GRUNDBEGRIFFE DER MATHEMATISCHEN LOGIK Die Mathematik ist aufgebaut auf der Basis einiger (möglichst) weniger Aussagen, die als wahre und nicht zu beweisende Grundbausteine angenommen werden, den sogenannten Axiomen. Definition: Eine Aussage ist ein sprachliches Gebilde, das entweder eindeutig wahr oder eindeutig falsch ist; das also von den zwei möglichen Wahrheitswerten (wahr “w“/falsch “f“) genau einen annimmt. Anhand der Beispiele der Vorlesung haben wir gesehen, dass es nicht immer ganz leicht ist zu entscheiden, ob es sich um eine Aussage handelt oder nicht und dass es durch sprachliche Implikation (wie Kausalität) zu Problemen kommen kann, die wir durch den logischen Formalismus umgehen wollen. Zudem haben wir am Beispiel der Goldbachschen Vermutung gesehen, dass es nicht nötig ist den Wahrheitswert einer Aussage auch angeben zu können. Aussagen können verknüpft werden, um neue Aussagen zu erhalten. Diese können wir dann mithilfe von Wahrheitstafeln beschreiben. Hierbei werden die verknüpften Aussagen durch die Angabe aller möglichen Wahrheitswertkombinationen definiert. Definition: (i) Die Konjunktion (“∧“) und die Disjunktion (“∨“) zweier Aussagen A und B sind definiert durch A w w f f B w f w f A∧B w f f f A∨B w w w f ˙ A∨B f w w f Die Konjunktion entspricht dem sprachlichen “und“ und die Disjunktion dem sprachlichen “oder“. Die letzte Aussage entspricht dem sprachlichen “entweder... oder“. (ii) Unter der Negation ¬A einer Aussage A versteht man die verneinte Aussage A ¬A w f f w (iii) Die Implikation (“⇒“) und die Äquivalenz (“⇔“) zweier Aussagen A und B sind definiert durch A B w w w f f w f f A⇒B w f w w A⇔B w f f w Hierbei ist zu beachten, dass aus dem Falschen das Beliebige folgt! Aus den Axiomen werden mithilfe der Regeln der Logik neue (wahre) Aussagen hergeleitet, die meist als Sätze formuliert werden. Definition: Ein (mathematischer) Satz ist die Formulierung einer wahren Aussage samt des zugehörigen Beweises. Grundsätzlich ist ein Satz wie folgt gegliedert: • Voraussetzung • Behauptung • Beweis Es gibt aber auch Aussagen, die von so allgemeiner Natur sind, dass es √ keiner weiteren Voraussetzung bedarf, wie wir am Beispiel unseres ersten Satzes “ 2 ist irrational“ gesehen haben. Wie wir in der Vorlesung gesehen haben, gibt es verschieden Beweisformen. Primär unterscheidet man zwischen direktem Beweis und indirektem Beweis (wie z.B. der Kontraposition oder dem Widerspruchsbeweis). Der folgende Satz enthält einige logische Äquivalenzen (“≡“), die in Beweisen regelmäßig benutzt werden, um gewisse (verknüpfte) Aussagetypen zu beweisen. Satz: Fuer zwei Aussagen A und B gilt: (i) (A ⇔ B) ≡ ((A ⇒ B) ∧ (B ⇒ A)), (ii) (A ⇒ B) ≡ (¬B ⇒ ¬A) (Kontraposition), (iii) (A ∧ (A ⇒ B)) ⇒ B (Modus ponens), (iv) (¬A ⇒ (B ∧ ¬B)) ≡ A (Widerspruch). Beweis: Zum Beweis von (i),(ii) und (iv) zerlegt man die Aussagen in Ihre Einzelteile, um eine geeignete Wahrheitstafel zu erstellen und vergleicht dann die entsprechenden Spalten. Wir führen diesen Beweis exemplarisch für (i). A B w w w f f w f f A⇔B w f f w A⇒B w f w w B ⇒ A (A ⇒ B) ∧ (B ⇒ A) w w w f f f w w Die Tatsache, dass die dritte und die sechste Spalte übereinstimmen, beweist die Behauptung. Der Beweis von (iii) funktioniert ähnlich, nur dass man hierbei keine Spalten vergleicht, sondern eine Wahrheitstafel erstellt, um sich zu überzeugen, dass bei jeder möglichen Kombination von Wahrheitswerten von A und B die verknüpfte Aussage wahr ist. A w w f f B w f w f A⇒B w f w w A ∧ (A ⇒ B) (A ∧ (A ⇒ B)) ⇒ B w w f w f w f w Definition: Eine Aussageform mit Einsetzungsklasse Ω ist ein Aussagesatz, in dem mindestens eine freie Variable vorkommt, die Werte in Ω annehmen kann. Eine Aussageform A(x) ist also weder wahr noch falsch, sondern wird erst zu einer Aussage, wenn man einen Wert aus Ω einsetzt. Hat man eine Aussageform auf der Menge der natürlichen Zahlen, z.B. A(n) : 1 + 2 + . . . n = n(n+1) , so kann 2 es sein, dass die entsprechenden Aussagen für jeden Wert n ∈ N (oder ab einer bestimmten Zahl n0 ) wahr sind. Um dies zu beweisen nutzt man das sogenannte Prinzip der vollständigen Induktion. Satz: Für jedes n ∈ N sei A(n) eine Aussage (d.h. N ⊂ Ω) und es gelte: (1) A(n0 ) ist wahr; (2) Für alle n ≥ n0 gilt: Ist A(n) wahr, so ist auch A(n + 1) wahr. Dann gilt A(n) für alle natürlichen Zahlen n ≥ n0 . Der Satz wird, wie in der Vorlesung gezeigt, mithilfe eines Widerspruchsbeweises geführt. Wie wir anhand zahlreicher Beispiele für Anwendungen des Prinzips der vollständigen Induktion in der Vorlesung und den Übungen gesehen haben, wird der Induktionsbeweis in zwei Schritten geführt, will man die Gültigkeit von A(n) für alle n ≥ n0 zeigen. (1) Induktionsanfang: Es wird gezeigt, dass A(n0 ) gilt und damit die Induktion gewissermaßen verankert. (2) Induktionsschritt: Hier ist eine Implikation zu beweisen, nämlich A(n) ⇒ A(n + 1), wofür man die folgenden Teilschritte benötigt. (a) Induktionsvoraussetzung: Es wird vorausgesetzt, dass die Aussage für ein n ≥ n0 gilt (ansonsten ist die besagte Implikation wahr) und diese Voraussetzung formuliert (“Es gelte A(n) für ein n ≥ n0“). (b) Induktionsbehauptung: Es wird die Behauptung formuliert, dass die Aussage (dann auch) für die nächstgrößere Zahl, also n + 1, gilt (“Es/Dann gilt A(n + 1)“). (c) Induktionsschluss: Es wird bewiesen, dass (b) aus (a) folgt. Beim zweiten Schritt ist zu beachten, dass man hier nicht beweist, dass A(n) gilt, sondern dies lediglich annimmt, um die Implikation A(n) ⇒ A(n + 1) zu beweisen. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage (der Implikation) ist prinzipiell unabhängig vom Wahrheitswert von A(n). Dass A(n) dann tatsächlich gilt, folgt aus dem Dominoprinzip der vollständigen Induktion. Hat man nämlich die Induktion verankert, indem man gezeigt hat, dass A(n0 ) gilt und hat man ganz allgemein den Induktionsschritt A(n) ⇒ A(n+1) bewiesen, so folgt aus der Tatsache, dass A(n0 ) gilt mithilfe des Induktionsschrittes, dass A(n0 +1) gilt. Wendet man den Induktionsschritt dann auf A(n0 + 1) an, folgt, dass auch A(n0 + 2) gilt und dann A(n0 + 3), A(n0 + 4), usw. So erhält man schließlich die Gültigkeit von A(n) für alle n ≥ n0 .