Analkarzinom - PORT-DB

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radioonkologische
Therapiedatenbank)
Analkarzinom
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
Allgemeines
1 Übersicht
Wichtig!
2 Diagnostik
für Patienten/
Angehörige
3 Histologie
Impressum,
Finanzierung,
Datenschutz und
Rechtliches
bösartige
gutartige
Nebenwirkungen
Werkzeuge
4 Lokalisation
5 Ausbreitung
6 Stadieneinteilung
6.1 TNM 7. Auflage (gültig ab 2010)
6.2 frühere und alternative Klassifikationen
7 Therapieprinzipien
8 Indikation RT
9 Zielvolumen
10 Dosis RT
11 Nebenwirkungen
12 Prognose
13 Nachsorge
14 Literatur
Übersicht
bei Frauen häufiger, Verhältnis zu Männern von 1:1,5 bis 1:5.
Inzidenz sehr selten: 1- 4 / 1 Millionen pro Jahr. Verhältnis zum Rektumkarzinom 1:25 bis 1:30.
Altersgipfel 60 - 70. Mittleres Alter ca. 65 J.
Ätiologisch
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Viruserkrankungen (HPV Typ 16, Herpes simplex).
Homosexuelle.
Immunsuppression (Nierentransplantation, HIV)
chronisch-entzündliche Vorerkrankungen (perianale Fisteln, z. B. bei M. Crohn, Condylomata acuminata)
Rassenzugehörigkeit: Afroamerikaner > Weiße > Asiaten
Etwa die Hälfte der Analkarzinome werden zunächst als benigne Erkrankungen gedeutet. Hieraus resultiert eine mittlere Zeitspanne
von Symptombeginn bis zur Diagnosestellung von 5 - 11 Monaten.
Diagnostik
klinische Untersuchung inkl. inguinaler LK
Lokalbefund mit Spreizspekulum, DRE
histologische Sicherung bei nicht muskelinvasiven Tumoren bis 1 cm durch Totalexzision, ansonsten Stanzbiopsie oder
Inzisionsbiopsie.
CT oder MRT des Abdomens und Beckens (TZ München: ab T2)
Rö Tx 2 Eb.
Ergänzend:
Endosono
Gynäkolog. und urolog. Untersuchung ab T2. In den fortgeschrittenen Stadien Vaginalinfiltration von 20%.
Tumormarker CEA, SCC
Histologie
Plattenepithelkarzinom
Häufigkeit 90%.
Das kloakogene Karzinom stellt heute keinen eigenständigen Typ mehr dar. Es wird unter das Plattenepithelkarzinom
subsummiert. Es geht vom Übergangsepithel aus und macht 2% aller Analkarzinome aus (Sandritter, Thomas). Es imponiert als
basaloides Karzinom, als Transitionalzellkarzinom und als pleomorphes Karzinom.
Die vom Übergangsepithel ausgehenden Karzinomen werden also auch zu den Plattenepithelkarzinomen zugerechnet und als
Karzinome vom Übergangszelltyp bezeichnet.
Nach WHO 2000 differenziert man die Plattenepithelkarzinome in
großzelligen verhornenden Typ
großzelligen, nicht verhornenden Typ (Transitionaltyp)
basaloiden Typ
Letzterer soll die schlechteste Prognose haben.
Adenokarzinom
Häufigkeit 10%.
In sehr seltenen Fällen kann von den anorektalen Drüsen ein Adenokarzinom vom Analdrüsentyp ausgehen. Hierbei handelt es
sich meist um ein gut differenziertes muzinöses Karzinom. Ein zweite Form des Adenokarzinoms ist das vom Rektumtyp.
Histologisch entspricht es einem Rektumkarzinom, das aber aufgrund des eindeutigen Sitz im Analkanal als Analkarzinom
klassifiziert werden kann. Im Zweifelsfall sollte es als tiefsitzendes Rektumkarzinom bezeichnet werden.
Lokalisation
Der Analkanal erstreckt sich vom Rektum bis zur (unscharfen) Linea anocutanea. Er enthält apikal die Zona haemorrhidalis. Die
Linea dentatata (= Linea pectine) stellt die Grenze der dann folgenden Übergangszone (Zona intermedia, Transitionalzone) dar.
Diese ist etwa 1 cm breit und weist ein dem Urothel ähnlichen Übergangsepithel zwischen der endodermalen Rektumschleimhaut
und der ektodermalen Anoderm auf. Die untere Begrenzung heißt Linea pectinea (siehe Bild). Definitionsgemäß hat der Analkanal
keine Hautanhangsgebilde (keine Haare). Ein 5 cm breiter Saum um die Linea anocutanea wird definitionsgemäss als Analrand
bezeichnet.
Analkarzinome sind die des Analkanals. Analrandkarzinome sind Hauttumoren und werden auch so klassifiziert und behandelt. Sie
haben eine bessere Prognose als die Analkarzinome.
Die Karzinome entstehen in der Mukosa und infiltrieren in die Tiefe. Zum Zeitpunkt der ED sind 12% auf die Mukosa beschränkt.
Ausbreitung
Lokal infiltrierendes Wachstum in die Muskulatur.
Die Lymphabfluss nimmt 2 Wege: 1) Von inguinal nach iliakal extern. 2) Von perianal, perirektal, präsakral nach iliakal intern
(Richter/ Feyerabend 2002).
Frühzeitige lymphogene Metastasierung. Selbst bei auf die Mukosa beschränkten Tumoren bestehen primär bei 30% LKMetastasen. In den fortgeschrittenen Stadien 65%.
Je distaler der Tumor, desto wahrscheinlicher sind inguinale LK-Metastasen. Alle Tumoren und Stadien weisen zu 13% inguinale
LK-Metastasen bei ED auf, im weiteren Verlauf treten weitere 11 % dazu (insgesamt 24%). Bei kleineren Tumoren (< 4 cm) sind
dies weniger als 10%, bei T3/4 Tumoren steigt der inguinale Befall auf 30 - 40% an.
Fernmetastasen sind selten, ca. 10%.
Stadieneinteilung
TNM 7. Auflage (gültig ab 2010)
s. [1]
T- Status
T1 bis 2 cm
T2 über 2, bis 5 cm
T3 über 5 cm
T4 Infiltration von Nachbarorganen (Blase, Vagina, Prostata)
N- Status
N1 perirektal
Unilateral an der A. iliaca interna
N2 und/oder inguinal unilateral
(inguinal und iliakal müssen allerdings nicht die gleiche Seite betreffen)
perirektal und inguinal
N3 und/ oder bilateral inguinal
und/ oder bilateral intern-iliakal
M- Status
M1 Fernmetastasen
UICC Stadien (7. Auflage, gültig ab 2010)
I
T1
N0
M0
II
T2, T3
N0
M0
T1, T2, T3
N1
M0
IIIA
IIIA
IIIB
IV
T4
N0
M0
T4
N1
M0
jedes T
N2, N3
M0
jedes T
jedes N
M1
frühere und alternative Klassifikationen
TNM 2002
TNM 2002
wie TNM 7. Auflage (2010)
TNM 1997
wie TNM 7. Auflage (2010)
Therapieprinzipien
Durch eine kombinierte Radiochemotherapie kann die mindestens gleiche Heilungsrate wie mit einer abdominoperinealen
Rektumexstirpation erzielt werden. Vorteil ist, dass die Funktion erhalten werden kann. Bei Tumorpersistenz oder -rezidiv steht mit
der Salvage-OP noch eine wirksame Therapieform zur Verfügung.
Die simultane Chemotherapie erfolgt mit 5-FU und Mitomycin C.
Eine alleinige RT ging in der UKCCCR-Studie (n=585) mit mehr Lokalrezidiven und Lokalversagern einher als mit zusätzlicher
Chemotherapie (59% vs 36%). Auch eine EORTC-Studie wies dies bei fortgeschrittenen Stadien (Tumor ab 4 cm oder nodalpositiv)
nach. Auch das kolostomiefreie Überleben war deutlich besser im Arm mit zusätzlicher Chemotherapie. Der Verzicht auf Mitomycin
C verschlechtert die Ergebnisse, wie die EORTC zeigte, hinsichtlich kolostomiefreies Überleben (59% vs 71%) und NED (51% vs
73%, p=0,0003) nach 5 Jahren. Allerdings wird dies erkauft durch eine höhere Akutmorbidität. Therapiebedingt verstarben 3%, im
alleinigen 5-FU-Arm lediglich 0,7%. Sollte im 1. Zyklus eine Grad 4 NW auftreten, muss MMC auf 50% reduziert werden. Bei
Patienten ab 80 wird eine generelle Dosisreduktion auf 75% empfohlen.
Ansprechraten durch alleinige Gabe von 5-FU und MMC: 50%. Mitomycin C weist einen relativ späten Nadir auf: 2-4 Wochen. Eine
Chemotherapie mit Cisplatin/ 5-FU ist hinsichtlich des krankheitsfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens nicht überlgen, führt
aber häufiger zu einer späteren Colostomie (19% statt 10% kumulativ nach 5 Jahren)[2].
Chirurgie
Tumorpersistenz bei 10 bis 25%. Salvage-OP bei T3/4 - Tumoren in etwa 50% der Fälle. Wird eine komplette Remission erzielt:
25%. Heilung durch Salvage-OP bei bis zu 50%.
Eine primäre Operation eines Tis-, eines mikroinvasiven oder T1 Tumors mit G1, auf die Mucosa beschränkt und die Linea dentata
nicht erreichend, wird als ausreichend angesehen (s. Algorithmus DKG). Wenn der T1 Tumor über die Schleimhaut hinaus invasiv
ist, ist derzeit ungeklärt, ob eine adjuvante Radiochemotherapie erforderlich ist.
Indikation RT
Tumorgrösse > 2 cm oder Linea dentata infiltriert, oder > N0, oder > G1:
Primärtherapie in Kombination mit einer simultanen Chemotherapie zur Heilung.
Zielvolumen
Primärtumor, Analkanal, Perianalregion, distales Rektum, pararektaler Lymphabfluß, präsakraler, intern-iliakaler LAW, inguinale LK.
Im Stadium T1 ist es zulässig, auf die inguinale RT zu verzichten (Richter/ Feyerabend 2002 und Bamberg/ Molls/ Sack 2004).
Iliakal externe LK:
nach Chiricuta und Gunderson (in Brady, Heilmann, Molls 2004) gehören sie standardmässig zum Zielvolumen.
nach Perez/Brady/Halperin/Schmidt-Ulrich 2004 sowie Sack/ Thesen 1993 sollen sie mitbestrahlt werden, wenn inguinaler LK
Metastasen vorliegen.
Eigene Überlegung: Dem iliakal extern Lymphabfluss ist der inguinale vorgeschaltet, und dieser wiederum ist auch im
Langzeitverlauf nur zu 24 % metastastisch befallen. Ausserdem schlüsseln die Analysen von LK-Metastasen der OP Serien nur
nach perianal, perirektal, iliakal-intern und inguinal auf (vgl. Perez/Brady/Halperin/Schmidt-Ulrich 2004). Iliakal-externe Metastasen
sind also sehr selten. Ihre Mitbestrahlung ist daher nur gerechtfertigt, wenn inguinale LK-Metastasen auffällig sind. Nach Galanski
ist ein im CT unter 15 mm grosser inguinaler LK normal groß.
Dosis RT
ED 1,8 Gy bis 50,4 Gy
Boost bis 55,8 Gy (T3) oder 59,4 Gy (T4)
Nebenwirkungen
komplette Kontinenz bei 50 - 60 %.
Spätfolgen
Störung der Sexualfunktion, Diarrhoen. Proktitis mit Weichteilnekrosen und Blutungen. Ausgeprägte Fibrosen mit chronischen
Schmerzen, Analstenosen. Steigen bei Dosen > 60 Gy deutlich an.
Bei immunsuprimierten mit CD4 < 200 ist die Rate an akuten und chronischen NW erhöht.
Prognose
Fernmetastasierungsrate 10%.
abdominoperineale Resektion im historisches Kollektiv mit einem 5-J-ÜL-Rate von 60 - 70%, nach simultaner RCT 63-85%.
Wichtigster prognostischer Faktor:
T-Stadium. Tumoren < 2 cm haben die beste Prognose.
Nachsorge
Eine erste Kontrolle wird von dem NCCN[3] nach 8 - 12 Wochen empfohlen.
Bei klinischer Lokalprogression sollte eine Biopsie durchgeführt werden. Bestätigt sich die Progression, ist eine
abdominoperineale Rektumamputation notwendig, sofern beim Restaging keine Metastasen nachgewiesen werden.
Bei Tumorpersistenz ist eine zusätzliche Kontrolle nach weiteren 4 Wochen angezeigt. Ist dabei und den ggfs. weiteren
Kontrollen keine Regression zu beobachten, wird eine Biopsie erforderlich. Bei einer lokal begrenzten Tmorausdehnung:
abdominoperineale Rektumamputation. Andernfalls: Tumornachsorgen in den standardmäßigen Intervallen.
bei kompletter Remission: Tumornachsorgen in den standardmäßigen Intervallen.
Eine Beurteilung der Remission nach 11 Wochen ist unsicherer, als nach 26 Wochen: 29% der Patienten, die nach 11 Wochen
keine komplette Remission aufwiesen, erreichten diese nach 26 Wochen.[4] Bei lokoregionären Rezidiven bestehen Heilungsraten
von bis 41%. Ziel der Nachsorge ist es daher, durch eine konsequente und engmaschige Nachsorge Rezidive im frühen Stadium zu
entdecken. Die meisten Rezidive treten innerhalb der ersten 2 Jahre auf. Empfohlen werden Dreimonatsintervalle in den ersten 5
Jahren und darüber hinaus jährlich.[5] Andere Autoren plädieren für dreimonatige Nachsorgen über drei Jahre, z. B. [6].
Literatur
1. ↑ Wittekind C, Meyer H. TNM: Klassifikation maligner Tumoren. 7. Aufl. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA; 2010.
2. ↑ Ajani JA, Winter KA, Gunderson LL, u. a. Fluorouracil, mitomycin, and radiotherapy vs fluorouracil, cisplatin, and
radiotherapy for carcinoma of the anal canal: a randomized controlled trial. JAMA. 2008;299(16): 1914-1921.
radiotherapy for carcinoma of the anal canal: a randomized controlled trial. JAMA. 2008;299(16): 1914-1921.
3. ↑ Engstrom PF, Arnoletti JP, Benson AB, u. a. Anal Carcinoma. Journal of the National Comprehensive Cancer Network.
2010;8(1):106 -120.
4. ↑ Glynne-Jones et al: Optimum time to assess complete clinical response (CR) following chemoradiation (CRT) using
mitomycin (MMC) or cisplatin (CisP), with or without maintenance CisP/5FU in squamous cell carcinoma of the anus: Results
of ACT II. J Clin Oncol 30, 2012 (suppl; abstr 4004), [1] , Zugriff 5.9.2012.
5. ↑ Bussen D. Nachsorge bei Analkarzinom: Was ist wichtig, was ist überflüssig? Der Onkologe. 2007;13(11):1017–1021.
6. ↑ 1. Lohr F, Wenz F. Strahlentherapie kompakt. 2. Aufl. Urban & Fischer Bei Elsevier; 2007.
Richter/ Feyerabend 2002
DKG-Leitlinien 10/2001
Onkologe 6/2002
Manual des TZ München 2000
NCI 5/2002
Chiricuta: Blätter zur Konformationsstrahlentherapie 1999
Perez/Brady/Halperin/Schmidt-Ulrich 2004
Brady/ Heilmann/ Molls 2004
Galanski: Ganzkörper Computertomographie 1998.
Bamberg/ Molls/ Sack 2004
Kategorie: Solide Tumoren
Diese Seite wurde zuletzt am 22. Juni 2014 um 16:50 Uhr geändert.
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