PDF-Download - Zentrum für Medizinische Ethik

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VORWORT
Die drei Beiträge dieses Bändchens beschreiben den Stand der deutschsprachigen
Diskussion um Patientenverfügungen und Stellvertretende Entscheidungen aus rechtlicher,
medizinischer und ethischer Sicht. Auf die Diskussion von Fällen folgen jeweils eine Analyse
der einschlägigen Literatur sowie abschließende Bemerkungen des Verfassers.
Es handelt sich um überarbeitete Vorträge im Rahmen eines von der Stiftung
Volkswagenwerk im Frühjahr 1994 geförderten Symposiums zu Fragen von Recht und
Verhalten an der Georgetown Universität, das die Problematik von Patientenverfügungen und
Stellvertretenden Entscheidungen in transkultureller und interdisziplinärer Perspektive unter
Beteiligung von Medizinern, Juristen und Ethikern aus Japan, den USA und der Bundesrepublik
behandelte.
Bochum und Washington, im Juni 1994
Hans-Martin Sass
Institut für Philosophie
Ruhr Universität
Bochum
Robert M. Veatch
Kennedy Institute of Ethics
Georgetown University
Washington DC
_______________________________________________
INHALT
Johannes Gobertus Meran
Patientenverfügungen im klinischen Kontext
2
Hans-Georg Koch
Rechtsfragen der Entscheidungsfindung
20
Hans-Martin Sass
Die ethische Diskussion
39
1
PATIENTENVERFÜGUNG UND STELLVERTRETENDE ENTSCHEIDUNG IM
KLINISCHEN KONTEXT
Johannes Gobertus Meran
VORBEMERKUNG: THERAPIEENTSCHEIDUNG UND SELBSTBESTIMMUNG DES
PATIENTEN:
Therapieentscheidungen gehören zu den schwierigsten und wichtigsten Aufgaben des
Arztes. Sie sind jedoch nicht allein ärztliche Sache, sondern in idealer Weise das Ergebnis eines
konstruktiven Dialogs zwischen Patient und Arzt.
Neben
dem
speziellen
physiologischen
Krankheitsbild
und
dessen
Behandlungsmöglichkeiten, sollen auch die persönlichen Prioritäten und Wertvorstellungen des
Patienten sowie seine psychosoziale Situation mit ausschlaggebend sein. [20] Diese
letztgenannten individuellen Entscheidungsgrundlagen sind jedoch nur vom Patienten selbst
evaluierbar. Er muß sich zwar des ärztlichen Expertenrates bedienen, jedoch die getroffene
Entscheidung und deren Folgen im Wesentlichen selbst tragen. Man spricht in den letzten Jahren
von einem Paradigmenwechsel in der Arzt-Patient-Beziehung. Der väterlich fürsorgende Arzt
werde zunehmend abgelöst vom partnerschaftlichen Experten, der den Patienten nach bestem
Wissen und Gewissen berät, ihm aber die Freiheit lassen sollte, zwischen verschiedenen
Optionen auszuwählen. Damit ist aber die letztlich asymetrische Grundfigur vom Leidenden und
Helfer nicht aufgehoben. Der Patient bleibt angewiesen auf die Hilfe und ist vom Rat des Arztes
abhängig. Die Autonomie und der tatsächliche Einfluß des Patienten auf seine Behandlung ist
zumindest in Deutschland wahrscheinlich viel geringer als angenommen.
Juristisch ist jedoch die Kompetenzverteilung klar gefaßt: Voraussetzung jeder Therapie
ist die Zustimmung des Patienten, der über Alternativen, Nebenwirkungen und Komplikationen
ausreichend aufgeklärt werden muß. [5, 6, 15] "Informed Consent" ist dementsprechend
Bestandteil jedes Therapieprotokolls. Hierbei ist wichtig zu erkennen, daß die Zustimmung zu
einem ärztlichen Therapievorschlag eine andere Qualität der Autonomie hat, als die
eigenständige Auswahl von verschiedenen Optionen.
Das Verhalten der Ärzte
Bei den meisten Patienten, die im Krankenhaus aufgenommen werden, sind
Entscheidungen zu treffen ob eine Therapie begonnen, erweitert, begrenzt oder beendet werden
2
soll. Leitlinie für diese Entscheidungen ist neben dem Auftrag des Patienten, dem
Therapiewunsch, hauptsächlich die Prognose. Hierbei ist ein bemerkenswerter und
charakteristischer Unterschied im Aufklärungsverhalten der Ärzte festzustellen: Während
tendentiell Therapiebeginn und Eskalation einer Therapie, beides eher positiv belegt und mit
Hoffnung verbunden, mit dem Patienten besonders ausführlich besprochen werden, erfolgt die
Aufklärung über Therapiebegrenzung und Therapieabbruch eher zurückhaltend. [8, 16] Visiten
und Gespräche mit Sterbenden werden meist immer kürzer und seltener. Wie H.-J. Schmoll es
formulierte: "Der soziale Tod des Sterbenden eilt dem biologischen Tod schon weit voraus." [21]
Die Information eines Patienten, daß für ihn eine Anweisung besteht keine Reanimation zu
versuchen, dürfte die Ausnahme sein. Eine unlängst in Holland durchgeführte Studie zu dieser
Frage ergab, daß nur 14% der Patienten an der Entscheidung dieser Frage beteiligt werden. [3]
Man kann davon ausgehen, daß dieser Prozentsatz in Deutschland noch geringer ist.
Verständlicherweise besteht eine psychologische Barriere jemandem mitzuteilen, daß weitere
Therapie sinnlos erscheint, und daß man die Weisung gegeben hat, im Falle eines
Herzstillstandes auf Wiederbelebungsmaßnahmen zu verzichten. Hier besteht ein Tabubereich,
der von Arzt und Patient gleichermaßen gemieden wird. [8,16]
Dilemmata der Therapieentscheidungen
Die Problematik liegt nicht in den gut vorhersagbaren Verläufen - sondern vielmehr in
den unvorhersagbaren, in denen das Risiko und der Nutzen weitgehend offene und wenig
kalkulierbare Größen sind. So umfaßt die Risikoeinschätzung einer aggressiven Chemotherapie
von gänzlicher Heilung bis akutem therapiebedingtem Tod alle Zwischenstufen von mehr oder
weniger wünschenswerten Zuständen. Gleiches gilt für palliative Chemotherapie, abgesehen von
der fehlenden Heilungsmöglichkeit und den zumeist geringeren Risiken der therapiebedingten
Nebenwirkungen. Es geht hierbei nie um eine einfache Entscheidung, die ein für alle Mal
getroffen wird, sondern um einen dynamischen Prozeß, der Veränderungen von körperlichem
Zustand und Gefühlen, ebenso wie den Verlauf der Krankheit berücksichtigen muß, und sich als
therapeutischer Weg entsprechend immer wieder neu den Erfordernissen anzupassen hat.
a) Entscheidungskompetente Patienten
Solange Patienten in der Lage sind mit dem Arzt zu kommunizieren und therapeutischen
Optionen zuzustimmen oder sie abzulehnen, können sich Entscheidungen an ihrem autonomen
Willen orientieren. Damit sind die Schwierigkeiten jedoch nicht behoben. Die Zustimmung zu
3
einer Therapie (der Informed consent) setzt die Fähigkeit zu kompetenter Entscheidung nach
ausreichender Information voraus.
Informationsdefizite: Der Informationsfluß zwischen Arzt und Patient ist eine Frage der
Kommunikation. In einer Studie in Hannover fanden wir heraus, daß nur ein kleiner Teil der
gegebenen Information wirklich aufgenommen und vom Patienten auch gemerkt werden kann.
Selbst bei einfachen diagnostischen Eingriffen, wie etwa der Bronchoskopie waren über 50% der
geschilderten Risiken innerhalb von 30 Minuten vergessen. Sobald schwierigere Therapieformen
erklärt werden müssen, ist anzunehmen, daß nur Bruchteile wirklich verstanden und verarbeitet
werden können. Daher sollte Aufklärung auch ein Prozeß sein, der den jeweiligen
Informationsbedürfnissen des Patienten anzupassen ist und sich über einen längeren Zeitraum
hinzieht.
Schwierigkeiten der Entscheidungskompetenz: Die Entscheidungsfähigkeit eines
schwerkranken Patienten ist eigentlich immer eingeschränkt, allein schon aufgrund von
bestehender Angst, Schmerzen, Depression und Hilflosigkeit. Hinzu kommen Probleme, all die
komplexen medizinischen Sachverhalte zu verstehen und gewichten zu können.
b) Entscheidungsunfähige Patienten
Manchmal stehen schwerwiegende Entscheidungen über Fortsetzung, Eskalation oder
Absetzen therapeutischer Maßnahmen gerade dann an, wenn der Patient in einem Zustand ist,
der seine Mitwirkung nicht mehr zuläßt. Das Korrektiv durch den Patientenwillen fehlt, und dies
führt häufig zu einem Tutiorismus, einem Sicherheits- oder Absicherungsdenken, das
Entscheidungen an den jeweiligen Oberarzt oder Chefarzt delegiert und von dessen eigenen
Vorstellungen abhängt. Angehörige sind aufgrund ihrer Betroffenheit in der Mehrzahl der Fälle
kaum in der Lage, an den Entscheidungen wesentlich teilnehmen zu können. Die Unsicherheit
gerade von unerfahrenen Ärzten, ob und bis zu welcher Grenze therapeutische Maßnahmen
gehen sollen, wächst proportional zu dem Unvermögen von Patienten sich an dem
Entscheidungsprozeß in welcher Form auch immer zu beteiligen.
1. FÄLLE AUS DER KLINISCHEN PRAXIS
1.1. Ein junger Mann, Leukämiepatient im Rezidiv, wurde bewußtlos auf die
Intensivstation gebracht. Jede weitere Chemotherapie hätte die bereits nicht mehr ausreichende
Blutbildung zusätzlich reduziert und den schweren Infektionen mit Bakterien und Pilzen
4
Vorschub geleistet. Dieser Patient, Vater von drei kleinen Kindern, hatte sich zuvor schweren
Herzens zur erneuten Behandlung im Krankenhaus entschieden, um jede mögliche Chance zu
nützen. Die hoffende Familie wollte, daß alles mögliche getan werde. Während der Zustand des
Patienten sich täglich verschlechterte und neben den Infektionen auch Lähmungen und
epileptische Krämpfe als Zeichen einer Beteiligung auch des Gehirns auftraten, mußte er
zusätzlich mehrfach reanimiert werden und benötigte hohe Dosen kreislaufstützender
Medikamente. Aufgrund der anwesenden Ehefrau, die als Vertretung seines Willens zwar nicht
offiziell benannt aber akzeptiert war, und des vorbekannten Therapiewunsches des Patienten
wurden weitere Wiederbelebungsversuche mit elektrischer Defibrillation, künstlicher Beatmung
und eine umfangreiche antibiotische Behandlung durchgeführt. Das erfahrene Pflegepersonal
und auch die behandelnden Ärzte hielten diese weitere Therapie für sinnlos. Die Frage ob der
Patient selbst in diesem nicht vorhersehbaren Zustand noch weiter der extensiven Therapie hätte
ausgesetzt sein wollen war nicht zu klären. Auch eine noch so genaue Patientenverfügung hätte
dieses Dilemma nicht gelöst.
1.2. Ein Professor der Klinik wurde mit einem soliden, metastasierenden Krebsleiden im
Endstadium auf die Intensivstation genommen. Er hatte einen Brief bei sich, der festlegte, daß
eine außerordentliche Therapie über das vernünftige Maß hinausgehend nicht stattfinden sollte.
An der eigentlichen Behandlung änderte sich zwar durch die Verfügung nichts, aber eine
Gesprächsbasis für ein vertrauensvolles Verhältnis war gegeben. Darüberhinaus hatte er einen
letzten Willen verfaßt, der aus Ratschlägen für seine Familie und ärztliche Kollegen sowie aus
konkreten Wünschen hinsichtlich seiner Beerdigung bestand.
1.3. Eine Patientin mit Rheumatoider Arthritis und Diabetes Mellitus wurde auf eine
internistische Normalstation eingeliefert um medikamentös neu eingestellt zu werden. Im
Rahmen des Aufnahmegespräches ging sie zunächst nicht auf ihre aktuellen Beschwerden ein,
sondern zeigte mir ein Patiententestament (Patientenverfügung der OMEGA) und erklärte, was
sie nicht wollte: Nämlich auf einer Intensivstation an vielen Schläuchen hängend qualvoll am
Sterben gehindert zu werden. Für diese Patientin war die Patientenverfügung ein
Anknüpfungspunkt um über tabuisierte Fragen ins Gespräch zu kommen und Ängste abzubauen.
1.4. Eine 22jährige Chemiestudentin wurde unter Reanimationsbedingungen in die
Notaufnahme gebracht. Sie hatte sich mit Cyankali vergiftet und einen Abschiedsbrief
hinterlassen, in dem sie angab, daß ihr Leben nach dem Tod ihres Freundes durch einen
5
Autounfall keinen Sinn mehr habe. Sie bat dies zu verstehen. Trotz 2 Stunden
Reanimationsbemühungen mit Magenauspumpen, künstlicher Beatmung, Herzmassage und
Katecholaminen konnte sie nicht gerettet werden. Hätte man ihren Wunsch von Anfang an
akzeptieren und auf Wiederbelebungsmaßnahmen verzichten sollen?
2. LITERATURÜBERSICHT UND MEDIZINISCHE PROBLEMATIK
Vergleicht man im Hinblick auf Patientenverfügungen und Stellvertreter-Entscheidungen
die amerikanische mit der deutschsprachigen Literatur, so fallen zwei wesentliche Unterschiede
auf:
Erstens ist die Diskussion dieser Themen in Deutschland und Österreich weitestgehend
auf juristische Publikationen beschränkt [e.g. 1, 5, 7, 15, 22, 23]. E. Bernat hat sicherlich Recht,
wenn er darauf hinweist, daß hierzulande vor allem die strafrechtlichen Pflichten des Arztes im
Mittelpunkt stehen, während es in den USA die Rechte der Patienten sind, besonders hinsichtlich
des Selbstbestimmungsrechtes, des Rechtes auf Privatsphäre und auf den eigenen Tod.
Der zweite große Unterschied besteht in der Tatsache, daß bei uns Patientenverfügungen
und Stellvertreterbevollmächtigungen kaum in der Praxis genützt werden, und daher auch
weitestgehend unbekannt sind. Eine Umfrage an unserer Klinik ergab, daß weniger als ein Drittel
aller Kollegen überhaupt jemals mit einer Patientenverfügung persönlich Kontakt hatten.
Beinahe alle stimmten überein, daß es hilfreich sei, wenn ein Patient eine Verfügung getroffen
hat. Interessanterweise gaben aber diejenigen Kollegen, die bereits Kontakt mit Verfügungen
hatten, an, daß diese auch problematisch seien, gerade dann nämlich wenn der schriftlich
geäußerte Willen der medizinischen Einschätzung und Empfehlung entgegenstand. Zusätzlich
ergab die Untersuchung, daß eine verbreitete Unsicherheit hinsichtlich rechtlicher
Verbindlichkeit dieser Schriftstücke besteht. Die Mehrzahl der befragten Ärzte sagte, daß die
Verfügung ein wichtiger Hinweis für den Willen des Patienten sei, aber keine absolute
Verpflichtung darstelle. Sofern in unklaren Situationen rasches Handeln nötig sei, wenn etwa
eine Reanimation nötig wäre, so war überwiegend die Meinung, daß erst gehandelt werden
sollte. Nur wenige Ärzte gaben an, daß die Verfügungen ihre therapeutischen Entscheidungen
beeinflußt hätten. Auch R. Füllmich betont, daß sich in Deutschland die Diskussion um das
Patiententestament auf die Frage konzentriert, ob es den Arzt rechtlich bindet oder nicht. Drei
verschiedene Rechtsmeinungen werden vertreten: [7] cf [5, 22]:
6
a) Die Patientenverfügung ist ein Anhaltspunkt für den Willen des Patienten, hat aber keinerlei
Bindungswirksamkeit.
b) Die Patientenverfügung hat absoluten Bindungscharakter, solange sie nicht widerrufen ist.
c) Die Patientenverfügung hat relative Bindungswirkung, nämlich immer dann, wenn eine
Situation genau vorbeschrieben ist und die Konsequenzen bekannt sind.
Typisch für die juristisch ungelösten Fragen sind auch die Gerichtsurteile. Die populärste
Entscheidung ist der sogenannte Wittig-Fall. Auf Grundlage einer formlosen Verfügung,
nämlich eines Briefes mit dem Inhalt: "Ich will zu meinem Peterle" und der langjährigen
Kenntnis der Patientin respektierte Dr. Wittig den Suizid-Wunsch und verzichtete, als er zu der
komatösen Patientin kam, auf Wiederbelebungsversuche. Das Gericht ging auf die Fragen der
Gültigkeit des Abschiedsbriefes als Verfügung oder die Wertigkeit einer Verfügung per se gar
nicht ein. Der Arzt wurde von unterlassener Hilfeleistung mit der Begründung freigesprochen,
daß der Zustand der Patientin den Erfolg einer Reanimation unwahrscheinlich sein ließ und ein
bereits bestehender gravierender Hirnschaden anzunehmen war. [5, 7, 9]
Insgesamt ist es somit nicht überraschend, daß die deutschsprachige Literatur zu
Patientenverfügungen und Stellvertreterentscheiden weitestgehend von Juristen stammt. Nur
einige wenige Ärzte haben sich mit diesen Themen auseinandergesetzt. [8, 10-12, 19, 20]
Entstehung der Patientenverfügungen
Die große Mehrzahl der Patienten kommt in ein Krankenhaus um Hilfe zu suchen und ist
mit der Behandlung weitestgehend einverstanden, und zwar auch ohne zusätzliche Absicherung,
daß ihr Willen befolgt werde. Dennoch bestehen auch Ängste, vor allem für die Zeit, in der sie
nicht mehr in der Lage sind, den eigenen Willen zu äußern. Interessanterweise unterscheiden
sich die Inhalte der Ängste von potentiell Kranken, die noch in guter körperlicher Verfassung
sind gravierend von denen sterbender Patienten. Sterbende fürchten einerseits ihren nächsten
Verwandten eine Bürde zu werden, andererseits von ihnen getrennt sein zu müssen. Daneben
haben sie die verständliche Sorge vor Schmerzen und einem leidvollem Sterben. [8, 16]
Patienten, deren Tod noch weit entfernt scheint, haben viel eher die Sorge, daß zuviel getan
werden könnte. Nicht ganz zu Unrecht fürchten manche dieser potentiellen Patienten, einer
Übertherapie ausgesetzt zu werden. Jeder in der Klinik weiß um gewisse Mechanismen, die, sind
sie einmal begonnen, nur schwer rückgängig gemacht werden können (z.B. Beatmung). Doch es
gibt, wenn auch seltener, auch die gegenteilige Befürchtung, daß nämlich zu wenig getan würde,
7
und aus Altersgründen oder ökonomischen Erwägungen eine Therapie demjenigen vorenthalten
wird, der sie nicht mehr einfordern kann. [14] Vor allem die leichter Kranken und "bedingt
Gesunden" haben Ängste vor medizinischer Technik und Intensivmedizin als einer Athmosphere
der Unpersönlichkeit und Anonymität, sowie vor dem Gefühl, ein "Fall" zu sein. Diese Gefühle
werden von den akut und schwer Kranken meist nicht geteilt, die Intensivstationen meist eher als
Beruhigung und Ort der Sicherheit erleben. [8, 10] M. v. Lutterotti wies darauf hin, daß der
kritisierte medizinische Aktivismus in den meisten Fällen erst im Nachhinein als solcher erkannt
wird - dann nämlich, wenn Mabnahmen vergeblich waren oder zu unerwünschten Ergebnissen
führten. [10]
Jeder mündige Patient soll und muß das Recht haben, seine medizinische Behandlung zu
bestimmen, insbesonders lebenserhaltende Maßnahmen wie Beatmung und künstliche Ernährung
auch ablehnen zu können. Eine Möglichkeit hierzu wären Patientenverfügungen oder die
Bevollmächtigung von Stellvertretern. Wie die o.a. Fallberichte deutlich machen, wäre hierbei
eine Differenzierung nach Patientengruppen bzw. Krankheitskollektiven sinnvoll, da je nach
Krankheit unterschiedliche Ängste, Ansprüche und Bedürfnisse bestehen. Zumindest die
folgenden Gruppen sollten unterschieden werden: 1) Tumorpatienten, 2) Chronische Patienten,
3) Akutpatienten (Herzinfarkt, Lungenembolie) und als eine grundsätzlich anders motivierte
Gruppe 4) Suizidpatienten, die eine Verfügung als Mittel zur Ausführung ihrer Absicht einsetzen
wollen.
Die Situation in Deutschland und Österreich
Die bei uns in verschiedenen Formen erst seit 16 Jahren angebotene und meist
"Patiententestament" genannte, schriftliche Äußerung des Patientenwillens weist etwas einseitig
auf einen Verzicht von lebenserhaltenden Maßnahmen hin. Genauso kann der legitime Wille
eines Patienten aber auch dem Wunsch nach maximaler Therapie entsprechen, wie das
äquivalente Schriftstück in den USA, bislang "Living Will" genannt, suggeriert. Doch auch
dieses dokumentiert zumeist den Wunsch nach Behandlungsverzicht im Falle eines unheilbaren
Leidens. Obwohl in der klinischen Realität überwiegend Ärzte die therapeutischen
Entscheidungsträger sind, wird allein aufgrund der Gesetzeslage zumindest die formale
Zustimmung der Patienten immer eingeholt.
In Österreich ist jede Behandlung ohne Einwilligung des Patienten laut § 90
Strafgesetzbuch strafbar, außer der Aufschub der Behandlung führt zu einer ernstlichen
8
Gefährdung. Auch in Deutschland ist laut § 1a der Berufsordnung für deutsche Ärzte das
Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu achten und jede Behandlung einwilligungsbedürftig.
Der eigenmächtige Eingriff in die körperliche Integrität ist sogar bei therapeutischem Erfolg als
Körperverletzung gemäß § 223 Abs.1 Strafgesetzbuch strafbar.
Eine spezifische Rechtsvorschrift für Patientenverfügungen wie in den USA wurde
bislang nicht festgelegt - da der Wille des Patienten jedoch maßgeblich ist, wird eine glaubhaft
gemachte Willensäußerung in schriftlicher Form von den behandelnden Ärzten, zumindest nicht
grundlos, außer Acht gelassen werden. [5, 7, 11-13, 15, 22]
Folgende Patientenverfügungen sind in Deutschland erhältlich:
1) Patientenverfügung von OMEGA e.V.
Hierbei handelt es sich um ein kleines Ausweisblatt welches neben persönlichen Daten den
Verzicht auf weiterführende extensive Behandlung fordert, wenn keine Aussicht auf Erfolg
besteht. Weiter wird gefordert, daß Schmerzmedikation in ausreichender Form gegeben werden
soll, auch wenn dadurch eventuell eine Lebensverkürzung herbeigeführt wird. Omega ist eine
der ersten und wichtigsten Vereinigungen, die ambulante und stationäre Hospizprogramme
betreuen. Schwerpunkte hierbei sind die Sterbebegleitung und Betreuung von Schwerstkranken
möglichst in häuslicher Umgebung sowie die Unterstützung auch der Angehörigen.
2) Freundschaftsvertrag von OMEGA e.V.
Mit diesem Vertrag verpflichtet sich ein "Freund", sei es ein Angehöriger oder sonstiger
Vertrauter, den Patienten zu betreuen. Der "Freund" wiederum wird bevollmächtigt
Informationen über den Gesundheitszustand zu erhalten und auf die ärztliche Behandlung im
Sinne des Patienten Einfluß zu nehmen.
3) Wertanamnese und Betreuungsverfügung von H.-M. Sass und R. Kielstein
Anhand kurzer kasuistischer Berichte werden 5 kritische Situationen in schwerer Krankheit
beschrieben. Der narrative Charakter und die einfache Sprache ermöglicht es über diese
Episoden nachzudenken und eine eigene Position zu formulieren. In einem zweiten Teil wird
versucht, die Überlegungen in Direktiven zu übersetzen und deren Verbindlichkeit festzulegen.
Ergänzend wird empfohlen einen Stellvertreter zu bevollmächtigen.
4) Patientenverfügung von DGHS e.V. (Formblatt A)
9
Diese Verfügung fordert ausreichende Schmerzbehandlung und die Einstellung der Therapie,
wenn der unaufhaltsame Sterbeprozeß begonnen hat, bzw. keine Aussicht auf Wiedererlangung
des Bewußtseins besteht. Zahlende Mitglieder erhalten dieses Formblatt und werden auch
juristisch beraten. Als Bekräftigung dient eine Jahresmarke. Die Deutsche Gesellschaft für
Humanes Sterben (DGHS) vertritt die Forderung nach aktiver Sterbehilfe. Unter bestimmten
Bedingungen gibt die Gesellschaft auch Anleitungen und konkrete Hilfen zum Suizid.
5) Freitodverfügung von DGHS e.V.
Diese Verfügung erklärt, daß der Unterzeichnende Selbstmord begehen möchte und daher keine
therapeutischen Maßnahmen wünscht. Für den Fall, daß dennoch eine Behandlung stattfindet,
wird die DGHS bevollmächtigt, den Arzt und die Institution zu verklagen.
6) Patiententestament von W. Uhlenbruck
Eine der ersten deutschsprachigen Verfügungen, die in juristischer Terminologie von einem
Richter abgefaßt, bereits 1978 veröffentlicht wurde.
7) "Eine christliche Patientenverfügung" der Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern
Diese kurze Patientenverfügung erklärt, daß der Inhaber seine Lebenszeit in Gottes Händen sieht.
Aktive Sterbehilfe wird abgelehnt, und solange realistische Möglichkeiten bestehen, wird
angemessene Therapie, zumal Schmerztherapie gewünscht. Jedoch soll nicht um jeden Preis das
Leben verlängert, sondern eher ein friedliches Sterben unter christlichem Beistand ermöglicht
werden. Ein Betreuer kann angeführt werden, der gerichtlich bestätigt, Zugang zu Informationen
erhalten und auf Entscheidungen Einfluß nehmen soll.
8) Patientenanwalt-Verfügung von J. Hackethal
Diese Verfügung entspricht weitgehend der Kalifornischen Advanced Directive, ist etwas kürzer
und unterscheidet sich in zwei wichtigen Punkten. [7] Der Patient kann Entscheidungen auch
delegieren, solange er noch kommunikations- und entscheidungsfähig ist, und der Widerruf der
Verfügung bzw. Vollmacht muß schriftlich erfolgen.
9) "Persönliche Willenserklärung" der Ärztekammer Hamburg
Inhaltlich weitgehend entsprechend der Patientenverfügung von Omega. Es wird jedoch
empfohlen, den Text handschriftlich und persönlich modifiziert aufzusetzen.
10
3. ABSCHLIESSENDE ÜBERLEGUNGEN AUS MEDIZINISCHER SICHT
1. Bedeutung von Patientenverfügungen und Stellvertreter-Entscheidungen aus ärztlicher Sicht.
In Deutschland sind Patientenverfügungen kaum bekannt und werden nur von einer
verschwindend kleinen Minorität von Patienten benützt. Eine Studie an unserer Klinik konnte
zeigen, daß nur ein Drittel der Ärzte überhaupt jemals Kontakt mit Verfügungen hatte. Weiter
besteht Unsicherheit über die rechtliche Verbindlichkeit der Verfügungen. Die erhältlichen
Formulare wurden oben kurz beschrieben.
2. Einfluß der Gesetzgebung
Der
praktische
Einfluß
der
Gesetzgebung
auf
Patientenverfügungen
und
Stellvertreter-Entscheidungen erscheint derzeit verschwindend gering. Zum einen gibt es
hinsichtlich der Verfügungen keine explizite Gesetzgebung, weder standesrechtlich noch
strafrechtlich, andererseits ist die Selbstbestimmung per se jedoch durch das Strafrecht
abgesichert
und
auch
im
Standesrecht
verankert.
Der
Arzt
ist
im
Falle
von
entscheidungsunfähigen Patienten gehalten, Entscheidungen im wohlverstandenen Interesse des
Patienten zu treffen. (Dieses kann im Extremfall mit dem bestverstandenen Interesse kollidieren.)
Hierzu muß er die Angehörigen befragen und deren Angaben im Kontext der Situation
beurteilen. Sofern nicht Interessenskonflikte (wie etwa Erbschaftskonflikte oder unglaubwürdige
Angaben der nächsten Angehörigen) vorliegen, ist von diesen fremdanamnestisch erhobenen
Informationen rückschließend auf den Willen des Patienten auszugehen.
Die konkrete rechtliche Situation ist den meisten Ärzten nicht im Detail bekannt.
Dementsprechend wissen auch Patienten wenig über Möglichkeiten und rechtlichen Status von
Patientenverfügungen und Stellvertreterentscheidungen.
3. Welche Rolle sollte die Legislative im Zusammenhang mit Wertentscheidungen am
Lebensende spielen?
Wünschenswert wäre die Auflösung der Unsicherheiten hinsichtlich der Verbindlichkeit
von Verfügungen. Hierzu sollte ein regulativer Rahmen von vernünftigen Regeln entstehen, der
ausreichend Spielraum für die Variabilität der klinischen Wirklichkeit bietet, immer aber unter
Berücksichtigung der Autonomie von Patient und Arzt.
4. Wo liegen die Hauptkonfliktpunkte zwischen Gesetz und tatsächlichem Verhalten, und welche
Bereiche erfordern Vermittlung zwischen Patienteninteressen, klinischer Praxis und rechtlichen
Vorgaben?
11
Derzeit erscheinen quantitativ wenige Konfliktpunkte vorhanden zu sein, da im
klinischen Alltag die Patientenverfügungen (PV) kaum eine Rolle spielen. Dennoch, das
Hauptproblem der Verfügungen liegt in der möglichen Inkonsistenz zwischen dem
zurückliegend geäußerten Willen und aktuellen Interessen des dann inkompetenten (komatösen,
aphasischen...) Patienten. Die Grundannahme der Autonomieposition ist, daß eine Person über
ihre eigenen Interessen und Prioritäten Auskunft geben kann, und selbst am besten geeignet ist,
diese auch zu vertreten. Diese Kompetenz (Zurechnungsfähigkeit) muß für PV auch in die
Zukunft hinein reichen. Es wird also vorausgesetzt, daß auch zukünftige Interessen abgeschätzt
und abgewogen werden können. Problematisch erscheint hierbei, daß die Wertigkeiten und
Interessen aus Sicht des bewußten, gesunden Zustandes nicht mehr notwendig diesselben sind,
wenn der Patient inkompetent geworden ist; dann also, wenn PV überhaupt erst aktuell werden.
In Übereinstimmung mit Robertson, der darauf hinwies, daß sich die Bedürfnisse eines
schwerstkranken Patienten radikal ändern, ist davon auszugehen, daß es zu einem Konflikt
zwischen zurückliegenden "kompetenten" Wünschen und aktuellen Interessen eines
inkompetenten
Patienten
(z.B.
Komatösen,
Apoplektiker...)
kommen
kann.
Die
Berücksichtigung der PV führt dann dazu, daß inkompetente Patienten so behandelt werden, als
ob sie weiterhin die gleichen Interessen und Werte hätten wie vorher. Die subjektiven
Empfindungen von Angst und die aktuellen Wünsche verändern sich aber während des
Krankheitsverlaufs. [18]
Ein weiteres Problem, oder besser gesagt, eine Grenze der Patientenverfügung ist dort
erreicht, wo der Patient aktive Euthanasie wünscht. Denn hierbei geht es nicht nur um
Selbstbestimmung, sondern wie Callahan es formuliert: "es ist eine gegenseitige (soziale)
Entscheidung zwischen zwei Personen, dem einen, der getötet werden soll, und dem anderen, der
töten wird; und einer komplizenhaften Gesellschaft, die dies akzeptiert" [2]
Weitere Grenzen von Patientenverfügungen ergeben sich vor allem dort, wo der
Patientenwille und die ärztliche Einschätzung stark divergieren. Entweder wenn eine weitere
Behandlung aus medizinischer Sicht für nutzlos gehalten wird, aber vom Patienten gewünscht
wurde, oder umgekehrt jegliche Maßnahmen abgelehnt wurden, die aus ärztlicher Sicht geboten
erscheinen. Im ersten Fall ist der Arzt zumindest nicht juristisch verpflichtet, jeden Wunsch
auszuführen. Der Begriff "Futile medical treatment" wurde für diese Situationen geprägt. Auf die
Schwierigkeiten der Ablehnung einer Therapie, aber auch die Reduktion oder das Einstellen
12
einer Behandlung bei durch Angehörigen repräsentiertem "Willen" wurde oben bereits (in Fall 1)
hingewiesen. Im Gegensatz dazu ist die Ablehnung einer Therapie durch einen kompetenten
(zurechnungsfähigen) aufgeklärten Patienten auch dann zu respektieren, wenn es für diesen
tödliche Folgen hat. [5]
Weiter sind folgende formale Vorbehalte bei Patientenverfügungen zu berücksichtigen:
Die Mehrzahl der Verfügungen sind zu allgemein formuliert und daher unpräzise. Die
gewünschten Konsequenzen können nicht befolgt werden, da zuviele Voraussetzungen
interpretationsbedürftig bleiben. e.g. Patientenverfügung von Omega (Nr. 1) : "Ich .... erkläre und
verfüge, daß ich im Falle eines unheilbaren Leidens nicht mit künstlichen Mitteln am Leben
erhalten werden will. Ich gebe diese Erklärung nach sorgfältiger Überlegung und zu einer Zeit
ab, da ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bin, für den Fall, daß ich einmal nicht mehr über
meine eigene Zukunft entscheiden kann....soferne keine Aussicht auf meine Genesung von
körperlicher oder geistiger Krankheit oder Schädigung besteht, von der angenommen werden
muß, daß sie mir schwere Leiden verursachen oder mir bewußtes Existieren unmöglich machen
wird, fordere ich, daß man mich sterben läßt und mich nicht mit künstlichen Mitteln am Leben
erhält." Hier stellen sich die Fragen was unter "künstlichen Mitteln" verstanden wird und
schwieriger noch die Prognose der Aussicht auf Genesung. Die gleichen Schwierigkeiten gelten
für die Verfügungen Nr. 4, 6, 7, 8 und 9. Dennoch sind alle diese Patientenverfügungen
sicherlich eine wertvolle Orientierungshilfe für behandelnde Ärzte. Andere Verfügungen (e.g.
Nr. 6) sind in einer juristischen Fachsprache abgefaßt, die für den Patienten unverständlich ist
und an der klinischen Realität vorbeigeht.
"Unabhängig vorstehender Ermächtigung Dritter, zu dringend indizierten ärztlichen
Eingriffen im Falle meiner Bewußtlosigkeit oder Bewußtseinstrübung für mich die notwendige
Zustimmung zu erteilen, erkläre ich hiermit, nachdem ich mich über die medizinische Situation
und rechtliche Bedeutung einer solchen Erklärung ausführlich informiert habe, daß ich im Falle
irreversibler Bewußtlosigkeit, wahrscheinlicher schwerer Dauerschädigung des Gehirns
(Decerebration) oder des dauernden Ausfalls lebenswichtiger Funktionen meines Körpers oder
bei infauster Prognose hinsichtlich meiner Erkrankung mit einer Intensivtherapie oder
Reanimation nicht einverstanden bin." (Patiententestament Dr. Uhlenbruck) Neben den
medizinischen Unschärfen der "Decerebration" und dem problematischen Begriff "infaust"
erschwert eine technische Fachsprache mit Schachtelsätzen das Verständnis.
13
Das patientenorientierte "narrative" Konzept von H.-M.Sass und R. Kielstein [19, 20]
benützt eine verständliche, einfache Sprache und ermöglicht den Patienten einen Zugang zu
klinischen Grenzsituationen. Das sogenannte "Storykonzept" als Vermittler einer ethischen
Botschaft, von D. Ritschl bereits 1976 erwähnt [17], wurde hier zu einer praktischen Anwendung
gebracht. Dieser Ansatz erfordert jedoch genügend Zeit und ist wohl nur in Zusammenarbeit mit
einem engagierten Arzt sinnvoll durchführbar.
Im Rahmen der praktischen Umsetzung des Selbstbestimmungsrechtes in den USA
(Patient-Self-Determination-Act) erwies sich der Aufnahmezeitpunkt als problematisch, um eine
Patientenverfügung anzubieten. Bei der Klinikaufnahme ist einfach weder der Ort noch die Zeit
um ein ruhiges und ausführliches Gespräch über Therapierichtlinien zu führen. Menikoff hat
völlig richtig bemerkt, daß es sich um den wahrscheinlich ungünstigsten Zeitpunkt überhaupt
handelt. [14] Das Szenario wird beinahe grotesk, wenn der Arzt in der Notaufnahme den
Patienten mit akutem Herzinfarkt fragt, ob er allenfalls beatmet und künstlich ernährt werden
möchte. Die Kommunikation über Patientenverfügungen ist eher im Kontext einer
hausärztlichen langfristigen Betreuung denkbar.
Ursachen für mangelnde Akzeptanz von Patientenverfügungen:
Trotz der inzwischen rechtlichen Verankerung werden auch in den USA
Patientenverfügungen wenig angenommen. [4] In Deutschland liegt der Hauptgrund in dem
fehlenden Angebot, obwohl die amerikanischen Erfahrungen zeigen, daß dies nicht allein
ausschlaggebend ist. Ein weiterer Grund könnte sein, daß einfach gar keine Notwendigkeit von
Verfügungen gesehen wird, da sich das übliche therapeutische Vorgehen mit dem mutmaßlichen
Willen deckt. Viele Menschen wünschen aber, auf "heroische" Therapiemaßnahmen am
Lebensende lieber zu verzichten. Dennoch sind nur wenige zu dem Schritt bereit, dies schriftlich
festzulegen. [14] Es bestehen offenbar Vorbehalte sowohl bei Patienten als auch bei Ärzten.
Die meisten Ärzte sind weder bereit noch aufgrund der unklaren juristischen Situation in
der Lage, gegebenen Richtlinien ohne weitere Überlegungen oder eigene Urteilsbildung zu
folgen. Neben diesen formalen Schwierigkeiten spielen auch emotionale Faktoren eine Rolle.
Sicherlich ist die Beschäftigung mit der eigenen Endlichkeit, oder noch konkreter mit dem
unweigerlich jedem von uns bevorstehenden Tod tabuisiert und unangenehm. Jede
Patientenverfügung konkretisiert diese von uns gerne verdrängte Realität und fragt nach den
Begleitumständen in denen wir sterben wollen. Dieses Unbehagen ist ja auch zumeist ein Grund
14
für nicht gemachte erbrechtliche Testamente, mit dem wesentlichen Unterschied, daß die
Patientenverfügung das Lebensende betrifft und nicht erst nach dem Tod, sondern eben vorher
relevant wird. In diesem emotionalen Unbehagen liegt aber auch eine positive Möglichkeit für
Patientenverfügungen. Denn dem Versuch, die eigenen, persönlichen Wünsche und Prioritäten
zu formulieren, muß eine Klärung vorausgehen. Es ist die Chance durch diese Konfrontation mit
der Möglichkeit von schwerer Krankheit und der Realität der eigenen Sterblichkeit vertraut zu
werden, zumindest in ein Verhältnis dazu zu treten. Das Gespräch über mögliche
Krankheitsverläufe kann unbegründete Angst nehmen. Und das Wissen auf die Therapie, selbst
dann noch Einfluß zu haben, wenn man ganz ausgeliefert erscheint, kann auch emotional
entlastend sein.
5. Welche Grundfragen sollten im Zusammenhang mit Patientenverfügungen weiter
interdisziplinär und interkulturell untersucht werden?
a) Autonomie: In Deutschland ist das hinter dem Informed Consent stehende Prinzip der
Patientenautonomie bei weitem noch nicht internalisiert und umgesetzt. Daher sollten die
Patientenrechte und auch Pflichten deutlicher als bisher öffentlich gemacht werden.
b)
Information:
Krankheitsverläufe
muß
Das
weiter
Ausmaß
möglicher
untersucht
werden.
Information
Unsere
über
Studie
bevorstehende
zur
Frage
der
Aufnahmekapazität von Informationen bei Patienten ergab, daß nur kleine und konkrete
Informationseinheiten erfahren und nur ein Bruchteil davon gemerkt werden kann. In jedem Fall
ist eine schriftliche Ergänzung der Information hilfreich.
c) Entscheidungskompetenz: Die realistische Einschätzung, inwieweit eine freie und
kompetente Entscheidung von einem Patienten überhaupt getroffen werden kann, ist schwierig.
Hierzu sollte der reale Entscheidungsspielraum von Patienten ebenso wie die Frage nach der
minimal erforderlichen Kompetenz für diese Entscheidungen untersucht werden.
d) Veränderung der Wünsche und Werte des Patienten: Die Frage, inwieweit sich das
"Wertprofil" (H.-M.Sass) während einer schweren Erkrankung verändert, ist keineswegs geklärt.
Aus klinischer Sicht spricht vieles für gravierende Änderungen der aktuellen Bedürfnisse von
Patienten, besonders für den Übergang von einem kompetenten zu einem inkompetenten, nicht
mehr kommunikationsfähigen Zustand. Studienergebnisse zur Evaluation von Lebensqualität bei
Hodentumorpatienten haben gezeigt, daß selbst kleine Veränderungen des körperlichen
Befindens wichtige Veränderungen in den Wünschen und der nötigen Betreuung ergaben.
15
e) Medizinrecht: Zumeist entstehen Patientenverfügungen aus der Sorge nicht
wunschgemäß behandelt zu werden, sondern hilflos der Willkür eines medizinischen Apparates
ausgeliefert zu sein. Die Gründe und Wurzeln dieser Angst sollten näher untersucht werden.
Berichte über Mißstände der "Apparatemedizin" in den Medien sollten präzise und genau
aufklären, aber die Wirklichkeit nicht verzerren und damit unnötige Angst schüren.
Patientenaufklärung ist sicherlich weiter verbesserungsfähig und nötig. Aus ärztlicher Sicht ist
eine Verrechtlichung des Arzt-Patient-Verhältnisses mit den entsprechenden Auswüchsen von
Prozessen und Gutachtenwesen wie in den USA jedoch nicht erstrebenswert. Die
Arzt-Patient-Beziehung
sollte
eine
Vertrauensbeziehung
bleiben
und
nicht
zur
Vertragsbeziehung reduziert werden. Gerichte, wo persönliche Tragödien öffentlich diskutiert
werden, erscheinen der falsche Ort zur Lösung ethischer Fragen. Nichtsdestoweniger ist ein
juristischer Rahmen zur Bestimmung von Pflichten und Rechten der Ärzte im Hinblick auf
Patientenverfügungen notwendig.
6. Zukunftsperspektiven und Erwartungen
Eine große Gefahr ist die mögliche negative Beeinflußung der Beziehung zwischen
Patient, Arzt und Angehörigen durch bevorstehende Verteilungsentscheidungen bei begrenzten
medizinischen Ressourcen. Das Bestreben zu sparen könnte zum Motiv etwa für aktive
Sterbehilfe werden, wenn institutionelle ebenso wie private Mittel knapp werden. Auch viele
Patienten fürchten, zur finanziellen Bürde ihrer Angehörigen zu werden, und könnten diesen
Bestrebungen Vorschub leisten. Die klare Unterscheidung zwischen Patientenverfügungen, die
eine übermäßige Therapie begrenzen sollen, und solchen, die suizidale Tendenzen, womöglich
im Interesse Dritter unterstützen, ist von größter Bedeutung. Patientenverfügungen und alle
Formen der Bevollmächtigung sollten in einer umfabenden Aufklärungspraxis integriert sein,
und den dauernden Informationsprozeß zu einer sensitiveren Kommunikationsform machen.
Eine ideale Form ist noch nicht gefunden. Wichtig wäre es, eine dynamische Form von
Verfügung zu haben, die den wechselnden Bedürfnissen gerecht werden kann. Diese
Anpassungsvorgänge werden am ehesten in einer Kombination von schriftlicher Richtlinie mit
Bevollmächtigung eines Vertrauten zu suchen sein. Doch sollte man nicht übersehen, daß
Stellvertreter nie genau die Entscheidung treffen können, die der Patient selbst gemacht hätte.
[14] Daher ist eine große Sorgfalt nötig, gerade bei "ungewöhnlichen" Entscheidungen.
7. Ziele
16
Ein
Hauptziel
könnte
das
zunehmende
Problembewußtsein
hinsichtlich
Selbstbestimmung und Lebensende sein. Diese Themen sollten sensibel und vorsichtig aus dem
verdrängten Tabubereich herausgeführt und in eine umfaßende Aufklärung integriert werden.
Die Arzt-Patientbeziehung ist verbesserungsbedürftig, und Patientenverfügungen können der
Einstieg zu wichtigen vertrauensvollen Gesprächen sein, auch wenn bislang nur wenige
Patienten diese Angebote in Anspruch nehmen wollen.
ZUSAMMENFASSUNG:
Viele hämato-onkologische Patienten haben eine begrenzte Zeit zu leben. Die
Möglichkeit der Patientenverfügungen sollten im Repertoire der Hämato-Onkologen vorhanden
sein. Es geht darum, ein Angebot zu machen und feinfühlig und klar herauszufinden, ob es
gewünscht wird.
Die Form des Angebotes ist individuell zu wählen und gehört in den Bereich der
ärztlichen Aufklärung. Jede Aufklärung bedarf weiterer Betreuung und Begleitung. Eine
Orientierung an juristischen Normen, wie der Rechtsverbindlichkeit, greift mit Sicherheit zu
kurz. Erst die Integration von Patientenverfügung in Aufklärung und Begleitung eröffnet deren
Wert als Entscheidungshilfe für komplexe klinische Situationen, in denen dann eher im Sinne
des Patienten entschieden werden kann. Entlastend können gute PV dann sein, wenn der Arzt
seine Überlegungen am Patientenwillen orientieren kann, und sich die Sorge des Patienten
verringert, daß gegen seinen Willen zuviel oder zuwenig getan wird. Die Grenzen der PV
entsprechen den Grenzen der Patientenautonomie und liegen bei den Wünschen nach aktiver
Euthanasie und unsinniger Behandlung. Patientenverfügungen können und sollen die Fragen
nach aktiver Euthanasie, assisted suicide und Therapieverzicht bei Suizidanten nicht lösen. Diese
Themen sind zwar eng mit der Problematik verbunden, müssen aber zunächst auf Ebene der
wachen, kompetenten Patienten gelöst werden. Die ideale Form ist noch nicht gefunden, aber der
Bereich gehört zur Patientenaufklärung, und es ist Zeit, sich über Möglichkeiten Gedanken zu
machen, die uns und unseren Patienten entsprechen.
17
LITERATUR
1) Bernat E: Das Recht an der Grenze zwischen Leben und Tod; in Bernat E (ed): Ethik und
Recht an der Grenze zwischen Leben und Tod. Graz, Leykam, 1993.
2) Callahan D: When Self-Determination Runs Amok. Hastings Center Report 1992;2:52-55.
3) Delden vJJM, Maas vdPJ, Pijnenborg L, Loomann CWN: Deciding not to resuscitate in Dutch
hospitals. Journal of medical ethics 1993;19:200-205.
4) Emanuel LL, Emanuel EJ: Decisions at the End of Life. Guided by Communities of Patients.
Hastings Center Report 1993;23:6-14.
5) Eser A, Koch HG: Materialien zur Sterbehilfe. Eine internationale Dokumentation. Freiburg
i.Br., Eigenverlag Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, 1991.
6) Franzki H: Ärztliche Aufklärung aus juristischer Sicht. DF Med Eth in Wien Med Wschr
1991;2:IX-X.
7) Füllmich R: Der Tod im Krankenhaus und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten.
Frankfurt am Main, Peter Lang, 1990.
8) Geisler L: Arzt und Patient - Begegnung im Gespräch. Frankfurt am Main, Pharma Verlag,
1987.
9) Illhardt FJ: "Ich will zu meinem Peterle". DF Med Eth in Wien Med Wschr
1992;11/12:LXVI-LXXI.
10) Lutterotti Mv: Menschenwürdiges Sterben. Freiburg, Herder, 1985.
11) Lutterotti Mv: Sterbehilfe, lex artis und mutmaßlicher Patientenwille. Ärztliche
Überlegungen zu juristischen Vorschlägen. MedR 1988;2:55-58.
12) Lutterotti Mv: Patiententestament. DF Med Eth in Wien Med Wschr 1991;3:XIII-XIV.
13) Lutterotti Mv: Der Arzt und das Tötungsverbot. MedR 1992;1:7-14.
14) Menikoff JA, Sachs GA, Siegler M: Sounding Board - Beyond Advanced Directives - Health
Care Surrogate Laws. N Engl J Med 1992;327:1165-1169.
15) Pichler JW: Internationale Entwicklungen in den Patientenrechten. Wien, Köln, Weimar,
Böhlau Verlag, 1992.
16) Rest F: Sterbebeistand, Sterbebegleitung, Sterbegeleit. Stuttgart, Kohlhammer, 1989.
17) Ritschl D: Das "Storykonzept" in der medizinischen Ethik; in Sass HM, Viefhues H (eds):
Güterabwägung in der Medizin. Berlin, Heidelberg, Springer, 1991, S. 156-167.
18
18) Robertson JA: Second Thoughts on Living Wills. Hastings Center Report 1991;6:6-9.
19) Sass HM, Kielstein R: Die Wertanamnese. Medizinethische Materialien, Zentrum für
Medizinische Ethik 1992;76
20) Sass HM, Kielstein R: Wertanamnese und Betreuungsverfügung. Instrumente zur
Selbstbestimmung des Patienten und zur Entscheidungshilfe des Arztes und Betreuers. Zentrum
für Medizinische Ethik, Medizinethische Materialien 1993;81
21) Schmoll HJ: Sterben als sozialer Prozeß. Über das soziale Umfeld des Sterbenden; in
Engelke E, Schmoll HJ, Wolff G (eds): Sterbebeistand bei Kindern und Erwachsenen. Stuttgart,
Enke Verlag, 1979, S. 40-48.
22) Schöllhammer L: Die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestaments. Berlin, Duncker &
Humbolt, 1993.
23) Uhlenbruck W: Patiententestament; in Eser A, Lutterotti Mv, Sporken P (eds): Lexikon
Medizin, Ethik, Recht. Freiburg i.Bg., Herder, 1989, S. 782-791.
19
RECHTSFRAGEN DER ENTSCHEIDUNGSFINDUNG IN STERBEHILFE-FÄLLEN
"Patiententestament" und "Patientenanwalt" im deutschen Recht
Hans-Georg Koch
VORBEMERKUNG: RECHTSFRAGEN BEI STERBEHILFE-FÄLLEN
Fragen der Sterbehilfe gehören zu den meistdiskutierten Problemen des Medizinrechts und der
medizinischen Ethik in Deutschland. Terminologisch wird das Wort "Euthanasie" in diesem
Zusammenhang zumeist vermieden, um Assoziationen zu den NS-Untaten aus dem Wege zu
gehen. Der hier vorgelegte Beitrag kann und will nicht alle Aspekte abdecken; er konzentriert
sich auf Rechtsfragen der Entscheidungsfindung über das weitere ärztliche Vorgehen in Fällen,
in denen sich der Patient selbst im Zeitpunkt der anstehenden ärztlichen Entscheidung zur
Handlung oder Unterlassung nicht mehr rechtlich verbindlich äußern kann.1
Damit sind Fragen der Dispositionsbefugnis über das eigene Leben impliziert. Schlagwortartig
verkürzt lassen sich als Ausgangspunkt der folgenden Ausführungen folgende Grundpositionen
des deutschen Rechts markieren: Einerseits ist jegliche aktiv lebensverkürzende Handlung zumindest als Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) - mit Strafe bedroht. Andererseits besteht für
einen Kranken grundsätzlich keine Verpflichtung, sich ärztlichen Behandlungsbemühungen zu
unterziehen - auch dann nicht, wenn die Nichtbehandlung zum Tode führen würde. Das
bedeutet: Grundsätzlich legitimiert sich ärztliches Handeln nicht schon aus dem Vorliegen einer
behandlungsbedürftigen und -fähigen Erkrankung, sondern erst aus der Einwilligung des
Patienten (oder einem ihrer rechtlichen Surrogate). Diese Grundregel erfährt auf
Lebenserhaltung gerichtete Abweichungen im Fall des nicht selbst entscheidungsfähigen
Patienten - die Verpflichtung des gesetzlichen Vertreters auf die Wahrung des Wohls des
Vertretenen
wird
dahin
verstanden,
grundsätzlich
die
Realisierung
vorhandener
Lebensverlängerungschancen betreiben zu müssen - sowie des Suizidenten - zumindest dem
bewußtlosen Suizidenten mutet die deutsche Rechtsprechung bislang (freilich vielfach kritisiert)
zu, lebensrettende ärztliche Handlungen hinzunehmen, obwohl die Begehung eines Suizides
nicht explizit verboten ist. Besondere Behandlungsbefugnisse bestehen nach deutschem Recht
schließlich im Fall psychisch Kranker, die sich selbst zu gefährden drohen. Diese Rechtslage
1
Für einen umfassenden Überblick über Rechtslage und Reformdiskussion zur Problematik der Sterbehilfe
in Deutschland sei auf meinen Landesbericht Bundesrepublik Deutschland in Eser/Koch (Hrsg), Materialien zur
Sterbehilfe, Eigenverlag des Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales
Strafrecht,
Freiburg
1991, S. 31 ff., verwiesen.
20
wirft, wie sogleich zu zeigen sein wird, Probleme auf, wenn suizidale Geschehnisse mit
typischen Sterbehilfekonstellationen zusammentreffen.
Die folgende Darstellung präsentiert im ersten Teil einige Fälle, in denen sich in der einen oder
anderen Form Fragen der Patientenverfügung oder der stellvertretenden Entscheidung stellen.
Diesen Fälle ist gemeinsam, daß sich mit ihnen - in unterschiedlicher Weise - Organe der
Rechtspflege befassen mußten. Mit anderen Worten: Die ärztliche Entscheidung wurde
zumindest nachträglich justiziell "hinterfragt"; es handelt sich nicht bloß um erdachte
"Lehrbuchfälle". Nach einer kurzen Sachverhaltsdarstellung werden die wesentlichen
Rechtsfragen jeweils kurz skizziert. Mit der Präsentation dieser Fälle soll zugleich sichtbar
gemacht werden, welche Art von - überwiegend extraordinären - Konstellationen die Organe der
Rechtspflege bislang beschäftigt hat. Im Unterschied zu den Vereinigten Staaten von Amerika
gibt es in Deutschland bislang keine Rechtsprechung zu den einschlägigen Standardproblemen,
etwa dem des langzeitkomatösen Patienten. Entsprechend schwierig ist es, hierfür aus der
vorhandenen Judikatur klare Erkenntnisse ableiten zu wollen - und entsprechend verunsichert
scheinen weite Kreise der Ärzteschaft zu sein.
Im zweiten Teil wird eine kurze Übersicht über die rechtliche Gesamtproblematik gegeben und
die einschlägige juristische Literatur diskutieren. Im dritten Teil wird zu Einzelfragen thesenhaft
Stellung genommen, vor allem, soweit sie im Hinblick auf den internationalen Zuschnitt des
Projekts als bedeutsam erscheinen.
1. Fälle und ihre rechtliche Problematik
Fall 1 (Wittig-Fall):
Fallschilderung: Dr. W. war Hausarzt von Frau U., einer an verschiedenen Krankheiten leidenden und nach dem Tod ihres Ehemannes lebensmüden, 76jährigen Frau. Diese hatte in einer
dem Arzt bekannten schriftlichen Erklärung folgendes niedergelegt: "Im Vollbesitz meiner Sinne
bitte ich meinen Arzt: Keine Einweisung in ein Krankenhaus oder Pflegeheim, keine Intensivstation und keine Anwendung lebensverlängernder Medikamente. Ich möchte einen würdigen
Tod sterben. Keine Anwendung von Apparaten. Keine Organentnahme." Als Dr. W. seine
Patientin verabredungsgemäß am 28.11.1981 aufsuchte, fand er sie bewußtlos auf der Couch
liegend vor mit einem Zettel in der Hand, auf den sie geschrieben hatte: "An meinen Arzt - bitte
kein Krankenhaus - Erlösung!" Anhand zahlreicher Medikamentenpackungen erkannte Dr. W.,
daß Frau U. in Selbsttötungsabsicht eine Überdosis Morphium und Schlafmittel zu sich
21
genommen hatte. Es war nur noch geringe Atemtätigkeit und kein Pulsschlag mehr feststellbar.
Dr. W. ging davon aus, daß Frau U. nicht mehr oder allenfalls mit schweren Dauerschäden zu
retten sein würde. In Anbetracht dieser Situation unternahm er nichts zu ihrer Rettung, sondern
blieb in der Wohnung, bis der Tod eintrat.
Zur rechtlichen Problematik: In diesem Fall steht die Problematik ärztlichen Handelns an der
Schnittstelle von Suizid und Sterbehilfe im Mittelpunkt. Durfte oder mußte gar der Arzt auf
Rettungsbemühungen verzichten? Oder hat er sich wegen unterlassener Hilfeleistung bzw. gar
wegen eines Tötungsdelikts strafbar gemacht? Inwieweit spielt für die rechtliche Beurteilung
eine Rolle, daß der Zustand der Patientin auf einem Suizidversuch beruhte?
Die Staatsanwaltschaft hatte in diesem Fall die Anklage offenbar mit dem Ziel betrieben, durch
den erwarteten Freispruch des Arztes Dr. Wittig auf eine Modernisierung der in vielen Punkten
zweifelhaften
und
kritikwürdigen
Rechtsprechung
des
Bundesgerichtshofs
zur
Suizidproblematik hinzuwirken. Erwartungsgemäß wurde Dr. Wittig denn auch in allen
Instanzen freigesprochen, wobei sich allerdings der Bundesgerichtshof sichtlich damit schwer
tat, daß das Tatgeschehen suizidalen Charakter trug, und die erhoffte rechtliche Klärung der
Problematik des freiverantwortlichen Suizids nicht zustande brachte. Auf Fragen der
Patientenverfügung geht das Urteil (BGHSt 32, S. 367 ff.) nicht explizit ein.
Fall 2: (Beatmungsgerät-Fall)
Fallschilderung: Frau M. litt an einer Rückenmarkserkrankung, die ärztlich nicht behandelbar ist
und durch stetig fortschreitende Lähmung zum Tod führt. Bei Einlieferung ins Krankenhaus am
2.7.1985 war sie bewußtlos und lag "im Sterben". Sie hatte in zahlreichen Gesprächen vorher
geäußert, im Endstadium der Krankheit auf keinen Fall künstlich beatmet werden zu wollen. Die
behandelnden Ärzte wollten diesen Wunsch der Frau respektieren. Auf Anordnung ihres Sohnes,
der Arzt ist, wurde bei Frau M. dann aber doch eine künstliche Beatmung durchgeführt. Sie kam
daraufhin vorübergehend wieder zum Bewußtsein, ohne daß jedoch mehr als eine Verlängerung
des Sterbevorgangs hätte erreicht werden können. Sie empfand ihren Zustand als "unerträgliche
Quälerei" und verfaßte am 3.7.1985 mit Hilfe einer elektrischen Spezialschreibmaschine, mit der
allein sie sich noch verständlich machen konnte, "im Vollbesitz ihrer Geisteskräfte" folgende
Erklärung: "Ich möchte sterben, weil mein Zustand nicht mehr erträglich ist. Je schneller, desto
besser. Dies wünsche ich mir von ganzem Herzen." Daraufhin schaltete ihr Ehemann - nunmehr
mit Zustimmung des Sohnes - in einem unbeobachteten Augenblick das Beatmungsgerät ab.
22
Frau M verstarb eine Stunde später, während sie bei Weiterbeatmung noch mindestens 24
Stunden gelebt hätte.
Zur rechtlichen Problematik: Auch in diesem Fall entschied das erkennende Gericht (LG
Ravensburg NStZ 1987, S. 229 f.) auf Freispruch vom Vorwurf der Tötung auf Verlangen (§ 216
StGB). In der Urteilsbegründung wird jedoch auf die Voraussetzungen einer wirksamen
Patientenverfügung nur am Rande eingegangen. Besondere Probleme warf vor allem die
atypische Tatsache auf, daß Beatmungsgerät nicht von dem behandelnden Arzt, sondern von einem Dritten abgeschaltet wurde. Der Entscheidung wurde im Ergebnis in der Fachliteratur
nahezu einhellige Zustimmung zuteil; eine höhere Gerichtsinstanz hatte sich mit dem Fall
offenbar nicht zu befassen.
Fall 3 (Operationserweiterungs-Fall:
Fallschilderung: Herr X hat sich wegen eines unklaren, aber potentiell gravierenden Befundes
einer neurochirurgischen Operation unterzogen. Der Eingriff sollte zunächst nur der
diagnostischen Abklärung dienen; für den Fall, daß sich intraoperativ ergebe, daß eine
Operationserweiterung medizinisch geboten sei, sollte die Angelegenheit mit der während der
Operation erreichbaren Ehefrau besprochen werden. Die Ehefrau war von Herrn X
bevollmächtigt worden, "einer entsprechenden Ausweitung der Operation zuzustimmen oder
auch sie abzulehnen." Es wurde jedoch eine erweiterte Operation durchgeführt, ohne daß die
Entscheidung der Ehefrau eingeholt worden wäre. Wegen operationsbedingt eingetretener
Halbseitenblindheit verlangte Herr X Schadensersatz. Die Klage hatte Erfolg (LG Göttingen,
VersR 1990, S. 1401 f. mit Anmerkung von E. Deutsch; nicht rechtskräftig).
Zur rechtlichen Problematik: Der Fall betrifft zwar keine Sterbehilfe-Konstellation; bei ihm
handelt es sich indes um die bislang einzige feststellbare Entscheidung eines deutschen Gerichts
zu Fragen der Bevollmächtigung eines Vertreters bei der Entscheidung über einen ärztlichen
Eingriff. Während die juristische Literatur der Möglichkeit einer rechtsgeschäftlich erteilten
Vollmacht in höchstpersönlichen Angelegenheiten teilweise kritisch gegenübersteht und z.B.
Parallelen zum Verbot der Eheschließung durch Stellvertreter zieht -, sieht das LG Göttingen die
Vereinbarung einer Beiziehung der Ehefrau zur Entscheidungsfindung über eine etwaige Operationserweiterung mit therapeutischer Zielsetzung ohne weiteres als zulässig an. Im Hinblick
darauf, daß auch gesetzliche Vertreter in Heileingriffe stellvertretend einwilligen dürfen, ja unter
Umständen müssen, ist dem Urteil im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings ist damit noch nichts
23
über die Kompetenzen eines - gesetzlichen oder auch eines rechtsgeschäftlich bestimmten Entscheidungsvertreters in Sterbehilfe-Fällen ausgesagt.
Fall 4 (Apallisches Syndrom)
Fallschilderung: Angehörige eines seit beinahe zwei Jahren bewußtlosen Patienten begehrten die
vormundschaftsgerichtliche Zustimmung zum Abbruch der ärztlichen Krankenbehandlung sowie
die Anordnung, im Falle auftretender Komplikationen weitere Behandlungsmaßnahmen zu unterlassen. Die Existenz des Patienten könne nur als "entmenschlicht" empfunden werden. Das
Gericht (Amtsgericht Berlin-Neukölln, NJW 1987, S. 2933 f.) konnte sich jedoch dieser
Einschätzung nicht anschließen. Es schloß eine künftige Besserung des Zustandes des - auf
Kosten der Krankenversicherung behandelten - Patienten nicht aus; auch sei kein Leidensdruck
des Patienten feststellbar. Das Gericht sah keine Handhabe, in die Entscheidungsbefugnisse des
bestellten Pflegers, der sich für eine Fortsetzung der Behandlung ausgesprochen hatte,
einzugreifen. Darauf, ob der mutmaßliche Wille des Patienten auf einen Abbruch der
Behandlung gerichtet sei, komme es nicht an, da in der vorliegenden Situation ein
Behandlungsabbruch einen Verstoß gegen die Grundsätze der Menschenwürde (Art. 1
Grundgesetz) darstelle. Dies ist wohl dahingehend zu verstehen, daß das Gericht der Auffassung
ist, der Patient sei - auch wenn er bei Bewußtsein wäre - zu entsprechenden Verfügungen gar
nicht befugt. Die Angehörigen haben gegen diese Entscheidung Rechtsmittel eingelegt. Bevor
sich das zweitinstanzliche Gericht mit dem Fall befassen konnte, ist der Patient verstorben.
Zur rechtlichen Problematik: Dieser Fall stellt vielleicht die einzige einschlägige Entscheidung
eines deutschen Vormundschaftsgerichts dar; jedenfalls die einzige, die bislang publiziert ist. Es
handelt sich auch um die einzige Entscheidung, die sich zu Lebzeiten des Betroffenen mit Fragen
passiver Sterbehilfe zu befassen hatte. Sie scheint von einem Vorverständnis getragen, das betont
lebensschützerisch im Sinne des Bewahrens der Existenz als solcher ausgerichtet ist. In
Anbetracht der nationalsozialistischen Euthanasie-Exzesse kann man es verstehen, wenn sich
staatliche Organe bei der ihnen angesonnenen "Genehmigung" von lebensbeendigendem
Verhalten Zurückhaltung auferlegen wollen. Andererseits ist es für die deutsche Diskussion
kennzeichnend, daß immer wieder versucht wird, mit dieser tatsächlich ja ausgesprochen selbstbestimmungsfeindlichen Praxis der Hitler-Zeit auch gegen Selbstbestimmung am Lebensende zu
argumentieren. Die deutsche Geschichte stellt daher für die aktuelle Sterbehilfe-Diskussion
immer noch eine nicht zu unterschätzende Belastung dar.
Fall 5: Konflikt zwischen Angehörigen und Arzt:
24
Fallschilderung: Der Patient P. hatte am 15.2.1985 einen Schlaganfall erlitten. Er war seitdem
bewußtlos und beatmungspflichtig. Am 6.3.1985 - und ebenso am Tag darauf - hatte dessen
Ehefrau, auch in ihrer Eigenschaft als Gebrechlichkeitspflegerin, die behandelnden Ärzte des
Universitätsklinikums zu bestimmen versucht, das Beatmungsgerät abzuschalten, damit ihr
Mann "eines natürlichen und nicht würdelosen Todes" sterbe. Die Ärzte kamen dieser Aufforderung jedoch nicht nach, sondern stellten das Beatmungsgerät erst am 7.3.1985 gegen 18.00 Uhr
ab, als keine Hirnströme mehr meßbar waren. Aufgrund wechselseitiger Strafanzeigen kam es zu
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen die behandelnden Ärzte wegen des
Verdachts der Körperverletzung des P. und gegen die Ehefrau wegen des Verdachts der
versuchten Anstiftung zum Totschlag. Beide Ermittlungsverfahren wurden eingestellt (vgl. H.-G.
Koch, Landesbericht Bundesrepublik Deutschland, in: Eser/Koch, Materialien zur Sterbehilfe,
Freiburg 1991, S. 128 ff.).
Zur rechtlichen Problematik: Der Fall macht einige wichtige Probleme bei Entscheidungen in
Sterbehilfe-Fällen deutlich: Ärzte und Angehörige schätzen unter Umständen die Erfolgsaussichten weiterer Behandlungsversuche unterschiedlich ein; beide Seiten bewerten die
Situation des Patienten unter dem Gesichtspunkt eines menschenwürdigen Daseins nicht selten
kontrovers. Auffallend an diesem Fall ist nicht zuletzt, daß innerhalb des relativ kurzen Verlaufs
der tödlichen Erkrankung des Patienten sich das Verhältnis zwischen der Ehefrau des Patienten
und den behandelnden Ärzten derart dramatisch zerrüttet hat. Die Hintergründe dieses
Geschehens verschließen sich allerdings dem Juristen, zumal es nicht zu einem
Gerichtsverfahren kam.
2. ÜBERSICHT ÜBER DIE RECHTLICHE PROBLEMATIK
1. Stellenwert von Patientenverfügungen
Das im Mittelpunkt des Projektes stehende Thema "Patiententestament" hat, wie auch aus den
dargestellten Fällen deutlich wird, in der deutschen Judikatur bisher keine besondere
Aufmerksamkeit erfahren. Nur wenige Fälle, die als einschlägig betrachtet werden können, sind
publiziert. Charakteristischerweise wird die Problematik vor allem unter strafrechtlichem Aspekt
gesehen. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob lebenserhaltende Bemühungen eingestellt
werden durften, nicht, ob sie eingestellt werden mußten. Mit Fällen, in denen ein Arzt zur
Rechenschaft gezogen werden sollte, weil er entgegen einer Patientenverfügung den Patienten
nicht hat sterben lassen, hat sich bislang offenbar die deutsche Justiz überhaupt noch nicht
befassen müssen. Besondere gesetzliche Regelungen, die sich speziell mit Fragen der
25
"Patientenverfügung" bzw. des "Patientenanwalts" beschäftigen, gibt es in Deutschland bislang
nicht. Gleichwohl wird in der medizinrechtlichen und medizinethischen Literatur die
Sterbehilfeproblematik im allgemeinen und die hier im Vordergrund stehende Thematik im
besonderen intensiv diskutiert (vgl. dazu unten, 3. Teil). Um einen persönlichen Eindruck
wiederzugeben, auch wenn er nicht Anspruch auf Representativität erheben kann: Bei
zahlreichen einschlägigen Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen, an denen ich mitgewirkt
habe, war das Interesse des nachfragenden Publikums - übrigens gerade älterer Menschen dezidiert von der Besorgnis geleitet, im "Ernstfall" werde dem Patienteninteresse an einem
Sterben in Würde möglicherweise nicht hinreichend entsprochen, während Bedenken, man
könne als entsprechender Patient möglicherweise zu früh "aufgegeben" werden, kaum einmal
zum Ausdruck gebracht wurden.
2. Zum Stand der Gesetzgebung in Fragen der Sterbehilfe
Allgemein wird der Frage der Entscheidungsfindung und der Entscheidungskriterien in
Sterbehilfe-Fällen in der einschlägigen juristischen Literatur große Beachtung geschenkt. Es hat
auch private Bemühungen gegeben, die entsprechenden Leitgedanken in die Form eines
Gesetzes zu bringen (vgl. J. Baumann u. a., Alternativ-Entwurf eines Gesetzes über Sterbehilfe,
Stuttgart 1986 - vgl. Anhang). Jedoch stehen die zuständigen politischen Institutionen in der
Bundesrepublik Deutschland bislang auf dem Standpunkt, daß eine gesetzliche Spezialregelung
von Sterbehilfe-Fragen nicht erforderlich sei. Nachdem das Thema Sterbehilfe Mitte der 80er
Jahre zu umfangreicheren rechtspolitischen Diskussionen Anlaß gegeben hatte, sind
Bemühungen um eine gesetzliche Regelung in letzter Zeit offensichtlich ins Stocken geraten.
Derzeit ist nicht damit zu rechnen, daß sich der Gesetzgeber der Sterbehilfe-Problematik alsbald
generell oder auch nur in einem Teilaspekt wie dem des Patiententestaments annehmen wird.
Wie so viele medizinrechtliche Fragen wird also auch die Sterbehilfe-Problematik in
Deutschland auf absehbare Zeit hinaus gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt bleiben - auch
wenn sich einige Regelungen des neuen Rechts der Betreuung Volljähriger im Hinblick auf
Sterbehilfe-Probleme nutzbar machen lassen (siehe dazu unten, 3. Teil, Ziff. 2, am Ende).
Zulässigkeitsvoraussetzungen und -grenzen müssen daher aus eher allgemeinen Normen - etwa
den strafrechtlichen Tötungsdelikten - herausinterpretiert werden. Dies ist der Rechtssicherheit
schon im Prinzip nicht förderlich; es leistet darüber hinaus der Unsicherheit in der Beurteilung
von Spezialfragen - wie etwa der hier besonders interessierenden Frage nach Patiententestament
und stellvertretender Entscheidung in Sterbehilfe-Fällen - Vorschub.
26
Dieser Rechtsunsicherheit hat die deutsche Bundesärztekammer schon 1979 durch "Richtlinien
für die Sterbehilfe" (Deutsches Ärzteblatt 1979, S. 957 ff.) entgegenzuwirken versucht. Diese
dürfen jedoch nicht einmal als berufsständische Rechtssetzung im eigentlichen Sinn verstanden
werden, sondern stellen lediglich eine - als solche freilich bedeutsame - Auslegungshilfe dar. Die
Richtlinien selbst gehen auf die hier im Mittelpunkt stehende Problematik nur indirekt ein, wenn
sie formulieren, beim bewußtlosen oder sonst urteilsunfähigen Patienten seien Hinweise auf den
mutmaßlichen Willen zu berücksichtigen; nahestehende Personen müßten angehört werden.
Nach dem zugehörigen Kommentar sollen frühere Verfügungen, worin der Patient auf jede
künstliche Lebensverlängerung verzichtet, für die Ermittlung seines Willens ein gewichtiges
Indiz abgeben können. Entscheidend sei jedoch der gegenwärtige mutmaßliche Wille, der nur
aufgrund einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände des Falles gefunden werden könne.
Verbindlich sei die frühere Erklärung schon deshalb nicht, weil sie zu jeder Zeit rückgängig
gemacht werden könne. Es müsse stets danach gefragt werden, ob der Patient die Erklärung im
gegenwärtigen Augenblick widerrufen würde oder nicht (Richtlinie Ziff. II b) und Kommentar
Ziff. III.3).
27
3. Fallkonstellation aus juristischer Sicht
Wie schon die eingangs geschilderten Fälle erkennen lassen, erfaßt der Problemkreis
"Sterbehilfe" die unterschiedlichsten tatsächlichen Fallkonstellationen. Auch im Hinblick auf
rechtliche Differenzierungen haben sich folgende begriffliche Unterscheidungen weitestgehend
durchgesetzt:
- Sterbebegleitung durch palliative ärztliche wie pflegerische Versorgung und mitmenschliche
Betreuung
- Passive Sterbehilfe als Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen beim todkranken
Patienten
- Indirekte Sterbehilfe, d.h. Gabe schmerzlindernder Mittel unter Inkaufnahme möglicher
Lebensverkürzung
- Aktive Sterbehilfe als gezieltes und tätiges Herbeiführen des Todes, in aller Regel auf
ausdrücklichen Wunsch des Patienten
- (Tätige) Suizidbeihilfe durch Mitwirkung an fremder Selbsttötung, die in mit Sterbehilfe
verwandten Fällen regelmäßig erfolgt, um ein als unerträglich empfundenes Leiden zu beenden
- Nichtverhinderung eines Suizids trotz dazu bestehender Möglichkeit, wobei sich der
Sterbehilfebezug aus dem Motiv des Suizidenten ergibt.
Als Sonderproblem findet die Frage nach den Grenzen der ärztlichen Behandlungspflicht bei
schwerstgeschädigten Neugeborenen besondere Beachtung.
Diese Fallgruppen werfen unterschiedliche Fragen im Hinblick auf die Entscheidungsfindung im
Einzelfall auf. Im hier vorgegebenen Rahmen wird es vor allem um Behandlungsabbruch und
indirekte Sterbehilfe gehen; direkte aktive Sterbehilfe ist, wie sich aus § 216 StGB ergibt, nach
geltendem deutschen Recht strafbar und damit auch dem Arzt verwehrt.
4. Zum Stand der juristischen Literatur zu Sterbehilfe-Fragen
Es wäre vermessen, die Vielzahl allein schon der Stellungnahmen in der juristischen Fachliteratur 2 zu Fragen der Sterbehilfe hier inhaltlich zusammenfassen zu wollen. Die Zahl der
2
Auch im philosophisch-ethisch-theologischen Bereich einschließlich des medizinethisch ausgerichteten
Schrifttums ist die Zahl der literarischen Stellungnahmen Legion. Einführend insoweit etwa Illhardt,
Medizinische Ethik, S. 123 ff.; M.v. Lutterotti, Menschenwürdiges Sterben, passim, sowie die einschlägigen
Artikel in Eser u.a. (Hrsg.), Lexikon Medizin-Ethik-Recht, Freiburg 1989/1992. Fast überflüssig, darauf
hinzuweisen, daß die Thematik auch in der an den Laien gerichteten Literatur erhebliche Beachtung findet
(vgl. etwa Kübler-Ross, Was können wir noch tun?) und in den der Aktualität verpflichteten Medien einen
hohen Stellenwert einnimmt. Demgegenüber weist Schöne-Seifert, Ethik Med 1989, 144, 156 ff. auf ein
Defizit bei der empirischen Erforschung der einschlägigen Fragen hin.
28
rechtsdogmatisch wie der rechtspolitisch ausgerichteten Spezialveröffentlichungen ist enorm; in
den Kommentaren und Lehrbüchern nimmt die Behandlung der Thematik breiten Raum ein. In
ihren Grundannahmen und -Aussagen ist ein breites Meinungsspektrum von sich explizit und
vorrangig der Lebenserhaltung verpflichtet fühlenden Äußerungen 3 über sich um Ausgleich
bemühende Stellungnahmen 4 bis hin zu eindeutig den Aspekt des Selbstbestimmungs- und
Selbstverfügungsrechts in den Vordergrund rückenden Positionen 5 festzustellen. Insgesamt ist
die (straf-)rechtliche, medizinische (medizinethische) und philosophisch-theologische Literatur
zu Fragen von Sterbehilfe und Suizid seit langem praktisch unübersehbar, wobei auf
diskursfördernde Fallerörterungen6 und vor allem auf interdisziplinäre Sammelwerke, mit denen
der Meinungsaustausch über die Grenzen des jeweiligen Faches hinaus vorangebracht werden
soll, besonders hingewiesen sei.7 Ausführliche Bibliographien namentlich zu juristischen Publikationen, die jedoch ebenfalls nicht Anspruch auf Vollständigkeit erheben können, finden sich
z.B. bei Bade 8 , Bottke, 9 v. Dellingshausen, 10 G. Koch, 11 H.-G. Koch 12 und Otto. 13
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Vgl. etwa Bockelmann, Strafrecht des Arztes, Stuttgart 1968, S. 112 ff.; Schöttler, Menschenrechte für jeden
oder "Sterbehilfe" vom Anfang bis zum Ende - Eine liberale Antwort, Krefeld, 1990.
Vgl. schon Ehrhardt, Euthanasie und Vernichtung "lebensunwerten" Lebens, Stuttgart 1965, insbes. S. 44
ff.; Eser in Auer/Menzel/Eser, Zwischen Heilauftrag und Sterbehilfe, Köln 1977, S. 105 ff.
Dies drückt sich namentlich in Forderungen nach rechtlicher Zulässigkeit der Tötung auf Verlangen als
Mittel der Sterbehilfe aus, vgl. etwa Hoerster, NJW 1986, 1786 ff.; ders. ZRP 1988. 1 ff., insbes. S. 3 mit
Kritik von Wilms/Jäger ZRP 1988, 41 ff. und Rings, ZRP 1988, 104 sowie Replik von Hoerster ZRP 1988,
185 f.; Merkel, DJT-Sitzungsberichte, S. M 78 ff.; sowie die auch in der juristischen Fachliteratur
diskutierten Standpunkte von Singer, Praktische Ethik, insbes. S. 174 ff., und Kuhse, DÄBl. 87 (1990), 783
ff. Keineswegs extrem ist jedoch die (absolut herrschende) Auffassung, die das ärztliche Behandlungsrecht
an die zumindest mutmaßliche Einwilligung des Patienten bindet, vgl. nur Leonardy in Jung/Meiser/Müller
(Hrsg.), Aktuelle Probleme und Perspektiven des Arztrechts, Stuttgart 1989, S. 19.
Vgl. etwa v. Troschke/Schmidt, Ärztliche Entscheidungskonflikte, Stuttgart 1983, S. 71 ff.; Anschütz/Jahrmärker/Toellner, Ethik Med 1989, 163 ff.; Anschütz/Wellmer/Laufs, Ethik Med 1990, 90 ff.;
Ruhrmann/Seidler/Niemann/Anschütz, Ethik Med 1990, 200 ff.
Insoweit setzte der von Eser herausgegebene Tagungsband "Suizid und Euthanasie als human- und sozialwissenschaftliches Problem" (Stuttgart 1976) in einem frühzeitigen Stadium der Diskussion hohe
Maßstäbe; vgl. weiter Eid (Hrsg.), Euthanasie oder soll man auf Verlangen töten, 2. Aufl., Mainz 1985;
Hiersche (Hrsg.), Euthanasie, München 1975; Leist (Hrsg.), Um Leben und Tod, Frankfurt 1990;
Winau/Rosemeyer (Hrsg.), Tod und Sterben, Berlin 1984. - Hingewiesen sei auch auf eine Vielzahl
interdisziplinärer Veranstaltungen durch Einrichtungen der Erwachsenenbildung, vgl. etwa Blaha u.a.
(Hrsg.), Schutz des Lebens - Recht auf Tod, München 1978; Evangelische Akademie Hofgeismar, Gibt es
ein Recht auf einen würdigen Tod?, Hofgeismarer Protokolle 231, 1987 (hrsg. von Schöch); Evangelische
Akademie Baden, Sterbehilfe - was heißt das?, Herrenalber Protokolle 55, 1988; Evangelische Akademie
Bad Boll, Suizidalität als Herausforderung an Medizin, Recht und Seelsorge, Protokolldienst 31/1988.
Bade, Der Arzt an den Grenzen von Leben und Recht, Lübeck 1988, S. 15 ff.
Bottke, Suizid und Strafrecht, Berlin 1982, S. 334 ff.
v. Dellingshausen, Sterbehilfe und Grenzen der Lebenserhaltungspflicht des Arztes, Düsseldorf 1981, S. 491
ff.
G. Koch, Euthanasie, Sterbehilfe, Eine dokumentierte Bibliographie, Erlangen 1984.
29
5. Insbesondere: Patientenverfügung und Bennenung eines Stellvertreters
Die Frage, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen der Patient selbst vorsorglich
Verfügungen für den Fall künftiger Sterbehilfe-Situationen treffen kann, findet in der deutschen
juristischen Fachliteratur etwa seit Ende der 70er Jahre zunehmende Beachtung. Als erster dürfte
sich der medizinrechtlich sehr interessierte Amtsrichter Uhlenbruck - möglicherweise
angestoßen durch ein einschlägiges Referat des Amerikaners Luis Kutner 14 - umfassender aus
deutschrechtlicher Sicht mit der Thematik auseinandergesetzt haben. 15 Die meinungstragende
juristische Kommentarliteratur handelt das Thema bislang leider eher pauschal ab. Auch die
strafrechtliche Abteilung des 56. Deutschen Juristentages (Berlin 1986), die sich eingehend mit
Sterbehilfe-Fragen befaßte, hat, ebenso wie der Alternativ-Entwurf eines Gesetzes über
Sterbehilfe aus dem gleichen Jahr, diesen Fragenkreis nicht ins Zentrum seiner Überlegungen
gestellt. In der Sache votierte der Deutsche Juristentag - mit großer Mehrheit - betont
zurückhaltend:
Die
Bedeutung
von
Patientenverfügungen
bedürfe
einer
"kritischen
Überprüfung"; die Einschaltung sog. Patientenanwälte verspreche im deutschen Recht keine
Verbesserung der Situation des Patienten und erscheine auch nicht geeignet, Mißtrauen in ein am
Patientenwohl orientiertes Verhalten auf Dauer ernstlich abzubauen. 16 Der AE-Sterbehilfe
vertrat den Standpunkt, die Lösung von Detailfragen sei der Praxis zu überlassen.17
Im Schrifttum gibt es speziell zu Fragen der Patientenverfügung gerade in den letzten Jahren
eine eingehendere Auseinandersetzung. Unter den ins Detail gehenden Stellungnahmen
überwiegen Positionen, die in der Grundsatzfrage für eine stärkere Verbindlichkeit votieren, 18 ja
sogar sich für eine Strafbarkeit des Arztes bei Verstoß gegen ein Patiententestament ausspre-
12
13
14
15
16
17
18
H.-G. Koch, Landesbericht Bundesrepublik Deutschland, in: Eser/Koch, Materialien zur Sterbehilfe,
Freiburg 1991, S. 31 ff., 173 ff.
Otto, Recht auf den eigenen Tod, Gutachten D für den 56. Deutschen Juristentag, in: Verhandlungen des
Deutschen Juristentages Berlin 1986, Bd. I (Gutachten), München 1986, S. D 100 ff.
Kutner, Die Verfügung zu Lebzeiten - Zur Bewältigung des historischen Vorgangs Tod, in: Eser (Hrsg.),
Suizid und Euthanasie als human- und sozialwissenschaftliches Problem, Stuttgart 1976, S. 360 ff.
(Dokumentation des wohl bis dahin am breitesten angelegten Symposiums zu Sterbehilfefragen in der
Bundesrepublik Deutschland, das im März 1975 in Bielefeld stattfand).
Uhlenbruck, NJW 1978, S. 566 ff.
56. Deutscher Juristentag, Sitzungsbericht M, S. 193.
Vgl. Baumann u.a., Alternativ-Entwurf eines Gesetzes über die Sterbehilfe (AE-Sterbehilfe), Stuttgart 1986,
S. 6.
So etwa Füllmich, Der Tod im Krankenhaus und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, Frankfurt a.M.
1990, S. 71 ff.; Uhlenbruck, MedR 1992, S. 134 ff.; Schöllhammer, Die Rechtsverbindlichkeit des
Patiententestaments, Berlin 1993, S. 29 ff.
30
chen. 19 In der zentralen Verbindlichkeitsfrage bemüht sich etwa Rickmann in ihrer 1987
veröffentlichten Dissertation um eine abgewogene, differenzierende Lösung: Als Fallgruppen
verbindlicher Verfügungen nennt sie solche des informierten, sich dem Lebensende konkret
nähernden Testators (z.B. bei infauster Krebsprognose, aber auch bei Menschen, die ihre
altersbedingte Hinfälligkeit wie eine tödliche Krankheit erleben) sowie solche, die von einem auch von einem gesunden - urteilsfähigen Testator für den Fall "totaler irreversibler
Bewußtlosigkeit" abgegeben wurden. Weiterhin betont Rickmann die immanente Schwäche
vorformulierter Formulare und weist auf die Überlegenheit einer eigenständigen Formulierung
des Dokuments hin.20 Bei gesunden Verfassern und anderen Konstellationen bleibe es
demgegenüber bei der bloßen Indizfunktion.21
In der Verbindlichkeitsfrage eher noch weiter gehend kommt Schöllhammer zu dem Ergebnis,
das Risiko eines Prognoseirtums sei letztlich vom verfügenden Patienten selbst zu tragen. 22 Es
obliege allerdings dem Arzt zu prüfen, ob der Patient seine Meinung geändert hat oder ob
Anhaltspunkte für Defizite bei der Willensbildung bestehen. 23
Besondere Formerfordernisse sind rechtlich nicht zwingend vorgegeben. Unzutreffend ist es
daher, wenn beispielsweise verlangt wird, die Verfügung müsse von zwei Zeugen gegengezeichnet sein 24 oder wenn die "Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben" die Gültigkeit von
Verfügungen, die mittels von ihr vertriebenen Vordrucken getätigt werden, vom Nachweis der
Zahlung des Mitgliedsbeitrages abhängig machen wollte. Jedoch wird in der Praxis eine
Patientenverfügung im allgemeinen schriftlich niedergelegt, was sicherlich dem Nachweis des
Patientenwillens gegenüber dem Arzt förderlich ist. 25 Manche versuchen darüber hinaus, die
Verbindlichkeit ihrer Verfügung dadurch zu bekräftigen, daß sie eine notarielle Beurkundung der
Erklärung oder zumindest eine notarielle Beglaubigung ihrer Unterschrift vornehmen lassen.
Derartige Formalia mögen im Einzelfall auf den Arzt nicht ohne Eindruck bleiben; über etwaige
19
20
21
22
23
24
25
Vgl. dazu z.B. Sternberg-Lieben, NJW 1985, S. 2734 ff.; Rickmann, Zur Wirksamkeit von Patiententestamenten im Bereich des Strafrechts, Frankfurt a.M. 1987.
Vgl. zusammenfassend Rickmann, aaO, S. 210 f. Ähnlich im Ergebnis Harder, Arztrecht 1991, S. 11 ff.
Vgl. Rickmann, aaO. Dem im wesentlichen zustimmend die einschlägige medizinische Dissertation von
Saueracker, Die Bedeutung des Patiententestaments in der Bundesrepublik Deutschland aus ethischer,
medizinischer und juristischer Sicht, Frankfurt a.M. 1990, S. 138 ff., freilich mit deutlicher Skepsis
gegenüber verbindlichen rechtlichen Regelungen (vgl. S. 143 ff.).
Vgl. Schöllhammer, aaO, S. 150 f.
Vgl. Schöllhammer, aaO, S. 153.
So etwa Kleinsorge, in: Deutsch/Kleinsorge/Ziegler, Das Patiententestament, Hildesheim 1983, S. 13.
Zutreffend Uhlenbruck, MedR 1992, S. 134 ff., 138.
31
inhaltliche Mängel, insbesondere hinsichtlich der Bestimmbarkeit des Willens, können sie
natürlich nicht hinweghelfen.
Angesichts gewisser immanenter Grenzen, die mit dem Instrument der Patientenverfügung
verbunden sind, mehren sich in Deutschland die Stimmen in der Literatur, die der "gewillkürten
Stellvertretung in Gesundheitsangelegenheiten", wie sie namentlich auf Sterbehilfe-Situationen
hin konzipiert ist, positiv gegenüberstehen, ja sie in gewisser Weise als der Patientenverfügung
überlegen ansehen.26 Dem seit 1.1.1992 in Kraft befindlichen Betreuungsrecht, durch das die
früheren Bestimmungen über die Vormundschaft über Erwachsene grundlegend geändert
wurden, wird in neueren Arbeiten einerseits entnommen, die Bestellung eines Betreuers sei
unzulässig, wenn der Betroffene selbst rechtzeitig alles geregelt hat, insbesondere, wenn er durch
eine Patientenverfügung seinen Willen für die Situation, in der die Betreuerbestellung in Frage
kommt, festgelegt hat.27 Andererseits kann diese Festlegung auch in der Benennung eines
etwaigen Betreuers bestehen. Dies wäre als Vorschlag im Sinne des neuen § 1897 Abs. 4 BGB
zu verstehen, dem das Vormundschaftsgericht zu entsprechen hat, soweit es dem Wohl des
Betroffenen nicht zuwiderläuft. Bemerkenswert für die hier behandelten Fallkonstellationen
erscheint auch die Bestimmung des neuen § 1901a BGB, wonach derjenige, der ein Schriftstück
besitzt, in dem jemand für den Fall seiner Betreuung Vorschläge zur Auswahl des Betreuers oder
Wünsche
zur
Wahrnehmung
der
Betreuung
geäußert
hat,
unverzüglich
an
das
Vormundschaftsgericht abzuliefern hat.
Der Betreuer hat den Wünschen des Betreuten zu entsprechen; er ist in seinen Entscheidungen
freilich an das Wohl des Betreuten gebunden (vgl. § 1901 Abs. 2 BGB). Wesentliches Element
dieses Wohls ist aber auch, daß ersichtlich beachtliche Verfügungen, die vor Beeinträchtigung
der Fähigkeit zur Willensbildung getroffen wurden, ernstgenommen und befolgt werden. Die
neuen betreuungsrechtlichen Bestimmungen können daher durchaus als implizite Anerkennung
von Patientenverfügung und Benennung eines Entscheidungs-Stellvertreters verstanden
werden. 28 Entscheidungen des als Betreuer verstandenen Entscheidungs-Vertreters über
Heilbehandlungen mit lebensverkürzendem Risiko (wie bei manchen Formen indirekter
Sterbehilfe) bedürfen jedoch der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht (vgl. § 1904
26
27
28
Vgl. etwa Uhlenbruck, NJW 1978, S. 568; ders., MedR 1992, S. 139; Füllmich, aaO, S. 80 ff., Koch,
Deutsche Gesellschaft für Chirurgie - Mitteilungen, 1/1988, S. 22.
Schöllhammer, aaO, S. 137.
Ebenso Schöllhammer, aaO, S. 137 ff., 141.
32
BGB). Noch ungeklärt ist, inwieweit diese Bestimmung entgegen ihren Wortlaut auch auf Fälle
des lebensbeendenden Behandlungsabbruchs entsprechend anzuwenden ist.
3. VORLÄUFIGE ÜBERLEGUNGEN AUS RECHTLICHER SICHT
1. In der deutschen juristischen Literatur überwiegt bislang eine eher kritische Beurteilung der
Patientenverfügung. Eine im Vordringen begriffene Auffassung sieht in diesem Instrument
demgegenüber eine prinzipiell geeignete Methode zur Manifestation des Patientenwillens in
bezug auf Art und Umfang einer ärztlichen Behandlung für den Fall eigener Entscheidungsunfähigkeit, insbesondere bei terminaler Erkrankung.
2. Die herkömmlichen Bedenken, wie sie auch im Beitrag von Meran dargestellt sind, greifen zu
Unrecht das Instrument der Patientenverfügung generell an. So richtig es einerseits ist, daß es
sich hier nicht um ein Allheilmittel für Entscheidungen über ärztliches Handeln bei nahem
Lebensende handeln kann, so geboten erscheint doch andererseits eine differenzierte
Beurteilung. Entscheidend kommt es darauf an, ob die jeweils im konkreten Einzelfall getroffene
Verfügung als beachtlich angesehen werden kann, oder ob sich aus den jeweiligen Umständen
Bedenken gegen ihre Wirksamkeit ergeben können.
3. Patientenverfügungen sollten erkennen lassen, daß der Verfasser seinen Krankheitszustand
und die voraussichtliche weitere Entwicklung seiner Erkrankung kennt. Sie sollten möglichst
konkret abgefaßt sein und auf schwer ausdeutbare Termini (wie z.B. "menschenwürdigen Tod")
möglichst verzichten. Die derzeit von verschiedenen Institutionen verbreiteten Muster (vgl. auch
hierzu den Beitrag von Meran) können insoweit nicht immer befriedigen. Spezielle "Do not
resuscitate orders", deren Errichtung vor geplanten größeren operativen Eingriffen von
Krankenhäusern den Patienten angeboten wird (wie insbesondere in den USA gebräuchlich),
sind in Deutschland derzeit noch nicht gebräuchlich.
4. Um Bedenken hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit zu begegnen, ist es wünschenswert, daß die
Fortgeltung einer einmal formulierten Verfügung in angemessenen Zeitabständen deutlich
gemacht wird. Dies sollte am besten durch einen ausdrücklichen Vermerk geschehen; jedoch ist
auch das Mitsichführen einer solchen Verfügung als Manifestation fortbestehenden aktuellen
Geltungswillens zu verstehen - wie es auch im Falle eines Organspenderausweises geschieht. Bei
einer wesentlichen Änderung der gesundheitlichen Situation sollte die Verfügung inhaltlich
angepaßt werden.
33
5. Bei Beachtung dieser Voraussetzungen sollte eine Patientenverfügung nicht nur als Indiz für
den mutmaßlichen Patientenwillen, sondern als manifestierte Selbstbestimmung verstanden
werden.
6. Auch bei bindender Wirkung einer Patientenverfügung dürfte eine dieser entgegenstehende
Lebenserhaltung im allgemeinen nicht die Dimension strafwürdigen Unrechts erreichen. Jedoch
kann sie eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen, für die in gravierenden Fällen ein
Anspruch auf Schmerzensgeld in Betracht kommt. Auch sind entgegen dem - wie auch immer verbindlich geäußerten Patientenwillen vorgenommene Behandlungsmaßnahmen nicht mehr
vom Behandlungsvertrag umfaßt; eine Vergütung sollte dafür daher nicht - weder vom Patienten
selbst noch von seiner Krankenversicherung - verlangt werden können.
7. Prinzipiell liegt es im Verantwortungsbereich des Patienten, dafür zu sorgen, daß eine von ihm
getroffene Verfügung den behandelnden Ärzten zur Kenntnis gelangt. Patientenverfügungen sind
kein Instrument zur staatlich organisierten Bewältigung von Allokationsproblemen. Eine Pflicht
der Ärzte, Patienten auf die Möglichkeit des Verfassens einer entsprechenden Verfügung - etwa
vor einer Operation - hinzuweisen, besteht nach deutschem Recht nicht. Jedoch sollten sich
Ärzte - mehr als bisher offenbar geschieht - im Verlauf der Behandlung progredienter, zum Tode
führender Krankheiten um die Ermittlung, aber auch um die rechtzeitige Bildung des Patientenwillens im Hinblick auf gravierende Behandlungsentscheidungen bemühen. Die Form der
Dokumentation dieses Willens dürfte demgegenüber eine zweitrangige Frage sein. Für ein
staatlich organisiertes, zentrales Patientenverfügungs-Register, wie es seit kurzem in Dänemark
besteht, dürfte in Deutschland jedenfalls derzeit kein Bedarf bestehen.
8. In einer Patientenverfügung kann auch die Fortführung einer Behandlung bestimmt werden.
Bindend ist dies für den Arzt jedoch nur im Rahmen seines generellen Heilauftrages; zu
Maßnahmen, die nicht mehr als medizinisch indiziert anzusehen sind, kann der Arzt auch auf
diesem Weg nicht gezwungen werden.
9. Die Schaffung und die Tätigkeit von Institutionen, die bei der Abfassung von Patientenverfügungen behilflich sind und dafür Sorge tragen, daß diese im "Ernstfall" dem behandelnden
Arzt zur Kenntnis gelangen, sollte der Privatinitiative überlassen bleiben.
10. Gegenüber dem eher statischen Instrument der Patientenverfügung hat die Bevollmächtigung
eines Entscheidungs-Stellvertreters manche und gewichtige Vorzüge; sie setzt jedoch ein stabiles
Vertrauensverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem voraus. Die in Deutschland
gebräuchliche Bezeichnung "Patientenanwalt" ist in tendenziöser Weise irreführend. Spezielle
34
juristische Sachkunde ist hier nicht gefragt; in Erwägung sollte man hier nicht zuletzt den
langjährigen Hausarzt des Patienten ziehen.
11. Verpflichtender Inhalt einer Patientenverfügung wie einer stellvertretend getroffenen
Entscheidung kann nur rechtlich erlaubtes Handeln sein, das - weitergehend - schützenswerten
Belangen des Adressaten nicht zuwiderläuft. Daher können zwar ärztliche Bemühungen um
Lebensverlängerung wirksam abgelehnt, nicht aber die Vornahme ärztlicher Maßnahmen zur
direkten Lebensbeendigung verlangt werden. Die von der gesetzlichen Vertretung her bekannte
Leitlinie der Bindung an das Wohl des Vertretenen sollte übernommen werden; dabei ist jedoch
zu bedenken, daß sich dieses Wohl auch nach dem Willen des Betroffenen bestimmt und nicht
einseitig unter dem Gesichtspunkt größtmöglicher zeitlicher Lebensquantität, sondern auch unter
dem der Lebensqualität gesehen werden muß.
12. Sowohl vom medizinischen Sachverhalt her als auch im Hinblick auf die persönliche
Situation des Patienten müssen auch Konstellationen bedacht werden, in denen der Patient nicht
in der Lage oder nicht willens ist, sich der rechtsförmlichen Instrumente einer Patientenverfügung oder der Benennung eines Vertreters zu bedienen. Soweit in solchen Fällen nach
juristischen Maßstäben der mutmaßliche Patientenwillen entscheidend sein soll, kann eine
vorherige "Wertanamnese" im Sinne von Sass/Kielstein als "Ermittlungshilfe" nützlich sein; sie
kann auch dem benannten Vertreter eine Hilfe sein. Erfolgt eine solche Wertanamnese jedoch
nicht im Zusammenhang mit der Krankheitssituation des Patienten, die zur Entscheidung nötigt,
können sich auch gegenüber diesem Instrument Zweifel hinsichtlich der Validität ergeben.
13. "Hospizbewegung" und Sterbehilfe-Vereinigungen kümmern sich um unterschiedliche
Aspekte würdigen Sterbens. Die jeweils verfolgten Hauptanliegen - gute medizinische und
pflegerische Betreuung Sterbender bzw. Stärkung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende
- sollten nicht als einander ausschließendes aliud verstanden werden, sondern als zueinander
komplementäre Aspekte des Persönlichkeitsschutzes Sterbender. Dies schließt nicht aus,
einzelne Aktivitäten bzw. Zielvorstellungen dieser Institutionen kritisch zu beurteilen.
14. Wie zumeist bei medizinrechtlichen Fragestellungen, bedarf auch die rechtspolitische
Befassung mit der Thematik der Sterbehilfe und insbesondere der Entscheidungsfindung bei der
Behandlung terminal kranker Patienten des kontinuierlichen interdisziplinären Diskurses. Dabei
kommt auch der Rezeption ausländischer Erfahrungen und Lösungsmodelle erhebliche Bedeutung zu. Über die in Amerika in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen mit
Patientenverfügungen und Entscheidungsstellvertretern besteht bislang in Deutschland offenbar
35
noch ein erhebliches Informationsdefizit. Aber auch schon die derzeitige Praxis deutscher Ärzte
bei der Entscheidungsfindung in Fragen weiterer Behandlung terminal kranker Patienten liegt
noch allzusehr im Dunkeln und bedarf dringend empirischer Erforschung.
15. Bemühungen, Fragen der Sterbehilfe gesetzlich zu regeln, haben in Deutschland zwar
gegenwärtig keine vorrangige rechtspolitische Priorität, sollten jedoch konsequent weitergeführt
werden. Dabei ist eine Kodifizierung anzustreben, in der auch Patientenverfügung und
Entscheidungs-Vertreter ihren Platz haben, Zulässigkeitsvoraussetzungen und -grenzen der
verschiedenen Sterbehilfeformen jedoch umfassend geregelt werden sollten.
36
Anhang
1. Alternativentwurf eines Gesetzes über Sterbehilfe (AE-Sterbehilfe)
Entwurf eines Arbeitskreises von Professoren des Strafrechts und der Medizin sowie ihrer
Mitarbeiter (zur Einfügung in den Abschnitt über die Straftaten gegen das Leben im
deutschen Strafgesetzbuch) *
§ 214 Abbruch oder Unterlassung lebenserhaltender Maßnahmen
(I)
Wer lebenserhaltende Maßnahmen abbricht oder unterläßt, handelt nicht rechtswidrig,
wenn
1.
der Betroffene dies ausdrücklich und ernstlich verlangt oder
2.
der Betroffene nach ärztlicher Erkenntnis das Bewußtsein unwiederbringlich verloren
hat oder im Falle eines schwerstgeschädigten Neugeborenen niemals erlangen wird oder
3.
der Betroffene nach ärztlicher Erkenntnis sonst zu einer Erklärung über Aufnahme
oder Fortführung der Behandlung dauernd außerstande ist und aufgrund verläßlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß er im Hinblick auf Dauer und Verlauf seines aussichtslosen
Leidenszustandes, insbesondere seinen nahe bevorstehenden Tod, diese Behandlung ablehnen
würde, oder
4.
bei nahe bevorstehenden Tod im Hinblick auf den Leidenszustand des Betroffenen
und die Aussichtslosigkeit einer Heilbehandlung die Aufnahme oder Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen nach ärztlicher Erkenntnis nicht mehr angezeigt ist.
(II)
Abs. 1 gilt auch für den Fall, daß der Zustand des Betroffenen auf einem Selbsttö-
tungsversuch beruht.
§ 214a Leidensmindernde Maßnahmen
*
vorgelegt von J. Baumann et al, Stuttgart 1986, 60 Seiten.
37
37
Wer als Arzt oder mit ärztlicher Ermächtigung bei einem tödlich Kranken mit dessen
ausdrücklichem oder mutmaßlichen Einverständnis Maßnahmen zur Linderung schwerer, anders nicht zu behebender Leidenszustände trifft, handelt nicht rechtswidrig, auch wenn
dadurch als nicht vermeidbare Nebenwirkung der eintritt des Todes beschleunigt wird.
§ 215 Nichthinderung einer Selbsttötung
(I)
Wer es unterläßt, die Selbsttötung eines anderen zu hindern, handelt nicht rechts-
widrig, wenn die Selbsttötung auf einer frei verantwortlichen, ausdrücklich erklärten oder aus
den Umständen erkennbaren ernstlichen Entscheidung beruht.
(II)
Von einer solchen Entscheidung darf insbesondere nicht ausgegangen werden, wenn
der andere noch nicht 18 Jahre alt ist oder wenn seine freie Willensbestimmung entsprechend
§§ 20, 21 StGB beeinträchtigt ist.
§ 216 Tötung auf Verlangen
(I)
Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur
Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu
erkennen.[geltendes Recht, ebenso Abs. 3].
(II)
[vorgeschlangene Ergänzung] Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Abs.
1 von Strafe absehen, wenn die Tötung der Beendigung eines schwersten, vom Betroffenen
nicht mehr zu ertragenden Leidenszustandes dient, der nicht durch andere Maßnahmen
behoben oder gelindert werden kann.
(III)
Der Versuch ist strafbar.
38
38
DIE ETHISCHE DISKUSSION
Bilder von Selbstbestimmung und ärztlicher Verantwortung,
von Sterbebegleitung, Sterbenlassen und Töten
Hans-Martin Sass
VORBEMERKUNG: EIN FALL FÜR FALLSTUDIEN
Es gibt Problembereiche, die sich dem Zugang zu ethischer Analyse eher durch die Diskussion
konkreter Fälle als durch die Beschäftigung mit philosophischen Theorien oder Gesetzestexten
erschließen. Die Problematik der Verlängerung von Selbstbestimmung auch in die dunklen
Zeiten möglichen Komas oder Demenz und in der Nähe des Todes gehören dazu. Keine
wissenschaftliche
Beschäftigung
mit
Betreuungsverfügungen
und
stellvertretenden
Entscheidungen kann davon absehen, daß Tod und Sterben, Leiden, Schwachsein und
Abhängigsein und stellvertretende Entscheidungen von anderen über uns oder von uns über
andere nicht nur theoretische, sondern mehr noch praktische und existentielle Risiken enthält.
Jeder von uns wird einmal seinen eigenen Tod sterben und früher oder später eigenes Leiden und
eigene Endlichkeit erfahren. Es gibt gute Gründe, die eigene Geschichte so zu sehen, wie sie in
das Netz von vielfältig miteinander verwobenen Geschichten eingebunden ist. Die eigenen
Pläne, Wünsche und Werte erscheinen in der Spiegelung der Geschichten anderer in einem
hermeneutischen Licht, welches dazu beitragen kann, primär praktische und nur sekundär
theoretische Fragen bei der Erstellung und Anwendung von Wertanamnesen (WA),
Betreuungsverfügungen (BV) und Vorsorgevollmachten (VV) zu erhellen. [Kielstein und Sass
1993a-c]. Einleitend werden deshalb vier Fälle vorgestellt, in denen Wünsche und Werte,
Prinzipien und Tugenden, Rechte und Pflichten untereinander und mit medizinischen und
rechtlichen Parametern im Konflikt liegen, die es im Lichte der ethischen Tradition und der Ethik
beruflicher und individueller Verantwortung auszumessen gilt.
In Deutschland ist die Diskussion über berufliche Ethik und Verantwortungsethik nicht selten
übermäßig theoriebeladen oder überschattet von weltanschaulichen Auseinandersetzungen.
Diese können entweder aus dem ideologischen oder philosophischen Schulstreit, aus häufig
sachfremden juristischen Streitereien oder aus einem öffentlichen Unbehagen im Umgang mit
neuen ethischen Herausforderungen stammen. Spontane emotionale Empörung ersetzt häufig die
rationale ethische Analyse und die differenzierte Güterabwägung. In solchen Fällen kann die
39
ethische Fallstudie dazu beitragen, (a) sich zunächst einmal der täglichen Erfahrungen zu
vergewissern, (b) die komplexe Verwobenheit von ethischen Parametern mit technischen,
kulturellen und rechtlichen innerhalb eines Szenariums zu verstehen, (c) die in Entscheidungen
verborgen liegenden kulturellen oder ethischen Vorentscheidungen zu begreifen, (d) sich eines
frischen und direkten Eindruckes zu vergewissern in bezug auf das Verhältnis zwischen
geschriebenem und praktiziertem Recht und zwischen öffentlichem und individuellem
Moralverhalten, und schließlich (e) Strategien abzuwägen, die eine ethische Bewertung und
rechtliche Würdigung neuer Tatbestände erlauben.
Diskussionen über ethische und rechtliche Aspekte der medizinischen Versorgung
sterbenskranker, dementer oder komatöser Patienten sind aber nicht nur theoriebeladen, sondern
im Nachgang von ideologisch begründeten und staatlich durchgeführten sogenannten
Euthanasieprogrammen in dunklen Kapiteln der neueren deutschen Geschichte auch
geschichtsbeladen.
Interventionskonflikte
einer
patientenorientierten
Behandlung
am
Lebensende aus dem Ethos des Schadensverbots und des Linderungsauftrages und im Respekt
vor der Würde des Menschen in der Person des Patienten verlangen auch aus diesem Grunde
einer besonders verantwortlichen und sorgfältigen Abwägung von ethischen, rechtlichen,
kulturellen und technischen Aspekten eines Falles oder eines Szenariums. Gefordert ist, was ich
an anderer Stelle [Sass, 1991a, 1992a-b] Differentialethik genannt habe, also die differenzierende
Erhebung und Interpretation mittlerer ethischer Prinzipien innerhalb eines konkreten Handlungsund Problemzusammenhangs.
Während technische Neuerungen auf der einen Seite ethische Konflikte reduzieren oder
aufheben, schaffen sie auf der anderen Seite oft neue und bisher ungewohnte. Solche neuen
Situationen haben wir im Zeitalter der Hochleistungsmedizin und im Zeitalter einer
gesellschaftlich und kulturell akzeptierten Wertpluralität bei den Fragen der Behandlung, des
Behandlungsverzichts und des Behandlungsziel am Lebensende, in Fällen von Koma, Demenz
und Multimorbidität vor uns.
Altersvorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen im Sinne des Betreuungsgesetzes
[Bundesminister für Justiz, 1992] sind Instrumente, deren ethische Wirksamkeit und kulturelle
Akzeptanz es erst noch auszumessen gilt, sowohl in der Medizinethik wie im Medizinrecht. Die
Risiken einer in der Situation, ausgehend von prima facie Überlegungen, sich umsehenden
ethischen Güterabwägung liegen in einer möglichen Fehleinschätzung von gerechtfertigten oder
40
nicht zu rechtfertigenden Gewohnheiten, dem traditionellen Rollenverhalten von Experten und
Laien, der Rolle des Rechts bei der Ausgestaltung und Begründung des moralischen Verhaltens
oder des Einflusses des faktischen Moralverhaltens auf Rechtsbildung und Rechtseinflub, von
Rechten, Pflichten und Tugenden. Demgegenüber liegen die ethischen Risiken der
Güterabwägungen aus ethischer Theorie, Glaube oder Metaphysik zunächst in einer möglichen
Blindheit den situativen Realitäten gegenüber, insbesondere in bezug auf die unvermeidbare
Vernetzung von ethischen, technischen und rechtlichen Parametern eines konkreten Falls oder
Szenariums.
Ethische Güterabwägung ohne situative Erfahrung ist stumpf; bloße situative Erfahrung ohne
ethische Güterabwägung ist blind für berufliche und individuelle Entscheidungskonflikte.
Fallstudien können grundsätzliche Entscheidungskonflikte übersehen, während generelle
Überlegungen die speziellen Herausforderungen eines bestimmten Falles vernachlässigen
können. Die deutsche Diskussion, nicht nur um das Recht oder Unrecht von
Betreuungsverfügungen und stellvertretende Entscheidungen, scheint eher durch eine zu
grundsätzliche als durch eine zu sehr an der konkreten Situation sich orientierende Diskussion
bestimmt zu sein [Sass 1992b], hat aber eine lange vorkantische Tradition in der aristotelischen
und thomistischen Ethik (ThAq. STh. I-II, art 4: quanto magis ad particularia descenditur).
1. MEDIZINISCHE FÄLLE IN ETHISCHER DIAGNOSE
1. WER SOLL JETZT ENTSCHEIDEN, UND WIE?:
Herr B. ist 79 Jahre alt und benötigt für alle Verrichtungen des täglichen Lebens die Hilfe
anderer. Er kann zunehmend schlechter hören und sehen, er hat keine Interessen mehr und ist
häufig geistig verwirrt. Weil er früher starker Raucher war, ist die Durchblutung seiner Beine
gestört; er kann nur wenige Meter ohne Schmerzen laufen. Durch eine größere Gefäßoperation
könnten die Schmerzen beim Gehen behoben werden, seine Bewegungsfähigkeit verbessert und
seine Hilfsbedürftigkeit reduziert werden. Herr B. ist aber nicht in der Lage, sich zu den
Vorteilen und Risiken des Eingriffs sinnvoll zu äußern. Seine Kinder halten den geplanten
Eingriff für problematisch und neigen dazu, ihrem Vater die Risiken einer Operation zu ersparen,
da sie meinen, daß seine Lebensqualität nur unwesentlich verbessert werden würde. Herr B.
selbst hat sich früher nie, als er noch Situationen klar verstehen und auch in ihnen entscheiden
41
konnte, zu problematischen Fragen medizinischer Behandlungen geäußert. [Kielstein und Sass
1993]
Der Fall von Herrn B. illustriert das grundsätzliche Problem, das sich bei
stellvertretenden Entscheidungen ergibt, wenn einerseits keine eindeutigen und überwältigenden
medizinischen Gründe für eine bestimmte Intervention sprechen und andererseits vom
Betroffenen weder eine vorsorgliche Verfügung noch eine Betreuungsvollmacht vorliegen. Wie
sollen oder können ohne Vorliegen einer Wertanamnese oder Betreuungsverfügung des nicht
mehr entscheidungsfähigen Patienten, ohne einen von ihm benannten Beauftragten für
stellvertretende Entscheidungen Konflikte allein aus ärztlichem Paternalismus gelöst werden?
Greift nicht das Prinzip des aegroti salus suprema lex ins Leere, wenn dieses Heil des Patienten
nur uniform und generell und nicht individuell bestimmt werden kann. Andere Kriterien, wie die
einer leichteren oder kostengünstigen Versorgung des Patienten, könnten sich unakzeptabel in
den Vordergrund drängen. Auch kann es zu ethischen und rechtlichen Kontroversen zwischen
heilberuflich Tätigen, Ärzten, Familienangehörigen, auch Kassen oder Trägern von
Einrichtungen kommen. Die Situation des Entscheidungskonflikts am Krankenbett von Herrn B.
ist eine sehr alltägliche; sie repräsentiert die schlechteste der möglichen Voraussetzungen für
eine gute Lösung in einer Betreuungssituation.
2. DIESE KREBSERKRANKUNG IST NICHT HEILBAR
Vor fünf Jahren wurde Frau M., 46 Jahre alt, wegen einer Krebserkrankung die linke
Brust abgenommen. Jetzt machen sich als späte Folge des Brustkrebses Tochtergeschwülste in
der Wirbelsäule bemerkbar. Frau M. wird nicht vollständig über die schlechte Prognose
aufgeklärt; sie stimmt aber einer belastenden Chemotherapie zu, was ihre Schmerzen
vorübergehend lindern, aber den Knochenkrebs nicht heilen kann. Sie stirbt nach sechs Monaten
im Krankenhaus und nicht, wie sie gewünscht hatte, zu Hause. [Kielstein und Sass 1993]
Frau M.s Geschichte steht für solche Szenarien, in denen Patienten nur unzureichend
über die Unheilbarkeit ihrer Krankheit aufgeklärt werden oder in denen Ärzte sich auf
Informationen über technische Interventionsmöglichkeiten beschränken, um die Zustimmung zu
deren Einleitung und Durchführung einholen, selbst unter der Gefahr, daß beim Patienten falsche
Hoffnungen geweckt werden oder daß leidvolles Leben ohne Besserungsaussicht und ohne daß
die ausdrückliche Zustimmung des Patienten zu einer solchen nur noch lebens-(leidens)verlängernden Behandlung tatsächlich vorliegt. Die Patientin wird nicht als Person mit ihren
42
Hoffnungen, Werten, Lebensqualitätskriterien behandelt, nur die Symptome werden kuriert. Aus
der von Wolff [1989:193-204] zusammengestellten Liste von prima facie Pflichten Verantwortungsbereitschaft, Verschwiegenheit, Wahrhaftigkeit - und ärztlichen Tugenden Geduld, Einfühlungsvermögen, Mitempfinden, Hilfsbereitschaft - sind in diesem Fall die
Verpflichtungen der Wahrhaftigkeit und Verantwortungsbereitschaft und sämtliche Tugenden
verletzt worden. Die arztethischen Prinzipien des primum nil nocere und des bonum facere
wurden nur medizinisch-technisch abgewogen, das Prinzip der Selbst- und Mitbestimmung des
Patienten
wurde
verletzt
und
damit
dem
Modell
einer
Verantwortungs-
und
Kooperationspartnerschaft zwischen Arzt und Patient der Boden entzogen [Sass 1992a:134].
Eine Integration der Ergebnisse von 'Blutbild' und 'Röntgenbild' mit dem 'Wertbild', wie es
erforderlich gewesen wäre, wurde überhaupt nicht erst versucht [Sass und Viefhues 1989].
3. DIE URSACHE DES STERBENS AUSWÄHLEN?
Herr M., 42 Jahre alt, ist zuckerkrank und muß sich seit seinem 14. Lebensjahr täglich
mehrmals Insulin spritzen und eine strenge Diät einhalten. Als Folge der "Zuckerkrankheit" ist er
seit vier Jahren blind. Seit zwei Jahren muß er dreimal wöchentlich für einige Stunden an die
"Künstliche Niere" angeschlossen werden; schon damals äußerte er den Wunsch, lieber zu
sterben, ließ sich dann aber doch behandeln. Vor einem Jahr wurde ihm wegen schwerer
Durchblutungsstörungen ein Bein amputiert; er hatte dieser Operation zugestimmt, weil er die
inzwischen erfolgte Hochzeit seiner Tochter und die Geburt seines ersten Enkels noch erleben
wollte. Als jetzt wegen einer schweren Durchblutungsstörung die Amputation des rechten Armes
notwendig wird, verweigert er diese und auch die Weiterbehandlung an der "Künstlichen Niere".
Trotz Zuredens der Ärzte läßt er sich nicht von seiner Entscheidung abbringen, wird nicht mehr
dialysiert und dämmert eine Woche später, wie er gewünscht hatte, schmerzlos in den Tod
hinüber. [Kielstein und Sass 1993]
D.’s Geschichte ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich Patienten in veränderte und
verminderte Parameter von Lebensqualität einfügen und dafür, wie sehr ihr Leben, Wünschen,
Hoffen und ihre Lebensqualität von sozialen und familiären Beziehungen, Zielen und
Hoffnungen geprägt ist. Herr M., ein Patient erfahren und gereift im Umgang mit dem chronisch
Kranksein, entdeckt neue Inhalte von Lebensqualität, die das Leben lebenswert machen, - bis zu
einem gewissen Grade oder einem gewissen Zeitpunkt. Man mag sich fragen, ob der 'alte
Mensch' (Herr D. vor einigen Jahren) die nunmehr von dem 'neuen Menschen' (Herrn D. im
43
Zeitpunkt seines jetzigen Entschlusses) getroffene Entscheidung gutgeheißen hätte, aber das ist
eine sehr theoretische Frage, denn Herr D. hat sich in den Jahren seines Krankseins
weiterentwickelt zu einem anderen Herrn D. mit anderen Wünschen und Werten [Buchanan und
Brock, 1989: 184-189; vgl. Veatch 1993:17]. In diesem Fall hat Herr D. selbst die Entscheidung
zum Behandlungsverzicht getroffen; die Ärzte seines Vertrauens haben diese Entscheidung
akzeptiert. Was aber, wenn in ähnlichen Situationen stellvertretende Entscheidungen fällig
werden, gibt es einen Maßstab, das 'beste Interesse' des Patienten, das 'salus aegroti' zu ermitteln
in Anlehnung an die Werte und Wünsche des 'alten' oder besser des 'neuen' Menschen?
Ein anderes Dilemma in der klinischen Hermeneutik von mutmaßlichen Wünschen und
Werten des Patienten unter dem wunsch- und wertverändernden Einfluß der Krankheit zeigt sich
in der Geschichte des Frank Williams, einem aktiven Sportler und erfolgreichen Rennfahrers, der
nach einem Rennen zu Hause einen schweren Unfall hatte und seitdem querschnittsgelähmt ist.
Wenn er zu der Zeit seines Unfalls eine Betreuungsverfügung gehabt hätte, hätte er verfügt, daß
man ihn sterben lassen solle und seine Frau hätte als gewillkürte Stellvertreterin entsprechend
entschieden. Jetzt hat er schwerverletzt überlebt, kann sprechen und genießt es, zu Rennen
gefahren zu werden und seine Rennteams zu trainieren. [Williams 1992].
Herr Williams hatte keine frühere Erfahrung mit schwerem Trauma und Behinderung,
wohl aber Ilonas Mutter (61). Ilona (39) war 22 Jahre lang Dialysepatientin als sie und ihre
Mutter von dem sie über Jahre behandelnden Arzt eingeladen wurden, Betreuungsverfügungen
zu diskutieren und aufzustellen. In den Gesprächen und in ihrer schriftlichen Stellungnahme
forderte Ilona, daß alles technisch Mögliche unternommen werden solle, sie am Leben zu
erhalten, während ihre Mutter genau entgegengesetzte Wünsche formulierte und für sich selbst
beispielsweise eine Dialysebehandlung ablehnte. Wie soll im Betreuungsfall die Position von
Ilona, die 'wußte, wovon sie sprach' gewertet werden und wie die von Herrn Williams, der vor
seinem Unfall 'nicht wußte, wovon er sprach'?
44
4. DEN ZEITPUNKT DES STERBENS WÄHLEN?
Frau S., 80 Jahre alt, geistig aktiv und urteilsfähig, ist stark gehbehindert, herzkrank und
leidet seit Jahren unter einer schmerzhaften, aber gutartigen Darmerkrankung. Seit sie vor zwei
Jahren ihren Mann verlor, hat sie der Lebensmut verlassen; ihrem Hausarzt hat sie seitdem des
öfteren gesagt, daß er sie in Ruhe sterben lassen möge, wenn sie einmal ihrem Leben selbst ein
Ende setzen würde. Jetzt ruft die Nachbarin den Arzt an und informiert ihn, daß Frau S. eine
Überdosis Schlaftabletten genommen habe. Der Arzt findet sie bewußtlos auf dem Sofa, neben
ihr ein Zettel mit dem Hinweis, daß sie keiner Einweisung ins Krankenhaus und auch keiner
lebenserhaltenden Maßnahme zustimme, sie wolle sterben: 'Bitte labt mich sterben; ich will zu
meinem Peterle'. Der Arzt folgt ihren Wünschen.
Selbstbestimmung ist für Frau S. das handlungsbestimmende Prinzip. Sie will nicht ohne
ihren geliebten Mann leben und auch nicht mit zunehmenden Altersbeschwerden leben. Sie
begeht zu einem von ihr gewählten Zeitpunkt einen geplanten sogenannten 'Bilanzselbstmord'.
Man könnte aber auch vermuten, daß sie in einer Situation besonderer Vulnerabilität etwas tat,
von dem sie vorher zwar immer gesprochen hatte, es aber nie in die Tat umgesetzt hatte. Hat der
Arzt ihres Vertrauens also in einer entscheidenden Situation die Pflicht zur Hilfe verweigert oder
hat er ein in ihn gesetztes Vertrauen honoriert? Wären andere (Nachbarn oder
Familienangehörige) verpflichtet gewesen, ihr im Vorfeld des Suizides oder bei der rechtzeitigen
Entdeckung des Suizidversuches zu 'helfen'; wie hätte eine solche Hilfe auch in Verantwortung
vor dem Selbstbestimmungsrecht von Frau S. aussehen sollen?
Hat der Hausarzt gegen
Verantwortungsbereitschaft und Hilfsbereitschaft verstoben, als er nicht sofort zur 'Ersten Hilfe'
griff, oder hat er sie verletzt, weil er ihre Wünsche befolgt hat? Hatte er die Basis des Vertrauens
zerstört, weil er nicht entschieden genug während der vorangegangenen Besuche gegen
Selbstmord beraten hat. Soweit wir wissen, hat Frau S. nie die Techniken von Dosierung und
Auswahl von Medikamenten zum erfolgreichen Selbstmord mit ihrem Arzt besprochen. Hätte er
eine solche Unterredung zurückweisen sollen oder hätte er Informationen geben und/oder
Medikamente für die Selbsttötung verschreiben sollen, die er für wirksamer hält als jene, die der
Patientin schon zur Verfügung stehen?
Welche Rolle soll der Arzt im Beratungsgespräch bei der Abfassung einer
Betreuungsverfügung haben, die der Information und nichtdirektiven Beratung oder die einer
aktiven Warnung vor dem Suizid? Wenn Frau S. in Frank Williams Situation gewesen wäre,
45
hätte sie Hilfe bei der Ausführung der Selbsttötung benötigt. Wären alle anderen medizinischen
Parameter identisch, würde das 'Slippery Slope Argument' oder das Berufsethos den Arzt davon
abgehalten haben, die tödliche Dosis mit den eigenen Händen zu geben? Gibt es einen
prinzipiellen Unterschied zwischen Töten und Sterbenlassen? Gilt eine solche Unterscheidung
nur für den medizinischen Experten oder auch für den medizinischen Laien? Wenn die
Partnerschaft im Vertrauen konstitutiv für die Interaktion von Arzt und Patient ist, wodurch wird
das Vertrauen eher untergraben und ausgehöhlt (a) durch die Akzeptierung des suizidalen
Wunsches und die Billigung des Suizids oder gar die Beihilfe dazu oder (b) durch Verweigerung
von Information und Kommunikation und Hilfsbereitschaft in Fragen des Suizids und den
Ausschlub der Selbsttötung als einer überhaupt zu diskutierenden Alternative.
5. ÄRZTLICHE RICHTLINIEN UND ÄRZTLICHES VERHALTEN
Die 'Richtlinien für die Sterbehilfe' der Bundesärztekammer [Bundesärztekammer 1979]
bezeichnen als entscheidungsleitend bei Interventionsüberlegungen den 'aktuell angenommenen
Willen', nicht frühere mündliche oder schriftliche Weisungen, Werte, Wünsche und Präferenzen:
'Ein früheres schriftliches Dokument mit der Ablehnung von künstlich lebensverlängernden
Maßnahmen kann ein wichtiger Anhaltspunkt für den Willen des Patienten werden. Trotzdem ist
der aktuell angenommene Wille wichtig, welcher nur als Resultat von sorgfältiger Abwägung
aller Aspekte des Falles ermittelt werden kann'. Frühere Äußerungen, so wird argumentiert,
können aus dem einfachen Grund nicht ohne weiteres bindend sein, da sie jeder Zeit widerrufen
werden können. Diese Richtlinien beziehen sich ausnahmslos auf Szenarien von Krankheiten im
Endstadium und lassen die Unterlassung ausschließlich lebensverlängernder Maßnahmen bei
gleichzeitiger Konzentration auf palliative Behandlung zu; sie erlauben ausdrücklich keine
direkte Verkürzung der Lebenszeit. Die Richtlinien empfehlen, Angehörige an Entscheidungen
zu beteiligen, machen aber klar, daß die letzte Verantwortung für die Entscheidung beim Arzt
liegt.
In Betreuungssituationen im Sinne des Betreuungsgesetzes ist die Zustimmung des
jeweiligen Betreuers einzuholen. Auberdem läßt das Betreuungsgesetz (BetrG) nun die
Möglichkeit zu, selbst für den künftigen Betreuungsfall einen Betreuer vorzuschlagen
[Bundesminister für Justiz 1992]; das gibt dem Instrument des 'gewillkürten Stellvertreters'
[Uhlenbruck 1992] eine stärkere rechtliche Position in der Begründung einer Intervention oder
eines Interventionsverzichts auf den mutmaßlich aktuellen Willen des Patienten. Der
46
Bundesminister für Justiz gibt in einer Informationsbroschüre [BMJ 1993:29-32] unter der
Überschrift 'Wer klug ist, sorgt vor!' Anregungen zum Abfassen von Betreuungsverfügungen
und Vorsorgevollmachten und macht Formulierungsvorschläge. Das Betreuungsgesetz setzt also
zunächst einmal voraus, daß der Bürger seine Selbstbestimmungsrechte auch in der
Betreuungssituation so weit wie möglich wahrnimmt; erst danach kann herausgefunden werden,
wie Ärzte und Betreuer mit den neuen Instrumenten umgehen werden.
Der 'Bochumer Arbeitsbogen für die medizinethische Praxis' war 1987 ursprünglich für
die medizinische Einzelfallanalyse entwickelt worden und betont ein auf Vertrauen basierendes
Beratungs- und Entscheidungsverhältnis zwischen Arzt und Patient in Partnerschaft. Er fragt
beispielsweise: 'Erfolgt bei infauster Prognose eine Abwägung zwischen intensivmedizinischen
oder palliativen Therapiemaßnahmen? Ist sichergestellt, daß hierbei der explizierte oder
mutmaßliche Wille des Patienten berücksichtigt wird?' [Sass und Viefhues 1992]. Der Bogen
wird vereinzelt in der klinischen Entscheidungsfindung und bei der ärztlichen Ausbildung
benutzt, wird jedoch nicht offiziell von einer Ärztekammer empfohlen oder unterstützt. In bezug
auf klinische Entscheidungsfindungen betont er Aspekte der Lebensqualität und der
Selbstbestimmung, Recht und Pflicht des Patienten zur Mitverantwortung. Für die terminale und
die Betreuungssituation stellt der Bogen sechs Leitfragen: '(1) Wünscht der Patient eine optimale
Schmerzbehandlung, auch wenn sie lebensverkürzend ist? (2) Wünscht der Patient Linderung
der Begleiterscheinungen des Sterbeprozesses? Hat man sie angeboten? (3) Sind die Wünsche
des Patienten klar und deutlich? (4) Wie drückt er/sie die Wünsche aus? (5) Kann der Arzt
ethisch vertreten, den Wünschen des Patienten nicht auch zu folgen? (6) Welche
Interventionsoptionen hat der Arzt?' [Sass 1990:24]. Der Bogen bewegt sich innerhalb einer
etablierten und von Ärzten und Patienten weitgehend akzeptierten Kultur eines milden
Paternalismus von Arztethik, will aber den Arzt verpflichten, in Abwesenheit anderer
Informationen, sich in der Feststellung des mutmaßlichen Willens des Patienten zum aktuellen
Zeitpunkt an früheren Betreuungswünschen oder vorsorglichen Verfügungen zu orientieren. Die
Fragen sind so formuliert, daß dem Arzt die Begründungslast zugeschoben wird, wenn er von
früher geäußerten Wünschen des Patienten abweichen will oder Betreuungssverfügungen und
Vorsorgevollmachten nicht berücksichtigen will.
2. EIN ÜBERBLICK ÜBER DIE LITERATUR
47
Das faktische ärztliche Moralverhalten scheint im wesentlichen mit dem in den
'Richtlinien' benutzten paternalistischen Modell konform zu gehen. 'Behandeln bis zum Ende'
kann zu Übertherapie und unnötigem und verlängertem Leiden in der letzten Lebensphase
führen. Forderungen, den herrschenden 'therapeutischen Aktivismus' durch eine 'emphatische
Begleitung'
zu
ersetzen
[Nolte
1993],
sind
selten.
Vor-
und
Nachteile
von
Betreuungsverfügungen [BV] und Vorsorgevollmachten [VV] werden in der medizinischen
Fachliteratur kaum diskutiert. Das Modell der 'value history' [Doukas und McCullough 1991;
Doukas und Gorenflo 1993; Emanuel und Emanuel 1991] ist unbekannt und wurde erst kürzlich
unter dem Namen Wertanamnese [WA] in die deutsche Diskussion eingeführt [Kielstein und
Sass 1993a-c]; es ist zu früh, die Akzeptanz dieses Instruments durch Mediziner oder Patienten
zu beurteilen.
Weder bei Medizinern noch bei Laien sind Initiativen in Sicht, die eine verbreiterte
Beschäftigung mit oder Verbreitung von Betreuungsverfügungen zur Folge haben könnten. Nur
im politischen Raum wird, wie erwähnt, Informationsmaterial bereitgehalten, das aktiv und
nachhaltig die Abfassung von Betreuungsverfügungen und die Benennung von Betreuern
vorschlägt und Anregungen und Formulierungshilfen für beides gibt [BMJ 1992]. Eine
wachsende Aufmerksamkeit für die Notwendigkeit einer wirksamen Schmerztherapie [Klaschik
und Nauck 1993] und Studien zu den klinischen und psychologischen Aspekten des
Sterbeprozesses [Rosemeier 1993] könnten langfristig unter Ärzten zu einer veränderten
Einschätzung gegenüber der WA [Wertanamnese], der BV [Betreuungsverfügung] und der VV
[Vorsorgevollmacht] führen.
Die Hospizbewegung ist noch klein, wächst aber langsam und findet ihre Nische
innerhalb eines Systems, das Sterbebegleitung und die Selbstbestimmung in der Nähe des Todes
oder in Fällen von Koma und Demenz verdrängt hat [Pfisterer und Kottnik, 1993]. Beide groben
Konfessionen, aber auch humanistische Gruppen haben Hospize eingerichtet; es gibt auch
hospizähnliche Abteilungen als Unterabteilungen großer klinischer Versorgungseinrichtungen.
Der Sinn einer 'Christlichen Patientenverfügung' beispielsweise wird vom Christopherus Hospiz
Verein in München darin gesehen, 'einen Weg zwischen sinnloser Sterbensverlängerung und
verzweifelter Lebensverkürzung aufzuzeigen'; der Landeskirchenrat der EvangelischLutherischen Kirche Bayerns spricht in dem Musterentwurf einer Patientenverfügung von den
abzulehnenden Extremen 'sinnloser Sterbensverlängerung und christlich nicht verantwortbarer
48
Lebensverkürzung'. Weil sie sich als einzige gröbere Organisation dieser Problematik annimmt,
dürfte auch die Zahl der über fünfzigtausend Mitglieder in der DGHS [Deutsche Gesellschaft für
Humanes Sterben] künftig eher zu- als abnehmen. Diese Gesellschaft stellt ihren Mitgliedern
eine nummerierte Broschüre mit Hinweisen zur Selbsttötung zur Verfügung [Atrott, 1990]; diese
limitierte Ausgabe soll ähnliche Hilfsmittel und Methoden empfehlen, wie die von Humphry
[1992] vorgeschlagenen, dessen Buch in deutscher Übersetzung erhältlich ist. Die DGHS wurde
in den Medien stark kritisiert, als ihrem damaligen Präsidenten nachgewiesen wurde, daß er
Zyankali zu überhöhten Preisen verkauft habe [Bönisch und Leyendecker 1993].
Vorschläge prominenter Juristen eines Arbeitskreises 'Alternativentwurf Sterbehilfe'
[Baumann 1986], eine auf Wunsch eines schwer leidenden und dem Tode nahen Patienten
erfolgende Hilfe zum Sterben nicht unter Strafe zu stellen haben weder unter Juristen noch im
politischen Raum eine Mehrheit gefunden [Eser 1976; Schreiber 1986 und 1993; Hoerster 1989].
Der Bundesjustizminister empfiehlt die gemeinsame Benutzung der beiden Instrumente von BV
und VV [BMJ 1992; vgl. Jürgens und Kröger 1992; Brückner 1989; Helmrich 1993] und macht
Formulierungsvorschläge und Gestaltungshinweise. Die Autorität beider Instrumente im
klinischen Alltag und im Gerichtssaal ist jedoch noch nicht getestet. Auf der einen Seite wird
befürchtet, daß diese Formulare nicht praktikabel seien [Schick 1993 diskutiert das
österreichische Szenario; Wassermannn 1993 argumentiert, daß ein beschleunigter Tod in
Deutschland illegal sei], während Uhlenbruck [1989 und 1992] die Rechtmäbigkeit von BV und
VV feststellt.
Fragen der Selbstbestimmung auch am Lebensende und in bezug auf den eigenen Tod
werden weniger direkt als vielmehr indirekt an der Schnittstelle von ethischen, medizinischen,
rechtlichen und kulturellen Problemen diskutiert, für welche die Stichworte Tötung aus Mitleid,
Sterben in Würde, Selbstbestimmung, Hippokratisches Ethos, Euthanasie und Holocost die
jeweiligen Zentren der Debatte bestimmen. Diese Stichworte sind zugleich die Schlüsselworte,
unter denen Problematik und mögliche Akzeptanz von WA, BV und VV indirekt diskutiert
werden. Daß die Diskussion nicht direkt geführt wird wie beispielsweise in den USA [Bernat,
1993; Cate und Gill, 1991; Cogan et al, 1992; Doukas und McCullough, 1991; Doukas und
Gorenflo, 1993; Emanuel und Emanuel, 1991; Emanuel, 1993; Finucane et al, 1993; Gibson,
1990; Grundstein-Amato, 1992; Pearlman et al, 1993; Seghal et al, 1992; Veatch, 1993; Walker,
1993], dürfte nicht darin liegen, daß Patienten den Diskurs wünschen und Ärzte ihn ablehnen,
49
sondern vielmehr an einer gemeinsamen Kultur der Verdrängung der Themen von Sterben,
Schmerzen, Leiden und Abhängigsein. Insofern wird auch keine Spannung zwischen Recht und
Moral empfunden oder eine Inkonsequenz darin gesehen, daß eine Selbstbestimmungskultur
ausgerechnet für die Fälle von Koma, Demenz und in der Nähe des Todes der Diskussion über
und der Einforderung von Selbstbestimmung ausweicht.
1. SCHLÜSSELWORT: TÖTUNG AUS MITLEID
Während grundsätzliche Fragen und technische Details der WA, BV und VV selten
Gegenstand öffentlicher Diskussion sind, findet eine erregte Diskussion immer dann in der
Öffentlichkeit statt, wenn es wieder einmal zu einem spektakulären Fall von Mitleidstötung
gekommen ist. Folgt man den Presseberichten, so erfolgt Töten aus Mitleid in der Absicht
unnötiges Leiden dadurch zu beenden. Mitleid äußert sich darin, daß das Leben des leidenden
Mitmenschen aktiv einem Ende zugeführt wird, häufig ohne den ausdrücklichen Wunsch des
Getöteten. Schwestern und Pfleger, welche Patienten aus Mitleid 'von ihren Leiden erlösen',
werden auch 'Todesengel' genannt. Nachfolgende Gerichtsverhandlungen werden kontrovers
diskutiert. Im Vordergrund der Berichterstattung stehen emotionale Fragen: durch seelenlose
Maschinenmedizin sinnlos verlängertes Leben / Leiden; Ärzte, die sich nicht menschlich um ihre
Patienten kümmern; überarbeitetes Pflegepersonal, das mit den menschlichen Problemen des
Umgangs mit dem dementen Alten oder dem unter Schmerzen leidenden Patienten allein
gelassen sind. Mitleidstötung scheint die Funktion eines Überdruckventils zu haben, das für
emotionalen Streb oder ethisches Empfinden Raum schafft innerhalb eines System, das selbst
nicht oder nur unzureichend mit den Problemen von Sterben, Leiden und Tod umgehen kann und
das nicht in der Lage ist, ethisch, medizinisch und rechtlich akzeptablere Formen des Umgangs
mit dem nahen und nicht aufzuhaltenden Tod zu entwerfen.
Mitleidstötung ist im wesentlichen eine heteronome Aktion, die von außen auf den
mutmaßlichen Wunsch des Leidenden, 'erlöst' zu werden, reflektiert. Demgegenüber ist 'Tötung
auf Wunsch' Ausdruck einer mitmenschlichen, entweder aus dem Prinzip der Hilfe oder dem des
Mitleids, kommende Antwort auf eine Bitte. Die Tötung auf Wunsch antwortet auf eine
autonome Nachfrage, möglicherweise auf einen Wunsch der situativ und spontan sein kann, von
starken Schmerzen oder momentaner Depression beeinflußt und deshalb gegebenenfalls nicht im
'besten Interesse des Patienten'. Wenn bei den spektakulären Fällen die Sympathie der
Öffentlichkeit auf der Seite der 'Todesengel' steht, wird in der Regel eine Unterscheidung
50
zwischen der Tötung aus Mitleid und der Tötung auf Verlangen nicht gemacht. Ethisch ist eine
heteronome Tötung eines Mitmenschen, auch eines leidenden oder sterbenden, ohne dessen
Zustimmung völlig unakzeptabel und wird auch in der Literatur von keiner Position vertreten.
Wenn es um die Vermeidung der heteronomen Entscheidung über die Qualität oder den Wert des
Lebens eines anderen geht, dann ist die Feststellung einer möglichen Zustimmung oder
Akzeptanz der Tötung bei dementen oder sedierten Patienten eine mehr als nur technische
Angelegenheit. Die Tötung auf Verlangen und ihre ethischen Parameter sind eher unter dem
Prinzip der Selbstbestimmung abzuhandeln als unter dem des Mitleids. Innerhalb unserer
Gesellschaft stehen sich unversöhnlich zwei Fronten gegenüber in bezug auf die Frage der
Tötung aus Verlangen.
Die eine Position wird durch den erwähnten 'Alternativentwurf Sterbehilfe' [Baumann
1986] sowie den Vorschlag für eine Neufassung des Paragraphen 216 des Strafgesetzbuches
durch Hoerster vertreten: 'Die Einwilligung des Betroffenen schließt die Rechtswidrigkeit der
Tötung nicht aus, es sei denn, daß wegen einer unheilbaren Krankheit des Betroffenen ein
Weiterleben seinem Interesse widerspricht und daß die Tötung von einem Arzt vorgenommen
wird' [Hoerster 1989:295].
Auf der anderen Seite wird das gesamte Konzept des intervenierenden und
manipulierenden Umgangs mit Tod und Sterben fundamental kritisiert, weil es dem Betroffenen
die Möglichkeit nimmt, das Leben und seine Grenzen bis zum äußersten zu erfahren.
Bartholomäus-Leggewie beispielsweise fragt, ob die christliche Antwort auf das schwere Leiden
von Mitmenschen wirklich in der Alternative 'Notschlachten oder Segnen' bestehe [1992], oder
ob nicht die christliche Tradition der 'ars moriendi' andere Umgangsformen mit Sterben und
Leiden kenne; sie erinnert in diesem Zusammenhang an die Benediktinische Regel, jederzeit
mitten im Leben sich des Todes gegenwärtig zu sein; 'morem cotidie ante oculos suspectam
habere' (RB4,47). Spaemann [1993] verlangt, daß das Tabu um Tod und Sterben nicht gebrochen
werden sollte, und fordert, daß selbst die rationale Diskussion des Für und Wider der
Intervention in den Sterbeprozeß, selbst in akademischen Kreisen, unterlassen werden sollte. Er
sieht schon den Versuch, zwischen freiwilliger und unfreiwilliger, zwischen aktiver und passiver
Euthanasie zu unterscheiden, als einen gefährlichen Schritt auf einem schlüpfrigen Wege an, der
bei staatlich sanktionierter oder geforderderter Euthanasie enden könnte. Insbesondere kritisiert
er die Argumente von Singer [1984] und Kuhse [1990] für eine vom Betroffenen verlangte
51
aktive Euthanasie und den 'Alternativentwurf Sterbehilfe' [Baumann 1986]. Heimann [1976]
unterstreicht ebenfalls die weithin tabuisierte Grauzone, in welcher Tod und Sterben und damit
auch Diskussion darüber sich ereignen.
2. SCHLÜSSELWORT: STERBEN IN WÜRDE
Die Zahl der Publikationen aus den unterschiedlichsten weltanschaulichen Lagern ist
nicht gering, die sich dennoch auf die theologischen, philosophischen und medizinischen
Aspekte von Tod und Sterben einzulassen, insbesondere auch, um heilberuflich Tätige,
Betroffene und Familienangehörige mit den besonderen Herausforderungen des Umgangs mit
Sterben und Leiden zu konfrontieren [Atrott und Pohlmeier 1990; Böckle 1979; Hahn und
Thoms 1983 (eine ostdeutsche Publikation); Salomon 1991; Schwartländer 1976 (beinhaltet
Beiträge von Auer, Doelle, Eser, Heimann; Juengel; Schulz)]. Sporken war mit einer der ersten,
der ausgehend vom Prinzip des Mitgefühls beschrieb, 'Was Sterbende brauchen' [1984]; andere
folgten von unterschiedlichen Positionen aus, aber einig in der Ablehnung jeder Form von
'therapeutischem Aktivismus' [Kehl 1989; Koch 1992; Mattheis 1993; Muschaweck-Kürten
1993; Salomon 1991].
Einige Positionen stellen die Bedeutung der mitmenschlichen Kommunikation mit dem
Sterbenden heraus [Haarhaus 1993; Muschaweck-Kürten 1993], entweder in Anlehnung an die
christliche Tradition [Ebert und Godzik 1993], oder basierend auf Apels [1988] und Habermas
[1983] Theorie der diskursiven Interaktion. Jüngel [1976] unterstreicht von protestantischer Seite
her die Bedeutung der 'Lebensgemeinschaft' mit dem Sterbenden und Schwachen, eine
Gemeinschaft, welche nach physischer und personaler Nähe verlangt, aber auch nach dem
'Wort', d. h. nach dem Zuhören und Zusprechen, auch nach dem gemeinsamen Lesen und Hören
des biblischen Wort Gottes. Schon aus dieser christlichen Forderung nach einer
Lebensgemeinschaft mit dem Sterbenden würde nach Jüngel jede Form der Mitleidstötung gegen
die Prinzipien des Mitgefühls, der Hilfsbereitschaft und Geduld verstoben.
Nur wenige Beiträge sind spezialisiert und diskutieren Würde im Sterben bei der
Intensivbehandlung und in der Dialyse [Windels-Buhr 1990], bei der Behandlung von
Krebspatienten [Stiefel und Senn 1993], in der palliativen Pflege [Klaschik und Nauck 1993] und
der Geriatrie [Sass 1991b], Abschätzung von Aspekten der Lebensqualität bei Krebspatienten
[Muthny 1993], psychiatrische Aspekte des Wunsches der Leidenden nach dem Tod [Helmchen
52
1993] oder Gebiete der Verweigerung von Nahrung oder Flüssigkeit für Sterbende [Strebel und
andere 1993].
Die Achtung vor der Würde der Person muß nach Schobert, dem Generalsekretär der
DGHS, [1993] 'Leidhilfe' und 'Freiheit der Wahl' einschließen und ist ohne diese beiden
Prinzipien nicht denkbar. Eine vergleichbare, aber konservativere Position bezieht Hans Jonas
[1984/85], der für das 'Recht auf Sterben' durch einen humanen Weg des 'Sterbenlassens' und die
Unterlassung von leidensverlängernder Intensivmedizin plädiert. Ähnlich argumentiert der
Moraltheologe Auer [1976], wenn er vordringlich eine Änderung des klinischen Verhaltens
fordert und die Respektierung eines 'Rechts' auf einen 'natürlichen Tod'; moraltheologische
Positionen von Böckle [1979] und der Römisch-Katholischen Bischofskonferenz [1975; 1993]
stimmen in den Ruf nach dem 'Sterben in Würde' ein. Während die katholischen Bischöfe,
ähnlich wie schon die Bundesärztekammer [1979], jede Form von aktiver Euthanasie ablehnen,
denken liberalere katholisch-theologische Positionen wie die von Ranke-Heinemann [1987] auch
über das christliche Verständnis von Freitod und Beihilfe zum Sterben nach.
3. SCHLÜSSELWORT: SELBSTBESTIMMUNG UND AUTONOMIE
In der angelsächsischen Tradition sind vor allem die Positionen von Hume und Morus
ausschlaggebend für eine Kultur der Akzeptanz von Freitod und freiwilliger Euthanasie
[Timmermann 1993], während die kontinentaleuropäische Tradition stärker von Thomas von
Aquins Ablehnung des Tötens in jeder Form als gegen das Naturrecht gerichtet (ThAq II-II,64,5)
und Kants These, daß sich aus der regulativen Idee der Freiheit des Willens gerade nicht die
Freiheit und das Recht zur Selbsttötung ableiten lasse [1785:395f; 1797:422ff; Römpp 1988;
Wolf 1991:252] beeinflußt ist. Das Töten widerspricht nach Kant dem Respekt vor der Würde
der Person, der fremden und der eigenen. Konsequent wird deshalb auch in der deutschen
Sprachtradition durchgängig vom Selbst-'mord', nicht vom Freitod gesprochen. Man hat
argumentiert [Wolf 1991], daß die kantische Argumentation dort nicht schlüssig sei dort, wo zur
Bewahrung der Menschenwürde vor Folter und Erniedrigung Freitod oder Töten als die
menschenwürdigere Option diskutierbar werden. Schopenhauer, der mehr als einmal mit Kant
im Widerspruch lag, gibt ihm jedoch unter dem Einfluß indischen Denkens Recht, wenn er den
Tod nicht als Erlösung vom Leiden oder als ein Instrument der Selbsterlösung akzeptiert
[[Birnbacher 1985]; andererseits sah Schopenhauers Schüler Mainländer jedoch [1876; 1886]
53
den Freitod als die logische und angemessene Antwort der Selbsterlösung von unnötigem Leiden
und von Weltschmerz an.
Die klinische Psychiatrie hat die Benutzung der Begriffe von Selbstbestimmung und
Autonomie im Zusammenhang mit dem Suizid als nicht akzeptabel kritisiert, da Suizidalität
Ausdruck von Krankheit sei [Holderegger 1976; Helmchen 1993]. Wolf [1991] hält dem
entgegen, daß (a) Fähigkeit zu risikobewußtem rationalen Urteilen, (b) realistisches Verständnis
der Umwelt, und (c) angemessene Informationen als Voraussetzungen für freie und vernünftige
Entscheidungen genügen und daß nicht jede Entscheidung zum Suizid als 'krankhaft' bezeichnet
werden darf. Während einige Formen von Suizidalität in der Tat kein Ausdruck von Freiheit,
sondern eher von schwerer geistiger Krankheit und von Unfreiheit sind, gibt es Formen von
'Depression', negativem Denken, Weltschmerz, unakzeptablem aggressiven Verhalten,
bürgerlichen Ungehorsams und exzentrischer Lebensweise, die nicht medikalisiert werden
sollten und die nicht in eine psychiatrische Klassifikation hineingehören, wenn wir nicht die
Freiheit und Pluralität bürgerlichen und menschlichen Verhaltens auch in ihren nicht alltäglichen
Formen ablehnen und durch klinische Uniformität ersetzen wollen.
Philosophen wie Amery in 'Hand an sich legen' [1976] und mein Lehrer Kamlah in
'Meditatio mortis' [1976] verstanden und begründeten die Selbsttötung als absolute Form der
Selbstbestimmung und als Sieg über Finalität, Leiden und Enttäuschungen im Leben, - beide
endeten ihr Leben entsprechend zu einer von ihnen gesetzten Zeit im Freitod. Ihre
Argumentationen sind nicht als WA oder BV zu verstehen, sondern als eine vorsorgliche
vorweggenommene Erklärung einer von ihnen selbst geplanten späteren Tat, die lange vor ihrer
Ausführung überlegt, begründet und geplant war. Auf beide Philosophen könnte die DGHS sich
berufen, die zwar keine Beihilfe zur Selbsttötung oder Tötung leistet, aber ihren Mitgliedern
Informationen für von der DGHS sicher angesehene Methoden der Selbsttötung zur Verfügung
stellt, ebenso Formulare, 'Freitodverfügungen' genannt, auf welchen durch Unterschrift bestätigt
wird 'Ich mache von meinem Recht Gebrauch, den Zeitpunkt meines Todes selbst zu
bestimmen'.
Die
DGHS
übernimmt
den
Rechtsschutz
gegen
eventuelle
Wiederbelebungsmaßnahmen, wenn zwischen Erstunterzeichnung des Formulars und dem
tatsächlichen Datum des Freitodes weniger als ein Jahr vergangen ist [DGHS 1992c].
Insgesamt spiegeln die philosophischen Stellungsnahmen zum Freitod das bunte Bild der
Wertungen innerhalb einer pluralistischen Kultur wider; sie bewegen sich zwischen den
54
Extremen von Singer und Amery auf der einen und Spaemann auf der anderen Seite [DoelleOelmueller 1993]. Schwartländer [1976:31ff] unterscheidet im Autonomiebegriff eine
Komponente von Herrschaft, die zur Ausübung von Macht sich berechtigt weiß, und eine andere
von ethisch-rechtlicher Autonomie als einer Kategorie der Verantwortung; da es zur Autonomie
der Verantwortung gehöre, Macht und Herrschaft zu begrenzen und zu begründen, könne ein
'Recht zum Sterben' gegenüber dem 'Rätsel des Lebens' nicht begründet werden. Ähnlich hatte
Jonas [1984/5] argumentiert, wenn er es ablehnte, rationale Argumente für die Kriterien des
Hirntodes als des personalen Todes des Menschen zu akzeptieren. Gegner des Suizids berufen
sich gern auf Kant, während seine Anhänger Kant Inkonsequenz vorwerfen [Pieper 1993; Wolf
1991] oder sich auf utilitaristische Argumente berufen [Koller 1993; Kuhse 1990; Leist 1989].
Schreibt Pieper: 'Der Arzt, gebunden an sein Ethos des Heilens, kann sich nicht zum Anwalt des
Todes machen, indem er dem Wunsch eines Patienten zu sterben, aktiv nachkommt. Aber er
kann die Autonomie eines in klarem Bewußtsein zum Suizid Entschlossenen dadurch
respektieren, daß er alle lebensverlängernden Maßnahmen unterläßt, ihn also nicht gegen seinen
Willen zum Weiterleben zwingt'.[Pieper 1993:98]
4.SCHLÜSSELWORT: HIPPOKRATISCHE ETHIK
Das Zitat der Philosophin Pieper leitet über zur Diskussion des hipppokratischen Ethos.
Im wesentlichen gibt es zwei Argumente, mit denen jede Form einer aktiven Intervention in den
Sterbeprozeß abgewiesen wird. Das eine ist die These, daß das hippokratische zum Heilen und
zum Lindern verpflichte und zu nichts anderem, insbesondere nicht zum Töten. Das andere
Argument ist das des 'slippery slope', daß eine einmal begonnene Akzeptanz und Praktizierung
von sogenannter passiver Euthanasie schlieblich salamischeibenmäbig sich immer weiter von
einer ursprünglich sehr restriktiven Handhabung ausweite zu einer immer größeren Zahl von
Rechtfertigungen für das Töten.
Lutterotti [1992 und 1993] weist hin auf die klinische Erfahrung, daß der Patient in der
Regel weder an einer aktiven noch an einer passiven Euthanasie interessiert sei, sondern daran,
die restliche Lebensspanne ohne Schmerzen und Unannehmlichkeiten verleben zu können, daß
also eine gute palliative und menschliche Behandlung alles sei, was der Patient wolle und
brauche. Er bringt fünf Argumente für das Tötungsverbot, eine Ablehnung jeder Form von
aktiver Teilnahme an der Beendigung des Lebens, auch wenn es vom Patienten so gewünscht
wäre: (1) Das Leben selbst ist nicht Gegenstand von Selbstbestimmung, daher sind
55
utilitaristische Argumente, die es selbst zur Disposition stellen, nicht durchschlagend. (2) Das
ärztliche Ethos des Heilens und Linderns ist unvereinbar mit Töten. (3) Die weit überwiegende
Zahl der Patienten will keine Diskussion über die Beendigung des Lebens; allerdings gibt es
Ausnahmen. (4) Jede Form des Tötens durch Ärzte setzt eine Bewegung in Gang, die zu einem
Vertrauensschwund gegenüber Ärzten und dem Ärztestand führen muß. (5) Das Tötungsverbot
kann und darf nicht auf utilitaristische Argumente gestützt werden, weil solche sich historisch
ändern könnten.- Die Argumente von Lutterotti fassen sehr gut die wesentlichen Argumente aus
hippokratischem Ethos zusammen, die von einer groben Mehrheit der Ärzteschaft getragen
werden. Auch Schmitz [1993:38] argumentiert, daß bei einem Eintritt in die Euthanasiedebatte
die Sprache verrohe und die Kriterien des Tötungsverbotes zunehmend ausgehölt würden, daß
deshalb in der Bundesrepublik keine Euthanasiedebatte, wie in den Niederlanden, geführt
werden sollte.
Die Ablehnung des Tötungsverbot schließt jedoch nicht aus, auf technisch mögliche
Interventionen am Lebensende zu verzichten und sich auf eine gute palliative Behandlung,
menschliche Zuwendung und Pflege zu konzentrieren. Dem würde auch Lutterotti zustimmen.
Selten noch werden die besonderen durch die Situation bedingten Tugenden oder ethischen
Prinzipien reflektiert, die in der Begleitungs- und Betreuungssituation vom Arzt und den
pflegerisch oder heilberuflich Tätigen erwartet werden. Die Zahl der Publikationen, die sich
diesen Themen widmen und die versuchen, differenzierte ethische und medizinische
Herausforderungen in diesen Betreuungsszenarien zu entwickeln, scheint zuzunehmen [Klaschik
und Nauck 1993; Nolte 1993; Mattheis 1993; Rosemeier 1993; Eid 1993; Storck 1993;
Muschaweck-Kürten 1993]. Insgesamt bewegen sich die Vorschläge im Modell eines milden
Paternalismus, der für diese Situationen den Schwerpunkt weg von der medizinischen
Intervention (mit Ausnahme einer eher stärkeren Forderung nach der bestmöglichen palliativen
Intervention) und hin zu einer patientenorientierten menschlichen und mitmenschlichen
Kommunikation und Pflege. Zum Ausmessen der individuellen Bedürfnisse für Begleitung und
Pflege werden in der Onkologie häufiger als in anderen Bereichen Lebensqualitätserhebungen
durchgeführt [Aaronson u.a. 1991]. Die Benutzung von Wertanamnesen [Kielstein und Sass
1993] oder die Einforderung oder Beiziehung von Betreuungsverfügungen scheint eher die
Ausnahme darzustellen.
56
Insgesamt
scheint
es
keinen
Konflikt
zu
geben
zwischen
den
ärztlichen
Standesorganisationen, den Ratschlägen der Kirchen, den Verlautbarungen der WHO und dem
praktischen Moralverhalten der Ärzte, daß es unethisch sei, 'außergewöhnliche Maßnahmen' in
aussichtslosen oder terminalen Situationen durchzuführen, insofern solche nur das Leiden
verlängern, nicht aber den Heil- und Hilfsauftrag des hippokratischen Ethos erfüllen.
Insbesondere, wenn der sterbenskranke, aber nicht entscheidungsfähige Patient den Verzicht auf
ausschließlich lebensverlängernde Interventionen verlangt, sollten die 'menschlichen Fakten
einfach akzeptiert' werden; eine solche Akzeptanz bedeutet weder Suizid noch Beihilfe dazu
[Wolkinger 1993:48-53; Evangelische Kirche und Deutsche Bischofskonferenz 1989;
Bundesärztekammer 1979; Bischofskonferenz 1975 und 1993].
4. SCHLÜSSELWORT: EUTHANASIE
Es ist nicht möglich, in Deutschland über die ethischen, gesetzlichen und kulturellen
Dimensionen des Verzichts auf Intervention oder gar über den Beistand im Sterben zu
diskutieren, ohne die Mißbrauchsgeschichte des Konzepts von Euthanasie und staatlich
entworfene und durchgeführte Vernichtungsprogramme für sogenanntes 'lebensunwertes Leben'
oder ethnische Minderheiten mitzubedenken. Heteronom wurde von einer kranken Ideologie und
einem dämagogischen Paternalismus über 'Lebensqualität' und Lebenswert' von 'anderen'
geurteilt. Weithin ist das Wort Euthanasie synonym mit dem Holocoust geworden. In seinem
Namen wurden 'Krüppel' oder 'minderwertige Rassen' der Vernichtung durch die 'Herrenrasse'
zugeführt.
Auch diese Erfahrungen der dunklen Geschichte des Dritten Reiches haben Anlaß
gegeben, vor einer Diskussion und Praxis des 'slippery slope' bei der Diskussion um die
Euthanasie zu warnen [v. Engelhardt 1993; Schmuhl 1992; Hariba 1993]. Diese weitverbreitete
Haltung mag auch der Grund dafür sein, daß angelsächsischen Befürwortern der freiwilligen
Euthanasie wie Peter Singer [1984] oder Helga Kuhse [1990] nicht die Gelegenheit zur
rationalen Diskussion ihrer Thesen gegeben wird [Schoene-Seifert 1991]. Von Singer selbst und
im Ausland wird dieses 'Redeverbot' dann andererseits wieder in Verbindung mit dem Rede- und
Diskussionsverbot unter den Nationalsozialisten gebracht. Am Umgang mit den Thesen von
Singer, mehr noch in dem kulturellen Tabu der Nichtakzeptanz seiner Thesen durch
Nichtdiskussion und Diskussionsverweigerung, zeigt sich das geschichtsbelastete Verhältnis
deutscher Diskussionskultur zum Problembereich 'Euthanasie'.
57
Statt des generellen Streites um Verbot oder Notwendigkeit einer rationalen Diskussion,
scheint eine differenzierende Benutzung des Wortes Euthanasie hilfreich zu sein, auch im Sinne
einer differentialethischen Präzisierung dessen, was abzulehnen, was diskutierbar, und was
individuell oder gesellschaftlich wünschbar ist [Wassermann 1993; Winau 1993]. An
Vorschlägen hierzu, die auch von einer differenzierenden Diskussion um WA, BV und VV
aufgegriffen werden könnte, mangelt es nicht.
Dietrich von Engelhardt unterscheidet zwischen den Kategorien von Modus, Anlaß und
Subjekt der Euthanasie und differenziert das Reden und Denken von Euthanasie wie folgt:
'physische (äußere) und psychische (innere) Euthanasie; aktive und passive Euthanasie; direkte
und indirekte Euthanasie; Euthanasie mit und ohne Lebensverkürzung; Euthanasie durch den
Arzt, Angehörige, Freunde, Betroffene; Euthanasie bei unheilbarer Krankheit, im Sterben, bei
sozialer Not, politischer Verfolgung, geistigem Sinnverlust oder aus seelischer Verzweiflung.
Euthanasie läßt sich ebensowenig mit nur einem Sinn identifizieren, wie es nicht möglich sein
wird, auf den Ausdruck 'Euthanasie' wegen seiner Pervertierung während des Dritten Reiches zu
verzichten. Diese Pervertierung ist aber nicht nur Vergangenheit, sondern begleitet als drohende
Möglichkeit ständig das Denken und Handeln der Menschen' [1993:22]. Solche
Differenzierungen sind hilfreich, weil sie die reiche Vielfalt dessen zu unterscheiden und zu
bewerten erlauben, das in einer vom Tabu bestimmten Aufarbeitung der Vergangenheit sich der
Differenzierung entziehen würde. Hilfreich ist auch der historische Blick in die
Auseinandersetzung mit der Euthanasie, wie ihn Viefhues [1991] im Stoff ausgewählter Dramen
und Novellen vorführt.
Winau [1993:19-21] unterscheidet sehr hilfreich zwischen 'Hilfe beim Sterben' und 'Hilfe
zum Sterben'. In der Hilfe beim Sterben macht er drei Differenzierungen: (1) Sterbehilfe ohne
Lebenszeitverkürzung: 'alle Maßnahmen, die das Sterben des Patienten erleichtern, ohne dadurch
weder den Zeitpunkt, noch die Ursache des Todes zu modifizieren; hierzu gehören
schmerzlindernde,
aber
auch
bewußtseinslähmende
Mittel'.
(2)
Sterbehilfe
mit
Lebensverkürzung als Nebenwirkung: 'Hierunter ist vor allen Dingen die Gabe von
Medikamenten zu verstehen, die neben ihrer therapeutischen Wirkung einen Einfluß auch auf die
schnellere Herbeiführung des Todes haben können'. (3) Sterbehilfe mit beabsichtigter
Lebensverkürzung: 'Hierunter ist vor allen Dingen zu verstehen die Gabe von Medikamenten mit
dem ausgesprochenen Ziel, den Tod herbei zu führen'. In der Hilfe zum Sterben unterscheidet er
58
zwischen der Tötung auf Verlangen und der Tötung aus den heteronomen Kriterien des
Tötenden. (1) 'Beschließen subjektiv wertlos gewordenen Lebens': das sind 'Selbstmord oder
Beihilfe dazu'. (2) 'Ausmerzen objektiv wertlos gewordenen Lebens': 'auf der Basis der
deutschen Entwicklung ist eine Frage der Vernichtung lebensunwerten Lebens' für Winau
'undenkbar'. Er unterstreicht, daß neben der 'Sterbehilfe' vor allem die 'Sterbebegleitung' stehen
kann als eine nicht kontroverse Pflicht zu einer Handlungen, 'die es ermöglichen, mit dem
Sterbenden gemeinsam den letzten Weg zu gehen. Dabei ist davon auszugehen, daß die
Sterbebegleitung dem Menschen seinen eigenen Tod ermöglichen soll.'
Eine andere Unterscheidung trifft Koller [1993:87], der nach Freiwilligkeit des
Betroffenen
sechs
Differenzierungen
macht:
'Passiv:
freiwillig:
sterbenlassen
einer
entscheidungsfähigen Person, die zu sterben wünscht; nichtfreiwillig: Sterbenlassen einer nicht
entscheidungsfähigen Person ohne Lebensaussichten; unfreiwillig: Sterbenlassen einer
entscheidungsfähigen
Person
gegen
deren
Willen.
Aktiv:
freiwillig:
Tötung
einer
entscheidungsfähigen Person auf deren Wunsch; nichtfreiwillig: Tötung einer nicht
entscheidungsfähigen
Person
ohne
Lebensaussichten;
unfreiwillig:
Tötung
einer
entscheidungsfähigen Person gegen deren Willen.' Auch dies sind wichtige Differenzierungen,
weil sie unterschiedliche Formen von Selbst- und Fremdbestimmung thematisieren.
Insgesamt dürfte die notwendige Differenzierung im Begriff der 'Euthanasie' dazu
beitragen (a) unterschiedliche klinische Szenarien der Sterbebegleitung aus ihren jeweils eigenen
Parametern heraus und nicht im Rekurs auf den generellen Begriff von 'Euthanasie' zu bewerten,
(b) prospektiv ethische und medizinische Szenarien von unterschiedlichem Grad technischmedizinischer Intervention bei gleicher menschlicher und mitmenschlicher Zuwendung zum
Patienten zu entwerfen, (c) medizinisch mögliche und ethisch wünschbare Modelle der
Intervention zu beschreiben, die in Richtlinien oder anderen Instrumente für die Hand von
heilberuflich Tätigen aufgegriffen werden können, (d) Formulierungen und Konzepte zu
entwickeln, die der weiteren Entwicklung von WA, BV und VV für die Hand des medizinischen
Laien benutzt werden können.
Es ist deshalb Winau gerade auch angesichts der dunklen nationalsozialistischen
Geschichte zuzustimmen, wenn er das Thema der Euthanasie wieder zurückbindet an den
ärztlichen Auftrag dem einzelnen Patienten gegenüber - aegroti salus suprema lex - und in
diesem Zusammenhang auf die Funktion von Patientenverfügungen für die Ermittlung 'des
59
mutmaßlichen Willens' aufmerksam macht: 'Wenn wir dem Sterbenden das Recht auf den eignen
Tod zuerkennen, dann auch das Recht, auf medikamentöse oder technische Hilfe zu verzichten.
Solange der Patient seinen Willen äußern kann, ist dies kein Problem, problematisch wird
ärztliches Handeln wenn dieser Wille nicht eindeutig sichtbar wird. Eine Patientenverfügung
kann hier eine wesentliche Hilfestellung bieten, den mutmaßlichen Willen zu erkunden'
[1993:21].
3. VORLÄUFIGE ÜBERLEGUNGEN AUS ETHISCHER SICHT
1. Akzeptanz von Wertanamnesen, Betreuungsverfügungen und Vorsorgevollmachten
Die Beiträge von Meran und Koch in dieser Broschüre äußern sich nicht gerade
zuversichtlich, was die Akzeptanz von BV und VV unter Medizinern und Juristen betrifft. Beide
Autoren skizzieren auch die Gründe, welche zur Zurückhaltung von Klinikern und Juristen bei
der Akzeptanz oder auch nur Zurkenntnisnahme von BV und VV geführt haben.
Die philosophische Diskussion um Freitod und 'Sterbehilfe' in der im engeren Sinne
philosophischen und moraltheologischen Literatur ist kontrovers. Auf der einen Seite stehen
christlich geprägte oder durch den kantischen Rigorismus beeinflußte Ablehnungen des Suizides
und der aktiven vom Betroffenen erbetenen Euthanasie, selbst solche, die das Thema des
Sterbens weiterhin in der tabuisierten Sprachlosigkeit lassen wollen. Demgegenüber stehen
Positionen, die teils aus angelsächsischer Tradition [Hoerster 1989; Wolf 1991; Leist 1989], teils
aus klassischem humanistischen Denken heraus [Kamlah 1976; Amery 1976] nicht nur den
Suizid, sondern auch das Töten auf Verlangen ethisch rechtfertigen. Dazwischen befindet sich
eine grobe Zahl von moraltheologischen, medizinethischen und medizinischen Positionen,
welche, das 'Recht auf den eigenen Tod' durch eine sich am salus aegroti orientierende optimale
Palliativmedizin und menschliche Zuwendung, aber eine je nach Einzelfall, dem Wunsch des
Patienten oder seinem 'mutmaßlichen Willen' entsprechend, auf technisch mögliche
Interventionen verzichten, wo sie primär eine Leidensverlängerung und nur sekundär eine
Lebensverlängerung bedeuten würden [Böckle 1979; Winau 1993; Eid 1993; Storck 1993;
Wolkinger 1993].
Wiederholte Meinungsumfragen widersprechen in gewisser Weise der kontroversen
Diskussion unter Intellektuellen. Eine Umfrage von 1993 [sb 1993] hat bestätigt, daß 68% der
Befragten die Forderung vertraten, daß sterbenskranken und schwer leidenden Patienten auf
60
ihren Wunsch hin 'Sterbehilfe' gewährt werden solle, 30% waren dagegen, nur 2% äußerten
keine Meinung; interessant ist, daß die Zahl der Befürworter unter den CDU- und CSU-Wählern
nur auf 58% zurückging, während der Anteil der Wähler von SPD und Grünen entsprechend
höher lag. Die Meinungsumfrage hatte jedoch nicht, wie es wünschenswert gewesen wäre,
präzisiert, was genau unter Sterbehilfe gemeint sein sollte [siehe oben 2.4.: Euthanasie].
2. Wie sollten Wertanamnesen, Betreuungsverfügungen und Vorsorgevollmachten benutzt
werden?
Die Empfehlungen zur Anwendung des Betreuungsgesetzes [BMJ 1992] sehen den
gleichzeitigen Entwurf und die gemeinsame Benutzung der beiden Instrumente von BV und VV
vor. Beide Instrumente gemeinsam oder je allein sollen dem betreuenden Arzt bei
Entscheidungskonflikten helfen, einen Rückschluß auf 'den mutmaßlichen Willen des Patienten'
ziehen zu können. Dieser 'Wille' ist in einem solchen Fall durch eines oder beide Instrumente
stellvertretend repräsentiert. Natürlich kann es zu Entscheidungskonflikten zwischen den
Instrumenten und der Verantwortung des Arztes kommen; einige der Konflikte können durch
verbesserte Instrumente auf der einen Seite und durch eine differentialethische Integration der
Instrumente in die Gesamtdiagnose und -prognose entschärft werden, nicht alle. Neben die
generellen Modelle von WA, BV und VV für die Hand des Gesunden können spezialisierte
Instrumente für bestimmte chronische Krankheiten, auch Altersvorsorgeinstrumente für den Fall
einer Demenz entworfen werden.
Vor allem die neueren Modelle von wertanamnestischen Verfügungen [Kielstein und
Sass 1993] könnten weiterentwickelt werden. Es sind Instrumente, die den Arzt nicht im Detail
medizinischer Intervention bevormunden, was er in welchen Situation tun soll [Uhlenbruck
1992], sondern ihn vielmehr wissen lassen, wen er vor sich hat, welche Person mit welchen
Werten, Wünschen und Hoffnungen, so daß er selbst aus der Bindung an diese zusätzlichen
wertanamnestischen Informationen verantwortliche Schlußfolgerungen für die individuelle, nicht
uniforme, Behandlung ziehen kann. Wertanamnestische Narrationen oder Listen allein schon,
ohne den rechtlichen Charakter der Verfügung, können in der Betreuungssituation hilfreich sein
für Entscheidungen zu einer individualisierten Betreuung.
Unabhängig von der rechtlichen und medizinischen Bedeutung der Verlängerung von
Selbstbestimmung in die Situationen von Koma, Demenz und Sterben hinein, hat aber die
Beschäftigung mit WA, BV und VV für heilberuflich Tätige wie für medizinische Laien eine
61
nicht
zu
unterschätzende
Funktion
als
Selbstzweck
zur
Verbesserung
(a)
der
Vertrauenspartnerschaft in der Arzt-Patient Interaktion vor allem auch in der prädiktiven und
präventiven Situation, (b) der Gesundheitsmündigkeit des medizinischen Laien durch die
Beschäftigung mit Situationen, welche öffentliche Kultur und individuelles Selbst- und
Weltverständnis allzuoft verdrängen, (c) der Beschäftigung mit Werten und Wünschen, welche
in der Betreuungssituation gelten sollen und die im Gespräch mit dem vertrauten Arzt oder
vertrauten Freunden diskutiert werden müssen.
3. Einfluß von Gesetzen auf faktisches Verhalten
Der Einfluß der Gesetzgebung auf das faktische Verhalten von Ärzten und Patienten im
Umgang mit WA, BV und VV scheint nicht sehr grob zu sein. Andere Faktoren bestimmen den
Umgang mit Tod, Leiden und Sterben und die Diskussion um den rechten Umgang mit ihnen:
Kultur, Religion, persönliche Werte oder berufliches Ethos, vor allem sich vielfältig
überlagernde Tabus von der historischen Erfahrung des Mißbrauchs des Wortes 'Euthanasie' bis
hin zu einem in unserer Zeit stärker ausgeprägten Widerwillen, sich überhaupt mit Situationen
von Schwäche, Schmerzen und Sterben zu befassen und diese Dinge hinter die Mauern von
Krankenhäusern und Pflegeheimen zu verstecken.
Der Verzicht des Bürgers, in einer von Selbstbestimmung geprägten Gesellschaft die
individuelle Selbstbestimmung auch in die Nähe von Koma, Demenz und Tod hinein so weit wie
möglich zu sichern, spricht für das zeitgenössische kulturelle und ethische Tabu. Die häufige
Flucht des Mediziners in die Möglichkeiten der Apparatemedizin ist ebenfalls kein Indiz für ein
professionell und individuell enttabuisiertes Verhältnis zu Tod und Sterben, sondern ein Indiz
für die Flucht vor dem Gespräch mit dem Patienten und die Reduktion des Gesprächs auf
technische
Informationen.
Die
Angst
vor
haftungsrechtlichen
Konsequenzen
bei
Behandlungsverzicht oder -reduktion kann zum Teil auch als eine Fluchtbewegung aus der
Sphäre der direkten und situativen Verantwortung für den konkreten Patienten interpretiert
werden; die haftungsrechtlichen Grenzen für das ärztliche Handeln sind nicht so eng gezogen, als
daß sich in ihnen nicht patientenorientiert menschlicher und medizinischer Beistand im Sterben
leisten und verantworten liebe [vgl. Koch in diesem Band].
Angesichts der kulturellen und ethischen Unsicherheiten unserer individuellen,
öffentlichen und medizinischen Kultur im Umgang mit Leiden, Schwäche und Sterben ist es
verständlich, daß Selbstbestimmung, wenn auch nur ansatzweise, selten eingefordert und auch
62
selten angeboten wird. Die Konsequenz ist ein milder, die menschlichen und medizinischen
Erfordernisse der Begleitung schwerstkranker oder sterbenskranker Patienten nicht selten
verdrängender Paternalismus auf der Seite der Medizin und ein teils geduldiges, teils
widerwilliges passives Ertragen und Compliance mit dem 'Unvermeidlichen', das man passiv an
sich herankommen läßt. 'Wer klug ist, sorgt vor', heißt es in der Informationsbroschüre des
Bundesministeriums
für
Justiz
[BMJ
1993]
über
die
Möglichkeiten
des
neuen
Betreuungsgesetzes, Selbstbestimmung durch BV und VV in die Zukunft zu verlängern und zu
sichern; der Bürger hat bisher das Angebot und den Rat nicht angenommen, der Arzt keinen
Versuch zur Hilfestellung gemacht.
Gröber als der Einfluß von bestehenden rechtlichen Regelungen oder Möglichkeiten, die
Selbstbestimmung durch die Entwicklung und den Gebrauch von WA, BV und VV zu fördern,
scheinen mir eine breitere öffentliche Diskussion über bisher tabuisierte Themen medizinischer
Behandlung bei Demenz, Koma und am Lebensende zu sein. Wenn die Kultur das Verhalten
bestimmt und nicht das Gesetz, dann wird nur eine Transformation von kulturellen und ethischen
Prioritäten die Einstellung zu WA, BV und VV ändern. Noch wichtiger ist natürlich die
Diskussion, Erarbeitung und Überprüfung von WA, BV und VV im ärztlichen
Beratungsgespräch.
Wäre es wünschenswert, von Seiten des Gesetzgebers oder der Träger der
Gesundheitspflege Anreize für das Abfassen von BV und VV zu schaffen, um
Entscheidungskonflikte im Interesse des Bürgers zu reduzieren und um überhaupt erst eine
individuelle Betreuung sichern zu können? Wohl nur, wenn das Tabu sich brechen läßt und das
eigentlich selbstverständliche Interesse des selbstbestimmungspflichtigen und -berechtigten
Bürgers sich entfalten kann. Verbesserte Instrumente könnten helfen, das Tabu zu brechen.
Interessant ist, daß von ärztlicher Seite bisher keine Versuche unternommen werden, die als
unzureichend bezeichneten Instrumente zu verbessern.
4. Konfliktlösung: Recht und Verhalten im kulturellen Kontext
Es scheint eher eine Frage der Aufklärung als der des Rechtes zu sein, den 'Ausgang aus
der selbstverschuldeten Unmündigkeit' und Sprachlosigkeit angesichts von Koma, Demenz und
Sterben zu wagen. Drei Fragenkomplexe lassen sich umreiben, innerhalb derer die weitere
Geschichte von WA, BV und VV und mit ihr die Selbstbestimmung auch in diese dunklen
Phasen des Lebens hinein sich entscheiden werden.
63
1. Veränderung. (a) Wie kann eine Veränderung der Einstellung zu Demenz, Leiden und
Sterben erreicht werden? (b) Aus welchen Gründen (medizinischen, ethischen, rechtlichen,
ökonomischen) ist eine Veränderung erwünscht? (c) Wer und wo sind die vermutlichen Träger
künftiger Veränderung, Ärzte, Standesvertretungen, Patienten, Kassen oder der Gesetzgeber? (d)
Wer will Veränderungen und welche? (e) Was kann der transkulturelle und internationale
Vergleich mit Einstellungen und Regelungen andere Kulturen und Länder beitragen zur Analyse
des Veränderungspotentials unserer Versorgungs-, Verhaltens- und Rechtssituation?
2.Werte, Wünsche, Verfügungen. (a) Wie verhalten sich aktuelle individuelle Werte und
die Projektionen dieser Werte auf die Zukunft zu den tatsächlichen Werten und Wünschen
innerhalb einer zukünftigen Situation? (b) Wie kann das Risiko des projektiven Entwurfs von
Werten und Wünschen in eine unbekannte Situation hinein reduziert werden? (c) Welche Rolle
kann das wiederholte Beratungsgespräch mit dem Arzt spielen, (d) welche die andauernde
Kommunikation mit dem oder den potentiellen Betreuern? (e) Inwieweit kann eine optimale
Palliativmedizin und eine gute menschliche und medizinische Begleitung chronischer
Multimorbidität, Demenz und des Sterbeprozesses selbst die Notwendigkeit von BV und VV
überflüssig machen oder reduzieren?
3. Realisierung und Implementierung. (a) Sollten nicht an WA und BV ebenso wie an
Grundstücksverträge oder Testamente gewisse Formvorschriften geknüpft werden; wenn man
vernünftigerweise kein kompliziertes Testament ohne die Hilfe eines Anwalts anfertigt, wieviel
weniger sollte man eine BV ohne die Beratung und Hilfe durch einen erfahrenen Arzt des
Vertrauens aufstellen können? (b) Welche Rolle können Kirchen oder Patientengruppen spielen
bei der Durchbrechung des Tabus und der Entwicklung und Verbreitung von guten WA, BV und
VV Instrumenten?, (c) welche Rolle die Ärzteschaft oder individuelle Ärzte und Fachärzte? (d)
Könnte eine bessere Honorierung des ärztlichen Beratungsgesprächs mindestens vergleichbar
derjenigen für eine einfache Sonographie Veränderungen in der Einstellung von Ärzten zum
Beratungsgespräch im allgemeinen und zur Betreuungsverfügung im besonderen nach sich
ziehen und damit auch mittelbar eine Einstellungsänderung beim Patienten bewirken?
64
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Heft 93
PATIENTENVERFÜGUNG UND STELLVERTRETENDE ENTSCHEIDUNG
IN RECHTLICHER, MEDIZINISCHER UND ETHISCHER SICHT
Hans-Georg Koch
Johannes Gobertus Meran
Hans-Martin Sass
1996
71
AUTOREN:
Dr. jur. Hans-Georg Koch, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht,
Freiburg i Br.
Dr. med. Johannes Gobertus Meran, Hämatologische Abteilung der Medizinischen Hochschule
Hannover, Hannover
Prof. Dr. phil. Hans-Martin Sass, Institut für Philosophie, Ruhr Universität, Bochum, und
Kennedy Institute of Ethics, Georgetown University, Washington DC
Herausgeber:
Prof. Dr. phil. Hans-Martin Sass
Prof. Dr. med. Herbert Viefhues
Prof. Dr. med. Michael Zenz
Zentrum für Medizinische Ethik Bochum
Ruhr-Universität
44780 Bochum
TEL (0234) 32-22750/49
FAX +49 234 3214-598
Email: [email protected]
Internet: http://www.medizinethik-bochum.de
Der Inhalt der veröffentlichten Beiträge deckt sich nicht immer mit der Auffassung des
ZENTRUMS FÜR MEDIZINISCHE ETHIK BOCHUM. Er wird allein von den Autoren
verantwortet.
Schutzgebühr:
Bankverbindung:
DM 10,Sparkasse Bochum
Kto.Nr. 133.189.035
BLZ: 430 500 01
ISBN 3-927855-72-3 [1. Auflage Juni 1994; 2. Auflage April 1995; 3. Auflage April 1996]
72
73
ZUSAMMENFASSUNG:
Die drei Beiträge dieses Bändchens beschreiben den Stand der deutschsprachigen Diskussion um
Patientenverfügungen und Stellvertretende Entscheidungen aus rechtlicher, medizinischer und
ethischer Sicht. Auf die Diskussion von Fällen folgen jeweils eine Analyse der einschlägigen
Literatur sowie abschließende Bemerkungen des Verfassers. Es handelt sich um überarbeitete
Vorträge im Rahmen eines von der Stiftung Volkswagenwerk im Frühjahr 1994 geförderten
Symposiums zu Fragen von Recht und Verhalten an der Georgetown Universität, das die
Problematik von Patientenverfügungen und Stellvertretenden Entscheidungen in transkultureller
und interdisziplinärer Perspektive unter Beteiligung von Medizinern, Juristen und Ethikern aus
Japan, den USA und der Bundesrepublik behandelte.
ABSTRACT:
The contributions by Koch, Meran, and Sass present legal, medical, and bioethical aspects of
Advance Directives and Surrogate Decision Making in Germany. The papers discuss cases,
examine the literature in their field, and review future issues and challenges. Earlier versions
were presented at a symposium on Law and Behavior, sponsored by the Volkswagen Foundation
and held at Georgetown University in the spring of 1994. The symposium addressed issues of
Advance Directives and Surrogate Decision Making in a transcultural and interdisciplinary
setting; it included physicians, legal experts, and ethicists from Japan, the US, and Germany.
ISBN 3-927855-72-3
74
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