1. SINFONIE - KONZERT - Theater für Niedersachsen

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1. Sinfonie konzert
TfN · Philharmonie | Spielzeit 2016/17
„nimm Sie hin denn,
dieSe Lieder …“
„Nimm sie hin denn, diese Lieder …“
1. Sinfoniekonzert
Sonntag, 4. September 2016, 20:00 Uhr, Großes Haus Hildesheim
Samstag, 29. Oktober 2016, 19:30 Uhr, Kaiserpfalz Goslar
„Nimm sie hin denn, diese Lieder …“
Wolfgang Amadeus Mozart
Ouvertüre zur Oper
„La clemenza di Tito“ KV 621
Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester
Nr. 5 Es-Dur op. 73
Allegro
Adagio un poco moto –
Rondo (Allegro)
Solist
– Pause –
Alexander Schimpf Klavier
Wolfgang Amadeus Mozart
Robert Schumann
Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61
Sostenuto assai – Allegro, ma non troppo
Scherzo. Allegro vivace – Trio I/II
Adagio espressivo
Allegro molto vivace
TfN · Philharmonie
Dirigent
Werner Seitzer
Den Konzertflügel stellte für den 4.9. freundlicherweise der Kulturring Hildesheim
zur Verfügung.
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Die Zeile, die dem ersten Sinfoniekonzert der Saison als Motto vorangestellt ist,
stammt von Alois Isidor Jeitteles. Wem dieser Name wenig sagt, der wird womöglich an den Liederzyklus „An die ferne Geliebte“ op. 98 von Ludwig van Beethoven
denken, und damit liegt er genau richtig. Beethoven vertonte 1816 die Verse des
damals knapp 22-jährigen Jungdichters, der bald auch als Arzt praktizierte. „Nimm
sie hin denn, diese Lieder“ ist die erste Zeile des sechsten und letzten Liedes, und als
Zitat fand es Aufnahme in Robert Schumanns C-Dur-Sinfonie, die er formell – wie
unter Komponisten nicht unüblich – einem König widmete: Oscar I., der 1844 den
Thron von Schweden und Norwegen bestiegen hatte. Musik ist die Kunst der Könige.
Adel und Hoheiten finanzierten sie zu ihrem Vergnügen, und die Tonschöpfer
waren selbst Könige in ihrem künstlerischen Reich. Auch die übrigen Olympier
des Abends brachten ihre „Lieder“ königlichen Majestäten dar. Mozart komponierte seine Auftragsoper „La clemenza di Tito“ für die Krönungsfeierlichkeiten
Kaiser Leopolds II., und Beethovens majestätisches Klavierkonzert Nr. 5,
dessen Uraufführung im Jahr 1811 der Widmungsträger Erzherzog Rudolph
selbst gespielt haben soll, erhielt einen überraschenden Beinamen …
Ouvertüre zur Oper „La clemenza di Tito“ KV 621
„Das Notwendigste und das Härteste und die Hauptsache in der Musik
ist das Tempo.“ (Wolfgang Amadeus Mozart)
Die pure Geldnot war es, die Mozart in seinem letzten Lebensjahr 1791 veranlasste,
sich nach dem Opernauftrag für Prag zu strecken. Er durfte erleichtert aufatmen,
als er ihn bekam, auch wenn er für „La clemenza di Tito“ gleich zwei angefangene
Arbeiten zur Seite legen musste: „Die Zauberflöte“ und das „Requiem“. Es ist auffällig,
dass diese beiden Werke heute mehr gelten als „Titus“. Warum? Weil Mozart diese
(damals schon eher unzeitgemäße, retrospektive Form der) Oper seria für Prag in
nur kurzer Zeit ‚herunterschreiben‘ musste und seinem Schüler Franz Xaver Süßmayr
einige der notwendigen, aber lästigen Rezitative zum Komponieren überließ?
Nur, Mozart war dafür bekannt, Werke schnell aufs Papier werfen zu können,
wenn die Ideen in seinem Kopf bereits Gestalt angenommen hatten. Einen Mangel
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an Inspiration kann man auch nicht für die
Zurücksetzung dieser Oper verantwortlich
machen, wie allein die funkelnde Ouvertüre
belegt. Eher wohl war ein schablonenhaftes,
schon vorher oft vertontes Libretto, in dem
inmitten von Verrat und Intrige die Großmut
eines römischen Imperators (s. Abb.) platt den
aufgeklärten Herrscher Leopold verherrlichte,
an der umstrittenen Stellung dieses Spätwerks
schuld, wiewohl es im 19. Jahrhundert zahlreiche
Wiederaufführungen und bis heute namhafte
Befürworter wie Jean-Pierre Ponnelle fand.
Die Ouvertüre hebt mit Akkorden wie ein
Statement des selbstbewussten Musikers an. Dann
baut er Spannung auf, indem sich die Takte Schritt für Schritt und immer wieder kurz
innehaltend einem bestimmten Punkt zu nähern scheinen, bevor das Orchester an
Tempo zulegt. Eine aufgeräumte Stimmung durchzieht dieses Eröffnungsstück, in
dem Mozart kalkulierte Pausen und effektvolle Sforzati setzt. Gar nicht zu reden von
makellosen Bläserpassagen, die mitverantwortlich für die abwechslungsreichen
Farben sind. Die „Titus“-Ouvertüre ist wahrhaftig ein Krönungswerk und
reiner Mozart.
Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 Es-Dur op. 73
dennoch. Englisch sprechende Zungen verfielen angesichts des majestätischen
Erscheinungsbildes des Werkes auf die Bezeichnung „Emperor Concerto“. Zu
Deutsch also „Kaiser-Konzert“. Beethoven, dem zur Entstehungszeit dieses
Werks bereits ein sich später verschlimmerndes Gehörleiden zu schaffen machte,
ließ hier lieber die Finger von den Tasten; er spielte es öffentlich nie selbst.
Beethovens Einleitung im ersten Satz bildet einen virtuos-mächtigen Auftakt,
bevor das eigentliche Hauptthema in Erscheinung tritt, mit dem ein modulierendes
Seitenthema kontrastiert. Die damit etablierte Brillanz findet ihre Fortsetzung im
reichen Wechselspiel zwischen dem Soloinstrument und dem Orchester, das an
Virtuosität und Verve nichts zu
wünschen übriglässt. Der zweite
Satz „Adagio un poco moto“ mit
der Grundtonart H-Dur zeigt
Beethoven wieder einmal als
Meister der langsamen Sätze.
Dieses Adagio ist in seinem
harmonischen Ebenmaß ein
wundersam entrückter
Klangzauber und von unsagbarer Anmut – reine Magie. Das Rondo-Thema des
Finales, das vom Klavier im Adagio schon zaghaft angespielt wurde, setzt danach mit
Macht ein, wie eine rasante, glückliche Fahrt nach der Meeresstille. Wieder erfindet
Beethoven ein charaktervolles Seitenthema, um das Werk schließlich nach einer
bewegten Durchführung zum ebenso effektsicheren wie ganzvollen Ende zu bringen.
Robert Schumann
„Mir ist das geistige Reich das liebste und die oberste aller geistigen und
weltlichen Monarchien.“ (Ludwig van Beethoven)
Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61
Auch Menschen ohne Sinn für klassische Musik ist zumindest der langsame
Satz des fünften Beethoven-Klavierkonzerts bekannt. Peter Weir verwendete
ihn 1975 als atmosphärische Stütze in seinem Mystery-Klassiker „Picknick
am Valentinstag“. Immerhin ist Beethovens Tonschöpfung die Vermarktung
mit dem Filmtitel als Beinamen erspart geblieben (Gustav Mahler hatte das
Glück mit dem Adagietto aus seiner Symphonie Nr. 5 nicht, das nicht selten
unter „Tod in Venedig“ firmiert). Einen Beinamen erhielt Beethovens Konzert
(Robert Schumann)
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„Licht senden in die Tiefe des menschlichen Herzens – des Künstlers Beruf.“
Franz Schuberts große C-Dur-Sinfonie und vor allem auch die sinfonischen
Leistungen Beethovens waren es, die Robert Schumann wie jeden Musiker nach ihm
vor Schreck haben erstarren lassen. Konnte man nach Beethoven und Schubert in der
Sinfonie überhaupt noch Originelles schaffen? Und wenn ja: wie wäre die Gattung zu
erweitern oder neu zu erfinden? In einem glücklichen Moment hatte Schumann 1841
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die „Frühlings-Sinfonie“ in die Welt entlassen.
Die Geburt der C-Dur-Sinfonie op. 61, seiner
offiziell Zweiten nach einer zurückgezogenen und
später überarbeiteten d-Moll-Sinfonie, fiel ihm
1845/46 ungleich schwerer. Oft verwarf er, was er
komponiert hatte, und schrieb alles mehrmals um.
Schumann bekämpfte depressive Stimmungen,
die ihn wie seine Umwelt, besonders natürlich
Ehefrau Clara, belasteten. 1845 gab es auch wieder
Nachwuchs im Hause Schumann, und seit einem
Jahr wohnte man in Dresden, in einem geräumigeren Haus, in dem es Rückzugsmöglichkeiten
gab, entweder zum ungestörten Komponieren
(Robert) oder zum Klavierüben für Konzertreisen
(Clara). Im Finale hatte er sich endgültig wieder
ans Licht gekämpft, per aspera ad astra, und Schumann zitierte Beethovens „An
die ferne Geliebte“, wie einen zärtlichen Gruß an Clara, deren Nähe ihm in seiner
Depression wie Ferne erschienen war. Aber noch ein anderer großer Name leuchtet
im Hintergrund auf. Johann Sebastian Bach, dessen Werk seit der Wiederaufführung
der „Matthäus-Passion“ 1829 durch Felix Mendelssohn Bartholdy eine Renaissance
erlebte, galt auch Schumann als Inbegriff einer Musik von außergewöhnlicher
Tiefenstruktur und Seelenberuhigung. Bach stand darum Pate für die Sinfonie,
erkennbar in der Choralmelodie des Einstiegs „Sostenuto assai“ genauso wie im
zweimaligen Zitat aus Bachs „Das musikalische Opfer“ (im dritten und vierten Satz),
das ebenfalls einem Regenten zugeeignet war: Friedrich dem Großen. An den klassischen vier Sätzen hielt Schumann fest; nur einmal, bei der „Rheinischen“, wurden es
fünf. Aber in der Zweiten zog er zum ersten Mal das Scherzo auf die zweite Position,
um den langsamen Satz darauf folgen zu lassen. Berufen konnte er sich dabei auf
seine symphonischen Vorläufer und Zeitgenossen Beethoven und Mendelssohn, der
das Werk des Freundes im November 1846 in Leipzig zur Uraufführung brachte.
Auf das lebhafte „Allegro, ma non troppo“ mit Blechbläser-Fanfaren und reicher
Chromatik folgt das quirlig dahintreibende Scherzo, das sich Verschnaufpausen in
eingeschobenen Triopassagen gönnt. Das fein gewobene Adagio, eigens versehen
mit dem Zusatz „espressivo“ („ausdrucksvoll“), geht dem sprühenden Finale voraus,
das mit Pauken und Trompeten einen kraftvollen Schlusspunkt setzt.
Roland Mörchen
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Alexander Schimpf, geboren in Göttingen,
absolvierte seine Studien bei Wolfgang
Manz, Winfried Apel und Bernd Glemser
und erhielt weitere Anregungen von
Cécile Ousset und Janina Fialkowska. Als
Solist wurde Schimpf u. a. vom Wiener
Kammerorchester, dem MarinskijOrchester St. Petersburg, den Dresdner
Philharmo­nikern, den Nürnberger
Sympho­nikern, dem Beethoven-Orchester
Bonn und dem Prague Philharmonia
Orchestra eingeladen – neben
zahlreichen weiteren Symphonieorchestern
in Deutschland und den USA. Als
Kammermusiker arbeitete Alexander
Schimpf u. a. mit dem Geiger Christian Tetzlaff, dem Bratscher Nils Mönkemeyer,
dem Cellisten Julian Steckel, dem „American String Quartet“ und dem „ArmidaStreichquartett“ zusammen. Nach bedeutenden Wettbewerbserfolgen in Bonn (Preis
des Deutschen Musikwettbewerbs 2008), Wien (1. Preis Internationaler BeethovenWettbewerb 2009) und Cleveland/USA (1. Preis und Publikumspreis Cleveland
International Piano Competition 2011 als erster deutscher Pianist in der Geschichte
dieses Wettbewerbes) konnte Alexander Schimpf in den vergangenen Jahren eine
regelmäßige erfolgreiche Konzerttätigkeit mit Auftritten in USA, Südamerika
Frankreich, Italien, Österreich, der Schweiz, Polen, England, Rumänien und natürlich
Deutschland verbuchen.
Im Herbst 2013 wurde er für seine Verdienste mit dem „Bayerischen Kunstförder­preis“ in München ausgezeichnet.
Neben seiner Auseinandersetzung mit dem klassischen Repertoire setzt Alexander
Schimpf sich regelmäßig für die Musik der Moderne und Gegenwart ein und spielte
in den vergangenen Jahren zahlreiche Uraufführungen ihm gewidmeter Solo- und
Kammermusikwerke. Seine erste Solo-CD wurde 2009 in Zusammenarbeit mit
Deutschlandradio Kultur und GENUIN produziert; im Januar 2013 erschien seine
zweite CD mit Werken von Ravel, Skrjabin und Schubert bei seinem künftigen
Exklusiv-Label OEHMS Classics (in Co-Produ­ktion mit dem BR). Eine weitere
Solo-CD bei OEHMS Classics mit Musik von Brahms, Debussy und Beethoven
folgte Anfang 2015.
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Impressum
TfN · Theater für Niedersachsen
Theaterstr. 6, 31141 Hildesheim
www.tfn-online.de
Spielzeit 2016/17
Jörg Gade
Prokuristen Claudia Hampe, Werner Seitzer
Redaktion Roland Mörchen
Fotos Archiv; B. Böröcz (S. 7)
Texte Roland Mörchen (S. 3 – 6)
Gestaltung ProSell! Werbeagentur GmbH, Hannover
Layout Jolanta Bienia
Druck Sattler Direct Mail GmbH & Co. KG
Intendant
Gefördert durch:
Medienpartner:
Sponsoren/Partner:
Freunde des
Theater für Niedersachsen e. V.
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