Stationäre Psychiatrie ein kleiner Überblick für Laien Nur Mut! Von Sven Dirks unter Benutzung vieler hervorragender Quellen a.d. 2002 Version 1.0, zuletzt aktualisiert am 28.01.03 Vorwort Der vorliegende Text soll einen ersten Einblick in das Thema Stationäre Psychiatrie bieten. Er ist gedacht für SMler mit akuten oder erheblichen psychischen Problemen, die ggf. einen Aufenthalt in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik planen oder brauchen. Er ist geschrieben aus der Sicht eines interessierten Laien, denn ein solcher bin ich nun mal. Dieser Text soll dabei helfen, Schwellenängste abzubauen. Er soll sachliche Informationen über psychische Erkrankungen, die modernen Behandlungsmöglichkeiten und den damit zusammenhängenden Alltag in einer psychiatrischen Klinik vermitteln. Auf gar keinen Fall kann dieser Text irgendeine Form von Diagnose oder Beratung durch medizinisches Fachpersonal ersetzen. In den vergangenen 50 Jahren hat sich in der stationären Psychiatrie vieles geändert. In mehreren großen Schüben, Anfang der 70er, Mitte der 80er und noch einmal Mitte der 90er wurden die Behandlungskonzepte gründlich renoviert. Insbesondere neue Neuroleptika (die viel geschmähten Psychopharmaka) mit weniger Nebenwirkungen, das Instrument der Behandlungsvereinbarung und die neuen Behandlungsansätze bei Borderlinern haben für die Patienten ganz erhebliche Verbesserungen gebracht. Auch die gesetzliche Gleichstellung psychisch und physisch Kranker hat zu dieser Veränderung beigetragen. Der Focus liegt heute im wesentlichen darauf, den Patienten und ihren Angehörigen ein selbst bestimmtes, sozial integriertes Leben mit der Krankheit zu ermöglichen. Besonderen Wert habe ich im übrigen darauf gelegt, dass auch die Einflussmöglichkeiten der Patienten auf ihre Behandlung dargestellt und mit Musterverfügungen handhabbar gemacht werden. Auch wenn vieles in diesem Text zusammengetragen, abgeschrieben, gekürzt oder zitiert ist, sind eventuelle Fehler meine alleine. Für entsprechende Hinweise und zusätzliche Informationen bin ich jederzeit dankbar. Für die Richtigkeit der enthaltenen Informationen kann ich keine Garantie übernehmen. Wer ein Literaturverzeichnis vermisst – das ist Absicht. Es gibt zum einen einfach derartig viele Bücher zu diesen Themenbereichen, dass ich keine Empfehlung aussprechen möchte. Zum anderen gibt es auf den am Ende angegebenen Webseiten ausgezeichnete Literaturverzeichnisse, auf die ich gerne verweisen möchte. Mein Dank geht insbesondere an Eva, die viel Kritik und wertvolle Hinweise geliefert hat, sowie an Katja Leonhardt, von der ich schamlos ein ganzes Kapitel einer Studienarbeit übernommen habe. Ein Wort zum Schluss: Ich bin kein politisch korrekter Mensch, ich habe mir daher die Freiheit genommen, männliche, weibliche und gemischte Formen im Sinne der Lesbarkeit bunt durcheinander zu verwenden. Sven Dirks, November 2002, [email protected] Anhänge: – Muster Behandlungsvereinbarung – Muster Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung Stationäre Psychiatrie Version 1.0 2 Sven Dirks 2002 Inhaltsverzeichnis 1.Wer kommt für eine stationäre Behandlung in Frage? (Krankheitsbilder)1..........................................5 a. Affektive Störungen...............................................................................................................................................6 b. Persönlichkeitsstörungen......................................................................................................................................9 c. Borderline Persönlichkeitsstörung......................................................................................................................10 d. Angst- und Zwangserkrankungen.....................................................................................................................11 e. Schizophrene Psychosen......................................................................................................................................13 f. Somatoforme Störungen .....................................................................................................................................14 g. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTSD)................................................................................................15 h. Und Sadomasochismus?......................................................................................................................................16 2.Wie kommt eine stationäre Behandlung zustande?..................................................................................17 a. Akute Probleme....................................................................................................................................................17 b. Geplante Aufenthalte...........................................................................................................................................18 c. Zwangsweise Aufenthalte...................................................................................................................................18 3.Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten am Beispiel der FU Berlin18............................................18 4.Therapieformen................................................................................................................................................21 a. Psychoanalyse.......................................................................................................................................................22 b. Gesprächspsychotherapie ...................................................................................................................................23 c. Verhaltenstherapie................................................................................................................................................24 d. Psychoedukation (Information zur Erkrankung) ............................................................................................25 e. Ergotherapie..........................................................................................................................................................25 f. Soziotherapie.........................................................................................................................................................26 g. Bewegungstherapie..............................................................................................................................................26 h. Sonstige Therapie- und Behandlungsformen....................................................................................................27 5.Aktuelle Therapiekonzepte...........................................................................................................................27 a. Borderline-Störung23.............................................................................................................................................27 b. Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD)....................................................................................................30 c. Depressionen und affektive Störungen..............................................................................................................31 6.Tagesablauf in der Klinik .............................................................................................................................35 a. Allgemeine Informationen...................................................................................................................................35 b. Ausgang und Belastungserprobung...................................................................................................................36 c. Lehre und Forschung...........................................................................................................................................36 7.Psychopharmaka..............................................................................................................................................36 a. Neuroleptika.........................................................................................................................................................37 b. Antidepressiva......................................................................................................................................................39 c. Lithium ..................................................................................................................................................................40 d. Benzodiazepine....................................................................................................................................................41 8.Behandlungsvereinbarung, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht.................................................43 a. Behandlungsvereinbarung..................................................................................................................................43 b. Patientenverfügung..............................................................................................................................................44 c. Vorsorgevollmacht / Betreuungsverfügung.....................................................................................................44 Stationäre Psychiatrie Version 1.0 3 Sven Dirks 2002 9.Nachbehandlung..............................................................................................................................................45 a. Sozialpsychiatrischer Dienst................................................................................................................................46 b. Nachsorgemöglichkeiten.....................................................................................................................................46 c. Betreuung und Beratung der Angehörigen von psychisch Kranken..............................................................47 10.Linkliste...........................................................................................................................................................48 a. Fachinformationen................................................................................................................................................48 b. Betroffene, Selbsthilfe...........................................................................................................................................48 c. Organisationen......................................................................................................................................................48 d. Sonstige.................................................................................................................................................................50 Stationäre Psychiatrie Version 1.0 4 Sven Dirks 2002 1. Wer kommt für eine stationäre Behandlung in Frage? (Krankheitsbilder)1 Prinzipiell jede(r) psychisch Erkrankte, bei der(dem) ein Notfall (z.B. Suizidgefahr, schizoider oder manischer Gewaltausbruch, Eigen- oder Fremdgefährdung) vorliegt, oder bei denen mit den behandelnden Therapeuten oder mit dem Klinikum eine stationäre Behandlung vereinbart wurde kommt für eine stationäre Behandlung in Betracht. Grundsätzlich ist die psychiatrische Versorgung in Deutschland in Netzen organisiert, in denen die einzelnen Hilfsdienste, Psychologen, Ärzte, Krankenhäuser und öffentlichen Gesundheitseinrichtungen zusammen arbeiten. Zumindest ist dies der Idealfall. In der Praxis hängt es sehr von den örtlichen Gegebenheiten ab, wie weit die einzelnen Einrichtungen und Beteiligten verzahnt sind. Psychisch kranke Menschen sind den physisch Kranken vom Gesetz her gleich gestellt, letztendlich gilt auch hier, dass in einem akuten Notfall keine(r) abgewiesen wird. Als kleiner Leitfaden für eine Therapiebedürftigkeit mag der Fragenkatalog des deutschen Psychiatrieverlags dienen, der jedoch eine eingehende Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten keinesfalls ersetzen kann. Eine Therapie ist möglicherweise angezeigt, wenn mehr als die Hälfte der Fragen mit „ja“ beantwortet werden. • So kenne ich mich nicht! Fühle ich mich anders als sonst? • Beunruhigt mich diese Veränderung sehr? • Gibt es eine Erklärung für die Veränderung? • Reicht diese nicht aus, um die Dauer und Heftigkeit der Beschwerden zu begründen? • Kann ich meine tägliche Arbeit nur noch mit Mühe verrichten? • Mache ich mir immer Sorgen und habe ich viel Angst? • Leide ich unter körperlichen Beschwerden? • Ist mein Schlaf gestört, schlafe ich zu wenig oder zu viel? • Fühle ich mich oft aggressiv, hasserfüllt, gereizt oder bin ich sehr intolerant? • Bin ich oft krank geschrieben? • Habe ich häufiger Selbstmordgedanken? • Habe ich kaum noch Menschen, mit denen ich über meine Probleme sprechen kann? • Helfen Gespräche mit Freunden nicht mehr? • Fällt die Veränderung auch anderen deutlich auf? • Ist das schon länger als drei Monate so? • Ist mir das alles egal? ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) Krankheitsbilder 1 Quelle: FU-Berlin Stationäre Psychiatrie Version 1.0 5 Sven Dirks 2002 a. Affektive Störungen Bei den affektiven Erkrankungen bzw. Störungen bestehen das Hauptsymptom in einer Veränderung der Stimmung entweder als Depression2 (ggf. mit begleitenden Angstzuständen) oder als krankhaft gehobene Stimmung (Manie3). Diese Veränderungen der Stimmung werden oft von einer Veränderung des allgemeinen Aktivitätsniveaus begleitet. Die meisten anderen Symptome beruhen hierauf oder sind im Zusammenhang mit dem Stimmungs- und Aktivitätswechsel leicht zu verstehen. Patienten mit affektiven Erkrankungen neigen zu Rückfällen, d.h. zu einem Wiederauftreten nach längerer Zeit der Beschwerdefreiheit. Der Beginn der einzelnen Episoden (Phase der Erkrankung) ist oft mit belastenden Ereignissen in Zusammenhang zu bringen. Das Risiko an einer affektiven Störung, insbesondere an einer Form der Depression zu erkranken liegt neueren Untersuchungen zu Folge bei über 10% im Schnitt der erwachsenen Gesamtbevölkerung, wobei Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Problematisch ist die hohe Dunkelziffer. Viele Patienten mit depressiven Episoden werden falsch oder gar nicht diagnostiziert und behandelt. Affektive Störungen verlaufen häufig in regelmäßigen „Wellen“. Erleiden die Patienten im Wechsel depressive und manische Episoden, dann spricht man von einer bipolaren affektiven Störung. Manische Episoden (siehe nächster Abschnitt) sind gekennzeichnet durch einen unbändigen Tatendrang, meist gehobene Stimmung, fehlendes Schlafbedürfnis, Größenideen (sog. Größenwahn), häufig auch durch Kaufrausch. Die Zykluszeit kann bei diesen Erkrankungen zwischen etwa einem halben Tag (ultra rapid cycler) und mehreren Monaten (slow cycler) betragen. Daneben gibt es im DSM IV4 noch die Zyklothymie, eine anhaltende Stimmungsinstabilität mit zahlreichen (zyklischen) Episoden leichter Depression und leicht gehobener Stimmung, die nicht die Schwerekriterien für manische oder depressive Episoden erfüllen. i. Depressive Erkrankungen verlaufen meist in Phasen, die über mehrere Monate, bei einigen Patienten auch über Jahre anhalten können. Die häufigsten Formen sind: Unipolare Depression Episoden unipolarer Depressionen dauern mehrere Wochen oder Monate, insbesondere dann, wenn die Patienten nicht von Anfang an konsequent behandelt werden. Treten auschließlich depressive Episoden auf, so spricht man von einer unipolaren Depression. Unipolare Depressionen können zyklisch oder unregelmäßig auftreten, die Wahrscheinlichkeit mehrerer Episoden im Leben einer Patientin ist sehr hoch. Dysthymie Die Dysthymie (Erläuterung siehe nächster Abschnitt) ist eine leichter ausgeprägte, chronisch verlaufende Form der Depression. Diese beginnt meist im frühen Erwachsenenalter. Sie kann sich unerkannt und unbehandelt über Jahre und Jahrzehnte hinziehen, und eine erhebliche Belastung für die Betroffenen und deren Angehörige bedeuten. Depressive Erkrankungen können jedoch auch im Rahmen körperlicher Erkrankungen, z. B. von Schilddrüsenfunktionsstörungen, oder in Verbindung mit bestimmten Medikamenten, z.B. hoch dosierter Cortisonbehandlung, auftreten. Daher ist eine gründliche 2 Die häufigste psychiatrische Erkrankung, die mit Verstimmung, Antriebsarmut, tiefer Traurigkeit, Bewegungshemmung und oft mit schweren Schlafstörungen einhergeht. (s.u.) 3 Zustand mit stark gesteigertem Antrieb, Denkstörungen, Realitätsverlust und Selbstüberschätzung, wobei sich die Patienten des Zustands meist nicht bewusst sind. (s.u.) 4 DSM IV = Diagnostic and Statistical Manual of Psychic Disorders Version IV, weltweit Grundlage der Lehre, Forschung und Behandlung in der Psychiatrie. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 6 Sven Dirks 2002 Untersuchung dieser möglichen Ursachen vor Aufnahme einer eventuellen medikamentösen Therapie (s.u.) sehr wichtig. Eine major depressive episode („echte Depression“) nach den Diagnosekriterien im DSM IV liegt vor, wenn fünf oder mehr der folgenden Symptome mindestens zwei Wochen andauern, sowie Symptom 1 und/oder 2 vorhanden sind. 1. Depressive Stimmung an fast allen Tagen, für die meiste Zeit des Tages. 2. Deutlich vermindertes Interesse oder verminderte Freude an allen oder fast allen Aktivitäten an fast allen Tagen, für die meiste Zeit des Tages. 3. Deutlicher Gewichtsverlust ohne Diät oder (schnelle) Gewichtszunahme. 4. Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf an fast allen Tagen. 5. Psychomotorische Unruhe („Zappeligkeit“) oder Verlangsamung an fast allen Tagen. 6. Müdigkeit oder Energieverlust an fast allen Tagen. 7. Gefühle von Wertlosigkeit oder übermäßige oder unangemessene Schuldgefühle. 8. Verminderte Fähigkeit zu denken oder sich zu konzentrieren an fast jedem Tag. 9. Wiederkehrende Gedanken an den Tod, wiederkehrende Suizidvorstellungen ohne genauen Plan, tatsächlicher Suizidversuch oder genaue Planung eines Suizids. Die depressiven Episoden gelten als leicht, wenn 4 bis 5 Symptome gleichzeitig vorliegen, als mittelschwer wenn 6 bis 7 Symptome gleichzeitig vorliegen, als schwer wenn acht und mehr Symptome gleichzeitig vorliegen. Das gleichzeitige Vorkommen (Komorbidität) von Depressionen mit folgenden psychischen Erkrankungen ist mit 75 – 90 % Wahrscheinlichkeit anzutreffen: • Angststörungen • Zwänge • Posttraumatische Belastungsstörungen • Essstörungen • Substanzmissbrauch und Substanzabhängigkeiten • Schlafstörungen • sexuelle Störungen • somatoforme Störungen • psychische Störungen mit organischen Ursachen • schizophrene Störungen • hirnorganischen Störungen • verschiedene Persönlichkeitsstörungen. Die Frage, ob bei diesen gemischten Krankheitsbildern die Depression primär oder erst in der Folge der anderen Erkrankungen auftritt, ist nicht zuverlässig zu beantworten. Befragt man Patienten im Nachhinein, dann erhält man in der Mehrzahl (zwischen 60% und 80%) die Antwort, dass die Depression den anderen Schwierigkeiten und Störungen nachfolgte (subjektive Krankheitstheorie!). ii. Manie / Manische Phase Bei der bipolaren Störung ist die manische Phase gekennzeichnet durch: Hochgefühle Stationäre Psychiatrie Version 1.0 7 Sven Dirks 2002 Die Stimmung ist unabhängig von der Situation gut und kann zwischen sorgloser Heiterkeit und fast unkontrollierbarer Erregung schwanken. Hyperaktivität Die gehobene Stimmung ist verbunden mit vermehrtem Antrieb und führt zu Überaktivität, Rededrang und vermindertem Schlafbedürfnis. Hemmungslosigkeit Übliche soziale Hemmungen gehen verloren, die Aufmerksamkeit kann nicht mehr aufrecht erhalten werden, stattdessen lassen sich die Betroffenen oft ablenken. Die Selbsteinschätzung ist überhöht, Größenideen oder maßloser Optimismus werden frei geäußert. Man möchte sich möglichst vielen Leuten mitteilen, will allen von den eigenen großartigen Ideen berichten und kann die überflutenden Gedanken gar nicht schnell genug formulieren. Menschen in einer manischen Episode wirken leicht ungehobelt, geschwätzig und eingebildet. Um eine manische Episode als solche einzuordnen müssen drei bis vier der folgenden Symptome in ausgeprägtem Maß vorhanden sein: 1. Gesteigertes Selbstwertgefühl oder Größenideen. 2. Vermindertes Schlafbedürfnis (z.B. nur noch drei Stunden). 3. Ungewöhnlich redselig bis unaufhörlich plappernd. 4. Ideenflucht oder die subjektive Erfahrung des Gedankenjagens. 5. Ablenkbarkeit durch alle Dinge der Umgebung. 6. Steigerung zielgerichteter Aktivität oder psychomotorische Unruhe. 7. Exzessive Beschäftigung mit angenehmen Aktivitäten, die mit großer Wahrscheinlichkeit unangenehme Konsequenzen haben werden. (Beispiel: Kaufrausch) Die abnorm veränderte Stimmungslage ist so schwer ausgeprägt, dass sie die berufliche Leistungsfähigkeit deutlich beeinträchtigt. Ist die Stimmungslage auf einen Missbrauch die Psyche beeinflussender Substanzen (vor allem Alkohol, Kokain /Amphetamine, Cannabis, Ecstasy) oder auf eine organische psychische Störung zurück zu führen, so spricht man ggf. nicht von einer Manie. (Anm: Die Unterscheidung wird so sorgfältig abgewogen, weil sie einen wesentlichen Einfluss auf die Behandlung insbesondere mit den weiter unten beschrieben Psychopharmaka hat) iii. Dysthymie Eine Dysthymie ist nach DSM IV eine chronisch depressive Verstimmung (erreicht nicht die Schwerekriterien für eine major depressive episode, ist ansonsten ähnlich), die für die meiste Zeit des Tages und an mehr als der Hälfte der Tage besteht und über mindestens zwei Jahre hinweg andauert. Mindestens zwei der folgenden Zusatzsymptome müssen ebenfalls auftreten: • Reduzierter Appetit oder vermehrtes Essen, • Schlaflosigkeit oder vermehrtes Schlafbedürfnis, • Energielosigkeit oder Erschöpfbarkeit, • reduziertes Selbstwertgefühl, • Konzentrationsstörungen • Entscheidungserschwernis • Gefühle der Hoffnungslosigkeit. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 8 Sven Dirks 2002 Für die Diagnose einer Dysthymie dürfen in der Zweijahres-Periode nicht mehr als zwei Monate Symptomfreiheit bestehen. In den ersten zwei Jahren dürfen keine Episoden einer Major Depression aufgetreten sein. Wenn bei chronisch depressiver Symptomatik in den ersten zwei Jahren eine Episode einer Major Depression bestand, wird die Diagnose einer Major Depression „chronisch“ oder „teilremittiert“ (teilweise zurückgegangen) gestellt. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) b. Persönlichkeitsstörungen Als Persönlichkeitsstörung bezeichnet man ein psychiatrisches Krankheitsbild, bei dem der Patient Charaktereigenschaften bzw. -ausprägungen hat, die in Intensität, Dauer und Inhalt deutlich von der Norm abweichen. Die betroffenen Personen sind dadurch einerseits einem besonderen Leidensdruck unterworfen, andererseits leidet häufig auch die Umgebung unter den entsprechenden Krankheitssymptomen. Was heute als Persönlichkeitsstörung bezeichnet wird, nannte man früher Neurose, Hysterie oder Psychopathie. Diese Begriffe waren aber sowohl stigmatisierend als auch inhaltlich unklar und werden deswegen heutzutage nicht mehr gebraucht. Neuer Studien haben gezeigt, dass bis zu 10% aller Menschen die Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung erfüllen. Grundsätzlich haben Persönlichkeitsstörungen einen chronischen Verlauf und beginnen schon in der Kind- bzw. Jugendzeit. Die Grenze zwischen einer "normalen" Persönlichkeit und einer Persönlichkeitsstörung ist fließend und deshalb Anlass für vielfältige Diskussionen. Es ist deswegen besonders wichtig, dass man zwischen einem Persönlichkeitsstil und einer Persönlichkeitsstörung unterscheidet. Grundsätzlich muss man bei dieser wichtigen Unterscheidung darauf achten, ob ein Mensch durch seine Persönlichkeit deutlich in seiner sozialen Stabilität und seinem Wohlbefinden gestört ist und seine Umgebung durch seinen Persönlichkeitsstil massiv beeinträchtigt. Erst wenn dies gegeben ist, darf man von einer Persönlichkeitsstörung sprechen. Ein Mensch, der trotz eines sehr ausgeprägten, vielleicht sogar auffälligen Persönlichkeitsstils sozial stabil, nicht leidend und im sozialen Umgang für seine Mitmenschen nicht ausgeprägt belastend ist, hat keine Persönlichkeitsstörung. Zu jeder Persönlichkeitsstörung gehört deshalb die anhaltend "übersteigerte" Ausprägung einer normalen menschlichen Eigenschaft, die chronisch zu individuellen bzw. sozialen Konflikten führt: Persönlicher Stil Persönlichkeitsstörung gewissenhaft, sorgfältig zwanghaft ehrgeizig, selbstbewusst narzistisch expressiv emotional histrionisch5 wachsam, misstrauisch paranoid6 sprunghaft, spontan borderline (s.u.) anhänglich, loyal dependent (abhängig) zurückhaltend, einsam schizoid selbstkritisch, vorsichtig ängstlich / selbstunsicher ahnungsvoll, sensibel schizotypisch abenteuerlich, risikofreudig dissozial 5 Nach DSM IV: Laut DSM-IV (APA): Inadäquate Emotionalität, Streben nach Aufmerksamkeit, Gefühlsausdruck oberflächlich und rasch wechselnd, Selbstdramatisierung, Theatralik. 6 Paranoia: sich in einem festen System von Wahnvorstellungen ausbildende Geistesstörung Stationäre Psychiatrie Version 1.0 9 Sven Dirks 2002 ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) c. Borderline Persönlichkeitsstörung Die Bezeichnung "Borderline" hat eine wechselvolle, wenn auch kurze Geschichte hinter sich. Trotz seines Status als einer offiziellen diagnostischen Einheit erstmals in der weltweit anerkannten DSM-III-Nomenklatur Anfang der 80erJahre, ist seine Benutzung als formale Kennzeichnung bis heute umstritten. Der Begriff Borderline beschreibt ein instabiles Verhaltensmuster, das sehr unterschiedliche Merkmale zum Ausdruck bringt (zusammenfassend in Millon, 1996). Jahrzehntelang galt die Borderline-Störung als psychische Erkrankung, die an der Grenze zwischen neurotischen7 und psychotischen8 Störungen anzusiedeln war. Erst mit der Verbesserung der Diagnostik wird sie als abgrenzbare spezifische Störung anerkannt, die auf einer starken emotionalen Instabilität basiert. Bei der Diagnose einer Borderline-Störung (BPS) erfolgt die Orientierung an den Kriterien aus dem DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Psychic Disorders) • Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassen werden zu vermeiden. • Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist. • Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung • Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbst schädigenden Bereichen - Geldausgaben, Sexualität, Substanzmissbrauch (Drogenabhängigkeit), rücksichtsloses Fahren, "Fressanfälle" etc. • Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandrohungen oder Selbstverletzungsverhalten. • Instabiles Gefühlsleben infolge einer ausgeprägten Beeinflussbarkeit der Stimmung z.B. hochgradige episodische Dysphorie9, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehr als einige Tage andauern). • Chronische Gefühle von Leere. • Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren (z.B. heftige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen) • Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative10 Symptome. Borderline-Patienten werden von ihrer Umwelt oft als ausgesprochen manipulativ und ichbezogen, aber auch als bunt schillernd und anziehend erlebt. 7 Im Unterschied zur Psychose betreffen Neurosen stets nur Teilbereiche der Persönlichkeit und des Verhaltens. Der Bezug zur Realität ist nicht nachhaltig gestört, und die Betroffenen haben ein zumindest vages Bewusstsein von ihrer Störung, unter der sie leiden. 8 Psychose ist die Bezeichnung für verschiedene Formen psychischer Erkrankungen (s. psychische Störung), deren organische und psychische Ursachen meist unbekannt sind und die einen starken Abbau der Persönlichkeit zur Folge haben. 9 Dysphorie ist eine ängstlich-ruhelose „depressive“ Missgestimmtheit 10 Dissoziation ist ein Zustand, in dem das Bewusstsein nicht mehr in der Lage ist, die Informationen von außen und von innen sinnvoll in Einklang zu bringen, und in Folge Gedanken und Gefühle getrennt werden. Dissoziation taucht häufig im Zusammenhang mit traumatischen Erfahrungen auf und wird auch als das Gefühl beschrieben, neben sich gestanden zu haben. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 10 Sven Dirks 2002 Die Diagnose wird in der Regel mit dem erstmals 1978 von Gunderson und Kolb entwickelten „diagnostischen Interview“ gestellt. Es liefert in 5 verschiedenen Bereichen Aufschluss: • soziale Anpassung (wahres und falsches ICH) • Impulsivität (Aufmerksamkeit auf sich ziehen) • Affekte (instabil, Wechsel von normaler Stimmung zu Ärger, Wut) • psychotisches Erleben (leichte, kurze psychotische Erlebnisse) • zwischenmenschliche Beziehungen (rascher Wechsel von Einstellungen) Nach der Bearbeitung eines ausführlichen Fragenkatalogs wird anhand eines Punktsystems ermittelt, ob eine Borderline-Persönlichkeitsstörung vorliegt. Das Diagnostische Interview wird überwiegend im stationären Bereich eingesetzt. Besondere Merkmale: Das Auftreten der BPS wird auf ca. 1-2% in der Bevölkerung geschätzt. Die BPS wird überwiegend (75%) bei Frauen diagnostiziert. Auffallend sind eine hohe Suizid- und Selbstverletzungsrate. Das höchste Suizidrisiko liegt zwischen dem 20.-30. Lebensjahr. Es besteht eine hohe Komorbidität (gleichzeitige Erkrankung) zu anderen Störungen. Komorbid findet man häufig • affektive Erkrankungen (siehe oben) • Angsterkrankungen • posttraumatische Belastungsstörungen (siehe unten) • Substanzmissbrauch, also Drogenabhängigkeit und Essstörungen. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) d. Angst- und Zwangserkrankungen Wenn Angst völlig losgelöst von Bedrohungssituationen oder bei harmlosen Auslösern in viel zu ausgeprägter Form auftritt, handelt es sich um eine Form der Angsterkrankung Man unterteilt Angst- und Zwangserkrankungen in 5 große Hauptgruppen. Mittlerweile werden als 6. Gruppe auch die somatoformen Störungen11 hinzugerechnet: • Phobische Störungen (mit und ohne Panik) • Panikstörung (episodische Angst) • Generalisierte Angststörung • Zwangsstörung • Posttraumatische Belastungsstörung • Somatoforme Störungen i. Phobie Es handelt sich um die unangemessene Angst vor einem spezifischen Reiz oder einer bestimmten Situation. Am bekanntesten ist die Spinnenphobie, die aber selten Krankheitswert hat. Klinisch sind am wichtigsten die Agoraphobie und die soziale Phobie. Bei der Agoraphobie handelt es sich um eine komplexe Phobie, bei der Situationen und Orte, die als gefährlich erlebt werden, vermieden werden. Dazu gehören Menschenmengen, öffentliche Plätze, weite Entfernungen von zu Hause, oft auch viele andere Ängste wie Höhenangst, Angst vor engen Räumen (U-Bahn, Bus), Angst vor Dunkelheit; sie kann mit und ohne Panikstörung auftreten. 11 Störungen ohne erkennbare Ursache Stationäre Psychiatrie Version 1.0 11 Sven Dirks 2002 Die Lebenszeitprävalenzrate (Wahrscheinlichkeit einmal im Leben daran zu erkranken) liegt bei 2 bis 3 %, der Erkrankungsbeginn zwischen 15 und 35 Jahren, ca. 80 % Frauen. Die soziale Phobie äußert sich durch die unangemessene Furcht vor anderen Menschen und daraus folgend die Vermeidung sozialer Situationen, insbesondere solcher, wo der Betroffene erwartet, beobachtet und bewertet zu werden, unterschiedliche Ausprägungsgrade von "Furcht, öffentlich zu sprechen bis hin zur völligen Kontaktvermeidung mit anderen. ii. Panikstörungen Es handelt sich um wiederkehrende Angst- und Panikzustände ohne gut erkennbaren Auslöser (oft ein Gedanke), die plötzlich auftreten und gekennzeichnet sind durch Herzklopfen, Brustschmerz, Erstickungsgefühle, Schwindel, Depersonalisation (Verlust der Persönlichkeit, Abflachung der Persönlichkeitsmerkmale) oder Derealisation (Verlust des Realitätsbezuges). Sie dauern meist 5 Minuten oder etwas länger. In der Folge entwickeln Betroffene Angst vor der Angst bzw. Angst vor den Symptomen und Konsequenzen der Angst wie die Furcht zu sterben, Angst, die Kontrolle zu verlieren oder die Angst, verrückt zu werden. iii. Generalisierte Angststörung Typisch hierfür sind ausgeprägte allgemeine und vielfältige Sorgen und Ängste, die länger als 6 Monate andauern und sich nicht nur auf bestimmte Situationen beschränken. Der Betroffene kann sich schwer kontrollieren, fühlt sich dadurch sehr beeinträchtigt und zeigt mindestens 3 der folgenden Symptome zusätzlich: • Muskelanspannung • Ruhelosigkeit • Ermüdbarkeit • Konzentrationsstörungen • Schlafstörungen • Reizbarkeit iv. Zwangsstörung Es handelt sich um das Wiederkehren von meist als unsinnig empfundenen und ständig wiederkehrenden Gedanken und Handlungen, die vom Betroffenen nicht einfach beendet werden können und als quälend empfunden werden. Eine große Zeit des Tages ist damit ausgefüllt, so dass wenig freie Zeit bleibt, um den normalen Tagesaktivitäten nachzugehen. Bei einer Lebenszeitprävalenz (Wahrscheinlichkeit einmal im Leben daran zu erkranken) von 2,5 % und einem Beginn der Erkrankung mit durchschnittlich 15 Jahren, wobei die Diagnose meist erst 15 Jahre später gestellt wird, führt dies u.U. zu großen Einschränkungen im privaten und beruflichen Leben. Die häufigsten Zwangsgedanken sind Verunreinigungsgedanken, aggressive Impulse, ständiges Zweifeln, Gedanken zur Symmetrie und hinsichtlich körperlicher Beschwerden sowie sexuelle Impulse und Gedanken oder eine Mischung von diesen. Bei den Zwangshandlungen überwiegen Kontrollhandlungen, Waschzwang und Zählrituale. Posttraumatische Belastungsstörungen: Diese haben einen eigenen Absatz, siehe unten.. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) Stationäre Psychiatrie Version 1.0 12 Sven Dirks 2002 e. Schizophrene Psychosen Die schizophrenen Psychosen gehören zu den schwersten psychiatrischen Erkrankungen und zeichnen sich insbesondere aus durch • Wahnvorstellungen (z.B. Verfolgungswahn) • Wahrnehmungsstörungen (z.B. akustische Halluzinationen) • sog. Ich-Störungen (das Gefühl, dass andere Menschen die eigenen Gedanken lesen können, die eigenen Gedanken sich ausbreiten) • formale Denkstörungen (Zerfahrenheit) • Störungen des Gefühlslebens Als Symptome können außerdem auftreten: • Leibhalluzinationen (Beinflussungserlebnisse, das Gefühl dass andere den eigenen Leib manipulieren) • eigene Leibmissempfindungen (sog. Zönästhesien, z.B. das „Gürtelgefühl“, bei dem die Patientin glaubt, ständig in der Mitte eingeschnürt zu sein) • Bewegungsstörungen (katatone12 Störungen) • Stereotypien (wiederkehrende, meist sinnlose Bewegungs- und Verhaltensmuster) • verschrobener Sprachstil • Verhaltensauffälligkeiten Die schizophrene Psychose unterteilt sich in mehrere Unterformen: 12 • paranoide Schizophrenie: im Vordergrund stehen Wahn und Halluzinationen. • katatone Schizophrenie: hier stehen katatone Symptome wie z.B. Erregungszustände, Stupor13 oder Mutismus14 im Vordergrund der Symptomatik. • hebephrene (desorganisierte) Schizophrenie: hier finden sich vor allem Affekt-, Denk- und Aktivitätsstörungen in Verbindung mit einer sog. heiter-läppischen Gestimmtheit. • Undifferenzierte Schizophrenie: diese Form der Schizophrenie erfüllt nicht eindeutig die Kriterien der 3 erstgenannten Schizophrenien und stellt eine Mischform dar. • Schizophrenia simplex: diese Schizophrenie zeichnet sich durch einen symptomarmen Verlauf mit langsam voranschreitender Gefühlsverflachung und sozialem Rückzug aus. • Eine schizoaffektive Psychose besteht, wenn neben der schizophrenen Symptomatik auch ausgeprägte affektive Störungen wie manische oder depressive Episoden bestehen, die in der Schwere den Depressionen oder Manien ähneln. Katatonie = Störungen der Willkürbewegungen. Man unterscheidet zwei Formen: 1. katatoner Sperrungszustand: Der Kranke ist erstarrt wie eine Statue und ist völlig von der Umwelt zurückgezogen. Dabei ist er hellwach. 2. katatoner Erregungszustand. Bezeichnung für eine schwere psychomotorische Erregung mit sinnlosem Umsichschlagen. Aus dem Sperrungszustand kann unvermittelt die Erregung durchbrechen, wobei es zu Selbstverstümmelungen und Suizidversuchen kommen kann. 13 Stupor (lat.) Erstarrung; Bezeichnung für einen Krankheitszustand mit Fehlen jeglicher psychischer und körperlicher Aktivität bei wachem Bewusstsein. Stupor äußert sich in Bewegungslosigkeit, maskenhafter Gesichtsstarre, Nichtreagieren auf Außenreize, Stummheit, evtl. Einnässen. 14 Bezeichnung für ein beharrliches Schweigen beim Menschen, obwohl die Sprechorgane intakt sind. Das Schweigen kann absichtlich geschehen oder aber mit einer psychischen Hemm-Störung in Zusammenhang stehen. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 13 Sven Dirks 2002 Abzugrenzen von der Schizophrenie sind hauptsächlich • die sog. anhaltenden wahnhaften Störungen (Paranoia), die sich durch einen chronischen (nicht oder nur schwer heilbaren) Verlauf und die Entwicklung einer einzelnen Wahnidee ohne Halluzinationen, Ich-Störungen und formale Denkstörungen auszeichnen (z.B. Eifersuchtswahn, Liebeswahn, Verfolgungswahn) • vorübergehende akute psychotische Störungen, welche kürzer als 1 Monat andauern, meist akut beginnen und vollständig abklingen. Darüber hinaus können der Schizophrenie ähnliche Beschwerdebilder bei einer Vielzahl von Krankheiten auftreten (z.B. bei Epilepsien, Stoffwechselerkrankungen, Schlaganfällen, Autoimmunerkrankungen) sowie bei der Einnahme illegaler Drogen. Das Erkrankungsrisiko (Wahrscheinlichkeit, mindestens 1 x im Leben an einer Schizophrenie zu erkranken) beträgt 1 %. Die Erkrankung beginnt meistens zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr, bei Männern eher früher, bei Frauen eher später. Die Ursache der Schizophrenie wird heutzutage überwiegend in Erbfaktoren gesucht. Umweltfaktoren scheinen jedoch auch eine gewisse Rolle zu spielen. Die Therapie der schizophrenen Psychose besteht grundsätzlich in einer Medikation mit Neuroleptika. Hier gibt es eine Reihe neuerer Medikamente, die nebenwirkungsärmer als die sog. klassischen Neuroleptika (siehe unten) sind. Des weiteren ist für Patienten mit einer Schizophrenie eine Reduktion ihrer Stresserfahrungen, eine sichere, ihren Leistungsmöglichkeiten angepasste soziale Struktur und ein angemessenes Aufgabenfeld von Bedeutung. Entgegen der landläufigen Annahme sind die Heilungsaussichten bei der Schizophrenie relativ gut. Man kann bei mehr als 2/3 aller betroffenen Patienten davon ausgehen, dass sie ein eigenständiges Leben bei voller Arbeitsfähigkeit führen können. Nur bei weniger als 1/3 aller Patienten kommt es zu einem dauerhaften Anhalten der psychotischen Symptomatik (Residuum). ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) f. Somatoforme Störungen „Ich fühle mich krank und die Ärzte finden nichts“ Übelkeit, körperliche und geistige Erschöpfung, Muskelschmerzen, Bauch- und Rückenschmerzen, Schwindel......., all diesen Beschwerden kann natürlich eine körperliche Erkrankung zugrunde liegen. Etwa 20-30% aller Patienten von Haus- und Fachärzten leidet jedoch unter körperlichen Beschwerden, für die sich trotz des Einsatzes aller diagnostischer Verfahren der " High-tech"-Medizin keine eindeutige Ursache im Sinne einer strukturellen (z. B. entzündlichen oder bösartigen) Erkrankung finden lässt. Im deutschen Sprachraum wurden solche Krankheiten häufig als funktionelle Störungen oder funktionelle Syndrome bezeichnet, d.h. Krankheiten, bei denen nicht die einzelnen Organe defekt sind, sondern denen gestörte Funktionsabläufe zugrunde liegen. Der erfahrene Untersucher kann die erhöhte Spannung zum Beispiel am Bauch ertasten oder den gestörten Bewegungsablauf beobachten. Mit Hilfe bildgebender Verfahren lassen sich gestörte Funktionsabläufe innerer Organe oder Störungen der Verarbeitung von Körperreizen im Gehirn inzwischen darstellen. In den letzten Jahren hat sich die Bezeichnung "somatoforme Störung" (Krankheiten, die wie eine Organerkrankung aussehen) eingebürgert. Für die einzelnen somatoformen Störungsbilder gibt es im jeweiligen medizinischen Fachgebiet, in dem sich die Patienten vorstellen, zahlreiche andere Krankheitsbegriffe. Beispiele sind: • funktionelle Stimm- und Sprachstörungen Stationäre Psychiatrie Version 1.0 14 Sven Dirks 2002 • funktionelle Sehstörungen • funktionelle Störungen auf zahnärztlichem Fachgebiet • funktionelle Bewegungs- und Empfindungsstörungen • Atemnot, Herz- und Thoraxbeschwerden ohne organischen Befund • abdominelle Symptomatik wie Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Durchfälle • Schmerzzustände verschiedenster Körperregionen Die Psychosomatik15 befasst sich auch mit Erkrankungen, die mit Störungen des Verhaltens einhergehen, z.B. Essstörungen (Magersucht, Bulimie, Essattacken mit Übergewicht) Neben den erwähnten Krankheiten ist die Psychosomatik auch die medizinische Disziplin, die sich mit Problemen der Bewältigung körperlicher Erkrankungen, die mit Lebensumstellungen und -veränderungen, mit Einschränkungen, Entstellungen, Lebensbedrohung oder chronischen Schmerzen einhergehen, auseinandersetzt. Psychosomatische Erkrankungen werden in der Regel mit verschiedenen Formen der Psychotherapie behandelt. Eine zusätzliche medikamentöse Behandlung kann im Einzelfall sinnvoll und notwendig sein. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) g. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTSD) Die Posttraumatische Belastungsstörung ist eine mögliche Folgereaktion eines oder mehrerer traumatischer Ereignisse. Beispiele für solche Ereignisse sind: • Erleben von körperlicher und sexueller Gewalt, auch in der Kindheit, (so genannter sexueller Missbrauch) • Vergewaltigung • gewalttätige Angriffe auf die eigene Person • Entführung oder Geiselnahme • Terroranschlag • Krieg und Kriegsgefangenschaft • politische Haft • Folterung • Gefangenschaft in einem Konzentrationslager • Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen • Unfälle • die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit) Diese Ereignisse können an der eigenen Person, aber auch an fremden Personen erlebt werden. In vielen Fällen kommt es zum Gefühl von Hilflosigkeit und durch das traumatische Erleben zu einer Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses. Als Trauma wird ein Ereignis verstanden, welches durch seine überwältigende Intensität, Plötzlichkeit und Qualität die Fähigkeiten des Ich zur Reizverarbeitung überfordert. Das Opfer erlebt sich dem katastrophale Ereignis völlig ausgeliefert, da die bisherigen Selbstschutzstrategien nicht einsetzbar, nicht wirksam oder sinnlos sind. Einige der Symptome sind: 15 Beschreibung und Behandlung somatoformer Störungen Stationäre Psychiatrie Version 1.0 15 Sven Dirks 2002 • sich aufdrängende, belastende Gedanken und Erinnerungen an das Trauma (Intrusionen) oder Erinnerungslücken, traumabezogene Bilder und Alpträume, Flash-backs16 und partielle Amnesie • Übererregungssymptome wie Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit, Affektintoleranz (Unfähigkeit eigene Gefühle zuzulassen) und Konzentrationsstörungen • Vermeidungsverhalten (Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden werden) • emotionale Taubheit, allgemeiner Rückzug, Interesseverlust, innere Teilnahmslosigkeit • im Kindesalter teilweise veränderte Symptomausprägungen, z.B. wiederholtes Durchspielen des traumatischen Erlebens, Verhaltensauffälligkeiten, z.T. aggressive Verhaltensmuster • Allgemeine Unfähigkeit die normalen Anforderungen des täglichen Lebens zu erfüllen Die Symptomatik kann unmittelbar oder auch mit (z.T. mehrjähriger) Verzögerung nach dem traumatischen Geschehen auftreten (sog. late-onset PTSD). Die Häufigkeit von PTSD ist abhängig von der Art des Traumas. Ca. 50% der Opfer sexueller Gewalt entwickeln PTSD PTSD geht sehr häufig mit anderen Störungen einher (hohe Komorbidität) z.B. Angststörungen, Depressionen, somatoforme Störungen, dissoziative Störungen, Suchterkrankungen, Substanzmißbrauch, Organerkrankungen etc. Häufig begeben sich Patienten zunächst mit einer völlig anderen Diagnose (z.B. Depression) in die stationäre psychiatrische Behandlung, PTSD wird dann erst im Rahmen der therapeutischen Maßnahmen diagnostiziert. Traumatisierte Menschen kommen für eine stationäre Therapie in Frage wenn • die durch das Trauma bedingte Symptomatik in erheblichem Maß ihre Fähigkeit beeinträchtigt, den Alltag und die Berufstätigkeit zu bewältigen, • die ambulante Therapie keinen ausreichenden Schutz leisten kann, um das Trauma zu bearbeiten, • besonders bei längerfristigen Traumatisierungen in der Kindheit zusätzliche Krankheitsbilder mit erheblicher Schwere vorliegen, die ein komplexes Behandlungsangebot erforderlich machen • im Rahmen einer Chronifizierung der posttraumatischen Störung die Berufsfähigkeit gefährdet ist. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) h. Und Sadomasochismus? DSM-IV enthält unter dem Kapitel »Paraphilien« (»Nebenlieben«, das höfliche medizinische Wort für »Perversionen«) nach alter Sitte die Diagnosekriterien für sexual Sadism (Code 302.84) und sexual Masochism (Code 302.83). Beide sind, wie eh und je seit KrafftEbing, streng getrennt, und nach wie vor gelten Leute, die die Kriterien dafür erfüllen, als krank. Aber, und dieses »aber« ist groß, die Kriterien selbst haben sich seit der letzten Revision des DSM geändert. Es gibt für Masochismus wie für Sadismus deren zwei: Ein »A« Krite16 Wiedererleben der traumatischen Geschehens, blitzartiges Zurückversetztwerden in die traumatische Situation Stationäre Psychiatrie Version 1.0 16 Sven Dirks 2002 rium und ein »B« Kriterium. Beide müssen erfüllt sein, damit die Diagnose sexueller Sadismus bzw. sexueller Masochismus gestellt werden darf. Einmal muss man sexuelles erregende Phantasien, sexuelle Neigungen, oder Verhaltensweisen haben, die damit zu tun haben, den Mitmenschen zu peinigen (für die Sadisten) oder gepeinigt zu werden (für die Masochisten). Das ist das A-Kriterium. Nun, unzweifelhaft trifft das auf Sadomasochisten zu. Das B-Kriterium ist die eigentliche Neuerung. Diese Phantasien, Neigungen oder Verhaltensweisen müssen einen klinisch relevanten Leidensdruck beim Patienten hervorrufen, oder eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit im sozialen, beruflichen oder einem anderen wichtigen Bereich verursachen. Das B-Kriterium ist für beide Diagnosen gleich. Leidensdruck heißt zum Beispiel, dass man so unzufrieden mit seiner Neigung ist, dass man sie loswerden möchte. Auch wenn es hin und wieder Leute gibt, auf die das zutrifft, ist es eine anerkannte Eigenschaft besonders der subkulturell organisierten Sadomasochisten, dass sie eine »hohe Selbstakzeptanz« haben. Daher auch die »auffällige Unauffälligkeit« vieler Sadomasochisten: Sie kommen so gut mit ihrer Umwelt zurecht, dass man ihre Neigung gar nicht anmerkt, wenn sie es nicht wollen. Von einer Funktionseinschränkung kann wegen des Sadomasochismus alleine jedenfalls keine Rede sein. Unter Sadomasochisten ist nach wie vor umstritten, inwieweit • unter den Sadomasochisten eine erhöhter Anteil an Borderlinern, depressiven- und PTSD Patienten zu finden ist, oder ob Sadomasochisten einfach generell offener miteinander umgehen, und psychische Befindlichkeiten deshalb auffälliger zutage treten als beim Durchschnitt der Bevölkerung. • Sadomasochisten zumindest teilweise sadomasochistische Handlungen als Therapieersatz oder als therapeutisches Mittel einsetzen, um psychische Befindlichkeiten zu kompensieren. Eine verlässliche empirische Studie zu diesem Themenkomplex gibt es bisher nicht. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) 2. Wie kommt eine stationäre Behandlung zustande? a. Akute Probleme Ein akutes Problem ist immer ein Ereignis, mit dem der Patient aus eigener Kraft nicht mehr fertig wird. Ein akutes Ereignis bedroht ggf. die Betroffenen selbst oder deren Umfeld, sei es durch direkte Gewalteinwirkung oder durch schleichenden Abbau der sozialen und alltäglichen Fähigkeiten zum Beispiel bei der Sorge für Kinder. Akute Ereignisse können bei vielen Krankheitsbildern auftreten. Besonders einschneidend sind zum einen schizoide Episoden mit Wahnvorstellungen und Gewaltausbrüchen mit Eigen- oder Fremdgefährdung. Zum anderen kommt es bei depressiven Episoden immer wieder zu akuter Suizidgefahr, die ggf. eine stationäre Behandlung nötig macht. Weitere häufige Ereignisse, die zu einer Akuteinweisung führen, sind der sog. Delir17 bei stoffabhängigen Patienten, zum Beispiel Alkoholikern, oder stark psychotisch verlaufende Entzugsphasen insbesondere bei von mehreren Stoffen Abhängigen. Praktisch alle Landeskrankenhäuser und viele andere Einrichtungen mit einer psychiatrischen Klinik verfügen über 24-Stunden (Not-)Aufnahmen und eigene Telefonnummern. (Eine Liste gibt es unter anderem bei mayday unter http://mayday.bdsm.org.) 17 Krankhafte Bewusstseinsveränderung mit Verwirrung, ängstlich-unruhiger Stimmungslage und körperlicher Begleitsymptomatik wie Zittern und starkem Schwitzen. Vorkommen bei Vergiftungen, schweren Infektionen und v.a. bei Alkoholkrankheit, als Delirium Tremens. Letzteres ist häufig tödlich. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 17 Sven Dirks 2002 Patienten die häufiger mit akuten Ereignissen eine stationäre Behandlung erfahren, haben mit der Einrichtung bzw. dem behandelnden Personal oft Anweisungen und Vereinbarungen für den Fall ihrer Einweisung getroffen, die beispielsweise in einer Behandlungsvereinbarung oder Patientenverfügung (s.u.) niedergelegt sein können. b. Geplante Aufenthalte Längere Aufenthalte in psychiatrischen Einrichtungen werden häufig zusammen mit einem externen Therapeuten oder im Rahmen einer ambulanten Tagestherapie in der gleichen Einrichtung vereinbart. Für viele Stationen besteht eine Warteliste. Auch hier gibt es inzwischen immer häufiger die Behandlungsvereinbarung (s.u.), in der Patient und Mediziner zum Beispiel die Art der Medikamentierung oder andere Behandlungsschritte festlegen, auch und gerade für den Fall, dass der Patient aufgrund seiner Erkrankung einmal nicht in der Lage sein sollte, sich ausreichend klar und selbstbestimmt zu artikulieren. c. Zwangsweise Aufenthalte Diese werden in der Regel gerichtlich verfügt. Zwangsweise eingewiesen werden zum einen Straftäter, bei denen eine psychische Erkrankung in ursächlichem Zusammenhang mit einer (schweren) Straftat steht, in Verbindung mit einer ungünstigen Sozialprognose (Maßregelvollzug). Viele Patienten und Angehörige tun sich im übrigen schwer mit der zunehmenden Zahl der Maßregelvollzugspatienten in den größeren psychiatrischen Einrichtungen. Zum anderen werden Patienten, bei denen dauerhaft von einer Selbst- oder Fremdgefährdung ausgegangen werden muss, und die aufgrund ihrer psychischen Erkrankung nicht mehr in der Lage sind, ihr eigenes Leben zu führen, oder eine Gefahr für sich und andere darstellen, nach gerichtlicher Abwägung zwangsweise in geeignete psychiatrische Einrichtungen eingeliefert. Hier handelt es sich in der Regel um Pflegeeinrichtungen, nicht um die psychiatrischen Einrichtungen der Krankenhäuser, über die wir im Weiteren lesen werden. Die Polizei hat im Notfall, bei Vorliegen von erheblicher Eigen- oder Fremdgefährdung das Recht, Menschen zwangsweise in die stationäre Psychiatrie einzuweisen. Binnen 48 Stunden müssen derart eingewiesene einem Richter vorgestellt werden. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) 3. Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten am Beispiel der FU Berlin18 Die Verhältnisse sind auch in Bonn oder Münster sehr ähnlich, wobei es dort zwei Stationen weniger gibt, die Aufteilung also eine etwas andere ist. Die Therapie erfolgt im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans, der unter Einbeziehung der Ausprägungsart und Schwere der Symptomatik und unter Vermittlung eines Krankheits- und Therapiekonzeptes mit dem Patienten besprochen wird. Insgesamt gibt es in Berlin sieben Stationen für die stationäre und zwei für die ambulante Behandlung, wobei uns nur die stationären Einrichtungen interessieren: - Station 1: Beschützte Station Station 1 ist eine geschlossene Intensivstation. Schwerpunkt der Station ist die Behandlung von eigen- bzw. fremdgefährlichen Patienten. Die Patienten werden einerseits im Rahmen der Pflichtversorgung nach dem Gesetz für psychisch Kranke bzw. nach dem Betreuungsgesetz oder anderen ggf. landesrechtlichen Vorschriften untergebracht oder von den offenen Stationen für kurze Zeit hierher verlegt. Die Behandlung der akut erkrankten Patienten umfasst zunächst die psychopharmakologische und verhaltenstherapeutische Behandlung. Ein weiterer Schwerpunkt besteht in der raschen 18 In Berlin heißt die Einrichtung vollständig: Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Freien Universität Berlin, Universitätsklinikum Benjamin Franklin. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 18 Sven Dirks 2002 Entaktualisierung („Entschärfung“) der Krisen im geschützten Rahmen durch Milieutherapie und supervidierte19 psychiatrische Pflege. - Station 2: Gerontopsychiatrie20 Station 2 ist eine geschlossene Station für die gerontopsychiatrische Akutversorgung. Aufgabe ist die diagnostische Abklärung und Therapie besonders von Altersdepressionen und Krisensituationen bei Demenz (Verwirrung, ängstlich-unruhige Stimmungslage, Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen der Grunderkrankung, Krisen durch die Begleitsymptomatik wie Aggression, Schlaf-Wach-Umkehr etc.) sowie Wahnerkrankungen und Halluzinosen im Alter. - Station 3: Affektive Erkrankungen Station 3 ist eine offene Station. Schwerpunktmäßig werden auf dieser Station Patienten mit affektiven Erkrankungen behandelt. Dazu gehören die Depressionen die bipolaren Erkrankungen. Die Behandlung umfasst psychopharmakologische, kognitivverhaltenstherapeutische, sozialtherapeutische, ergo- und bewegungstherapeutische Angebote. - Station 4: Schizophrene und wahnhafte Erkrankungen Station 4 ist eine offene Station. Schwerpunkt der Station ist die Behandlung von schizophrenen Erkrankungen und anderen psychotischen Störungen. Nach Möglichkeit wird die Familie in die Psychoedukation (s.u.) miteinbezogen, um die notwendige Krankheitseinsicht und Compliance21 des Patienten zu fördern. Das Behandlungskonzept umfasst neben der medikamentösen Therapie, die die Grundlage der Behandlung von Psychosen darstellt, auch verhaltenstherapeutische, sozialtherapeutische (Milieutherapie), bewegungstherapeutische und ergotherapeutische Elemente. Es erfolgt außerdem so früh wie jeweils möglich eine aktivierende und tagesstrukturierende Behandlung. Diese wird einerseits durch Gruppenaktivitäten in der Bewegungs- und Ergotherapie gefördert. Andererseits erarbeitet auch das co-therapeutisch tätige Pflegeteam in Bezugspflege individuelle Wochenpläne mit den Patienten und steht den Patienten bei deren Durchführung hilfreich zur Seite. Die oft reduzierte Konzentrationsfähigkeit der Patienten wird durch gezieltes Konzentrationstraining gefördert. Durch psychoedukative Gruppen und ein Selbstsicherheitstraining in der Gruppe wird das individuelle Krankheitsmanagement verbessert. - Station 5: Persönlichkeitsstörungen Station 5 ist eine offene Station. Schwerpunktmäßig werden auf dieser Station Patienten mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung, Borderline-Patienten sowie Patienten mit einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung behandelt. Die Behandlung basiert auf kognitiv-verhaltenstherapeutischen, psychopharmakologischen, sozialtherapeutischen und beschäftigungstherapeutischen Konzepten. Insbesondere für Patienten mit der Borderline-Diagnose besteht ein spezielles therapeutisches Konzept, das eng an das Dialektisch-Behaviorale-Konzept(DBT) von Linnehan angelehnt ist. Primäres Ziel der stationären Behandlung ist es, ein eigenständiges Leben im gewohnten sozialen Kontext zu ermöglichen. 19 Supervision ist zum einen die fachliche Aufsicht über Therapeuten und Pflegepersonal. Sie bietet dem Pflegepersonal und den Therapeuten zum anderen die Möglichkeit, das mit den Patienten Erlebte ihrerseits zu verarbeiten. 20 Alterspsychiatrie, nimmt sich der speziellen psychischen Probleme älterer Menschen an. 21 Compliance = Bereitschaft den Anweisungen des Arztes oder Therapeuten zu folgen, zum Beispiel bei der Einnahmen von Medikamenten Stationäre Psychiatrie Version 1.0 19 Sven Dirks 2002 Eine längerfristige ambulante Therapie kann ggf. verhindert werden, wenn Suizidgefährdung, selbstverletzendes Verhalten, wiederkehrende Krisen, Depressionen und Ängste adäquat behandelt werden. - Station 6: Angst- und Zwangerkrankungen Station 6 ist eine offene Station. Schwerpunktmäßig werden auf dieser Station Patienten mit Angst- und Zwangsstörungen sowie Somatisierungsstörungen behandelt. Auch Patienten mit zusätzlichen Begleitdiagnosen wie Depression oder Abhängigkeitserkrankungen können aufgenommen werden. Die Behandlung beruht auf einem kognitiv-verhaltenstherapeutischen, psychopharmakologischen und sozialtherapeutischen Gesamtbehandlungsplan, der ergotherapeutische und bewegungstherapeutische Konzepte mit einschließt. Das psychotherapeutische Angebot umfasst neben spezifischen psychoedukativen Gruppen mit vorausgehendem Entspannungstraining nach Jacobson - insbesondere für Patienten mit Angststörungen - regelmäßige Einzeltherapiesitzungen. - Station 18b: Intensiv- und Krisenintervention Die Station 18b ist eine offene Station mit 18 Behandlungsplätzen. Schwerpunkte sind: Krisenintervention Akutbehandlung von Jugendlichen und Erwachsenen in Krisensituationen. Zu den vorherrschenden Krankheitsbildern, die auf dieser Station behandelt werden, gehören Anpassungsstörungen, Suizidalität, Persönlichkeitsstörungen, affektive und psychotische Störungen. Behandlung von Patienten mit gleichzeitiger medizinischer und psychiatrischer Erkrankung. Es werden Patienten mit einer erheblichen medizinischen oder chirurgischen Erkrankung und gleichzeitiger psychiatrisch behandlungsbedürftiger Symptomatik behandelt. Hier besteht die Möglichkeit einer zusätzlichen Betreuung der Patienten durch mit behandelnde Ärzte anderer medizinischer Disziplinen. Die Aufnahme erfolgt in der Regel akut über die Erste Hilfe des Klinikums, die Krisendienste der Stadt oder über Voranmeldung durch niedergelassenen Psychiater / Nervenarzt. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) Für praktisch alle stationären Aufenthalte gilt22: Die in der Klinik angebotenen Behandlungen umfassen (zumindest in den größeren Einheiten) das gesamte Spektrum der als wirksam bekannten und wissenschaftlich geprüften Therapiemethoden. Hierzu gehört die Behandlung mit Medikamenten, Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Psychoedukation, Soziotherapie, Ergotherapie, Bewegungstherapie u.a. Ein großer Teil der psychischen Erkrankungen lässt sich heute nicht nur sehr erfolgreich therapieren, sondern auch vorbeugend behandeln. Welche Art der Therapie im Einzelfall notwendig ist, wird genau mit den Patienten besprochen. Die Stationsärzte sprechen die Behandlung regelmäßig mit dem zuständigen Oberarzt bzw. der Chefärztin ab. Es finden regelmäßig Visiten auf den Stationen statt. Diese dienen auch der gemeinsamen Abstimmung über die aktuelle Behandlung und das weitere Vorgehen zwischen Patienten, Ärzten und allen Mitarbeitern des therapeutischen Personals. Zum Behandlungsteam jeder Station gehören auch Sozialpädagogen. Sie stehen an der Schnittstelle zwischen Klinikaufenthalt und sozialem Umfeld und sind direkt am therapeutischen Prozess beteiligt. In ihren Aufgabenbereich fallen auch Information, Beratung und Hilfestellung 22 Aus den Informationen für Patienten zum Klinikaufenthalt an der FU Berlin und anderen Quellen Stationäre Psychiatrie Version 1.0 20 Sven Dirks 2002 • bei lebenspraktischen Problemen (Arbeitsplatz, Familie) • in Angelegenheiten der Sozialversicherungen • in Fragen der beruflichen, sozialen oder medizinischen Rehabilitation/ Wiedereingliederung • bei der Suche nach Arbeit, Wohnung oder einer geeigneten Einrichtung • Soziale Gruppenarbeit (auf einigen Stationen) Die Kliniken verfügen normalerweise über Ein-, Zwei-, Drei- und Vierbettzimmer. Zu jedem Zimmer gehört heutzutage fast immer ein eigenes Bad mit Waschbecken, Dusche und Toilette. Im Zimmer stehen zumeist ein Nachttisch und ein abschließbarer Schrank zur persönlichen Verfügung. Wenn die therapeutischen Aktivitäten wie z.B. Ergotherapie, Gruppenvisiten oder Gruppentherapie in den Aufenthaltsräumen stattfinden, müssen Patienten unter Umständen Einschränkungen in den möglichen Besuchs- und Aufenthaltszeiten hinnehmen. Alkohol- und Drogenkonsum jeglicher Art sind grundsätzlich in der Klinik nicht erlaubt, da in der Regel auch Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen behandelt werden, und sich diese Substanzen generell mit akuten psychischen Erkrankungen nicht vertragen. Rauchen ist nur in den dafür vorgesehenen Räumen gestattet. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) 4. Therapieformen Was ist überhaupt eine Psychotherapie? Dazu gibt es eine bis heute gültige Definition des Wiener Psychotherapeuten Hans Strotzka (1978). Psychotherapie ist • ein bewusster und geplanter interaktioneller (mit gegenseitiger Aktivität) Prozess • zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, • die im gegenseitigen Einverständnis (zwischen Patientin, Therapeutin und Bezugsgruppe) für behandlungsbedürftig gehalten werden • mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation) meist verbal aber auch averbal • in Richtung auf ein definiertes gemeinsames Ziel (Symptomminimierung und/oder Strukturänderung der Persönlichkeit) • mittels lehrbarer Techniken • auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens. Das heißt, dass Psychotherapie ohne ein Einverständnis des Patienten nicht stattfinden kann (und auch nicht funktionieren würde). Psychotherapie findet im Rahmen einer therapeutischen Beziehung zwischen Patient und Therapeutin statt mit dem Ziel, Krankheiten und Leiden zu beheben. Psychotherapie arbeitet mit psychologischen Mitteln in Form von Gesprächen und Verhaltensübungen. Vor allem im stationären Rahmen können auch andere, z.B. körperorientierte oder mit Gestaltung (z.B. Malen) arbeitende Therapieverfahren zusätzlich zum Einsatz kommen, wobei das dort Erlebte in der Regel ebenfalls besprochen wird. Die Schritte und Ziele der individuellen Behandlung werden in Absprache zwischen Patient und Psychotherapeut festgelegt. Psychotherapeuten haben eine entsprechende mehrjährige Aus- oder Weiterbildung in einem anerkannten Psychotherapieverfahren durchlaufen. Psychotherapeuten sind in der Regel Ärzte oder Psychologen. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 21 Sven Dirks 2002 Es gibt derzeit zwei Psychotherapieverfahren, deren Wirksamkeit für verschiedene Störungen durch Forschungsergebnisse belegt ist und deren Kosten bei gegebener Indikation (d.h. bei Vorliegen eines entsprechenden Leidens oder Störung) von den Krankenkassen übernommen werden: • die tiefenpsychologisch orientierten (analytischen) Verfahren der Psychoanalyse • und der Gesprächstherapie • die am Verhalten orientierte Verhaltenstherapie Alle Verfahren gibt es in den vielfältigsten Varianten. Sie können ambulant oder stationär durchgeführt werden. (Nähere Info siehe z.B.: www.psychiatrie-aktuell.de) a. Psychoanalyse Die Psychoanalyse beruht auf folgender Vorstellung: Wenn in der Entwicklung eines Kindes traumatische Erlebnisse stattgefunden haben, so werden diese aus dem Bewusstsein eliminiert (»Verdrängung«) und können willentlich nicht mehr aus dem »Unbewussten« abgerufen, also nicht erinnert werden. Dies ist ein normaler und lebensnotwendiger Schutzmechanismus. Wenn er aber bei gravierenden seelischen Verletzungen lang andauernd einsetzt, können diese Verletzungen nicht heilen, nicht verarbeitet werden. Sie behalten ihre dynamische Kraft und Wirksamkeit und können deshalb später in anderer Form wieder auftauchen – als Symptome seelischer Krankheiten. Die eigentliche Krankheitsursache, nämlich die ursprüngliche Verletzung, ist dabei nicht bewusst. Bewusst ist nur die Belastung durch das entstandene Symptom, beispielsweise eine Angstneurose. Erst durch eine tragende therapeutische Beziehung zwischen Patient und Therapeut entsteht die Chance, dass die früheren Erlebnisse des Patienten bewusst gemacht, in ihrer Bedeutung erkannt und so verarbeitet werden. Die Relevanz der frühen Traumata lässt mehr und mehr nach, die Symptome verlieren ihren ursprünglichen Sinn (den vermeintlichen Schutz vor diesen Traumata) und schwächen sich ab oder schwinden völlig. In dieser nicht zuletzt von dem Patienten gestalteten Atmosphäre werden auch jene zahlreichen inneren Vorgänge – die »Abwehrmechanismen« – deutlich, durch die der Patient sich während des Erwachsenenalters zu schützen versucht, um die als Kind erfahrenen Ängste nicht immer und immer wieder spüren zu müssen. So kann übermäßiger Eifer im Beruf eine Abwehr von subjektiv bedrohlichen Gefühlen darstellen. Eine neurotische Depression kann Ausdruck von massiven aggressiven Impulsen sein, die jedoch nicht herausgelassen werden, sondern die der Betroffene in Form einer lähmenden depressiven Stimmung gegen sich selbst richtet. Psychotische Symptome lassen sich vergleichbar deuten (was nicht heißt, dass das immer so sein muss): Eigene Aggressionen werden auf einen vermeintlichen Verfolger projiziert, Halluzinationen in Form von Stimmen können Ausdruck verborgener Gedanken und Befürchtungen des Patienten selbst sein, die dieser aber nicht direkt wahrzunehmen wagt. Auch die Antriebsarmut (so der Rückzug in das Bett) sieht nur äußerlich wie Faulheit aus, hat aber vielleicht einen ganz anderen Grund: Sie stellt den Versuch dar, einen Schutzraum (das Bett) aufzusuchen, um so die gewaltigen Ängste zu reduzieren. In der psychoanalytischen Theorie wird davon ausgegangen, dass Psychosen bei Menschen auftreten, die eine zu geringe eigene innere Strukturierung, Abgegrenztheit und Stabilität (des Ich) aufweisen. Entsprechend gestaltet der Therapeut den Rahmen der Therapie. Während sich der Analytiker in der Therapie der neurotischen Störungen passiv verhält, greift er bei der Therapie von Psychotikern aktiver ein und strukturiert die Sitzung, um den Pegel der Anspannung nicht zu groß werden zu lassen, vor allem auch dann, wenn der Patient selbst schweigt. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 22 Sven Dirks 2002 Die Psychotherapie findet in der Form von regelmäßigen Einzelsitzungen statt, bei denen die Patienten liegend oder dem Therapeuten gegenüber sitzend behandelt werden. Als grobe Richtschnur mag gelten, das Psychotherapien regelmäßig zweihundert Stunden und mehr in Anspruch nehmen können, unabhängig von der zu Grunde liegenden Erkrankung. Es gilt natürlich die ärztliche Pflicht zur Verschwiegenheit. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) b. Gesprächspsychotherapie Die Theorie der Gesprächs(psycho)therapie geht davon aus, dass seelische Störungen in erster Linie dadurch entstehen, dass bestimmte Gefühle nicht gefühlt werden dürfen und bestimmte Erfahrungen, die wiederum mit bestimmten Gefühlen verbunden sind, nicht oder nicht vollständig oder nur verzerrt gemacht werden dürfen. Den Grund dafür sieht die Theorie der Gesprächspsychotherapie darin, dass diese Gefühle und Erfahrungen von dem betroffenen Menschen als nicht zu sich, als nicht zu seinem Selbst passend bewertet und damit dem Bewusstsein fern gehalten werden. Dieser Vorgang der »Abwehr« bzw. Verfälschung bestimmter Gefühle und Erfahrungen ist in der Regel ein dem Menschen nicht bewusster Vorgang. Gespürt wird häufig nur eine unerklärliche Angst oder es stellen sich Symptome ein, z. B. eine Wahnvorstellung, deren Herkunft und Sinn dem Betroffenen verschlossen bleibt. Wie kommen nun Menschen zu einem Selbst, das bestimmte Erfahrungen nicht machen darf, z. B. festzustellen, bei einer Aufgabe versagt zu haben, und bestimmte Gefühle, vor allem »negative«, wie Wut auf einen anderen Menschen, nicht fühlen darf? Die Theorie sagt, dass Menschen nicht mit einem Bewusstsein von sich selbst, d. h. mit einem Selbst, geboren werden. Das Selbst eines Menschen entwickelt sich erst, und zwar im Kontakt mit anderen Menschen, vor allem natürlich in Interaktion mit den wichtigsten Bezugspersonen in der Kindheit, in der Regel also mit Mutter und Vater. Die Entwicklung des Selbst eines Menschen wird von einem (angeborenen) Bedürfnis beeinflusst, nämlich dem Bedürfnis nach positiver Aufmerksamkeit (»positive regard«). Dabei werden nur solche Erfahrungen und die mit ihnen verknüpften Gefühle Bestandteil des Selbst (= Selbstkonzept), die von den wichtigen Bezugspersonen als solche erkannt und emotional positiv aufgenommen werden. Ein Kind, dessen Mutter – aus welchen Gründen auch immer – es nicht aushält, wenn ihr Kind Wutanfälle bekommt, wird diese emotionale Erfahrung – »es macht mich wütend, wenn ...« – nicht in sein Selbst integrieren können. Ist das Kind später Patient, wird es z. B. dem Therapeuten erzählen, dass es Angst davor hat, Wut zu spüren, denn wütend sein sei gleichbedeutend mit böse sein. Stärke und Art seelischer Erkrankungen scheinen auch davon abzuhängen, wie »stabil« sich ein Selbstkonzept ausbilden konnte. Das Selbst von Menschen, die psychotisch erkranken, scheint sehr viel brüchiger zu sein als z. B. das von Menschen, die eine Essstörung entwickeln. Zu einer Psychose kommt es, wenn eine emotionale Erfahrung vom Selbst nicht integriert, aber auch nicht abgewehrt werden kann. Das Selbstkonzept bricht dann zusammen. Der akut psychotische Mensch ist dann – zumindest für Außenstehende – nicht mehr er selbst, sondern »verrückt«. Die Entstehung des Selbst und seiner Störung mit der Folge seelischer Erkrankung ist natürlich ein viel komplexerer Vorgang als hier angedeutet. Vielleicht reicht das Beschriebene aber aus, um daraus die wichtigste Aufgabe eines Gesprächspsychotherapeuten abzuleiten: Der therapeutische Prozess soll so gestaltet werden, dass bisher nicht oder nur unvollständig zugelassene emotionale Erfahrungen als Erfahrungen (an-)erkannt werden, die zum Selbst gehören. Der Weg dorthin führt über verschiedene Etappen. Anknüpfend an das o. g. Beispiel ist es häufig zunächst erforderlich, bewertende Erfahrungen zu hin- Stationäre Psychiatrie Version 1.0 23 Sven Dirks 2002 terfragen. Unser Patient müsste vermutlich zunächst erkennen, dass immer dann, wenn er sich »böse« fühlt, er eigentlich wütend ist. Die Gesprächstherapie findet normalerweise in der Form von regelmäßigen Einzelgesprächen statt. Auch hier gilt natürlich die ärztliche Verschwiegenheitspflicht. Die Dauer wird normalerweise mit etwa 50 – 200 Stunden angegeben. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) c. Verhaltenstherapie Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass jedes Verhalten nach gleichen Prinzipien erlernt, aufrecht erhalten und auch wieder verlernt werden kann. Dabei wird unter Verhalten nicht nur die äußerlich sichtbare Aktivität des Menschen verstanden, sondern auch die inneren Vorgänge wie Gefühle, Denken und körperliche Prozesse. Die Auseinandersetzung mit der Umwelt erfordert zahlreiche Lern- und Anpassungsleistungen. Wir fühlen uns wohl, wenn wir in der Lage sind, auf diese psychischen und physischen Anforderungen flexibel und unter angemessener Berücksichtigung unserer Bedürfnisse selbstverantwortlich zu reagieren. Reichen die eigenen Fähigkeiten nicht aus, um zentrale Bedürfnisse wie die nach sozialer Sicherheit, befriedigenden Beziehungen oder selbstbestimmter Lebensgestaltung zu erfüllen oder stehen äußere Umstände dem entgegen, wird das Wohlbefinden beeinträchtigt. Die Folgen können seelische und körperliche Erkrankungen sein. Bei schizophrenen Störungen wird davon ausgegangen, dass häufig die Fähigkeit zur Anpassung an die Umweltanforderungen – insbesondere die soziale – durch eine vererbte Verletzlichkeit (Vulnerabilität) herabgesetzt ist. Unter anderem kann sich dies auswirken auf eine reduzierte Verarbeitungskapazität, die die Aufmerksamkeit und Konzentration erschwert. Unangenehme Reize scheinen häufiger zur Überaktivität des autonomen Nervensystems zu führen. Dadurch kann in sozial schwierigen oder unübersichtlichen Situationen Stress hervorgerufen werden. Ein emotional belastendes Familienklima oder die soziale Umgebung, aber auch negative Lebensereignisse, können dann zur Überforderung und zur Schizophrenie führen (Vulnerabilitäts-Stress-Modell). Die Wirkung der Verhaltenstherapie besteht nun darin, in und außerhalb der Behandlung Lernprozesse in Gang zu setzen. Der Betroffene soll in die Lage versetzt werden, eigene – oft gewohnheitsmäßig ablaufende – Verhaltensmuster zu verändern, die bislang seinem Wohlbefinden im Wege stehen. So kann ein depressiv Erkrankter während der Therapie lernen, sich selbstsicherer zu verhalten und damit in der Begegnung mit anderen Menschen befriedigendere Erfahrungen zu machen. Häufig genug tragen auch früh erworbene Denkmuster, wie »ich kann nur zufrieden mit mir sein, wenn ich mindestens ebenso gut bin, wie alle anderen in meiner Umgebung« zu Störungen bei. Ein derart verzerrter Maßstab ist auf Dauer nicht durchzuhalten. Vielmehr führt er zu einer tief sitzenden Unzufriedenheit, Versagensängsten sowie anderen negativen (Selbst)Beurteilungen und kann längerfristig oder in besonderen Belastungssituationen zu einer seelischen Störung oder zu körperlichen Beschwerden beitragen. Hier gilt es, andere angemessenere und erreichbare Ziele zu entwickeln und sich nach realistischeren Maßstäben bewerten zu lernen. Wenn es möglich und notwendig ist, wird versucht, wichtige Bezugspersonen in die Therapie mit einzubeziehen oder Veränderungen in der Umgebung (Wohnung, Arbeit) zu fördern, die im Zusammenhang mit den Beeinträchtigungen stehen und zu einem gesünderen Leben beitragen können. Die Verhaltenstherapie kann als Gruppen- oder Einzeltherapie gestaltet sein. Die Patienten sitzen oder üben sich in Verhaltensmustern, häufig mit Hilfe von Rollenspielen. Dabei können weitere Hilfsmittel wie beispielsweise Igelball, Kissen oder Puppe eingesetzt werden, die jeweils Personen, Gefühle oder Handlungen repräsentieren können, oder als symbolischer „Knoten im Taschentuch“ dienen. Oft kommen praktische Übungen hinzu, in Stationäre Psychiatrie Version 1.0 24 Sven Dirks 2002 denen die Patienten das gelernte in der Praxis erproben (Beispiel: Klaustrophobiker gehen einkaufen). Die Dauer einer Verhaltenstherapie variiert, vielfach werden dreißig oder fünfzig Stunden als Richtwert angegeben. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) d. Psychoedukation (Information zur Erkrankung) Psychoedukation ist der Fachbegriff für die zielgerichtete Information des Betroffenen und seiner Angehörigen zur Erkrankung. Wissensvermittlung zur Erkrankung ist ein wichtiger Faktor, der das Wiedererkrankungsrisiko senkt bzw. die Schwere einer Wiedererkrankung deutlich abmildert. Wer über die Erkrankung informiert ist, fühlt sich weniger ausgeliefert und kann aktiv und gezielt Einfluss nehmen. Wichtige Informationen sind beispielsweise: • Erkrankungsbegriffe • Ursachen und Auslöser der Erkrankung • Symptome der Erkrankung • Stoffwechselvorgänge im Gehirn und deren Veränderung während der Erkrankung • Behandlung (Medikamentenwirkungen, Nebenwirkungen, weitere Behandlungsmöglichkeiten) • Frühwarnzeichen einer möglichen Wiedererkrankung • Verhaltensweisen bei Frühwarnzeichen • schützende Faktoren, die zu psychischer Stabilität beitragen Für die Information und Aufklärung gibt es mittlerweile eine Reihe von Programmen und Materialien. Es wird empfohlen, Psychoedukation in Gruppen durchzuführen. Gruppenprogramme bieten die Möglichkeit, dass Patienten und ggf. Angehörige sich untereinander über ihre Erkrankung, die damit verbundenen Erfahrungen und die persönlichen Bewältigungsmöglichkeiten austauschen. Die Teilnehmer erleben in diesen Gruppen u.a., dass ihre Erkrankung bzw. die Erkrankung ihres Angehörigen kein Einzelschicksal ist. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) e. Ergotherapie Die Ergotherapie setzt sich aus zwei Bereichen zusammen: Beschäftigungstherapie (BT) und Arbeitstherapie (AT). Die Beschäftigungstherapie soll psychisch Kranken die Möglichkeit eröffnen, ihr seelisches Befinden mittels kreativer und handwerklicher Techniken sowie lebenspraktischer Übungen (z. B. Kochgruppe, Hausbesuche) verbessern zu helfen. Bei diesem Vorgehen sollen vorhandene Kräfte erhalten, bzw. dem Abbau von Eigeninitiative entgegengewirkt werden. Im Vordergrund steht die Stärkung der gesunden Anteile. Die aktive Auseinandersetzung mit den angebotenen Techniken, Materialien und Medien (z. B. Arbeiten mit Ton, Holz, Metall, Peddigrohr, Textilien, bildnerischen Mitteln, Musik, Literatur) und die gefundenen Umsetzungsmöglichkeiten stärken das Selbstvertrauen und helfen, das alltägliche Leben zu bewältigen. Eigene Ideen können entwickelt und verwirklicht werden. Darüber hinaus ist die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeits- und Vorgehensweise dabei behilflich, zu einer realistischen Selbsteinschätzung der eigenen Möglichkeiten zu gelangen. Ausdruckszentrierte Gruppen (z. B. Lesekreis, Mal- und Musikgruppe) bieten die Möglichkeit, sich mitzuteilen und mit anderen in Kontakt zu treten. So können in der BT neben der Kommunikationsfähigkeit auch z. B. Konzentration, Gedächtnis, Ausdauer und Ausdrucksfähigkeit geübt werden. Die Beschäftigungstherapie appelliert daran, das Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Wenn in einer Psychose manches aus den Fugen geraten ist, kann das Erleben einer äußeren Struktur, z. B. durch eine konkrete Aufgabenstellung und das gemeinsame Planen und Stationäre Psychiatrie Version 1.0 25 Sven Dirks 2002 Durchführen von Handlungsabläufen, auch dazu beitragen, die innere Struktur wiederzufinden. Mit Patientinnen und Patienten, die noch sehr stark unter den krankheitsbedingten Symptomen leiden, vor allem bei psychotischen Erkrankungen, ist es in der Regel günstiger, nicht kreativ und ausdruckszentriert zu arbeiten. Hier besteht die Gefahr der Überforderung, besonders wenn emotionaler Stress nicht mehr ausgeglichen werden kann, bis hin zu einer psychotischen Dekompensation. Bei hoher Dosierung der Medikamente ist Vorsicht geboten, da die eventuell auftretenden Nebenwirkungen die Patienten so extrem beeinträchtigen können, dass diese sehr schnell an ihre momentanen Grenzen gelangen. Die sonst positive Wirkung der BT kann dann durch zu frühe und eigentlich ungerechtfertigte Frustrationen ins Gegenteil umschlagen. Ergotherapien gibt es, je nach Indikation und Gruppenfähigkeit des Patienten, als Einzel-, Kleingruppen- oder Gruppentherapie. f. Soziotherapie Die Soziotherapie dient der der Reintegration des Patienten in die Gesellschaft, insbesondere in Familie, ins Berufsleben oder andere gesellschaftliche Strukturen einschließlich der Sicherung der Versorgung des Patienten nach der Entlassung einer ambulanten (Tagesklinik) oder stationären Therapie (z. B. durch Alters- oder Pflegeheime). Dazu zählen insbesondere Maßnahmen, die die Lebensqualität des Patienten nach seiner Entlassung sichern oder verbessern, sofern diese Maßnahmen nicht durch medizinische, psychotherapeutische, logopädische, ergotherapeutische oder pflegerische Maßnahmen abgedeckt sind. Diese Maßnahmen umfassen u.a.: • Die Organisation der Weiterführung der psychologischen Betreuung • Alle Tätigkeiten der Sozialarbeiter/in • Kontaktaufnahmen und Vermittlung ambulanter Dienste, wie mobile Schwestern, Heimhilfe, Essen auf Rädern, psychosozialer Dienste usw. • Diätschule In Deutschland gibt es derzeit zwar Richtlinien, wie die Soziotherapie von den Leistungserbringern zu gestalten und vor allem wie sie von den Krankenkassen zu erstatten ist, letztere tun sich jedoch mit der Umsetzung dieser neuen Richtlinie angesichts der schwierigen Haushaltslage recht schwer. Die besten Chancen auf die Erstattung der Soziotherapie hat man derzeit noch bei den Betriebskrankenkassen, die ein besonderes Interesse an der beruflichen (Re-)Integration haben. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) g. Bewegungstherapie Grundsätzlich ist die Bewegungstherapie jede Form von medizinischer Anwendung gezielter körperlicher Bewegung zur Verbesserung des Gesundheitszustandes bzw. zur Behebung oder Linderung einer körperlichen oder seelischen Störung. Insbesondere im Zusammenhang mit depressiven Erkrankungen hat man in den letzten Jahren festgestellt, dass gezielter, regelmäßig durchgeführter Ausdauersport eine ganz erheblich positive Wirkung auf die Betroffenen hat. In der stationären Behandlung werden heute schon aus Gründen der Gesunderhaltung der Patienten in den meisten Fällen auch bewegungstherapeutische Elemente zu finden sein. Das Spektrum reicht dabei von Gymnastik und Tanztherapie über Bewegungsübungen an Geräten bis hin zu Bewegungsbädern und Schwimmen, einzeln oder in Gruppen. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 26 Sven Dirks 2002 h. Sonstige Therapie- und Behandlungsformen Es gibt noch eine Vielzahl von Therapieformen. Oft sind sie einfach eine praktische Anwendung oder ein erlebbarer Rahmen der oben genannten Therapieansätze. Darüber hinaus gibt es in vielen Kliniken eine Reihe von ergänzenden und stützenden Verfahren, wie zum Beispiel • Akupunktur • Hypnose • Yoga • Autogenes Training Neben der Behandlung der eigentlichen Krankheit wird in der Regel auch gezielt versucht, das körperliche Wohlbefinden zu steigern und Techniken zur Entspannung und Stressreduktion zu üben. Viele Kliniken haben besondere Behandlungsschwerpunkte und ein entsprechend angepasstes Therapie- und Rahmenprogramm. Hier alle Möglichkeiten aufzählen zu wollen würde den Rahmen dieses Textes sprengen. Die meisten Kliniken sind aber inzwischen mit einer Seite im Internet vertreten, auf der man sich unverbindlich und anonym informieren kann. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) 5. Aktuelle Therapiekonzepte Nach meiner Erfahrung sind die weitaus häufigsten psychischen Erkrankungen unter den Sadomasochisten die verschiedenen Formen von Depression, Borderline-Störung und der posttraumatische Belastungsstörung. Aus diesem Grunde, und weil gerade bei den letzten beiden in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in der Beschreibung und bei den Therapiekonzepten erzielt worden sind, will ich die aktuellen Therapiekonzepte für diese Erkrankungen hier kurz vorstellen. a. Borderline-Störung23 Die Borderline-Störung ist keinesfalls leicht und auch nicht innerhalb kurzer Zeit zu behandeln. Mitte der 90er entwickelte Marsha Linehan in den USA auf der Basis empirischer Methoden (Nachweis der Wirkung der einzelnen Therapieelemente durch klinische Studien mit einer größeren Zahl von Patienten) die dialektisch-behaviorale Therapie, die heute als Behandlungsstandard gelten kann, und gute Ergebnisse vorzuweisen hat. Voraussetzung Der wichtigste Therapieinhalt ist zunächst der Aufbau einer stabilen und stützenden Beziehung zwischen Therapeut und Patient. Außerdem muss durch geeignete Vereinbarungen die Kontinuität im Therapieverlauf sichergestellt werden. Viele Patienten „testen und überprüfen“, ob sie gehalten werden, bis an die Grenzen der Belastbarkeit aller Bezugspersonen. Generell sollten alle an der Therapie Beteiligten „an einem Strang ziehen“, da Borderliner oftmals hochgradig manipulative Persönlichkeiten sind, die versuchen das Team zu spalten. Einerseits wollen und brauchen Borderliner feste Regeln (da sie auf der Suche nach nicht erlebten Verbindlichkeiten sind) und andererseits versuchen sie diese permanent zu übertreten. Erfahrung, Einfühlungsvermögen und Durchhaltevermögen erscheinen als Grundvoraussetzung für die Arbeit mit Borderline-Patienten. Borderline-Patienten provozieren immer wieder das, was sie am meisten fürchten - einen Beziehungsabbruch, um die Verbindlichkeit des Therapeuten zu testen. 23 Der folgende Abschnitt ist eng an eine Studienarbeit von Katja Leonhardt aus dem Jahre 2001 angelehnt Stationäre Psychiatrie Version 1.0 27 Sven Dirks 2002 In der dialektisch-behavioralen Therapie wird in erster Linie an vielfältigen Problemlösungstechniken gearbeitet. Im Alltag von Borderline-Patienten gibt es immer eine Vielzahl von Problemen, an denen sie scheitern. Deshalb wird versucht, sinnvolle Tagesabläufe zu gestalten bzw. einfache tagesstrukturierte Abläufe zu erarbeiten, die der Therapeut dann „begleitet“. Therapeuten und Psychologen arbeiten an ganz konkreten Alltagssituationen. Es gilt, die speziellen Defizite des Patienten zu finden, um danach zu kristallisieren, welches Verhalten gelöscht und welches aufgebaut werden sollte. Man arbeitet schneller realitätsorientiert und bewegt sich nicht allzu lange auf der Problemebene der traumatischen Erfahrungen. Der Schwerpunkt liegt offensichtlich mehr darin, einen besseren Realitätskontakt des Denkens, Fühlens und Handelns zu erreichen und Fertigkeiten zu vermitteln, die zum Überleben und zur Bewältigung des Alltags notwendig sind. Die Akzeptanz schmerzlicher Gefühle und problematischer Umweltbedingungen steht dabei im Vordergrund. Die dialektisch-behaviorale Therapie basiert auf einem biosozialen Erklärungsmodell, das eine Wechselwirkung zwischen biologischer Disposition und Umwelt postuliert und das die Borderline-Störung als eine Störung der Gefühlsregulation begreift.24 Die dialektisch-behavioralen Therapie nach Linehan ist eine kombinierte Gruppen- und Einzeltherapie. Die Therapieziele sind in Reihenfolge ihrer Wichtigkeit: • Reduzierung von suizidalem und selbstverletzendem Verhalten • Reduzierung von therapiegefährdendem Verhalten (z.B. Stunden ausfallen lassen, Mitarbeit ablehnen, ... • Reduzierung von Verhaltensweisen, die eine Hospitalisierung begünstigen. • Reduzierung von Verhalten, das die Lebensqualität einschränkt z.B. schwerer Substanzmißbrauch, kriminelle Verhaltensweisen, ... • Erwerb von Vehaltenskompetenz z.B. Umgang mit Gefühlen, Selbstkontrolle, u.U. Bearbeitung von Traumata • Entlassungsvorbereitung Darüber hinaus soll die persönliche Überempfindlichkeit reduziert werden. Die Patienten sollen lernen, Verhaltensweisen abzubauen, die zu Krisensituationen führen. Die Fähigkeit zu realistischen Entscheidungsprozessen und zur angemessenen Lösung von Problemen des Alltags soll verbessert werden. Die gehemmte Trauer soll vermindert und Gefühle sollen generell besser wahrgenommen und artikuliert werden. Die Therapie ist klar strukturiert. Die Eckpfeiler des dialektisch-behavioralen Therapiekonzepts in der stationären Therapie (erstreckt sich in der Regel über mindestens 3 Monate) sind die: Vorbereitungsphase/Motivationsphase bis zum abschließendem Therapievertrag (beinhaltet auch einen Non-Suizidvertrag zumindest für die Therapiedauer) Erste Behandlungsphase (ca. 6 Wochen) mit einer genauen Analyse des Problemverhaltens und die Erstellung eines Therapieplanes (im Vordergrund stehen hierbei Umstände, die zu einer stationären Aufnahme führten) und Anleitung der Patienten zur Selbstbeobachtung und Protokollführung über ihr dysfunktionales Verhalten, im Mittelpunkt steht dabei das Erlernen funktionalerer Verhaltensweisen, Ziel ist die Etablierung eines individuellen „Notfallkoffers“ zur Spannungsregulation Zweite Behandlungsphase (ca. 4 Wochen) Weiterarbeit an den dysfunktionalen Verhaltensmustern, üben der erlernten Verhaltensweisen auf Station und im gewohnten Umfeld , langsamer Übergang in die ambulante Therapie. Die stationäre Behandlung steht manch24 In der Praxis werden Verfahren und Ideen u.a. aus dem Bereich der psychodynamischen Therapie, der biologischen Psychiatrie, der Zen-Philosophie, der deutschen Philosophie (Dialektik von Hegel) sowie körper- und bewegnungstherapeutische Methoden angewandt. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 28 Sven Dirks 2002 mal im Widerspruch zu einer geforderten Selbständigkeit, insbesondere bei Vorhandensein weiterer Erkrankungen. Obligatorisch vorgesehene therapeutische Gruppen sind während der dialektisch-behavioralen Therapie: • Basisgruppe und Bezugsgruppe • Fertigkeitengruppe bzw. Fertigkeitentraining in den Bereichen: „Stresstoleranz“, „bewusster Umgang mit Gefühlen“, „zwischenmenschliche Fertigkeiten“, „innere Achtsamkeit“ • Achtsamkeitsgruppe25 (Modul aus dem Fertigkeitentraining) • Kreative Gruppen bzw. 5-Sinne-Gruppe (Gestaltungstherapie, ...) • Körpertherapiegruppe • Kooperation mit dem Sozialdienst • Supervision des Personals Im Rahmen der Gruppentherapie trifft man sich regelmäßig in einer Basisgruppe, in der die Patienten über ihre Erkrankung und Behandlungstechniken informiert werden (Psychoedukation, siehe oben). Hier werden sie zu Experten ihrer Krankheit und es besteht die Möglichkeit, die Alltagssituation auf der Station zu besprechen, sowie gemeinsam nach Lösungen für auftretende Probleme zu suchen. In der Körpertherapie sollen die Patienten nach und nach ein Gefühl für ihren Körper entwickeln und lernen, diesen zu akzeptieren. So sollen beispielsweise an die Stelle von selbstverletzenden Verhaltensmustern Entspannungstechniken treten. Schwierigkeiten in der Therapie zu den Schwierigkeiten in der Therapie zählen u.a. das therapiegefährdende Verhalten, die Rückfallgefährdung, das ständige Ausweichen oder das Abbrechen der Therapie. Patienten provozieren häufig Abbrüche, nehmen sich zurück oder bleiben den Therapieveranstaltungen völlig fern, obwohl sie Probleme haben und unzufrieden sind. Die Motivation der Patienten ist stimmungsabhängig und stößt deshalb oft an Grenzen. Angehörigenarbeit Wenn die Angehörigen der Kranken als positive Bezugspersonen erlebt werden, dann ist Angehörigenarbeit ein wichtiger und notwendiger Teil der Therapie. Das soziale Umfeld sollte stabilisierend für den Patienten da sein. Da aber auch Unsicherheiten auf Seiten der Angehörigen bestehen, muss dafür gesorgt werden, dass die Beziehungen untereinander sachlicher und stabiler sind, und dass die Angehörigen mehr Wissen über die Krankheit vermittelt bekommen. Problematisch ist häufig, dass die Patienten ihre Angehörigen nicht (noch mehr) belasten wollen oder unter Umständen gar kein intaktes soziales Gefüge beziehungsweise stabile Bezugspersonen vorhanden sind, auf die die Patienten und Therapeuten zurückgreifen könnten. Oft sind Beziehungen zur Herkunfts- oder Ursprungsfamilie der Patienten sehr schwierig, da die Problematik häufig dort verankert ist. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) b. Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) Die heute gängige Behandlungsmethode für PTSD wurde Mitte der 90er von Reddemann und Sachsse in Bielefeld entwickelt. 25 Aus dem Zen-Buddhismus übernommene Technik zum Einüben der eigenen Wahrnehmung (Beispiel: Der Gruppe einen Apfel aus einem Korb voller Äpfel so beschreiben, dass die Gruppe den Apfel eindeutig identifizieren kann) Stationäre Psychiatrie Version 1.0 29 Sven Dirks 2002 Therapieziel ist, das ehemals überwältigende Traumaereignis zum integrierten Teil der persönlichen Geschichte zu machen und das Selbsterleben des traumatisierten Menschen von dem eines hilflosen Opfers hin zu einem handlungsfähigen Menschen zu wandeln. Weitere Ziele bestehen in einer Stabilisierung der geschädigten Ich- Funktionen und in einer Besserung der oft mit PTSD einhergehenden weiteren Störungen. Während der Therapie kann eine sozialarbeiterische Unterstützung oder die Durchführung von Paar- oder Familiengesprächen notwendig sein. Voraussetzungen für die Therapie Eine wesentliche Voraussetzung für die Therapie ist die Beendigung weiterer Traumatisierungen. Da durch die Therapie die bisherigen Bewältigungsmechanismen bearbeitet und “verlernt” werden, kann mit erneuten traumatischen Erfahrungen und Beziehungen nicht in alt bekannter Weise umgegangen werden. Es fehlen die alten Schutzmechanismen, während Neue, besser funktionierende erst während der Therapie erarbeitet werden müssen. Um sich auf die Therapie einzulassen ist es gut, sowohl in der Familie als auch am Wohn- und Arbeitsplatz stabile Verhältnisse zu haben. Laufende Prozesse, insbesondere Rentenverfahren, beeinflussen die Behandlung sehr ungünstig. Vorbereitungen für die Therapie In den meisten Fällen ist es sinnvoll, ein aufklärendes und vorbereitendes Gespräch vor der stationären Aufnahme in eine Klinik zu führen. In diesem Gespräch können sowohl Patienten wie Therapeuten sich einen Eindruck voneinander verschaffen und abklären, ob sie sich auf die oben geschilderte Therapie gemeinsam einlassen wollen. Falls sich eine Sucht oder ein Missbrauch von einem Suchtmittel entwickelt hat, sollte eine Abstinenz, ggf. eine stationäre Entgiftung vor der Aufnahme in die Traumastation erfolgt sein. Es sollte eine Bereitschaft bestehen, selbstschädigendes Verhalten zu unterlassen. Bezüglich Selbstverletzungen, Suchtmittelkonsum, Ess- und Gewichtsproblemen, Suizidalität und risikoreichem Verhalten sollten klare Absprachen getroffen werden. Die Behandlung gliedert sich in 3 Phasen: i. Stabilisierungsphase In dieser Phase, deren Länge je nach Schwere der Traumatisierung sehr unterschiedlich sein kann, ist es wichtig, eine gute, Sicherheit spendende, therapeutische Beziehung aufzubauen. Den Patienten wird dabei geholfen, innere, zwischenmenschliche und äußere Sicherheit wieder zu erlangen. Sie lernen, Kontrolle über die Symptomatik und das eigene Verhalten zu entwickeln. Besonders wichtig ist, den Patienten viel Informationen über die Ursache ihrer Störung, der folgenden Symptomatik und insbesondere auch der Normalität ihrer Reaktion zu geben. Mit Hilfe von Imaginationsübungen26 erlernen die Patienten, mit der überflutenden Symptomatik von Flashbacks, Alpträumen und deren körperlichen Begleitreaktionen umzugehen. Oft werde zusätzlich weitere Bewältigungs- und Stressreduktionstechniken wie z.B. QiGong oder autogenes Training eingeübt. In Einzelgesprächen können neben Diagnostik und Therapieplanung die gemachten Erfahrungen vertieft und besprochen werden. Falls eine Symptomatik mit selbstschädigendem Verhalten besteht (Selbstverletzung, Suchtmittelkonsum) wird alternatives Verhalten erarbeitet. Ggf. wird die Behandlung mit Medikamenten unterstützt, so z. B. bei starken Depressionen, Schlafstörungen oder Unruhezuständen. Manche Patientinnen fühlen sich nach dem erfolgreichen Durchlaufen dieser Phase stabilisiert genug, um in ihren Alltag zurückzukehren. Einige kommen später zu einer gezielten Traumabearbeitung zurück in die Klinik, bei anderen schließt sich diese Phase direkt an. 26 Vorstellungsübungen. Die Patienten konfrontieren sich im Geiste mit schwierigen Szenarien und üben daran den Umgang mit eben diesen Szenarien. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 30 Sven Dirks 2002 ii. Traumabearbeitungsphase Die Traumabearbeitung erfolgt durch ein strukturiertes, dosiertes und kontrolliertes Wiedererleben zentraler Aspekte des Traumas. Dadurch wird der Verarbeitungsprozess der traumatischen Erlebnisse weiter fortgesetzt, die Speicherung der Traumata im Gehirn verändert sich, durch Wiedererleben kommt es zur Integration dieser Erfahrungen in die Gesamtpersönlichkeit. Mann könnte auch sagen, dass eine eine Entgiftung mit nachfolgender veränderter gedanklicher und emotionaler Bewertung stattfindet. Diese führt zu einer Selbstwertstärkung. Im Laufe des therapeutischen Prozesses wandelt sich die Vorstellung, ein passives Opfer zu sein. Die Patienten fühlen sich als aktiv handelnde Überlebende. Es entwickelt sich wieder mehr Selbstvertrauen in die eigene Person und die eigenen Fähigkeiten. Je nach Intensität des traumatischen Erlebens bzw. der durch das Trauma ausgelösten Symptomatik können sich Stabilisierungs- und Traumabearbeitungsphasen auch abwechseln. iii. Integrationsphase In der 3. Therapiephase geht es um die weitere Verarbeitung im Sinne von Integration27 des Geschehenen. Häufig muss Trauerarbeit geleistet werden. Das Selbsterleben und Lebensgefühl hat sich verändert, so dass neue Bewältigungsstrategien entwickelt werden müssen. Wichtig ist, dass die Patientinnen sich wieder stark und im Besitz ihrer Kräfte fühlen, so dass sie angemessene Entscheidungen für ihr weiteres Leben fällen können. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) c. Depressionen und affektive Störungen (Im wesentlichen angelehnt an die Artikel aus dem „Kompetenznetz Depression“) Die Pharmakotherapie (medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva) gilt inzwischen als unverzichtbares und wirksames Heilverfahren. Daneben werden psychotherapeutische Verfahren, vorwiegend die kognitive Verhaltenstherapie eingesetzt. Wenn möglich, werden beide Therapieformen kombiniert. Gelegentlich kommt auch die Psychoanalyse anstelle der kognitiven Verhaltenstherapie zum Einsatz. Zusätzlich Verfahren wie zum Beispiel Lichttherapie oder Schlafentzug werden in der stationären Behandlung affektiver Störungen begleitend eingesetzt. i. Pharmakotherapie mit Antidepressiva Bei mittelschweren und schweren Depressionen ist eine Behandlung mit Antidepressiva dringend geboten. Diese Medikamente bewirken bei der Mehrheit der Patienten innerhalb von zwei bis sechs Wochen ein Abklingen der depressiven Symptome. (Anm: Johanniskrautpräparate wirken ähnlich aber sehr viel schwächer als die Präparate, die bei Depressionen verschrieben werden.) Wegen der hohen Gefahr eines Rückfalls muss die Behandlung für vier bis sechs Monate nach Abklingen der Symptome fortgeführt werden. Ggf. ist eine längerfristige rückfallverhütende Behandlung angebracht. Derartige Maßnahmen können bei vielen Patienten über Jahre hinweg das Wiederauftreten depressiver Episoden verhindern. Wie alle Medikamente haben auch Antidepressiva Nebenwirkungen. Meist jedoch stehen die Nebenwirkungen in keinem Verhältnis zum großen Vorteil der antidepressiven Wirkung. Der gewünschte Effekt stellt sich in der Regel erst nach einer zwei- bis sechswöchigen Behandlung ein. Eine Gefahr der Abhängigkeit besteht bei Antidepressiva nicht. 27 Integration bedeutet hier, dass das Erlebte als Teil der eigenen Entwicklung anerkannt und sozusagen in die eigene Person eingebaut wird (ohne es deswegen abzuwerten). Stationäre Psychiatrie Version 1.0 31 Sven Dirks 2002 Die Vorstellung, dass die Medikamente die Persönlichkeit verändern ist zwar weit verbreitet, in der Regel ist es aber die Depression, die die Persönlichkeit verändert, nicht die Medikation. ii. Kognitive Verhaltenstherapie Die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie für die Behandlung depressiver Störungen ist bisher am besten untersucht und am deutlichsten nachgewiesen. Da Denken und Handeln eines Menschen miteinander verknüpft sind, entspricht nach dem Behandlungskonzept bei depressiven Patienten ein negatives Denkmuster auf der kognitiven Ebene der Niedergeschlagenheit auf der Gefühlsebene und der Antriebsschwäche auf der Handlungsebene. Denken und Handeln sind bei der Depression oft so stark miteinander verwoben, dass sie sich gegenseitig verstärken und eine Besserung der Depression erschweren (Depressionsspirale). Ein typisches Merkmal der depressiven Erkrankung ist das subjektive Gefühl vieler Patienten, "in einem Teufelskreis gefangen" zu sein. Depressiv gestimmte Menschen wirken oft belastend auf ihre Umwelt oder glauben von sich selbst, eine Last für die anderen zu sein. Deshalb werden sie von anderen gemieden oder sie ziehen sich selbst zurück, um die anderen nicht "herunter zu ziehen". Dieser Rückzug führt zu einem Verlust an Aktivität. Das Fehlen von sozialen Kontakten, Anregungen und Impulsen von außen verstärkt dann zusätzlich die depressive Verstimmung. Die Folge ist ein noch weiter gehender Rückzug mit noch größerem Kontaktverlust, der in totaler Isolierung und Passivität enden kann. Die kognitive Verhaltenstherapie versucht, eingefahrene negative Denkmuster in fünf Schritten gemeinsam mit dem Patienten zu verändern. Manchmal erfolgt die Therapie in Gruppen, um durch gemeinsame Arbeitsschritte und -erfolge den Ansporn bei den Betroffenen zu erhöhen und den Teilnehmern zu zeigen, dass sie nicht allein mit ihren Beschwerden sind. Schritt 1 Patient und Therapeut definieren die Schlüsselprobleme, der Patient wird in seiner negativen Sichtweise akzeptiert. Einhergehend mit dem Aufbau der therapeutischen Beziehung wird zwischen Patient und Therapeut ein Arbeitsbündnis geschlossen. Schritt 2 Patient und Therapeut besprechen den Aufbau von angenehmen, positiven Aktivitäten und den Abbau von belastenden, negativen Aktivitäten. Gemeinsam entwickeln sie Ideen, wie dies im Alltag umzusetzen ist (z.B. häufige Pausen, Entspannungsübungen, kleine Belohnungen, Ablehnung von überfordernden Arbeitsgängen etc.). Schritt 3 Die Wiederaufnahme von Kontakten zu Freunden und Bekannten und das eigene Verhalten in alltäglichen Situationen stehen im Mittelpunkt dieser Phase. Die Gestaltung eines sozialen Netzwerks sowie der Aufbau von sozialen Fertigkeiten werden besprochen. In Rollenspielen übt der Patient mit spezifischen alltäglichen Problemen umzugehen (durchsetzen in Konfliktsituationen, diskutieren mit Arbeitskollegen), die eigenen Interessen wahrzunehmen und seine Kontaktfähigkeit wieder herzustellen bzw. aufzubauen. Sinn und Ziele des Rollenspiels werden mit dem Patienten besprochen und das Erlernte auf den Alltag übertragen. Der Patient erkennt seine eigenen Denkweisen als "hausgemachtes Problem", nicht als unumstößliche Realität. Er lernt den Automatismus eingefahrener negativer Denkmuster zu erkennen, zu überprüfen und gegebenenfalls durch alternative Sichtweisen zu ersetzen. So lassen sich etwa Grundannahmen wie "Alle sind gegen mich; keiner findet das, was ich mache, gut" auswechseln. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 32 Sven Dirks 2002 Der Patient lernt auch in schwierigeren Situationen die Kontrolle zu behalten und erlangt seine frühere soziale Kompetenz zurück. Schritt 4 Die "Erfolg-Vergnügen-Technik" als alternatives Denk- und Wahrnehmungsmodell wird vorgestellt. Hierzu planen Therapeut und Patient praktische Aktivitäten und deren Umsetzung (z.B. Wochenplanung mit abgestuften Aktivitäten). Ziel ist es, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen unangenehmen Pflichten und angenehmen Tätigkeiten im Tagesablauf herzustellen. Schritt 5 In dieser letzten Phase geht es vor allem um Erhaltung und Stabilisierung des Therapieerfolgs, den Umgang mit Rückschlägen sowie um vorbeugende Interventionen. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) Ein neuerer Ansatz, der bisher noch wenig Verbreitung in Deutschland gefunden hat, ist die Interpersonelle Therapie (IPT) Auch die Wirksamkeit der IPT bei depressiven Patienten ist belegt worden. Im Mittelpunkt der therapeutischen Gespräche stehen die Beziehungen des Patienten zu seinen Mitmenschen. Auch wenn Konflikte mit Partnern oder Angehörigen selten eine Depression auslösen, so werden umgekehrt die Beziehungen des Patienten meist durch die Krankheit stark belastet. Durch das Aufgreifen von Themen wie Trauer und Abschluss von Lebensabschnitten eignet sich die Interpersonelle Psychotherapie auch besonders gut für ältere Menschen. Basis der Interpersonellen Therapie bilden Untersuchungen, die gezeigt haben, dass Depressionen mit folgenden vier Bereichen in Verbindung stehen: • Verlust von geliebten Menschen und Trauer, • menschliche Konflikte, • Abschluss von Lebensabschnitten, • Kontaktschwierigkeiten. Aus diesen vier Bereichen werden meist zwei Themen ausgewählt, die für den jeweiligen Patienten am wichtigsten sind. Ist Trauer ein zentrales Thema, weil z.B. der Lebenspartner verstorben ist oder ein anderes unglückliches Ereignis eingetreten ist, wird der Ausdruck von Trauer gefördert, Interessen und neue Beziehungen werden aufgebaut. Stehen menschliche (interpersonelle) Konflikte im Mittelpunkt, sollen diese zunächst erkannt und mit dem Partner diskutiert werden. Bei einem problematischen Rollenwechsel, z.B. von der Berufstätigkeit in die Berentung, ist es von Bedeutung, den Verlust der alten Rolle anzunehmen und zu betrauern, die neue Rolle positiv zu sehen und das Selbstwertgefühl wiederherzustellen. Leidet ein Patient unter Kontaktproblemen, wird er beim Schließen von Freundschaften unterstützt. Der Therapeut ermuntert den Patienten stets zum Ausdruck seiner Gefühle und Gedanken. Neue oder schwierige Situationen werden immer wieder im Rollenspiel geübt. Unterstützende Therapieformen für Depressionen: iii. Elektrokrampftherapie Bei Patienten mit schweren Depressionen, bei denen zahlreiche medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungsversuche fehlgeschlagen sind, ist die Elektrokrampftherapie (EKT) das erfolgreichste Verfahren. Ein kurzer elektrischer Stromstoß löst eine künstlichen epileptischen Krampfanfall aus. Die Behandlung wird unter Kurznarkose durchgeStationäre Psychiatrie Version 1.0 33 Sven Dirks 2002 führt, so dass sie den Patienten in der Regel nicht belastet. Zudem werden muskelentspannende Medikamente gegeben, um stärkere Muskelkrämpfe während des epileptischen Anfalls zu vermeiden. Den eigentlichen elektrischen Stimulationsvorgang und den Krampfanfall, der 20 bis 30 Sekunden dauert, bemerkt der Patient nicht. Der Patient erhält, verteilt über etwa drei Wochen, neun bis zwölf Anwendungen. Bei der Mehrzahl der therapieresistenten Patienten kann die EKT depressive Phasen durchbrechen, die zum Teil schon seit Monaten oder Jahren andauern. Viele von ihnen erleben das Abklingen ihrer Depression nach der EKT wie das Erwachen aus einem langen Alptraum. Daran muss sich häufig eine Pharmakotherapie anschließen, um erneute Rückfälle in die Depression zu verhindern. Neue Techniken konnten die Nebenwirkungen und Risiken deutlich senken. Es bleibt das Narkoserisiko, die Gefahr von Blutdruckschwankungen und vorübergehenden Gedächtnisstörungen. Diese Risiken müssen jedoch vor dem Hintergrund der Lebensgefährdung und dem tiefen Leiden, das eine schwere therapieresistente Depression verursacht, gesehen werden. Die EKT steht in Deutschland in vielen Fachkliniken nicht zur Verfügung. Die Gründe hierfür liegen jedoch meist mehr in der Sorge wegen des schlechten Rufs der EKT in der Öffentlichkeit als in begründeten Zweifeln an der Wirksamkeit. iv. Schlafentzug 90% aller depressiven Patienten leiden unter Schlafstörungen. Vor allem in der zweiten Hälfte der Nacht und in den frühen Morgenstunden werden im Schlaf manche Botenstoffe im Gehirn vermehrt, andere vermindert ausgeschüttet. Das Gleichgewicht der Botenstoffe im Hirnstoffwechsel kommt durcheinander und dies kann unter Umständen depressiv machen. Deswegen empfehlen Ärzte häufig den Schlafentzug als Therapie. Der Patient bleibt dabei eine ganze Nacht oder die zweite Nachthälfte sowie den darauf folgenden Tag lang wach. Spielen und Spaziergänge erleichtern das Wachbleiben. So paradox es für den Patienten, der sich nach Schlaf sehnt, klingen mag: Nach einer durch wachten Nacht klingt die Depression häufig ab. Allerdings hält der positive Effekt nur ein bis zwei Tage an. Trotzdem schöpfen viele Patienten aus der Tatsache Hoffnung, dass die Depression offensichtlich durchbrochen werden kann, und führen, vor allem bei stationärer Behandlung, den Schlafentzug regelmäßig zwei- bis dreimal pro Woche durch. Durch sukzessive Verlagerung der Einschlafzeiten gelingt es bei einigen Patienten, den positiven Effekt des Schlafentzugs zu stabilisieren. v. Lichttherapie Die Therapie mit Licht wird vor allem bei der kleinen Gruppe der saisonal abhängigen Depressionen, den so genannten Winterdepressionen (siehe Depression und Wetter), als zusätzliches unterstützendes Therapieverfahren erfolgreich eingesetzt. Dabei setzt sich der Patient Licht von mindestens 2.500 Lux, besser 10.000 Lux aus, und zwar am besten vormittags für 30 bis 40 Minuten. Die Behandlung dauert mehrere Tage bis zu einer Woche. Der Patient muss immer wieder mit geschlossenen Augen in die Lichtquelle „sehen“, damit über Retina und Sehnerv die Ausschüttung von Serotonin und Melatonin ausgelöst wird. Auch die Lichttherapie muss man als unterstützendes Verfahren in Kombination mit Pharmako- und Psychotherapie sehen. vi. Ausdauersport Unter fachkundiger Anleitung ausgeführter Ausdauersport (z.B. Joggen, Schwimmen, Skilanglauf) kann wesentlich zur Stabilisierung der Patienten beitragen. Die Wirksamkeit sowohl während er Behandlung als auch bei der Rückfallvorsorge ist inzwischen erwiesen. Insbesondere während der stationären Behandlung werden heute regelmäßig Bewegungstherapie und Ausdauersport empfohlen. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) Stationäre Psychiatrie Version 1.0 34 Sven Dirks 2002 6. Tagesablauf in der Klinik Der Tagesablauf mag sich von Klinik zu Klinik in den einzelnen Zeitfenstern unterschieden, ist aber im wesentlichen praktisch überall in gleicher Weise strukturiert. a. Allgemeine Informationen Es gibt auf jeder Station ein spezifisches Tagesprogramm und einen Wochenplan, der dem Patienten zu Anfang der Behandlung ausgehändigt und erklärt wird. Er orientiert sich am Schwerpunkt der Station und umfasst neben dem Zeitpunkt der Visiten auch die Zeiten der Ergotherapie, der Bewegungstherapie, der Wochenausflüge der Visiten, der diagnostischen Untersuchungen wie Blutentnahmen, EEG- und EKG-Ableitungen, CCT und NMRUntersuchungen sowie der konsiliarische Untersuchungen (Untersuchungen von mit behandelnden Ärzten anderer Abteilungen). Jeder Patient ist gehalten, am Stationsprogramm teilzunehmen. Im Rahmen von psychoedukativen Gruppengesprächen können die Patienten und ihre Angehörigen Strategien zur Überwindung Ihrer Probleme und Ihrer Erkrankung erlernen. Bei bestimmten Erkrankungen gibt es darüber hinaus spezielle Therapiegruppen, die stationsübergreifend stattfinden wie z.B. die verhaltenstherapeutisch orientierten Angstgruppen, Selbstsicherheitstraining, soziales Kompetenztraining, Gruppen für depressive Patienten, Konzentrationstraining, Entspannungstraining und entsprechende Angehörigengruppen. Besuche können die Patienten oft erst nach dem täglichen Therapieprogramm empfangen. In den meisten Kliniken und Stationen werden externe Freizeitaktivitäten nach dem Abendessen gerne unterstützt. Was sollten Patienten von zu Hause für einen stationären Aufenthalt mitbringen? In der Klinik wird normale Alltagskleidung getragen. Eingepackt wird also Tageskleidung, für Ausflüge wetterfeste Straßenkleidung, für die Bewegungstherapie Sportbekleidung und Turnschuhe. Für den persönlichen Bedarf sind kleinere Geldbeträge und zum Telefonieren eine Telefonkarte sinnvoll. In vielen Kliniken gibt es inzwischen Kartensysteme zur Abrechnung aller privaten Leistungen, inklusive Telefon. Ansonsten benötigt man die üblichen notwendigen Utensilien zum Übernachten, wie Schlafanzüge oder Nachthemden, Morgenmantel, Hausschuhe und Toilettenartikel. Handtücher und Bettwäsche gibt es selbstverständlich in der Klinik. In vielen Kliniken können Patienten bei Bedarf Wäsche waschen oder diese zum Waschen geben. • Patienten können ansonsten vieles mitnehmen, was ihnen Freude bereitet, z.B. • Bücher und Zeitschriften • Handarbeiten und Spiele • Radio mit Kopfhörer (Walkman) Der eigene Fernsehapparat ist in der Klinik nicht erwünscht. Wertgegenstände, kostbarer Schmuck oder größere Geldbeträge bleiben am besten zu Hause. Besuche Außer auf den geschützten Stationen kann in aller Regel Besuch zu den in der Klinik üblichen Besuchszeiten empfangen werden. Ggf. gibt es im Rahmen der aktuellen Therapie Einschränkungen bei der Besuchsregelung, im Zweifelsfall sollte dies mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) Stationäre Psychiatrie Version 1.0 35 Sven Dirks 2002 b. Ausgang und Belastungserprobung Wenn Patienten außerhalb der Klinik Erledigungen zu machen haben und dies ihr gesundheitlicher Zustand erlaubt, dann haben sie dazu selbstverständlich die Möglichkeit. Dazu braucht man normalerweise eine sog. "Ausgangskarte", die beim Pflegepersonal erhältlich ist. Das ist aus versicherungsrechtlichen Gründen leider notwendig. Wer länger als zwei Wochen in der Klinik ist, wird eventuell zu einer sozialen Belastungserprobung über Nacht oder am Wochenende beurlaubt. Diese Belastungserprobung dient insbesondere auch der Umsetzung von stationär erlernten Strategien im häuslichen Alltag. Da durch Arzneimittel oder Krankheiten die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt werden kann, sollten Patienten während des stationären Aufenthaltes auf das Führen eines Kraftfahrzeugs verzichten. c. Lehre und Forschung Viele Kliniken sind Universitätskliniken, an der u.a. Medizinstudenten zu Ärzten ausgebildet werden. Dies geschieht im Rahmen von Vorlesungen und Unterricht in kleineren Gruppen. Dabei sollen die zukünftigen Ärzte auch die Möglichkeit haben, Krankheitsbilder aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Deshalb ist es erforderlich, dass die Patienten bereit sind, Studenten über ihren Erkrankungsverlauf zu berichten, worunter sie leiden und wie es ihnen bisher ergangen ist. Dies geschieht selbstverständlich nur mit deren Einwilligung. Eine Universitätsklinik hat auch die Aufgabe, die Wirksamkeit von Behandlungen durch Ursachen- und Therapieforschung zu verbessern. Dabei arbeitet die Klinik mit anderen Universitätskliniken aus dem In- und Ausland zusammen. Die Verbesserung von Behandlungsverfahren ist nicht möglich, ohne dass Patienten mitarbeiten. In allen Fällen, in denen Patienten um Mitarbeit gebeten werden, sind die Untersuchungspläne vorher in der Klinik ausführlich diskutiert worden und von der Direktorin der Klinik sowie der EthikKommission der Universität geprüft worden. Grundsätzlich gilt, dass wissenschaftliche Untersuchungen in Zusammenarbeit mit Patienten nur nach vorheriger Aufklärung und schriftlicher Einwilligung durch die Patienten durchgeführt werden. Sowohl die Verbesserung der medizinischen Therapie wie auch die gute Ausbildung zukünftiger Ärzte sind ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen. Die Weiterentwicklung der Behandlungsformen und Therapien ist nur deshalb möglich, weil sich viele Patienten zur Mithilfe bereit erklären. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) 7. Psychopharmaka Äußerst umstritten sind noch immer die Psychopharmaka, hier insbesondere die Neuroleptika, die jedoch als Bestandteil der psychiatrischen Therapie nicht wegzudenken sind. Die Behandlung psychischer Erkrankungen trifft oft auf das Problem, dass Patienten und Angehörige eine medikamentöse Therapie ablehnen. Ursachen dafür sind u.a. ein Informationsdefizit zu den Arten und Schweregraden psychischer Erkrankungen. Das Wissen zu solch ernsthaften Erkrankungen wie den schizophrenen ist äußerst begrenzt und eher durch Furcht als durch tatsächliche Kenntnisse geprägt. Ebenso spärlich wie in der Bevölkerung das Wissen zu den seelischen Erkrankungen ist, so gering ist die Kenntnis der Psychopharmaka. Die Berichterstattung über Psychopharmaka in den Medien erweckt zudem oft den Eindruck, es handele sich um unnötige Medikamente, diese seien schädlich, würden leichtfertig verschrieben und machten abhängig28. Letztendlich wird oft gefolgert, auf Medikamente könne bei der Behandlung einer psychischen Erkrankung verzichtet 28 Wobei anzumerken ist, dass Psychopharmaka sogar in der Behandlung von Suchterkrankungen eingesetzt werden. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 36 Sven Dirks 2002 werden, die Erkrankungen seien lediglich Befindlichkeitsstörungen, welche sich durch Willensanstrengung überwinden ließen. Weiterhin wird befürchtet, Psychopharmaka führten zum Verlust der Selbstkontrolle und raubten letztendlich die Persönlichkeit. Diese Angst ist insofern zu überdenken, da es gerade die akuten psychotischen Erkrankungen sind, die mit Verlust der Kontrolle über Denken und Handeln einhergehen. So erleben sich beispielsweise schizophre Erkrankte gerade in der akuten Phase oft als fremdbestimmt. Psychopharmaka dienen aber zu einem großen Teil dazu, dass die Kontrolle über das eigene Erleben und Handeln wiedergewonnen wird. Psychopharmaka können den Erkrankten wieder dazu befähigen, aus krankheitsbedingter sozialer Isolation zurückzukehren und an sozialer Gemeinschaft teilzuhaben. Oft wird auch bemängelt, Psychopharmaka beseitigten nur die Anzeichen einer Erkrankung, nicht aber ihre Ursache. Eine Therapie als rein symptomatisch zu bezeichnen, diskreditiert diese jedoch nicht. Zum einen wirkt die Therapie mit Psychopharmaka, als Beispiel sei hier der nachgewiesene Rückfallschutz durch Neuroleptika angeführt. Zum anderen ist symptomatische Therapie bei anderen Erkrankungen durchaus üblich in der Medizin. So wirkt die Insulintherapie bei einer Zuckerkrankheit rein symptomatisch, abgelehnt wird sie deshalb noch lange nicht. Gleiches gilt für Bluthochdruck, auch hier wird oft rein symptomatisch behandelt. Die Behandlung der Symptome durchbricht zunächst erst einmal den Teufelskreis der psychischen Erkrankung und macht dadurch andere Therapieformen oft erst möglich. Wesentlich für die mangelnde Akzeptanz von Psychopharmaka scheint zu sein, dass der Zusammenhang zwischen den molekular-biologischen Wirkmodellen der Psychopharmaka und den abstrakten allgemeinen Begriffen wie Selbstkontrolle, Persönlichkeit, Denken und Gefühl bisher kaum bekannt ist. Die biologisch-naturwissenschaftlich orientierte Psychiatrie verfügt noch nicht über Wissen und das sprachliche Instrumentarium, um in der Öffentlichkeit ihre Behandlungsansätze darzustellen und zu diskutieren. Es ist nicht zu erwarten, dass sich dies in Kürze wesentlich verändert. Umso mehr ist es notwendig, dass Betroffene und Angehörige über die Behandlung und die Erkrankung aufgeklärt werden und dass diese Informationsbereitschaft immer wieder signalisiert wird. Dabei ist eine reine, auf Rationalität begrenzte Aufklärung jedoch nicht ausreichend, mit beachtet werden müssen auch die persönlichen Ängste und Erfahrungen. Seit der Einführung der Neuroleptika Anfang der 50er Jahre hat sich die Aufenthaltsdauer von Erkrankten in psychiatrischen Kliniken deutlich verkürzt. Lag diese Aufenthaltsdauer vor Einführung der Neuroleptika bei durchschnittlich drei Jahren, so ist sie heute auf durchschnittlich drei Monate gesunken. Echte Alternativen zur Behandlung schizophrener Erkrankungen mit Neuroleptika gibt es derzeit nicht. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) a. Neuroleptika Neuroleptika29 dienen in erster Linie der Behandlung von schizophrenen Psychosen. Neuroleptika haben bei schizophrenen Erkrankungen folgende drei Hauptwirkungen: Sie 29 • lindern die akuten Symptome • wirken entspannend und schlafanstoßend (Ausreichender Schlaf wirkt positiv auf manische und aggressive Zustände) • bieten einen deutlichen Schutz vor einer Wiedererkrankung (Rezidiv). Aus diesem Grund wird nach einer akuten Erkrankung die weitere Medikamenteneinnahme dringend empfohlen (ohne weitere Medikamenteneinnahme kommt es bei bestimmten Erkrankungen zu 80% Rückfallrate innerhalb eines Jahres). Neuroleptikum heißt in etwa: das die Nerven Beruhigende Stationäre Psychiatrie Version 1.0 37 Sven Dirks 2002 Bei der medikamentösen Therapie wird zunehmend mehr Wert auf eine verbesserte Wirksamkeit und eine nebenwirkungsärmere30 Behandlung gelegt. Dazu wurden gerade in letzter Zeit eine Reihe neuer Medikamente entwickelt, die so genannten atypischen Neuroleptika. Diese sind leider noch erheblich teurer als die bisher verwendeten Präparate. Daher werden vielerorts die neueren Präparate nur zögerlich verschrieben. Als Patient sollte man sich nicht scheuen hier auf sein Recht zu pochen und die Verschreibung nebenwirkungs-armer Mittel verlangen. Besonderheiten der Neuroleptikaeinnahme Die wenigsten Präparate zeigen eine sofortige Wirkung auf die Symptome. Der Wirkungseintritt eines Neuroleptikums bedarf eines über Tage bis Wochen behutsam aufgebauten Medikamentenspiegels. Um das Erleben der bis zum allmählichen Wirkungseintritt noch vorhandenen Symptome zu lindern, wird die Neuroleptikagabe häufig mit einem rasch wirksamen entspannenden und angstlösenden Medikament (Benzodiazepin) kombiniert. Die Benzodiazepingabe wird im Behandlungsverlauf wieder ausgeschlichen (langsam bis auf Null reduziert), da Benzodiazepine abhängig machen. Benzodiazepine sind hier jedoch die einzigen Medikamente mit einem Abhängigkeitspotential, die Neuroleptika selbst machen nicht abhängig. Mit dem Absetzen des Medikamentes lässt die Wirkung nicht sofort nach. Dies liegt daran, dass der aufgebaute Wirkspiegel noch über längere Zeit verfügbar ist (Tage bis Wochen). Manche Patienten werden dadurch leider darin bestärkt, das Medikament vorzeitig selbstständig abzusetzen. Für das Erreichen eines optimalen Wirkspiegels gibt es für Neuroleptika Erfahrungswerte, jedoch keine ganz genauen Dosisangaben. Man kann also nicht sagen: "Bei einer Dosis von 4 Milligramm ist die optimale Wirkung des Medikamentes gegeben." Die optimale Medikamentenmenge ist von Person zu Person verschieden. Bei manchen Erkrankten lassen sich schon mit einer sehr geringen Medikamentendosis die Symptome lindern, andere wiederum benötigen ein Vielfaches desselben Präparates um symptomfrei zu sein und haben dennoch keine oder nur geringe Nebenwirkungen. Eine andere Besonderheit der Neuroleptika ist, dass nicht jeder Erkrankte auf jedes Präparat anspricht. Bei ca. 7 von 10 Erkrankten wirkt das verordnete Neuroleptikum ausreichend, bei den 3 verbleibenden muss auf ein anderes Medikament umgestellt werden. Die Notwendigkeit einer neuroleptischen Umstellung ergibt sich auch dann, wenn nicht zu tolerierende Nebenwirkungen auftreten. Die Einstellung auf ein Neuroleptikum ist somit ein über mehrere Wochen dauernder, aufwendiger Prozess. Dies verlangt von den Betroffenen und den Angehörigen viel Geduld und Ausdauer. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) b. Antidepressiva Medikamente, die stimmungsaufhellend und angstlösend wirken, werden als Antidepressiva bezeichnet. Sie sind weniger umstritten als die Neuroleptika. Die medikamentöse Therapie mit Antidepressiva ist in Kombination mit psychotherapeutischen Verfahren ein sehr wirksames und das bis jetzt am besten belegte Therapieverfahren. Je nach Wirkstoff haben Antidepressiva neben ihrer stimmungsaufhellenden Wirkung noch einen angstlösenden, beruhigenden, antriebssteigernden oder antriebsdämpfenden Effekt. Antidepressiva machen nicht abhängig. 30 Einige der Nebenwirkungen besonders der herkömmlichen Präparate sind: Zungenschlundkrämpfe, Blickkrämpfe, krampfartige Spannung der Kaumuskulatur, erhöhte Spannung der Halsmuskulatur (Schiefhals), Zittern der Extremitäten, erhöhte Muskelspannung (Rigor) und Bewegungsarmut (Akinese), Gelegentlich auch eine quälende Unruhe der Beine, vorwiegend im Sitzen (Akathisie). Außerdem kommt es gelegentlich zu Blutdruckabfall, Herzrasen, Mundtrockenheit, Harnverhaltung, Verstopfung, Schweißausbrüchen, Hitzewallungen sowie zu einer mehr oder weniger starken Müdigkeit Stationäre Psychiatrie Version 1.0 38 Sven Dirks 2002 Bis sich eine stimmungsaufhellende Wirkung zeigt, können drei bis vier Wochen vergehen. Steigt der Antrieb bevor die stimmungshebende Wirkung eintritt, ist die Gefahr eines Selbstmordes wesentlich erhöht. Der Patient bringt dann unter Umständen die Energie für einen Selbstmordversuch auf, die ihm zuvor wegen seines mangelnden Antriebes fehlte. Antidepressiva müssen bis mindestens sechs Monate nach Abklingen der depressiven Phase eingenommen werden, da es sonst zu einem Rückfall kommen kann. Die Nebenwirkungen von Antidepressiva setzen im Gegensatz zur Wirkung meistens sofort ein. Um die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, ist es deshalb wichtig, dass Antidepressiva zu Beginn einschleichend (langsam ansteigend) dosiert werden müssen. Häufige Nebenwirkungen von Antidepressiva sind: • Anfangs oft Schwindel und Benommenheit • Beschleunigung der Herzfrequenz • Kreislaufstörungen mit Blutdruckabfall • Verstärkung einer vorhandenen Herzschwäche • Mundtrockenheit sowie trockene Schleimhäute • Magen-Darm-Beschwerden, z.B. Verstopfung, Übelkeit • Störungen der Sexualfunktion • Vermehrter Appetit und Gewichtszunahme • Kopfschmerzen • Müdigkeit. Generell gilt auch hier, dass ältere Präparate mit mehr Nebenwirkungen erheblich preiswerter sind und deshalb immer noch häufig verordnet werden. Es werden zur Zeit drei verschieden Klassen von Antidepressiva eingesetzt: Trizyklische Antidepressiva Trizyklische Antidepressiva erhöhen die Konzentration der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im Gehirn. Diese Antidepressiva sind am längsten auf dem Markt und zählen zu den Antidepressiva der ersten Generation. Sie wirken stimmungsaufhellend und beruhigend. Trizyklische Antidepressiva sind diejenigen mit den stärksten Nebenwirkungen. Viele Patienten sind insbesondere in den ersten Tagen wie benommen. Diese Nebenwirkungen können besonders am Anfang der Therapie auftreten, weshalb eine langsame Steigerung der Dosis notwendig ist. Da die einzelnen Substanzen unterschiedliche Nebenwirkungen haben, kann es helfen, bei starken Nebenwirkungen auf ein anderes Präparat zu wechseln. MAO-Hemmer Die neueren MAO-Hemmer (kurz für Monoaminoxidase-Hemmer) hemmen den Abbau der Überträgerstoffe Noradrenalin, Dopamin, Serotonin und erhöhen dadurch deren Konzentration im Gehirn. Diese Wirkstoffe werden insbesondere bei Versagen einer Therapie mit trizyklischen Antidepressiva eingesetzt. Empfohlen werden sie auch bei untypischen Depressionen, die mit ausgeprägten Angstsymptomen, mit Schlafsucht und Gewichtszunahme einhergehen. MAO-Hemmer wirken nicht beruhigend, sondern können v.a. zu Beginn der Therapie Unruhe und Schlafstörungen verursachen. Der Wirkstoff Moclobemid wird heute wegen seiner geringeren Nebenwirkungen bevorzugt. Aber dessen Einnahme kann nach Genuss tyraminhaltiger Nahrungsmittel (z.B. reifer Käse, reife Bananen, Rotwein, luftgetrocknete Wurst oder Innereien) zu stark erhöhtem Blutdruck und Herzrhythmusstörungen führen. Als weitere Nebenwirkungen sind Schlafstörungen, Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen zu nennen. Bei Leber- und Nierenschäden dürfen MAO-Hemmer nicht eingenommen werden. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 39 Sven Dirks 2002 Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (kurz SSRI) gehören zu den neueren Antidepressiva. Außer zur Behandlung von Depressionen werden sie zur Behandlung von Zwangsstörungen eingesetzt. Diese Medikamente erhöhen die Konzentration von Serotonin im Gehirn. Die meisten Wirkstoffe wie Paroxetin wirken antriebssteigernd, während andere Wirkstoffe den Antrieb dämpfen und schlaffördernd sind. Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer sind ungefähr genauso wirksam wie die trizyklischen Antidepressiva, aber besser verträglich. Deshalb werden sie mittlerweile vermehrt eingesetzt, insbesondere auch bei älteren Patienten. Die Nebenwirkungen der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer sind v.a. Verstopfung, Übelkeit, Kopfschmerzen, Unruhe und Schlafstörungen. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version c. Lithium Die medikamentöse Therapie manischer (akute Manie, Hypomanie) und bipolarer Erkrankungen wird heute überwiegend mit Lithium durchgeführt. Um eine gute Wirkung zu erreichen, müssen relativ hohe Spiegel des Medikamentes erreicht werden. Daher sind häufige Spiegelkontrollen (Blutentnahme) notwendig. So werden Überdosierung oder Vergiftungen vermieden. Da Lithium erst nach ca. einer Woche seine Wirkung zeigt, werden Manien im akuten Stadium zunächst noch mit weiteren Medikamenten, zum Beispiel Neuroleptika oder Benzodiazepinen behandelt. Hier muss die Dosierung vorsichtig erfolgen, um unerwünschte Wirkungen zu vermeiden, die von manischen Patienten als besonders unangenehm empfunden werden. Alternativ oder in Kombination mit Lithium werden auch Antiepileptika wie Carbamazepin oder Valproinsäure eingesetzt. Je nach Verträglichkeit und Therapieerfolg können diese beiden Substanzen auch gut mit der Gabe von Neuroleptika kombiniert werden. Seine besonderen Stärken hat Lithium in der Rückfallverhütung. Hier werden Lithium und ggf. weitere Medikamente in Dauergabe eingesetzt. Neuere Untersuchungen zeigen außerdem, dass Lithium eine sehr deutliche Verringerung der Suizidgefahr bewirkt. Nebenwirkungen durch Lithiumsalze Diese sind bei guter Einstellung glücklicherweise selten. Meist werden die ersten Anzeichen rechtzeitig registriert und gezielt abgefangen. Mit folgenden unerwünschten Begleiterscheinungen ist ggf. zu rechnen: • Zittern, meist ein feinschlägiges, gelegentlich auch grobschlägiges Händezittern, vor allem zu Beginn einer gezielten Bewegung. • Schilddrüse: Die Schilddrüsenfunktion kann durch Lithium gehemmt werden. Die Folge ist ein Kropf. Deshalb selber regelmäßig Halsumfang messen und dem Arzt berichten. • Durst und häufiges Wasserlassen: Während einer Lithiumbehandlung kann die Fähigkeit der Nieren beeinträchtigt sein, den Harn zu konzentrieren. Die Folge ist eine bis dahin ungewöhnliche Harnmenge von 2 bis 8 oder mehr Litern pro Tag, vor allem zu Beginn einer Lithiumbehandlung. • Hautveränderungen: Gelegentlich Juckreiz, Pusteln, Pickel, Hautausschlag usw., und zwar mit und ohne Jucken, Schuppung oder Austrocknung der Haut. Auch ein vorübergehender Haarausfall ist möglich. • Magen-Darm-Störungen: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, später gelegentlich weicher Stuhl, manchmal Durchfall. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 40 Sven Dirks 2002 • Ödeme: Schwellungen durch Ansammlung wässriger Flüssigkeit in den Gewebsspalten von Haut und Schleimhäuten, besonders an Füßen und Händen, an Bauchdecke und manchmal Gesicht. • Gewichtszunahme (häufiger Grund für einen Abbruch der Therapie) • Blutbildveränderungen • Verminderung von sexuellem Verlangen und Potenz (gelegentlich auch Steigerung der Libido) • vermehrter Speichelfluss • Kopfschmerzen und Nackendruck • Steifigkeit • Schwindelerscheinungen • metallischer Geschmack im Mund • Krampfanfälle Ein besonderes Kapitel sind die gelegentlich berichteten seelischen und psychosozialen Nebenwirkungen wie die Beeinträchtigung von Vitalität, Dynamik, Entschlusskraft, körperlicher Frische, Produktivität, Ideenfluss, Phantasie, geistiger Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit, "innerer Freiheit" usw. Alles scheint "leicht gedämpft". Die unerwünschten Nebenwirkungen von Lithium lassen sich durch eine Dosisanpassung meist gut beheben, viele verschwinden nach einigen Wochen von selbst. Leider besteht ein nur schmaler Grat zwischen wirksamer Dosis und Nebenwirkungen bzw. Überdosierung und Vergiftung. Warnsymptome bei Überdosierung sind: Müdigkeit, Verlangsamung, Trägheit, Schläfrigkeit, Konzentrationsschwäche, ggf. Benommenheit oder leichte Verwirrtheit. Ferner zunehmender Durst, vermehrtes Wasserlassen, ggf. Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, dünner Stuhl, Durchfall und Magenschmerzen. Dazu Muskelschwere, Muskelschwäche ("schwere Glieder"), Muskelzuckungen, unsicherer Gang, verstärktes Händezittern. Zuletzt verwaschene Sprache, heftiger Schwindel, Lichtüberempfindlichkeit, Zittern des Unterkiefers. Bei einer Lithiumvergiftung sind alle obigen Symptome nochmals verstärkt. Ggf. treten Krampfanfälle oder gar ein Delirium auf. Überdosierungserscheinungen müssen sofort einem Arzt gemeldet werden. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) d. Benzodiazepine Benzodiazepine gehören zu den in Deutschland am häufigsten eingesetzten Beruhigungsmitteln. Sie dürfen nur nach ärztlicher Verordnung und nur kurzfristig eingenommen werden Benzodiazepine wirken an spezifischen Eiweißstrukturen von Nervenzellen (Benzodiazepinrezeptoren). Sie beeinflussen bestimmte Transmittersysteme, wodurch die Erregbarkeit von Nervenzellen gemindert wird. Deshalb wirken Benzodiazepine angstlösend, beruhigend, Aggressivität hemmend und schlaffördernd. Aufgrund ihrer angstlösenden und beruhigenden Wirkung werden sie zur Behandlung von Angst, z.B. bei psychotischen Spannungszuständen oder Depressionen, eingesetzt, hier vor allem Lorazepam, Bromazepam und Diazepam (Valium®). Außerdem werden Benzodiazepine bei Schlafstörungen verwendet (z.B. Nitrazepam). Ihr Einsatz ist jedoch nur sinnvoll, wenn die Ursache der Schlafstörung nicht durch andere Maßnahmen wie Änderung des Lebensrhythmus und Stressbewältigung behoben werden kann. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 41 Sven Dirks 2002 Die Wirkung der Benzodiazepine tritt relativ schnell ein, im Durchschnitt nach 30 Minuten, aber die Wirkdauer ist bei den einzelnen Wirkstoffen sehr unterschiedlich. Benzodiazepine sind in der Regel gut verträglich. Die häufigsten Nebenwirkungen sind: • Psychische und physische Abhängigkeit • Müdigkeit • Mattigkeit • Schwindel • Benommenheit • Einschränkung des Reaktionsvermögens • Gangunsicherheiten • Appetitzunahme • sexuelle Funktionsstörungen • Menstruationsstörungen. • Bei Langzeiteinnahme Gleichgültigkeit und Antriebsverlust. Diese Nebenwirkungen werden insbesondere durch den gleichzeitigen Genuss von Alkohol verstärkt und können auch am Tag nach einer Einnahme auftreten. Werden Benzodiazepine während der Schwangerschaft eingenommen, kann dies beim Embryo zu Missbildungen führen. Nach der Geburt leidet das Neugeborene eventuell unter einem Entzugssyndrom mit Zittern, erhöhter Muskelspannung, Durchfall und Erbrechen. Bei Langzeiteinnahme von Benzodiazepinen besteht ein hohes Abhängigkeitsrisiko. Deshalb sollten sie nicht länger als vier Wochen eingenommen werden. Bei plötzlichem Absetzen kommt es nach einigen Tagen zu Entzugssymptomen wie Schlaflosigkeit, Unruhe, Zittern, Angstzuständen und Alpträumen, in schweren Fällen zu zerebralen Krampfanfällen (epileptischen Anfällen) und psychotischen Bildern. Um Entzugssymptome zu vermeiden, sollte die Dosis beim Absetzen über mindestens vier Wochen schrittweise reduziert werden. Gegenanzeigen der Benzodiazepine sind akute Alkohol-, Rauschgift- oder Arzneimittelvergiftungen. Suchtgefährdete Patienten dürfen ebenfalls keine Benzodiazepine erhalten. Benzodiazepine werden in der Regel nicht eingesetzt bei psychischen Problemen, die durch Belastungen im Alltag, bei Problemen mit der Familie oder dem Beruf hervorgerufen wurden. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) 8. Behandlungsvereinbarung, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht a. Behandlungsvereinbarung Die Behandlungsvereinbarung (BV) als Instrument entstand zunächst Mitte der 90er Jahre im Umfeld der Bielefelder Klinik Gilead IV (Bielefeld Bethel) und der in Bielefeld ansässigen Selbsthilfegruppe Psychiatrie-Erfahrener. Ziel der BV ist die Vertrauensbildung zwischen Personal und Betroffenen in den symptomfreien (oder -armen) Zeiten, indem die Maßnahmen für den Akutfall vorher vereinbart werden. Die BV ist auch bei den Betroffenen nicht völlig unumstritten, die radikaleren Patientenvereinigungen lehnen das Instrument mit der Begründung ab, dass damit vorab unzulässige, unerwünschte oder zu weit gehende Zwangsmaßnahmen abgesegnet werden, und den Patienten das Selbstbestimmungsrecht in den Akutphasen entzogen würde. . Stationäre Psychiatrie Version 1.0 42 Sven Dirks 2002 Die Handhabung der Behandlungsvereinbarung am Beispiel des Klinikums Hannover, stellvertretend für viele andere Kliniken, die mit diesem Instrument in ähnlicher Weise arbeiten: Seit längerer Zeit besteht in der Klinik die Möglichkeit, dass Patienten eine sog. "Behandlungsvereinbarung" (BV) zur Sicherstellung einer individuellen und adäquaten Hilfe in künftigen Krisensituationen treffen. Dabei handelt es sich um ein - in Zusammenarbeit mit dem Verein Psychiatrie-Erfahrener Hannover e.V. entwickeltes - Schriftstück, in dem einvernehmlich niedergelegt wird, welche Behandlungsmaßnahmen seitens der Klinik im Falle einer erneut notwendig werdenden Klinikeinweisung vom Patienten erwartet bzw. gewünscht werden, zum anderen auch, welche Interventionen von den behandelnden Ärzten bzw. vom Pflegepersonal nach Möglichkeit vermieden werden sollten. Außerdem kann in der Vereinbarung festgelegt werden, dass umgehend eine hierin aufgeführte bevollmächtigte Vertrauensperson zu benachrichtigen bzw. hinzuzuziehen ist. Auch können Wünsche bezüglich des Therapieplans oder des Umgangs mit speziellen Verhaltensweisen, einer bevorzugten Station oder eines Bezugstherapeuten geäußert werden. Besonders wichtig sind Ausführungen zur medikamentösen Behandlung (ge- bzw. unerwünschte Präparate, Applikationsformen, Nebenwirkungen etc.) und zum Einsatz von Zwangsmaßnahmen, aber auch Angaben darüber, welche Maßnahmen und Hilfen bezüglich der Regelung sozialer, finanzieller und anderer Belange ggf. erfolgen sollten. Falls Veränderungen erforderlich sind, können diese nach Absprache in die Vereinbarung aufgenommen werden. Die Einigung über die Inhalte der BV erfolgt grundsätzlich nach der Entlassung in Gesprächen zwischen Vertretern der Klinik und dem Patienten, nachdem dieser sich in ausreichendem zeitlichen Abstand mit seiner Situation, insbesondere auch der Möglichkeit einer erneut auftretenden Krise, auseinander gesetzt hat. Ausführlich wird in dem "Vereinbarungsgespräch" erörtert, welche Gesichtspunkte unter Berücksichtigung bisheriger Klinikerfahrungen unbedingt bei künftigen Behandlungen beachtet werden sollen. Solche Gespräche sind auch deshalb ausgesprochen bedeutsam, weil hier die Chance besteht, eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Behandlungsgeschehen sowie der Erkrankung zu fördern. Hinterlegt wird die Vereinbarung so, dass sie auch in Notfallsituationen sofort zur Verfügung steht. Eine schriftliche Fixierung von früher lediglich mündlich getroffenen Absprachen dient der gegenseitigen Vertrauensbildung, weil definitiv geäußerte Wünsche des Patienten nicht nur auf dem Papier anerkannt werden, sondern die Behandelnden sich auch bemühen, dem per BV erklärten Patientenwillen bei Wiedererkrankungsfällen zu entsprechen. Einschränkend ist allerdings zu konstatieren, dass Vereinbarungen über das gewünschte Vorgehen bei akuten Krisen weder die ärztliche Verantwortung bei mitunter lebenswichtigen Entscheidungen noch gesetzliche Unterbringungsbestimmungen außer Kraft setzen können. Aus diesem Grunde kommt den getroffenen Absprachen auch nicht der Status eines einklagbaren Vertrages zu. Immerhin verpflichtet sich die Klinik mit ihrer Unterschrift jedoch, für die Einhaltung der Absprachen - gerade auch im Notfall - Sorge zu tragen und über notwendigerweise eingetretene Abweichungen später Auskunft zu erteilen. Vor der Einleitung einer per BV nicht gewünschten Maßnahme wird grundsätzlich die Zustimmung des diensthabenden Oberarztes eingeholt. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) b. Patientenverfügung Die Patientenverfügung ist in erster Linie ein Dokument, in welchem der Patient festlegt, ob und wenn ja welche lebensverlängernden Maßnahmen im Falle einer schweren Erkrankung oder eines Unfalls ergriffen werden sollen. Die rechtliche Wirksamkeit solcher Verfügungen ist nach wie vor auch juristisch umstritten, schon alleine deshalb, weil nicht immer eindeutig klar ist, ab wann lebenserhaltene Maßnahmen „nur“ noch lebensverlängernde Maßnahmen ohne Aussicht auf HeiStationäre Psychiatrie Version 1.0 43 Sven Dirks 2002 lung/Besserung sind. Auch ist der Begriff Lebensqualität in diesem Zusammenhang nicht immer eindeutig bestimmbar. Viele Betroffene versuchen, mit Hilfe einer Patientenverfügung die Gabe von Psychopharmaka, die häufig als persönlichkeitsverändernd empfunden werden, zu unterbinden. In akuten Fällen, oder dort wo Eigen- und/oder Fremdgefährdung gegeben sind, wird in der Regel der ärztlichen Entscheidung sowohl in der Praxis als auch von der Justiz der Vorrang vor der Patientenverfügung eingeräumt. c. Vorsorgevollmacht / Betreuungsverfügung Seit 1.1.99 gibt es im Betreuungsrecht die Möglichkeit, mit Hilfe einer Vorsorgevollmacht einer Betreuung zuvor zu kommen. Eine geschäftsfähige Person kann für den Fall, dass sie aufgrund einer Erkrankung oder Altersschwäche entscheidungsunfähig wird, eine Person ihres Vertrauens damit beauftragen, bestimmte Angelegenheiten zu regeln. Eine Betreuung wird damit unter bestimmten Umständen entbehrlich. Wird dennoch eine Betreuung gerichtlich angeordnet, so können Patienten im Rahmen einer Betreuungsverfügung bestimmen, wer ihr Betreuer sein soll. Die ARD brachte am 30.01.2000 einen kritischen Beitrag zum Thema zwangsweise Unterbringung und Vorsorgevollmacht: Mehr als 120.000 Mal jährlich werden in Deutschland Menschen untergebracht, denen ärztlich eine psychische Krankheit attestiert wird. Allein in NRW stieg die Zahl der Unterbringungsverfahren innerhalb von zehn Jahren um das Dreifache an. Warum ist das Risiko eines Bayern siebenmal höher als das eines Thüringers, irgendwann in der Psychiatrie zu landen? Gibt es in Bayern wirklich so viel mehr gefährliche Geisteskranke, vor denen die Gesellschaft geschützt werden muss? Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Unterbringung sind überall in Deutschland vergleichbar. Fachleute gehen davon aus, dass immer mehr Menschen in die Psychiatrie gebracht werden, die einfach nur ein bisschen merkwürdig, ein bisschen anders sind. Längst nicht immer treffen die rechtlichen Voraussetzungen zu, sich selbst oder andere lebensgefährlich bedroht zu haben. Denn § 1906, Abs. 1 BGB regelt klar, wer untergebracht werden darf: nur derjenige, der sich selbst oder andere lebensbedrohlich gefährdet - so ist es im Betreuungsrecht geregelt. Wenn ein Mensch unter Betreuung steht, wendet sich der Betreuer an das Vormundschaftsgericht, das eine persönliche Anhörung des Betreuten und ein psychiatrisches Gutachten als Grundlage für eine Entscheidung braucht. Unter den selben Voraussetzungen können dann weitere freiheitsentziehende Maßnahmen durchgesetzt werden. Dazu gehören: Fixierung des Patienten, z.B. ans Bett, und Einsperren in Isolierzellen. Die ARD rät, einen Menschen des Vertrauens mit der Wahrung der Rechte zu betrauen. Mit einer Vorsorgevollmacht verhindern Patienten, dass ein Vormundschaftsgericht einen wildfremden Menschen als Betreuer bestellt. Neben dem Bundesgesetz regeln verschiedene Landesgesetze, die so genannten "PsychKG 's31", die Zwangseinweisung von Menschen in die Psychiatrie. Auch dabei ist die Grundvoraussetzung: Dritte halten sie für psychisch krank oder selbst- oder fremdgefährlich. Falls der einweisende Arzt Ihre Unterbringung gegen Ihren Willen für notwendig erachtet, ist das allein nicht ausreichend. Eine persönliche Anhörung durch den Vormundschaftsrichter und die Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens sind weitere Voraussetzungen für eine Zwangseinweisung, die in der Regel zunächst für sechs Wochen Gültigkeit hat. Daher ist es wichtig, innerhalb der ersten zwei Wochen beim Vormundschaftsgericht Beschwerde einzulegen. Falls der Patient selbst nicht dazu in der Lage ist, kann diese Beschwerde auch vom Betreuer oder vom Ehepartner oder anderen nahe stehenden Verwandten vorgebracht werden. Bei einer Unterbringung im Rahmen des PsychKG müssen freiheitsentziehende Maßnahmen nicht noch einmal durch ein Gericht genehmigt werden. 31 In jedem Bundesland gibt es ein solches Gesetz, das die Unterbringung von psychisch Kranken ermöglicht, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, weil sie andere oder sich selbst in erheblichem Maße gefährden. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 44 Sven Dirks 2002 ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) 9. Nachbehandlung Eine Betroffene: "Eine weitere Schwierigkeit nach der Entlassung war die Tatsache, dass ich keinerlei therapeutische Weiterbegleitung hatte, die meiner Meinung nach im Anschluss an einen stationären Aufenthalt unabdingbar ist, wenn es »draußen« noch kein stabiles soziales Netz gibt. Ein Hinweis auf eine geeignete Anlaufstelle, die sofort erreichbar gewesen wäre, wäre wohl das mindeste, was damals hätte passieren müssen. Ich bin sicher, dass mir dadurch einiges erspart geblieben wäre. (Brigitte Booke)" In fast allen Kliniken wird heute ein mehr oder weniger umfangreiches Nachsorgeprogramm angeboten, oft in Zusammenarbeit mit freien bzw. externen Therapeuten, die die Behandlung ggf. fortsetzen oder begleiten. Art und Umfang der Nachsorge wird zum einen von der Diagnose und dem Therapieerfolg, ganz wesentlich aber auch von der jeweiligen Gemeinde bzw. dem Landkreis, dem Bundesland, der Verfügbarkeit der vorhandenen Einrichtungen und von der Zugehörigkeit zur jeweiligen Krankenkasse bestimmt. Grundsätzlich gilt: Die Qualität einer gemeindepsychiatrischen Versorgungsstruktur zeichnet sich in erster Linie durch das Angebot für schwer- und mehrfach behinderte psychisch Kranke, chronisch Abhängige sowie altersbedingt psychiatrisch erkrankte Menschen aus. Es gelten die von der WHO, der Psychiatrie-Enquete (1975) und der Expertenkommission der Bundesregierung (1988) aufgestellten Grundsätze. Diese besagen, dass seelisch kranke Menschen den körperlich Kranken gleichgestellt sein müssen und dass die Versorgung bedarfsgerecht und gemeindenah sein muss. Dem Sozialpsychiatrischen Dienst kommt dabei eine besondere Funktion zu. Er zeigt Betroffenen und Angehörigen Wege auf, das psychiatrische Betreuungs- und Behandlungsangebot in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus gibt er Impulse, das bestehende System ambulanter und komplementärer Hilfen zu vervollständigen. Nach einer Stellungnahme Aktion Psychisch Kranker von 2001 gibt es bei der außerklinischen Versorgung in Deutschland noch gravierende Defizite. In den meisten Ländern sind verschiedene Träger und Stellen für die Bemessung und Erbringung von Leistungen zuständig, was zu einer teilweise sehr unbefriedigenden Fragmentierung der Versorgung führt. a. Sozialpsychiatrischer Dienst Ziele und Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes ist die Betreuung und Begleitung von chronisch psychisch Kranken und deren Angehörigen, im Rahmen der Vorsorge, Nachsorge und Krisenintervention, in Ergänzung zur ärztlich-psychiatrischen Behandlung. Der Sozialpsychiatrische Dienst leistet keine Suchtberatung und keine Pflegeleistungen für Pflegebedürftige. Konkret sehen die Hilfeleistungen in den meisten Gemeinden etwa wie folgt aus:: i. Vorsorge • Verminderung von stationären Aufenthalten durch rechtzeitige Kontaktaufnahme und Betreuung gefährdeter Menschen. • Einleitung frühzeitiger Behandlungsmaßnahmen. • Beratung und Aufklärung sowohl der Betroffenen und deren Angehörigen, als auch der Personen im sozialen und beruflichen Umfeld der Gefährdeten. Stationäre Psychiatrie Version 1.0 45 Sven Dirks 2002 • Allgemeine Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung zum Verständnis für psychisch Kranke. ii. Nachsorge • Kontaktaufnahme vor Entlassung aus stationärer Behandlung Unterstützung bei familiärer sozialer und beruflicher Reintegration (z.B. Unterstützung bei Behördengängen, Vermittlung in Clubs, Einleitung tagesstrukturierender Maßnahmen). • Sicherung einer notwendigen fachärztlichen psychiatrischen Weiterbehandlung iii. Krisenintervention • Hilfe bei akuten Krisen (vorrangig bei bereits betreuten Personen) in Zusammenarbeit mit den psychiatrischen Fachärzten/Hausärzten. iv. Institutsbezogene und koordinative Aufgaben • Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Allgemein- und Nervenfachärzten, Kliniken sowie den Gesundheitsbehörden und sonstigen Einrichtungen. • Unterstützende Mitarbeit in Clubs und Selbsthilfegruppen, Aufbau und fachliche Begleitung von Tagesstätten, Angehörigen- und Laienhelfergruppen. • Koordination der psychosozialen Arbeitsgemeinschaft und bereits bestehender Angebote und Einrichtungen im Einzugsgebiet. b. Nachsorgemöglichkeiten Je nach Schwere der Erkrankung und Stadium der Behandlung kommen unter anderem folgende Nachsorgemöglichkeiten in Betracht: i. Tagesklinik Eine voll ausgestattete Klinik mit den üblicherweise angewandten Therapiemethoden, oft mit weiteren, speziellen Angeboten, je nach Zielgruppe. Üblicherweise begeben sich die Patienten tagsüber in die Tagesklinik und nehmen an den dort angebotenen therapeutischen Maßnahmen teil, treffen sich in Gruppen oder verbringen einfach ihre Freizeit in einem geschützten Umfeld. Einige Tageskliniken bieten Hilfen zu Wiedereingliederung in das normale Berufsleben an. Eine Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) übernimmt die ambulante Nachsorge chronisch psychisch kranker Menschen. Die Möglichkeiten der PIA sind vor allem auf diese Patienten ausgerichtet, um beispielsweise mit Gruppen- und Beschäftigungstherapien sowie der Betreuung an geschützten Arbeitsplätzen die Wiedereingliederung in das soziale Leben zu fördern. ii. Betreute Wohngemeinschaft / Betreutes Wohnen In verschiedenen Organisationsformen bekommen Patienten hier die Möglichkeit, den als belastend empfundenen Alltag betreut zu üben. Die Anwesenheit kompetenter Ansprechpartner(innen) alleine genügt häufig, um Krisensituationen zu entschärfen und den Betroffenen ein adäquat selbst bestimmtes Leben zu ermöglichen. Ziel dieser Form der Nachsorge ist immer die soziale Stabilisierung und die Hilfe zur Selbstständigkeit. iii. Psychiatrische Ambulanz Diese sind häufig in oder in der Nähe psychiatrischer Kliniken zu finden. Sie bieten je nach Zielgruppe verschiedene ambulante therapeutische Behandlungsmöglichkeiten. Häufig ist die Möglichkeit der Krisenintervention und Akutversorgung bei Eigen- und Fremdgefährdung möglich. Psychiatrische Ambulanzen dienen im wesentlichen der vor- und nachstationären Mitbehandlung. Eine langfristige ausschließliche Behandlung ist, ähnlich wie in der Unfallambulanz, nicht möglich. Es gibt eine Reihe von Spezial- Stationäre Psychiatrie Version 1.0 46 Sven Dirks 2002 ambulanzen, beispielsweise für die (forensische32) Kriminaltherapie oder die Gerontopsychiatrie33. iv. Lokale Betreuung Betreuung durch niedergelassene Psychiater, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter etc. Einer stationären Behandlung wird in den allermeisten Fällen eine langfristige Psychotherapie oder Kombinationstherapie voran- und nachgehen. Zusätzlich wird ggf. eine Soziotherapie stattfinden. v. Psychiatrische Notfallambulanz An allen Landeskrankenhäusern mit psychhiatrischer Klinik und an vielen anderen Einrichtungen gibt es psychiatrische Notfallambulanzen mit Telefon- und Arztbereitschaften für die Krisenintervention. Diese arbeiten entweder konsiliarisch (sie helfen anderen Bereichen der Klinik in Notfällen) oder direkt für Betroffene oder deren Angehörige in Notfällen. Dort wo die verschiedenen (Hilfs-)Einrichtungen schon gut vernetzt sind, gibt es häufig einen oder mehrere gemeinsam betriebene Notfallpunkte, die unter einer einheitlichen kostenlosen Rufnummer rund um die Uhr zu erreichen sind. In Bonn ist diese Einrichtung beispielsweise überall unter dem Namen „Nacht und Not“ bekannt. Notfallambulanzen in den größeren Städten verfügen über besonders geschultes Personal für den Umgang mit psychischen Krisen im Zusammenhang mit Drogengebrauch. c. Betreuung und Beratung der Angehörigen von psychisch Kranken Die Angehörigen psychisch Kranker sind oft erheblichen Belastungen ausgesetzt und spielen häufig eine wesentliche Rolle in der nachstationären Betreuung. Neben der ärztlichen Beratung in der Klinik gibt es verschiedene Angebote für Angehörige, unter anderem von • Krankenkassen • Selbsthilfeorganisationen und -gruppen • Betroffenen- und Angehörigenverbänden • Kliniken und (Pflege-)Einrichtungen • Hilfsorganisationen und kirchlichen Trägern (Diakonie, Johanniter etc.) In NRW sind beispielsweise fast alle Selbsthilfeeinrichtungen und -gruppen Mitglied bei SEKIS, der Selbsthilfe Kontakt- und Informationsstelle des Landes. Diese unterhält in jeder größeren Gemeinde eine Kontaktstelle. Eine Einrichtung gleichen Namens und gleicher Funktion gibt es in Berlin. ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) 10. Linkliste Viele gute Links findet man auch auf www.psychiatrie-aktuell.de a. Fachinformationen www.psychiatrie.de www.psychiatrie-aktuell.de www.kompetenznetz-depression.de www.medizinfo.com 32 gerichtlich, das Gericht betreffend, der Entscheidung von Rechtsfällen dienend, kriminalistisch, der Aufklärung von Rechtsfällen dienend, gelegentlich auch im Sinne von „nachwirkend“ gebraucht. 33 Alterspsychiatrie Stationäre Psychiatrie Version 1.0 47 Sven Dirks 2002 www.neuro24.de • Ausgezeichnete Seite mit ausführlichem Glossar (medizinischem Wörterbuch) und vielen Informationen rund um psychische Erkrankungen yavivo.lifeline.de • Umfangreiches Gesundheitsportal mit ausführlichen Fachinformationen • Fehlerhaft programmiert, im Zweifel Suchfunktion benutzen b. Betroffene, Selbsthilfe mayday.bdsm.de • Adressen von „kink aware professionals“ (Therapeuten, Ärzte, Anwälte,die mit SM keine Probleme haben) • Notfalltelefon für Opfer sexueller Gewalt (speziell im SM Kontext) www.selbsthilfe-forum.de www.selbsthilfenetz.de • Adressen von Selbsthilfegruppen in NRW www.sekis-berlin.de • Adressen von Selbsthilfegruppen in Berlin www.nakos.de • Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen • Adressen von bundesweit tätigen Selbsthilfe-Vereinigungen und relevanten Institutionen www.freundeskreise-sucht.de www.kuckuck.solution.de • Links zu auserwählten Themen (Depressionen, Schizophrenie, Missbrauch u.a.) • Angabe von hilfreichen Adressen und lesenswerter Literatur • Viele Erfahrungsberichte • zu angekündigten Zeiten können im Chat unterschiedlichen Themen diskutiert werden c. Organisationen www.aanb.de • Arbeitsgemeinschaft Angehöriger Psychisch Kranker e.V. • Hilfestellung zur Selbsthilfe, Telefonbereitschaft durch erfahrene Angehörige • Links und Adressen von Landesverbänden etc. www.bapk.de • Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker • Texte von Psychiatrie-Erfahrenen und Angehörigen • Informationen zu Diagnose und Therapie www.dgbs.de • Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (manisch-depressive Erkrankungen) Stationäre Psychiatrie Version 1.0 48 Sven Dirks 2002 • Literaturtipps und Auszüge aus Fachbüchern • nützliche Adressen und Links • Online-Quiz zum Thema bipolare Störungen • Job-Börse www.dhs.de • Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e.V. • Vermittlung von Basiswissen ("Was ist Sucht?", "Was macht süchtig?" u.a.) inkl. konkreter Zahlen • Zeitungsartikel online www.gfts.de • Gesellschaft zur Förderung empirisch begründeter Therapieansätze bei schizophrenen Menschen • Herausgeber der Zeitschrift "Schizophrenie" • Weiterbildungsangebote www.guttempler.de • Website der Guttempler, der Abstinenzorganisation der Welt (IOGT) • Links zu anderen Selbsthilfe- und Abstinenzverbänden • Hinweise auf die Gefahren der Sucht www.kreuzbund.de • Katholische Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige • Möglichkeit zu einem Selbsttest • Links zu Diözesan-/Landesverbänden, Kreuzbund-Gruppen und Kooperationspartnern www.leinreiter.de • Förderverein für seelische Gesundheit e.V. • regionale, soziale und psychiatrische Links und Links von Vereinen mit ähnlichen Zielsetzungen www.skfm.de • Diözesanverein des Sozialdienstes Katholischer Frauen und Männer (SKFM) • Aufklärung über die Grundlagen der Betreuung, zudem die Gesetzestexte aus dem BGB zum Thema rechtliche Betreuung • Links zum Thema Betreuungsvereine, Betreuungs- und Sozialrecht www.zi-mannheim.de • Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim • Angaben zu Publikationen verschiedener medizinischer Gebiete www.zwaenge.de • Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V. (DGZ) • ausführliche Beschreibung der Krankheit, unterteilt in verschiedene Arten von Zwängen • Diskussionsforum für Betroffene Stationäre Psychiatrie Version 1.0 49 Sven Dirks 2002 • für Experten werden Aufsatzsammlungen, Fragebögen und eine virtuelle Bibliothek zur Verfügung gestellt d. Sonstige www.antipsychiatrie.berlinet.de (Verlag) • Publikationen und Organisationen, die an den Interessen Psychiatriebetroffener und kritischer Angehöriger & Profis orientiert sind >> Ende << ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) Verwendete Quellen u.a.: • www.fu-berlin.de • medweb.uni-muenster.de • www.psychiatrie.de • www.psychiatrie-aktuell.de • www.klinikum-hannover.de • www.uni-duesseldorf.de • www.hessenweb-kreation.de/medwort/index-lexmed.htm • www.smart-rhein-ruhr.de (zitiert seinerseits www.datenschlag.org ) • www.netdoktor.de • www.kompetenznetz-depression.de • yavivo.lifeline.de (Klahre/Deister) • Psychosoziale Umschau • Deutscher Psychiatrie Verlag • ARD • DSM IV • Stadt Offenbach • Katja Leonhardt (Studienarbeit über Bordeline, 2001) • Flatten G., Hofmann, A., Liebermann, P., Wöller, W., Siol, T., Petzold, E.R.: Posttraumatische Belastungsstörung Leitlinie und Quellentext. Schattauer-Verlag, Stuttgart, New York 2001 • Arbeitsgruppe Leitlinien zur Psychotherapie der Depressionen: (Federführung: Prof. Dr. med. H. Schauenburg, Göttingen ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) Stationäre Psychiatrie Version 1.0 50 Sven Dirks 2002 Änderungen: Datum 07.12.02 06.12.02 06.02.03 Änderung Abschnitt Affektive Störungen und moderne Therapiekonzepte erheblich erweitert (Depressionen), Sprungziele und -links eingefügt Layout geglättet und Formatierung vorgenommen, Fehler beseitigt, interne Links eingefügt Gründliche Überarbeitung des gesamten Textes, Erweiterung des Abschnitts über Psychopharmaka, Änderung des Layouts im Sinne einer einfacheren HTML-Konvertierung ▲ Zum Inhaltsverzeichnis (nur HTML- und XML-Version) Stationäre Psychiatrie Version 1.0 51 Sven Dirks 2002