Psyche und Ernährung - eine EinführungProf. Dr. med. Georg Juckel LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin Psyche und Soma (Seele und Körper) • Uraltes Thema • Leib-Seele-Problem (Dualismus vs. Monismus) • Die Macht der Seele über den Körper („Der ganze Mensch ist betroffen“) (Angst-Herzrasen) (peripher-zentral: Henne/Ei) • Wechselspiel: Körperliche Erkrankungen und seelische Folgen (reaktive und/oder gemeinsame Auslösung) Seele und Körper gehören zusammen Wo ist die Seele ? Struktur – Neuroanatomie, Histologie, (Genetik) „Die belebenden Stoffe“ : Botenstoffe und Hormone (wichtig für das Zusammenspiel von Psyche u. Ernährung) Funktion – Elektrophysiologie, fMRT Verhalten – Psychologie /Psychosomatik / Neurologie / Psychiatrie Noradrenalin, Serotonin, Cortisol (Stress-Achse) Warum essen wir, wozu dient Ernährung ? Wir haben Hunger, sättigen dieses und führen unserem Körper (neben Atmung und Trinken) wichtige unseren Organismus erhaltende Stoffe zu: Proteine, Fette, Kohlehydrate, Vitamine, Spurenelemente, usw. ! Wie wird nun die Nahrungsaufnahme reguliert und was hat das mit dem Gehirn und der Psyche zu tun ? Zentrales Serotoninsystem (zu trennen vom peripheren im Darm) Wechselspiel zwischen Psyche und Ernährung Serotonin zentral für Stimmung, Wohlbefinden, Appetit usw…….psychischen Störungen wie Depression, Angst…. Geht es also mir nicht gut, esse ich weniger oder auch zu viel ! (Essen als Kompensation) Esse ich zu viel oder zu wenig, geht es mir seelisch (und körperlich) nicht gut: Völlegefühl bis Adipositas führt zu Stimmungsverschlechterung und Depressionen; NichtEssen zur Magersucht und bis zu Psychosen und Depressionen („Kohlehydrat-Studien“) ABER WIE KOMMT ES EIGENTLICH ZU „LUST“ AUFS ESSEN: Was kann uns die Hirnforschung dazu sagen ? HAUPTSACHE „fettig“ (Pommes-Mayo, Chips usw….) HAUPTSACHE Zucker…..und der „Taste“…. Motivation Mesolimbisches dopaminerges Belohnungs- oder Rewardsystem Motiviation, Glücksgefühl und Aktivierung des Ncl. Accumbens bei Dingen, die ich haben will…. Positive Reize: Drogen, Alkohol, Sex, Musik (nicht nur Rockn´Roll), Geld, Sportwagen, usw……. (Spezielles) Essen/Trinken… fettig, zuckrig etc. Angebote, soziale Signale,Werbung Schokolade: 18 Probandinnen die gerne Schokolade kaufen, wurde im Verlauf eines Experimentes über 20 Minuten Werbematerial eines Schokoladenherstellers gezeigt. Vor und nach dem Experiment wurde gefragt, "Wie würden Sie aktuell Ihren Appetit auf Schokolade einschätzen auf einer Skala von 1-9?“ Die Zunahme des Appetits auf Schokolade (self reported hunger rating) infolge der Präsentation von Schokoladenwerbung korreliert positiv mit dem Volumen des ventralen Striatum (Gallinat et al. 2015) Nahrungsaufnahme Menge & Zusammensetzung Sozial Erlerntes Essen als Emotionskontrolle Nährstoffe Geschmack / Belohnungswert Kurzfristiges Glücksgefühl Gesellschaftliche Prozesse und Gelerntes Leptin-melanokortinerges System Vagales System Zentral Homöostatische Regulation Regulation regulatorisch ErnährungsmusterHedonische Microbiom Energie- und Nährstoffzufuhr Sättigungswert Leptin Insulin Endorphine Cannabinoide Inflammationsmarker (Cytokine: TNF, IL-1, IL-6, etc.) Leptinresistenz; Hyperleptinämie Insulinresistenz; Hyperinsulinämie Metabolisch / (neuro)-endokrin Immunologische Prozesse (z.B. das sog. Mikrobiome (die Vielzahl der darmbefindlichen Bakterien, die wiederum das Immunsystem Fettgewebe (sub)-chronische Funktionen Stress-Achse Neurotransmitter des Menschen und damit auch psychische Hypertrophe Entzündung HPA-Achse (DA, 5-HT, NA, etc.) Adipozyten beeinflusst)) Neuroendokrin Hypothalamus-Hypophyse-Nebennieren-STRESS-Achse: Cortisol Neurotransmitter Wachstumsfaktoren (DA, 5-HT, NA, etc.) BDNF, GDNF etc. Serotonin, Dopamin, Noradrenalin Seelische Gesundheit Verbesserung <> Verschlechterung Libuda et al. 2016 Tabelle 1. Lebensmittelverzehr bei Mediterraner Ernährung (nach Willett, Sacks 1995 ) [75] Seltener Verzehr rotes Fleisch Wurstprodukte, Mäßiger Verzehr und Fisch, Käse- Produkte, und Hoher Verzehr Joghurt- Früchte, Olivenöl Hauptfettquelle als Hülsenfrüchte Kartoffeln, einschließlich (anstelle Erdnüsse, Nüsse, Samen, Brot und tierischer Fette), andere Getreideprodukte Geflügelfleisch, Wein zu den Mahlzeiten Gemüse, (in geringen Mengen) Libuda et al. 2016 Mediterrane Ernährung mit z. B. viel Gemüse und Olivenöl eher günstig und protektiv für seelische Gesundheit, während die typische deutsche Ernährung mit viel Fleisch, Kartoffeln usw. eher das Risiko einer psychiatrischen, insbesondere depressiven Symptomatik erhöht: z.B. Nord-Südgefälle der Suizidalität; Bronchial-CA/Rauchen in Mittelmeerländern; ungesättigte Fettsäuren (Omega-3, FISCH) und „Überalterung“ in Japan. Omega-3-Fettsäuren vermutlich gut als Prophylaxe gegen Psychosen, Depressionen und Demenzen Vitamin D: mediterran in fettreichem Fisch viel vorhanden Wenn zu wenig: Osteoporose und gewisser Risikofaktor für Depressionen Depression: lebensgefährliche Volkserkrankung Gedrückte Stimmung Interessenverlust, Freudlosigkeit Antriebsmangel, erhöhte Ermüdbarkeit Haupt-S. Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven Suizidgedanken / -handlungen Schlafstörungen Verminderter Appetit Neben-S. Epidemiologie Psychiatrische Erkrankungen führen leider „automatisch“ zu Appetitstörungen, Gewichtsveränderungen (10 kg und mehr), oft auch zu Fehlernährung (viele Fette/Kohlenhydrate bzw. Süßigkeiten). Aber auch die Medikamente (Psychopharmaka) verändern den Metabolismus und führen oftmals zu einer Gewichtszunahme. Bitte immer das mit behandelnden Psychiater besprechen; Vorsicht metabolisches Syndrom ! Fazit Das Zusammenspiel von Psyche und Ernährung ist komplex. Viele psychosoziale, klimatische und neurobiologische Faktoren spielen eine Rolle. Umstellung von Ernährungsmustern bzgl. kardiovaskularen Erkrankungen („Abnehmen“ usw.) erfolgreich. Bei psychischen Störungen noch nicht wirklich belegt. Depression: Supplementation mit Omega-3 Fettsäuren kleine, aber bedeutsame Effekte; Vitamin D vielversprechend, aber noch nicht endgültig gesichert.