben in der Regel einen
höheren Preis als konventionelle Produkte. Vor diesem Hintergrund kann ein bestimmtes
Einkommensniveau als Voraussetzung für den Kauf entsprechender Produkte betrachtet
werden (Kriwy und Mecking 2012). Auch bezogen auf diesen soziodemographischen Faktor
weist die Literatur jedoch auf heterogene Ergebnisse für Deutschland, was im Folgenden für
Bioprodukte aufgezeigt werden soll. Während einige Studien einen Zusammenhang zwischen dem verfügbaren Haushaltseinkommen und der Wahrscheinlichkeit ein Käufer von
Bioprodukten zu sein bzw. den Ausgaben für Bioprodukte (vgl. Kropp und Sehrer 2004;
Niessen und Hamm 2006) bestätigen, kommen andere Arbeiten zu dem Ergebnis, dass das
Einkommen keinen Beitrag zur Erklärung des Bio-Kaufverhaltens leistet (u.a. Schöberl 2012;
Buder et al. 2010). Die Ergebnisse von Kriwy und Mecking (2012) zeigen, dass das Einkommen zwar keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit hat, ein Käufer von Bioprodukten
zu sein, aber bei denen, die Bioprodukte kaufen in erheblichem Maße die Ausgaben von
Bioprodukten beeinflussen.
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Anhang 3
Regionallabel in Deutschland
In Deutschland gibt es keine gesetzlich festgelegte Definition für ein regionales Lebensmittel.
Nach allgemeinem Verständnis sollten jedoch die Rohstoffe aus der angegebenen Region
stammen und das Produkt gänzlich dort verarbeitet worden sein (Deutschlandreform, 2016).
„Region“ kann dabei einen bestimmten Umkreis meinen (z.B. im Umkreis von 30, 50 oder
100 km), einen einzigen Ort oder Kreis oder ein Bundesland sowie eine größere Region wie
„Südenwesten“ oder „Norden“ bezeichnen. Es kann sich auch um eine bestimmte Kulturregion handeln („Allgäu“, „Rheinland“). Je nach Initiative wird der Begriff „Region“ unterschiedlich ausgelegt (Bundesverband die Verbraucher-Initiative, 2016).
Es lassen sich zwei Arten von Regionallabel unterscheiden: Staatliche Label und private Label. Erstere umfassen seitens der Bundesländer unterstützte Label (z.B. geprüfte Qualität
Bayern), auf nationaler Ebene initiierte Label (Regionalfenster), als auch auf europäischer
Ebene implementierte Label (z.B. geschützte Ursprungsbezeichnung). Letztere umfassen
Regionalinitiativen und -marken (z.B. Spreewald) sowie die Regionalmarken des Lebensmitteleinzelhandels (label-online 2016, FiBL 2012). Gerade bezogen auf letztere ist die Transparenz, was unter „Region“ bzw. „regional“ verstanden wird für den Konsumenten kaum
nachvollziehbar (vgl. Tabelle A1). Um „klare, zuverlässige und transparente Informationen“
zu schaffen (BMEL 2014)51 und damit das Vertrauen der Konsumenten in Regionalprodukte
zu stärken wurde 2014 das oben bereits erwähnte Regionalfenster eingeführt. Konsumenten
können auf einen Blick erkennen, woher das Produkt stammt, wo es verarbeitet/verpackt
wurde und zu welchem Anteil das Produkt aus dem regionalen Rohstoff besteht (vgl.
http://www.regionalfenster.de/fileadmin/regionalfenster/documents/Regionalfenster_Handbuc
h_2.0.pdf).
51
BMEL (2014): http://www.bmel.de/DE/Ernaehrung/Kennzeichnung/FreiwilligeKennzeichnung/_Texte/Regionalfenster.html.
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Tabelle A1: Beispiele für Regionale Handelsmarken
Supermarkt Regionale
Eigenmarke
Region, Produkte
Rewe
Rewe regional
Sky (Coop)
Unser Norden
Region: Deutschlandweit (vermutlich je nach Bundesland), allerdings keine klare Aussage was die Region beinhaltet
Produkte: Obst und Gemüse
Region: Norden (SH, MV, NI, BB, gelegentlich
Hamburg, Bremen und Berlin)
Produkte: sowohl frische (Obst und Gemüse) als auch verarbeitete
Produkte (Milch/Milchprodukte, Fleisch/Wurst, Eier, Snacks, Vorrat,
Feinkost, Marmelade).
Edeka
Unsere
Heimat/Mein
Land/Unser Hof, je
nach Absatzgebiet
Lidl
Ein gutes
Heimat
Natur-gut
Penny
Stück
Netto
Erntefrisch,
Ein
Herz für Erzeuger
Real
Gutes aus
Heimat
der
Region: bezogen auch das jeweilige Absatzgebiet („Unsere Heimat“ & „Gutfleisch“: Nord, Südwest; „Mein Land“: Rhein-Ruhr,
„Bauerngut“: Minden-Hannover, Unser Hof: Nordbayern,-SachsenThüringen, Südbayern); teilweise nur aus 30km-Umkreis
Produkte: Obst und Gemüse, Eier und Molkereiprodukte, Fleisch
und Wurst sowie Brot und Backwaren
Region: Bayern; „von Bayern für Bayern“
Produkte: hauptsächlich Milch-, Fleisch- und Wurstprodukte.
Region: Deutschland, Österreich und Schweiz
Produkte: hauptsächlich abgepackte Ware z.B. Wurstwaren, Käse,
Säfte
Zusatz: Neben dem Regional Label gibt es auch „Veggie/Vegan“Label und Biokennzeichnungen auf Natur-gut Produkten
Region: „Erntefrisch“: Deutschland, wenn möglich bundeslandbegrenzt, „Ein Herz für deutsche Erzeuger“: deutsche Erzeuger
Produkte: „Erntefrisch“: Obst- und Gemüse, „Ein Herz für deutsche
Erzeuger“: Obst und Gemüse, Milch/-produkte, Eier, Fleisch/Wurst
Zusatz: Ein Herz für Erzeuger setzt sich auch für faire Erzeugerpreise ein
Region: Produkte vorwiegend aus der „Region“ eines jeden Marktes (z.B. Astra in Hamburg und Kölsch in Köln)
Produkte: Sehr breit, sowohl frische Produkte als auch
Snack/convenient-Produkte und Getränke. Markenprodukte.
Quellen:
Rewe Regional:
https://www.rewe.de/marken/regional/marken/regional/marken/regional/marken/regional/.; Edeka Regionale Produkte: http://www.edekaverbund.de/Unternehmen/de/gesellschaftliche_verantwortung/sortiment/regionale_produkte/regionalitaet
_4.jsp.
Coop; Unser Norden: http://www.sky.coop/unsere-marken/unser-norden/produkte.
Lidl: http://www.ein-gutes-stueck-heimat.de/home.html.
Penny: http://www.penny.de/unsere-marken/naturgut/ueber-die-marke/.
Netto: https://www.netto-online.de/Regionale-Vielfalt-ein-Herz-fuer-Erzeuger.chtm.
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Real: http://prospekt.real.de/gutes-aus-der-heimat.html.
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