QB 5: Klinisch-pathologische Konferenz Teil Pathologie Dysphagie Ursachen: Neurogene und psychiatrische Ursachen: - kein morphologisches Substrat bzw. keine Schädigung der ZNS-Regionen oder Nerven, die den Schluckakt steuern. anatomisch bedingte Ursachen: - Behinderung der Nahrungspassage - Krankheiten des Ösophagus, (des Magens) und umgebender Strukturen Schmerzen beim Schlucken werden „Odynophagie“ genannt. Somatische Gründe für Dysphagie können Lymphknotenpakete, Struma, Neoplasien, Divertikel, ... sein. Wenn ein Patient eine Dysphagie entwickelt, müssen schon die Alarmglocken klingeln, weil der Ösophagus sehr stark kompensieren kann und sehr dehnbar ist, d.h. die zugrundeliegende Ursache kann schon sehr weit fortgeschritten sein. Bei einer großen Struma wird auch die Luftröhre eingeengt (Tracheomalazie = Erweichung der Knorpelringe bzw. Säbelscheidentrachea). Andere Symptome bei Mediastinaltumoren können z.B. venöse Stauung oder Heiserkeit (wegen Recurrensparese) sein. Es gibt auch eine anatomische Gefäßvarietät, der man nachsagt, Dysphagie verursachen zu können (Arteria glossoria). Zuerst fragt man den Patienten auch immer, ob er Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Fieber hat (B-Symptomatik, neoplastisches Syndrom). Divertikel: Häufiger als Karzinome sind auf jeden Fall Divertikel. Am häufigsten ist das Zenker-Divertikel (zervikales Divertikel), das in Wirklichkeit ein falsches Divertikel ist und oberhalb des M. cricopharyngeus auftritt (am Killian-Dreieck). Ein weiteres muskelschwaches Areal ist das Laimer-Dreieck unterhalb des M. cricopharyngeus. Das Zenker-Divertikel ist fast immer links ausgelagert. - 70% zervikales oder Zenker-Divertikel - 21,5% Traktionsdivertikel in der Höhe der Trachealbifurkation - 8,5% epiphrenisches Divertikel Zenker- und epiphrenische Divertikel sind Pulsionsdivertikel (entstehen durch erhöhten Druck im Ösophagus und Wandschwäche), die parabronchialen Divertikel sind Traktionsdivertikel (werden durch Schrumpfung bei Narbenbildung gebildet, die Ösophaguswand wird „weggezogen“). Therapieziele Zenker: - Beseitigung Dysphagie - Ausschalten der Dysphagie- / Regurgitationssymptome - Verhinderung Rezidiv Weitere Symptome beim Zenker-Divertikel sind Mundgeruch, Speisereste auf dem Kopfkissen, chronisch-rezidivierende Aspirationspneumonie. Das Zenker-Divertikel wird normalerweise durch zervikale Myotomie therapiert, neuerdings gibt es auch das endoluminale Vorgehen, bei dem mit einem Stapler-Gerät das Divertikel vom Ösophagus aus aufgeschnitten und die Ränder zusammengenäht werden. Dieses Vorgehen ist aber nicht so gut und wird nur bei Hochrisikopatienten durchgeführt, bei denen ein offener chirurgischer Eingriff zu riskant ist. Beim epiphrenischen Divertikel werden normal folgende Eingriffe durchgeführt: - Kardiomyotomie (wichtig!) - Divertikulektomie - Fundoplicatio (prophylaktisch), da man bei dem Eingriff wahrscheinlich den Sphincter beschädigt. Dabei wird der Magenfundus einmal komplett um die Speiseröhre gelegt und angenäht. Ösophagus-Hernien: - axiale Gleithernie (Reflux, die Cardia des Magens gleitet durch das Zwerchfell nach oben). Führt oft zu Ösophagitis. Im Extremfall gleitet der ganze Magen durch das Zwerchfell (upside-down-stomach). Dabei kann er sogar das Colon mitnehmen, was zu einer Darmischämie führen kann, oder vorher noch zu einem Blutstau, Hämorrhagie. - paraösophageale Hernie (gleitet am Ösophagus auf und ab, es treten Scherkräfte auf, kann zu Ulcera der Schleimhaut und Blutungen führen.) - Mischhernie Achalasie: Mangelhafte Öffnung des unteren Ösophagussphinkters. Ursache: im Grunde unbekannt! Es werden genetische, umweltbedingte und autoimmune Faktoren in Erwägung gezogen. Evtl. Degeneration inhibitorischer Neurone des enterischen Nervensystems (Auerbach-Plexus). Entzündung des Plexus myentericus mit progressiver Degeneration der Ganglienzellen und Nerven. Eine Pseudoachalasie (sek. A.) wird durch Tumoren, Entzündungen, Amyloidose etc. ausgelöst. Stadien: Am Anfang der Erkrankung kämpft der Ösophagus dagegen an, was zu starken retrosternalen Schmerzen führt (Odynophagie), in der letzten Phase ist der komplette Ösophagus erschlafft (dekompensierte Achalasie). Anfangs ist noch keine Dilatation vorhanden und die Motilität tertiär, bei Grad II liegt eine deutliche Dilatation und Hypomotilität vor, bei Grad III ist die Dilatation extrem und der Ösophagus praktisch amotil. Bei der chronischen Achalasie entwickelt sich oft eine Ösophagitis, dann Ulkus, Metaplasie / Hyperplasie, dann Achalasiekarzinome (die immer Plattenepithelkarzinome sind, nicht wie beim Barrett-Ösophagus). Diagnose: - Breischluck - Manometrie (Tonusmessung) - pH-Metrie (Sonde 24h im Ösophagus) Therapie: - junge Patienten: laparoskopische Operation - Hochrisikopatienten bekommen zuerst Botox in den unteren Sphinkter - alle anderen Patienten zuerst pneumatische Dilatation (Prinzip: druckbegrenzt/volumenbegrenzt, 3 min, am wachen Patient). Risiko der Perforation: 1-3%. Therapieerfolg: symptomatische Besserung der Dysphagie in 80-95% Ösophagitis: Ursachen: - Reflux (häufigste Ursache) - Strahlenschaden - infektiös (selten bakteriell, häufiger Soor-Mykose oder viral, vor allem Herpes), meist bei Patienten mit Immunschwäche - toxisch-korrosiv - eosinophile Ösophagitis (v.a. allergisch) - Retention (z.B. durch Tumor) - ... Soorösophagitis: - kleieartige Beläge - Konfluenz zu Pseudomembranen - Ulzera - bevorzugt bei Immundefekt, schlechter Abwehrlage Herpesösophagitis: - Bläschen und ausgestanzte Ulcera (Biopsien aus dem Randbereich nehmen, nicht aus dem Ulcus) - bei Patienten mit schwerer Grundkrankheit (oft bei transplantierten Patienten) - in der Zytologie große Zellen mit vielen Vakuolen Akut auftretende Dysphagie: - Fremdkörper - Boerhaave-Syndrome (Burhave ausgesprochen) Boerhaave-Syndrom: - spontane Ösophagusruptur - nach einer Episode forcierten Erbrechens Verätzung: - schwere Verätzung: - thrombosierte Venen, Blutungen, Ulzera, Schleimhautnekrosen - inselförmige Schleimhautareale, die nach Abzug mit Biopsiezange frisch bluten - schwerste Verätzung: - vollständige Nekrotisierung der Schleimhaut - tiefere Organwandschichten nicht mehr beurteilbar - auch bei Stufenbiopsie keine Blutung Die tumoröse Stenose: - benigne Tumoren wie Leiomyom, selten GIST - maligne Tumoren: - Ösophaguskarzinom - extraluminale Tumoren (selten) Ösophaguskarzinom: Adenokarzinom und Plattenepithelkarzinom (ESCC) sind sehr unterschiedlich hinsichtlich Epidemiologie und Tumorbiologie. Beim PEK häufig Raucher, Trinker, Leberzirrhose, oft Complianceprobleme, beim Adenokarzinom häufig Übergewicht, Reflux, koronare Herzerkrankung. Bei Männern an 13. Stelle, bei Frauen an 17. Stelle der Krebsneuerkrankungen in Deutschland im Jahr 2000. Die Prognose bei Adenokarzinom ist vor allem wegen der Lebensumstände der unterschiedlichen Patientengruppen deutlich besser als beim Plattenepithelkarzinom. Das 5-Jahres-Überleben beim Adenokarzinom liegt bei 42%, beim PEK nur bei etwa 30%. Refluxösophagitis: Stadien und ihre Häufigkeit: - I, wenige Epitheldefekte, 50% - II, multiple konfluierende Defekte, 10% - III, multiple konfluierende Defekte, manschettenartige Defekte, 10% - IV, Narbenstrikturen, Barrett-Syndrom, Metaplasie von Plattenepithel zu intestinalem Zylinderepithel, 30% 10% der Patienten mit Barrett-Ösophagus entwickeln in 10-15 Jahren ein Karzinom, diese Patienten müssen in eine Surveillance-Endoskopie und werden jedes halbe Jahr endoskopiert. Sobald eine Dysplasie vorliegt, kann eine Mukosektomie durchgeführt werden, endoskopisch wird das Areal markiert, angesaugt und abgetragen, das geht aber nur bis zu einer gewissen Größe. Der pulmonale Rundherd (RH) Radiologischer Teil: Definition „pulmonaler Rundherd“: - mehr oder weniger runde Läsion - kleiner als 3 cm (größer: „Raumforderung“) - vollständig von Lungenparenchym umgeben ohne weitere Auffälligkeiten (Atelektase, LK, Pleuraerguss) - zu 90% Zufallsbefund im Röntgenbild - Inzidenz: 1 von 500 Röntgen-Thorax (0,2%), durch Spiral-CT deutlich höher, bei Rauchern >50J 23-51% Wenn ein Rundherd gefunden wird, muss immer ein CT durchgeführt werden, um zu schauen, ob nur einer und nicht mehrere vorliegen. „Pitfalls“ pulmonaler Rundherd: Wenn ein Rundherd in einem Röntgen-Thorax vorhanden und im nächsten etwas später auf einmal nicht mehr zu sehen ist, kann es an verschiedenen Sachen liegen. Im gezeigten Beispiel war der „Rundherd“ der Zopf der Patientin, der überlagert so aussah. Auch Warzen können im Röntgenbild wie Rundherde aussehen. Im CT passiert das natürlich nicht. Morphologie solitärer pulmonaler Rundherde: Manche strahlen aus, manche sind verkalkt usw... entsprechend gibt es auch viele Differentialdiagnosen: maligne: - Bronchuskarzinom - Metastase - peripheres Karzinoid benigne: - infektiöses Granulom - andere Infekte - benigner Tumor - vaskulär - bronchogene Zyste - Rundatelektase Problem bei solitären pulmonalen RH: - 40-50% sind maligne - die meisten davon sind primäre Bronchialkarzinome: NSCLC, insbesondere Adeno-CA in 50% lokal fortgeschritten / metastasiert 5-Jahres-Überleben: Insgesamt: 10-15% T1 N0 M0: 51-75% - ein Lungenrundherd bei einem Patienten mit extrapulmonalem Karzinom ist zu 33-50% metastatisch - ein pulmonaler Rundherd gilt bis zum Beweis des Gegenteils als maligne!!! Kriterien für Malignität bei pulmonalem RH: 5 Einflussfaktoren - Herdgröße: je größer, umso höher die Wahrscheinlichkeit. Bei >2cm 80% maligne, bei <5mm >90% benigne - Wachstum: Tumorverdopplungszeit 30-450 Tage bei malignen Raumforderungen, <30 Tage meist entzündlich, >450 Tage eher benigne - Alter: Risiko steigt im Alter, die Malignitätsrate bei Patienten >60 Jahren liegt bei 70% - Rauchen: 50 packyears 60% maligne - radiologische Charakteristika: - Begrenzung: glatt - benigne, spikuliert / unregelmäßig - maligne, aber nicht verlässlich - Verkalkung: vollständig bzw. zentral - benigne, exzentrisch - maligne - interne Morphologie: excl. Fett (Hamartome - benigne), unzuverlässig, dickwandige Kavernen eher maligne Spikulierung und Pleurafinger sind allgemein das deutlichste radiologische Anzeichen für Malignität. Wenn ein Herd total verkalkt ist, ist es in der Regel ein Granulom. Bei popcornartigen Verkalkungen und Fetteinlagerungen handelt es sich in der Regel um ein Hamartom. Ein Hamartom ist ein embryonaler Tumor, der durch atypische Differenzierung von Keimgewebe entsteht, selten maligne Entartung (Hamartoblastom). Rundherde mit zentraler Aufhellung können z.B. Metastasen oder Pilzinfektionen sein; man braucht die Klinik, man braucht die Laborparameter. Beitrag der Radiologie zur Malignitätsabschätzung: - CT - CT mit Kontrastmittel: Wenn der Herd stark Kontrastmittel aufnimmt, über 20 HU (Dichteeinheit im CT), geht man von Malignität aus. - MRT - PET: Krebszellen und Entzündungszellen nehmen vermehrt Glukose auf. Man spritzt 18F-FDG und prüft die Aufnahme des Tracers. Hohe Sensitivität (96,8%), Spezifität von nur 77,8%, da auch entzündliche Herde den Tracer aufnehmen. Falsch-negativ bei bronchoalveolären Ca. und Herden <1cm. - wichtig ist der Verlauf im CT (Wachstum) - über 2 Jahre größengleich spricht für Gutartigkeit, der Vorhersagewert ist aber nur 65% Die Volumenverdopplung ist aber schwer zu erkennen bei kleinen Herden... eine Volumenverdopplung liegt z.B. bei Vergrößerung des Durchmessers von 4mm auf 5mm oder von 5mm auf 6.2mm vor. Mit dem LungCARE-Programm kann man automatisch das Volumen von Rundherden bestimmen lassen. Weiterführende Diagnostik / Therapie: - Bronchoskopie / transbronchiale Biopsie. Problem: nur große Bronchien zugänglich - transthorakale Biopsie (CT, MRT, US) Komplikation: Pneumothorax - VATS (videoassistierte Thorakoskopie) Diagnostisches Management bei solitären Rundherden: „Jeder unklare Rundherd muss extirpiert werden“ Gilt im Prinzip immer noch, aber: - 30% der Herde benigne, Pat. oft asymptomatisch, Herde oft sehr klein, deshalb derzeitige Strategie: - Beachtung des Krebsrisikos (niedrig <5-10%, mittel 10-60%, hoch >60-70%). Bei niedrigem Risiko Kontroll-CT nach 3, 6, 9, 12, 18 und 24 Monaten. Bei hohem Risiko VATS, Schnellschnitt, evtl. Lobektomie, bei mittlerem Risiko PET bei RH >1cm, transthorakale Punktion und je nachdem das weitere Vorgehen. - Operabilität des Patienten beachten - Größe des Herdes Patientenvorstellung, chirurgischer Teil: Eine 70jährige Patientin, bei der schon seit mindestens 50 Jahren ein 5-Markstück-großer, gut begrenzter Rundherd in Hilusnähe vorlag. Vor wenigen Wochen trat bei ihr plötzlich Bluthusten auf, sie spuckte etwa 2 Tassen voll hellem Blut, und dann noch zwei weitere Vorfälle dieser Art, bis sie zum Arzt ging. Sie wurde dann gleich operiert und ein Karzinoid (langsam wachsender neuroendokriner Tumor, der Serotonin absondert) entfernt. Ein Karzinoid kann eine Flush-Symptomatik verursachen (anfallsartig auftretende rotblaue Verfärbung des Oberkörpers und der Extremitäten, verbunden mit Hitzewallungen, Diarrhöen, asthmaähnlicher Bronchokonstriktion), wenn es nicht im Pfortaderstromgebiet liegt. Wenn es im Pfortaderstromgebiet liegt, wird das Serotonin durch den first-pass-Effekt in der Leber metabolisiert und „entschärft“. Symptome / Komplikationen bei Lungentumoren: - Reizhusten - Hämoptysen = Bluthusten - Dyspnoe - retrosternale Pneumonien - B-Symptomatik (Fieber, Leistungsknick, Nachtschweiß, Gewichtsverlust ...) - Perikarderguss - Horner-Syndrom bzw. Horner-Trias: Miosis, Ptosis, scheinbarer Enophthalmus durch Schädigung des Ganglion stellatum - Pleuraverklebung - bei neuroendokrinen Tumoren Flush-Symptomatik Pathologischer Teil: - Radiologie (einschließlich PET) ermöglicht Wahrscheinlichkeitsdiagnose, kann die Histologie aber nicht ersetzen! - Entscheidung zur Biopsiegewinnung / Entfernung hängt vom Risiko der Malignität ab Größe und Malignität: - >95% aller nicht verkalkten RH im CT sind <1cm - 1,3-7,4% aller RH sind maligne - <5% der RH unter 1cm sind maligne - >1cm: hohes Malignitätsrisiko!! primäre histologische Abklärung Gibt es Korrelation zwischen radiologischen und histologischen Malignitätskriterien? - Verkalkung: Bradytrophes oder totes Gewebe - alte Tbc, Narbe, Chondrohamartom - aber: verkalkte Tu-Nekrose - scharfe Begrenzung: öfter gutartig - benigner Tumor - Granulome - ABER: manche Karzinome und viele Metastasen sind scharf begrenzt Genese von Rundherden: - entzündlich - infektiös (vor allem Tbc) - nicht infektiös - nicht entzündlich - nicht tumorös, z.B. Atelektase (nicht belüfteter Lungenbereich bis zu Lungenflügel) oder Sequester (abgestorbenes, abgekapseltes Gewebe) - tumorös (benigne oder maligne) Infektiös: - Tuberkulose (Tuberkulom) - häufig verkalkt - als solitärer Herd oft nicht symptomatisch - alte Thoraxröntgen ausheben - DD: histologisch nekrotisierende sarkoidale Granulomatose, Sarkoidose (da wird die Diagnose dann klinisch gestellt, z.B. mit Erythema nodosum usw.) - diverse bakterielle Infekte (transient) - Pilze (Histoplasma, Coccioides, Aspergillus), vor allem Histoplasmose aus den USA, Aspergillus öfter Sinusitis - Parasiten (Dirofilarien) - Protozoen (Pneumocystis carinii) - geographische Herkunft relevant! Nicht infektiös: - Wegener-Granulomatose (oft multipel, kavitierend) z.B. mit blutigem Schnupfen, Glomerulonephritis - Rheumaknoten - nekrotisierende sarkoidale Granulomatose - (Anthrako-)Silikose (multipel) Benigne, nicht entzündlich: - Zysten und Sequester - alte Infarkte - intrapulmonale LK und Morbus Castleman (benignes hyalinisierendes Lymphom, ausgehend von Plasmazellen, unklare Genese) - Hamartome (Chondrome): oft verkalkt und/oder fetthaltig Malignome: - semimaligne - Karzinoide / atypische Karzinoide - maligne: - primäre Bronchuskarzinome - Metastasen (häufig multipel) Lungentumoren: Epithelial maligne: - Plattenepithel-Ca (35-60%) - kleinzelliges Ca (20-25%): 98% bei Rauchern - Adeno-Ca (6-32%): 30% bei Nichtrauchern, also recht häufig - großzelliges Ca (10-15%) „Blut im Stuhl“ - GI-Blutung Zuerst sollte man den Patienten nicht nur fragen, wie oft er aufs Klo geht, sondern auch, wie lange er braucht. Wenn er jeden Tag Stuhlgang hat aber erstmal eine Tasse Kaffee trinken und die komplette Bildzeitung lesen muss, bis was kommt, hat er wahrscheinlich schon Obstipation, was ein wichtiger Hinweis auf z.B. ein Rektumkarzinom ist. Begriffe: - Meläna = Teerstuhl: Das Blut ist schwarz → Umwandlung in Hämatin durch Kontakt mit Salzsäure, d.h. die Blutungsquelle muss im Allgemeinen im Magen oder Ösophagus liegen. Magenulkus, erosive Gastritis durch Helicobacter oder NSAR (z.B. Aspirin), Ösophagusvarizen, Tumoren, Antikoagulationstherapie mit Marcumar (Vitamin K-Antagonist, hemmt die Aktivierung von Faktor VII, IX und X in der Leber), andere Gerinnungsstörungen wie Thrombopenie (ITP = idiopathische thrombozytopenische Purpura = Werlhof-Krankheit) und das Mallory-WeissSyndrom (längsgestellte Schleimhautrisse im Ösophagus durch Druckerhöhung beim Würgen und Erbrechen) sind die häufigsten Ursachen. - okkultes Blut im Stuhl → ist makroskopisch nicht erkennbar, aber mit dem Hämokkulttest nachweisbar. Der funktioniert mit der Hämoperoxidasereaktion. Der Hämokkulttest wird als Screeningvorsorge und bei Eisenmangelanämie (erkennt man an zu kleinem MCV, mikrozytären und hypochromen Erythrozyten) und Obstipation durchgeführt. Falsch positiv ist der Test, wenn der Patient rote Beete o.Ä. gegessen hat, da die Farbveränderung bei der Hämoperoxidasereaktion nicht gut vom Farbstoff der roten Bette unterscheidbar ist. - Hämatochezie → hellrote Blutauflagerung im Stuhl - Blutstuhl → mit hellem und dunklem Blut vermischter Stuhl Über 50% der Bevölkerung über 50 Jahren haben Hämorrhoiden. Auch über 70% der Schwangeren bekommen in den letzten 4 Monaten der Schwangerschaft Probleme mit Hämorrhoiden, diese Patientinnen kommen dann und erzählen, dass sie hellrotes Blut im Stuhl haben. Nur 9% der Patienten nehmen die Vorsorge-Koloskopie wahr. Die Tumoren im Ösophagus- und Magenbereich, die am häufigsten bluten, sind im Ösophagus Plattenepithelkarzinome und im Magen Adenokarzinome, GIST und MALT-Lymphome bzw. diffus großzellige Lymphome. Auch kennen sollte man das Zollinger-Ellison-Syndrom, bei dem durch Reflux die ganze Ösophagusschleimhaut weggeätzt werden kann. Es wird durch einen gastrinproduzierenden Tumor des Pankreas oder Duodenums hervorgerufen, wodurch die Magensaftsekretion extrem angeregt wird (bis zu 10 l / Tag) Obere GI-Blutung: Ösophagus: - Varizen - Hernien - Tumoren (Plattenepithelkarzinom) - Gerinnungsstörungen (Antikoagulationstherapie, Thrombozytopenie, ...) Magen: - Hiatushernie - Ulcus ventriculi - erosive Gastritis - Ulcus Dieulafoy (entsteht auf dem Boden einer Gefäßanomalie, lebensbedrohliche arterielle Blutung bei Erosion der Gefäßwand) - Tumoren (Magenkarzinom, GIST) - peptisches Ulkus, meist im Magenkorpus, blutet dann aus der A. gastroomentalis oder A. gastroduodenalis, die aus der A. hepatis communis kommt, die aus dem Truncus coeliacus kommt Blutung Dünndarm: - Ulcus Duodeni - Meckelsches Divertikel - M. Crohn - Angiodysplasie - Tumoren (Karzinoid, Lymphom) - Divertikel - Volvulus - Invagination - Mesenterialvenenthrombose - Zöliakie (Autoimmunerkrankung auf Gluten), kann zur Entwicklung von Lymphomen führen Blutung Dickdarm: - Tumoren: Hyperplastische Polypen und Adenome, hyperplastische Polypen sind harmlos außer großen in der rechten Kolonflexur (seratierter Polyp bzw. seratiertes Adenom), bei Adenomen nach Abtragen Kontrollkoloskopien, die erste innerhalb des nächsten Jahres. Von einem Karzinom wird erst gesprochen, wenn die Muscularis propria infiltriert wird, weil davor gibt es keine zur Metastasierung nötigen Lymphgefäße. - Divertikel - Angiodysplasie - Kolitis ulzerosa - M. Crohn - Hämorrhoiden Kolitis: - NSAR-induzierte Kolitis - bakterielle Ruhr (Shigellen) → Ulcera und blutige Durchfälle - Amöbiasis (vor allem aus Kasachstan), Komplikation Leberabszesse - pseudomembranöse Kolitis (iatrogen durch Antibiotika, durch Untergang der residenten Darmflora breitet sich Clostridium difficile aus und das Toxin schädigt dann die Darmwand), dagegen gibts Metronidazol clont (?) - ischämische Kolitis (im CT auf Verkalkungen in Gefäßen achten, wenn keine Endoskopie zur Verfügung steht) Vorgehen bei GI-Blutung: - Kurzanamnese / Kurzbefund - globale Gerinnungstests - Blutbild / Blutgruppe Weiteres Vorgehen je nach Hämatemesis (Bluterbrechen), Meläna (Teerstuhl) oder Hämatochezie (Blutstuhl): Hämatemesis: - orale Notfallendoskopie (95% Erfolg bei Suche nach Blutungsquelle, bei massiver Blutung Notoperation) - falls nicht gefunden: Szintigraphie - Zöliakographie bzw. superselektive Mesenterikographie Meläna: - orale Notfallendoskopie (90% Erfolg bei Suche nach Blutungsquelle) - falls nicht gefunden: Szintigraphie - Angiographie (selektiv) - evtl. Koloskopie Hämatochezie: - Magensonde: bei positivem Blutnachweis orale Notfallendoskopie - bei negativem Blutnachweis rektal-digitale Untersuchung, Notfallproktorektoskopie - falls nichts gefunden: Szintigraphie / Angiographie - Notfallkoloskopie Polypöse Läsionen des Kolon: - nicht neoplastisch: Hyperplastische Polypen - neoplastisch: - mesenchymal: Lipom, Schwannom - Adenome - ... Adenome: - präkanzeröse Läsionen: klassisches Mehrschritt-Entartungsmodell (Fearon & Vogelstein) - Entartungsrisiko abhängig von Größe und Dysplasiegrad - Konsequenz: Entfernung, regelmäßige Nachsorge Kolonkarzinom: Epidemiologie: Weltweit jährlich knapp 900.000 Neuerkrankungen, sehr große Inzidenzschwankungen weltweit (44,7 Australien, 35,6 Mittel- und Westeuropa, 13,3 China, 2,7 Südasien), in Deutschland zweithäufigste Krebstodesursache. Große Bedeutung von Umweltfaktoren (vgl. Migrationsstudien) Häufigkeitsgipfel: > 60 Jahre In Deutschland sterben etwa 30.000 Menschen pro Jahr an den Folgen eines Kolonkarzinoms. Die Dünndarmschleimhaut hat eine höhere IgA-Konzentration, eine höhere Konzentration an Benzpyren-Hydroxylase und einen höheren Zell-Turnover (Benzpyren entsteht z.B. beim Angrillen, bis etwas schwarz ist), deshalb ist sie weniger anfällig als die Kolonschleimhaut. Ätiologie: Ernährung und Lifestyle („Ca. der westlichen Welt“) Risikofaktoren: hochkalorische Ernährung reich an tierischen Fetten, Rauchen / Alkohol, chronische Entzündung (v.A. Kolitis ulzerosa) protektiv: Gemüse, ballaststoffreiche Kost Die FAP (familiäre adenomatöse Polyposis) ist für knapp 1% der Kolonkarzinome verantwortlich, die niedrige Zahl liegt aber daran, dass sie praktisch immer kolektomiert werden (prophylaktische Chirurgie). Diese Patienten haben einen wahren Polypenrasen im Kolon, zu viele, um sie endoskopisch abtragen zu können. Das Lynch-Syndrom = HNPCC-Syndrom = hereditary non-polyposis colorectal cancer-syndrome erhöht stark das Risiko des Auftretens von Kolonkarzinomen in jungem Alter (unter 40 Jahren). In ca. 90% liegt eine Mikrosatelliten-Instabilität vor, die Mismatch-Repair-Gene wie hMLH-1, hMSH-2, hMSH-6 sind mutiert. In einem solchen Fall muss die ganze Familie einbestellt und untersucht werden, die ganze Familie wird zur Koloskopie geschickt. Das HNPCC-Syndrom ist außerdem mit extrakolonischen Karzinomen (Endometrium, ableitende Harnwege, Dünndarm, Magen) assoziiert und führt zu syn- und metachronen Karzinomen. Häufigkeit: 2-6% der kolorektalen Karzinome, also eine recht häufige Erkrankung. 60% der Kolonkarzinome sind Rektumkarzinome, 30% davon proximal, 40% im mittleren und 30% im distalen Rektumdrittel. Mit dem Finger kann man bei der digital-rektalen Untersuchung bis 8cm tasten, d.h. man erreicht das untere, distale Drittel des Rektums (das etwa 18cm lang ist). Patienten mit fortgeschrittenem Tumorstadium, die zusätzlich zur Operation eine neoadjuvante Chemotherapie bekommen, haben ein längeres „event-free survival“, d.h. es dauert im Schnitt länger, bis bei ihnen ein Rezidiv auftritt. Muzinöse Karzinome sind, wenn sie mit HNPCC assoziiert sind, prognostisch günstig, wenn nicht, sind sie prognostisch ungünstig. 50% der kolorektalen Karzinome bilden Metastasen. Die Rate ist nicht unterschiedlich je nach Lokalisation rechts oder links im Kolon. PPHN - persistierende pulmonale Hypertonie beim Neugeborenen Lernziele: - Pulmonale Hypertonie: Klassifikation der WHO, Arten - foetale Zirkulation - nochwas Definition: PPHN ist die Folge eines - erhöhten pulmonalen Gefäßwiderstandes mit - persistierendem rechts-links-Shunt und - systemischer arterieller Hypoxaemie Synonyme: - persistent pulmonary vascular obstruction - persistent fetal circulation (PFC) - pulmonary vasospasm - neonatal pulmonary ischemia - persistant transitional circulation Häufigkeit: 1-2-6 : 1000 Neugeborenen Mortalität / Morbidität: - bis zu 10-40-60% (mit ECMO ca. 30%) ECMO = extracorporal membrane oxygenation - neurologische Folgeschäden 15-60% Besonderheiten des fetalen Kreislaufs: Konstriktion der Pulmonalgefäße: nur 5-10% des Blutes geht durch die Lunge: - hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (weil das Mischblut aus dem rechten Vorhof hauptsächlich durch das Foramen ovale in den linken fließt und sauerstoffarmes Blut aus der V. cava superior in die Lungenarterien gelangt) - mechanische Kompression des Thorax - Noradrenalin - Arachidonsäure - Endothelin - Ductus arteriosus Botalli: praenatal offen (R/L-Shunt) durch Prostaglandine - Foramen ovale (druckabhängiges Klappenventil) - Ductus venosus Arantii (Düseneffekt auf Foramen ovale) Postnatal Dilatation der Pulmonalgefäße: - Expansion der Lunge (FRB) (+), Erektion des kapillären Gefäßbettes - aktive Konstriktion des Ductus arteriosus Botalli (prostaglandinabhängig -, pO2-abhängig +, später fibröse Transformation ins Ligamentum arteriosum) - Verschluss des Ductus venosus Arantii postnatal durch Bindegewebswulst - Verschluss des Foramen ovale durch Druckanstieg im linken Vorhof Fall: Anamnese: Ringelröteln der Mutter in der 6. SSW (Parvovirus B19), ansonsten unauffällige Schwangerschaft, unauffällige Geburt am Termin. Ringelröteln können am Kind eine Anämie auslösen → Hydrops fetalis, intrauterine Myokarditis (?) Klinik: 25.10.03: Geburt: eutrophes männliches Reifgeborenes mit Analatresie 27.10.03: Anlage eines Anus praeter 30.10.03: zunehmende pulmonale Hypertonie mit Hypoxie 03.11.03: passagerer CRP-Anstieg 06.11.03: Tod in nicht beherrschbarer pulmonaler Hypertonie Klinische Fragestellung: Herz: Lungenvenenfehlmündung, geschlängelter Ductus arteriosus? Lunge: Morphologie der Lungenarterien, ...? Abdomen: Perforation durch Anus praeter? In der Pathologie sieht man ein spiegelndes, glattes Peritoneum, also keine Perforation. Leber, Magen, Duodenum, Milz und Pankreas sind unauffällig. Die Nieren zeigen noch eine Furchung, sind aber sonst unauffällig, rechts eine Blutung des Urethers. Herz-Lungen-Präparat: Es fällt ein wandstarker rechter Ventrikel auf, der Ductus arteriosus ist geschlängelt, die Lungenvenen münden regelrecht, die restliche Anatomie ist auch normal. Die Lungen sind sehr fest und fleischig. Die Oberfläche wirkt gehämmert, aber die Pleura ist glatt und spiegelnd. Im histologischen Lungenpräparat fällt ein sehr breites Interstitium auf, um die Pulmonalgefäße sieht man mehrere Auffälligkeiten: Die Elastica interna ist aufgesplittert, die Media vergrößert, im Gefäßlumen kleine Thromben, es fällt eine zwiebelschalenartige Proliferation von Bindegewebsfasern auf. Außerdem fibrinoide Wandnekrosen. Parallel zur Verbreiterung des Interstitiums sieht man überblähte Areale. In den Alveolen finden sich Hornschüppchen. Zusammenfassung: 4650g, 54cm männl., 2 Wochen alt gewordenes NG. Zst.n. Anlage eines Anus praeter bei Analatresie. Unauffällige Operationsverhältnisse, keine nekrotisierende Enterokolitis (NEC). linkes Herz: unauffällig, keine Lungenvenenfehlmündung rechts Herz: Hypertrophie und Dilatation re. V., offenes Foramen ovale (das ist in dem Alter noch normal) Schlängelung des offenen Ductus arteriosus Botalli ausgeprägte interstitielle Fibrose der Lunge Pulmonalgefäße mit fibrinoiden Wandnekrosen Pulmonalgefäße mit Mediaverbreiterung Pulmonalgefäße mit Intimaproliferation Pulmonalgefäße mit unterschiedlich alten Thromben Pulmonalgefäße mit entzündlicher Infiltration Pulmonalgefäße mit Fremdmaterial disseminiert Areale mit Fibrose und Fruchtwasseranteilen Die Placenta wurde leider nicht zur Untersuchung eingesandt, da die Versorgungssituation noch interessant wäre. Sie wurde auf Nachfrage noch gefunden und eingesandt und hatte eine schwerste Zottenreifungsretardierung, d.h. schlechte Versorgung des Kindes. Das Kind hatte anscheinend intrauterin eine Hypoxie (Mutter berichtete auch von vermehrten Kindsbewegungen), der Geburtstermin war 14 Tage überschritten. Geburt: - Kompression des Thorax im Geburtskanal: Das Fruchtwasser wird teilweise entfernt. - Recoil des Thorax nach Verlassen der Geburtswege, es strömt Luft in die großen Atemwege - (Eu-)Stress - vermehrte Cortikoidausscheidung - verbesserte Surfactantsekretion - Umstellung Lunge von Sekretion (Fruchtwasserproduzent) auf Resorption Lungenbelüftung: - 1. Atemzug: 4-6 kPa (!), das ist etwa der dreifache normale Unterdruck der normalen Atmung. Ähnlich wie beim Aufblasen eines Luftballons braucht man bei kleinstem Durchmesser am meisten Druck, wenn die Wand erst einmal gedehnt ist, sinkt der nötige Druck für eine weitere Dehnung. - starke Surfactant-Ausscheidung - folgende deutlich weniger Druck / Kraft nötig - FRC bereits nach ersten 2-3 Atemzügen - bei Surfactantmangel: - alveoläre Belüftung reversibel! - vermehrte Dehnung der terminalen Atemwege - schlechte alveoläre Belüftung Kardiopulmonale Adaptation: - Intrauterin: Lunge fruchtwassergefüllt, hoher Lungengefäßwiderstand, physiologische R-L-Shunts - Geburt: Teilweise Fruchtwasser drainiert (Problem: Sectio) - 1. Atemzug: Anstieg pO2, Öffnen der Lungenstrombahn, Resorption des Fruchtwassers (Problem: primäre Sectio = kein Stress; Azidose, Hypoxie; Hypervolämie), Komplikation: PPHN - p.n.: Zunächst funktioneller, später anatomischer Verschluss der Shuntwege Formen von PPHN: - Assoziiert mit Lungenerkrankungen (Inflammationsmediatoren wie Thromboxan, Leukotrienen, TNF oder Azidose, Hyperkapnie, Endothelin) - RDS (respiratory distress syndrome = ARDS, Atemnotsyndrom des Neugeborenen) - Mekonium-Aspiration - Pneumonie - Flüssigkeitslunge - bei Lungenhypoplasie (reduziertes Lungengefäßbett, vermehrte Muskularis) - Oligohydramnionsequenz (vorzeitiger Blasensprung = fließt ab, Nephropathien = wird vermindert gebildet) - Zwerchfellhernie - CCAM (angeborene zystisch-adenomatoide Lungenmalformation) u.a. raumfordernde Prozesse - ohne sichtbare Lungenerkrankung - primäre (abnormales Lungengefäßbett, verdickte Muskularis): - durch intrauterine Hypoxie, fetalen Stress - - alveoläre kapilläre Dysplasie - Herzfehler mit Obstruktion / Rückstau im venösen Abfluss der Lunge - praenataler Duktusverschluss (Indomethazin, Ibuprofen) - selective serotonine reuptake inhibitors (SSRIs, Antidepressiva) in der Schwangerschaft - sekundäre (deutlich häufiger) - Asphyxie, Hypoxie, Sepsis, Hypothermie, Hypoglykämie, Hyperviskosität Andere PH-Formen spielen beim Neugeborenen kaum eine Rolle - ideopathische familiäre pulmonal-arterielle Hypertension - Shunt-assoziierte - chronisch-thrombembolische Erkrankungen Klinik: - Symptome der Grunderkrankung - meist ausgeprägte Atemnotsymptomatik - Zyanose (besonders postduktal) - SpO2-Differenz prä- / postduktal - Herzgeräusche (TI = Trikuspidalinsuffizienz) Präduktal ist Kopf, rechter Arm, oberer Thoraxbereich, manchmal linker Arm. Präduktal versorgt werden das Gehirn und das Myokard. Die Zyanose ist postduktal stärker ausgeprägt, weil durch den persistierenden Ductus arteriosus noch sauerstoffarmes Blut aus der Lungenarterie in die Aorta strömt (rechts-links-Shunt). Klassifikation der pulmonalen Hypertonie nach WHO 1998: - pulmonalarterielle Hypertonie - pulmonalvenöse Hypertonie - assoziiert mit respiratorischen und hypoxaemischen Erkrankungen - assoziiert mit chronischen thrombembolischen Erkrankungen - assoziiert mit anderen Erkrankungen Diagnostik: - Rö-Thorax (Pneumonie u.A.) - SpO2 prä- / postduktal - Echokardiographie (Suche nach kardialer Ursache) - Infektionsparameter - Blutgase, Hämatokrit (kann auch bei Kindern mit Polyglobulie auftreten = hoher Hk), Ca2+, Mg2+ Therapie: Ziel ist die Verbesserung der pulmonalen Durchblutung. - Minimal-Handling, Ruhe, Sedierung, evtl. Relaxierung (Stress macht Adrenalin, Noradrenalin = Lungengefäße kontrahieren) - Achten auf jedes Detail! 24h-Überwachung - frühzeitiges Erkennen von Problemen → sehr schnell Rezidiv-PH - Beatmung - gute Oxygenierung - möglichst niedriger MAP (mean airway pressure) mit kurzer TI (Inspirationszeit) und niedriger PEEP (positiver endexspiratorischer Druck) - evtl. HFOV (Hochfrequenzbeatmung) - evtl. Surfactant (MAS, RDS) - Kreislaufstabilisierung, RR oberer Normbereich - stabile Gefäßzugänge: ZVK, evtl. AK - Volumengaben - Katecholamine (Suprarenin, kein Dopamin) - Milrinon (positiv inotrop) - Ausgleich Azidose; Alkalose öffnet die Lungengefäße, aber Vorsicht, trotzdem keine Alkalose anstreben! - Hyperventilation (Cave! PVL = periventrikuläre Leukomalazie, Hörverlust, Hirndurchblutung wird reduziert) - Pufferung (Cave! NaHCO3 setzt CO2 frei!) - pulmonale Vasodilatation - topisch Sauerstoff, NO, Iloprost (PG I2, Prostacyclin) - i.v. Tolazolin (α-Blocker), Flolan, Phosphodiesterasehemmer (Sildenafil = Viagra) Vasodilatatoren inhalativ wirken besser als i.v., weil dann nur die durchlüfteten Alveolen auch besser durchblutet werden. ECMO: Extrakorporale Membranoxygenierung Über eine arterielle und venöse Kanüle (geht auch veno-venös) wird das Blut durch einen Wärmetauscher, einen Oxygenator, eine Rollenpumpe und ein Reservoir geleitet. Hat natürlich genau die gleichen Kontraindikationen und Komplikationen wie eine Herz-Lungen-Maschine und ist mit erheblichen Nebenwirkungen belastet. Neugeborenen haben sowieso eine höhere Gefahr, Hirnblutungen zu entwickeln, was hier noch häufiger auftritt. Zusammenfassung: - auch heute noch hohe Mortalität - Gefahr der Restschäden - Die beste Therapie ist die Prophylaxe! - praenatale Überwachung - Vorsicht bei praenataler Medikation - Erkennen von Risikopatienten, Entbindung in Zentren, nicht irgendwo auf der Alb - gute postnatale Überwachung - bei Bedarf frühzeitige Therapie Klausurfragen sind zu PPHN - Ursache und fötaler Kreislauf, obere GI-Blutung, untere GI-Blutung, Prostata-Ca. Das Prostatakarzinom Prostataerkrankungen sind in aller Regel Erkrankungen des höheren Alters. Mal die wichtigsten aufgezählt: - benigne Prostatahyperplasie (BPH) - Prostatitis (aszendierende Entzündung, erster Erkrankungsgipfel um die Pubertät bei sexuell Aktiven, zweiter beim alten Mann durch Restharnbildung) - Prostatakarzinom. Häufigstes Karzinom des Mannes, insgesamt das zweithäufigste Karzinom. Das Prostatakarzinom ist allgemein nicht sehr aggressiv, besonders anfangs wächst es meist langsam und lässt sich gut therapieren. Es macht lange überhaupt keine Probleme, deshalb ist der Job des Urologen da etwas undankbar... die Patienten kommen, fühlen sich gesund, werden wegen Prostata-Ca. operiert und fühlen sich danach schlecht... Beim metastasierten Prostatakarzinom sind Rückenschmerzen, pathologische Knochenbrüche etc. typisch wegen häufigen Knochenmetastasen (oft in Wirbel, Rippen, Schulterblätter). So weit kommt es heute aber bei uns nur noch selten, da mit dem PSA (prostataspezifischen Antigen) gescreent wird. PSA wird nur in der Prostata gebildet; es dient der Verflüssigung des Ejakulats und dient als Nährstoff für die Spermien. Beim PSA ist alles zwischen 0 und 2,5 ng/ml Serum noch normal, die Obergrenze ist 4 ng/ml, darüber muss abgeklärt werden. Das Gewicht der Prostata beim Jugendlichen liegt bei etwa 20g. Eine vergrößerte Prostata alleine ist keine Indikation zur OP bei BPH, es kommt nur auf die Klinik an: operiert wird bei Beschwerden. Der PSA-Wert sollte vor dem Tastbefund abgenommen werden, da er durch mechanische Belastung (z.B. auch Fahrradfahren) steigen kann (die Datenlage ist noch nicht ganz klar). Im Blut kommt freies PSA und an Proteine gebundenes PSA vor. Wenn der Anteil des freien PSAs unter 15% fällt, ist das ein Hinweis auf das Vorliegen eines Karzinoms. Die Inzidenz des Prostatakarzinoms ging Ende der 80er Jahre auf etwa das Doppelte hoch; das liegt nicht daran, dass die Anzahl der Neuerkrankungen so immens stieg, sondern daran, dass 1987 die PSA-Untersuchung eingeführt wurde. Eine Prostatabiopsie wird bei suspektem Tastbefund, hohem PSA-Wert und bei auffälliger Dynamik des PSA-Werts durchgeführt (also wenn er sich innerhalb eines halben Jahres verdoppelt hat, obwohl er noch im normalen Bereich liegt). Die Biopsie wird heute transrektal ultraschallgesteuert durchgeführt. Der Eingriff wird normalerweise nicht in Narkose durchgeführt. Komplikationen sind Blutungen, Infektionen und selten Nervenschädigungen. Es wird eine präinterventi- onelle Antibiotikaprophylaxe mit Gyrasehemmern (Ciprofloxazin z.B.) durchgeführt. Dadurch liegt das Risiko für eine Sepsis nur noch bei etwa 2%. Man nimmt immer mindestens 8 Biopsien. TRUS-gesteuerte Biopsie: - ursprünglich fingergezielt - 1968 erster transrektaler Ultraschall (TRUS) (Wantanabe 1968) - 1989 Routine Sextantenbiopsie (Hodge 1989) - ca. 800.000 Biopsien / Jahr in den USA Die Sensitivität einer Primärbiopsie liegt nur um die 60%, ist also recht niedrig. Malignitätskriterien im TRUS sind: - hypoechogene Läsion (17-57% maligne) - 39% Tumoren sind aber isoechogen Anatomische Aspekte: Die Krebsinzidenz in der Prostata unterscheidet sich nach Zone: - zentrale Zone: ~2% - Transitionalzone: ~20% - periphere Zone: > 80% Wenn ein Patient vom PSA hochgradig auffällig ist, aber bei der ersten Stanzbiopsie nichts herauskommt, wird der Patient wieder einbestellt und es werden Rebiopsien genommen. Unter Umständen wird auch eine „Saturationsbiopsie“ gemacht, d.h. der Patient bekommt eine Narkose und es werden bis zu 40 Stanzzylinder entnommen, die ganze Prostata wird quasi durchlöchert. Gerade wird eine Studie zur MRT-Untersuchung der Prostata durchgeführt, mit der die Trefferquote bei einer Rebiopsie deutlich erhöht werden kann. Das MRT ist nicht für die primäre Diagnose geeignet. Es wird ohne sichere Diagnose keine Therapie durchgeführt, da sowohl die Bestrahlung als auch die Prostatektomie sehr unangenehme Nebenwirkungen haben. Die Lymphknoten, die die Prostata drainieren, liegen bei der Fossa obturatoria und an der Gefäßachse Pathologischer Teil - Prostata: Normalerweise sieht man eine sekretorische Drüse mit zweireihigem Epithel (flache Basalzellen und hohe Drüsenzellen) und glatte Muskelzellen, Bindegewebszellen im Stroma. Bei der BPH sieht man fibromuskuläre Proliferationen und regelrechte Drüsen, die aber vermehrt und vergrößert sind. Prostata-Ca: - häufigster maligner Tumor des Mannes - in Mortalität an 3.-4. Stelle (nach Lunge und kolorektalem Karzinom) - ab 40. LJ, mit Alter zunehmend - keine bekannten Risikofaktoren außer positiver Familienanamnese - ethnische (Schwarze >> Weiße in den USA) und geographische Unterschiede - androgenabhängig, in der Außendrüse (die Innendrüse wird eher durch Östrogen stimuliert) Kategorien: - klinisches Karzinom: Diagnosestellung primär klinisch, Bestätigung durch histologische Untersuchung heute oft im PSA-Screening entdeckt - okkultes Karzinom: Tumor manifestiert sich durch Metastasen - latentes Karzinom: Entdeckt durch Autopsie. Bei 80% der 80jährigen entdeckt man Karzinome, wenn man die Prostata komplett aufarbeitet. - inzidentelles Karzinom: Zufällig entdeckt, z.B. im Resektat bei BPH. Je nach Patient oft keine Therapiefolgen („watchful waiting“) außer PSA-Verlaufskontrolle. Adenokarzinom der Prostata: = invasiver Tumor der sekretorischen Zellen (keine Basalzellen!) Morphologie: - nukleäre Anaplasie: - Kerne oft groß und variabel - Nukleoli oft groß (Makronukleolen!), variabel, doppelt - Cave! Manche Karzinome ohne Anaplasie Drüsenarchitektur: - variierende Größe und Form mit gewinkelter Kontur - variable Dichte - pathologisches Sekret in Lumina, Kristalle Stromainvasion, Tumorausbreitung: - unregelmäßige Verteilung (aufgehobene lobuläre Architektur) - perineurales Wachstum, für Ca. beweisend wenn zirkulär - extraprostatische Invasion (Fettbindegewebe ohne glatte Muskulatur) - Infiltration der Samenblasen In der Immunhistochemie kann man das Fehlen der Basalzellen sehr gut nachweisen. Grading nach Gleason: Spielt eine ganz zentrale Rolle in der Therapie (hohe prognostische Relevanz). Beurteilung nach Architektur der Drüsen (Wachstumsmuster). Summenscore aus den zwei schlechtesten Mustern, z.B. 2+3 = 5, 5+5 = 10 Kein zytologisches Grading. - 1: Acini, uniform, gleichmäßige Verteilung, deutliche Drüsenränder - 2: Acini, uniform, lockere Verteilung, undeutliche Drüsenrändern - 3A: Acini, uniform, verstreute Verteilung - 3B: Acini sehr klein, verstreute Verteilung - 3C: papilläre oder kribriforme Drüsen - 4A: fusionierte Drüsen - 4B: fusionierte Drüsen, blasses Cytoplasma - 5: solide / trabekulär, keine Drüsen erkennbar - und noch Untertypen von 5 Primäres pattern (häufigstes) + sekundäres pattern (zweithäufigstes) = Gleason-score Score 2-4 = Grad 1, Score 5 und 6 = Grad 2, Score 7-10 = Grad 3 Score 3+4 besser als 4+3 (Dominanz des schlechteren Musters) Das Prostatakarzinom hat ähnlich wie das Blasenkarzinom die Eigenschaft, häufig multifokal zu sein. Wenn man jetzt in der Stanze einen Gleason 3-Herd erwischt und sagt: „Ok, Gleason 3, nicht so problematisch, mal abwarten“, aber daneben ein Gleason 5 liegt, den man nicht sieht, hat man ein Problem bzw. der Patient. Therapie: Extrakorporale Radiatio bei organbegrenztem Stadium oder lokale Prostatektomie (aber nicht mehr bei Metastasen). Bei Metastasen kommt die Hormontherapie zum Zug, der Androgenentzug lässt die Karzinomzellen stagnieren, bis sie irgendwann (meist nach etwa 2 Jahren) hormonunabhängig werden. Erst sehr, sehr spät kommt die Chemotherapie dran. Nebenwirkungen der Prostatektomie: Inkontinenz (10-30%), Erektionsstörung (fast 100%, wenn man die Nerven nicht schont, etwa 20%, wenn man nerverhaltend operiert). Teil Neuropathologie Klausur: - kein Multiple Choice - Die Fragen umfassen den Stoff oder die Fälle, die besprochen wurden. - Antworten werden frei formuliert. - Es soll die klinische Situation nachgestellt werden. Rückenschmerz Das Thema Rückenschmerz taucht sehr häufig in den Medien auf, da es so weit verbreitet ist („Volksseuche“). 1.klinische Untersuchung 2.nicht invasive bildgebende Diagnostik 3.invasive Diagnostik 4.Indikation zur Operation 5.wenn 3. und 4. erforderlich: Zytologie / Histologie Fall 1 (A.S 37 Jahre): - seit Jahren Kreuzschmerzen, seit 6 Monaten zunehmende Kraftlosigkeit im linken Bein, seit 3 Wochen auch rechts mit Taubheitsgefühl bis zur Leistengegend. - CT (auswärts): LWS ohne Befund, NMR: Protrusion L2/L3. Einweisung. Neurostatus 1 Monat vor OP: - ASR und PSR beidseits gesteigert (passt nicht zu einem Bandscheibenvorfall) - Bauchhautreflexe nicht auslösbar - erschöpflicher ASR-Klonus beidseits - Babinski links positiv, rechts fraglich positive - Fingerspreizen und Daumenabduktion links abgeschwächt - Hypalgesie ab Th12 bei Teilhypaestesie in beiden Beinen - massive ganginduzierte Spastik in beiden Beinen Weitere Untersuchung, daraus folgend: - Liquor unauffällig, Myelographie unauffällig - weitere Diagnostik: NMR. Zwischen den Kleinhirnhemisphären sieht man eine Raumforderung, die von hinten auf die Medulla oblongata drückt. Darauf OP. Es wurden zwei weißliche, perlmuttartig glänzende Tumoren gefunden, einer etwas unregelmäßig, der andere sah aus wie eine Perle. Es handelte sich um ein Epidermoid, der Glanz entsteht durch die aufgeschichteten Hautschuppen. Als Dermoid würde man es bezeichnen, wenn noch Hautanhangsgebilde vorliegen würden, aber man sieht in der Histologie nur verhornendes Plattenepithel und darunter Arachnoidea. Fall 2 (G.W. 54 Jahre): - seit Jahren Kreuzschmerzen, vor 2 Jahren Krankenhausaufnahme - intraforaminaler Bandscheibenvorfall L3/4 + spinale Enge + Spondylolistese 1. Grades in H. L5/S1 - jedoch Hypaesthesie am rechten Unterschenkel ohne Übereinstimmung mit den betroffenen Höhen Bei Kontrolle nach einem Jahr Progredienz der Beschwerden: - zunehmende Schmerzen jetzt auch in der Brustregion bei langem Sitzen, Schwierigkeiten beim Stehen, Unsicherheit im linken Bein und Schweregefühl und undefiniertes Taubheitsgefühl in den Beinen Neurostatus: - links betont früherschöpfliche Fußkloni - MER an oberen Extremitäten leicht gesteigert, an unteren deutlich gesteigert, ASR dezent kloniform, Babinski bds negativ - strumpfförmige Minderung der Oberflächensensibilität, Aufhebung des Vibrationsempfindens → Kompression der Hinterstränge! In der Halswirbelsäule findet man eine Syringomyelie, außerdem fällt ein Arnold-Chiari-Syndrom auf (Tiefstand der Kleinhirntonsillen, die durch das Foramen magnum in den Spinalkanal prolabiert sind). Die Therapie ist dann einfach: Die Hinterstränge werden getrennt, so dass die Pseudozyste sich entleeren kann. Gegen das Arnold-Chiari-Syndrom wird nur etwas unternommen, wenn es da Probleme gibt: Dann wird das Foramen magnum erweitert. Fall 3 (B.H. 21 Jahre): - seit Jahren unklare Kreuzschmerzen - vor 3 Mon. Taubheitsgefühl und Stechen im rechten Thorax - Progredienz und Ausdehnung der Beschwerden auf den rechten Arm - Gangunsicherheit (nach längerem Stehen), Doppelbilder, Kopfschmerzen Neurostatus bei Aufnahme: - Tetraspastische rechtsbetonte Parese - Störung der Tiefensensibilität, Schmerzempfinden und Vibrationsempfinden ab Dermatom C5 - Bauchhautreflexe deutlich abgeschwächt - FNV und KHV rechts unsicher - rechter Arm in Wernicke-Mann-Haltung (Der Arm wird in Beugestellung des Unterarms, der Hand und der Finger adduziert gehalten, typisch für schwere spastische Hemiplegie). Auch hier wurde eine extrem große Syrinx und ein Kleinhirntonsillentiefstand gefunden. Eine solche Syrinx ist praktisch nie verbunden mit dem Zentralkanal des Rückenmarks, das muss man sich merken. CHIARI-Missbildung Typ III: - Knochendefekte der Okzipitalschuppe und/oder der oberen Wirbelbögen → Herniation des Zerebellums - pdf auf seite der hirnforschung runterladen CHIARI-Missbildung Typ II: - Unterwurm-Herniation - Deformitäten des Tectums - Deformität der Medulla - Abflachung der hinteren Schädelgrube (Confluens sinuum, Ansatz des Tentoriums) - Mit Hydrocephalus assoziiert CHIARI-Missbildung Typ I: - chronische Herniation der Tonsillen - Assoziation mit Syringomyelie zu etwa 50% Fall 4 (K.S. 65 Jahre): - ... Neurostatus: - komplette Parese des linken Beines und proximal betonte Parese des rechten Beines - Hypaesthesie fraglich ab Höhe L1, links mehr als rechts - Babinski rechts positiv, links fraglich positiv - Armeigenreflexe unauffällig DD: Kompression des Myelons, zervikal oder thorakal, deshalb dann Bildgebung (Myelographie). Dort erkennt man, dass das Kontrastmittelband komplett unterbrochen wird. Dann ein CT: Man erkennt einen raumfordernden Prozess, der das Rückenmark komprimiert. In der Histologie sieht man zahlreiche Zwiebelschalenformationen und Psammonkörper (sandartige Verkalkungen): ein Meningeom. Außerdem ein bisschen braunes Pigment (Hämosiderin) durch Blutungen. Typischer Tumor für diese Lokalisation und dafür, dass es eine Patientin ist. Während endokriner Umstellung (Schwangerschaft, Menopause) treten gehäuft Meningeome auf. Jetzt ändert sich die Serie: Wenn eine Spinalwurzel komprimiert wird, ist es ihr völlig egal, ob das durch einen Tumor oder eine Bandscheibe geschieht, die neurologische Symptomatik ist völlig gleich. Fall 5 (R.S. 52 Jahre): - bereits vor 8 Jahren nach Kreuzschmerzattacken Nachweis eines Bandscheibenvorfalls - Besserung nach konservativer Therapie - vor 1 Jahr auswärts OP von Bandscheibenvorfällen in Höhe L4/5 und L5/S1 jedoch ohne Besserung - Kreuz- und Rückenschmerzen, Kribbelparästhesien in beiden Beiden, Einweisung Man sieht eine Raumforderung etwas unterhalb des Konus (Ende der Wirbelsäule) im Bereich des Filum terminale und der Cauda equina. Der Tumor fällt auf durch hyalinisierte Gefäße; man sieht in der Histologie kernfreie Räume um die Gefäße herum. Der Tumor wächst papillär und produziert meist Schleim → Myxopapilläres Ependymom. Makroskopisch ein glibberiger Sack, dunkelbraun bis rot (die hyalinen Gefäße führen zu zahlreichen Blutungen), aus dem ein Faden raushängt. Die Ependymzellen kann man mit GFAP anfärben (glial fibrillary acidic proteine). Das myxopapilläre Ependymom wird noch immer als benigne eingestuft, was aber umstritten ist. Fall 6 (D.K. 47 Jahre): - seit 10 Jahren Lumboischialgie, konservativ erfolgreich behandelt - 4 Monate vor Krankenhausaufnahme Lumbalgie mit Ausstrahlung in dorsalen Oberschenkel, Wade und Zehen li. - Progredienz mit Zuckungen im linken Bein, erhebliche Einschränkung des Gehvermögens > Einweisung Neurostatus: - PSR re lebhaft - nachschaun im Web Myelographie: Unterbrechung des Kontrastmittelbandes → OP In der Histologie sieht man Mikrogefäßproliferate, Nekrosen, Einblutungen, ... alle Anzeichen eines malignen Tumors. → Anaplastisches Ependymom (WHO III). Fall 7 (Dr. A.K. 45 Jahre): - vor einem Jahr Verhebetrauma mit anschließenden dauerhaften Kreuzschmerzen - nach einem halben Jahr Verschlimmerung mit Ausstrahlung in die Rückseite des linken Oberschenkels mit gelegentlichem Kribbeln in der Schmerzstraße - 8 Wochen vor Krankenhausaufnahme werden die Schmerzen unerträglich Neurostatus: - Lasègue links 10° positive, rechts gekreuzt bei 45° positiv - CT: hyperdense Raumforderung links medio-lateral, am ehesten im Sinne eines Bandscheibenvorfalls. → Operationsindikation bei unbeherrschbaren Schmerzen: Der Pat. lag mit angezogenen Beinen im Bett In der Histologie sieht man Bindegewebe, braunes Pigment, frische Einblutungen, einsprossende Gefäße. Das Problem waren Hämatome. Fall 8 (H.B. 54 Jahre): - ... Wurzeltasche S1 rechts nicht gefüllt in der Myelographie. Sah im CT aus wie jeder Bandscheibenvorfall, aber in der Histologie erkennt man tubuläre Strukturen und epitheliale Zellnester, die Zytokeratin exprimieren. Außerdem exprimieren sie PSA! Erste Manifestation eines Prostatakarzinoms. Im Knochenszintigramm war der Patient schon voller Knochenmetastasen, von denen er noch nichts bemerkt hatte. Fall 9 (D.W. 51 Jahre): - seit 3 Jahren Lumboischialgien rechts - vor 1 Monat Verstärkung der Beschwerden, dann Spontanremission - vor 1 Woche Taubheitsgefühl im S1/S2 Segment rechts CT: - im Spinalkanal ein raumfordernder Prozess in Verbindung mit dem Knochen, der Kontrastmittel aufnimmt, also keine Bandscheibe (die sind nicht durchblutet). - OP In der Histologie sah man kollagenen Faserknorpel, der aber Blutgefäße enthält. Es handelte sich um einen alten, freien Sequester (altes, abgestorbenes Gewebe, das vom gesunden Gewebe rundherum abgetrennt ist). Dieses tote Gewebe wurde reorganisiert, deshalb Blutgefäßeinsprossungen und Kontrastmittelaufnahme. Armer Radiologe. Über Spontanremissionen nicht unbedingt freuen... dann ist der Wurzeltod halt eingetreten, die Schmerzen weg, aber die Neurologie nicht besser... Unterscheidung intrakranieller Raumforderungen Zehn Regeln zur Krebsverhütung: 1.Nicht rauchen! 2.Nicht rauchen! 3. Nicht rauchen! 4.Vermeidung sonstiger Karzinogene: Asbest, UV-Licht, Aflatoxin. 5.Eine gesunde Diät, moderat in Kalorien, Salz und Fett, mit wenig Alkohol. 6.Mehrmals täglich frisches Obst und Gemüse 7.Viel Bewegung und Vermeidung von Übergewicht. 8.Impfung (Hepatitis B), Früherkennung (HPV) und ggf. Behandlung (H. pylori) chronischer Infektionen 9.Habe die richtigen Gene! 10. Viel Glück! Neuropathologische Diagnostik: 1. Vor der Operation 2. Nach der Operation Bei Neoplasmen im Gehirn steht oft die Operation im Vordergrund, da der Kopf gekammert ist und sehr wenig Toleranz gegenüber Volumenzunahme hat. Es kommt sehr schnell zu Ausfällen und Komplikationen durch den steigenden Druck. Deshalb spielt die Neuropathologie oft erst nach der OP eine Rolle. Wenn die Tumoren aber oberflächlich sind, kann man präoperativ den Liquor untersuchen: Liquorzytologie: Indikation: - Meningeosis neoplastica - entzündliche Erkrankungen - ältere Blutungen, Hämosiderose - Speichererkrankungen Methode: - ohne Fixation (deshalb schnelle Verarbeitung notwendig, wichtig!) - Zytozentrifugation auf Objektträger - Färbung evtl. Immunzytologie, PCR Im normalen Liquor schwimmen einzelne, freie Lymphozyten herum. Bei einer Meningeosis oder einem metastasierenden Prozess, der an der Oberfläche liegt, findet man zusammengeklumpte Zellverbände, an denen man z.B. eine Immunzytologie durchführen kann. Nach der Operation: - Makroskopie (meist bekommt man in der Neuropathologie nur noch kleine Stücke, da sich andere Disziplinen auch Gewebe für Studien usw. nehmen) - Mikroskopie Auf welcher Untersuchung basiert die Einteilung der intrakraniellen Tumoren? - Morphologie - Histologie - Zytologie - Immunzytochemie - Differenzierungsantigen - Regulationsmoleküle der Homöostase (proliferiert die Zelle oder ist sie im Ruhezustand?) - Genetik spielt noch eine geringe Rolle, man kann prognostische Aussagen machen (hat der Patient ein erhöhtes Risiko für diesen Tumor?), bei Hirntumoren hat die Genetik noch keinen Einfluss auf Diagnostik und Therapie Differenzierungsantigene: - neuronal - neuronenspezifische Enolase - Synaptophysin (taucht in Zellen auf, die Synapsen bilden) - microtubule associated protein (MAP) - Neurofilament - glial - glial fibrillary acidic protein (GFAP) Graduierung von intrakraniellen Tumoren nach WHO: - Grad I: benigne - Grad II: semibenigne (Wachsen nicht verdrängend, sondern infiltrierend, und zwar sehr tief, bis zu mehrere Zentimeter im gesunden Hirngewebe. Grad II ist normalerweise die Basis für hirneigene Tumoren.) - semimaligne (Nekrosen) - maligne (Gefäßproliferate, Nekrosen usw.) Fall 1: D.G. weibl. 68 Jahre - lebt alleine auf einem Bauernhof - seit September zunehmende Verschlechterung des AZ, ungerichtete Schwindelsymptomatik - Tochter findet Auskunft am Telefon seltsam, sucht die Mutter auf, findet verheerende Verhältnisse auf dem Hof, die Mutter lag schläfrig in der Wohnung rum Einweisung: - zunehmende Halbseitenschwäche links - Aufnahme im auswärtigen Krankenhaus - wegen zunehmender Somnolenz Verlegung in die neurologische Klinik - ausgeprägte Hemiparese links - homonyme Hemianopsie links - nach OP retrograde Amnesie - 5 Tage nach Aufnahme OP, 11 Tage nach Aufnahme Entlassung in gutem Zustand, Chemotherapie Radiologie: - man sieht im rechten Temporallappen ein ausgedehntes Ödem - weiter kranial eine massive, riesige Raumforderung, die auf dem Tentorium aufsitzt, mit solidem Anteil und großer Zyste - über 1cm Mittellinienverlagerung nach links - Kompression und Verlagerung des Gehirnstamms, beginnender Aufstau des Seitenventrikels Aufklärung: Komplikationen der OP waren - Gesichtsfeldausfall links - Gefahr durch Nähe zum Sinus sagittalis superior und Sinus transversus, die nicht verletzt werden dürfen - Gefahr der Infektion - Gefahr einer Nachblutung (kann innerhalb einer halben bis einer Stunde zum Tod oder einen schweren bleibenden Schädigung führen) Lagerung während der OP normalerweise sitzend, Vorteil: Man senkt den Blutdruck im Kopf. Nachteil: Luft kann in eröffnete Venen gezogen werden, gelangt ins rechte Herz und verursacht vielleicht eine Luftembolie der Lunge. Man legt dann während der OP ein Stethoskop aufs Herz und horcht auf das typische Brodeln, das auftritt, wenn Luftblasen in den rechten Vorhof blubbern. Für den Fall liegt ein Katheter dort, durch den die Luft wieder abgepumpt werden kann. Außerdem gelangt Luft in die Liquorräume, wodurch der Patient noch bis zu einer Woche danach Blubbern und Gluckern im Kopf hört/spürt. In diesem Fall wurde die OP in Bauchlage durchgeführt. Die Strategie war dann erfolgreich, bei der CT-Kontrolle am nächsten Tag sieht man keine Luft im Schädel, die Mittellinienverlagerung ist deutlich rückläufig, der 3. Ventrikel ist wieder da. Postoperativ Chemotherapie mit Temodal, 21.3.2007 ambulante Vorstellung, Wohlbefinden und unauffälliger Neurostatus. Im MR geringe Größenzunahme der KM-Aufnahme im Randbereich. Radiatio empfohlen. Rezidiv im Randbereich, wurde nochmal operiert und hat die zweite OP auch gut überstanden. In der Histologie sieht man pleomorphe Zellen, manche Kerne erscheinen riesig, man sieht apoptotische Zellen, extrem viele Mitosen usw. Man sieht immer wieder hyalinisierte Gefäße, die teilweise thrombosieren. Außerdem Nekrosen, Gefäßproliferate und eine Palisadenstellung der Tumorzellkerne. Die Tumorzellen exprimieren alle das GFAP, so dass es sich um einen astrozytären Tumor handeln muss, teilweise extrem konzentriert. Man guckt auch immer nach einer neuronalen Komponente, man weiß zum Beispiel, dass Oligodendrogliome MAP exprimieren. Dieser Tumor exprimiert auch Mikrotubuliprotein Typ 2c und lässt sich damit anfärben. Man sieht ein Areal, das wesentlich dichter ist und nacktkernig erscheint, dieses Areal zeigt die neuronale Differenzierung, und die Mitoserate ist dort besonders hoch. Diagnostische Merkmale des Glioblastoms: - Kernpleomorphie und - Mitosen und - Gefäßproliferate und/oder - strichförmige Nekrosen mit Palisadenstellung der Kerne = Grad IV WHO (maligne) Diagnose bei Frau G.: Glioblastom Grad IV WHO mit kleineren Anteilen eines primitiv neuroektodermalen Tumors. Nach der Bestrahlung wurde eine zweite OP vorgenommen, um ein Rezidiv zu entfernen (dreiviertel Jahr später). In der Histologie sieht der Resttumor jetzt noch viel wilder aus, man sieht viele mehrkernige Zellen, vermehrte Kapillarbildung und viele Nekrosen (bei denen man jetzt nicht mehr sagen kann, ob es Tumornekrosen oder Bestrahlungsfolgen sind, da durch Bestrahlung Gefäße hyalinisieren und thrombosieren und der Tumor ischämisch wird). Die Proliferationsrate im Vergleich zur OP hat deutlich abgenommen. Der Tumor exprimiert nach wie vor extrem GFAP und teilweise auch noch Map 2c. Diagnose jetzt: Glioblastom Grad IV WHO, mit Hinweisen auf strahlenbedingte Veränderungen, nach klinischen Angaben Rezidiv eines 2006 erstmals operierten Tumors. Fall 2: W.S. männl. 72 Jahre - Mai 2003 parasagittale RF links frontopolar nachgewiesen ohne Symptome - 2005 bis 2006 zunehmende Adynamie, Gereiztheit, Aggressivität gegenüber Ehefrau, kognitive Störungen, Gedächtnisprobleme - Absence mit Einnässen und Orientierungsverlust - augenärztlich Nachweis von Stauungspapillen - neurologisch Pronationstendenz im Arm-Halteversuch bds. positiver Trömmner bds. - keine Kopfschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen (klassische Hirndruckzeichen nicht vorhanden trotz sehr großem Tumor = muss langsam gewachsen sein) - Tumor jetzt 7x6x5cm groß - Operation am 11.12., Entlassung am 15.12. - Im Kernspin sieht man einen frontalen Tumor, der in T1 hell ist, mit Bezug zur Dura an mehreren Stellen und Falx cerebri. Da er sich so gutartig verhält und im T1 so gleichmäßig, ist damit die Wahrscheinlichkeit auf ein Meningeom sehr hoch. - Problematisch ist, dass der Tumor direkt an der Stirnhöhle liegt, die man ungern eröffnet, da sie nicht steril ist. - In T2-Wichtung sieht man zusätzlich noch eine Raumforderung durch ein den Tumor umgebendes Ödem. Die Liquorräume sind deutlich kleiner. Nach der OP sieht man etwas Luft im Schädel, aber die raumfordernde Wirkung ist schon deutlich geringer, obwohl das Ödem noch vorhanden ist und die Wunde etwas eingeblutet ist. - ambulante Vorstellung am 12.3.2007 - Wohlbefinden und unauffälliger Neurostatus - im MR kleine KM-Aufnahme im Randbereich des Defektes, aber sonst kein Hinweis auf Rezidiv und es trat wohl auch keiner mehr auf Es muss nicht sein, dass die Symptome immer reversibel sind, viele behalten auch ihre Persönlichkeitsstörungen. Wenn es z.B. ein Olfaktorius-Meningeom gewesen wäre, wäre das Frontalhirn stärker geschädigt und der Tumorzugang schwieriger, wodurch nach der OP viel Frontalhirn geschädigt sein kann und die Persönlichkeit stark verändert bleiben kann. In der Histologie kommt wie erwartet ein Meningeom raus. Er sieht aus wie Bindegewebe, man sieht Wirbel und Züge von Tumorzellen, ab und zu Verzweigungen dieser Zellzüge. Man findet kaum Nukleoli, aber typische Lochkerne (Einstülpungen, die angeschnitten wurden). Der Tumor enthält viele kollagene Fasern, wächst am Rand ein bisschen in das Hirngewebe ein und führt dazu, dass im Hirngewebe Gefäße thrombosieren. In der Immunhistologie färben sich die Zellen auf EMA (epitheliales Membranprotein-Antigen). Außerdem geringe Exprimierung des Progesteronrezeptors. Kriterien für die Diagnose eines Meningeoms: - Charakterisierung: - vergleichbar wie Bindegewebe, deshalb fibromatös - Atypie: - Hirninfiltration fließt nicht in die Graduierung ein - immunhistochemische Proliferationsrate fließt nicht in die Graduierung ein (nur die Anzahl der Mitosen) Diagnose bei Hernn M.: Fibromatöses Meningeom, WHO Grad I (heute würde es als Grad II eingeordnet), mit Infiltra- tion des Hirngewebes und erhöhter Proliferationsrate. Die Wahrscheinlichkeit auf ein Rezidiv ist hoch, aber Strahlen- oder Chemotherapie bei diesen Tumoren recht sinnlos. Man kann nur beobachten. Fall 3: F.G. männl. 35 Jahre - Juli 2004 Operation am Hoden links - März 2006 Entfernung von 2 parieto-okzipitalen RFn re - Jetzt: Flimmern vor den Augen, Gesichtsfeldausfall nach links unten, Kopfschmerzen und einmalig Erbrechen - im Kernspin sieht man eine mittelgroße Raumforderung rechts okzipital mit umgebendem Ödem, aber erstaunlich wenig raumfordernder Wirkung (kaum Mittellinienverlagerung, Liquorräume sehen normal aus). Man sieht noch den Defekt, der von der ersten OP geblieben ist - nach der OP sieht man das Ödem noch, die Beschwerden sind weitgehend verschwunden. In der Histologie sieht man nichts, das einen an irgendwas erinnert, das normalerweise im Kopf vorkommt. Man sieht sehr pleomorphe Kerne, viele große Zellen, extrem viele Erythrozyten = Einblutung. Stellenweise wächst er angedeutet papillär. Der Tumor exprimiert CEA (carcinoembryonales Antigen, normalerweise nur von embryonalen Zellen synthetisiertes und sezerniertes Glykoprotein). Die Anfärbung mit PLAP (placentärer alkalischer Phosphatase) ist positiv, das passiert nur bei Tumoren, die mit den Keimzellen direkt in Verbindung stehen. Es handelt sich also tatsächlich um eine Metastase der Grunderkrankung, des Hodentumors. Diagnose bei Herrn G.: Embryonales Karzinom, einwachsend in Hirngewebe, Metastase des klinisch bekannten embryonalen Karzinoms des Hodens. Fall 4: W.S. männl 55 Jahre - Allgemeine Verlangsamung, Sehstörungen und Sprachstörungen führten zur Bildgebung. - Stauungspapillen, wechselnd ausgeprägte Wortfindungsstörung. Patient scheint alles zu verstehen. - im CT sieht man links temporal einen sehr unschönen, unruhigen Befund mit girlandenförmigen Strukturen, massive Mittellinienverlagerung, Temporallappen im Tentoriumschlitz - im Kernspin sieht man eine Unmenge von Gefäßen, einen soliden Tumor, ein paar Nekrosen - in diesem Gebiet liegt das Wernicke-Areal, in dem laut Lehrbüchern das rezeptive Sprachareal ist, der Patient sollte also laut Lehrbuch nichts verstehen können, kann er aber noch. - in der Angiographie sieht man extrem viele neue Gefäße im Bereich des Tumors, sieht eigentlich aus wie ein Hämangiom - Man führte ein fMRT durch, um herauszufinden, wo der Patient Sprache versteht. Im Bereich des Tumors tut sich gar nichts, aber auf der gegenüberliegen Seite ist die Aktivität erhöht. - Wenn die Sprachaktivität um den Tumor herum gewesen wäre, wäre die OP im Wachzustand durchgeführt worden. Die Bereiche um den Tumor wären elektrisch gereizt worden, und wenn er dann noch sprechen kann, würde man sie entfernen, wenn nicht, braucht der Patient sie und man würde sie drinlassen. In der Histologie sieht man landkartenartige, strichförmige Nekrosen, am Rande stehen die Tumorzellen palisadenförmig um die Nekrosen herum. Man erkennt auch verkalkte Nekrosen und mehrlumige Gefäßproliferate. Außerdem sieht man eine Trichilemmalzyste, typisch ohne Basalmembran mit amorpher Masse im Lumen. Diagnose: Fraktion I: Trichilemmalzyste (Atherom, Grützbeutel) Fraktion II: Glioblastom, Grad IV WHO Kleine Ursache, große Wirkung - Komplikationen von Hirntumoren Woher? Wohin? Wieviel? Liquor: Bei Hirntumoren wird sehr schnell die Liquorzirkulation massiv gestört. Gebildet wird der Liquor cerebrospinalis in den Plexus chorioidei am Dach des 3. und 4. Ventrikels, aber vor allem an der medialen Wandung der Seitenventrikel. Von den Seitenventrikeln aus fließt der Liquor durch das Foramen Monroi in den 3. Ventrikel, von dort durch den Aquaeductus mesencephali in den 4. Ventrikel, durch die Foramina Luschkae / Magendii in den äußeren Liquorraum und dann zu den Spinalwurzeln / Granulationes ar., wo er resorbiert wird. Man hat etwa 150ml Liquor, es werden ca. 500ml pro Tag gebildet und resorbiert. Hirntumoren in der hinteren Schädelgrube: Fall 1: Philipp E. männl. 7 J. - Einschulung im September 2004 - seitdem morgendliche Übelkeit und Erbrechen - Mutter hält Erbrechen für psychosomatisch, weil der große Bruder erhebliche Schulprobleme hat und der Junge auch Angst vor Schulversagen geäußert hatte. - im weiteren Verlauf kommt eine erhebliche Ataxie dazu sowie eine Unsicherheit beim Roller- und Fahrradfahren - zum Arztbesuch führen aber erst Doppelbilder In der Bildgebung: - massiv aufgestaute Temporalhörner, kontrastmittelaufnehmender Tumor in der hinteren Schädelgrube bis in das Foramen magnum und oben bis in den Tentoriumschlitz, Zysten - Das Kleinhirn wirkt richtig aufgeblasen, die Brücke wird eingepresst und der Hirnstamm verlagert und eingeklemmt. Es ist eigentlich ein Wunder, dass der Junge noch laufen konnte und wach war, das ging nur, weil der Prozess über Wochen und Monate lief. Das Problem hier ist die unheimlich ängstliche Mutter, die sich wohl auch Vorwürfe machte, weil sie nicht erkannte, dass etwas Schlimmeres dahinter lag. Wie bekommt man jetzt diesen Tumor heraus, ohne dass es dem Kind hinterher schlechter geht? Was muss man der Mutter alles sagen, was passieren kann, und mit welchen Sorgen geht man in den OP? - Der Kopf ist prall gespannt, alle Liquorräume sind gefüllt, also muss man bei der Eröffnung des Schädels aufpassen, dass einem nicht gleich das gesamte Hirn entgegenkommt. Man ist aber inzwischen vollkommen davon abgekommen, solchen Patienten die Ventrikel zu drainieren, weil das viel gefährlicher ist, als den Druck zu lassen, da es den Tumor, das Kleinhirn und die Brücke dann durch das Tentorium nach oben presst. - Er wird im Sitzen operiert, entsprechend sieht man in der Kontrolle im nächsten Tag massiv Luft oben im Schädel. Das Kleinhirn hat sich entspannt, die Brücke sieht wieder wie eine Brücke aus, aber im Kleinhirn sieht es noch sehr unruhig aus, es hat eindeutig noch Tumoranteile drin. - Den Eltern wurde gesagt, dass noch Tumor drin ist, dass er sich erholen soll und in 10 Tagen nochmal operiert wird, wenn das Kleinhirn sich etwas ausgebreitet und den Tumor weiter in die Mitte gedrückt hat. - Nach der 2. OP sieht man ein schöneres Bild im MRT, er hat aber nicht mehr gesprochen. Auf Krankenstation bekam er einen viralen, fieberhaften Infekt eine Woche nach der OP, der ihn fast umbrachte, danach bewegte er sich nicht mehr. In der Onkologie unter Bestrahlung erholte er sich langsam, lernte wieder die Arme und Beine zu bewegen und zu sprechen. - 10.1.2005 erste Tumoroperation. 31.1.2005 zweite Tumoroperation, 10.3.2005 Shuntanlage - Februar 2008 erstmals eine kontrastmittelaufnehmende Struktur im Kleinhirn zu erkennen, wahrscheinlich ein Rezidivtumor. Es wird eine dritte OP empfohlen. In der Histologie sieht man sehr kleine Kerne, die Zellen sehen fast nacktkernig aus (in der Zytologie, Hirntumoren kann man, weil sie so weich sind, wie einen Blutausstrich präparieren). Im Schnitt sehr dichtzellig, Kerne sind irregulär geformt, manche Kerne erinnern an Rüben, man sieht mehrschichtige Endothelien in den Gefäßen = Mikrogefäßproliferate. In anderen Schnitten sieht man Rosettenbildung der rübchenförmigen Kerne, das sieht man bei anderen Tumoren in der Pinealis auch häufig. Die Rosetten werden als Homer-Wright-Rosetten bezeichnet, sie enthalten im Zentrum keine Kerne (typisch für diese Art des Tumors). Auch Gefäßrosetten mit einem Gefäß im Zentrum sind zu erkennen. Die Tumorzellen sehen sehr ähnlich aus wie die Zellen der Körnerzellschicht, sind aber etwas anders angeordnet und wirken nicht so dunkelkernig. In der MiB-1-Färbung sieht man, dass die Zellen stark proliferieren, in der GFAP-Färbung sieht man Abschnitte, in denen die Zellen sich glial differenzieren, es gibt aber auch Abschnitte, in denen sie sich auf Synaptophysin anfärben lassen (wie normales Kleinhirn) und nicht auf GFAP. In der MAP-2c-Färbung sieht man, dass die Homer-Wright-Rosetten immer aus neuronal differenzierten Zellen bestehen. Diagnose bei Philipp E.: Medulloblastom, Grad IV WHO. Gehört zur Gruppe der primitiven neuroektodermalen Tumoren. Wenn derselbe Tumor nicht in der hinteren Schädelgrube, sondern im Großhirn auftaucht, spricht man nicht von einem Medulloblastom, sondern von einem primitiv neuroektodermalen Tumor. Fall 2: Mona C. weibl. 8 J. - Ende Oktober 2004: fällt hin, steht auf, fällt wieder hin. Redet für kurze Zeit durcheinander. - am selben Morgen einmalig Nüchternerbrechen. - seit Wochen leichte Hinterkopfschmerzen. - Hausarzt: Kind ist wieder unauffällig. - Neurologe: Kind ist unauffällig. EEG ist unauffällig. Trotzdem Bildgebung - Im CT erkennt man eine deutliche Asymmetrie in der hinteren Schädelgrube, rechts eine riesige Raumforderung, die den Hirnstamm nach vorne drückt. Die RF sieht größtenteils sehr homogen aus und wie Flüssigkeit, etwas okzipital davon sieht man etwas, das wie ein solider Tumor wirkt. Bei Kontrastmittelgabe sieht man, dass nur der kleine, hintere Prozess KM aufnimmt. - MRT: Temporalhörner sind leicht aufgestaut. Die Zyste geht bis hoch ans Tentorium, sehr milde Klinik für diese Größe der RF, die die ganze Kleinhirnhälfte rechts ausfüllt. Der KM-aufnehmende Prozess hat Kontakt zur Dura. - Neurochirurg erwirkt stationäre Aufnahme am nächsten Tag - 10.11.2004 Aufnahme: Kind ist fröhlich, leichte Unsicherheit im Seiltänzergang. Leichter Blickrichtungsnystagmus. - Aufklärungsgespräch mit den Eltern, die sind schockiert aber gefasst. „Bis auf diese ‚kleine Dummheit‘ war und ist M. gesund.“ - 11.11.2004 OP in Brust-Becken-Lage. Nach Entfernung eines kleinen Knochendeckels zeigt sich die prall gespannte Dura. Kleinhirn fest an die Dura gepresst und völlig plattgedrückt. - 20ml xanthochrome Flüssigkeit werden abpunktiert. Dura pulsiert wieder und kann geöffnet werden. Eröffnung der Zyste. Grau-blauer Tumor, der fest am Kleinhirn sitzt, sehr blutreich ist und z.T. weich, z.T. hart wie Knorpel ist, unscharfe Abgrenzung vom Kleinhirn. - 12.11.2004 MR-Kontrolle. Rückverlegung auf Normalstation. M. bewegt den Kopf noch nicht, hält ihn in Schonhaltung, will nichts essen, wird aber zunehmend mobilisiert. - In der Kontrolle ist die Raumforderung deutlich kleiner, der Hirnstamm noch etwas asymetrisch, man sieht eine postoperative Veränderung am Rand der Restzyste. Kleinhirnfältelung wieder erkennbar. - 13.11.2004 Verbandswechsel, Nacken noch sehr schmerzhaft, Wunde unauffällig, kein Liquorkissen. In den nächsten Tagen zunehmend Nahrungsaufnahme, Entfernung des ZVK. - Bei der Entlassungsuntersuchung nur noch leichte Unsicherheit im Seiltänzergang. - Nach 4 Monaten MR-Kontrolle. Hirnstamm symmetrisch, kleine Struktur an der Zyste erkennbar. Bei MR-Kontrolle ein Jahr später keine Struktur mehr an der Zyste erkennbar, war anscheinend nur eine kleine Narbe. November 2006 nichts Kontrastmittelaufnehmendes. Kleinhirn hat noch eine Zyste und sieht noch grob gefältelt auf, aber die Patientin ist neurologisch vollkommen unauffällig. In der Histologie sind die Kerne unterschiedlich groß, die Zellen bilden Fasern aus und hängen wie ein Netzwerk zusammen. Der Tumor ist viel zellärmer als das Medulloblastom, an anderen Stellen wird er zelldichter und zeigt Zellen mit perinukleärem Halo, die aussehen wie Oligodendrozyten. Auffällig überall die langen Fasern. Man sieht mehrlumige Mikrogefäßproliferate, die stellen aber NUR und ausnahmsweise bei diesem Tumor kein Malignitätskriterium dar. Man sieht in MiB 1 sehr wenig proliferierende Zellen. GFAP wird sehr stark exprimiert, wodurch der Tumor sehr derb wirken kann. An manchen Stellen wirken die Fasern sehr dick (Rosenthal‘sche Fasern), hyalin, eosinophil. Diese Rosenthal-Fasern sind typisch für Astrozytome Grad I. Diagnose bei Mona C.: Pilozytisches Astrozytom Grad I WHO. Auch wenn der Tumor nicht ganz radikal operiert worden ist, muss es nicht zu Rezidiven kommen. Diese Tumoren bilden sehr häufig riesige Zysten. Pilozytische Astrozytom: (Pilus = Haar) Häufigkeit: Häufigstes Gliom bei Kindern (zum Glück) 85% der zerebellären Astrozytome. Rosenthal‘sche Fasern Langsames Wachstum. Nicht der häufigste Tumor bei Kindern, etwa 50/50 mit dem Medulloblastom, dann kommen weit abgeschlagen die Ependymome. Fall 3: Matthias M. geboren 1990, Diagnose 1995, Tumor-OP Dez. 1999 - 1995 sieht man einen Tumor, der auf dem Dach des Mittelhirns sitzt und das Aquädukt zudrückt, deshalb Hydrozephalus, Shuntanlage, danach ging es ihm gut. Nach Shuntanlage ging es dem Jungen wieder gut, benigner Tumor, deshalb erst keine OP, sondern nur Kontrollen. - Der Tumor blieb bis Oktober 1999 vollkommen gleich in der Größe. Da allerdings war er auf über das Dreifache angewachsen, drückte massiv auf die Brücke und das Mittelhirn. Im MRT wirkt das Bild sehr unruhig, inhomogen. Hier konnte man der Mutter natürlich nicht sagen, dass er wieder heim und in einem Jahr kontrolliert werden soll. Die Mutter hat gemeint: Erst nach Weihnachten. In der Schule wurde der Schüler dann aber bewusstlos, im CT sieht man wieder Aufstau der Liquorräume. Nach Notpunktion und ein paar ml Liquor weniger macht er die Augen auf. - Wie operiert man diesen Tumor, der in der Mitte des Gehirns liegt? Eine Möglichkeit ist der Zugang zwischen Kleinund Großhirn, die andere ist der Zugang durch den Mittelspalt zwischen den Großhirnhälften, für den man allerdings den Balken auf 1-2cm durchtrennen muss. Man entschied sich für den Zugang zwischen Klein- und Großhirn (etwa 1cm). Der Tumor hatte ganz unterschiedlich Anteile, weiche, harte... - Am Tag nach der OP enges Ventrikelsystem, ein bisschen Blut und Luft im Kopf. - Nach der OP eine Blickheberparese und leichte Blickstörung. Die Blickheberparese besserte sich zunehmend. - In einer weiteren Kontrolle sieht man ein chronisches subdurales Hämatom, das ausgeräumt wurde. 2001 sieht man keinen Tumor mehr, enge Ventrikel, der Shunt wurde nicht revidiert. - In der Kontrolle 2004 sieht man nur noch eine gering vergrößerte Zisterne, sonst alles normal. - Letzte Kontrolle 2006, Patient besucht normal das Gymnasium, ist neurologisch unauffällig. In der Histologie will der Tumor sich im Ausstrich gar nicht in Einzelzellen auflösen, wie die anderen Tumoren das getan haben. Man sieht einen feinretikulären Hintergrund, eine oligodendrogliale Komponente, eine retikuläre Komponente, Gefäßproliferate, eine ganz geringe Proliferationsrate in MiB-1. Massive Gliafaserbildung in GFAP sichtbar, ein paar neuronal differenzierte Zellen in MAP 2c sichtbar, obwohl es wieder ein pilozytisches Astrozytom ist. Man sieht persistierende neuronale Zellen in der Neurofilamentfärbung. Es laufen also normale Hirnzellen durch das Tumorgewebe. Diagnose: Pilozytisches Astrozytom. Fall 4: R.S. 78 Jahre - seit 10 Tagen zunehmend Kopfschmerzen, Schwindel, Gangunsicherheit, schwere Zunge (wie besoffen). - Einmal erbrochen. Zuletzt kaum noch gehfähig. - In der Anamnese: Cervixkarzinom, Schilddrüsenkarzinom, Kolonkarzinom (2005). - Im Kernspin sieht man aufgestaute Temporalhörner, in der hinteren Schädelgrube einen unruhigen, kontrastmittelaufnehmenden Prozess links, der relativ klein ist. Oben und unten Einklemmung des Kleinhirns wegen ausgedehntem Ödem. - Verlauf: Eine Nacht Intensivüberwachung, Schmerzen im Nacken. Zwei Tage nach OP: Ohne Beschwerden. Voll mobilisiert. „Wann kann ich nach hause?“ In der Histologie ist die Frage: Handelt es sich um eine Metastase oder einen hirneigenen Tumor? Man sieht tubuläre Strukturen, eindeutig epithelial, also ein Tumor, der da nicht hingehört, denn epitheliales Gewebe hat man im Gehirn sonst nicht. Man sieht ein hochzylindrisches Epithel, vielleicht Becherzellen. Es könnte eine Metastase jedes Karzinoms sein, das sie hatte. Deshalb weitere Anfärbungen: Der Tumor exprimiert PAS, also ein Adenokarzinom. Verschiedene Zytokeratin-Anfärbungen, CK 5/6 negativ, also kein verhornendes Plattenepithel, CK7 ist auch negativ (wäre bei Schilddrüse positiv). Kein TTF1, also kein Schilddrüsenkarzinom (TTF1 ist auch bei kleinzelligen Lungenkarzinomen in 95% der Fälle positiv). Er exprimiert CK20, was typisch für den Gastrointestinaltrakt ist = Metastase des Kolonkarzinoms. Bekannt beim Kolonkarzinom ist, dass es sehr spät noch Metastasen bilden kann, manchmal bis zu 20 Jahre später ohne Rezidive dazwischen. Diagnose: Tubulo-papilläres Adenokarzinom, einwachsend in Kleinhirngewebe, exprimiert CK20, vereinbar mit einer Metastase des bekannten Colon-Ca. Wegen Fehlen von CK 7 und TTF1 keine Metastase eines Schilddrüsen-Ca. Wegen Negativität von CK 5/6 keine Metastase des Zervixkarzinoms. Multiple Sklerose Definition of Pathology: Pathology is regarded as a medical discipline that describes in a detailed and objective way the alterations that distingu- ishes diseased from normal tissue. Yet, even pathology is not immune against bias. „The eye only sees what the mind is prepared to comprehend.“ (BD Trapp, Ann Neurol 2004) Das Problem an der Pathologie ist, dass man das „Normale“ nur an der Anatomie Verstorbener definieren kann und dann die Abweichungen bei Krankheiten definiert. Allerdings sind Tote ja nicht mehr normal im Sinne klinischer Gesundheit... Geschichte der Multiplen Sklerose: Erstbeschreibung: - Cruveilhier J (1829-42): Anatomie pathologique du corps human - Valentiner GT 1856: Über die Sklerose des Gehirns und des Rückenmarks - Carswell R (1883): Pathological anatomy: illustrations on elementary forms of disease Histologie: - Charcot... - Rindfleisch :o) Die ham halt beobachtet, dass bei einer bestimmten Färbung die schwarzen Striche (Axone) immer von blauer Farbe (Myelin) begleitet sind, allerdings nicht in bestimmten Bereichen, in denen die Blaufärbung komplett fehlt. Der Name kommt einfach daher, dass das Gewebe in solchen verfärbten Regionen härter war als an anderen Stellen = „Sklerose“, und weil es an vielen Stellen gleichzeitig auftrat = „multiple Sklerose“. Ganz auffällig ist, dass auf den Axonen Makrophagen sitzen, die das Myelin richtiggehend runterlutschen und Fragmente der Myelinscheiden in ihrem Zytoplasma haben. Zuerst verschwindet das MOG (myelin-assoziiertes Oligodendro-Glykoprotein), dann das basische Myelin-Protein (MBP = myelin basic protein). Auf jeden Fall fiel schnell auf, dass viele Lymphozyten im neuronalen Gewebe auftauchen. Der Gedanke, dass das keine Begleiterscheinung, sondern die Hauptursache der Erkrankung war, lag dann auch nicht mehr fern. Man stellte dann fest, dass es zu einer Immunantwort auf Myelinbestandteile kommt, weil auch Impfstoffe mit Bestandteilen neuronalen Gewebes von Kaninchen ähnliche Reaktionen auslösen konnten (schwere Enzephalitiden mit Entmarkung). Auch „Impfstoffe“ nicht erkrankter Kaninchen lösten das aus, es lag also nicht an den Erregern, sondern an Zellbestandteilen aus dem ZNS und der Immunantwort darauf. Man weiß also inzwischen, dass hinter der Multiplen Sklerose eine Entzündung steht, die die Entmarkung bewirkt. Die Immunüberwachung des ZNS ist etwas anders geregelt als in anderen Organen. Die Lymphozyten wandern nur dann ins Gehirn (direkt zwischen den Endothelien durch in den praktisch nicht vorhandenen Interzellulärraum), wenn sie vorher aktiviert werden. Ein ruhender Lymphozyt wird nie die Blut-Hirn-Schranke durchdringen. In aktiviertem Zustand wandert er ins ZNS, wenn er nichts erkennt, findet man ihn vielleicht im Liquor wieder, aber wenn er ein bestimmtes Antigen erkennt, kommt es zu einer Zerstörung der jeweiligen Zellen. Der zweite Schritt (wie kommt es zum Abbau des Myelins?), wird langsam klarer, es sind riesige Kaskaden von aktivierenden Faktoren involviert, und an verschiedenen Stufen wird versucht, die Entzündung zu hemmen. Man hat auch festgestellt, dass nicht nur die Myelinscheiden betroffen sind, sondern auch Axone von zytotoxischen Zellen angegriffen werden und die Zahl der Axone in betroffenen Arealen vermindert ist. Heterogenität von MS-Läsionen: - Muster I: Aktive Entmarkung mit T-Lymphozyten und Makrophagen, Ig extrazellulär und in Astrozyten in den Läsionen mit zentraler Vene. Gleichmäßiger Verlust aller Myelinproteine. Grenzen scharf. - Muster II: Wie I, jedoch mit Nachweis von C9neo (terminaler Komplementkomplex, der die Poren formt und Lyse der Membran herbeiführt) und Ig akzentuiert mit zerstörtem Myelin. - Muster III: Lymphozytäre Infiltrate (ebenfalls T-Zellen) mit Makrophagen, selektiver MAG-Verlust, Apoptose der Oligodendrozyten, Grenzen unscharf, Balo-like Ringe, keine zentralen Venen mit perivaskulärem Ring von erhaltenem Myelin. Kein Nachweis von Ig oder C9neo. - Muster IV: Infiltrate aus T-Lymphozyten und Makrophagen, Untergang der Oligodendrozyten im Peri-Plaque-Gewebe, gleichmäßiger Verlust aller Myelinproteine, radiale Ausdehnung des Plaques, kein Nachweis von Ig oder C9neo. Fallvorstellung: B. K., 30 J In Hirnbiopsien sieht man am Läsionsrand große, teils mehrkernige Astrozyten (Gemistozyten), die Kerne sind häufiger und dunkler als in normalem Gehirngewebe. An Gefäßen sieht man, dass Lymphozyten eine „Muffe“ um diese herum bilden, an manchen Stellen extrem massive rundzellige Infiltrate perivaskulär. Außer den Astrozyten hat man auch zahlreiche Makrophagen. In der Myelinfärbung sieht man subkortikal nur noch wenige myelinisierte Fasern, außerdem Makrophagen mit Myelin im Zytoplasma, also phagozytiertem Myelin. Bei Anfärbung auf MBP (myelin basic protein) sieht man das Vorkommen nur noch punktförmig in Zytoplasmaleibern, nicht mehr in Strängen entlang der Axone. Bei Anfärbung auf MOG (myelin oligodendrocyte glycoprotein) sieht man eine T-Zell induzierte Verminderung. Dann wurde noch zusätzlich auf CNPase (Sekretion durch Oligodendroglia) angefärbt, die bei lebenden Oligodendrozyten für den Myelinisierungsprozess erforderlich ist, und die Expression war reduziert, aber noch vorhanden, d.h. die Oligodendrozyten waren noch in normaler Zahl vorhanden, nur das Myelin wurde angegriffen. In der PGM-1-Färbung sah man die massive Akkumulation von Makrophagen perivaskulär bis weit ins Hirngewebe hinein. In der CD45 (LCA)-Färbung: diffuse lymphozytäre Infiltrate. Viele CD8 (zytotoxische Zellen), CD4 (T-Helfer-Zellen) und CD3 (T-Zellen), wenige CD20-Zellen. Die Ausreifung zu Plasmazellen dauert 2-3 Wochen, der Prozess war also akut: Bei Anfärbung auf CD138 (Plasmazellen) sieht man erst ganz vereinzelte. Diagnose: Aktiver entzündlicher demyelinisierender Prozess, besser zu MS („early active“) als zu ADEM (akute demyelinisierende Enzephalomyelitis) passend. Multiple Sklerose in der Klinik: - multilokuläre Läsionen im ZNS - Prävalenz 1:1000 (häufig) - Beginn im Alter von 20-40 J - häufigste Ursache für Behinderung - prognostische Faktoren? - therapeutische Optionen? Auch in den Kernspin-Bildern zeigt sich bei verschiedenen Patienten ein unterschiedliches Bild. Manche haben viele, manche wenige Läsionen, manche im Kleinhirn, manche nur spinal, ... Szenario der Immunpathogenese der multiplen Sklerose: - Einfluss genetischer Faktoren auf das T-Zell-Repertoire - exogene Stimuli, Danger-Signale (Signale, die das Immunsystem „anschalten“, oft bakterielle Bestandteile wie LPS oder Virus-DNA-Partikel), Umweltfaktoren (z.B. bei Malaria viel milderer Verlauf der MS) - Schematisch: - periphere Aktivierung - Adhäsion, Emigration von T-Helfer-Zellen (CD4-positiv) - lokale Aktivierung und Proliferation, wenn sie etwas entdecken, das zu ihrem T-Zell-Rezeptor passt (z.B. ein Peptidfragment, das so ähnlich aussieht oder - TH1-Zellen: pro-inflammatorisches Milieu, IFN-γ, LT, FNF-α Therapeutische Ansatzpunkte: - Steroide (führt z.B. zu Apoptose von Lymphozyten) - Zytostatika (vermindert Bildung neuer Zellen des Immunsystems) - Immunmodulatoren (IFN-β: ↓ IFN-γ, Copaxone [AEKY = Alanin, Glutaminsäure, Lysin, Tyrosin]: TH1 → TH2) - Natalizumab Tysabri®: anti-VLA4-Ak: migrationshemmendes Therapieprinzip, verhindert Migration der Lymphozyten ins Gewebe. Natalizumab und progressive multifokale Leukenzephalopathie: JC-Virus: - DNA-Virus - Durchseuchung 80% - latente Infektion, Niere kann ein Reservoir sein - pathogen wird das Virus bei Immunsuppression, z.B. HIV oder auch, wenn keine Lymphozyten mehr durchs ZNS patroullieren können - antivirale Therapie: Cidofovir in Einzelfällen effektiv, Vistide 1x5mg/kg i.v. alle 7-14 Tage - keine Prophylaxe möglich - Verlauf tödlich Natalizumab ist laut ersten Studien sehr wirksam bei der Verhinderung neuer Läsionen und auch bei der Verlangsamung der klinischen Progredienz der MS, aber durch Natalizumab kann auch ein akuter Ausbruch des JC-Virus verursacht werden. Jetzt wurde ein komplexes Programm entworfen, unter welchen Bedingungen man mit Natalizumab behandeln sollte. Zukünftige Entwicklungen: - small / smart molecules zur Hemmung der Zellmigration - Fingolimod, FTY720, S1P-Hemmer, aktuelle Phase-III-Studie zur Zulassung für RRMS. Der große Vorteil ist, dass es sich um eine Tablette handelt, nicht um eine Injektionstherapie.