14.05.2013 Klinik für Forensische Psychiatrie Antisozialität und Psychopathy Behandlung und Begutachtung PD Dr. Elmar Habermeyer & Dr. Andreas Mokros 17.05.2013 Themen Persönlichkeitsstörungen Allgemeine Merkmale Besondere Merkmale von Antisozialität und Psychopathy Psychopathy Checklist-Revised und Screening Version Trennwertproblematik Kriteriumsvalidität (Gewaltdelinquenz) MITTAGSPAUSE Behandelbarkeit Grundsätzliche Erwägungen Behandlungsempfehlungen Syndromvarianten: Manipulativ vs. aggressiv Abschlussdiskussion Seite 2 2 Inhalt Der Workshop bietet eine Einführung in die Themenbereiche „Antisozialität“ und „Psychopathy“. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage der Behandelbarkeit. Bisher liegen nur wenige kontrollierte, randomisierte Studien zur psychotherapeutischen oder psychopharmakologischen Behandlung von Antisozialität vor. Angesichts der Ergebnisse dieser Studien ist eine gewisse Skepsis angebracht, vor allem bei Vorliegen der Sonderform einer Psychopathy im Sinne von Robert Hare. Anhand der Literatur und aufgrund eigener klinischer Erfahrung werden Grundzüge für die Behandlung skizziert. Darüber hinaus werden diagnostische und prognostische Fragestellungen erörtert, wie sie sich im Rahmen der psychiatrisch-psychologischen Sachverständigentätigkeit in diesem Zusammenhang ergeben. Seite 3 3 1 14.05.2013 Lernziele 1) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind mit den diagnostischen Kriterien für "Antisozialität" und "Psychopathy" vertraut. 2) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind über den gegenwärtigen Forschungsstand bzgl. der Behandlung von "Antisozialität" und "Psychopathy" orientiert. 3) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wissen, welche Besonderheiten in der Therapie von Patientinnen und Patienten mit "Antisozialität" oder "Psychopathy" zu beachten sind. Seite 4 4 Persönlichkeitsstörungen definiert als überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten, das merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht dieses Muster soll unflexibel und tiefgreifend sein und sich in einem weiten Bereich persönlicher und sozialer Situationen manifestieren es soll klinisch in bedeutsamer Weise zu Leiden und Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen führen das Muster soll stabil und lang dauernd sein, der Beginn soll bis in die Adoleszenz oder ins frühe Erwachsenenalter zurückzuverfolgen sein das Muster soll sich nicht besser durch die Manifestation oder Folge einer anderen psychischen Störung erklären lassen es soll nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz oder eines medizinischen Krankheitsfaktors zurückgehen Seite Definition von Persönlichkeitsstörung Eine Persönlichkeitsstörung liegt dann vor, wenn durch den Ausprägungsgrad und/ oder die besondere Konstellation von psychopathologisch relevanten Merkmalen in den Bereichen des Wahrnehmens, Denkens, Fühlens, Wollens und der Beziehungs-gestaltung erhebliche subjektive Beschwerden und/oder nachhaltige Beeinträchtigungen der sozialen Anpassung entstehen. (Saß 1987) Seite 2 14.05.2013 Symptombereiche Kognition (also die Art, sich selbst, andere Menschen oder Ereignisse wahrzunehmen und zu interpretieren) Affektivität (also die Variationsbreite, die Intensität, die Labilität und Angemessenheit emotionaler Reaktionen) Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen Impulskontrolle Seite Häufige Diagnosen bei Gefangenen Alkoholmissbrauch/-abhängigkeit 77 % Drogenabhängigkeit 20 % spezifische Phobien 39 % Dysthymia 21 % rezidivierende depressive Episoden 20 % psychotische Störung 10 % zusätzlich muss bei ca. 50 % der Gefangenen vom Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung ausgegangen werden Seite Prävalenzdaten der WHO-Untersuchung für die einzelnen Persönlichkeitsstörungen nach ICD-10 (N= 716 amb./stat. psych. Pat.; 364 männl.,352 weibl.) Paranoid 2,4% Schizoid 1,8% Dissozial 1,8% Emotional-instabil, impulsiver Typ 4,5% Emotional-instabil, Borderline-Typ 14,9% Histrionisch 4,3% Anankastisch 1,8% Ängstlich 15,2% Dependent 4,6% Andere 6,8% Irgendeine Persönlichkeitsstörung 39,5% (Loranger et al. 1994) Seite 3 14.05.2013 Klinische Bedeutung und Epidemiologie von Persönlichkeitsstörungen 3-10 % der Allgemeinbevölkerung 40-60% der psychiatrischen Patienten in Haftpopulationen bis zu 70% antisoziale Persönlichkeitsstörungen bei bis zu 47% der Männer, 21% der Frauen Borderline Störung bei 25% der Frauen Suizidrisiko 3mal höher als in AB beeinflusst Verlauf und Prognose psychiatrischer Erkrankungen Seite Krankheitsbeginn ICD-10: in Kindheit /Jugend situationsübergreifend aufgetreten u. zu deutlichen Funktionsbeeinträchtigungen führend DSM-IV: Adoleszenz, frühes Erwachsenenalter Prävalenz von PS bei Adoleszenten 15-20%, aber deutlicher Rückgang der Auffälligkeiten im Übergang zum Erwachsenenalter (Johnson 2000) Prävalenz unter psych. beh. Adoleszenten 50-60% (Becker 1999) Seite Antisoziale Persönlichkeitsstörung A. tiefgreifendes Muster von Missachtung und Verletzung der Rechte anderer, das seit dem Alter von 15 Jahren auftritt mindestens drei der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein: 1) Versagen, sich an Gesetz oder Normen anzupassen 2) Falschheit, die sich in wiederholtem Lügen, Gebrauch von Decknamen oder Betrügen zeigt 3) Impulsivität oder Versagen, vorausschauend zu planen 4) Reizbarkeit und Aggressivität, die sich in Schlägereien oder Überfällen äußert 5) rücksichtslose Missachtung der eigenen Sicherheit bzw. der Sicherheit anderer 6) durchgängige Verantwortungslosigkeit mit Unfähigkeit, eine dauerhafte Tätigkeit auszuüben oder finanziellen Verpflichtungen nachzukommen 7) fehlende Reue, Gleichgültigkeit oder Rationalisierung B. der Betroffene ist mindestens 18 Jahre alt C. eine Störung des Sozialverhaltens war bereits vor Vollendung des 15. Lebensjahres erkennbar D. das antisoziale Verhalten tritt nicht ausschließlich im Verlauf einer Schizophrenie oder manischen Episode auf Seite 4 14.05.2013 Vorteile der DSM-Klassifikation Verweis auf die Störung des Sozialverhaltens: aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Tieren Zerstörung von Eigentum Betrug oder Diebstahl schwere Regelverstöße (hier auch mit Verweis auf ein Alter < 13 Jahre) Seite Nachteile Konzentration auf leicht objektivierbare behaviorale Phänomene Überschätzung der Prävalenz einseitige Betonung männlicher antisozialer Verhaltensstile hohe diagnostische Überlappung mit Substanzmissbrauch geringe Übereinstimmung mit der Forderung nach einer tiefgreifenden, verschiedene Funktionsebenen einbeziehende Störung Seite ICD 10-Forschungskriterien Dissoziale Persönlichkeitsstörung Mindestens drei der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen vorliegen: 1) herzloses Unbeteiligtsein gegenüber den Gefühlen Anderer 2) deutliche und andauernde verantwortungslose Haltung und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen 3) Unfähigkeit zur Aufrechterhaltung dauerhafter Beziehungen 4) sehr geringe Frustrationstoleranz und niedrige Schwelle für aggressives, gewalttätiges Verhalten 5) fehlendes Schuldbewusstsein oder Unfähigkeit, aus negativer Erfahrung, insbesondere Bestrafung, zu lernen 6) deutliche Neigung, andere zu beschuldigen oder plausible Rationalisierungen anzubieten für konfliktträchtiges eigenes Verhalten Seite 5 14.05.2013 Vor- und Nachteile Vorteile: Berücksichtigung von Gefühlsarmut und der Unfähigkeit, aus Bestrafung zu lernen Nachteile: Fehlende Berücksichtigung von Altersgrenzen Kein Verweis auf Störungen des Sozialverhaltens Seite Antisoziale Persönlichkeitsstörung Frontale Dysfunktion Mangelnde Selbstkontrolle (kognitiv und motorisch) Enthemmtes Verhalten Mangelnde kognitive Flexibilität Mangelnde Verhaltensanpassung Untererregung Reizsuche Nicht-Wahrnehmung von Belohnung und Bestrafung Keine Angst vor Strafe, Wunsch nach sozialer Anerkennung nicht verhaltensregulierend Limbische Dysfunktion Gefühlsarmut Mangelnde emotionale Hemmung und Empathie Verminderte konditionierte Angst Geringes Vermeidungsverhalten Schwierigkeiten, emotionale Gesichtsausdrücke zu erkennen Angst des Opfers induziert keine Aggressionshemmung Seite Andere forensisch relevante Persönlichkeitsstörungen Paranoide Persönlichkeitsstörung ständige Selbstbezogenheit, besonders in Verbindung mit starker Überheblichkeit Streitbarkeit und beharrliches situationsunangemessenes Bestehen auf eigene Rechte Misstrauen und anhaltende Tendenz, Erlebtes zu verdrehen, indem neutrale oder freundliche Handlungen als feindlich oder verächtlich missdeutet werden Narzisstische Persönlichkeitsstörung hat ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit glaubt von sich, besonders und einzigartig zu sein ist in zwischenmenschlichen Beziehungen ausbeuterisch zeigt einen Mangel an Empathie zeigt arrogante, überhebliche Verhaltensweisen oder Haltungen Seite 6 14.05.2013 Andere forensisch relevante Symptome von Persönlichkeitsstörungen Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typus deutliche Tendenz, unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar belohnt werden Borderline-Persönlichkeitsstörung affektive Instabilität unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren Seite Behandelbarkeit Antisozialer Persönlichkeitsstörungen Fragen bisherige Therapie, wenn ja sachgerecht? Therapieeffekte: Wie lange anhaltend, warum nicht anhaltend? Motivationslage? Reflektionsbereitschaft, Kritikfähigkeit? Gruppenfähigkeit? Probleme wir verfügen bei antisozialen Persönlichkeitsstörungen nicht über empirisch abgesicherte therapeutische Optionen das heisst aber nicht, dass man es nicht versuchen kann aber wie? Seite Definition von Persönlichkeitsstörungen ICD-10 (WHO, 1992): dauerhafte, stabile Erfahrungs- und Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigen, mit deutlichen Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in Beziehungen zu anderen, die mit persönlichem Leiden oder mit gestörter Funktions- und Leistungsfähigkeit einhergehen, in der Kindheit oder Jugend einsetzen und bis ins Erwachsenenalter fortdauern, ohne auf einer anderen psychischen Störung oder einer Hirnerkrankung zu beruhen. Seite 21 / 53 7 14.05.2013 Diagnostische Leitlinien ICD-10 (WHO, 1992; vgl. DSM-IV [APA, 1994], vgl. Herpertz & Sass, 2003): Deutliche Unausgeglichenheit in Einstellungen und Verhalten in mehreren Funktionsbereichen: • Kognition (einschl. Wahrnehmen und Denken) • Affektivität (einschl. Antrieb und Impulskontrolle) • Beziehungen zu anderen. Das auffällige Verhaltensmuster ist andauernd und gleichförmig ... ... sowie tief greifend und in vielen sozialen Situationen eindeutig unpassend. Die Störung setzt in Kindheit oder Jugend ein und manifestiert sich auf Dauer im Erwachsenenalter. Die Störung führt zu deutlichem subjektiven Leiden für den Betroffenen (oder wird von den Menschen seiner Umgebung als sehr störend erlebt). Die Störung ist meistens mit deutlichen Einschränkungen der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit verbunden. Die Störung ist nicht auf Hirnschädigungen/-krankheiten oder auf andere psychische Störungen zurückzuführen. Seite 22 / 53 Beurteilerübereinstimmung Beurteiler A Beurteiler B 1 („Ja“) 0 („Nein“) 1 („Ja“) 4 2 6 0 („Nein“) 1 13 14 5 15 Zufallskritischer Übereinstimmungskoeffizient (Cohen, 1960): = (Po – Pe)/(1 – Pe) = (0.85 – 0.60)/(1 – 0.60) = .625 .63 Seite 23 / 53 Beurteilerübereinstimmung (Bereich) Bewertung .40 - .60 annehmbar .60 - .75 gut .75 – 1.00 ausgezeichnet Fleiss, J. L. (1983), zit. nach Greve, W. & Wentura, D. (1997). Wissenschaftliche Beobachtung. Weinheim: PVU. Seite 24 / 53 8 14.05.2013 Beurteilerübereinstimmung für spezifische Persönlichkeitsstörungen: Ergebnisse (Zimmerman, 1994) bei Verwendung halbstrukturierter Interviews: .69 mittleres .77 (für alle PS ausser Paranoide PS [ = .62]; 15 Studien) auf Grundlage unstrukturierter klinischer Interviews: .01 .49 (3 Studien) Die Übereinstimmung für die unspezifischere Frage „Persönlichkeitsstörung ja/nein“ lag bei .41 .91 (halbstrukturierte Interviews; 6 Studien) bzw. bei .36 .61 (unstrukturierte klinische Interviews; 4 Studien). PROBLEM: Die Angaben beziehen sich noch auf DSM-III bzw. DSM-IIIR Seite 25 / 53 Einteilung der Persönlichkeitsstörungen (Venzlaff, 2000) Persönlichkeitsstörung (PS) ICD-10 paranoide PS 60.0 301.00 schizoide PS 60.1 301.20 dissoziale PS 60.2 301.70 emotional instabile PS 60.3 impulsiver Typus 60.30 Borderline-Typus 60.31 DSM-IV 301.83 histrionische PS 60.4 301.50 anankastische PS 60.5 301.40 ängstliche (vermeidende) PS 60.6 301.82 (selbstunsichere PS) abhängige (asthenische) PS 60.7 301.60 (dependente PS) andere PS 60.8 PS, nicht näher bezeichnet 60.09 narzisstische PS 301.90 301.81 Seite 26 / 53 Typologie: Drei Cluster Cluster A B C Persönlichkeitsstörungen paranoide, schizoide & schizotypische narzisstische, anti-/dissoziale, Borderline- & histrionische ängstliche (vermeidende)/selbstunsichere, abhängige (asthenische)/dependente, anankastische (zwanghafte) & passiv-aggressive Seite 27 / 53 9 14.05.2013 Übergreifende Erhebungsinstrumente Deutsche Version Fragebogen Millon Clinical Multiaxial Inventory III (MCMI-III; Millon, 2006) - + - Persönlichkeits-Stil- und –störungsinventar (PSSI; Kuhl & Kazén, 1997) + + - Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen (DIPS; Schneider et al., 2005) + - + Internationale Diagnosen Checkliste für Persönlichkeitsstörungen (IDCL-P; Bronisch et al., 1995) DSM-IV & ICD-10 + - + International Personality Disorder Examination (IPDE; Mombour et al., 1996) DSM-IV & ICD-10 + + + Inventar Klinischer Persönlichkeitsakzentuierungen (IKP; Andresen, 2006) + + - + + + Instrument Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV: Achse II: Persönlichkeitsstörungen (SKID-II; Fydrich et al., 1997) nur DSM-IV Seite Interview Kritik am Konzept der Persönlichkeitsstörungen (aus: Herpertz & Sass, 2003, vgl. Widiger & Clark, 2000) mangelnde theoretische und empirische Fundierung Kategorie oder Dimension – Ist der Übergang von normal zu gestört tatsächlich qualitativ („Entweder-oder“) oder vielmehr quantitativ (kontinuierlich/dimensional)? – keine Diskontinuitäten in der Verteilung (Widiger & Costa, 1994) – Problem kategorialer Grenzfälle Reliabilität Übereinstimmung zwischen verschiedenen Verfahren Gefahr der Stigmatisierung des Patienten hoher Anteil an Mehrfachdiagnosen – multiple Diagnosen in 85-100% der Fälle – v.a. bei Borderline-Persönlichkeitsstörung hohe Überlappung mit anderen Persönlichkeitsstörungen Seite 29 / 53 Problem: Symptomanzahl (vgl. Lykken, 1995) Bsp.: 3 von 7 diagnostischen Kriterien verweisen auf das Vorliegen der Paranoiden PS ABER: es gibt allein 35 Kombinationen von genau 3 aus 7 Merkmalen (und 99 Kombinationen von 3 oder mehr aus 7 Merkmalen) DAS HEISST: Es gibt zahlreiche Varianten von Symptomkonstellationen, die alle Anlass zur Diagnose einer Paranoiden PS geben können. Zwei dieser Symptomkonstellationen basieren nicht einmal partiell auf denselben Symptomen (haben keine Überschneidungen). (Anm.: Millon und Davis [1996] unterscheiden drei unterschiedliche Typen paranoider Persönlichkeiten: paranoid-narzisstisch, paranoid-antisozial und paranoid-anankastisch) Seite 30 / 53 10 14.05.2013 Voraussichtliche künftige Entwicklungen ICD-11 (Tyrer et al., 2011) Nur noch fünf Kategorien asozial/schizoid dyssozial/antisozial zwanghaft/anankastisch ängstlich/vermeidend emotional instabil Zusätzlich eine Abstufung des Schweregrads (in 4-5 Stufen): keine Persönlichkeitsstörung bis schwere Persönlichkeitsstörung Seite 31 / 53 Voraussichtliche künftige Entwicklungen DSM-5 (http://www.dsm5.org/proposedrevision/Pages/PersonalityDisorders.aspx) (vgl. Verheul, 2012) Nur noch sechs Kategorien antisozial vermeidend Borderline narzisstisch zwanghaft schizotyp Zusätzlich eine Abstufung des Schweregrads (in 5 Stufen) mit Hilfe der Levels of Personality Functioning Scale (LPFS): gesundes Funktionsniveau bis extreme Beeinträchtigung Seite 32 Schema des Diagnostizierens Exploration + halbstrukturiertes Interview (SKID-II, IPDE o.Ä.) Erfüllt der Patient/die Patientin die übergreifenden Merkmale einer PS? (vgl. Folie 21) Beschreibung von Persönlichkeitsstruktur/ -akzentuierung mittels Selbstberichtsfragebogen (NEO-PI-R, IKP, PSSI, EPQ-R, FPI-R o.Ä.) nein ja Beurteilung des Schweregrades (z.B. mittels LPFS) Seite 33 / 53 Dissoziale/ Antisoziale ODER Narzisstische ODER Borderline PS? ja Spezifische Verfahren: PCL-R, BorderlinePersönlichkeitsInventar, NarzissmusInventar etc. 11 14.05.2013 Zwischenfazit Persönlichkeitsstörungen sind besser durch (halb-)strukturierte Interviews zu erfassen als durch die klinische Exploration oder durch Selbstberichtsfragebogen es ist zu beachten, dass die Grenze zwischen „noch gesund“ (Persönlichkeitsakzentuierung) und „gestört“ willkürlich ist die vermeintlich hohe „Komorbidität“ verschiedener Persönlichkeitsstörungen geht vermutlich auf deren konzeptuelle Übereinstimmungen zurück (siehe Interpersoneller Zirkel; vgl. bevorstehende Vereinfachungen im ICD-11/DSM5) aufgrund der damit verbundenen Stigmatisierung sollte die Diagnose nicht leichtfertig vergeben werden die Diagnostischen Leitlinien (insbes. zu den Merkmalen „Funktionsbereiche“ und „Beginn in Kindheit/Jugend“) sind unbedingt zu beachten Seite 34 / 53 Psychopathische Persönlichkeitsstörung (nicht explizit in ICD-10/DSM-IV-TR gelistet, aber als Synonym unter „Dissoziale PS“ bzw. „Antisoziale PS“aufgeführt; Erhebung mithilfe der PCL-R) Egozentrische, überhebliche, betrügerische, oberflächliche, impulsive Individuen, … die andere rücksichtslos ausnutzen und manipulieren, ohne Scham oder Schuld zu empfinden. Seite 35 / 53 35 Psychopathy Checkliste (PCL-R) 1. Trickreicher sprachgewandter Blender mit oberflächlichem Charme (1) 2. Erheblich übersteigertes Selbstwertgefühl (1) 3. Stimulationsbedürfnis, ständiges Gefühl der Langeweile (2) 4. Pathologisches Lügen (1) 5. Betrügerisch-manipulatives Verhalten (1) 6. Mangel an Gewissensbissen oder Schuldbewusstsein (1) 7. Oberflächliche Gefühle (1) 8. Gefühlskälte, Mangel an Empathie (1) 9. Parasitärer Lebensstil (2) 10. Unzureichende Verhaltenskontrolle (2) 11. Promiskuität 12. Frühe Verhaltensauffälligkeiten (2) 13. Fehlen von realistischen, langfristigen Zielen (2) 14. Impulsivität (2) 15. Verantwortungslosigkeit (2) 16. Mangelnde Bereitschaft und Fähigkeit, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen (1) 17. Viele kurzzeitige ehe(ähn)liche Beziehungen 18. Jugendkriminalität (2) 19. Missachtung von Weisungen und Auflagen (2) 20. Polytrope Kriminalität (2) (1) = Faktor 1: Affektive/interpersonelle Merkmale (2) = Faktor 2: Antisoziale Verhaltensweisen Seite 12 14.05.2013 PCL-R (Hare 1993, 2003) Überarbeitung der ersten Version von 1980 anwendbar auf erwachsene Straftäter/-innen und forensisch-psychiatrische Patienten 20 Items 3-Punkte-Skala (0 = trifft nicht zu, 1 = möglich, 2 = sicher gegeben) definierter Grenzwert (Wert ≥ 30 = Psychopathy) Seite Faktorenstruktur Faktor 1: affektive/interpersonelle Merkmale Faktor 2: sozial deviante Verhaltensweisen im Manual 2003: 4 Faktoren interpersonell affektiv Lebenswandel Antisozialität Seite Verhältnis antisoziale Persönlichkeitsstörung – Psychopathy Psychopathy als besonders wichtige Gruppe der antisozialen Persönlichkeitsstörung 90 % der Psychopaths erfüllen die Kriterien der APD 30 bis 40 % der Probanden mit APD erfüllen PCL-Kriterien die Störung des Sozialverhaltens im Kindesalter fehlt bei einigen Psychopaths ICD-10 und PCL zeigen mehr Gemeinsamkeiten Seite 13 14.05.2013 Bezug der Psychopathy zu anderen Persönlichkeitsstörungen Paranoide Persönlichkeitsstörung ständige Selbstbezogenheit, besonders in Verbindung mit starker Überheblichkeit Narzisstische Persönlichkeitsstörung grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit ist in zwischenmenschlichen Beziehungen ausbeuterisch zeigt an Mangel an Empathie Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typus deutliche Tendenz, unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar belohnt werden Borderline-Persönlichkeitsstörung unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren Seite Psychopathy Checklist-Revised (PCL-R, Hare, 2003) Vierfaktorielle Struktur PSYCHOPATHY Interpersonell Antisozial Lebenswandel Affektiv Seite 41 / 53 Psychopathy Checklist-Revised (PCL-R) Items (Hare, 2003) Interpersonell Lebenwandel trickreich/gewandt übersteigerter Selbstwert pathologisches Lügen betrügerisch/manipulativ gesteigertes Stimulationsbedürfnis Impulsivität verantwortungslos parasitär Mangel an realistischen Zielen Affektiv Antisozial Mangel an Schuldbewusstsein flacher Affekt rücksichtslos/Mangel an Empathie übernimmt keine Verantwortung für eigenes Tun + Promiskuität geringe Verhaltenskontrolle frühe Verhaltensauffälligkeiten Jugenddelinquenz Widerruf einer bedingten Entlassung polytrope Kriminalität + viele ehe-(ähn-)liche Beziehungen Seite 42 14 14.05.2013 Psychopathy und Antisoziale PS in der Gesamtbevölkerung PCL-R Psychopathy (<1%) APS (3-5%) Population (100%) Seite 43 / 53 Prävalenz von Psychopathy in der Gesamtbevölkerung Coid, J., Yang, M., Ullrich, S., Roberts, A. & Hare, R. D. (2009). Prevalence and correlates of psychopathic traits in the household population of Great Britain. International Journal of Law and Psychiatry, 32 (2), 65-73. repräsentative Stichprobe (N = 620 Männer und Frauen, 16-74 Jahre) aus der Gesamtbevölkerung in England, Wales und Schottland Beurteilung anhand der Kurzfassung PCL: Screening Version, diagnostischer Trennwert: (hier) 13 (“probable psychopathy“) Prävalenz: 0,6% (95% KI: 0,2-1,6%); ♂: 1,3% (0,3-3,4); ♀: 0% (Ähnliche Ergebnisse berichten Neumann und Hare [2008, J Consult Clin Psychol, 76, 893-899] für die USA anhand von Daten aus der MacArthurRisiko-Studie: ♂ [n = 196]: 1,0%; ♀ [n = 318]: 1,2%, Gesamt: 1,2%) Seite 44 / 53 Psychopathy und Antisoziale PS bei Straftätern Alle Straftäter (100%) APS (50% +) Prinzipielle Behandelbarkeit “Weisse-Kragen”? PCL-R Psychopaths (20-30%) Fragliche Behandelbarkeit Seite 45 / 53 15 14.05.2013 Faktorielle Invarianz (Mokros, Habermeyer, Neumann, Schilling, Hare & Eher, under review) N = 1,046 österreichische Sexualstraftäter CFI = .92, RMSEA = .07 χ2(129) = 769.56 (p < .001) Seite 46 Äquivalenz von PCL-R-Messwerten? Schwache Messungsinvarianz (gleiche Faktorladungen, unterschiedliche Itemschwierigkeiten) Vergleich mit den Normwerten aus dem PCL-RHandbuch (durchgezogene Linie, N = 4,865 männliche Straftäter) Seite 47 Äquivalenz von PCL-R-Messwerten? Übersicht der Ergebnisse BaselineModell Schwache Invarianz Starke Invarianz CFI .901 .896 CFI - .005 .820 .076 RMSEA .061 .061 .078 ² 3088.227 3244.791 5437.942 df 258 272 286 Seite 48 16 14.05.2013 Österreichische Sexualstraftäter (Mokros, Habermeyer et al., under review) .27 PCL-R Total Score R2 = .73 .85 .85 Test Half A Test Half B (Items 2, 3, 5, 7, 9, 10, 14, 15, 17, 20) M = 1.09 (SD = 0.42) (Items 1, 4, 6, 8, 11, 12, 13, 16, 18, 19) M = 1.04 (SD = 0.40) Restringiertes (Paralleles Test-) Modell: N = 1,046 CFI = .991, TLI = .991 RMSEA = .083 (95% CI: [.038, .139]) Seite χ2(1) = 8.18 (p < .01) Rel = .84 Cronbach‘s = .84 Guttman‘s λ2 = .85 Psychometrische Eigenschaften Interne Konsistenz, Mittelwerte und SD N M SD PCL-R-Summenwert .84 941 21.30 7.60 Faktor I – Kernpersönlichk. .75 1,036 9.20 3.38 Factor II – Soz. Abweichung .84 969 10.18 5.16 Facette 1 - Interpersonell .67 1,043 3.41 2.10 Skala N 1,046 Facette 2 - Affektiv .71 1,039 5.80 1.90 Facette 3 - Lebenswandel .71 1,024 6.17 2.69 Facette 4 - Antisozial .77 988 3.98 2.95 1,038 Profilreliabilität (4 Facetten)a .55b - - - - Note. a Koeffizient der Profilreliabilität (vgl. Conger & Lipshitz, 1973, Gl. 21). Daten von österreichischen Sexualstraftätern freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Prof. Dr. Reinhard Eher, Wien. Seite 50 PCL-R Trennwert ≥ 30 (Hare, 2003) ≥ 28 für Europa (Cooke, Michie, Hart & Clark, 2005) ≥ 25 für Deutschland (Hartmann, Hollweg & Nedopil, 2001)* ≥ 25 für Schottland (Cooke & Michie, 1999) ≥ 30 für Nordamerika und Grossbritannien (Bolt, 2007; Bolt, Hare & Neumann, 2007) (Übersicht: Mokros, A. (2010). Die revidierte Psychopathie-Checkliste [PCL-R]: Skalierung mit dem logistischen Testmodell nach Rasch. In D. Köhler (Hrsg.), Neue Entwicklungen der forensischen Diagnostik in Psychologie, Psychiatrie und Sozialer Arbeit (S. 211-237). Frankfurt a. M.: Verlag für Polizeiwissenschaft.) * Anm.: Festsetzung aufgrund von Prävalenzüberlegungen. Seite 51 51 17 14.05.2013 Welcher Trennwert ist angemessen? (Mokros, Hollerbach, Vohs, Nitschke, Eher & Habermeyer, Crim Justice Behav, in press) • Meta-Analyse zur Verteilung der PCL-R/SV-Kennwerte in A, CH & D • 25 verwendbare Studien, Gesamt-N = 4,254 männliche Straftäter • Schätzung provisorischer Normwerte PCL-R Standarderhebung (N = 1807) PCL:SV (N = 1124) nur Aktenstudium (N = 1419) Wert % T Wert % T Wert % T -1 SD 10 16 40 9 15 40 7 16 40 M 18 52 51 17 53 51 12 51 50 +1 SD 25 84 60 24 85 61 17 85 60 30 95 66 18 89 62 Seite 52 / 12 Bewertungsschema (PCL-R-Handbuch [2. Aufl.], S. 31) PCL-RGesamtwert Level Beschreibung 33-40 5 sehr hoch 25-32 4 hoch 17-24 3 mittel 9-16 2 niedrig 0-8 1 sehr niedrig Seite 53 53 Selbstbericht: Weltweiter Vergleich (Neumann et al., 2012, Behav Sci Law, S. 566) Seite 54 18 14.05.2013 Varianten von Psychopathy (Mokros, Nitschke, Neumann, Santtila, Habermeyer & Hare, under review) N = 856 männliche nordamerik. Straftäter, PCL-R-Summenwert 30 Seite Subtypen (Coid, Freestone & Ullrich, 2012, S. 883-884) N = 638 Personen aus der Normalbevölkerung im Alter von 16 bis 74 Jahren (davon 56.7% Frauen) Seite 56 PCL: Screening Version (PCL:SV) entwickelt für den Einsatz im Rahmen der MacArthur Risk-Studie 12 Items, bewertet anhand von Interview- & Akteninformationen Jedes Item wird mihilfe einer 3-Punkte-Skala (0, 1, 2) eingeschätzt Gesamtwert 0-24 Ausmaß, in dem ein Proband dem prototypischen Psychopathen entspricht deutliche Übereinstimmung mit der PCL-R, sowohl konteptuell als auch empirisch (Cooke, Michie, Hart, & Hare, 1999) Guy, L. S. & Douglas, K. S. (2006). Utility of PCL: SV as a screening measure for psychopathy. Psychological Assessment, 18, 225-230. “The PCL: SV performed well as a screen, maximizing false positive relative to false negative errors. Close correlations for prediction of violent recidivism in the correctional sample (N = 188) were obtained for the PCL-R (.42) and the PCL: SV (.37). [There is a] robust relation between the measures” for standard assessments and those based only on file reviews. Seite 19 14.05.2013 Die PCL: SV Hart, Hare & Cox (1995) Interpersonell Lebensstil Oberflächliche Beziehungen Grandiosität Manipulativ Impulsiv Mangel an Zielen verantwortungslos Affektiv Antisozial empathielos Mangel an Schuld/Scham übernimmt keine Verantwortung Schwache Verhaltenskontrolle frühes antisoziales Verhalten Antisoziales Verhalten im Erwachsenenalter Seite Übereinstimmung der Items PCL: SV/PCL-R Cooke, Michie, Hart & Hare (1999, p. 4, Table 2) Nr. PCL:SV Nrn. PCL-R Nr. PCL:SV Nrn. PCL-R 1 oberflächlich 1 Gewandtheit / oberflächlicher Charme 7 impulsiv 3, 14 Stimulationsbedürfnis/Anfälligkeit für Langeweile & Impulsivität 2 grandios 2 übersteigertes Selbstwertgefühl 8 mangelnde Verhaltenskontrolle 10 mangelnde Verhaltenskontrolle 3 betrügerisch 4, 5 pathologisches Lügen & betrügerisch/manipulativ 9 Mangel an Zielen 9, 13 parasitärer Lebenswandel & Fehlen realistischer, langfristiger Ziele 4 Mangel an Reue 6 fehlendes Schuldbewusstsein 10 verantwortungslos 15 Verantwortungslosigkeit 5 empathielos 7, 8 oberflächliche Gefühle & Kaltschnäuzigkeit / Fehlen von Empathie 11 antisoziales Verhalten in Kindheit/Jugend 12, 18 frühe Verhaltensauffälligkeiten & Jugenddelinquenz 6 übernimmt keine Verantwortung 16 keine Übernahme von Verantw. für eigene Handlungen 12 antisoziales Verhalten im Erwachsenenalter 19, 20 Widerruf einer bedingten Entlassung & kriminelle Vielseitigkeit Seite Internationale Meta-Analysen PCL(-R) und Gewaltrückfälle mittlere Effektstärke: 0.52 (Median = 0.55) Autoren Jahr Verfahre n PCL, PCL-R Gesamt-N 1,685 Anzahl Studien/Effekte 11 / 12 b Mittlere Effektstärke (d) 0.68 b 1998 PCL-R 1,374 6/- 0.56 c Gendreau, Goggin und Smith a, d 2002, 2003 PCL-R 4,823 - / 26 0.43 c Hanson und Morton-Bourgon e 2005 PCL-R 2,783 13 / - 0.29 Leistico, Salekin, DeCoster und Rogers 2008 PCL, PCL-R 12,359 - / 68 0.47 Yang, Wong und Coid 2010 PCL-R 3,854 16 / - 0.55 2013 PCL:SV PCL-R 2,506 3,467 8/13 / - 0.65 0.55 Salekin, Rogers und Sewell a Hemphill, Hare und Wong a Hawes, Boccaccini und Murrie e 1996 Seite 20 14.05.2013 Aktuelle Meta-Analyse: Einschlusskriterien (Mokros, Vohs & Habermeyer, under review) publizierte Studie Verwendung von PCL-R oder PCL:SV Ursprungsland Deutschland Österreich Schweiz (deutschsprachiger Teil) Rückfallquote erneute allgemeine Gewalt- (einschl. Sexual-)delikte ODER erneute Sexualdelikte trennwertbezogene Ergebnisdarstellung Seite Ergebnisse I: PCL-R – Gesamt (7 Einzelstudien, Gesamt-N = 1,654) Kriterium Wert 95% KI Sensitivität .27 [.14, .46] Spezifität .88 [.78, .94] Pos. Likelihood Ratio (LR+) 2.4 [1.6, 3.4] Neg. Likelihood Ratio (LR-) 0.82 [0.70, 0.96] B. A. (2007). Midas: A program for meta-analytical integration of QDwamena, (2) = 148.73, p < .001 diagnostic accuracy studies in Stata (Vol. 2011). Ann Arbor, Michigan: Division of 62 / 12 Seite Nuclear Medicine, Department of Radiology, University of Michigan Medical School. Entscheidungsbaum PCL-R (geschätzt auf Grundlage der Meta-Analyse) Gesamtanzahl der Fälle Gesetzestreue (links) vs. Rückfällige (rechts) unauffällige Werte (gestrichelte Linie) vs. kritische Werte 25 (durchgezogene Linie) 1654 1250 1107 143 404 293 111 Wie wahrscheinlich hoch ist die positive Likelihood Ratio? Wie wird jmd. mit einem krit. PCL-R-Kennwert rückfällig? (111/404) / (143/1,250) 111/(111+143) = .44 = 2.4 Seite 63 21 14.05.2013 Geschätzte Werteverteilungen PCL-R (vgl. Mossman & Somoza, 1992, J Neuropsych Clin N) d = 0.60 Seite Implikationen (PCL-R) Basisrate (Prior-WS) p (Chance/ [1+ Chance]) Chance (p/[1-p)] .20 0.25 Positive Likelihood Ratio Posteriori-WS 2.4 .375 0.60 p (Chance/ [1+ Chance]) Chance (p/[1-p)] .40 0.67 Seite 65 / 12 Implikationen PCL-R Basisrate (Prior-WS) Positive Likelihood Ratio Posteriori-WS 2.4 .62 1.60 Schätzung der Rückfallwahrscheinlichkeit (bei einem kritischen PCL-RKennwert ≥ 25), in Abhängigkeit von der Basisrate für den Seite 66 / 12 Deliktsbereich/Kontext. 22 14.05.2013 Kredibilitätsintervall (Mossman & Berger, 2001, Med Decis Making, 21, 498-507) • Rückfallrate = Basisrate in der Stichprobe (d.h. 24.4%) • Verwendung einer Monte Carlo-Methode mit Jeffreys-Prior • p(Rückfall | PCL-R Summenwert ≥ 25) = .437 • 95% Kredibilitätsintervall: [.38, .50] deutlich schmaleres KI als der Bereich, den Cooke und Michie (2010) für die PCL-R beschrieben haben ([.00, .95]) (s.a. die kritischen Stellungnahmen zu deren Methodik bei Hanson und Howard [2010], Mossman und Sellke [2007] sowie Scurich und John [2012]) Cooke & Michie, 2010, Law Human Behav, 34, 259-274 Hanson & Howard, 2010, Law Human Behav, 34, 275-281 Hart, Michie, & Cooke 2007, Brit J Psychiatry, 190 (Suppl. 49), S60-S65 Mossman & Sellke, 2007, Brit J Psychiatry, 191, 561 Scurich & John, 2012, Law Human Behav, 36, 237-246 Seite Ergebnisse II: PCL:SV – Gesamt (4 Einzelstudien, Gesamt-N = 758) Kriterium Wert 95% KI Sensitivität .28 [.07, .66] Spezifität .90 [.80, .95] Pos. Likelihood Ratio (LR+) 2.7 [1.4, 5.3] Neg. Likelihood Ratio (LR-) 0.80 [0.55, 1.17] B. A. (2007). Midas: A program for meta-analytical integration of QDwamena, (2) = 8.79, p < .01 diagnostic accuracy studies in Stata (Vol. 2011). Ann Arbor, Michigan: Division of 68 / 12 Seite Nuclear Medicine, Department of Radiology, University of Michigan Medical School. Entscheidungsbaum PCL:SV (geschätzt auf Grundlage der Meta-Analyse) Gesamtanzahl der Fälle 754 Gesetzestreue (links) vs. Rückfällige (rechts) unauffällige Werte (gestrichelte Linie) vs. kritische Werte 18 (durchgezogene Linie) 660 591 98 69 71 27 Wie wahrscheinlich hoch ist die positive Likelihood Ratio? Wie wird jmd. mit einem krit. PCL:SV-Kennwert rückfällig? (27/98) / (69/660) 27/(27+69) = .28 = 2.6 Seite 69 23 14.05.2013 Geschätzte Werteverteilungen PCL:SV (vgl. Mossman & Somoza, 1992, J Neuropsych Clin N) d = 0.68 Seite Implikationen (PCL:SV) Basisrate (Prior-WS) p (Chance/ [1+ Chance]) Chance (p/[1-p)] .20 0.25 Positive Likelihood Ratio Posteriori-WS 2.7 .40 0.675 p (Chance/ [1+ Chance]) Chance (p/[1-p)] .40 0.67 Seite 71 / 12 Implikationen PCL:SV Basisrate (Prior-WS) Positive Likelihood Ratio Posteriori-WS 2.7 .64 1.80 Schätzung der Rückfallwahrscheinlichkeit (bei einem kritischen PCL:SVKennwert ≥ 18), in Abhängigkeit von der Basisrate für den Seite 72 / 12 Deliktsbereich/Kontext. 24 14.05.2013 Zwischenfazit (eigene Meta-Analyse) • • • • • die PCL-R und die PCL:SV sind taugliche Instrumente zur forensischen Risikoeinschätzung, u.z. auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz die mittlere Effektstärke im Hinblick auf die Identifikation von Gewaltrückfällen entspricht den Werten aus dem internat. Schrifttum die Chance für einen Gewaltrückfall (inkl. sexueller Übergriffe) steigt bei einem kritischen PCL-R-Summenwert 25 um den Faktor 2.4 (in der PCL:SV bei 18 um den Faktor 2.7) die bedingten Wahrscheinlichkeiten für Gewalt- (einschliesslich Sexual-) Rückfälle bei überschwelligen Kennwerten betragen 44% (PCL-R) bzw. 28% (PCL:SV) – die Diskrepanz ergibt sich v.a. aufgrund der höheren Basisrate in den PCL-R-bezogenen Studien • Kredibilitätsintervalle: [38%, 50%] für PCL-R, [20%, 38%] für PCL:SV spezifischere Vorhersagen sexueller Deliktrückfälle erscheinen weder aufgrund der PCL-R noch aufgrund der PCL:SV gerechtfertigt Seite Zwischenfazit (Forts.) - strukturierte professionelle Beurteilung des Rückfallrisikos ist genauer als klinisch-intuitive Einschätzungen, und zwar - liegt die Effektstärke der PCL-R (d = 0.55) bzw. der PCL:SV (d = 0.65; Quelle: Yang et al., 2010, Psychol Bull) auch nach Massgabe der aktuellen Ergebnisse (d = 0.60 / 0.68) - etwa auf dem Niveau des Belastungs-EKGs für Herzerkrankungen (d = 0.52), ist aber - eindeutig niedriger als die Effektstärke der Mammografie im Hinblick auf Brustkrebs (d = 3.14; Hasselblad & Hedges, 1995, Psychol Bull). Seite 74 / 12 Behandlung von straffälligen Psychopathen Schwierig Ein Großteil der Forschungsliteratur krankt an: ungenauer Diagnostik unklarer Beschreibung der Behandlung/mangelnder Standardisierung wenig aussagekräftigen Outcome-Maßen schwacher Methodik/ Fehlen (randomisierter) Kontrollbedingungen aktuelle Studien legen den Schluss nahe, dass herkömmliche Behandlungsprogramme Psychopathen wenig helfen, das Rückfallrisiko ggf. sogar steigern dieselbe Behandlungsvorschrift ist nicht für alle Straftäter geeignet spezifische Programme für psychopathische Straftäter sind notwendig (z. B. Wong & Hare, 2005) Seite 25 14.05.2013 Psychopathie und Rückfälligkeit nach Behandlung Rice, Harris & Cormier (1992) Entlassene Probanden aus einem Behandlungsprogramm für Straftäter mit Persönlichkeitsstörungen "Maxwell Jones" Therapeutische Gemeinschaft Intensive Gruppen-/Einzeltherapie; 80 Std./Woche Minimum 2 Jahre im Programm Mittlerer Katamnesezeitraum: 8 Jahre 4 Monate Psychopathen diagnostiziert bei PCL-R-Gesamtwert 27 PCL-R ausschließlich anhand von Akteninformationen kodiert (r = .96) 176 behandelte Patienten; 146 unbehandelte Patienten Durchschnittliche Zeit bis zum Bewährungsversagen = 47 Monate Ergebnisse Grundlage der Einschätzung, wonach Behandlung Psychopathen gefährlicher mache Seite % Rückfällige Bewährungsversagen (%) nach Behandlung: Gewaltdelikte Rice, Harris & Cormier (1992) Gruppen Seite Behandlungsstudie: Männliche Strafgefangene, UK Hare, Clark, Grann & Thornton Behavioral Sciences and the Law (2000) Behandlung fokussiert auf Aggressionskontrolle und Verbesserung sozialer Kompetenz (eher kurzfristig) Katamneseintervall: 2 Jahre PCL-R “alter” Faktor 1 (Interpersonell/Affektiv) als starker Prädiktor für Rückfälligkeit, auch in Abhängigkeit von Behandlung ja/nein i.A. replizieren die Ergebnisse jene von Rice et al. (1992) Bedeutet nicht, dass alle Behandlungsformen die Legalbewährung von Psychopathen beeinträchtigen verdeutlicht den Bedarf an spezialisierten Programmen Seite 26 14.05.2013 Percent Reconvicted Wiederverurteilungsraten nach 2 Jahren (N = 278) Seite Hare, Clark, Grann & Thornton (2000) Psychopathie Behandlungsresponse bei Sexualstraftätern N = 418 Sexualstraftäter aus Ontario, Kanada -PCL-R: hoch/niedrig -Behandlungseffekt: ja/nein Katamnesezeitraum: 5 Jahre Seite Therapeutische Beeinflussbarkeit und die Rolle von Psychopathy in Bezug auf die vorzeitige Beendigung einer Behandlung (Olver & Wong, 2009) 145 Sexualstraftäter, davon 29% mit PCL-R-Summenwert >= 25 sechs- bis achtmonatiges stationäres Behandlungsprogramm (für Sexualstraftäter mit mittlerem bis hohem Rückfallrisiko) Katamnesezeitraum: durchschnittlich 9.9 Jahre (SD = 3.5 Jahre, 2.1 bis 18.0 Jahre) unter 15% "Dropouts" waren Psychopaths überrepräsentiert (sie stellten mehr als die Hälfte der Dropouts: 12 von 23) dennoch beendete die Mehrheit der Psychopaths das Programm (33 von 45) insgesamt 51 Pbn mit erneuten Verurteilungen wegen eines Sexualdelikts (32.7%); 85 (54.5%) wegen eines erneuten Gewaltdelikts (einschliesslich Sexualdelikten) kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen (Pp hoch/niedrig x Completer vs. Dropout) für Sexualdelikte, wohl aber für Gewaltdelikte spezifischer: signifikant niedrigere Rückfallrate bei Psychopath/Completers als bei Psychopath/Dropouts Seite 27 14.05.2013 Ergebnisse (Olver & Wong, 2009, S. 332) Seite Psycho- und sozialtherapeutische Behandlung Befunde zur prinzipiellen Behandelbarkeit sind heterogen (Hemphill & Hart, 2002), aber eine gewisse Skepsis scheint angebracht zu sein (Harris & Rice, 2006) tlw. paradoxes Resultat: höhere Rückfallgefahr nach Behandlung (Rice, Harris & Cormier, 1992) Effektivität moderner kognitiv-verhaltenstherapeutischer Gruppenprogramme in Bezug auf Psychopathen noch nicht hinreichend evaluiert (Thornton & Blud, 2006) gewisse positive Behandlungseffekte bei heranwachsenden Straftätern mit psychopathischen Zügen (Caldwell et al., 2006) Problem: hohe Abbrecherquote (Olver et al., 2011; Olver & Wong, 2011; Suhling, 2011): Unliebsame Patienten? Behandlung stellt hohe Anforderungen an Therapeuten und Konzept störendes Verhalten im Gruppenkontext mangelnde Motivation Seite Skepsis scheint angebracht Auflösung einer Spezialstation für psychopathische Patienten im hessischen Maßregelvollzug Beendigung des “Dangerous and Severe Personality Disorder Programme” in Grossbritannien (Ulrich et al., 2010; Duggan, 2011) Meta-Analyse von Gibbon et al. (2011, 11 Studien) Psychotherapie (11 Studien): keine Behandlungseffekte in Bezug auf Antisozialität im Hinblick auf Legalbewährung (2 Studien); anderweitige positive Effekte in vier Studien Psychopharmakologisch (8 Studien): Kriterium Aggressivität (2 Studien), davon eine mit positivem Effekt (Phenytoin) Was tun mit ThUGs? (Therapieunterbringungsgesetz) / Wie weiter mit der Sicherungsverwahrung bzw. Verwahrung? Seite 28 14.05.2013 Behandlungsempfehlungen (Mokros & Habermeyer, 2012) Auswahl geeigneter Therapeuten Etablierung einer tragfähigen Therapeut-Patient-Beziehung Auswahl geeigneter Therapeuten Förderung der Therapiemotivation Unbedingtes Einhalten von Regeln und Vorgaben klar strukturiertes Setting genaues Beobachten des Patientenverhaltens Konzentration auf die kognitiven Fähigkeiten, nicht auf emotionale Defizite Kontingenzerleben Fokus auf kriminogene Faktoren Kombination Einzel-/Gruppentherapie hohe Behandlungsintensität & -frequenz externe Supervision Verzahnung stationär/ambulant fortlaufende Evaluation (Qualitätssicherung) Seite Auswahl geeigneter Therapeuten forensisch erfahren selbstsicher abgrenzungsfähig imstande, Neutralität zu wahren (auch bei Schmeichelei oder Druck; Harris & Rice, 2006) Erkundigungen nach pers. Lebensumständen/Befindlichkeiten sollten höflich, aber bestimmt zurückgewiesen werden Seite Etablierung einer tragfähigen TherapeutPatient-Beziehung Einigung auf gemeinsame Ziele wichtiger als emotionale Kongruenz Entsprechende Patienten sind eher durch Belohnung bei Zielerreichung zu motivieren, kaum durch emotionalen Rapport (Wong & Hare, 2005) Therapeut behält die Hoheit über die Behandlung (Planung, Ablauf, Setting, Beurteilung) CAVE: u.U. erhebliches manipulatives Geschick des Patienten CAVE: emotionale Leere aufseiten des Patienten Ther. darf weder unkritisch die Perspektive des Pat. übernehmen noch in Zynismus verfallen (vgl. Müller-Isberner et al., 2003; in: Herpertz & Sass, 2003) Seite 29 14.05.2013 Förderung der Therapiemotivation nicht auf Leidensdruck setzen Formulierung von Zielen und Möglichkeiten zunächst eher im Sinne von Optimierung oder Coaching, nicht defizitorientiert (Hemphill & Hart, 2002a) Seite Unbedingtes Einhalten von Regeln und Vorgaben keine «kleinen Gefälligkeiten» (Harris & Rice, 2006) keine Ausnahmen gewähren, sonst drohen Angreifbarkeit, Abhängigkeit, Spaltung Seite Klar strukturiertes Setting (Hemphill & Hart, 2002b; Lösel, 1998) Verantwortlichkeiten, Abläufe und Entscheidungswege sind klar geregelt, transparent und werden eingehalten sie sind kein Gegenstand von Verhandlung Seite 30 14.05.2013 Genaue Beobachtung des Patientenverhaltens Abgleich des Verhaltens ggü. Therapeut einerseits und übrigen Mitarbeitern andererseits Rückmeldung von Inkongruenz regelmässiger und intensiver Austausch zwischen Mitgliedern des Behandlungsteams Seite Fokus: Kognition, nicht Emotion (Hemphill & Hart, 2002a; Wong & Hare, 2005) Vermittlung der Kosten, die durch das dissoziale Verhalten für den Betroffenen selbst kurz- und langfristig entstehen (nicht bezogen auf eventuelle Opfer) gemeinsame Erarbeitung von Listen mit positiven und negativen Verhaltensfolgen (Entscheidungsmatrix; vgl. Müller-Isberner et al., 2003; zit. in Herpertz & Sass, 2003) gemeinsame Formulierung realistischer Ziele, die mit einem dissozialen Lebensstil nicht vereinbar wären Seite Gestaltung des Umfelds prosoziales Verhalten bringt Vorteile, dissoziales Verhalten unmittelbar Nachteile Kontingenz ist erlebbar; Diskrepanz von Kosten und Nutzen erfahrbar Erfordernis eines gut ausgebildeten, erfahrenen und motivierten Behandlungsteams (Lösel, 1998) Einheitliche Umsetzung des Behandlungskonzepts Seite 31 14.05.2013 Fokussierung auf kriminogene Faktoren z.B. auf Impulsivität (ggf. medikamentös) oder auf sexuelle Präferenzstörungen (kognitive Verzerrungen und evtl. eigene Traumatisierungen dann wichtiger als der Versuch, Empathie mit den eigenen Opfern zu fördern*) Substanzmissbrauch / -abhängigkeit Berücksichtigung des vorliegenden Typus: manipulativ vs. aggressiv * vgl. Hanson & Morton-Bourgon, 2005: Meta-Analyse zu erneuten Sexualdelikten bei Sexualstraftätern: 1780 (1745) Versuchspersonen in 9 bzw. 5 Einzelstudien; - Effektstärke von "Tatleugnung" = 0.02; - Effektstärke von "Mangel an Opferempathie" = -0.08 Seite Weitere Aspekte (Habermeyer & Herpertz, 2006; Lösel, 1998; Salekin, 2002; Wong & Hare, 2005) Kombination aus Einzelpsychotherapie mit spezifischen gruppentherapeutischen Angeboten (kognitiv-behavioral, z.B. Reasoning & Rehabilitation) hohe Behandlungsintensität kontinuierliche Supervision durch forensisch erfahrene externe Kolleginnen oder Kollegen enge Verzahnung mit ambulanter Nachsorge / Weiterbetreuung Evaluation des Programms (bestenfalls von ausserhalb) Seite Psychopathie im Verlauf Seite 32 14.05.2013 Psychopathie im Verlauf Hare, R. D., Forth, A. E. & Strachan, K. E. (1992). Psychopathy and crime across the lifespan. In P. Peters & V. Quinsey (Eds.), Aggression Seite and violence across the lifespan (pp. 285-300). New York: Sage. Kriminalität im Verlauf Berliner CRIME-Studie (Dahle et al.) Verfügbar unter: http://www.forensikberlin.de/forschung/crime1.html#endbericht (17.02.2011) N = 397 männliche Straftäter Seite Psychopathie: Störung oder vorteilhafte Strategie? Seite 33 14.05.2013 PDG Entscheidung Spieler B Zusammen- Konkurrenz arbeit ZusammenEntscheidung arbeit Spieler A Konkurrenz T>R>P>S (T + S)/2 < R 5/5 0/8 8/0 1/1 (8 > 5 > 1 > 0) [(8 + 0)/2 = 4 < 5] Seite PDG psychopathische Pbn Vergleichsprobanden Cohen‘s d mittlerer Gesamtgewinn (SD) 204.88 (10.23) 200.21 (0.72) 0.64 mittlerer relativer Gewinn (SD) 23.67 (38.58) 1 (3.59) 0.83 Seite PDG Folgerungen – Pbn mit Psychopathy erwiesen sich tatsächlich in der Computersimulation eines sozialen Dilemmas in Form eines iterativen Prisoner‘s Dilemma Game als weniger kooperativ (im Vergleich mit normalen Vergleichspersonen). – Die Psychopaths waren im Schnitt hierdurch erfolgreicher als die Vergleichspersonen (höherer Gewinn!). Psychopathy als (zumindest kurzfristig) effektive Strategie, was möglicherweise die relative Therapieresistenz zu erklären vermag (im Sinne einer positiven Verstärkung der egozentrischen Bedürfnisbefriedigung). Seite 34 14.05.2013 Verstärker bei nicht-koop. Verhalten Darbietung positiver Verstärker negativer Verstärker Entfernung positive Verstärkung c+ (Gewinn) indirekte Bestrafung ¢+ direkte Bestrafung c(schlechtes Gewissen etc.) negative Verstärkung ¢- (Schema adaptiert nach Fliegel et al., 1998, S. 36) Seite Verstärker bei nicht-koop. Verhalten Darbietung Entfernung positiver Verstärker positive Verstärkung c+ indirekte Bestrafung ¢+ (Gewinn) negativer Verstärker direkte Bestrafung c(schlechtes Gewissen etc.) negative Verstärkung ¢- (Schema adaptiert nach Fliegel et al., 1998, S. 36) Seite Auswahlbibliografie Alterman, A. I., Rutherford, M. J., Cacciola, J.S., McKay, J. R. & Boardman, C. R. (1998). Prediction of 7 months methadone maintenance treatment response by four measures of antisociality. Drug and Alcohol Dependence, 49 (3), 217-223. Barker, E. & Buck, M. (1977). LSD in a coercive milieu therapy program. Canadian Journal of Psychiatry, 22, 311-314. Boetticher, A., Dittmann, V., Nedopil, N., Nowara, S. & Wolf, T. (2009). Zum richtigen Umgang mit Prognoseinstrumenten durch psychiatrische und psychologische Sachverständige und Gerichte. Neue Zeitschrift für Strafrecht, 29 (9), 478-481. Boetticher A., Kröber H.-L., Müller-Isberner R., Böhm K.M., Müller-Metz R. & Wolf T. (2006) Mindestanforderungen für Prognosegutachten. Neue Zeitschrift für Strafrecht, 26 (10), 537-544. Boetticher, A., Nedopil, N., Bosinski, H. A. G. & Sass, H. (2005). Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten. Neue Zeitschrift für Strafrecht, 25 (2), 57-62. Caldwell, M., Skeem, J., Salekin, R. & Van Rybroek, G. (2006) Treatment response of adolescent offenders with psychopathy features: A 2-year followup. Criminal Justice and Behavior, 33 (5), 571-596. Coid, J. W. & Ullrich, S. (2010). Antisocial personality disorder is on a continuum with psychopathy. Comprehensive Psychiatry, 51, 426-433. Seite 10 5/ 53 35 14.05.2013 Auswahlbibliografie (Forts.) Fydrich, T., Renneberg, B., Schmitz, B. & Wittchen, H.-U. (1997). SKID-II: Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV: Achse II: Persönlichkeitsstörungen - Interviewheft. Göttingen: Hogrefe. Gibbon, S., Duggan, C., Stoffers, J., Huband, N., Völlm, B. A., Ferriter, M. & Lieb, K. (2011). Psychological interventions for antisocial personality disorder – results of two Cochrane reviews. European Psychiatric Review, 4, 52–58. Habermeyer, E. & Herpertz, S. C. (2006). Dissoziale Persönlichkeitsstörung. Nervenarzt, 77, 605-617. Hare, R. D. (2003). Hare Psychopathy Checklist-Revised (2nd ed.). Toronto, ON: Multi-Health Systems. Hare, R. D., Clark, D., Grann, M. & Thornton, D. (2000). Psychopathy and the predictive validity of the PCL-R: An international perspective. Behavioral Sciences & the Law, 18 (5), 623-645. Hare, R. D. & Neumann, C. S. (2008). Psychopathy as a clinical and empirical construct. Annual Review of Clinical Psychology, 4, 217-246. Harris, G. T. & Rice, M. E. (2006). Treatment of psychopathy: A review of empirical findings. In C. J. Patrick (Ed.), Handbook of psychopathy (pp. 555-572). New York: Guilford. Hartmann, J., Hollweg, M. & Nedopil, N. (2001). Quantitative Erfassung dissozialer und psychopathischer Persönlichkeiten bei der strafrechtlichen Begutachtung. Nervenarzt, 72, 365-370. Seite 10 6/ 53 Auswahlbibliografie (Forts.) Hemphill, J. F. & Hart, S. D. (2002a). Motivating the unmotivated: Psychopathy, treatment, and change. In M. McMurran (Ed.), Motivating offenders to change (pp. 193-219). Chichester, UK: Wiley. Hemphill, J. F. & Hart, S. D. (2002b). Treatment of psychopathic personality disorder. In E. Blaauw & L. Sheridan (Eds.), Psychopaths: Current international perspectives (pp. 159-174). Den Haag: Elsevier. Herpertz, S. C. & Saß, H. (2003). Persönlichkeitsstörungen. Stuttgart: Thieme. Hill, C. D., Rogers, R. & Bickford, M. E. (1996). Predicting aggressive and socially disruptive behavior in a maximum security forensic psychiatric hospital. Journal of Forensic Sciences, 41, 56-59. Langton, C. M., Barbaree, H. E., Harkins, L. & Peacock, E. J. (2006). Sex offenders’ response to treatment and its association with recidivism as a function of psychopathy. Sexual Abuse: A Journal of Research and Treatment, 18 (1), 99-120. Lösel, F. (1998). Treatment and management of psychopaths. In D. J. Cooke, A. E. Forth & R. D. Hare (Eds.), Psychopathy: Theory, research and implications for society (pp. 303-354). Dordrecht: Kluwer. Looman, J., Abracen, J., Serin, R. & Marquis, P. (2005). Psychopathy, treatment change, and recidivism in high-risk, high-need sexual offenders. Journal of Interpersonal Violence, 20 (5), 549-568. Lykken, D. T. (1995). The antisocial personalities. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates. Seite 10 7/ 53 Auswahlbibliografie (Forts.) Mokros, A. (in Druck). PCL-R/PCL:SV – Psychopathy Checklist-Revised / Psychopathy Checklist: Screening Version. In M. Rettenberger & F. von Franqué (Hrsg.), Handbuch kriminalprognostischer Verfahren (S. 83107). Göttingen: Hogrefe. Mokros, A. & Habermeyer, E. (2012). Behandlung von Straftätern mit ausgeprägten psychopathischen Eigenschaften. In J. Endrass, A. Rossegger, F. Urbaniok & B. Borchard (Hrsg.), Interventionen bei Gewalt- und Sexualstraftätern: Risk-Management, Methoden und Konzepte der forensischen Therapie (S. 291-301). Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Mokros, A., Hollerbach, P., Vohs, K., Nitschke, J., Eher, R. & Habermeyer, E. (in press). Normative data for the Psychopathy Checklist-Revised in Germanspeaking countries: A meta-analysis. Criminal Justice and Behavior. Mokros, A., Vohs, K. & Habermeyer, E. (2013). Psychopathy and violent reoffending in German-speaking countries: A meta-analysis. Manuskript zur Veröffentlichung eingereicht. Olver, M. E., Stockdale, K. C. & Wormith, J. S. (2011). A meta-analysis of predictors of offender treatment attrition and its relationship to recidivism. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 79 (1), 6–21. Olver, M. E. & Wong, S. C. P. (2009). Therapeutic responses of psychopathic sexual offenders: Treatment attrition, therapeutic change, and long-term recidivism. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 77, 328-336. Seite 10 8/ 53 36 14.05.2013 Auswahlbibliografie (Forts.) Olver, M. E. & Wong, S. (2011). Predictors of sex offender treatment dropout: psychopathy, sex offender risk, and responsivity implications. Psychology, Crime & Law, 17 (5), 457-471. Rice, M. E., Harris, G. T. & Cormier, C. A. (1992). An evaluation of a maximum security therapeutic community for psychopaths and other mentally disordered offenders. Law and Human Behavior, 16 (4), 399-412. Salekin, R. T. (2002). Psychopathy and therapeutic pessimism: Clinical lore or clinical reality? Clinical Psychology Review, 22 (1), 79-112. Schneider, K. (1950). Die psychopathischen Persönlichkeiten (9., neubearb. Aufl.). Wien: Deuticke. Seto, M. C. & Barbaree, H. E. (1999). Psychopathy, treatment behavior, and sex offender recidivism. Journal of Interpersonal Violence, 14 (12), 1235-1248. Thornton, D. & Blud, L. (2007). The influence of psychopathic traits on response to treatment. In H. Hervé & J. C. Yuille (Eds.), The psychopath: Theory, research, and practice (pp. 505-540). Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum Associates. Tyrer, P., Crawford, M. & Mulder, R. (2011). Reclassifying personality disorders. Lancet, 377, 1814-1815. Seite 10 9/ 53 Auswahlbibliografie (Forts.) Ullrich, S., Yang, M. & Coid, J. (2010). Dangerous and severe personality disorder: An investigation of the construct. International Journal of Law and Psychiatry, 33 (2), 84-88. Verheul, R. (2012). Personality disorder proposal for DSM-5: A heroic and innovative but nevertheless fundamentally flawed attempt to improve DSMIV. Clinical Psychology and Psychotherapy, 19, 369-371. Widiger, T. A. & Clark, L. A. (2000). Toward DSM-V and the classification of personality disorders. Psychological Bulletin, 126, 946-963. Zimmerman, M. (1994). Diagnosing personality disorders: A review of issues and research methods. Archives of General Psychiatry, 51, 225-245. Seite 11 0/ 53 Kontakt PD Dr. med. Elmar Habermeyer & Dr. phil. Andreas Mokros Psychiatrische Universitätsklinik Zürich Klinik für Forensische Psychiatrie Lenggstrasse 31 Postfach 1931 8032 Zürich Telefon +41 (0)44 384 23 43 Telefax +41 (0)44 384 24 42 [email protected] / [email protected] www.pukzh.ch Seite 11 1 37