Otto-von-Guericke Universität Magdeburg Fakultät für Naturwissenschaften Institut für Theoretische Physik Theoretische Physik IV Vorlesungsskript zur Statistik Vorlesender: Gesetzt in LATEX: - Prof. Dr. K. Kassner Tobias Leutritz unrevidierte Version - Inhaltsverzeichnis 1 Vorbemerkungen 1.1 Kurzer geschichtlicher Abriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Gegenüberstellung Thermodynamik - Statistik . . . . . . . . 1.3 Gegenstand und Ansatzpunkt der Statistik . . . . . . . . . . 1.4 Elemente der Wahrscheinlichkeitsrechnung . . . . . . . . . . . 1.4.1 Wahrscheinlichkeitsraum und Wahrscheinlichkeit . . . 1.4.2 Sätze über Wahrscheinlichkeiten . . . . . . . . . . . . 1.4.3 Bedingte Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.4 Unabhängige Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.5 Zufallsvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.6 Erwartungswerte und Momente einer Zufallsvariablen 1.4.7 Charakteristische Funktion . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.8 Umrechnung von Wahrscheinlichkeitsdichten . . . . . 1.4.9 Bertrand’sches Paradoxon . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Wichtige Wahrscheinlichkeitsverteilungen . . . . . . . . . . . 1.5.1 Binomialverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2 Poisson-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.3 Gesetze der großen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 3 3 4 4 6 6 6 7 8 10 11 12 14 14 16 16 2 Grundprinzipien der Statistik 2.1 Phasenraum, Mikro- und Makrozustände . . . . . . . . . . . 2.2 Zeit- und Ensemblemittelwerte. Die statistische Verteilung . . 2.3 Die statistische Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Der Liouville’sche Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Die Rolle der Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Mikrokanonische Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Detaillierte Ableitung der mikrokanonischen Verteilung 2.6.2 Irrelevanz von Ergodizität und Mischen . . . . . . . . 2.7 Die Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1 Volumina und Oberflächen in hochdim. Räumen . . . 2.7.2 Eigenschaften der Entropie . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.3 Entropiesatz, Nichtgleichgewichtsentropie . . . . . . . 2.7.4 Philosoph. Probleme mit dem Anwachsen der Entropie 2.7.4.1 Reversible und irreversible Prozesse . . . . . 2.7.5 Andere Entropiedef. in der mikrokanon. Gesamtheit . 18 18 21 22 24 27 28 28 31 32 34 37 41 42 44 45 3 Die 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 47 47 48 49 51 53 thermodynamischen Größen Grundbegriffe: Systeme, Phasen, Zustandsgrößen . . . Die Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Makroskopische Bewegung, Positivität der Temperatur Adiabatische Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Arbeit und Wärmemenge, innere Energie, Enthalpie . . . . . 55 4 Anwendungen der mikrokanonischen Gesamtheit 57 4.1 Gleichverteilungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4.2 Das ideale Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4.3 Gibbs’ Paradoxon und korrekte Boltzmann-Abzählung . . . . 63 5 Die kanonische Gesamtheit 66 5.1 Ableitung der Verteilungsdichte im kanonischen Ensemble . . 66 5.2 Zustandssumme und freie Energie . . . . . . . . . . . . . . . . 68 6 Anwendungen der kanonischen Verteilung 6.1 Gleichverteilungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Zustandssumme des idealen Gases . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Maxwell-Verteilung und barometrische Höhenformel 6.3 Reales Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Energieschwankungen in der kanonischen Gesamtheit . . . . 6.5 Energieverteilung in der kanonischen Gesamtheit . . . . . . 7 Die 7.1 7.2 7.3 . . . . . . 72 72 72 73 74 79 80 großkanonische Gesamtheit 82 Mittelwerte in der großkanonischen Verteilung . . . . . . . . . 84 Ideales Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Dichteschwankungen in der großkanonischen Gesamtheit . . . 88 8 Grundlagen der phänomenologischen Thermodynamik 8.1 Thermodynamisches Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Temperatur, Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Der erste Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Anwendung: Ausdehnung eines idealen Gases in ein Vakuum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Der zweite Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.1 Reversible und irreversible Vorgänge . . . . . . . . . . 8.4.2 Formulierungen des zweiten Hauptsatzes . . . . . . . . 8.4.3 Die Carnot-Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.4 Die absolute Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.4.1 Zusammenhang mit Temperaturdefinition aus Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.5 Endoreversible Wärmekraftmaschinen . . . . . . . . . 8.4.6 Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.6.1 Clausius’scher Satz . . . . . . . . . . . . . . 8.4.6.2 Eigenschaften der Entropie . . . . . . . . . . 8.4.6.3 Beispiele zur Entropieberechnung . . . . . . 8.4.6.4 Abgeschlossene Systeme . . . . . . . . . . . . 8.4.6.5 Fließgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . ii 91 91 92 93 97 98 98 100 102 105 107 109 111 112 113 114 116 117 8.4.6.6 8.5 Thermodynamik irreversibler Prozesse und Entropieproduktion . . . . . . . . . . . . . . 8.4.7 Unmittelbare Folgerungen aus dem zweiten Hauptsatz Der dritte Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.1 Nernst’sche Regel (3. Hauptsatz) . . . . . . . . . . . . 8.5.2 Folgerungen aus dem 3. Hauptsatz . . . . . . . . . . . iii 117 120 123 124 124 1 Vorbemerkungen Theorie der Wärme unter Betrachtung ihrer • Erscheinungsformen und • Wirkungen. Theorie makroskopischer Systeme (> 1023 Teilchen) Theorie irreversibler Vorgänge 1.1 Kurzer geschichtlicher Abriss bis ins 19. Jahrhundert: Wärme = unwägbarer Stoff (Phlogiston, Caloricum) Francis Bacon (1561-1626) Vermutung: Wärme beruht auf Bewegung von Molekülen Temperaturbegriff und seine Quantifizierung - eng verknüpft mit Thermometerherstellung Gasthermometer: Galileo Galilei (1564-1642) Evangelista Torricelli (1608-1647) Otto von Guericke (1602-1686) Problem: nicht reproduzierbare Anzeige (Luftdruck, Konstruktion) Flüssigkeitsthermometer: Daniel Fahrenheit (1686-1736) Durchbruch! begriffliche Unterscheidung von Temperatur (Intensität) und Wärmemenge (Quantität) durch Joseph Black (1728-1793) 1760: 1 Kalorie = Wärmemenge, die 1 g Wasser um 1◦ C erwärmt Wärme spezifische latente Gasgesetze Voraussetzung Kolbenluftpumpe (Guericke) 1654 Regensburg: Halbkugelversuch Boyle 1661, Townley 1669, Mariotte 1676 Boyle-Mariottsches Gesetz p · V = const(T ) Gay-Lussac ≈ 1800 Gay-Lussac’sches Gesetz: V = V0 (1 + αT )(p = const.) α = const. ∀ Gase 1 Avogadro 1811 - Satz von Avogadro: gleiche Volumina verschiedener Gase enthalten bei gleichem Druck und gleicher Temperatur gleich viele Teilchen ; Zustandsgleichung idealer Gase: p·V =N ·k·T Natur der Wärme Joseph B. Fourier: Theorie der Wärmeleitung, 1811-1822 Wärmeleitungsgleichung, stützt Stoffhypothese Sadi Carnot: reversible Kreisprozesse, Wirkungsgrad 1824 Julius Robert Mayer (1814-1879): Wärme ist eine Energieform 1. Hauptsatz der Thermodynamik James Clerk Maxwell 1860, Ludwig Boltzmann 1860-1877: mechanische Wärmetheorie Wärme: kinetische Molekularenergie, Energie des ungeordneten Anteils der Molekularbewegung Temperatur: Eigenschaft eines Körpers, aber auch: Eigenschaft der Wärme Verteilung derselben Wärmemenge auf weniger Moleküle → höhere Temperatur Rudolf Clausius 1850, William Thomson (=Kelvin) 1892, Max Planck (18581947): 2. Hauptsatz der Thermodynamik Entropie (Clausius 1854) τ ρoπoσ (Wendung) bis 1900: nach 1900: heute: Entwicklung der Grundlagen der statistischen Mechanik durch L. Boltzmann, J. C. Maxwell, Josiah Willard Gibbs (Vereinheitlichung) Einstein, Smoluchowski, Onsager u.v.a.m. irreversible Thermodynamik Nichtgleichgewichtsphänomene, Strukturbildung usw. 2 1.2 Gegenüberstellung Thermodynamik - Statistik Thermodynamik • makroskopisch, phänomenologisch (bottom-up) Statistik Theorie der Wärme • mikroskopisch (top-down) • begründet und umfasst Th. • a priori: viele Variable, aber Reduktion der Beschreibung, Auffinden makroskopisch relavanter Größen → wenige Variable → Ableitung makroskopischer Gesetze aus Grundgesetzen der klassischen Mechanik und Quantenmechanik • wenige Variable (Temperatur, Druck, Volumen, Magnetisiserung) • Anzahl Variablen ≫ Anzahl Systemteilchen • allgemein und speziell - umfasst Thermodynamik - Voraussetzungen über Eigenschaften spezieller Systeme • allgemein → Beschränkung: kann spezielle Materialeigenschaften nicht erklären 1.3 Gegenstand und Ansatzpunkt der Statistik Gegenstand: • Verhalten und Eigenschaften makroskopischer Körper • allgemeiner Charakter der resultierenden Gesetzmäßigkeiten weitgehend unabhängig davon, ob – klassische Mechanik oder – Quantenmechanik klassische Mechanik: vollständige Information über ein System: Orte und Impulse für einen Zeitpunkt und Bewegungsgleichungen → praktisch unmöglich: • Spezifikation der Anfangsbedingungen • Integration je mehr Teilchen, desto komplexer!? Überraschung: neue einfache Gesetzmäßigkeiten auf Grund der großen Teilchenzahl ← Wahrscheinlichkeitsrechnung ; neue nichtmechanische Größen 3 1.4 Elemente der Wahrscheinlichkeitsrechnung Untersuchung der Gesetzmäßigkeiten zufälliger Ereignisse zufällige Ereignisse Ereignisse von beschränkter Vorhersagbarkeit ; Zufall ist Ausdruck mangelnden Wissens Zufallsexperiment Beobachtung eines zufälligen Ereignisses, Messung einer Zufallsvariablen; Zufallsexperiment muss im Prinzip beliebig oft wiederholbar sein, relative Häufigkeit des Messergebnisses erlaubt Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit seines Auftretens Zufallsvariable in der Physik: Beobachtungsgröße, die eindeutige Werte aus der Grundmenge annehmen muss • diskrete oder • kontinuierliche Werte diskrete Zufallsvariable xi , i = 1, . . ., e N Versuche, Ni mal trete xi auf Ni ; HN (xi ) = : relative Häufigkeit N Pe i=1 HN (xi ) = 1 P N→∞ Zufallsexperiment: HN (xi ) → P(xi ) mit ei=1 P (xi ) = 1 P(xi ): Wahrscheinlichkeit des Ereignisses xi Symmetrieüberlegungen helfen oft, a-priori-Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen ⋆ Beispiel: Münzwurf P(Kopf) = P(Zahl) = 12 Würfel P(xi ) = 61 , xi ∈ {1, 2, 3, 4, 5, 6} 1.4.1 Wahrscheinlichkeitsraum und Wahrscheinlichkeit Sei Ω eine beliebige Menge von Elementen ω, ω ein Elementarereignis. Teilmenge A von Ω Menge B von Untermengen der Menge Ω heißt Borelkörper oder σAlgebra, wenn gilt: i) B enthält Ω und ∅ ii) gehört zu B eine endliche oder S abzählbare Folge von Untermengen T∞ A1 , A2 , ... so auch die Vereinigung ∞ k=1 Ak und der Durchschnitt k=1 Ak iii) A1 ∈ B, A2 ∈ B ⇒ A2 \A1 ∈ B Elemente von B: Zufallsereignisse oder Ereignisse Sprechweisen: 4 • C = A1 ∩ A2 ∩ . . . ∩ An C tritt ein, wenn A1 , A2 , . . . , An alle eintreten • C = A1 ∪ A2 ∪ . . . ∪ An C tritt ein, wenn wenigstens eines der Ereignisse Ai eintritt • C = Ω\A1 = A zu A komplementäres Ereignis • A = ∅ unmögliches Ereignis • A = Ω sicheres Ereignis • A ∩ B = ∅ disjunkte Ereignisse • A ⊂ B A impliziert B • vollständiges System von Ereignissen A1 , A2 , . . . , Al , . . . S Aj ∩ Ak = ∅ für j 6= k und ∞ A = Ω k=1 k • Paar (Ω, B): messbarer Raum A ∈ B ⇔ A bezüglich B messbar, A ist B-messbar Sei P(.) eine auf dem Körper B definierte Funktion P: B 7→ R (d. h. für jedes A ∈ B existiert P (A)) mit i) P (A) ≥ 0 (Nichtnegativität) ii) P (Ω) = 1 (Normiertheit) iii) Für A1 , A2 , . . . ∈ B eine endliche oder aabzählbare Folge disjunkter S P∞ Ereignisse, d. h. Ai ∩Aj = ∅ für i 6= j, gilt: P ( ∞ A ) = k=1 k k=1 P (Ak ) (Additivität) P(A): Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A (Ω, B, P): Wahrscheinlichkeitsraum Ω - Menge aller Elementarereignisse B - Borelkörper der Untermengen von Ω P - nicht negatives, normiertes, additives, abzählbares Maß ⋆ Beispiel: Würfel, Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 auf dessen Flächen, Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6} zufällige Ereignisse: unmögliches Ereignis: ∅ (A 6= ∅) Anzahl: 60 = 1 Ereignisse mit einem Element (Elementarereignis): 6 Anzahl: 1 = 6 Ereignis mit zweiElementen (einmal gewürfelt, d. h. 1 oder 2 ...): {1, 2}, {1, 3}, . . . {5, 6} Anzahl: 62 = 15 5 Ereignis mit drei Elementen: {1, 2, 3}, . . . {4, 5,6} Anzahl: · · · 63 = 20, 64 = 15, 65 = 6, 66 = 1 Ereignis mit sechs Elementen: Ω Gesamtmächtigkeit der Menge aller zufälligen Ereignisse: P 6 6 6 = 64 = 2 k=0 k 1.4.2 Sätze über Wahrscheinlichkeiten Seien A, B ∈ B P (A ∪ B) = P (A) + P (B) − P (A ∩ B) A, B diskjunkt ⇒ P (A ∪ B) = P (A) + P (B) A ∈ B ; Ā = Ω\A ∈ B A ∪ Ā = Ω (4) A ∩ Ā = ∅ P (Ā) = 1 − P (A) 1.4.3 (3) (5) Bedingte Wahrscheinlichkeit Seien A, B ∈ B, dann bezeichnet man mit P (A|B) die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von A unter der Bedingung, dass B eingetreten ist. Definierende Gleichung: P (A ∩ B) = P (A) · P (A|B) P (A ∩ B ;P (A|B) = falls P (B) 6= 0 P (B) (6) P (A1 ∩ A2 ∩ A3 ∩ . . . An ) = P (A1 ) · P (A2 ) · P (A2 |A1 ) · P (A3 |A1 ∩ A2 )· . . . P (An |A1 ∩ A2 ∩ . . . An−1 ) (7) Sei A1 , A2 , . . . Ak ein vollständiges System von Ereignissen, so folgt B = B∩Ω = B ∩ (A1 ∪ A2 ∪ . . . Ak ∪ . . .) = (B ∩ A1 ) ∪ (B ∩ A2 ) ∪ . . . ; P (B) = P (A1 )P (B|A1 ) + P (A2 )P (B|A2 ) + · · · + P (Ak )P (B|Ak ) + · · · (Satz von der vollständigen Wahrscheinlichkeit) 1.4.4 Unabhängige Ereignisse • A, B ∈ B unabhängig, wenn gilt: P (A ∩ B) = P (A) · P (B) ; P (A|B) = P (A) , P (B|A) = P (B) 6 (9) • A1 , A2 , . . . An ∈ B sind en bloc unabhängig, wenn für jede Folge natürlicher Zahlen 1 ≤ α1 ≤ α2 ≤ · · · ≤ n gilt P (Aα1 ∩ Aα2 ∩ . . . Aαk ) = P (Aα1 ) · P (Aα2 ) · · · · · P (Aαk ) 1.4.5 (10) Zufallsvariablen Gegeben: (Ω, B, P ) Eine reelle Funktion ξ : Ω 7→ R, die auf der Menge der Elementarereignisse definiert ist und bezüglich B messbar ist, d. h. dass für jedes reelle x {ω : ξ(ω) < x} ∈ B gilt, heißt Zufallsvariable. Konvention: statt {ω : ξ(ω) < x} ∈ A schreibt man oft: ξ ∈ A Die Funktion F(x) = P({ω : ξ(ω) < x}) = P(ξ < x)) x ∈ R (11) heißt Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen ξ. Eigenschaften: F (−∞) = 0 F (∞) = 1 F (x) ր, linksseitig stetig P (a ≤ ξ < b) = F (b) − F (b) für a < b mehrdimensionale Zufallsvariablen ~ Vektorfunktion ξ(ω) = (ξ1 (ω), ξ2 (ω), . . . ξn (ω)) B messbar, d. h. für ~x = (x1 , x2 . . . xn ) ist (ω ∈ Ω) definiert auf Ω und {ω : ξ1 (ω) < x1 , ξ2 (ω) < x2 , . . . ξn (ω) < xn } ∈ B heißt mehrdimensionale Zufallsvariable, F(x̃)= P({ω : ξ1 (ω) < x1 , ξ2 (ω) < x2 , . . . ξn (ω) < xn }) = P(ξ1 < x1 , ξ2 < x2 , . . . ξn < xn ) Verteilungsfunktion. ⋆ Beispiel: Wahrscheinlichkeit, dass ξ~ im Quader ak ≤ xk ≤ bk (für ak ≤ bk , k = 1, . . . n) (12) k = 1, . . . n P (ak ≤ ξk < bk , k = 1, . . . n) = F (b1 , b2 , . . . bn ) − F (a1 , b1 , . . . bn ) − F (b1 , a2 , . . . bn ) − . . . − F (b1 , b2 , . . . an ) + F (a1 , a2 , . . . bn ) + · · · + (−1)n F (a1 , a2 , . . . an ) 7 (13) b2 F (b1 , b2 ) F (a1 , b2 ) a2 F (b1 , a2 ) F (a1 , a2 ) a1 b1 Funktionen von Zufallsvariablen sind wieder Zufallsvariablen ~ ~ ξ) ~y = Φ( Verteilung σ(~y ) = σ(y1 , y2 , . . . yn ) ~ < y1 , Φ2 (ξ) ~ < y2 , . . . Φn (ξ) ~ < yn }) = P ({ω : Φ1 (ξ) (14) Unabhängigkeit zweier Zufallvariablen ξ1 , ξ2 : P (ξ1 < x1 , ξ2 < x2 ) = P (ξ1 < x1 )P (ξ2 < x2 ) ∀x1 , x2 ∈ R (15) Z x2 Z x1 dx′2 f (x′1 , x′2 ) kontinuierliche Zufallsvariable dx′1 F (x1 , x2 ) = −∞ −∞ Unabhängigkeit: f (x1 , x2 ) = f (x1 ) · f (x2 ) ∀x1 , x2 ∈ R (16a) Für diskrete Zufallsvariablen: P (ξ1 = x1 , ξ2 = x2 ) = P (ξ1 = x1 )P (ξ2 = x2 ) 1.4.6 ∀x1 , x2 ∈ W b (16b) Erwartungswerte und Momente einer Zufallsvariablen Sei (Ω, B, P ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, ξ : Ω 7→ R eine Zufallsvariable. Dann: Erwartungswert: Z ξ(ω)dP (17) E[ξ] = Ω Schreibweise: hξi , ξ̄ Ist F (x) die Verteilungsfunktion von ξ, so lässt sich (17) schreiben als Z ∞ hξi = xdF (x) (18) −∞ 8 Ist ξ absolut stetige Zufallsvariable, so gilt Z ∞ xf (x)dx hξi = (19) −∞ für diskrete Zufallsvariable ξ gilt entsprechend hξi = ∞(N ) X xk pk (20) k=1 Für unabhängige Zufallsvariablen gilt hξ1 , ξ2 i = hξ1 i hξ2 i (21) Momente mr = hξ r i r = 0, 1, 2, . . . (22) heißt Moment r-ter Ordnung der Zufallsvariable ξ. Existiert das Moment r-ter Ordnung, so existieren alle Momente der Ordnungen 0 bis r-1. Zentrales Moment r-ter Ordnung µr = h(ξ − hξi)n i = h(ξ − m1 )n i Varianz: µ2 = (ξ − hξi)2 1/2 Standardabweichung: σ = ( (ξ − hξi)2 )1/2 = ∆ξ 2 (23) (24) (25) Quantile Sei xp eine Zahl P (ξ ≤ xp ) ≥ p P (ξ ≤ xp ) ≥ 1 − p p ∈ [0, 1] (26) ⇒ xp ist Quantil p-ter Ordnung Quantil der Ordnung 1/2: Median ⋆ Beispiel: {−1, 0, 1}, pi = 1 ⇒ 0 ist Median 3 0 ist Quantil der Ordnung 2 1 oder 3 3 mehrdimensionale Zufallsvariable: Kovarianz einer zweidimensionalen Zufallsvariablen: zweites gemischtes zentrales Moment σv (ξ1 , ξ2 ) = µ11 = h(ξ1 − hξ1 i)(ξ2 − hξ2 i)i (27) Korrelationskoeffizient: ̺= µ11 h(ξ1 − hξ1 i)(ξ2 − hξ2 i)i = σ1 σ2 h(ξ1 − hξ1 i)2 i1/2 h(ξ2 − hξ2 i)2 i1/2 9 (28) 1.4.7 Charakteristische Funktion Zufallsvariable ξ R∞ ϕ(t) = eitξ = −∞ eitx dF (x) (29) Die charakteristische Funktion (29) von ξ ist für jede Zufallsvariable t ∈ R definiert, ist stetig und es gilt: ϕ(0) = 1 |ϕ(t)| ≤ 1 ϕ((−1) · t) = ϕ(t)∗ ϕ(t) bestimmt eindeutig die Verteilung F (x) a) kontinuierliche Zufallsvariable Z ∞ eitx f (x)dx ϕ(t) = −∞ Z ∞ 1 f (x) = e−itx ϕ(t)dt 2π −∞ (30) Fouriertransformation b) diskrete Zufallsvariable ϕ(t) = ∞ X eitxk pk (31) k=1 ∞ X k=1 1 pk δ(x − xk ) = 2π Z ∞ e−itx ϕ(t)dt −∞ Nimmt xk nur die ganzzahligen Werte . . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . . an ; Neudefinition (via Fourierreihen) ϕ(t) = ∞ X eikt pk (32) k=−∞ 1 pk = 2π Z ∞ e−ikt ϕ(t)dt −∞ Charakteristische Funktion einer Summe von unabhängigen Zufallsvariablen: ϕξ1 +ξ2 (t) = ϕξ1 (t) · ϕξ2 (t) (33) Berechnung von Momenten (wenn existent) aus charakteristischer Funktion: D E dk ϕ(t) ξ k = (−i)k |t=0 = (−i)k ϕ(k) (0) dtk 10 (34) mehrdimensionale Zufallsvariable: D D E ~ ϕ(t) = eit~x E ξ1 k1 ξ2 k2 · · · ξn kn = (−i)k1 +k2 +···+kn 1.4.8 (35) ∂ k1 +k2 +···+kn ϕ(t)|t=0 · · · ∂tn kn ∂t1 k1 ∂t2 k2 (36) Umrechnung von Wahrscheinlichkeitsdichten Gegeben sei f (x), die Wahrscheinlichkeitsdichte der Zufallsvariablen ξ. Sei η = Φ(ξ). Was ist die Wahrscheinlichkeitsdichte g(y) von η? gilt nur, wenn f (x)dx = ±g(y)dy dx ; g(y) = f (x) y = Φ(x) dy dx dy (37) nicht das Vorzeichen wechselt (also Φ monoton ist) ⋆ Beispiel: f (x) = 12 x ∈ [−1, 1] y = x2 , gesucht: g(y). Offenbar gilt: y ∈ [0, 1] ? g(y) = f (x) Z 0 1 g(y)dy = 1 4 Z 1 0 1 dy | | dx = f (x) 1 1 = √ |2x| 4 y 1 1√ 1 1 y|0 = 6= 1 √ dy = y 2 2 Da jeder y-Wert zweimal vorkommt, gilt: 1 g(y) = √ 2 y Verallgemeinerung auf mehrere Dimensionen: ~ ~ ξ) ~y = Φ( ∂yi f (x) = g(~y ) det ∂xk (38) funktioniert nur für dim ~y = dim ξ~ f (x) = hδ(ξ − x)i diskrete Zufallsvariable: f (x) = kontinuierliche Zufallsvariable: f (x) = (39) X δ(xk − x)pk Z k ∞ −∞ 11 δ(x − y)f (y)dy (40) (41) η = Φ(ξ) g(y) = hδ(η − y)i = hδ(Φ(ξ) − y)i Z ∞ δ(Φ(x) − y)f (x)dx = ; −∞ δ(Φ(x) − y) = 1 X xν Nullstellen von Φ(x) − y liefert: g(y) = |Φ′ (xν )| (42) δ(xν − x) 1 f (xν ) xν dΦ dx x=xν P (43) xν = φ−1 (y) (44) D ER R∞ ∞ ~ ~ x) − ~y )f (~x)dx1 · · · dxn g(~y ) = hδ(~η − ~y )i = δ(Φ(ξ) − ~y ) −∞ · · · −∞ δ(Φ(~ (45) 1.4.9 Bertrand’sches Paradoxon Notwendigkeit klarer Konzepte (wie z. B. Elementarereignis, Borel-Messbarkeit) zeigt sich am Scheitern naiver Überlegungen für gewisse wahrscheinlichkeitstheoretische Probleme. Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig in einen Kreis eingezeichnete Sehne länger ist, als die Seite eines dem Kreis einbeschriebenen gleichseitigen Dreiecks? (zufällig = Richtung der Sehne zufällig, ein beliebiger Punkt der Sehne zufällig ausgewählt) Antwort 1: Offensichtlich sind alle Richtungen gleichwertig, d. h. wir können uns auf die Betrachtung von Sehnen vorgegebener Richtung beschränken. Sehnen senkrecht zu gegebenem Durchmesser: -1 − 12 0 1 2 1 x 12 Messen wir Längen in Einheiten des Kreisradius R, so schneidet eine Seite eines wie gezeichnet liegenden gleichseitigen dem Kreis einbeschriebenen Dreiecks den Durchmesser bei der Koordinate x = 21 . Liegt die zufällig gewählte Seite zwischen der gestrichelten Sehne bei x = − 12 und der bei x = 12 , so ist sie länger als die Seite des Dreiecks. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Sehne in diesem Bereich liegt, entspricht dem Verhältnis der Längen der Strecke von − 12 bis + 21 zum Gesamtdurchmesser. Sie beträgt also: 1 R = p1 = 2R 2 Antwort 2: Offensichtlich sind alle Punkte auf dem Kreisumfang gleichwertig als Endpunkte der Sehne. Wir können uns also auf die Betrachtung von Sehnen beschränken, die denselben Endpunkt haben: P β α β Länger als die Seite eines gleichseitigen Dreiecks sind alle Sehnen im Winkelbereich α; in dem Bereich β liegende sind kürzer. Nun ist α = β = 60◦ . Daraus folgt, dass die gesuchte Wahrscheinlichkeit gegeben ist durch 1 α = p2 = α + 2β 3 Was ist schiefgegangen? Wir haben unterschiedliche Vorstellungen zu Grunde gelegt, was gleich wahrscheinlich“ ist. Im einen Fall sind es parallele ” ” Streifen“, im anderen Winkelbereiche“ (aber alles unendlich dünn). ” Wir haben keine Elementarereignisse ω mit a-priori-Wahrscheinlichkeiten definiert, aus denen sich die Gesamtmenge Ω durch abzählbare Vereinigungen ergäbe. Eine einzelne Richtung oder Länge einer Sehne hat das Maß Null, die Vereinigung abzählbar vieler Sehnen hat immer noch das Maß Null. Die gesamte Kreisfläche ergibt sich erst aus einer überabzählbaren Vereinigung. 13 1.5 Wichtige Wahrscheinlichkeitsverteilungen 1.5.1 Binomialverteilung Münzwurfexperiment mit a-priori-Wahrscheinlichkeiten p für x1 = Kopf (Wappen), 1−p für x2 = Zahl aufeinanderfolgende Würfe statistisch unabhängig Wahrscheinlichkeit, mit N Würfen die Folge WZZWZWW. . . zu erhhalten: p(1 − p)2 p(1 − p)p2 · · · {z } | N Faktoren Wahrscheinlichkeit, k-mal Wappen und (N-k)-mal Zahl zu erhalten ; multipliziere pk (1 − p)N −k mit Anzahl der möglichen Sequenzen zu k Wappen und (N-k) Zahlen Nk W(N, k, p) = N k p (1 − p)N−k k Binomialverteilung (46) maximale Wahrscheinlichkeit? N! pk+1 (1 − p)N −k−1 (k + 1)!(N − (k + 1))! p N −k N! pk (1 − p)N −k = 1 − p k + 1 (N − k)!k! | {z }| {z } W (N, k + 1, p) = αk W (N,k,p) W ր, solange αk > 1 W ց, solange αk < 1 ⇒ Postition des Maximums, wenn αk = 1 αk ⇔ pN − /pk // = k − /kp // + 1 − p ⇔ k = k̂ = 1 − p(N + 1) 14 (48) Mittelwert: hki = N X k=0 N X k N! pk (1 − p)N −k k!(N − k)! N! pk (1 − p)N −k (k − 1)!(N − k)! k=0 N X N − 1 k−1 Np = p (1 − p)N −1−(k−1) k−1 k=0 N X N − 1 k−1 = Np p (1 − p)N −1−(k−1) k−1 k=1 N −1 X N −1 k p (1 − p)N −1−k = Np k {z } |k=0 = =1 ⇒ k̄ = hki = N p (49) k̄ = N p = (n + 1)p − 1 + 1 − p = −(k̂ + 1 − p) N ≫ 1, k̄ ≫ 1, k ≫ 1 ; ln W (k) ≈ ln(W (k̄)) + + d ln W (k)|k=k̄ dk 1 d2 ln W (k)|k=k̄ − (k − k̄)2 + · · · 2 dk 2 analytische Berechnung mit Hilfe der Stirlingschen Formel √ n! = nn e−n 2πn · eϑ/12n (50) wobei ϑ ∈ R mit 0 ≤ ϑ ≤ 1 √ ln n! = (n + 21 ) ln n − n + ln 2π + O( n1 ) ⇒ (51) d ln W (k)|k=k̄ ≈ 0 dk ; Näherungsformel von Laplace W (k) ≈ W̄ (k) (k − N p)2 1 exp {− } W̄ (k) = p 2N p(1 − p) 2πN p(1 − p) 15 (52) 1.5.2 Poisson-Verteilung k̄ = N p Laplace-Näherung für Binomialverteilung wird schlecht, wenn p ≪ 1, N p = O(1) (also p → 0, Np endlich). k̄ N N k W (k) = p (1 − p)N −k k p= = N (N − 1) · · · (N − k + 1) k̄ 2 (1 − Nk̄ )N ( ) k! N (1 − k̄ )k N 1(1 − N1 ) · · · (1 − k̄ k k̄ = (1 − )N k! N (1 − Nk̄ )k | {z N ≫ 1, ≈ ⇒ 1.5.3 k̄ k k! (1 − W(k) = k̄ N ) N k̄ N = p ≪ 1, −→ 1 lim (1 − N →∞ k̄k −k̄ ·e k! k−1 N ) k N } ≪1 k̄ N ) = e−k̄ N Poisson-Verteilung (53) Gesetze der großen Zahlen Markov’sches Gesetz der großen Zahlen ξ1 , ξ2 , . . . , ξn . . . Folge unabhängiger Zufallsvariablen mit endlichen ersten und zweiten Momenten 2 hξk i = mk ∆ξk = σk2 und n 1 X 2 σk = 0 n→∞ n2 lim Markov’sche Bedingung (54) k=1 dann gilt für beliebiges ε > 0: 1 Pn 1 Pn lim P ξk − mk > ε = 0 n→∞ n k=1 n k=1 (55) Spezialfall: Chinchin’sches Gesetz der großen Zahlen Die ξk sollen alle dieselbe Verteilung haben ⇒ (54) ist automatisch erfüllt. 1 Pn ξk − m > ε = 0 lim P n→∞ n k=1 16 (56) Starkes Gesetz der großen Zahlen ξ1 , ξ2 , . . . , ξn . . . unabhängige Zufallsvariablen mit identischer Verteilung 2 hξk i = m ∆ξk = σ 2 P 1 Pn lim k=1 = m = 1 n→∞ n (57) Lindenberg-Levy’scher Satz: ξ1 , ξ2 , . . . , ξn . . . Folge unabhängiger Zufallsvariablen mit gleichen Verteilungem und existierenden ersten und zweiten Momenten 2 hξk i = m ∆ξk = σ 2 P Pn k− k=1 ξ√ σ n n·m 1 R x −y2 /2 <x = √ e dy 2π −∞ (58) Die Summe der ξk wird normalverteilt mit Mittelwert n · m und Standard√ abweichung n · σ! Lagapunov’scher Satz Verallgemeinerung für Zufallsvariablen mit verschiedenen Verteilungen 2 |ξk − mk |3 = bk hξk i = mk ∆ξk = σk2 P Pn 2 1/2 , Setze Bn = ( nk=1 bk )1/3 , Cn = k=1 σk Bn = 0, so gilt ∀x ∈ R gilt: lim n→∞ Cn lim P n→∞ ! (ξ − m ) 1 R x −y2 /2 k k k=1 e dy <x = √ Pn 1/2 2 2π −∞ k=1 σk Pn 17 (59) 2 Grundprinzipien der Statistik 2.1 Phasenraum, Mikro- und Makrozustände ein System mit s Freiheitsgraden. ⋆ Beispiel: N Teilchen in einem Kasten mit ideal reflektierenden Wänden ⇒ s = 3N ( 3N Ortskoordinaten Mikrozustand beschrieben durch 6N Variable 3N Impulskoordinaten Praktische Messung eines Mikrozustandes: • nicht möglich • nicht sinnvoll Mikrozustand: Punkt (Phasenvektor) im 2s-dimensionalen (Gibbs’schen) Phasenraum (Zustands-, P-Raum) X = (q1 , q2 , . . . , qs , p1 , p2 , . . . ps ) Karrikatur: p1 · · · ps q1 · · · qs Bahn im Phasenraum ; qi = qi (t), pi = pi (t) p1 · · · p3N q1 · · · q3N Phasenraum eines Teilchens: µ-Raum“ (6D) ”p , p , p x y z q x , qy , qz 18 Einteilung in Zellen ∆p3 ∆q 3 (klein, aber makroskopisch) Makrozustand: Verteilung der N-Teilchen auf Phasenraumzellen des µRaumes, ⋆ z. B. n1 Teilchen in Zelle ∆q13 ∆p31 , n2 Teilchen in Zelle ∆q23 ∆p32 , usw. Bezeichnung: Γ(X) - der Makrozustand, der zum Mikrozustand X gehört Makrozsutand ≡ Volumen im Phasenraum (Γ-Raum), komplexe Form 2D-Veranschaulichung: 1 2 (a) (b) ∆qx ∆qx 2 1 ∆q (a) X = (q1 , q2 ) = (q (a) , q (b) ) qx qx ∆q (b) X = (q1 , q2 ) = (q (a) , q (b) ) qx2 (b) ∆qx q (b) (a) q (a) ∆qx (a) ∆qx (b) ∆qx q (a) q (b) qx1 Ziel der Statistik: Aussagen über Makrozustände Phasenraumzelle des Γ-Raumes: ∆q∆p = ∆{q}∆{p} = {qi , pi |qi0 ≤ qi < qi0 + ∆qi , pi0 ≤ pi < pi0 + ∆pi , i = 1, . . . 3N } {q} = (q1 , q2 , . . . q3N ) {p} = (p1 , p2 , . . . p3N ) 19 Sei ∆t die Zeit, die sich ein System in ∆q∆p befindet, t die gesamte Zeit des Experimentes. Für t → ∞ wird der Grenzwert W = lim t→∞ ∆t t (1) existieren. ; Interpretation als Wahrscheinlichkeit, das System in der Zelle ∆q∆p zu finden. Trajektorie des Systems durchläuft einen oder mehrere Makrozustände. W ∼ |∆q∆p| | · | Phasenraumvolumen von · Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Makrozustand v ∝ |Γ(X)| ⋆ Beispiel: Gas in einem Behälter mit einer teilchendurchlässigen Wand, V = V1 + V2 , N = N1 + N2 , V1 , V2 fest, N fest. V1 , N1 V2 , N2 Makrozustand gekennzeichnet durch Angabe von N1 Wahrscheinlichkeit für ein Teilchen, sich in einem Volumen ∆V (= ∆q 3 ) zu befinden, sei dessen Volumen proportional ; Wahrscheinlichkeit, in V1 zu sein, ist p1 = V1 /V ; Wahrscheinlichkeit, in V2 zu sein, ist p2 = V2 /V ; Wahrscheinlichkeit des Makrozustandes {N1 } N W (N1 ) = pN1 (1 − p1 )N −N1 N1 1 1 (N1 − N p1 )2 } ; W (N1 ) = p exp{− 2N p1 (1 − p1 ) (1.52) 2πN p1 (1 − p1 ) (3) wahrscheinlichster Makrozustand N1 = N̄1 = N p1 = N (⇒ N2 = V2 ) V Breite der Verteilung σ= N V1 V p N p1 (1 − p1 ) 20 (4) (5) 1 p1 (1 − p1 ) ≤ , N = 2 · 1023 4 σ < 2 · 1011 ⇒ Normalverteilung: ca. 68% der Wahrscheinlichkeit liegen im Bereich Mittelwert ±σ, ca. 97% im Bereich Mittelwert ±2σ N̄1 − 2σ = 1023 − 4 · 1011 N̄1 + 2σ = 1023 + 4 · 1011 relative Abweichung vom Mittelwert ist mit 97%iger Wahrscheinlichkeit klei2σ = 4 · 10−12 ner, als N1 ; Maximum der Verteilung ist extrem scharf Größe der Phasenraumzelle 1 ∆N ≈ √ Zahlenfaktor a & 10 N ⇒ |Γ(N̄1 )| ≫ |Γ(restliche Makrozustände)| statistisches Gleichgewicht: Γ(N1 ) = Γ(N̄1 ) 2.2 Zeit- und Ensemblemittelwerte. Die statistische Verteilung ∆t direkt zu berechnen t→∞ t → infinitesimale (aber makroskopische!) Phasenraumzellen ; dw schreibbar schwierig W = lim dw = ̺(q, p)dq3N dp3N (6) ̺(q, p) = ̺(q1 , . . . , q3N , p1 . . . p3N ) Normierung auf 1: Z ̺(q, p)dq3N dp3N = 1 (7) erreichbarer Phasenraum ̺ → ̺eq ; statistisches Gleichgewicht t→∞ Grundproblem der Statistik: Bestimmung der statistischen Verteilung ̺eq [Bestimmung von ̺(t) bei gegebenem ̺(0)] Einführung von ̺ entspricht Übergang zur Scharbeschreibung {p} ̺ ∼ Anzahldichte von Systemen, die einem Makrozustand entsprechen {q} ; Ersetzung des Systems durch ein Ensemble 21 Gibb’sches Ensemble: große Anzahl von Systemen, die den gleichen Makrozustand besitzen, aber sich im Mikrozustand unterscheiden Interpretation: a) Kurzzeittrajektorien eines Ensembles {p} {q} b) Abschnitte der Trajektorie eines Systems bei mehrmaligem Besuch des Phasenraumelements Bewegungsgleichungen im Fall eines abgeschlossenen Systems: Hamilton’sche Gleichungen q̇i = ∂H ∂pi ṗi = − ∂H ∂qi Ist ̺(q, p) bekannt, so sind die Mittelwerte beliebiger dynamischer Größen berechenbar: ξ = ξ(q, p) ξ¯ = hξ(q, p)i = Zeitmittelwert Z ξ(q, p)̺(q, p)dq3N dp3N 1 ξ¯t = hξ(q, p, t)it = lim t→∞ t Identifikation ξ¯t = ξ¯ 2.3 Z t ξ(q(t′ ), p(t′ ), t′ )dt′ (8) (9) 0 Die statistische Unabhängigkeit abgeschlossenes makroskopisches System abgeschlossen = isoliert: weder Energie- noch Teilchenaustausch mit der Umgebung, global erhalten: N Teilchenzahl V Volumen E Energie 22 zerlege es (räumlich!) in makroskopische Untersysteme: nicht abgeschlossen aber makroskopisch ; Wechselwirkung durch Oberfläche gering ; für nicht zu lange Zeiten quasiabgeschlossen Charakterisierung eines Untersystems: Nk , Vk = ∆q 3 , Ek Makrozustand charakterisiert durch Angabe aller Nk , Vk , Ek . Vorteil: statt Phasenraumvolumen einfach räumliches Teilvolumen (; leichtere Messbarkeit des Makrozustandes) Quasiabgeschlossenheit desto besser verwirklicht, je größer Untersysteme: 2/3 Vk ∝ Nk , Oberfläche ∝ Nk 2/3 N −1/3 relative Stärke der Wechselwirkung: k ∼ Nk Nk Zeitspannen, in denen Quasiabgeschlossenheit angenommen werden darf, nehmen (exponentiell) mit der Untersystemgröße zu. Untersysteme sollten nicht zu groß sein, sonst werden verschiedene Realisierungen eines Makrozustandes unterscheidbar. (Nk , Vk , Ek reichen nicht mehr zur Charakterisierung eines Untersystems) schwache Wechselwirkung der Untersysteme ⇒ statistische Unabhängigkeit beliebige Untersysteme mit Phasenraumelementen (des Γ-Raumes) d{q}(1) d{p}(1) und d{q}(2) d{p}(2) ; Phasenraumelement beider zusammen: d{q}(12) d{p}(12) = d{q}(1) d{p}(1) d{q}(2) d{p}(2) (statistische Unabhängigkeit) ⇒ ̺12 d{q}(12) d{p}(12) = ̺1 d{q}(1) d{p}(1) ̺2 d{q}(2) d{p}(2) also: ̺12 = ̺1 ̺2 (10) hξ1 ξ2 i = hξ1 i hξ2 i (11) Fluktuationen: ∆ξ = ξ − ξ¯ ; h∆ξi = 0 mittlere Abweichung: 2 2 ∆ξ = ξ − hξi2 = ξ¯2 − ξ¯2 q (übliche Schreibweise: ∆ξ = hξ 2 i − hξi2 ) 2 1/2 relative Fluktuation: ∆ξ /ξ¯ extensive Größe ξ: extensive Größen sind proportional zur Stoffmenge, ⋆ Bsp.: Volumen, Energie 23 ; bei gleichartigen Untersystemen ξ¯ = n X i=1 2 ξ = = * ξ¯i ∝ n ∝ N X ∆ξi i X i6=j X ∆ξj j (Gesamtteilchenzahl) + = X i,j h∆ξi i h∆ξj i {z } | =0 wegen Unabhängigkeit n 2 2 X ∆ξi ∝ n ∝ N ξ = (12) h∆ξi ∆ξj i X ∆ξI2 + i (13) i=1 2 1/2 ∆ξ 1 1 ∝√ ∝√ ¯ n ξ N (14) relative Fluktuationen werden mit zunehmender Teilchenzahl immer kleiner Teilchenzahlen sind bei makroskopischen Systemen so groß, dass relative Fluktuationen vernachlässigt werden können ; makroskopische Größen sind ihren Erwartungswerten gleich (Determinismus) (gilt auch für intensive Größen, d. h. Größen, die unabhängig von der Stoffmenge sind, bspw. Druck, Temperatur) 2.4 Der Liouville’sche Satz Ensemble von Phasenraumpunkten (Γ-Raum), die eine Anzahl gleichartiger quasiabgeschlossener Untersysteme beschrieben (oder eines zu verschiedenen Zeiten). Phasenraumpunkte bewegen sich ⇒ Verteilung ̺({q}, {p}, t) ändert sich grundsätzlich Quasiabgeschlossenheit ⇒ Energieerhaltung (für betrachtete Zeit) ; Hamilton’sches System q̇i = ∂H ∂pi ṗi = − ∂H ∂qi Anzahl der Phasenraumpunkte in einem Volumenelement ändert sich nur durch Zu- und Abfluss ; Bilanzgleichung: ~ = (q1 , . . . , q3N , p1 , . . . , p3N ) Ortsvektor im Γ-Raum R ~v = (q˙1 , . . . , q3N ˙ , p˙1 , . . . , p3N ˙ ) Z I d ̺ dq3N dp3N = ~v ̺df~ − | {z } dt τ d6N τ 24 ∂τ τ sei zeitunabhängig ; Gauß’scher Satz Z τ ∂̺ 6N d τ+ ∂t Z div (~v ̺)d6N τ = 0 τ Für beliebige Volumina τ : ∂̺ + div ~v ̺ = 0 ∂t (15) Kontinuitätsgleichung div ~v ̺ = ̺ div ~v + ~v grad ̺ explizit: 3N ∂̺ X ∂̺ ∂̺ + {q˙i + p˙i +̺( ∂t ∂qi ∂pi i=1 | {z } ~v ·grad ̺ ∂̺ P3N + i=1 ∂t ; ∂ q˙i ∂ p˙i + ∂qi ∂pi | {z } )} = 0 ∂ ∂H ∂ ∂H − ∂p =0 ∂qi ∂pi i ∂qi ∂̺ ∂H ∂̺ ∂H − ∂qi ∂pi ∂pi ∂qi =0 (16) Liouville’scher Satz Anmerkungen: ∂ q˙i ∂ p˙i 1) div ~v = i=1 + =0 ∂qi ∂pi ; Phasenraumpunkte bewegen sich, wie Punkte einer inkompressiblen Flüssigkeit P3N 2) Alternativ-Formulierung: ~ ∂̺ ∂R ∂̺ = + ∇̺ substantielle/materielle Ableitung ∂t ∂t ∂t (Wie verhält sich ̺ zeitlich, wenn ich mich mit einem Volumenelement mitbewege?) ∂̺ P3N ∂p ∂q q ˙ + p ˙ i i =0 ∂t i=1 ∂qi ∂pi ∂̺ =0 ∂t 3) Schreibweise mit Poisson-Klammern Definition: 3N X ∂A ∂B ∂A ∂B − {A, B} = ∂qi ∂pi ∂pi ∂qi (17) i=1 ∂̺ + {̺, H} = 0 ∂t 25 (18) Übergang zur Quantenmechanik: ̺ → ̺ˆ Dichteoperator H → Ĥ Hamiltonoperator i {·, ·} → − [·, ·] Kommutator ~ ; i ∂ ̺ˆ i h ̺ˆ, Ĥ = 0 − ∂t ~ 4) für quasiabgeschlossene Systeme gilt der Liouville’sche Satz in der Regel nur über einen begrenzten Zeitraum 5) Folgerung: Hängt die statistische Verteilung ̺(q, p) nur implizit über H(q, p) von den Orten und Impulsen ab, d. h. ist ̺ = ̺(H, t) , so ist ̺ konstant. Beweis: ∂̺ ∂H ∂̺ ∂H ∂̺ P3N + i=1 ( − )=0 ∂t ∂qi ∂pi ∂pi ∂qi |{z} |{z} ̺ H ̺ H H qi H pi {z } | ( ) ∂̺ ∂H ∂H ∂H ∂H − =0 ∂H ∂qi ∂pi ∂pi ∂qi ∂̺ = 0 ⇒ ̺ = ̺(H) ; ∂t 6) Erhaltung des Phasenraumvolumens Sei G0 ein Gebiet des Phasenraums, das zur Zeit t0 = 0 von Systemen eines statistischen Ensembles besetzt ist, und Gt sei das Gebiet, das sie zur Zeit t besetzen. Für die Phasenraumvolumina von G0 und Gt Z 3N Γ0 = dq3N 0 dp0 G Γt = Z0 dq3N dp3N q = q(t), p = p(t) Gt gilt Γ0 = Γt , d. h. das Phasenraumvolumen, das ein Ensemble besetzt, bleibt zeitlich konstant. andere Form: ∂(q, p) 3N 3N 3N 3N dq dp = dq3N dp3N dq dp = 0 0 0 ∂(q0 , p0 ) 0 ∂(q, p) wobei die Jacobi-Determinante der Transformation q0 → q, ∂(q0 , p0 ) p0 → p ist. Liouville’sches Theorem 26 2.5 Die Rolle der Energie Statistisches Gleichgewicht besteht, wenn ̺ zeitunabhängig ist. ∂̺ = 0 =⇒ {̺, H} = 0 Liouville ∂t ̺ ist eine Invariante der Bewegung oder ein Integral der Bewegung zwei statistisch unabhängige Untersysteme (quasiabgeschlossen) ; ̺12 = ̺1 · ̺2 ln ̺12 = ln ̺1 + ln ̺2 Aus der Mechanik ist bekannt: ∃ sieben unabhängige additive allgemeine Integrale der Bewegung: Energie (1), Impuls (3), Drehimpuls (3) (nicht additiv: Schwerpunkt) Bezeichnungen für Untersystem u: • Energie Eu • Impuls P~u • Drehimpuls L~u Einzige additive Kombination: ln ̺u = αu + βEu ({qu }, {pu }) + ~γ L~u ({qu }, {pu }) + ~δP~u ({qu }, {pu }) (19) wobei β, ~γ und ~δ nicht von u abhängen αu : Normierungskonstante folgt aus Z ̺u d3Nu qu d3Nu pu = 1 β, ~γ und ~δ folgen aus Energie, Impuls und Drehimpuls des Gesamtsystems XZ 3Nu u pu E = hEi = Eu ̺3N u qu d u ; sieben (statt ≈ 1023 ) Größen bestimmen im statistischen Gleichgewicht die statistischen Eigenschaften eines abgeschlossenen Systems ~ = L~0 . nun ein abgeschlossenes System mit E = E0 , P~ = P~0 und L ( ~ = L~0 , P~ = P~0 const. für E = E0 , L ; ̺= 0 sonst 27 ~ − L~0 ) · δ(P~ − P~0 ) ̺ = const. · δ(E − E0 ) · δ(L (20) mikrokanonische Verteilung ein System im Koordinatensystem, das relativ zu seinem Schwerpunkt ruht und die gleichförmige Rotation mitmacht ; ln ̺u = αu + βEu ({qu }, {pu }) (21) ̺ = const. · δ(E − E0 ) (22) mikrokanonische Verteilung Relaxationszeit eines Systems wächst stark mit der Systemgröße an ; in der Praxis betrachten wir oft Systeme zu Zeiten, die klein im Vergleich zur Gesamtrelaxationszeit sind. lokales Gleichgewicht: statistische Verteilung hat die Form (19), aber β = βu , ~γ = γ~u , ~δ = δ~u , d. h. diese Größen sind für verschiedene Systeme verschieden unvollständiges Gleichgewicht für das Gesamtsystem Dynamik: (langsame Annäherung) von β, ~γ , ~δ an die globalen Gleichgewichtswerte Existenz verschiedener unvollständiger Gleichgewichte ⇒ Existenz verschiedener Makrozustände eines Systems Makrozustände definierbar über Vorgabe der Mittelwerte physikalischer Größen, die ein unvollständiges Gleichgewicht bestimmen 2.6 2.6.1 Mikrokanonische Verteilung Detaillierte Ableitung der mikrokanonischen Verteilung Messungen an einem System, die endliche Zeit dauern (Messdauer) ; man misst zeitlichen Mittelwert Z t+∆t 1 ξ(q(t′ ), p(t′ ))dt′ hξi∆t = ∆t t ∆t̃ t→∞ t ∆q 3N ∆p3N Rückblick: t → ∞ W = lim (23) mit ∆t̃ als Aufenthaltsdauer im Phasenrau- melement um (q1 , . . . , q3N , p1 , . . . , p3N ) herum ; (falls W existiert) W =W ({q}, {p}, {∆q}, {∆p}) = ̺(q, p)∆q 3N ∆p3N (Quasi)abgeschlossenes System: Energie konstant (Wert: E) ; (q(t), p(t)) 28 bewegt sich auf der Hyperfläche H(q, p) = E (24) p q (6N − 1)-dimensional Wie erfolgt Bewegung auf Hyperfläche? Annahme: Aufenthaltswahrscheinlichkeit in jedem Flächenelement“ der ” Hyperfläche H = E ist dieselbe ; die Aufenthaltsdauer in einem Flächenelement ist umgekehrt proportional der Geschwindigkeit des Systempunkts also: dfH dt′ ∝ (25) |~v | dfH : ~v : Flächenelement der Hyperfläche (24) Geschwindigkeit des Systempunkts, ~v = (q˙1 , . . . , q3N ˙ , p˙1 , . . . , p3N ˙ ) Ziel: Zeitmittelwert (23) ersetzen durch Scharmittelwert: Z hξiS = ξ(q, p)̺(q, p)dq3N dp3N (26) d. h. ̺(q, p) zu finden hξi∆t = R H=E R ξ(q, p) df|~vH| dfH H=E |~v | (27) Sei x eine Koordinate im Phasenraum, die ⊥ zur Hyperfläche H = E verläuft und x(H)|E = 0 p x ~ R ~0 R H=E q 29 Volumenelement dq3N dp3N = dfH dx Z Z Z dfH = . . . δ(|~v |x)dfH dx = . . . δ(|~v |x)dq3N dp3N ... |~v | V H=E V (V enthält H=E) |~v | = (q˙1 2 + · · · + q3N ˙ 2 + p˙1 2 + · · · + p3N ˙ 2 )1/2 !1/2 ∂H 2 ∂H 2 ∂H 2 ∂H 2 = + ··· + + ··· + + ∂p1 ∂p3N ∂q1 ∂q3N = |grad H| ~ = H(R~0 ) + grad H(R ~ − R~0 ) + · · · H(R) = E + |grad H|x |~v |x = H − E ⇒ hξi∆t = R ξ(q, p)δ(H(q, p) − E)dq3N dp3N R δ(H(q, p) − E)dq3N dp3N ̺(H) = c0 δ(H − E) 1 c0 = R δ(H − E)dq3N dp3N Z hξi∆t = hξit = ξ(q, p)̺(q, p)dq3N dp3N ̺: mikrokanonische Verteilung oft unnormierte Form: ̺ = δ(H − E) (28) (29) (30) makroskopisch isoliert/abgeschlossen 6= mikroskopisch isoliert ; Energieunschärfe zugelassen δ(x) → δε(x) 1 ε ε 30 x ( 1 für E ≤ H(q, p) < E + ∆ ̺(H) = 0 sonst (31) unnormierte Form mit ∆ ≪ E p H =E+∆ H=E q Anmerkung: (29) gilt erst, wenn das System genügend Zeit hatte, ins Gleichgewicht zu relaxieren (sonst hξi∆t zeitabhängig) 2.6.2 Irrelevanz von Ergodizität und Mischen Begründung der mikrokanonischen Verteilung durch die (Quasi-)Ergodenhypothese? (Quasi-)Ergodenhypothese: Im Laufe der Zeit kommt der Phasenpunkt eines Systems jedem Ort auf seiner Hyperfläche H(q, p) = E beliebig nahe. aber: Menge der nichtergodischen (Systeme) Anfangsbedingungen vom Maß Null V1 V2 V1 = 1 10 V2 1023 Teilchen in V1 - Poincare’sche Wiederkehrzeit (Zeit, nach der alle Teilchen nach entfernen der Wand wieder in V1 sind) ist von der Größenordnung 20 1010 Irrelevanz der Ergodizität: a) großes Phasenraumvolumen des Makrozustands des statistischen Gleichgewichts b) Gleichheit makroskopischer Größen mit ihren Erwartungswerten in diesem Zustand ; Mittelung reproduziert sie auf jeden Fall c) Zeitskala, auf der sich Ergodizität bemerkbar macht (Poincare’sche Wiederkehrzeit) ist viel größer, als Zeiten in denen makroskopische Systeme das Gleichgewicht erreichen 31 Fazit: Eine Begründung der mikrokanonischen Verteilung als Gleichgewichtsverteilung auf der Grundlage der Ergodizität ist fehlgeleitet. Mischen: (stärkere Eigenschaft als Ergodizität) Dynamik heißt mischend, wenn die Punkte eines beliebig kleinen zusammenhängenden Gebietes G0 sich so bewegen, dass nach hinreichend langer Zeit t das aus G0 entstandene Gebiet Gt praktisch homogen über den gesamten Phasenraum verteilt ist, d. h. Wenn in jeder kleinen Umgebung eines beliebigen Phasenraumpunkts ein Punkt aus Gt zu finden ist. Mischen ⇒ Entwicklung einer Nichtgleichgewichtsverteilung im Γ-Raum ⇒ mikrokanonische Verteilung (im µ-Raum vernünftig) Mischen im Γ-Raum bedeutet nur, dass Volumina die überwiegend aus Phasenraumpunkten zusammengesetzt sind, die schon Teil des Makrozustands Gleichgewicht sind, sich unter der Dynamik über den gesamten Phasenraum fester Energie (= Hyperfläche) verteilen. ; irrelevant für Begründung der Annäherung ans Gleichgewicht 2.7 Die Entropie ein abgeschlossenes System im statistischen Gleichgewicht, teile es in makroskopische Untersysteme. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit W (E), dass die Energie eines Untersystems zwischen E und E + ∆ liegt (∆ ≪ E)? Wahrscheinlichkeit, dass Untersystem im Phasenraumelement dq3N dp3N liegt und Energie E hat ∝ ̺(H(q, p))|H=E dq3N dp3N ; W (E) ∼ ̺(E)ΓN (E) Z ΓN (E) = dq3N dp3N (∗) E≤H(q,p)≤E+∆ ΓN (E) ist ein Maß für die Anzahl der Zustände, die dem Untersystem in der gegebenen Energieschale zugänglich sind. R ΓN (E, V ) = dq3N dp3N (32) E≤H(q,p)≤E+∆ statistisches Gewicht des makroskopischen Zustands eines Untersystems Definition der (dimensionslosen) Entropie: S(E, V, N) = ln ΓN (E, V) 32 (33) Problem: ΓN (E, V ) ist dimensionsbehaftet " # " 3N # M L2 M L 3N 3N 3N = [dq dp ] = L T T ln ΓN = [(Energie · Zeit)3N ] = [(Wirkung)3N ] ΓN + ln[ΓN ] = ln [ΓN ] | {z } | {z } ? Zahl Saubere Definition erfordert Division von ΓN durch ein PhasenraumvoluΓN men: S = ln ∆Γ Vergleich von Entropie-Definitionen mit verschiedenen Wahlen von ∆Γ: ΓN (E, V ) ΓN (E, V ) − ln ∆Γ1 ∆Γ2 ∆Γ2 = ln ∆Γ1 S1 (E, V, N ) − S2 (E, V, N ) = ln klassisch ist die Entropie nur bis auf eine additive Konstante definierbar Quantenmechanik: diskrete Zustände abzählbar, natürliche Einheit für die Wirkung: h ΓN (E, V ) S(E, V, N ) = ln (34) h3N h: Planck’sches Wirkungsquantum, h = 6, 6252 · 10−34 Js ; Absolutwert der Entropie festgelegt Makroskopische Systeme: relative Fluktuationen von E um Mittelwert Ē sehr klein ; W (E) hat scharfes Maximum bei Ē ; W (Ē) · ∆ ≈ 1 Z ΓN (Ē, V ) W (Ē) = ̺(q, p)δ(Ē − H(q, p))dq3N dp3N = ̺(Ē) ∆ ̺(Ē)ΓN (Ē, V ) ≈ 1 ⇒ ̺(Ē) = 1 ΓN (Ē, V ) (Normierung der mikrokanonischen Verteilung) ln ̺(Eu ) = αu + βEu ln ̺(Ē) = αu + β Ē = hln ̺(Eu )i 1 = − ln ̺(Ē) = − hln ̺(E)i ̺(Ē) R S(Ē, V, N) = − hln ̺(E)i = − ̺(q, p) ln ̺(q, p)dq3N dp3N (35) SE,V = ln ΓN (Ē, V ) = ln Gibbs 33 (36) 2.7.1 Volumina und Oberflächen in hochdimenionalen Räumen – die n-dimensionale Kugel Vn (R) - Volumen der n-dimensionalen Kugel mit Radius R Z Z Vn (R) = ··· Z dx1 dx2 · · · dxn x21 +x22 +···+x2n ≤R2 Reskalierung: x1 = Rx1 (0) , x2 = Rx2 (0) , . . ., xn = Rxn (0) Z Z Z dx1 (0) Rn dx2 (0) · · · dxn (0) ; Vn (R) = ··· 2 = 2 2 x1 (0) +x2 (0) +···+xn (0) ≤1 Rn Vn (1) (∗) Vn (R + ∆) − Vn (R) dVn (R) = ∆→0 ∆ dR = nRn−1 Vn (1) On (R) = lim On (R) = Rn−1 On (1) (∗∗) On (1)= nVn (1) (37) ∂ ∂ ∂ , ,..., · (x1 , x2 , . . . , xn ) = n div ~r = ∂x1 ∂x2 ∂xn Z Z Z div dx1 dx2 · · · dxn = nVn (R) ··· x21 +x22 +···+x2n ≤R2 ⇒ Gauß Z Z ··· Z x21 +x22 +···+x2n =R2 ~ · ~r dxn−1 = N | {z } df Z Z ··· Z Rdxn−1 = ROn (R) x21 +x22 +···+x2n =R2 n Vn (R) R Z R dVn On (R′ )dR′ dr = r 0 On (R) = Vn (R) = Z 0 Z ··· Z R f˜(~r) = f (r) Z dx1 · · · dxn f (r) = Polarkoord. x21 +···+x2n =R2 = Z 0 R 0 R f (r)On (r)dr = ON (1) (∗∗) 34 drf (r) Z (38) ··· Z x21 +···+x2n =r 2 Z R 0 f (r)rn−1 dr dxn−1 2 2 2 2 f (r) = e−r = e−x1 −x2 −···−xn Z I= ∞ dx1 −∞ Z ∞ dx2 · · · −∞ n Z ∞ 2 2 2 dxn e−x1 −x2 −···−xn −∞ Z ∞ 2 n/2 −x = e dx =π | −∞ {z } √ andererseits: I = On (1) Z ∞ π −r 2 n−1 e r dr 0 = r2 = u 2rdr = du Γ(z) = (z − 1)! = Z ∞ 1 On (1) 2 Z ∞ |0 e−u un/2−1 du {z } Γ( n 2) dxe−x xz−1 0 n 1 On (1) − 1 ! = π n/2 2 2 On (1) = 2π n/2 n 2 −1 ! On (R) = VN (R) = Vn (1) = π n/2 On (1) = n n 2 ! 2π n/2 Rn−1 n − 1 ! 2 π n/2 n n R 2 ! (39) (40) (andere das Integral zu berechnen: R ∞ Methoden, R −ar 2 dr, wenn n − 1 gerade und ∞ e−ar 2 rdr, wenn n − 1 ungerade e 0 0 leite im ersten FallR (n − 1)/2 mal nach a ab, (n − 2)/2 mal im zweiten Fall, 2 ∞ das liefert jeweils 0 e−ar rn−1 dr; r Z ∞ π −ar 2 e dr = wegen a Z0 ∞ Z ∞ 1 1 2 re−ar dr = e−u du = oder 2a 0 2a 0 erhalten wir Z 0 ∞ −r 2 n−1 e r dr = ( pπ ∂ (n−1)/2 ∂a a |a=1 (n−2)/2 1 ∂ ∂a 2a |a=1 35 n − 1 gerade n − 1 ungerade oder: führe erst die Substitution r2 = u aus Z ∞ Z ∞ n n−1 −r 2 e−u u 2 −1 du r e dr = 0 0 und führe Integral durch R ∞ das √ −u udu zurück) bzw. 0 e n 2 R∞ − 1 -fache partielle Integration auf 0 e−u du π n/2+1 n2 ! 2 Vn+2 (R) = n R = Vn (R) + 1 ! π n/2 2 Vn+2 (R) = n 2 π 2πR2 R2 = n+2 +1 2πR2 n+2 Vn (R) On+2 (R) 2πR2 = On (R) n On+2 (R) = 2πR2 n On (R) Rekursionsanfang: V1 (R), V2 (R) (O1 (R), O2 (R)) V1 (R) = 2R O1 (R) = 2 (O1 (R) = (38) 1 V1 (R)) R V2 (R) = πR2 2 O2 (R) = V2 (R) = 2πR R n 1 2 3 4 5 Γ 1 2 Vn (R) 2R πR2 4π 3 3 R π2 4 2 R 8π 2 5 15 R √ = π Γ(z + 1) = z! = zΓ(z) p ! = Γ 23 = 12 Γ 12 = 21 (π) 1 2 On (R) 2 2πR 4πR2 2π 2 R3 8π 2 4 3 R große n: √ z! = Γ(z + 1) ∼ z z e−z 2πz z→∞ ln z! = z ln z − z + O(ln z) 1 n ! ln Vn (R) = ln π + n ln R − ln 2 2 n n n n n = n ln R + ln π − ln + + O(ln ) 2 2 2 2 2 On (R) n ln On (R) − ln Vn (R) = ln = ln = ln n − lnR Vn (R) R 36 (∗) (∗∗) ln On (R) − ln Vn (R) ln n − lnR = =O 1 ln Vn (R) n(ln R + 2 ln π − 12 ln n + 21 ) + O(ln n) 1 n Volumen einer n-dimensionalen Kugel für n ≫ 1 sitzt fast ganz in ihrer Oberfläche Probe: Vergleiche zwei Kugeln mit leicht verschiedenen Radien R̄ ≈ R R̄ = (1 − ε)R Vn (R) − Vn (R̄) Rn − R̄n = = 1 − (1 − ε)n Vn (R) Rn =1 − en ln(1−ε) ≈1 − en(−ε) =1 − e−nε → 1oll n→∞ 2.7.2 Eigenschaften der Entropie a) Extensivität, Definition der Temperatur zwei makroskopische isolierte Systeme (keine Wechselwirkung) E1 ≤ H1 (q (1) , p(1) ) < E1 + ∆1 E2 ≤ H2 (q (2) , p(2) ) < E2 + ∆2 S1 (E1 , V1 , N1 ) = ln ΓN1 (E1 , V1 ) S2 (E2 , V2 , N2 ) = ln ΓN2 (E2 , V2 ) Phasenraumvolumen des Gesamtsystems: E = E1 + E2 ≤ H(q, p) = H1 (q (1) , p(1) ) + H2 (q (2) , p(2) ) < E + ∆ N = N1 + N2 , V = V1 + V2 , ∆ = ∆ 1 + ∆2 Z ; ΓN (E, V ) = (∗∗) d3N qd3N p E ≤ H(q, p) < E + ∆ E1 ≤ H1 (q (1) , p(1) ) < E1 + ∆1 E2 ≤ H2 (q (2) , p(2) ) < E2 + ∆2 Z Z 3N (1) 3N (1) d3N q (2) d3N p(2) = d q d p E1 ≤H1 (q (1) ,p(1) )<E1 +∆1 E2 ≤H2 (q (2) ,p(2) )<E2 +∆2 = ΓN1 (E1 , V1 )ΓN2 (E2 , V2 ) ; Entropie des Gesamtsystems: S(E, V, N ) = ln ΓN (E, V ) = ln ΓN1 (E1 , V1 )ΓN2 (E2 , V2 ) = ln ΓN1 (E1 , V1 ) + ln ΓN2 (E2 , V2 ) = S1 (E1 , V1 , N1 ) + S2 (E2 , V2 , N2 ) 37 (+) Jetzt: thermischer Kontakt ; Energieaustausch (kein Teilchen- /Volumenaustausch) schwache Wechselwirkung (Wandeffekte klein, ∼ N 2/3 ) ; H(q, p) = H1 (q (1) , p(1) ) + H2 (q (2) , p(2) ) E1 = E (n) = E0 + n · ∆ E2 = E–E (n) X ΓN (E, V ) = ΓN1 (E (n) , V1 )ΓN2 (E − E (n) , V2 ) (++) n E3 p(1) E2 E1 q (1) Für feste Ni , Vi nimmt ΓNi (Ei , Vi ) mit der Energie zu ; erster Faktor in (++) wächst mit E (n) ր, zweite nimmt ab. ; Es existiert maximaler Summand ≡ wahrscheinlichster Energiezustand ΓN1 (Ē1 , V1 )ΓN2 (Ē2 , V2 ). Es gilt: ΓN1 (Ē1 , V1 )ΓN2 (Ē2 , V2 ) ≤ n0 · ΓN1 (Ē1 , V1 )ΓN2 (Ē2 , V2 ) wobei n0 = Anzahl der Summanden √ ∆ 1 ≈ √ ⇒ n 0 ≈ N ≪ N 1 , N2 E N S1 (Ē1 , V1 ,N1 ) + S2 (Ē2 , V2 , N2 ) ≤ S(E, V, N ) ≤ ln n0 + S1 (Ē1 , V1 , ln n0 ≤ min(ln N1 , ln N2 ) N1 ) + S2 (Ē2 , V2 , N2 ) S1 + S2 ≪ ↑ da S1 ∝ N1 ln Ē1 S2 ∝ N2 ln Ē2 (S ∝ E 3N ) ln Ni ≪ Ni für Ni ≥ 1023 ; S(E, V, N ) = S1 (Ē1 , V1 , N1 ) + S2 (Ē2 , V2 , N2 ) Deutung von Gleichung (41): 38 (41) a) die Entropie ist extensiv b) der Makrozustand der Untersysteme 1 und 2 ist durch die Energien Ē1 und Ē2 gegeben Ē1 , Ē2 : wahrscheinlichste Energien der beiden Makrosysteme Ensemblemittelwerte der Energien der beiden Systeme Berechnung von Ē1 , Ē2 : d(ΓN1 (E1 , V1 )ΓN2 (E2 , V2 )) = 0 Nebenbedingung: dE2 = −dE1 ∂ΓN1 ∂ΓN2 ΓN2 dE1 + ΓN1 dE2 = 0 |{z} ∂E1 ∂E2 −dE1 1 ∂ΓN2 1 ∂ΓN1 = ΓN1 ∂E1 ΓN2 ∂E2 ∂ ln ΓN1 ∂ ln ΓN2 = ∂E1 ∂E2 ∂S2 (E2 , V2 , N2 ) ∂S1 (E1 , V1 , N1 ) = ∂E1 ∂E2 (42) (Bedingung für statistisches Gleichgewicht) ; Definition der Temperatur ∂S(E, V, N ) 1 = T ∂E (43a) ; statistisches Gleichgewicht ≡ Gleichheit der Temperatur in allen Untersystemen S(E, V, N ) = kB ln ΓN (E, V ) (43b) J kB = Boltzmann-Konstante, kB = 1, 3802 · 10−23 K ; Einheit der Temperatur: K b) Maximumseigenschaft der Entropie (eines abgeschlossenen System) ein abgeschlossenes System mit zwei (zunächst in sich abgeschlossenen) Teilsystemen; E = E1 + E2 , V = V1 1 + V2 , N = N1 + N2 E1 1 N2 2 V2 V1 E2 N1 39 ΓN = ΓN1 (E1 , V1 )ΓN2 (E2 , V2 ) S = S1 (E1 , V1 , N1 ) + S2 (E2 , V2 , N2 ) i) Energieaustausch ; Γ˜N = X ∆E S̃ = ln ΓN1 (E1 + ∆E, V1 )ΓN2 (E2 − ∆E, V2 ) X ΓN1 (E1 + ∆E, V1 )ΓN2 (E2 − ∆E, V2 ) ∆E ≈ ln ΓN1 (Ē1 , V1 )ΓN2 (Ē2 , V2 ) = ln ΓN1 (Ē1 , V1 ) + ln ΓN2 (Ē2 , V2 ) = S1 (Ē1 , V1 , N1 ) + S2 (Ē2 , V2 , N2 ) ≥ S1 (E1 , V1 , N1 ) + S2 (E2 , V2 , N2 ) ; durch Energieaustausch kann die Entropie nur zunehmen ii) ohne Energieaustausch: Teilchenaustausch ˜N = Γ˜ X ∆N ΓN1 +∆N (E1 , V1 )ΓN2 −∆N (E2 , V2 ) S̃˜ = ln ΓN̄1 (E1 , V1 )ΓN̄2 (E2 , V2 ) = S1 (E1 , V1 , N̄1 ) + S2 (E2 , V2 , N̄2 ) ≥ S1 (E1 , V1 , N1 ) + S2 (E2 , V2 , N2 ) iii) analog Volumenaustausch X ˜ ˜N = Γ˜ ΓN1 (E1 , V1 + ∆V )ΓN2 (E2 , V2 − ∆V ) ∆V ˜ S̃˜ = ln ΓN1 (E1 , V̄1 )ΓN2 (E2 , V̄2 ) = S1 (E1 , V̄1 , N1 ) + S2 (E2 , V̄2 , N2 ) ≥ S1 (E1 , V1 , N1 ) + S2 (E2 , V2 , N2 ) Austausch aller drei Größen (System ohne Wand!) ; im Gleichgewicht gilt für die Entropie des Gesamtsystems: S = S1 (Ē1 , V̄1 , N̄1 ) + S2 (Ē2 , V̄2 , N̄2 ) ≥ S1 (E1 , V1 , N1 ) + S2 (E2 , V2 , N2 ) im Gesamtsystem weniger einschränkende Bedingungen als im Untersystem 40 ohne Energieaustausch mit Energieaustausch E 1 ≤ H 1 ≤ E 1 + ∆1 E ≤ H1 + H2 ≤ E + ∆ E 2 ≤ H 2 ≤ E 2 + ∆2 ohne Volumenaustausch V1 , V2 fest, V = V1 + V2 ohne Teilchenaustausch V1 , N2 fest, N = N1 + N2 mit nur mit nur Volumenaustausch V = V1 + V2 fest Teilchenaustausch N = N1 + N2 fest Summe für ΓN enthält immer ΓN1 (E1 , V1 )ΓN2 (E2 , V2 ) ; Entropie immer ≥ ln ΓN1 (E1 , V1 )ΓN2 (E2 , V2 ) 2.7.3 Entropiesatz, Nichtgleichgewichtsentropie Bisher: Entropie definiert für Systeme im Gleichgewicht, im Gleichgewicht ist sie additiv ; Möglichkeit der Verallgemeinerung der EntropieDefinition auf beliebige Makrozustände = unvollständige Gleichgewichte Entropie des Gesamtsystems = Summe der Entropien seiner Untersysteme, die lokal im statistischen Gleichgewicht sind ; Entropie im Allgemeinen zeitabhängig Rolle der Zeit: Die so definierte Nichtgleichgewichtsentropie kann ein System nicht für beliebig viele Zeiten charakterisieren. Bedingung an ∆t: ∆t ≫ τk (Relaxationszeit der Untersysteme) (; bestimmt obere Schranke für deren Größe) aber: Untersysteme müssen makroskopisch sein ⇒ untere Schranke für ihre Größe ∆t . τ - Relaxationszeit des Gesamtsystems Der Begriff der Entropie verliert für zu kleine Zeitintervalle ∆t seinen Sinn. dS ∆S = lim grundsätzlich problematisch (wegen Zeiten, in denen S nicht ∆t→0 ∆t dt definiert ist) Beschreibung des Makrozustandes: Verteilung der Energie auf Untersysteme E≡ X Eu = E0 u 41 (Eu = Ēu ) statistische Verteilung der Energie: Z Y Y W ({Eu }) dEu = ̺(q (u) , p(u) ) u u d3Nu q (u) d3Nu p(u) Eu ≤H(q (u) ,p(u) )≤Eu +dEu X Y = const. · δ( Eu − E0 ) ̺u (Eu )dΓu u u X Y dΓu ^ · δ( dEu = const. Eu − E0 ) dEu u u Y ^ · δ(E − E0 ) = const. eSu (Eu ) S ′ u (Eu )dEu Su =ln dΓu S= = P u Su u ^ · δ(E − E0 )e const. Su ({Eu }) Y u | W ({Eu }) = const. · δ(E − E0 )eS({Eu }) Su′ (Eu ) | {z } 1 Tu {z ^ ^ const. Y dEu u } (44) starkes (exponentielles) Anwachsen der Warscheinlichkeitsdichte mit Änderung der Energieverteilung ⇒ makroskopisch deterministischer Charakter der Systementwicklung Entwicklung von Zuständen kleiner Entropie zu solchen großer Entropie Befindet sich ein makroskopisches System in einem Nichtgleichge; wichtszustand, so ist die wahrscheinlichste Veränderung eine monotone Zunahme der Entropie des Systems. (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik, R. Clausius, 1865, Begründung L. Boltzmann, 1865) Zweiter Hauptsatz: Ist zu irgendeinem Zeitpunkt die Entropie eines abgeschlossenen Systems von ihrem Maximalwert verschieden, so nimmt sie in den folgenden Zeitpunkten nicht ab. 2.7.4 Philosophische Probleme mit dem Anwachsen der Entropie i) Anwendung der Statistik auf das Universum als Ganzes abgeschlossenes System!(?) sehr große Lebensdauer ; Sollte das Universum sich nicht im statistischen Gleichgewicht befinden? Wärmetod“ (Clausius) ” Ist der Wärmetod noch zu erwarten? Allgemeine Relativitäts-Theorie: a) Globaler Energiesatz (Erhaltung der Energie) nicht formulierbar (Problem: Gravitation) 42 b) Sonderrolle der Gravitationsfelder: Metrik der Raumzeit ; zeitabhängige äußere Bedingungen“ ” keine Abgeschlossenheit im Sinn des Entropiesatzes ii) Symmetrie der klassischen Mechanik unter Zeitumkehr Verletzt der Entropiesatz diese Symmetrie? Zeitumkehrsymmetrie: Die Möglichkeit eines Prozesses, der die Entropie anwachsen lässt, impliziert die Möglichkeit des umgekehrten Prozesses, der sie abnehmen lässt. Dies allein verletzt nicht den Entropiesatz! Der macht nur eine Aussage über Wahrscheinlichkeiten: Von allen mikroskopischen Zuständen, die einen Makrozustand verwirklichen, führt die Mehrzahl zu einem Ansteigen der Entropie (wenn das System noch nicht im statistischen Gleichgewicht ist). dS ≥0 dt dS zeitinvertierter Mikrozustand ; <0 dt beide gehören zum selben Makrozustand ; Widerspruch zum Entropiesatz? ∆S dS existiert streng genommen nicht, nur Nein: dt ∆t und damit funktioniert das Argument nicht. Mikrozustand mit große Fluktuation, die von Smax wegführt Entropiesatz: S die Fluktuation führt Smax Wahrscheinlichkeit zu Sf luk vom Typ 1 (d. h. Die 1 2 bereits ein Minimum) Punkt vom Typ 2. mit größerer einem Punkt Entropie hat als zu einem Zeitintervall [t1 , t2 ], S1 < S2 Umkehr aller Impulse in t2 ; Entropieabnahme (bis t1 ) für einen Mikrozustand S2 → S1 leicht modifizierte umgekehrte Impulse: S2 → S2 ′ ≥ S2 allgemeines Bild: Gleichgewichtszustand – zeitumkehrinvariante Fluktuationen 43 Nichtgleichgewichtszustand – kleines Phasenraumvolumen ⇒ Entwicklung zu Makrozuständen mit größerem Phasenraumvolumen, vorwärts und rückwärts in der Zeit Warum gibt es Nichtgleichgewichtszustände? a) experimentelle Präparation b) Nichtgleichgewichtszustand einer Umgebung, in der biologische Organismen florieren können (anthropische Sichtweise) c) Nichtgleichgewichtszustand am Anfang“ des Universums – Warum? ” 1) Unser Universum hatte einen unwahrscheinlichen Anfangszustand (?) 2) Gravitation ; Ausdehnung des Universums (?) Problem ii) teilweise zurückgeführt auf Problem i) klassische Mechanik: Allgemeines Anwachsen der Entropie eines abgeschlossenen Systems ist Folge eines unwahrscheinlichen Anfangszustands iii) Quantenmechanik: Symmetrie der Bewegungsgleichungen (Schrödingergleichung) unter Zeitumkehr (t → t − t, ϕ → ϕ∗) Aber: Messprozess impliziert Nichtäquivalenz von Zeitrichtungen Könnte der Entropiesatz eine Folge dieser Asymmetrie der Zeitrichtungen in der Quantenmechanik sein? Eher nicht, es fehlt eine ~ enthaltende Ungleichung, die den Entropiesatz begründen (und ihn für ~ = 0 ungültig machen) würde. 2.7.4.1 Reversible und irreversible Prozesse reversible Prozesse: Entropie des abgeschlossenen Gesamtsystems bleibt konstant sind umkehrbar irreversible Prozesse: Entropie des Gesamtsystems nimmt zu sind nicht umkehrbar (der Normalfall) ⋆ Beispiel: Film rückwärts abgespielt: deutlich sichtbar Tischtennisspiel rückwärts betrachtet: kaum bemerkbar, weil 1-TeilchenSystem Die Entropie einzelner Untersysteme kann in beiden Arten von Prozessen durchaus abnehmen. Gleichgewicht: Einstellen einer mittleren Temperatur Tm , T1 T2 T2 < Tm < T1 ; Entropie im Teilsystem T1 nimmt ab (aber die im TeilT1 > T2 system T2 nimmt um einen größeren Betrag zu) 44 2.7.5 Andere Entropiedefinitionen in der mikrokanonischen Gesamtheit ΣN (E, V ) = Z 3N 3N dq dp H(q,p)≤E Z = Θ(E − H)dq3N dp3N (45) ganzer Phasenraum ΓN (E, V ) = ΣN (E + ∆, V ) − ΣN (E, V ) ≈ ∂ΣN (E, V ) ∆ ∂E ∂ΣN (E, V ) ∂E Oberfläche“ der Hyperfläche H = E ” Z Z ∂ 3N 3N Θ(E − H)dq dp = δ(E − H)dq3N dp3N ωN (E, V ) = ∂E Z Z dfH df˜H ≡ = Kap. 2.6 H=E(q,p) |~ v| H=E dE = dx|~v | ⇒ dEdf˜H = dq3N dp3N ωN ≡ (∗) (46) a) S(E, V, N ) = ln ΓN (E, V ) (47) b) S(E, V, N ) = ln ΣN (E, V ) (48) c) S(E, V, N ) = ln ωN (E, V ) (49) 45 Kurze Wiederholung Beschreibung im Phasenraum (Γ-, µ-Raum) Mikrozustände ↓ Makrozustände Dann: experimentelle Messungen an Gleichgewichtszuständen ≡ Zeitmittelwerten explizite Berechnung wegen Komplexität der Bewegung unmöglich ; Ersetzung durch Ensemblemittelwerte angebracht Einführung der statistischen Verteilung ̺(q, p) Grundannahme: Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Makrozustand Γ(X) ∝ Phasenraumvolumen |Γ(X)| makroskopische Untersysteme statistische Unabhängigkeit ; Kleinheit der relativen Fluktuationen von extensiven Größen → makroskopische Größe = Erwartungswert quasiabgeschlossene Systeme – Liouville’scher Satz → statistische Verteilung im Gleichgewicht nur von additiven Erhaltungsgrößen ~ abhängig (E, P~ , L) ; Rolle der Energie → Mikrokanonische Verteilung Einführung der Entropie (Logarithmus: • Additivität • Unabhängigkeit von der Dicke ∆ der Energieschale) Volumen der n-dimensionalen Kugel und deren Oberfläche Eigenschaften der Entropie: • Extensivität • Maximumseigenschaft im Gleichgewicht Temperatur Entropiesatz 46 3 Die thermodynamischen Größen Thermodynamische Größen charakterisieren einen Makrozustand. ∃ zwei Arten: a) Größen, die neben den thermodynamischen auch einen rein mechanischen Sinn haben: Energie, Volumen b) Größen, die das Resultat statistischer Gesetzmäßigkeiten sind und keinen mikroskopischen Sinn haben: Entropie, Temperatur 3.1 Grundbegriffe: Systeme, Phasen, Zustandsgrößen Thermodynamisches System: Makroskopische Menge von Materie (und/oder Strahlung), die in geeigneter Weise (bspw. Durch Wände) von ihrer Umgebung abgegrenzt ist und durch die Angabe bestimmter makroskopischer Variablen vollständig beschreibbar ist. a) isolierte oder abgeschlossene Systeme → Wände für Energie und Materie undurchlässig ; Gesamtenergie erhalten Makrozustand im Gleichgewicht beschrieben durch: N - Teilchenzahl V - Volumen E - Energie b) geschlossenes System → Energieaustausch aber kein Teilchenaustausch mit Umgebung Makrozustand im Gleichgewicht charakterisiert durch N , V , und T - Temperatur c) offene Systeme → Energie- und Materialaustausch mit Umgebung Makrozustand im Gleichgewicht beschrieben durch V , T , µ - chemisches Potenial homogenes System: gleiche Eigenschaften in allen seinen, an verschiedenen Orten befindlichen, Teilchen heterogenes System: nicht homogenes System, hier: enthält mindestens eine Phasengrenzfläche (alternativ: variiert kontinuierlich in seinen Eigenschaften) Phase: homogener Teil eines heterogenen Systems ⋆ Beispiel: geschlossener Topf mit Wasser, Wasserdampf und Luft 2 Phasen: flüssige (Wasser) und gasförmige (Wasserdampf und Luft) mehrere Komponenten (chemische Bestandteile): H2 O, O2 , N2 , CO2 , ... 47 Zustandsgröße: messbare makroskopische Eigenschaften des Systems, unabhängig von dessen Vorgeschichte ⋆ Beispiel: Energie, Volumen, Temperatur keine Zustandsgrößen: Position und Impulse der Teilchen (nicht makroskopisch) ↔ wohl aber: Schwerpunkt, Gesamtimpuls geschichtsabhängige Größen: Prozessgröße Kategorien von Zustandsgrößen: a) extensiv = additiv ∝ Stoffmenge notwendig zur vollständigen Charakterisierung ⋆ beispielsweise Energie, Entropie b) intensiv – unabhängig von der Stoffmenge ⋆ beispielsweise Temperatur, Druck, Energiedichte Thermodynamischer Zustand: Festgelegt durch den Satz aller thermodynamischer Variablen, die für die eindeutige Beschreibung des Systems erforderlich sind; geschichtsunabghängig“. ” 3.2 Die Temperatur Definition: 1 ∂S(E, V, N) = (1) T ∂E Frage: In welche Richtung fließt die Energie, wenn zwischen zwei ursprünglich abgeschlossenen Systemen Energieaustausch zugelassen wird? (Vi , Ni fest) 0< ∂S1 dE1 ∂S2 dE2 dS = + dt ∂E1 dt ∂E dt 2 ∂S1 ∂S2 dE1 = − E1 +E2 =const. ∂E1 ∂E2 dt 1 1 dE1 − = T1 T2 dt {z } | >0 Also: 1 dE1 1 − <0 ⇒ <0 T 1 T2 dt 1 dE1 1 − >0 ⇒ >0 T1 < T2 ⇒ T 1 T2 dt Die Energie fließt vom Körper mit höherer Temperatur zum Körper mit niedriger Temperatur. T1 > T2 ⇒ 48 3.3 Makroskopische Bewegung, Positivität der Temperatur Makroskopische Bewegung: Bewegung der makroskopischen Untersysteme eines Körpers als Ganzes (6= mikroskopische Bewegung der Moleküle) Frage: Ist im Zustand des statistischen (= thermodynamischen) Gleichgewichts eine makroskopische Bewegung möglich? Teilsysteme: Entropie Energie Su , Eu , Impuls Masse P~u Mu 2 ! P~u Eu − 2Mu {z } | Su = Su (Eu , P~u , Mu ) = Su Energie im lokalen Ruhesystem (Schwerpunktsystem) ; Galileiinvarianz P 2 P~u Gesamtentropie: S = u Su (Eu − 2M ) u Abgeschlossenes System ; Erhaltungsgrößen X E= Eu u P~ = X P~u u ~ = L X u r~u × P~u Gleichgewicht: Entropie maximal unter den Nebenbedingungen ~ = const. E = const., P~ = const., L ; Methode der Lagrange-Multiplikatoren ~ · P~ + B ~ ·L ~ (λ Lagrange-Parameter) Maximiere S̃ = S + λE + A ∂ ~ ~ ~ ~ ; ∂Eu (S + λE + A · P + B · L) = 0 ∂S ∂E +λ =0 ∂Eu ∂Eu | {z } | {z } ∂Su ∂Eu ⇒ ∂S ∂Eu = 1 Tu 1 = −λ, alle Tu gleich Tu = T ∂ ~ · P~ + B ~ · L) ~ =0 (S + λE + A ∂Pui X ~ · P~ + B ~ · (~r × P~v )] = 0 ∇ Pu [S + λE + A v 49 (∗) 2 ! P~u ∇Pu Sv = δuv ∇Pu Su Eu − 2Mu ! 2 ! P~u P~u − = δuv Su Eu − 2Mu Mu ! P~u ∂Su = δuv − ∂Eu Mu 1 P~u T Mu 1 = −δuv v~u v~u Geschwindigkeit des Systems T ~ · P~v )i = δuv ∂ Ak Pu (Einstein’sche Summenkonvention) (∇Pu A k ∂Pui = δuv δik Ak = δuv Ai ~ · P~v = A ~ ∇ Pu A ~ × r~u ) · P~u ] ~ · (~r · P~v ) = δuv ∇Pu [(B ∇ Pu B = −δuv ~ × r~u ) = δuv (B v~u ~+B ~ × r~u = 0 in (∗) − +A T ~ × r~u v~u = ω ~ +Ω ~ ω ~ =T ·A (∗∗) ~ =T ·B ~ Ω ; konstante Translation und konstante Rotation im Gleichgewicht (sonst nichts!) ; Gleichgewicht nur möglich, wenn alle Untersysteme eine Geschwindigkeit haben, die durch (∗∗) gegeben ist. ≡ Translation des Gesamtsystems mit Geschwindigkeit ω ~ und Rotation mir ~ Winkelgeschwindigkeit Ω ; innere makroskopische Bewegungen im Gleichgewicht unmöglich (∗∗) notwendige Bedingung für Maximierung der Entropie ~ = 0) abgeschlossenen Körper in Ruhe (P~ = L P 2 Gesamtentropie: S = u Su (Eu − P~u /(2Mu )) Annahme: Die Temperatur T sei negativ. 2 ! P~u 1 ′ <0 = Su Eu − ⇒ T 2Mu 50 ; Entropie wächst mit Zunahme von |P~u | P ; spontane Explosion (Nebenbedingung: u P~u = 0) wird normalerweise nicht beobachtet, also T > 0 weniger spektakuläre Ableitung: ! 2 ~u ∂S P 3 ∂Su ∂ 2 Su P~u u 2 ∇Pu Su = −∇Pu =− + ∂Eu Mu Mu ∂Eu ∂Eu2 Mu2 ~2 ∂ 1 Pu 3 + =− Mu T ∂Eu T Mu2 2 3 1 ∂T P~u =− − 2 Mu T T ∂Eu Mu2 sicher negativ, wenn T > 0 und 3.4 ∂T >0 ∂Eu Adiabatische Prozesse adiabatisch: zwei Bedingungen: • hinreichend langsam, dass thermodynamisches Gleichgewicht erhalten bleibt • hinreichend schnell, dass kein Wärmeaustausch mit Umgebung stattfindet äußere Bedingungen – äußere Felder thermisch isoliertes System – keine Einflüsse außer Änderungen der äußeren Felder Unterschied zum abgeschlossenen System: Hamiltonfunktion zeitabhängig H = H(q, p, t) Entropiesatz gilt auch für thermisch isolierte Systeme! ; Feld = mechanisches, nicht statistisches Objekt Entropie des Feldes ist Null adiabatischer Prozess: hinreichend langsame Änderung der äußeren Bedingungen eines thermisch isolierten Systems Behauptung: adiabatische Prozesse sind reversibel Beweis: charakterisiere äußere Bedingungen durch (eventuell vektorwertige) Parameter λ, mit ∂λ ∂t ≪ 1 51 Ausgangszustand: statistisches Gleichgewicht 2 dλ dλ dS + · · · (Taylor) = A0 +A1 + A2 ; dt dt dt ↑ dλ dS A0 = 0 da bei = 0 auch =0 dt dt ↑ dS A1 = 0 da bei = 0 in thermisch isolierten Systemen dt dλ unabhängig vom Vorzeichen von dt 2 dλ dS =A + ··· dt dt dS dS dt dλ = =A −→ dλ dt dλ dt dλ →0 dt ; dS =0 dλ Anmerkung: adiabatisch ⇒ reversibel reversibel ; adiabatisch Anwendung: Das Konzept der adiabatischen Prozesse erlaubt die Berechnung von Mittelwerten, die die Veränderung der Entropie des Systems als Funktion eines Parameters beschreiben, auf rein thermodynamischen Wege. Mechanik: dH(q, p, λ) ∂H(q, p, λ) ∂H ∂λ = = dt ∂E ∂λ ∂t Thermodynamische Energie: E = Ē(q, p, λ) = H̄(q, p, λ) dE(q, p, λ) ∂E(q, p, λ) ∂λ dĒ(q, p, λ) dE = = = dt dt dt ∂λ ∂t Wunsch: E = E(S, λ) dE dt ; ∂E ∂λ ∂E(q,p,λ) ∂λ S = ∂λ ∂t (+) (++) ∂E ∂λ S (2) • Berechnung von Kräften (λ ≡ Koord./Vol.) • Berechnung von el./magn. Momenten von Körpern (λ ≡ Feldstärke) 52 3.5 Der Druck Additivität von Energie und Entropie ; Im Gleichgewicht hängt die Entropie (Energie ) eines Körpers bei gegebener Energie (Entropie) nicht von seiner Form ab, sondern berechnet sich einfach aus der Summe der Entropien (Energien) seiner Teilvolumina. Voraussetzung: Abwesenheit äußerer Felder, die die Energie ortsabhängig machen (Homogenität) Anwendbarkeit: Flüssigkeiten und Gase (Festkörper nur bedingt: Energieänderung und bei volumenerhaltenden Deformationen (Elastizität) deformierte Festkörper befidnen sich in einem unvollständigen Gleichgewicht (Relaxationszeit sehr groß) ; makroskopische Zustände im Gleichgewicht vollständig bestimmt durch E, V (und N ) Kraft auf Volumen begrenzende Wand? F~ = −∇r E(q, p; ~r) ~r Ortsvektor der Wand Wandelement makroskopisch ⇒ mitteln! ∂E(q, p; ~r) ¯ ; F~ = −∇r E(q, p; ~r) = − ∂~r ∂E ∂V =− ∂V S ∂~r (2) ~˙ r → ∂V = ∆A ~ dV = ∆A~ ∂~r ~ = orientiertes makroskopisches Flächenelement der Wand mit A ∂E ¯ ~ ~ F = − · ∆A ∂V S ¯ F~ : ⊥ zur Wand, ∝ zur Fläche Definition des Drucks: p= ∂E ∂V ∂E ∂S 1 ⇒ T = = T ∂E V ∂S V ; totales Differential ∂E ∂E dV + dS = −pdV + T dS dE = ∂V S ∂S V 53 (3) S (4) abgeschlossenes System aus zwei Untersystemen mit frei verschiebbarer Wand, V1 + V2 = V = const. Gleichgewichtsbedingung: ∂S1 ∂S2 ∂V2 ! ∂S = + =0 ∂V1 ∂V1 ∂V2 ∂V1 |{z} ∂S1 ∂S2 ⇒ = ∂V1 ∂V2 1 p wegen dS = + dV T T p ∂S = ⇒ ∂V E T p1 p2 also = T1 T2 −1 (+) und mit T1 = T2 ; p1 = p2 Weitere Gleichgewichtsbedingung: p > 0 dann: ∂S |E > 0 p > 0 → ∂V ; System tendiert spontan zur Ausdehnung, kompensiert durch Wände ∂S |E < 0 p < 0 → ∂V ; System tendiert spontan zum Kollaps, nicht ohne Weiteres durch Wände kompensierbar Unterschied zur Bedinung T > 0: • Körper mit T < 0 wären völlig instabil, könnten in der Natur nicht existieren • Zustände mit negativem Druck als metastabile Zustände möglich Ablösen von Behälterwänden, Bildung von Hohlräumen im Inneren ; Entstehung von Oberflächen, die in der Energiebilanz berücksichtigt werden müssen (Oberflächen-, Kohäsionsenergie) Kapillare: 1 at ϕ ∆p = 2γ 2γ = cos ϕ R r h= 2γ cos ϕ rρg R: Radius des Miniskus, r: Radius der Kapillare bis 10 m, wenn p > 0, bis 30 m möglich wegen negativem Druck 54 3.6 Arbeit und Wärmemenge, innere Energie, Enthalpie Arbeitsleistung am Körper: Kräfte → Verschiebungen hier meistens: Volumenänderung am Körper Vereinbarung: von äußeren Kräften an einem System geleistete Arbeit, die seine Energie erhöht, wird positiv gerechnet Arbeit, die das System leistet: negativ Volumenänderung bei räumlich konstantem Druck führt zur Arbeitsleistung dV dA = −p dt dt thermisch isoliertes System dE dA = dt dt nicht thermisch isoliertes System ; Energieänderung auch durch Wärmezufuhr dE dA dQ = + (5) dt dt dt ruhender Körper, nur Volumenänderung (E = innere Energie U): dA dQ dU = + dt dt dt mit (4): dU dE dS dV = =T −p dt dt dt | {zdt} (6) dA dt dQ dS =T (7) dt dt Anmerkung: dA, dQ sind keine vollständigen Differentiale (auch δA, δQ) Z 2 Z 2 δQ sind wegabhängig (d. i. prozessabhängig) δA, ⇒ 1 1 Z 1 2 dU = Z 2 δA + δQ 1 = wegunabh. U2 − U1 dU ist ein vollständiges Differential (dS ebenso) Wärme und Arbeit sind ineinander umwandelbar eingeschränkt: Arbeit → Wärme geht vollständig Wärme → Arbeit geht nicht vollständig, ohne bleibende Änderung (des Systems oder der Umgebung) 55 Erster Hauptsatz: Energieerhaltung Es gibt eine Zustandsgröße innere Energie, deren Differential (für geschlossene Systeme) durch dU = δQ + δA gegeben ist. Zweiter Hauptsatz: Entropiesatz U = U (S, V ) dU= TdS − pdV ∂U ∂U , p=− T= ∂S V ∂V S (8) (9) Wärmekapazität CV bei konstantem Volumen ∂Q ∂S CV = =T ∂T V ∂T V (10) Wärmekapazität Cp bei konstantem Druck ∂Q ∂S Cp = =T ∂T p ∂T p Erster Hauptsatz: δQ = dU + pdV U = U (V, T ) ; δQ = ∂U ∂T V dT + ⇒ ∂U ∂V T CV = dU = ∂U ∂T dT + p ∂U ∂p + p dV ∂U ∂T V für Cp : U = U (p, T ), V = V (p, T ) (11) (12) dp T ∂V ∂V + dp dV = ∂T p ∂p T " # ∂V ∂U ∂V ∂U +p dT + + δQ = dp ∂T p ∂T p ∂p T ∂p T ⇒ Cp = ∂U ∂T +p p H=U+p·V 56 ∂V ∂T = p Enthalpie ∂H ∂T (13) p (14) 4 Anwendungen der mikrokanonischen Gesamtheit 4.1 Gleichverteilungssatz ΓN (E, V ) → Γ(E) Wir interessieren uns für statistische Mittelwerte der Form ∂H ∂H ∂H ∂H , pi , qi , pi qi ∂qj ∂pj ∂pj ∂pj allgemein ∂H xi ∂xj xi ∈ {q1 , . . . , q3N , p1 , . . . , p3N } hxi x̄j i , hxi xj i statistische Verteilung der mikrokanonischen Gesamtheit: ( 1 E ≤H ≤E+∆ ̺= 0 sonst R ∂H 3N 3N xi ∂x dq dp j ∂H E≤H≤E+∆ Z ; xi = ∂xj dq3N dp3N (1) (2) E≤H≤E+∆ Z Z . . . dq3N dp3N = E≤H≤E+∆ {z | Γ(E) . . . dq3N dp3N − H≤E+∆ =∆ ∂ ∂E Z } Z . . . dq3N dp3N E≤H . . . dq3N dp3N + O(∆2 ) H≤E Z ∂H ∂ ∆ ∂ ; xi xi (H − E )dq3N dp3N = ↑ ∂xj Γ(E) ∂E ∂xj (3) H≤E ∂E ∂xj xi = 0 subtrahiert ∂ ∂ ∂xi (H − E) = [xi (H − E)] − (H − E) ∂xj ∂xj ∂xj |{z} δij Z xi H≤E = Gauß Z Z ∂ ∂ (H − E)dq3N dp3N (H − E)dq3N dp3N = (xi (H − E))dq3N dp3N − δij ∂xj ∂xj H≤E H≤E Z Z nj xi (H − E) (H − E)dq3N dp3N (∗) dq3N dp3N − δij |H=E {z } H≤E 0, weil H = E a. d. Oberfläche 57 Γ(E) ω(E) = ∆ Z ∂H ∂ 1 xi (H − E)dq3N dp3N δij = ∂xj ω(E) ∂E H≤E Z δij ∂ ∂H Θ(E − H)(H − E)dq3N dp3N = xi ∂xj ω(E) ∂E gesamter Phasenraum Z δij ∂ Θ(E − H)(H − E) dq3N dp3N = ω(E) ∂E {z } | δ(E − H)(H − E) +Θ(E−H) | {z } 0 Z δij ∂H Σ(E) Θ(E − H)dq3N dp3N = δij xi = ∂xj ω(E) ω(E) | R {z } (4) (5) dq3N dp3N =Σ(E) H≤E ∂H Σ(E) xi = δij ∂Σ(E) = δij ∂xj ∂E = S=kB ln Σ δij 1 1 ∂S kB ∂E 1 ∂ ln Σ(E) ∂E = δij 1 1 1 kB T = δij kB T ∂H = δij kB T xi ∂xj (6) verallgemeinerter Gleichverteilungssatz speziell: ∂H = δij kB T pi ∂pj ∂H qi = δij kB T ∂qj im Allgemeinen: H quadratisch in den pi 1 ∂H hpi pj i pi = ∂pj mj 1 1 2 pi = kB T (Gleichverteilungssatz) 2mi 2 58 (6a) (6b) mittlere kinetische Energie pro Teilchen: 3 1 2 2 2 (pix + piy + piz ) = kB T 2mi 2 ∂H = −p˙i ∂qi DP E 3N q ṗ = −3NkB T i i i=1 (7) Virialtheorem, Virial einer Kraft F~ : ~xF~ kleine Schwingungen um Ruhelage, Ensemble harmonischer Oszillatoren ; Hauptachsentransformation X X H= Ai Qi + Bi Pi2 (8) i i (gleichzeitig kanonische Transformation) Euler’sche Differentialgleichung (H homogene Funktion vom Grad 2): X i Qi X ∂H ∂H + Pi = 2H ∂Qi ∂Pi i Seien f der Konstanten Ai , Bi ungleich Null (normalerweise f = 2s, s Anzahl der Freiheitsgrade) ; Mittelwertbildung * * + + X X ∂H ∂H Qi 2 hHi = Pi + ∂Q ∂P i i | {z }i | {z }i kB T = f kB T 1 hHi= fkB T f = fA + fB 2 U = hHi ∂ f CV = hHi = kB = skB ∂T 2 kB T (9) (10) Anmerkungen: 1) Die Formel (10) für die Wärmekapazität gilt bei Festkörpern für nicht zu niedrige Temperaturen mit s = 3N (Dulong-Petit-Regel, 1819) ; atomare Wärmekapazität von 26 J/K für alle Materialien (Menge: 1 gat = 1 Grammatom) experimentell bestätigt mit einigen Ausnahmen (B, Si, C) gilt relativ gut für Metalle 59 Sofortiger Widerspruch mit Theorie, wenn man innere Freiheitsgrade in gleicher Weise berücksichtigt (innere Molekülschwingungen bei hochmolekularen Verbindungen, Elektronenbewegung). Erklärung: Nach der Quantenstatistik frieren Freiheitsgrade bei tiefen Temperaturen aus - der Gleichverteilungssatz gilt nicht mehr (e− -Anregung erfolgt bei höherer, als Zimmertemperatur) 2) Formel (9) für die mittlere Energie gilt nur, wenn q und p in H quadratisch vorkommen. Sei etwa P p2 Hi = i + aqi2n H = i Hi 2m E D 2n ∂H qi ∂qi = 2na qi = kB T D hHi = X i pi ∂H ∂pi E hHi i = kB T ⇒ a qi2n = 2n 1 2 p = kB T m i 1 2 kB T ⇒ p = m i 2 = X1 i 2 kB T (1 + 1 s 2 ) = kB T (1 + ) n 2 n ⋆ Beispiel: Teilchen im Kasten Φ Φ = lim n→∞ -L 4.2 q n L ; q gibt keinen Beitrag L s hHi = kB T 2 Das ideale Gas N Teilchen, keine Wechselwirkung 3N X p2i H= 2m i=1 alle Einzelimpulse sind erhalten Annahme: beliebig kleine Wechselwirkung X HW = Φ(qi , qj ) i,j 60 Stärke der Wechselwirkung beeinflusst (solange sie genügend klein ist) die Zeit bis zum Erreichen des Gleichgewichts, nicht aber den Gleichgewichtszustand selbst ; wähle HW so klein, dass es bei Berechnung des Phasenraumvolumens vernachlässigbar ist so groß, dass System in experimentellen Zeiten ins Gleichgewicht einläuft (d. h. dass der Zeitmittelwert durch einen Scharmittelwert ersetzbar ist) Berechnung der Entropie nach Definition b), Gleichung (2.48) S = kB ln Σ(E, V ) Z 1 dq1 dq2 · · · dq3N dp1 dp2 · · · dp3N Σ(E, V ) = 3N h H≤E Teilchen seien auf Behälter mit Volumen V beschränkt ; H = ∞ an Behälterrand und jenseits H unabhängig von {q} im Behälter Z Z ⇒ Σ(E, V ) = dq3N dp3N mit E0 = H(q, p = 0) = 0 H≤E ; Z H≤E−E0 dq1 · · · dq3N = H≤E Σ(E, V ) = VN h3N 1 2m = Z (dq1 dq2 dq3 )N = V N H≤E Z P3N i=1 dp1 · · · dp3N Pi2 ≤E √ VN V3N ( 2mE) 3N h ↑ Volumen einer 3N -dimensionalen Kugel mit Radius " # π 3N/2 VN 3N/2 (2mE) Σ(E, V ) = 3N h (3N/2)! N V π 3N/2 3/2 (2mE) Σ(E, V ) = (3N/2)! h3 N ≫ 1 → Stirlingformel anwendbar √ n! ∼ nn e−n 2πn 61 (n → ∞) √ 2mE (11) Σ(E, V ) = V h3 Σ(E, V ) = √ N 1 e3N/2 p (3N/2)3N/2 2π3N/2 !3N/2 4πmEV 2/3 e 3N h2 (2πmE)3N/2 1 3πN ; S(E, V ) = kB ln Σ(E, V ) " # 4πmEV 2/3 kB 3 +1 − ln 3πN = N kB ln 2 2 3N h } | 2 {z wird vernachlässigt E=U " # 3 4πmEV 2/3 S(U, V ) = N kB ln +1 2 3N h2 (12) Auflösen nach U: U (S, V ) = 3h2 N 2/3 S/kB N −1 e 4πmV 2/3 (13) Ziel: Zustandsgleichung f (p, V, T ) = 0 allgemeiner Weg in der mikrokanonischen Gesamtheit: ∂S 1 = (Definition der Temperatur) T ∂U V p 1 ∂S p wegen S = dU + dV = T ∂V U T T und eliminiere aus diesen beiden Gleichungen die innere Energie U ; p(T, V ) und eliminiere S ∂U 2 T = = U (S, V ) ∂S V 3N kB 3 NkB T 2 (innere) kalorische Zustandsgleichung 2 U (S, V ) N kB T ∂U = = p=− ∂V S 3 V V (14) U= CV p · V = NkB T 3 ∂U = NkB = ∂T V 2 62 (14) (15) (16) 4.3 Das Gibbs’sche Paradoxon und die korrekte BoltzmannAbzählung Entropie eines idealen Gases S =N kB ln(V u3/2 ) + N s0 U 3 u= = kB T N 2 4πm 3kb (1 + ln ) s0 = 2 3h2 ↑ (17) Entropiekonstante pro Teilchen nicht extensiv! Konsequenzen? Mischung zweier Gase mit N1 Teilchen in V1 und N2 Teilchen in V2 Temperatur T , Druck p, Teilchenmasse m Nach dem Mischen: S = (N1 + N2 )kB ln[(V1 + V2 )u3/2 ] + (N1 + N2 )s0 Einzelentropien vor dem Mischen: S1 = N1 kB ln V1 u3/2 + N1 s0 S2 = N2 kB ln V2 u3/2 + N2 s0 ∆S S − S1 − S2 V2 V1 = = N1 ln(1 + ) +N2 ln(1 + ) > 0 kB kB V1 V | {z } | {z 2 } >0 >0 [wäre für verschiedene Gase okay, aber nicht für gleiches Gas (wie hier betrachtet!)] Ergebnis nicht sinnvoll bei gleichen Gasen, würde zur Abhängigkeit der Entropie von der Prozessführung, also der Geschichte des Gases führen ; Widerspruch zur Eigenschaft einer Zustandsgröße Empirische Lösung: korrekte Boltzmann-Abzählung“ ” statt S = kB ln Σ(U, V ) definiere wenn N1 N2 .. . S = kB ln N1Σ(U,V) !N2 !···Nm ! Teilchen der Sorte Teilchen der Sorte 1 2 Nm Teilchen der Sorte m vorliegen Für eine einzige Teilchensorte gilt die Sackur-Tetrude-Gleichung S= kB ln Σ(U, V) − kB ln N! = kB ln Σ(U, V ) − kB N ln N + kB N 63 (18) V 3/2 u + N s˜0 ) N 3 U = kB T u= N 2 1 4πm s˜0 = kB (5 + 3 ln ) = s0 + kB 2 3h2 S =N kB ln( ; (19) normiert, extensiv! Teilchensorten 1 und 2 identisch V1 V2 ∆S V − N1 ln − N2 ln = N ln kB N N1 N2 p1 = p2 = p und T1 = T2 = T V1 V2 T V = = kB ⇒ = N N1 N2 p ; ∆S = (N − N1 − N2 ) ln V N = 0 kB zwei verschiedene Teilchensorten: S = N kB ln(V u3/2 ) + N s0 − N1 kB ln N1 + kB N1 − N2 kB ln N2 + kB N2 (18) V 3/2 V 3/2 u + N2 kB ln u + N s˜0 N1 N2 V1,2 3/2 u + N1,2 s˜0 S1,2 = N1,2 kB ln N1,2 ∆S V V + N2 ln = N1 ln kB V1 V2 V2 V1 = N1 ln(1 + ) + N2 ln(1 + ) > 0 V1 V2 S = N1 kB ln Begründung der korrekten Boltzmann-Abzählung: Sommerfeld’sche Quantisierungsbedingung für ein Teilchen (1D) q p 64 I I pdq = nh 1 ; n= h = H=E Z Z Z Z dqdp H≤E dqdp Anzahl der Zustände mit Energie H ≤ Eu N unterscheidbare Teilchen (3D) Z 1 n = n1 · n2 · · · nN = 3N dq1 dq2 · · · dq3N dp1 · · · dp3N h H≤E ununterscheidbare Teilchen dividiere durch Anzahl der Möglichkeiten N Teilchen auf die gegebenen Zustände (bzw. den gegebenen N-Teilchen-Zustand) zu verteilen Z 1 dq3N dp3N n= N !h3N H≤E ; Volumenelement im Γ-Raum: dq3N dp3N N !h3N 65 5 Die kanonische Gesamtheit (quasi)abgeschlossenes System: mikrokanonische Gesamtheit 1 E ≤ H(q, p) ≤ E + ∆ ̺ = ΓN (E, V ) 0 sonst Z 1 dq3N dp3N ΓN (E, V ) = 3N h N! (1) (2) E≤H(q,p)≤E+∆ 5.1 Ableitung der Verteilungsdichte im kanonischen Ensemble Häufig: nicht Systemenergie vorgegeben, sondern Systemtemperatur Form der Verteilung aus Kapitel 2.5, Gleichung (21) ln ̺u = αu + β̃Eu (qu , pu ) d. h ̺u = ̺0u eβ̃Eu 1 (3) 2 System 1, System 2 beide makroskopisch, System 1 ≪ System 2 ; Eigenschaften von System 2 durch System 1 praktisch nicht beeinflusst Gesamtsystem abgeschlossen Wechselwirkungsenergie schwach ; H = H1 + H2 Verteilung des Teilsystems 1 erhält man aus der des Gesamtsystems durch Integration über die Variablen des Systems 2. 1 für E ≤ H + H ≤ E + ∆ 1 2 ̺({q1 }, {p1 }, {q2 }, {p2 }) = Γ (4) 0 sonst 1 Γ(E) = 3N1 h N1 !h3N2 N2 ! | {z } Z 3N 3N 3N dq3N 1 dp1 dq2 dp2 (5) E≤H1 +H2 ≤E+∆ kein Teilchenaustausch ⇒ Rechnung so, als ob Teilchen in System 1 und System 2 verschieden wären Z dq3N2 dp3N2 ̺(q, p) = ̺(q1 , p1 , q2 , p2 ) 23N2 2 h N2 ! Z Γ2 (E − H1 ) 1 (6) = = Γ(E) Γ(E) E−H1 ≤H2 ≤E−H1 +∆ 66 (Indizes 1, 2 kennzeichnen System) H1 ≪ E → kann man entwickeln? (1 + x)n = 1 + nx + · · · n≫1 n > x1 schlechte Näherung, falls x > 1 n 1 n = exn hier: nötig, dass x ≪ (1 + x)n = eln(1+x)n = e(x+··· )n für x ≪ 1 ausreichend ; nicht direkt entwickelbar! Entropie: p S2 (E − H1 ) = kB [ln Γ2 (E − H1 ) + O( N2 )] ; Γ2 (E − H1 ) = c2 eS2 (E−H1 )/kB c2 ist ein unbekannter Vorfaktor ̺(q1 , p1 ) = c2 /Γ(E) exp{S(E − H1 )/kB } H1 ≪ E ; entwickle S2 (E − H1 ), Abbruch nach 1. Ordnung ∂S2 (E) H1 + · · · S2 (E − H1 ) = S2 (E) − ∂E H1 = S2 (E) − T2 (E) H1 (E ≫ E2 ) ≈ S( E) − T2 (E2 ) thermisches Gleichgewicht: T1 = T2 = T ̺(q1 , p1 ) = c2 eS2 (E)/kB −H1 (q1 ,p1 )/kB T e Γ(E) Unterdrücke Index 1 ̺(q, p) = τ e−H(q,p)/kB T kanonische Verteilung e−H(q,p)/kB T ZN (V, T ) Z dq3N dp3N −H(q,p)/kB T e ZN (V, T ) = h3N N ! ̺(q, p) = ; 67 (7) ZN : Zustandsintegral/-summe (englisch: partition-function) Anmerkung zur Entwicklung nach H1 : Γ2 (E) − ̺= Γ ↑ f ≈1− ∂Γ2 ∂E H1 Γ2 (E) = Γ(E) ∂ ln Γ2 H1 1− ∂E H1 ≈ eH1 /kB T kB T ↑ f dasselbe Ergebnis, aber: falsche Ableitung! ⋆ Beispiel: Γ2 (E) = cE 3/2 N 3/2 N 3/2 N Γ2 (E − H1 ) = c(E − H1 ) = ce ? 3 H1 3/2 N ≈ cE 1− N 2 E Voraussetzung wäre 32 N nach Gleichung (4.14) H1 3/2 N 1− E H1 ≪1 E 3 H1 ≈ N1 kB T 2 3 E ≈ (N1 + N2 )kB T 2 3 H1 3 N1 kB T 3 N ≈ (N1 + N2 ) = N1 ≫ 1 2 E 2 (N1 + N2 )kB T 2 kanonische Verteilung: hängt nur über H(q, p) von Impulsen und Koordinaten ab ⇒ sie ist stationär 5.2 Zustandssumme und freie Energie Abkürzung: β = 1 kB T 1 e−βH(q,p) ZN (V, T ) Z dq3N dp3N −βH(q,p) e ZN (V, T ) = h3N N ! ̺(q, p) = ; 68 (9) Zusammenhang mit der Thermodynamik: Z 1 U = hHi = 3N ̺(q, p)H(q, p)dq3N dp3N h N! Z 1 1 H(q, p)e−βH(q,p) dq3N dp3N = {z } ZN h3N N ! | ∂ −βH − ∂β e 1 ∂ ∂ ln ZN (−ZN ) = − ZN ∂β ∂β ∂ ln ZN ∂ ln ZN = kB T2 U= − ∂β ∂T 1 1 ∂T = ∂β = −1 = −kB T 2 mit ∂β k T2 = ∂T (10) B Druck: ∂H(q, p) ∂H ∂U = =− p=− ∂V S 3.2 ∂V ∂V Z 1 ∂H 3N 3N p = − 3N ̺(q, p) dq dp h N! ∂V Z 1 ∂H −βH 3N 3N 1 dq dp e =− 3N ZN h N ! |∂V {z } − β1 =− 1 1 ∂ 3N βZN h N ! ∂V ∂ ∂V e−βH Z e−βH q3N dp3N {z } | ZN 1 ∂ 1 ∂ =− ZN = − ln ZN βZN ∂V β ∂V ∂ 1 ∂ ln ZN = kB T ln ZN p= − β ∂V ∂V (11) ∂ ln ZN ∂ ln ZN dT + dV ∂T ∂V β U dT + dV = 2 kB T kB T d ln ZN (V, T ) = dU p 1 U + dV −d + kB T T T 1 U 1 = − d + dS dU =T dS−pdV kB T kB U − S = −kB d ln ZN d t 69 (12) legt nahe: eine neue energieartige Funktion, ein thermodynamisches Potential, einzuführen F = U − TS (13) F heißt freie Energie mit (12): d F = −kB d ln ZN (V, T ) T F = −kB T ln ZN (V, T ) + const. · T Nullpunkt der Entropie frei wählbar, setze const. = 0 F = −kB T ln ZN (V, T ) (14) ZN (V, T ) = e−βF (15) dF = dU − T dS − SdT = −pdV − SdT dF = −SdT − pdV S= ; S = kB ∂F ∂T (16) (17) V ∂ T ln ZN ∂T ∂ ln ZN ∂T 1 ∂ ln ZN = kB ln ZN − T ∂β (10) 1 S = kB ln ZN + hU i kB T + * e−H/kB T = −kB hln ̺i = −kB ln ZN = kB ln ZN + kB T S = −kB S = −kB hln ̺i (18) R (19) ̺ ln ̺ dq3N dp3N /h3N N ! (vgl. (2.36)) ̺: normierte Verteilung ̺ = 0 ⇒ setze ̺ ln ̺ = 0 ( lim x ln x = 0) x→0 70 (mikrokanonische Verteilung: ̺ = 1/Γ(E) in Energieschale, 0 außerhalb S = − kB Z Z dq3N dp3N = −kB ̺ ln ̺ 3N h N! = kB (ln Γ) ln Γ dq3N dp3N Γ h3N N ! E≤H≤E+∆ 3N 3N dq dp Z 1 Γ − = kB ln Γ h3N N ! E≤H≤E+∆ (19) → (14): | {z } Γ Z dq3N dp3N ̺ ln ̺ 3N h N! 3N 3N Z H dq dp − ln ZN = −kB ̺ − kB T h3N N ! hHi U = + kB ln ZN = + kB lnZN T T ; |U − {zT S} = −kB T ln ZN ) S = −kB F 71 6 6.1 Anwendungen der kanonischen Verteilung Gleichverteilungssatz Z ∂H −H/kB T dq3N dp3N 1 ∂H xi e = xi ∂xj ZN ∂xj h3N N ! | {z } (∗) ∂ e−H/kB T −kB T ∂x j ∂ −H/kB T ∂ −H/kB T e = xi e − δij e−H/kB T xi ∂xj ∂xj (∗∗) (∗∗) in (∗): Z ∂H dq3N dp3N 1 xi e−H/kB T 3N = kB T δij ∂xj ZN h N! {z } | ZN ∂H xi = kB T δij ∂xj (1) für nichtzyklische Koordinaten xj ∂H ∂H xj zyklisch ⇒ = 0 ⇒ xi =0 ∂xj ∂xj 6.2 Zustandssumme des idealen Gases H= 3N X p2i + ΦW 2m (2) i=1 Wandpotential ΦW : ( 0 im Kasten ΦW = ∞ außerhalb ( 3N Z X p2 i ZN (V, T ) = exp − − 2mkB T i=1 Z 1 = 3N e−ΦW /kB T dq3N h N! {z } | VN ) ΦW dq3N dp3N kB T h3N N ! Z P p2 i − 3N i=1 2mkB T dp3N e | {z } Z ∞ 3N p2 − e 2mkB T dp | −∞ {z } ( 72 √ 2mkB T π ) 3N VN (2πmkB T )3/2 N h3N N ! VN = 3N (3) λ N! h thermische de Broglie-Wellenlänge λ= √ 2πmkB T (4) ZN (V, T ) = Freie Energie F (V, T ) = −kB T ln ZN = Stirling −N kB T (ln V + 3 ln √ 2πmkB T − ln N + 1) h V + 3 ln F (V, T ) = −N kB T (ln N Zustandsgleichung: p = − ∂F ∂V T = √ 2πmkB T h +1 (5) N kB T V pV = NkB T 6.2.1 (6) Maxwell-Verteilung und barometrische Höhenformel ideales Gas im äußeren konservativen Kraftfeld H= N X i=1 ( ) p2ix + p2iy + p2iz + Φ(xi , yi , zi ) + ΦW 2m ; Verteilung für ein Molekül? Integration über alle anderen ( 2 2 2 ce−px +py +pz /2mkB t e−Φ(x,y,z)/kB T ̺(x, y, z, px , py , pz ) = 0 räumliche Verteilung? ̺(x, y, z) = ̺0 e−Φ(x,y,z)/kB T barometrische Höhenformel: Φ = mgz, Gasdichte ̺m = m̺ ̺m = ̺m (x, y, z) = ̺m0 e−mgz/kB T 73 im Kasten außerhalb (7) 6.3 Reales Gas Moleküle besitzen Wechselwirkung (außer Stößen, die das Gas ins Gleichgewicht bringen!) H= N N X X p2i Φ(|qi − qj |) + ΦW + 2m i=1 i, j i<j (8) Zustandssumme: Z Z PN P 1 − N p2i /2mkB T 3N i=1 e−( i,j∧i<j Φ(|qi −qj |)+ΦW )/kB T dp3N e dq ZN = 3N h N! {z } | ideal bekannt aus ZN λ= √ h 2πmkB T ZN = Z̃(V, T ) = VN λ3N N ! 1 VN Z id Z̃(V, T ) = ZN − e P i<j Z̃(V, T ) | {z } (9) Konfigurationsintegral Φ(|qi −qj |)/kB T dq3N q∈V − P Φ(|q −q |)/k T i j B Z̃(V, T ) = e i<j q * + Y −Φ(|qi −qj |)/kB T = e i,j Mittelwert über Ortsanteil des Γ-Raumes Gestalt des Potentials: für kleine Abstände: für große Abstände: 74 q Abstoßung Anziehung (10) Modellierung der Abstoßung durch Potential einer harten Kugel mit Radius r0 Φ(r) I Φmin II r 2 r0 in I: e−Φ/kB T = 0 (r < 2r0 ) für hohe Temperaturen bzw. (äquiv.) schwache Anziehung gilt in II: e−Φ/kB T = 1 −φ/kB T (r > 2r0 ) | {z } >0 Führe ein: f (r) = e−Φ/kB T − 1 ; in I: f (r) = −1 in II: f (r) = −φ/kB T ≪ 1 fij = f (|qi − qj |) * + Z Y Y 1 ; Z̃(V, T ) = (1 + fij ) = N (1 + fij )dq3N V i<j (∗(?)) i<j Näherungen? verdünntes Gas: ; Bereich I ist kleiner Teil des gesamten Integrationsvolumens ⇒ fij ≪ 1 im größten Teil des Integrationsvolumens Y Y Y fij fkl + · · · (∗∗) (1 + fij ) = 1 + fij + i<j i<j i<j k<l (i, j) 6= (k, l) Faktorisierungsnäherung: Terme niedriger Ordnung ⇒ Paare gleicher Indizes sind selten 75 ; hfij fkl i = hfij i hfkl i Z Z 1 · · · fij fkl d3 q1 d3 q2 · · · d3 qN hfij fkl i = N | {z } V dq3N Z Z 1 = · · · fij fkl d3 qi d3 qj d3 qk d3 ql 4 V i 6= k 6= j i 6= l 6= j Z Z Z Z 1 1 3 3 3 3 = fij d qi d qj fkl d qk d ql V2 V2 Z Z 1 1 3N = f dq fkl dq3N ij V2 V2 = hfij i hfkl i Anzahl der Terme insgesamt? Y (1 + fij ) = (1 + f12 )(1 + f13 ) · · · (1 + f1N ) i<j ×(1 + f23 ) · · · (1 + f2N ) ×(1 + f34 ) · · · (1 + f3N ) .. . ×(1 + fN −1,N ) N −1 N −2 N −3 1 Σ = N (N − 1)/2 ; Gesamtzahl der Produkte fij ≪ 1(?) in (∗) 1 1 N (N − 1)/2 [N (N − 1)/2 − 1] ≈ N 2 (N − 1)2 ≈ N 4 2 8 Anzahl von Parametern mit gleichen Indizes? Form fij fik oder fij fjk oder fij fkj N Möglichkeiten zur Auswahl des doppelt vokommenden Indexes, N − 1 für zweiten, N − 2 für dritten fij fik und fik fij ; jedes Produkt zweimal gezählt ; 21 N (N − 1)(N − 2) ≈ 12 N 3 ist Faktor N/4 kleiner Gesamtzahl der Dreierprodukte fij fkl fmn in (∗): N (N − 1)/2 [N (N − 1)/2 − 1][N (N − 1)/2 − 2]/6 ≈ 1 6 N 48 Gesamtzahl der Dreierprodukte mit einem Paar gleicher Indizes (fij fik fmn usw.): 1 1 N (N − 1)(N − 2)(N − 3) ≈ N 5 2 4 76 Also: die Anzahl der Terme, für die die Faktorisierung (∗∗) nicht gilt, weil Indizes gleich werden, ist pro Paar gleicher Indizes um einen Faktor der Größenordnung N kleiner, als die Anzahl der Terme, für das sie gilt. Offensichtlich nicht mehr richtig für große Anzahlen von Faktoren (wenn ein Produkt mindestens einen mehr als N/2 fij enthält, ist es gar nicht mehr möglich, alle Indizes verschieden zu wählen). Aber diese Produkte hoher Ordnung haben wegen fij ≪ 1 ein so geringes Gewicht, dass man keinen großen Fehler macht, wenn man sie auch faktorisiert. Wir setzen also: * + Y Z̃(V, T ) = (1 + fij ) i<j = ↑ Näherung Y i<j h1 + fij i = (1 + hfij i)N (N −1)/2 Anmerkung: Die Faktorisierungsnäherung ist noch etwas besser, denn auch für Zweierprodukte mit einem Paar gleicher Indizes gilt: hfij fik i = hfij i hfik i graphische Darstellung in Clusterform: für jedes fij ein Kreis und zwei Kreise durch Strich verbunden, wenn Paar gleiche Indizes hat, dann gilt: • = hf i2 • = hf i3 • 6= hf i3 dichtere Gase mit stärkeren Wechselwirkungen ; Clusterentwicklung (Mayer, 1937) Berechnung des Mittelwerts von f12 : Z 1 f (|q1 − q2 |)d3 q1 · · · d3 qN VN Z 1 = 2 f (|q1 − q2 |)d3 q1 d3 q2 V Z Z = d3 qs d3 ∆qf (|∆q|) Substitution | {z } hf12 i = V 77 1 Schwerpunkt-Koodinaten: qs = (q1 + q2 ) 2 ∂(qs , ∆q) ∆ = q1 − q2 ; =1 ∂(q1 , q2 ) Z Z ∞ 1 4π = f (r)r2 dr f (q)d3 q = 3 V V 0 V ≫λ r = |q| Z 2r0 Z inf ty 4π 2 (−r )dr + ↑ f = −Φ/kB T } { = V Φ(r) 0 2r0 ↑f =−1 − k T r 2 dr | {z } B − = 3 8r0 3 4πro3 3 } | {z 2 {−4 V + V0 : Volumen einer Kugel mit Radius r0 ; Z̃(V, T ) = [1 + 2 α V ( kB T 1 2π kB T | Z ∞ 2r0 −Φ(r)r2 dr} {z } α>0 − 4V0 )]N (N −1)/2 (12) ZN = Z id Z̃, F (T, V ) = −kB T ln ZN = −kB T ln Z id − kB T ln Z̃ N (N − 1) 2 α F (T, V ) = Fid (T, V ) − kB T ln{1 + − 4V0 } 2 V kB T } | {z | {z } N2 ≪1 2 {z } | 2 V 2 F (T, V ) = Fid (T, V ) − α NV + p= ∂F ∂V T = α kB T −4V0 N2 V 4V0 kB T (13) N kB T N2 N2 − α 2 + 2 4V0 kB T V V V ; Zustandsgleichung p= N kB T V 1+ ähnlich van-der-Waals 4N V0 V 2 − αN V2 (14) van-der-Waals’sche Zustandsgleichung: N kB T an2 = V2 V − nb N kB T nb ≈ 1+ V V V0 (?)≪V p+ n = Zahl der Mode = N NL NL = Loschmidt-Zahl ≈ 6 · 1023 78 (+) Identifizierung von (+) und (14): 4N V0 = 4NL V0 n R∞ αNL2 = NL2 2π 2r0 vierfaches Volumen eines Mols Gas b= ; a=α N 2 n = −Φ(r)r2 dr Maß für molekulare Anziehung also: Wir haben eine mikroskopische Begründung für van-der-WaalsGleichung für verdünnte reale Gase. van-der-Waals-Gleichung: kinetische Gastheorie (Boltzmann): Statistik: 6.4 1873 1860-1877 ≈ 1870-1900 Energieschwankungen in der kanonischen Gesamtheit Mittlere Energie: U = hHi Entropieschwankung: ∆H 2 = (H − hHi)2 = H 2 − h2H hHii + hHi2 | {z } 2hHi2 = H 2 − hHi2 = H 2 − H 2 R He−βH dq3N dp3N U = hHi = R −βH 3N 3N e dq dp R 2 −βH 3N 3N H e dq dp (∆H)2 = R −βH 3N 3N − U 2 e dq dp Z Z ∂ 2 −βH 3N 3N He−βH dq3N dp3N H e dq dp = − ∂β | {z } hHi·Z R R 2 −βH 3N 3N Z − − He−βH dq3N dp3N H e dq dp ∂H −βH 3N 3N dq dp = − R −βH 3N 3N + He 2 R ∂β e dq dp e−βH dq3N dp3N 2 R 2 He−βH dq3N dp3N R =− H + e−βH dq3N dp3N | {z } hHi2 also: − ∂H = H 2 − hHi2 = (∆H)2 ∂β ∂U ∂β 1 ∂U ∂U = · =− CV = ∂T V ∂β V ∂T kB T 2 ∂β 79 ∂U (∆H)2 = H 2 − H 2 = − = kB T 2 CV ∂β (∆H)2 ≥ 0 ⇒ (15) CV ≥ 0 Relative Schwankung: |∆H| = hHi 6.5 p 1 CV kB T 2 ∝√ hHi N {z } | CV ∝ N hHi ∝ N −→ für N →∞ 0 Energieverteilung in der kanonischen Gesamtheit ̺(E) = * = R + δ( E − H ) verwende: ↑ ↑ Wert Größe H)e−βH dq3N dp3N /h3N N ! δ(E − R e−βH dq3N dp3N /h3N N ! Z 1 h3N N ! dq3N dp3N = ω(H) · dH H≤H(q,p)≤H+dH Z 3N 3N 1 Z = · · · ω(H)dH h3N N ! ω(H) ≡ Inhalt der Hyperfläche H(q, p) = H (2.7.5) · · · dq dp ; ̺(E) = R δ(E − H)e−βH ω(H)dH R e−βH ω(H)dH e−βE ω(E) −βE ω(E)dE Emin e (16) ωN (E)e−βE dE (17) ̺(E) = R ∞ ZN (V, T ) = Z ωN (E) ist als Zustandsdichte zu interpretieren Maximum von ̺(E)? hHi = U , relative Schwankungen von U klein ; E (max) = hHi = U 80 andererseits ist Maximum definiert durch: 0 ∂ −βE ∂E ω(E)e = = ∂ ln ω(E) −β ∂E | {z } = eln ω(E)−βE = 1 kB Tmik (E) ∂ ln ω(E)−βE e ∂E 1 ∂ 1 Smik (E) = ∂E kB kB Tmik 1 1 − −β |E=U = kB Tmik (U ) kB Tkan ; Tkan = Tmik (U ) ; Die Temperaturdefinitionen von mikrokanonischer und kanonischer Gesamtheit stimmen überein, wenn die Energie E der mikrokanonischen Gesamtheit gleich der mittleren Energie U der kanonischen Gesamtheit gewählt wird. ∂2 1 (ln ω(E) − βE)|E=U (E − U )2 + · · · 2 ∂E 2 ∂ 2 Smik 1 = ln ω(U ) − βU + (E − U )2 + · · · ∂E 2 kB 2 | {z } ∂ 1 ∂E Tmik (E) = mik − k T12 ∂T∂E ln ω(E) − βE = ln ω(U ) − βU + B mik = Tmik =Tkan =T 1 | ∂E E=U ∂T = 1 ∂U ∂T = ln ω(U ) − βU − 1 1 1 |E=U (E − U )2 kB T ∂E 2 ∂T 1 CV 1 1 ln(ω(E)e−βE ) = ln(ω(U )e−βU ) − (E − U )2 2 kB T 2 CV 1 ω(E)e−βE = ω(U )e−βU e− 2 (E−U ) −βU ZN (T, V ) = ω(U )e −βU ZN (T, V ) = ω(U )e Z ∞ 1 dEe− 2 (E−U ) ; BT 2 /k 2C BT (x) V 2C V −∞ p 2πkB T 2 CV 1 (16),(x),(18) 2 /k Gauß-Funktion 2 2 e− 2 (E−U ) /kB T CV ̺(E) = p 2πkB T 2 CV Gauß-Verteilung 81 (18) (11) Freie Energie: 1 F = −kB T ln ZN = U − kB T ln ω(U ) − kB T ln 2πkB T 2 CV ∝U 2 ∝N ∝ln N ; U − T Smik (E)|E=U = U − T Skan (U ) ; und Entropiedefinitionen in mikrokanonischem und kanonischem Ensemble sind gleich, wenn E = U 7 Die großkanonische Gesamtheit mikrokanonische Gesamtheit: abgeschlossenes System gegeben: E, V , N kanonische Gesamtheit: geschlossenes System, kein Teilchenaustausch (aber Wärmeaustausch) gegeben: V , N , T großkanonische Gesamtheit: offenes System, Teilchen- und Wärmeaustausch gegeben: V , T , ? R S System S ≪ System R (Reservoir); Wechselwirkung so klein, dass vernachlässigbar, groß genug für Einstellen des Gleichgewichts; Gesamtsystem sei abgeschlossen; Hges = HS + HR = H + HR 1 für E ≤ HS + HR ≤ E + ∆ ̺N (qS , pS ; qR , pR ) = Γ(E, V ) 0 sonst Z dq3NR dp3NR ̺(qS , pS , NS )= ̺(qS , pS , qR , pR ) 3N h R NR ! ↑ E−H ≤H ≤E−H +∆ S R S variabel ; Argument = ΓR (E − HS , VR , N − NS ) Γ(E, V, N ) | {z } ΓN (E,V ) 82 (1) √ Setzen wir SR = kB (ln ΓR + O( NR )) 1 SR (E − HS , VR , N − NS ) ̺(qS , pS , NS ) = c̃ exp kB 1 ∂SR ∂SR = c exp −HS |VR ,N − NS |E,VR kB ∂E ∂N ∂SR |V ,N ∂E R c = c̃eSR (E,VR ,N )/kB 1 1 = ≈ T (E, N ) System R T (ER , NR ) T : Temperatur des Reservoirs ≫ System S Bedeutung von ∂SR |E,VR ? ∂N ∂S |U,V dN ∂N ∂S |U,V dN ; dU = T dS − pdV − T ∂N | {z } ∂U )S,V ( ∂N dU p dS = + dV + T T dU= TdS − pdV + µdN ∂U ∂S = µ = −T ∂N U,V ∂N S,V (2) U - homogene Funktion 1. Grades von S, V , N ; mit Eulerscher Differentialgleichung: ∂U ∂U ∂U U= ·S+ ·V + ·N ∂S V,N ∂V S,N ∂N S,V U = TS − pV + µN 0 = U − T S + pV = µN (3) (4) Einführung der freien Enthalpie G µ= G N freie Enthalpie pro Teilchen chemisches Potential dG = dU − T dS − SdT + pdV + V dp = −SdT + V dp + µdN (2) 83 (5) µ= ∂G ∂N (5’) T,p Änderung der freien Enthalphie bei Hinzufügen eines Teilchens ∂µ ∂G =µ+ N G = µN ⇒ ∂N T,p ∂N T,p ∂µ ⇒ =0 ∂N T,p (es gilt auch: µ = ∂SR ∂NR E,VR ∂F ∂N V,T ) µ =− , T µ : chemisches Potential der Reservoirteilchen ̺(q, p, N ) = exp{−(H(q, p) − N V )/kB T } Z(V, T, µ) (6) Normierungsbedingung: ∞ Z X ̺(q, p, N ) N =0 dq3N dp3N =1 h3N N ! große (großkanonische) Zustandssumme: Z(V, T, µ) = = ∞ Z X N =0 ∞ X N =0 µ/kB T z N =e ZN (V, T ) = 7.1 Z e −H−µN kB T dq3N dp3N h3N N ! z N ZN (V, T ) = eβµ e−βH (7) Fugazität dq3N dp3N h3N N ! Mittelwerte in der großkanonischen Verteilung Definition des Mittelwerts von f (q, p, N ) hf i = ∞ Z X f (q, pN )̺(q, p, N ) N =0 84 dq3N dp3N h3N N ! Z ∞ X dq3N dp3N 1 N z f (q, pN )e−βH(q,p,N ) 3N hf i = Z(V, β, z) h N! N =0 Z ∞ ∞ X X dq3N dp3N z N f (q, pN )e−βH 3N Z(V, β, z) = z N ZN (V, β) = h N! N =0 (8) N =0 β= 1 kB T z = eµ/kB T Z ∞ 3N 3N X 1 N −βH dq dp U = hHi = z He | {z } h3N N ! Z(V, β, z) N =0 ∂ −βH − ∂β e 1 ∂ = − Z(V, β, z) Z(V, β, z) ∂β ∂ U= − ln Z(V, β, z) ∂β p=− ∂H ∂V Z ∞ X ∂H −βH dq3N dp3N −1 N e z = 3N Z(V, β, z) |∂V {z } h N ! N =0 − β1 ∂ ∂V e−βH 1 1 ∂ Z(V, β, z) β Z(V, β, z) ∂V ∂ 1 ∂ ln Z(V, β, z) = kB T ln Z(V, β, z) p= β ∂V ∂V = (9) (10) Z ∞ X 1 dq3N dp3N N hN i = Nz e−βH 3N Z(V, β, z) h N! N =0 {z } | ZN (V,β) P∞ N =0 N z ZN = PN∞ N N =0 z ZN ∂ N zN = z zN ∂z ∂ z ∂z Z(V, β, z) ∂ hNi= = z ln Z(V, β, z) Z(V, β, z) ∂z 85 (11) alternativ: 1 ∂ ln Z(V, β, z) β ∂µ ∂ ∂ 1 ∂ z = eβµ βµ = eβµ ∂eβµ ∂z ∂e ∂µ ∂µ | {z } hN i = βeβµ = d ln Z(V, β, z) = N̄ =hN i ∂ ln Z ∂ ln Z ∂ ln Z dV + dβ + dz ∂V ∂β ∂z = (10),(9),(11) 1 = ↑ kB dβ=d k 1 T B 1 ∂ β ∂µ βpdV − U dβ + U p dV + 2 dT T T N̄ dz 2 N̄ + 2 =− k1 12 dT B T βµ βµ z z βdµ |{z} e +µdβ |{z} e ! dz=deβµ dµ+µdβeβµ 1 U dU −1 p N̄ = dV − d + dµ + µN̄ dT + kB T T T kB T kB T 2 N̄ → N (thermodynamische Bezeichnung) dU = T dS − pdV + µdN ; ln Z = 1 kB p p N Nµ U p dV + dS − dV dN + dµ − dT − d + 2 T T T T T T {z } | d NTµ U 1 Nµ d −S− kB T T U − TS − Nµ = −kB d ln Z(V, T, µ) d T neues thermodynamisches Potential: = Ω(V, T, µ) = U − TS − µN = −pV (3) p=− Ω V (Dichte einer extensiven Größe) Ω = −kB ln Z(V, T, µ) + const. T Ω = −kB T ln Z(V, T, µ) + const. · T 86 (12) (13) (Wahl des Nullpunkts der Entropie eliminiert const.) Ω(V, T, µ) = −kB T ln Z(V, T, µ) (14) µ Ω U − N̄ − T T T hU i µ = − hN i + kB ln Z T T = −kB (−β| hHi − µ hN i | − ln Z) + * e−β(H−µN ) = −kB ln Z S= = −kB hln ̺i S = −kB ∞ Z X ̺(q, p, N) ln ̺(q, p, N) N=0 dq3N dp3N h3N N ! (15) ∂ ln Z(V, T, z) Zustandsgleichung: Aus pV = kB T ln Z(V, T, z) und N̄ = 2 ∂z eliminiere z: ; f (p, V, T ) = 0. 7.2 Ideales Gas ZN = 1 N! V N λ3 mit λ = √ ⇒ Z(V, T, z) = = ∞ X N =0 ∞ X N =0 ln Z(V, T, z) = h 2πmkB T z N ZN (V, T ) 1 N! zV λ3 N = ezV /λ zV zV = (2πmkB T )3/2 3 λ3 h 3 (16) Zustandsgleichung: pV = kB T ln Z = kB T zV ∂ ln Z = 3 ∂z λ ⇒ pV = N̄ kB T zV λ3 N̄ = z 87 (17) 7.3 Dichteschwankungen in der großkanonischen Gesamtheit Wahrscheinliichkeit ω(N ′ ), dass ein System in der großkanonischen Gesamtheit die Teilchenzahl N ′ hat ω(N ′ ) = hδN ′ M i = ′ X z N ZN ′ δN ′ N z M zM /Z = Z (+) M 1 µN ′ ′ = e kB T e−Fkan (T,V,N )/kB T Z 1 1 ′ ′ µN − Fkan (T, V, N ) = exp Z kB T Erwartung: ω(N ′ ) hat scharfes Maximum bei mittlerer Teilchenzahl N ∂F (T, V, N ′ ) (N ′ − N ) µN ′ − F (T, V, N ′ ) = µN − F (T, V, N ) + µ − ∂N {z } | 0, da Maximum − ∂2F 1 (N ′ − N )2 + · · · 2 ∂N 2 Maximum: µ = ∂F/∂N = µkan - chemisches Potential der großkanonischen und kanonischen Verteilung identisch, wenn für Ngk die mittlere Teilchenzahl eingesetzt wird ∂2F ? ∂N 2 F extensiv ; F (T, V, N ) = N f (T, v) mit v = V /N intensiv [F (T, λV, λN ) = λF (T, V, N ), setze λ = 1/N ⇒ F (T, V /N, 1) = f (T, v) = 1/N F (T, V, N )] Bedeutung von γ = ∂F ∂f |T,V = f + N ∂N ∂v − ∂v ∂N |{z} v V =− N N2 ∂f ∂F =f −v ∂N ∂v ∂2F ∂v ∂f ∂ 2 f ∂v ∂f ∂v − − v = ∂N 2 ∂v ∂N ∂N ∂v ∂v 2 |{z} ∂N ⇒ v −N ∂2F v2 ∂ 2f 1 = ∼ O( ) 2 2 ∂N N ∂v N ∂F ∂(N f ) ∂f p=− |T,N = − =− ∂V ∂(N v) ∂v 2 2 ∂ F v ∂p γ= =− ∂N 2 N ∂v ω(N)= ce − 2kγ BT (N′ −N)2 88 Gauß-Verteilung (18) (19) γ > 0, d. h. ∂p < 0 ist Stabilitätsbedingung! ∂V isotherme Kompressibilität 1 ∂V 1 κT = − =− ∂p V ∂p T,N V ∂V T,N ⇒ ∂p ∂V T,N =− 1 VκT ∂v N 1 ∂p = −N =− =− ∂v ∂V V κT vκT v2 V v 1 γ=− =− 2 = − N vκT N κT N κT [N. B.: γ = (∂ 2 F/∂N 2 )V,T = (∂µ/∂N )V,T > 0, (∂µ/∂N )p,T = 0] s kB T 1/2 ∆N = (N − N ′ )2 = γ v r u kB T N̄ κT u kB T N̄ = = t ∂p v (18) v 2 − ∂v (++) ∆N 2 kB T κT kB T κT κT = = = 2 N V βV N̄ v relative Schwankung: 1 ∆N ∝√ N̄ N̄ ∂p 6= 0 → für N̄ → ∞ ∂v ∂U ∂T kB T ∂ hN i 2 ∆N = = kB T ] γ ∂µ [∆H 2 = kB T 2 CV = kB T 2 Bei mit Volumenänderung verbundenen Phasenübergängen 1. Ordnung ist ∂p = 0 am Übergangspunkt! Beim Phasenübergang 2. Ordnung im Allgmei∂v nen auch (Fluktuationen divergieren). ; ω(N ′ ) hat kein starkes Maximum mehr, Teilchen können aus einer Phase frei in die andere Wechseln Dichteschwankungen beim idealen Gas: pV = N kB T pv = kB T ∂p −kB T = 6= 0 für T > 0 ∂v v2 89 ; klassisches ideales Gas hat keinen Phasenübergang s √ kB T N ∆N = = N k T v 2 vB2 (18) (++) s kB T 1 ∆N =√ = N pv N Nachtrag: F = −kB T ln ZN + cF T (a) Ω = −kB T ln Z + cΩ T F = U − TS = U − T (S − S0 ) − S0 T (b) S0 = −cF ; dies entspricht einer Umeichung“ auf cF = 0, Sneu = S − S0 ” Äquivalenz kanonischer und großkanonischer Verteilung: ω(N ′ ) hat scharfes Maxiumum bei N ′ = N = N̄ ′ und Teilchenzahl der kanonischen ist gleich N̄ ′ (= N ) z N ZN Z ln Z ∼ ln z N ZN ω(N ′ ) ≈ (ein Term der Summe) N = N̄ Ω = F − µN ⇒ −kB T ln Z + cΩ T = −kB T ln ZN + cF T − µN z cΩ − cF kB z }| { z N ZN = ln − βµN ZN = N ln z − βµN = N ln z − N ln z = 0 90 2 (c) 8 Grundlagen der phänomenologischen Thermodynamik Statistik mikroskop. Gleichungen Definition makroskopischer Gleichungen −−−−−−−−−−−−−−−−−→ → makroskopische Zustände, Beschreibung Größen: S, T , p, µ rein makroskopisch, nicht definierbar für mikroskopische Systeme E, V , N mikroskopisch und makroskopisch ; thermodynamische Potentiale: U , H, F , G, Ω τ ρoπoσ Wendung, Richtung Thermodynamik → Phänomenologische Beziehung zwischen makroskopischen Größen Grundlage der Phänomenologie: Hauptsätze (Axiome) Begriffsbildungen Thermodynamik Statistik (S, T , µ) Identität? 1 = T 8.1 ∂S ∂E V,N Thermodynamisches Gleichgewicht Gleichgewicht: Zustand, der sich in einem abgeschlossenen System nach hinreichend langer Zeit von selbst einstellt und in dem sich die makroskopischen Zustandsgrößen zeitlich nicht mehr ändern Gleichgewicht statistisches (statistische Verteilungsdichte zeitlich konstant) 91 thermodynamisches (Makrozustand zeitlich konstant ; Mittelwerte makroskopsicher Größen zeitlich konstant) Äquivalenz? Unter gewissen Zusatzannahmen, die bei asymptotisch großen Systemen erfüllt sind! Mikroskopisch ist das thermodynamische Gleichgewicht kein statischer Zustand (Brownsche Bewegung) Metastabiler Zustand: scheinbarer Gleichgewichtszustand kann nicht durch beliebig kleine Störungen zum Übergang ins gleichgewicht veranlasst werden ⋆ Beispiele: Mischung aus H2 und O2 (Knallgas), Gläser Gleichgewichtseinstellung: eingeschränktes Gleichgewicht Aufheben der Einschränkung ; Veränderung der Zsutandsgröße ; neuer Gleichgewichtszustand V1 , p1 , T1 und V2 , p2 , T2 Energieaustausch V1 , p̃1 , T und V2 , p̃2 , T −−−−−−−−−−−−→ V1 p1 T1 V2 p2 T2 Energieaustausch V1 p̃1 T V2 p̃2 T Erfahrungssatz: Alle Systeme, die sich mit einem gegebenen System im thermischen Gleichgewicht befinden, sind auch untereinander im thermodynamischen Gleichgewicht. Nullter Hauptsatz: Transitivität der Gleichgewichtsrelation ; Möglichkeit der Definition der Temperatur thermodynamische Grundgröße: Temperatur statistische Grundgröße: Entropie 8.2 Temperatur, Zustandsgleichungen Messverfahren für die Temperatur: Man bringe ein System, dessen thermisches Gleichgewicht eindeutig mit einer leicht zu beobachtenden Zustandsgröße zusammenhängt (=Thermometer) mit dem zu messenden System ins Gleichgewicht. Temperaturskalen: • Fahrenheit (1717-1736) • Celsius (1741) Basis: Wärmeausdehnung einer Quecksilbermenge, ϑ = ϑ(V ) (linear angenommen) 92 Fixpunkte: • schmelzendes Eis bei 1 at ϑF = 32◦ F ϑC = 0◦ C • Siedepunkt des Wassers ϑF = 212◦ F ϑC = 100◦ C Umrechnung: ϑF /[◦ F ] = ϑC /[◦ C] · 95 + 32 Damit entspricht eine Temperatur von ϑF = 100◦ F leichtem Fieber. Nachteil dieser Skalen: Stoffabhängigkeit (Hg, Alkohol) Homogenes System (keine chemischen Reaktionen) Volumen V , Druck p, Temperatur ϑ f (p, V, ϑ) = 0 ; nur zwei unabhängige Zustandsvariablen (Gibbs’sche Phasenregel) ⋆ Beispiel für Zustandsgleichungen: ideales Gas • allgemeine Zustandsgleichung: pV = nRT T = (273, 15 + ϑC /[◦ C]) • kalorische Zustandsgleichung: dU = CV dT n = Anzahl der Mole cal J = 1, 986 R = 8, 315 mol K mol K R = NL · kB 8.3 Der erste Hauptsatz wesentliche Erkenntnis: Wärme ist eine Energieform experimentelle Grundlage: Joule’scher Versuch H2 O ~g m h Quirl 93 potentielle Energie → Erwärmung des Wassers Formulierung I des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik Es gibt eine Zustandsgröße U , die innere Energie genant wird und deren Differential für geschlossene Systeme durch dU = δQ + δA (1) gegeben ist. δQ ist die dem System zugeführte differentielle Wärme δA ist die am System geleistete differentielle Arbeit Joule’scher Versuch: • Gesamtsystem: dU = 0 ⇒ δQ = δA = 0 • Teilsysteme: – Gewicht: dU = −mg|dh| δA = −mg|dh| δQ = 0 – Wasser: dU = mg|dh| δA = 0 δQ = mg|dh| ⋆ Beispiel: homogenes Gas U = U (p, V ) ⇒ dU = U (2) − U (1) = Z 2 dU ∂U ∂p dp + V ∂U ∂V dV p wegunabghängig, da dU vollständiges Differential 1 p 2 b a 1 V 94 δA ist kein volständiges Differential, δA = −pdV Z 2 Z 2 I I δA − δA = δA = − pdV 1 (a) 1 (b) ; δQ ist auch nicht vollständig offene Systeme: dU = δQ + δQ + δUN δUN : Energieänderung auf Grund der Änderung der Stoffmenge Formulierung II des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik Es gibt kein perpetuum mobile 1. Art. Ein perpetuum mobile 1. Art ist eine (periodische) Maschine, die nichts tut, als Arbeit zu verrichten. Beweis der Äquvalenz der beiden Formulierungen des ersten Hauptsatzes I → II: Prozess zwischen Zustand 1 und Zustand 2, der nichts anderes tut, als Arbeit zu leisten Z 2 δQ = 0 und U1 = U2 ; 1 also: A= Z 2 δA = 1 Z 1 2 (dU − δQ) = U2 − U1 − Z 2 δQ = 0 1 H H H (periodische Maschine: δQ = 0 dU = 0 → δA = 0) d. h. die verrichtete Arbeit ist Null, es wird also keine Arbeit verrichtet () II → I: zwei Systeme, die umkehrbare Kreisprozesse durchlaufen können System 1: K1 ; Q1 , A1 I I A1 = − pdV = δA I Q1 = δQ bestimme Faktor j1 , so dass A1 + j1 Q1 = 0 es werde Arbeit geleistet ; Q1 6= 0 → j1 6= 0 II 95 (∗) System 2: K2 ; Q2 = −Q2 , A2 (System 2 nimmt die von System 1 produzierte Wärme auf oder gibt die von System 1 benötigte Wärme ab) bestimme Faktor j2 , so dass A2 + j2 Q2 = A2 − j2 Q1 = 0 (∗), (∗∗) ⇒ A2 + Gesamtsystem: A = A1 + A2 , (∗∗) j2 A1 = 0 j1 Q = Q1 + Q2 = 0 Annahme: j2 6= j1 ⇒ Ages = A1 + A2 = A1 (1 − j2 /j1 ) 6= 0 Gesamtsystem ist periodische Maschine Ages <0 zu II Ages >0 zu II für rückwärts laufende Maschine! Also: II (+ Existenz umkehrbarer Kreisprozesse) ⇒ j1 = j2 = j j ist eine Naturkonstante, da sie für alle Arten umkehrbarer Kreisprozesse gilt mechanisches Wärmeäquivalent: j = 427 kpm kcal = 4, 1868 J cal universell (2) ; man kann Wärme und Arbeit in den selben Einheiten messen, d. h.j = 1 setzen H H H ; A + Q = δA + δQ = δQδQ = 0 für beliebige umkehrbare Prozesse R2 ; 1 δA + δQ ist wegunabhängig R (p,V ) ; ∃ Stammfunktion U , U (p, V ) = U (p1 , V1 ) + 1 (δQ + δA) und U ist eine Zustandsfunktion ⇒ dU = δQ + δA ist ein totales Differential p 1 V 96 8.3.1 Anwendung: Ausdehnung eines idealen Gases in ein Vakuum Versuch von Guy-Lussac Gas Vakuum Ti Experiment: Öffnen eines Hahns, Abwarten bis Gleichgewicht sich eingestellt hat Tinitial → Tf inal Folgerungen: Rf δA = 0 Rf • da Temperatur des Bades unverändert ∆Q = i δQ = 0 • da keine Arbeit geleistet wird ∆A = i Erster Hauptsatz: ∆U = 0 ; U volumen- und druckunabhängig Bei einem idealen Gas ist U nur eine Funktion der Temperatur U = U (T ) p · V = n · R · T → V = V (p) für jedes T auch für Enthalpie gilt H = H(T ) = U (T ) + n · R · T ∂U ∂H − Cp − CV = ∂T p ∂T V (3) dH dU − =n·R (4) dT dT van-der-Waals-Gas: leistet beim Ausdehnen ins Vakuum keine Arbeit → ∆A = 0 [für den Moment sei das Gas thermisch isoliert → ∆U = 0, ∆Q = 0 Ausdehnung: Wechselwirkungspotential größer ; mittlere kinetische Energie nimmt ab ; T nimmt ab] = (Abschnitt 6.3) =⇒ F (T, V ) = F id (T, V ) − a n2 n2 + b RT V V (Gleichung 6.5): F id (T, V ) = −N kB T (ln = −nRT (ln λ= √ V − 7 ln λ + 1) N V − 3 ln λ + 1) N h 2πmkB T 97 (5) F = U − TS U = F + TS id ∂F ∂F n2 S=− =− −b R ∂T V ∂T V V 1λ dλ =− dT 2T id V 3 dλ ∂F = −nR(ln − 3 ln λ + 1) + nRT ∂T V N | {zλ dT} − 23 nR ⇒ F id 3 n2 + nR − b R T 2 V 2 2 n 3 n n2 id //// ///id/ + nRT − b RT U =F − a + b RT − F V V 2 V S=− U= 3 n2 n2 nRT − a = Uid − a 2 V V (6) a > 0 ⇒ U nimmt mit zunehmendem Volumen bei T = const. zu ; U = const. V ր impliziert T ց 8.4 Der zweite Hauptsatz Erfahrungstatsache: Wärme und Arbeit teretn in dern Naturgesetzen nicht völlig symmetrisch auf (Joulescher Versuch läuft von selbst nur in eine Richtung ab) 8.4.1 Reversible und irreversible Vorgänge Eine Zustandsänderung, die höchstens um den Preis einer bleibenden Veränderung in der Umgebung des Systems wieder rückgängig gemacht werden kann, heißt irreversibel. Ein Vorgang in einem System heißt reversibel, wenn es möglich ist, ihn derart in umgekehrter Richtung ablaufen zu lassen, dass der Ausgangszustand des Systems wiederhergestellt wird, ohne dass Änderungen in der Umgebung des Systems zurückbleiben. Anmerkung: Die Umkehrung lässt sich bei reversiblen Vorgängen durch eine unendlich kleine Änderung am System einleiten. Übereinstimmung mit der statistischen Definition von reversibel und irreversibel: 98 • statistisch irreversibel ⇒ Entropie eines abgeschlossenen Gesamtsystems, das das betrachtete System enthält, nimmt zu (nach dem Entropiesatz nicht rückgängig zu machen) ⇒ thermodynamisch irreversibel • thermodynamisch reversibel → Rückkehr zum Ausgangszustand von System und Umgebung ⇒ im abgeschlossenen Gesamtsystem muss Entropie erhalten bleiben ⇒ statistisch reversibel • statistisch reversibel ⇒ Prozess umkehrbar, Entropie = const. ⇒ im abgeschlossenen Gesamtsystem keine Änderung von Zustandsgrößen nach Rückkehr des Systems in seinen Ursprungszustand ⇒ thermodynamisch reversibel ⋆ Beispiel A: quasistatische Veränderung T Gas: Druck p, Temperatur T , Volumen V p ∓ dp p − dp: Gas expandiert unter Wärmeaufnahme undArbeitsleistung bis p − dp erreicht unendliche Anzahl solcher Schritte ; Expansion um endliches Volumen ∆V p → p + dp: umgekehrter Ablauf des Prozesses ⋆ Beispiel B: irreversible (isotherme) Expansion Herausziehen einer Trennwand T V, p ∆V Gas kann nur durch Leistung einer endlichen Arbeit unter Wärmeabgabe an das Bad auf sein ursprüngliches Volumen komprimiert werden ; im Vergleich zu A ist dem Bad nach Wiederherstellung des alten Volumens Wärme zugeführt worden Entropie ր ; irreversibel 99 ⋆ Beispiel C: Temperaturausgleich zwei gleiche Körper mit verschiedenen Temperaturen 1 2 T1 < T2 direkter Kontakt ; Wärmefluss von 2 nach 1 → irreversibler Temperaturausgleich Reversible Einzelprozesse sind nützlich zur Berechnung von Entropieänderungen: 1) bringe Körper 2 mit einem idealen Gas der Temperatur T2 −dT (großes Volumen) in Kontakt ; Abkühlung um dT T2 → T2′ = T2 − dT 2) trenne Gasvolumen von Körper 2 3) expandiere Gas adiabatisch (δQ = 0), d. h. reversibel, bis es eine Temperatur T1 + dT hat 4) bringe Körper 1 in Kontakt mit dem Gas ; Erwärmung um dT T1 → T1′ = T1 + dT 5) trenne Gasvolumen von Körper 1 6) komprimiere Gas adiabatisch auf T2′ − dT 7) gehe zu 1), wiederhole bis T2′ = T1′ Dabei wird Arbeit vom Gas geleistet - die Kompression, die auf jede Expansion folgt, führt nur zu einer um dT niedrigeren Temperatur. Durch Umkehrung des Verfahrens kann man, unter Verbrauch der gewonnenen mechanischen Energie, den Ausgangszustand wiederherstellen. 8.4.2 Formulierungen des zweiten Hauptsatzes C Clausius Es gibt keine thermodynamische Zustandsänderung, deren einzige Wirkung ::::::: darin besteht, dass eine Wärmemenge einem kälteren Wärmespeicher entzogen und dan einen wärmeren abgegeben wird. Kelvin (Thomson) K Es gibt keine thermoynamisch Zustandsänderung, deren ::::::: einzige Wirkung darin besteht, dass eine Wärmemenge einem Wärmespeicher entzogen und vollständig in Arbeit umgewandelt wird. 100 Planck P Es gibt kein perpetuum mobile zweiter Art. Ein perpetuum mobile zweiter Art ist eine ::::::::::: periodisch arbeitende Maschine, die Wärme aufnimmt und vollständig in mechanische Arbeit umwandelt. Äquivalenz der Formulierungen? Wir beweisen (1) wenn K falsch ist, muss auch C falsch sein (¬K → ¬C) ⇔ C → K (2) wenn C falsch ist, muss auch K falsch sein (¬C → ¬K) ⇔ K → C Behauptung: C ⇔ K Annahme: ¬K Beweis C → K: ::::::::::: ;Man entnehme Wärme aus Speicher der Temperatur T1 , wandele sie in Arbeit um. Arbeit lässt sich ohne Weiteres (etwa durch Reibung) bei einer Temperatur T2 > T1 in Wärme verwandeln und an den Temperaturspeicher mit T2 abgeben. ;Endergebnis dieses Zweistufenprozesses: Wärmeübertragung von T1 nach T2 , ohne weitere Wirkungen. ⇒ ¬C (q. e. d.) gewöhnliche Wärmekraftmaschine, die zwischen zwei Beweis K → C: Temperaturen T1 , T2 mit T2 > T1 arbeitet: Q2 T2 W Q1 Q1 (Q2 ) T1 entzieht mit T2 Reservoir Wärmemenge Q2 , leistet Arbeit W > 0, gibt an Reservoir bei T1 Wärmemenge Q1 ab geleistete Arbeit: W = Q2 − Q1 Annahme: ¬C ::::::::::: Dann ist es möglich, die Wärmemenge Q1 (Q2 ) aus T1 zu entnehmen und nach T2 zu transportieren, ohne sonst etwas zu verändern. Nettoeffekt: dem oberen (unteren) Reservoir ist die Wärmemenge Q2 − Q1 entzogen und sie ist vollständig in die Arbeit W umgewandelt, ohne dass sonst etwas geschieht. ⇒ ¬K (q. e. d.) 101 Behauptung: K ⇔ P Annahme: ¬P Beweis K → P : ::::::::::: ;∃ Maschine, die über eine Periode Wärme (aus einem einzigen Wärmereservoir) aufnimmt und vollständig in mechanische Arbeit umwandelt. Die Maschine ist wegen ihrer Periodizität nach diesem Prozess im Ausgangszustand. ;Man hat Wärme vollständig in Arbeit umgewandelt, ohne etwas zu tun. ⇒ ¬K ¬P → ¬K, also K → P (q. e. d.) Beweis P → K: ::::::::::: Annahme: ¬K ;∃ Zustandsänderung, deren einzige Wirkung in der Entnahme von wärme aus einem Wärmespeicher und vollständiger Umwandlung in Arbeit besteht. Man baue eine Maschine, die diese verwirklicht. ;Nach der Zustandsänderung muss die Maschine im selben Zustand sein, wie davor. ;Man kann den Vorgang durch Wiederholen periodisch machen. ⇒ ¬P ¬K → ¬P , also P → K (q. e. d.) C ⇔ K und K ⇔ P ; C ⇔ P 8.4.3 Die Carnot-Maschine Die Carnot-Maschine ist ein System, das reversibel folgende zyklische Zustandsänderungen (d. h. einen Kreisprozess) durchlaufen kann: pV-Diagramm: z. B. ideales Gas als Arbeitssubstanz der Maschine XY-Diagramm: allgemeine Arbeitssbstanz, allgemeine Zustandsvariablen mit dA = −Y dX a P(Y) Q2 b T2 d Q1 c T1 V(X) a → b: isotherme Wärmeaufnahme bei T2 , dabei wird Wärmemenge Q2 zugeführt b → c: adiabatische Abkühlung auf T1 < T2 (Q = 0) 102 c → d: isotherme Wärmeabgabe bei T1 , dabei wird Wärmemenge Q1 abgegeben d → a: adiabatische Erwärmung auf den Ausgangszustand Carnot’scher Kreisprozess übliche“Carnot-Maschine (ideales Gas): isotherme Expansion, adiabatische ” Expansion, isotherme Kompression, adiabatische Kompression unüblich“ beispielsweise isothermer Prozess am Übergang Eis → Wasser, ” adiabatischer Prozess durch MAgnetisierung - Entmagnetisierung Energiefluss-Diagramm: Wärmespeicher: Temperatur T2 Q2 W = −A Q1 Wärmespeicher: Temperatur T1 Für alle Kreisprozesse gilt: ∆U = 0 1. Hauptsatz: Ages + Qges = A + Q1 − Q2 = 0 gleiestete Arbeit: W = −A = Q2 − Q1 (W =vom System gleistete Arbeit, A =am System geleistete Arbeit) Wirkungsgrad Der Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine ist der Quotient aus der vom System geleisteten (hier positiv gerechneten) Arbeit und der ihm zugeführten Wärmemenge. Dabei werden nur positive Wärmemengen in die Rechnung einbezogen, d. h. abgegebene Wärmemengen werden nicht von der zugeführten Wärme abgezogen. Carnot’scher Kreisprozess: vom System gleistete Arbeit dem System bei der höheren Temperatur zugeführte Wärme W Q2 − Q1 Q1 η= = =1− Q2 Q2 Q2 η= 103 Q1 6=0⇐K Behauptung: W > 0 =⇒ Q1 > 0, Q2 > 0 Beweis: Annahme: Q1 < 0 ⇒ W = Q2 − Q1 = Q2 + |Q1 | Wandele W (> 0, nach Voraussetzung) vollständig bei T2 in wärme um (Reibung!) ; Bilanz des Prozesses: Aufnahme der Wärmemenge |Q1 | bei T1 , Abgabe bei T2 : W − Q2 = |Q1 | C Also gilt: Q1 > 0 → Q2 = W + Q1 > 0 q. e. d. Folgerung: W > 0, 0 < η < 1 (>) Anmerkung: Bei W < 0 ist Q1 < 0, Q2 < 0 möglich. Eine umgekehrt laufende Carnot-Maschine ist möglich (Wärmepumpe). Heizeffizienz: Kühleffizienz: H = −Q /A = 1/η ηC 2 K ηC = |Q1 |/A Carnot’scher Satz Keine Maschine, die zwischen zwei vorgegebenen Temperaturen arbeitet, hat einen höheren Wirkungsgrad, als die Carnot-Maschine. Beweis: beliebige Maschine X und Carnot-Maschine C, die beide zwischen den selben Wärmespeichern 1 und 2 arbeiten (T1 < T2 ) Q′2 Q2 T2 C W X W’ T1 Q′1 Q1 1. Hauptsatz: W = Q2 − Q1 W ′ = Q′2 − Q′1 Q2 /Q′2 ist beliebig genau approximierbar durch N ′ /N : N′ Q2 = Q′2 N Q2 > 0, Q′2 > 0 ⇒ N, N ′ > 0 wählbar Maschine X druchlaufe N ′ Zyklen 104 Carnot-Maschine durchlaufe N Zyklen rückwärts Q2, ges = N ′ Q′2 − N Q2 = 0 Wges = N ′ W ′ − N W Q1, ges = N ′ Q′1 − N Q1 1. Hauptsatz: Wges = N ′ (Q′2 − Q′1 ) − N (Q2 − Q1 ) = Q2, ges − Q1, ges = −Q1, ges 2. Hauptsatz (K): Wges ≤ 0 ⇒ Q1, ges ≥ 0 also: N ′ Q′1 − N Q1 ≥0 N′ ′ N Q1 Q2 ′ Q Q′2 1 − Q1 Q′1 Q′2 − Q1 ≥0 − Q1 Q2 ≥0 Q1 Q2 ≥1− 1− Q′1 Q′2 ≥0 ηC ≥ ηX X reversibel, X ↔ C ; ηX ≥ ηC für reversible Maschinen ist der Wirkungsgrad universell und gleich dem der Carnot-Maschine η = ηC 8.4.4 Die absolute Temperatur Seien ϑ1 , ϑ2 die Temperaturen, zwischen denen eine Carnot-Maschine arbeitet, dann muss offenbar gelten η = η(ϑ2 , ϑ1 ) = 1 − ψ(ϑ2 , ϑ1 ) drei Carnot-Maschinen wie folgt: ϑ3 Q3 ϑ3 Q3 I Q2 ϑ2 Q2 II Q1 III Q̃1 ϑ1 105 Q̃1 = Q1 ϑ1 (Wirkungsgrad von III muss gleich der Hintereinanderschaltung von I + II sein) Q2 Q1 Q1 = Q3 Q3 Q2 = (1 − ηI )(1 − ηII ) ψ(ϑ3 , ϑ1 ) = 1 − ηIII = = ψ(ϑ3 , ϑ2 )ψ(ϑ2 , ϑ1 ) (∗) Funktionalgleichung für ψ ψ(ϑ3 , ϑ1 ) = f (ϑ3 )g(ϑ1 ) mit f (ϑ) = 1 g(ϑ) Beweis:(∗) gilt für beliebige ϑ2 mit ϑ3 > ϑ2 > ϑ1 setze (0) ϑ2 = ϑ2 (0) f (ϑ) = ψ(ϑ, ϑ2 ) (0) g(ϑ) = ψ(ϑ2 , ϑ) ⇒ ψ(ϑ3 , ϑ1 ) = f (ϑ3 )g(ϑ1 ) ; f (ϑ3 )g(ϑ1 ) = f (ϑ3 )g(ϑ2 )f (ϑ2 )g(ϑ1 ) ∀ϑ2 ∈ ϑ1 < ϑ2 < ϑ3 1 1 = g(ϑ2 )f (ϑ2 ) ⇒ f (ϑ2 ) = g(ϑ2 ) g(ϑ1 ) 1 − η(ϑ2 , ϑ1 )= ψ(ϑ2 , ϑ1 ) = g(ϑ2 ) ϑ1 < ϑ2 ⇒ Q1 < Q2 ; g(ϑ) kann monoton wachsend gewählt werden ; es ist möglich, als Temperaturskala T = g(ϑ) zu wählen T1 T2 ; Definition der Temperaturskala bis auf konstanten Faktor Festlegung etwa durch ; η =1− T = 273, 16K ≡ Temperatur des Tripelpunktes von Wasser oder: Temperaturdifferenz zwischen zwei Fixpunkten TSW − TSE = 100K TSW : TSE : Siedepunkt von Wasser bei 1at Schmelzpunkt des Eises bei 1at Alternativ (Vorschlag von Thomson) Temperaturskala Θ durch eΘ = g(ϑ) T → 0 ; Θ → −∞ 106 (8) (7) 8.4.4.1 Zusammenhang mit Temperaturdefinition aus Statistik Carnot-Maschine, deren Arbeitsmedium ein ideales Gas ist ; pV = nRT id (+) id id dU = CV dT CV = CV (T ) id ∂S 1 wobei id = T ∂E V (++) Carnot-Prozess mit idealem Gas 1 p 2 T2id 4 3 T1id V 1 → 2: dU = 0 (da dT id = 0) δQ = −δA = pdV = nRT2id ∆Q= −∆A = nRTid 2 ln dV V V2 V1 2 → 3: δQ = 0 (adiabatisch) dV dU = δAQ = CV dT id = −pdV = −nRT id V Z Tid Z 3 1 CV (Tid )dTid = ∆A dU = ∆U = 2 CV Tid 2 dT id dV = −nR ⇒ T id V Z 107 T1id T2id CV dT id V3 = −nR ln T id V2 (x) 3 → 4: dU = 0 δQ = −δA = pdV = nRT1id ∆Q= −∆A = nRTid 1 ln dV V V4 V3 4 → 1: δQ = 0 ∆U= ∆A = Z 1 4 Z T2id T1id CV dT id T id = −nR ln dU = Z Tid 2 Tid 1 CV (Tid )dTid V1 V3 ; ln = − ln V1 V4 V4 (x) V2 (xx) Wirkungsgrad Aufgenommene Wärmemenge: ∆Q = ∆Q12 = nRT2id ln V2 V1 Geleistete Arbeit W = −(∆A12 + ∆A23 + ∆A34 + ∆A41 ) Z T id Z T id 1 2 V2 V4 id id id = nRT2 ln CV dT + nRT1 ln − CV dT id − V1 V3 T2id T1id V3 V4 = ln V2 V1 V3 V4 V4 V1 = = V2 V1 V3 V2 (xx) ; ln ; W = nR(T2id − T1id ) ln η= ; V2 V1 T id − T id T id ! T1 W = 2 id 1 = 1 − 1id = 1 − ∆Q12 T2 T2 T2 T1id T id = 2 T1 T2 ; thermodynamische und statistsische Temperatur unterscheiden sich höchstens um einen konstanten Faktor ; T id = T (durch Wahl der Einheit von R) 108 Anmerkung: ideales Gas ; CV konstant T1 V3 = −nR ln T2 V2 nR V3 T1 =− ln ln T2 CV V2 nR κ̃ = CV mit (+): CV ln T1 = T2 V2 V3 κ̃ T1 V3κ̃ = T2 V2κ̃ ; entlang einer Adiabate its T V κ̃ konstant 2 einatomiges Gas: CV = 23 nR ⇒ κ̃ = 3 2 5 zweiatomiges Gas: CV = 2 nR ⇒ κ̃ = 5 T ∝ pV ⇒ pV κ = const. κ = 1 + κ̃ = 1 + κ= Cp CV Cp nR = CV CV Adiabatenexponent (9) 5 3 7 zweiatomiges Gas: κ = 5 einatomiges Gas: κ = 8.4.5 Endoreversible Wärmekraftmaschinen Ziel:Konstruktion einere Wärmekraftmaschine, die zwischen zwei Wärmereservoiren mit Temperaturen Th (heiß) und Tk (kalt) arbeitet und maximale Leistung abgibt Tk maximaler Wirkungsgrad: ηC = 1 − Th Leistungsabgabe? Arbeit pro Zeit, infinitesimal wegen Periodizität ; endliche Leistungsabgabe erfordert irreversible Wärmeentnahme und abgabe endoreversible Maschine: alle Arbeitsschritte mit Ausnahme der Wärmeentnahme und -abgabe sind reversibel Energieflussdiagramm: 109 W Q2 Th Tw (warm) Q1 Tl (lauwarm) Tk Wärmestrom von heiß nach warm: Q2 = σh (Th − Tw ) th th : Zeit des Wärmeaustausches, Fläche σh : Wärmeleitwert=Wärmeleitfähigkeit· Wanddicke analog Q1 = σk (Tl − Tk ) tk Annahme: Zeit für die adiabatischen Prozesse ist vernachlässigbar gegenüber t = th + tk Tl Q1 =1− Maschine reversibel zwischen Tw und Tl ; η = 1 − Q2 Tw W Tw =W η Tw − T l Tl Tl Q1 = Q2 =W Tw T w − Tl W = ηQ2 ; Q2 = (+) (++) mittlere Leistung je Zyklus (W/t) Q2 Q1 + σh (Th − Tw ) σk (Tl − Tk ) Tl Tw + = W σh (Th − Tw )(Tw − Tl ) σk (Tl − Tk )(Tw − Tl ) (+,++) t = th + tw = ; P̄ = W = t 1 Tw σl (Th −Tw )(Tw −Tl ) + Tl σk (Tl −Tk )(Tw −Tl ) Tw → Th oder Tl → Tk ⇒ P̄ → 0 (Carnot-Maschine) Suche Minimum von P̄1 1 Tl Tw 1 = + (Tw − Tl ) σh (Th − Tw ) σk (Tl − Tk ) P̄ 1 1 Tw Th 1 = + + − Tw − T l σh σh (Th − Tw ) σk σk (Tl − Tk ) 110 (10) ∂ 1 Tw 1 Tl 1 Th 0= =− + + ∂Tw P̄ (Tw − Tl )2 σh (Th − Tw ) σk (Tl − Tk ) Tw − Tl σh (Th − Tw )2 Th 1 Tl Tw = + (a) σh (Th − Tw )2 Tw − Tl σh (Th − Tw ) σk (Tl − Tk ) ∂ 1 Tl 1 ! 0= ⇒ (b) = 2 ∂Tw P̄ σk (Tl − Tk ) P̄ σk (Tl − Tk )2 σh (Th − Tw )2 = = P̄ (c) (a),(b) → Th Tk ! Multipliziere (a) mit σh (Th − Tw )2 /Th und ersetze den Faktor im zweiten Summanden gemäß (4) 1 Tw Tl 1= (Th − Tw ) + (Tl − Tk ) T w − Tl T h Tk Tw Tl Tw − Tl = TW (1 − ) + Tl ( − 1) Th Tk T2 T2 0=− w + l Th Tk Tl Tw ;√ =√ Tk Th √ √ √ √ σ h Tk + σ k T k ) also Tl = c Tk , Tw = c Th (aus (c) folgt c = √ √ σh + σk Wirkungsgrad: r Tk Tl =1− η =1− (11) Tw Th Kraftwerk Tk (◦ C) Th (◦ C) ηC West Turvak (U.K.) ≈ 25 565 0, 64 Dampfkraftwerk CANDU (Kanada) ≈ 25 300 0, 48 Kernkraftwerk Landrello (Italien) 80 250 0, 32 geothermisches Dampfkraftwerk aus: F. L. Curzon, B. Ahlborn, Am. J. Phys. 43 8.4.6 ηer 0, 4 η (gemessen) 0, 36 0, 28 0, 30 0, 175 0, 16 22 (1975) Entropie 1. Hauptsatz ermöglichte Einführung einer Zustandsfunktion, nämlich der innerene Energie Z (1) (δQ + δA) U = U0 + 0 2. Hauptsatz ermöglicht ebenfalls die Einführung einer Zustandsfunktion, nämlich der Entropie S 111 8.4.6.1 Clausius’scher Satz Für einen beliebigen Kreisprozess, bei dessen Ablauf die Temperatur dauernd defiiniert ist, gilt: I δQ ≤0 (12) T reversible Kreisprozesse: I δQ(rev) =0 T (12’) Z (13) ; S = S0 + 0 δQ(rev) T ist eine Zustandsfunktion Beweis des Clausius’schen Satzes Approximation des Kreisprozesses durch isotherme und adiabatische Teilstücke T T0 # der Carnot-Maschinen Adiabate (∆Q = 0) Isotherme Ti = # der isothermen Teilstücke Ti ≡n p (didaktisch besser: pV -Diagramm → Fläche ≡ Wärmemenge) die i-te Maschine arbeite zwischen T0 und Ti (T0 > supTi ) i gebe bei Ti Wärmemenge ∆Q1 ab ! (1) ∆Qi − ∆Qi Ti T0 ηi = 1 − ; Wärmeaufnahme bei = ∆Qi = (0) Ti T0 ∆Qi Die Carnot-Maschinen sollen so arbeiten, dass ihr Durchlaufsinn lokal dem des Kreisprozesses entgegengesetzt ist. (∆Qi < 0 Wärmeaufnahme, Rückwärtslaufen, ist der Fall bei den Maschinen, die den unteren Teil des Kreisprozesses approximieren) ; ∆Qi des Kreisprozesses und der Carnot-Maschinen kompensieren sich Pn (0) wird bei T0 entnommen und Bilanz: Wärmemenge Q0 = i=0 ∆Qi vollständig in Arbeit umgewandelt, sonst passiert nichts (0) T0 : ∆Qi ; die Annahme Q0 > 0 ⇒ 1. HS A < 0 führt zum Widerspruch mit 2. 112 Hauptsatz (K) Q0 = n X ∆Qi i=0 n →∞, ; I T0 ≤0 Ti ∆T = Ti − Ti+1 → 0 δQ ≤0 T reversibler Kreisprozess ; Umkehrung des Kreisprozesses ; Umkehrung aller Carnot-Maschinen ; δQ → −δQ I I δQ(rev) δQ ≥ 0 =⇒ =0 ; T T mit (14) (14) (15) (Anmerkung: die Fläche des Kreisprozesses kann auf diese Weise beliebig genau angenähert werden, die Länge seiner Randkurve nicht: Treppenlänge: a 2a, unabhängig von n a a/n Länge der Diagonale eines Quadrates wird nicht durch die Teilstücke k zu seinen Seiten approximiert; die Fläche unter der Diagonale lässt sich mit Hilfe des eingezeichneten Streckenzuges abschätzen und es trifft Konvergenz gegen ihren Wert ein, wenn man die Treppenstufen immer weiter verfeinert. Beim Kreisprozess behalten die Isothermen im pT -Diagramm ihre Richtung bei, schmiegen sich nicht tangential an die Kurve an ⇒ Länge ebenfalls nicht approximiert!) 8.4.6.2 Eigenschaften der Entropie beliebige Zustandsänderung (T immer definiert) Behauptung: Z B δQ ≤ S(B) − S(A) A T Beweis: y R (16) B I: A → B nicht notwendig reversibel I R: A → B reversibler Weg A x 113 ; ; Z B A I Z B A δQ − T Z B A R δQ ≤ T Z δQ(rev) = T B A I δQ ≤0 T δQ(rev) = S(B) − S(A) T abgeschlossenes System: Die Entropie in einem abgeschlossenen System nimmt niemals ab. Beweis: abgeschlossen ; δQ = 0 0≤ S(B)− S(A) ↑ ↑ Ende Anfang S(Ende) ≥ S(Anfang) alternative Formulierung des 2. Hauptsatzes: Es gibt eine Zustandsfunktion, Entropie genannt, deren volständiδQ ges Differential bei reversibler Prozessführung lautet dS = T und die in einem abgeschlossenen System niemals abnimmt (bei δQ reversiblen Prozessen dS > ). T 8.4.6.3 Beispiele zur Entropieberechnung (s. 8.4.1) A) Reversible isotherme Expansion eines idealen Gases p T V1 V2 ideales Gas: U = U (T ) ⇒ ∆U = 0, ∆Q = −∆A dW = pdV = nRT W = nRT ln 114 V2 V1 dV V V Entropieänderung des Gases: S2 − S1 = ∆S = ∆SGas Z 2 ∆Q(rev) ∆A W δQ(rev) = =− = T T T T 1 V2 = nR ln >0 V1 Entropieänderung des Bades: SB1 − SB2 ∆SBad Z 2 (rev) δQBad = = T 1 = −δSGas < 0 Z 1 2 − δQ(rev) T ∆Sges = ∆SBad + ∆SGas = 0 B) Freie Energie eines idealen Gases Anfangs- und Endzustand seien dieselben, wie bei der isothermen Expansion ∆V = V2 − V1 V1 T ⇒ ∆SGas = nR ln V2 , ∆SBad = 0 V1 ∆Sges = ∆SBad + ∆SGas = nR ln V2 >0 V1 Entropieerzeugung ⇒ Irreversibilität C) Wärmeleitung T2 T2 > T1 beide Systeme gleich groß, Wärmekapazität c sei konstant T1 T1 + T 2 2 Z Tt Z Tt δQ(rev) Tt cdT ∆S1 = = = c ln T T T1 T1 T1 T1 + T2 = c ln >0 2T1 System 1: T1 → Tt = 115 System 2: T2 → Tt = T 1 + T2 2 ∆S2 = c ln Tt T1 + T 2 = c ln <0 T2 2T2 ∆Sges = ∆S1 + ∆S2 = c ln (T1 + T2 )2 >0 4T1 T2 (arithmetisches Mittel > geometrisches Mittel) Fazit: reversibler Prozess: ∆Sges = 0 irreversibler Prozess: ∆Sges > 0 8.4.6.4 Abgeschlossene Systeme Im Gleichgewicht ist die Entropie eines abgeschlossenen Systems maximal. ⋆ Beispiel: (rev) + δA = T dS − pdV dU = δQ ∂U ∂S 1 ⇒T = = ∂S V T ∂U V Entropie: Maß für die Nichtverfügbarkeit von Wärmemenge. Dieselbe Wärmemenge hat“ bei einer tieferen Temperatur eine höhere Entropie, als ” bei einer höheren. T1 W =1− Q T2 ′ T1 W =1− η′ = Q T3 η= W − W′ T1 T1 = − < 0 für T2 < T3 Q T3 T2 Wärmetod“: Hat ein abgeschlossenes System seine maximale Entropie ” erreicht, so sind die Temperaturen in allen (Energie austauschenden) Untersystemen gleich. Wärmetod der Erde? → Kein abgeschlossenes System; befindet sich in einem Fließgleichgewicht. 116 8.4.6.5 Fließgleichgewicht Th Sonne T2 Temperatur der Erde T1 Nachttemperatur der Erde Tk Weltraum Q System Q 4 Prozesse: • Wärmeabgabe heißes Reservoir: ∆S2 = − • System: Wärmeaufnahme bei T2 : ∆S = Q Th Q Q − <0 T 2 T1 • System: Wärmeabgabe bei T2 > T1 • Wärmeaufnahme kaltes Reservoir: ∆Sk = Q Tk Q Q Q Q + + − >0 ∆Sges = − T T T T | h{z 2} | 2 {z k} >0 >0 Entropieänderung des Systems auf Grund dieses Prozesses allein: negativ. Fließgleichgewicht: Zustandsvariablen des Systems bleiben unverändert ; im System müssen entropievergrößernde Prozesse ablaufen 8.4.6.6 Thermodynamik irreversibler Prozesse und Entropieproduktion Thermodynamik irreversibler Prozesse Irreversible Prozesse laufen ab, weil sie mit einem Anwachsen der Entropie verbunden sind. ; Ablauf spontan in Rchtung größerer Entropie, wegen Vergrößerung der Entropie 117 ⋆ Beispiel Wärmeleitung u: innere Energie pro Volumen, j: Wärmestrom δA = 0 ⇒ Erhaltung der Wärme“ ⇒ ∆Q = 0 1. HS ” ∂u + div j = 0 ∂t (17) Herleitung wie Liouville Entropiedichte: s(u), T ds = du lokal gültige Gleichgewichtsbedingung ds ∂u 1 ∂u 1 ∂s = = = − div j ∂t du ∂t T ∂t T j : Entropiestromdichte T div j 1 1 = div j + j grad T T T j 1 ∂s + div = j grad = σ ∂t T T (18) 1 σ = j grad Entropieerzeugung pro Volumen und Sekunde T Forderung: σ ≥ 0 1 Positivität von σ garantiert, wenn j = λ′ grad , λ′ > 0 T j=− λ′ grad T = −λ grad T T2 λ: Wärmeleitfähigkeit Q ̺ [λ] = t AT (19) Fourier’scher Ansatz: ∂u ∂u + div j = − div λ grad T = 0 ∂t ∂t λ ortsunabhängig: ∂u = λ∇2 T ∂t u = u0 (T0 ) + u1 (T − T0 ) + . . . ∂T = λ̃∇2 T ∂t Wärmeleitungsgleichung (20) λ u0 Frage: Für welche Temperaturverteilung wird die Entropieproduktion bei mit λ̃ = 118 am Systemrand vorgegebener Temperatur stationär? R 1 1 2 ′ Σ = σdV Entropieproduktion, σ = j grad = λ grad T T 1 2 λ ∇ 0 = δΣ = δ T ZV 1 1 ′ dV =2 λ∇ δ ∇ T T Z 1 1 1 1 ′ ′ = 2 dV ∇ λ ∇ δ −∇ λ∇ δ T T T T Z Z V ′ 1 1 1 ′1 ~− ∇ λ d f δ δ dV = 2 λ ∇ T |{z} T T T V ∂V 0 Z 1 1 1 ∇ λ′ ; 0= δ dV für beliebige Variation δ T T T V 1 ; ∇ λ′ =0 T 1 (∇2 = 0 falls λ′ ortsunabhängig) T 1 ∂u ; ∇j = ∇λ′ ∇ = 0 ; =0 T ∂t CV ∂T ∂T ∂u = ⇒ = 0 stationärer Zustand ∂t V ∂t ∂t ! Z ′ Gleichgewichtszustand? scheinbar nicht, wenn T und ∂V räumlich variiert ; j ≤ 0 j zeitlich konstant Stabilität? Z dΣ ∂ ′ 1 2 = λ ∇ dV dt T V ∂t Z 1 1 ∂ ∇ λ′ ∇ =2 dV T ∂t T V {z } | ∂ ∂ 1 ∇(λ′ ∇ T1 ∂t )−∇(λ′ ∇ T1 ) ∂t T Z Z 1 ∂ 1 1 ∂ 1 ′ ′ df~ −2 dV ∇ λ∇ λ ∇ =2 T ∂t T T ∂t T V ∂V {z } {z } | | =0, da ∂ 1 ∂t T ∇j <0 auf ∂V Z Z ∂ 1 ∂ 1 CV ∂T ∂u = −2 dV − dV = 2 ∂t T ∂t ∂t T V ∂t V V Z CV 1 ∂T 2 dV = −2 V T 2 ∂t 119 dΣ ≤ 0 ; Stabilität des stationären Zustandes, wenn die Entropieprodukdt tion minimal ist 8.4.7 Unmittelbare Folgerungen aus dem zweiten Hauptsatz a) 1. Hauptsatz (Kapitel 3.6, vor Gl. (8), (9)) ∂U ∂U δQ = dT + + p dV ∂T V ∂V T " # ∂V ∂U ∂V ∂U +p dT + + δQ = dp ∂T p ∂T p ∂p T ∂p T (21) (22) δQ = δQ(rev) 1 (21) ⇒ dS = T ∂U ∂T V 1 dT + T ∂U ∂V = f (V, T )dT + g(V, T )dV + p dV T ∂f ∂g = ∂V ∂T ∂ 1 ∂U ∂ 1 ∂U = +p ∂V T ∂T V ∂T T ∂V T 2 1 ∂ U 1 1 ∂p 1 ∂2U ∂U =− 2 + +p + T ∂V ∂T T ∂V T T ∂T ∂V T ∂T V vollständiges Differential ; ∂p (23) =T −p ∂T V T " # ∂V ∂V 1 ∂U 1 ∂U +p dT + +p (22) ; dS = dp T ∂T p ∂T p T ∂p T ∂p T ∂ 1 ∂p T " ∂U ∂T +p p ∂U ∂V ∂V ∂T ; −T # p ∂V ∂T ∂ 1 = ∂p T p −p ∂U ∂p ∂V ∂p +p T T f (T, V, p) = 0 ⋆ Beispiel ideales Gas: nR ∂p ∂U p nRT = =0 ⇒ = ⇒ p= V ∂T V V T ∂V T 120 ∂V ∂p T (24) nRT V = ⇒ p ⇒ ∂U ∂p T = −T ∂V ∂T ∂V ∂p p T = nR V = p T =− nRT V =− 2 p p V V +p =0 T p U (p, V, T ) = U (T ) b) Verknüpfung von Wärmekapazitäten mit Wärmeausdehnungskoeffizient und Kompressibilitäten ∂S ∂U CV = T = ∂T V ∂T V ∂H ∂U ∂V ∂S = = +p Cp = T ∂T p ∂T p ∂T p ∂T p ∂U ; δQ = CV dT + + p dV ∂V T (21) ∂p = CV dT + T dV ∂T V (23) ∂V ∂U +p ; δQ = Cp dT + ∂p T ∂p T (21) ∂V = Cp dT − T dp ∂T p dT = ∂T ∂V p dV + ∂T ∂p dp in (x) und (xx) V " # ∂p ∂T ∂T dp + CV +T dV ; δQ = CV ∂p V ∂V p ∂T V " # ∂T ∂T ∂V = Cp −T dp + Cp dV ∂p V ∂T p ∂V p 121 (x) (xx) ∂T ∂V (Cp − CV ) =T ∂p V ∂T p ∂T ∂p (Cp − CV ) =T ∂V p ∂T V ∂p ∂V Cp − CV = T ∂T p ∂T V f (V, p, T ) = 0 ; ∂T ∂V p ∂V ∂p T ∂p ∂T V (25) = −1 (26) ∂f ∂f ∂f dV + dp + dT ∂V ∂p ∂T ∂T ∂f ∂f =− / setze dp = 0 ⇒ ∂V p ∂V ∂T ∂V ∂f ∂f setze dT = 0 ⇒ =− / ∂p T ∂p ∂V ∂f ∂f ∂p =− / setze dV = 0 ⇒ ∂T V ∂T ∂p Beweis: 0 = df = ∂f ∂f ∂p also: = − ∂V ∂f ∂f p T V ∂T ∂V ∂V ∂V ∂p ∂p =− , ; ∂T V ∂T p ∂V T ∂T p ∂T ∂V ∂V ∂p ∂p ∂T ⇒ Cp − CV = −T 1 ∂V α = V ∂T p 1 ∂V κT = − V ∂p T κ = − 1 ∂V S V ∂p S ∂V ∂T ∂f ∂T = −1 ∂f ∂p = 2 p 1 ∂T ∂V ∂p ∂V 2 ! p (27) T thermischer Expansionskoeffizient isotherme Kompressibilität adiabatische Kompressibilität 122 (28) ; Cp − CV = T V α2 >0 κT (29) gilt für alle Systeme adiabatische Änderungen (δQ = 0) ∂V ∂p ; CV = −T ∂T V ∂T S (x) ∂V ∂p ; Cp = T ∂T p ∂T S (xx) ∂V ∂T ∂p ∂T ∂V ∂T ∂V ∂T p ∂p V ∂p T Cp p S = − = = − κ= ∂V ∂p ∂V ∂V CV ∂T V ∂T S ∂p S ∂p S Cp κT = CV κS κT Cp = CV κS (30) Cp − CV = CV ! = κT −1 κS T V α2 κT T V α2 κS (κS − κT )κT T V α2 Cp = κT − κS CV = 8.5 (31) Der dritte Hauptsatz 2. Hauptsatz ; Entropie ist bis auf eine willkürliche additive Konstante bestimmt Z a δQ(rev) S(a) = + S0 T 0 S0 nicht bestimmbar (experimentell ist nur Entropiedifferenz messbar) 123 8.5.1 Nernst’sche Regel (3. Hauptsatz) Die Entropie eines (im thermodynamischen Gleichgewicht befind- lichen) Systems am absoluten Nullpunkt der Temperatur ist eine universelle Konstante, die man als Null annehmen darf. T → 0 ⇒ S → 0 bei ungeänderten Bedingungen (V oder p konstant) Andere Formulierung: Die Isotherme T = 0 eines sich im Gleichgewicht befindlichen Systems fällt mit seiner Adiabaten S = 0 zusammen. ideales Gas, klassische Statistik verletzt 3. Hauptsatz: V 3/2 3 u + N S̃0 u = kB T N 2 ⇒ S → N kB T 3/2 → ∞ für T → 0, N/V fest S = N kB ln ; Problem für klassische Statistik 8.5.2 Folgerungen aus dem 3. Hauptsatz 1) Der thermische Expansionskoeffizient verschwindet am absoluten Nullpunkt. eine Druckänderung bei T = 0 (d. h. entlang der Isotherme T = 0) ∂S ∂S dS = dT dp ∂T p ∂p T mit dS → 0, dT → 0, dp 6= 0 folgt unmittelbar ∂S → 0 für T → 0 ∂p T freie Enthalpie bei N (?) = 0 dG = −SdT + V dp ∂S ∂V ∂V ; − = ⇒ → 0 für T = 0 ∂p T ∂T p ∂T p ⇒ (falls V endlich bleibt, ist erfahrungsgemäß der Fall): 1 ∂V α= → 0 für T → 0 V ∂T p lim α(T ) = 0 T →0 124 (32) Betrachtung einer Volumenänderung bei T = 0 und dF = −SdT −pdV ∂S ⇒ → 0 für T → 0 ∂V T ∂p → 0 für T → 0 und ∂T V 2) Wärmekapazitäten verschwinden am absoluten Nullpunkt ∂S CV ∂S CV = T = ∂T V ∂T V T S(T, V ) = S(T, V ) − S(0, V ) = Z T 0 CV (T ′ ) ′ dT T′ (33) Annahme: CV ist an T = 0 stetig Ist CV 6= 0, so können wir für jedes S > 0 ein Intervall δ > 0 finden, sodass |CV − CV (0)| < ε in diesem Intervall. Ist insbesondere (?)≪ |CV (0)|, so ändert CV sein Vorzeichen nicht im Intervall [0, δ]. Wähle T < δ Z T CV ; S(T, V ) = dT ′ + S0 ′ T 0 ( Z T |CV | ′ CV (0) > 0 + dT = (−) 0 T ′ (CV (0) < 0) aber: R T |CV | ′ dT > min(|CV | ln T0 ) = ∞ 0 T′ [0,T ] also: lim CV (T) = 0 (34) analog lim Cp (T) = 0 (35) T→0 T→0 Wärmekapazität eines klassischen idealen Gases: 3 CV = nR (atomar) 2 5 CV = nR (2 Atome pro Molekül) 2 CV = 3nR (≥3 Atome/Molekül, Vibrationsfreiheitsgrade nicht angeregt) (34), (35) ⇒ lim (Cp (T ) − CV (T )) = 0 T →0 ideales Gas: Cp − CV = nR 125 αV = ∂V ∂T = − p (x) T ∂S ∂p Maxwellrelation T Z ∂ ∂S(T ′ , p) ′ dT ∂p 0 ∂T ′ Z T Cp (T ′ , p) ′ ∂ dT =− ∂p 0 T′ Z T 1 ∂Cp (T ′ , p) ′ dT =− ′ ∂p 0 T =− Experimentell: Cp = T x (a + bT + . . .) mit x: positive Konstante und a, b: Funktionen des Drucks ∂Cp = T x (a′ + b′ T + . . .) ; ∂p T ; αV = − Z T (a′ T ′x−1 + b′ T x + . . .)dT ′ 0 = −T x ( a′ T + b′ + . . .) x x+1 αV a′ =− = γ endlich für T → 0 (a′ < 0) T →0 Cp ax also: lim Genauere Formulierung des 3. Hauptsatzes: S =0 T →0 N S = kB ln g0 lim (bei T = 0) g0 : Entartungsgrad des Grundzustands S → 0 (N → ∞) falls g0 = 1 N oder g0 = O(N ) 126