- Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen eV

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Abstracts der DGZ Tagung
„Zwangs- und Zwangsspektrumsstörungen Herausforderung für
Wissenschaft und Praxis“
HINWEIS: Die Abstracts sind für alle Typen von Beiträgen (Vorträge, Poster,
Workshops, etc.) gemeinsam im folgenden Text für Sie zusammengestellt. Sie sind
alphabetisch geordnet nach dem Nachnamen des Erstautors.
Boekhoff, Inga
Workshop: „Der Weg in die Therapie“
In diesem Workshop soll Betroffenen die Gelegenheit gegeben werden, sich zu informieren
und auszutauschen über:
Therapiemöglichkeiten
Kriterien für die Therapeutenwahl
Organisatorische Schritte zur Aufnahme einer Therapie
Patientenrechte
Die Referentin wird dabei auch Bezug auf eigene Therapie-Erfahrungen nehmen, wobei die
Erfahrungen der Workshop-Teilnehmer gerne mit einbezogen werden.
Neben der Vermittlung und dem Austausch von Erfahrungen und Wissen soll in diesem
Workshop auch die Gelegenheit gegeben werden, Kontakte zu anderen Betroffenen zu
knüpfen.
Kontakt: [email protected]
Bohne, Antje & und Gerlach , Alexander L.
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Vortrag: „Diagnostik und Subgruppen der Trichotillomanie – Eine Internetstudie“
Trichotillomanie ist klassifiziert als Impulskontrollstörung, deren zentrales Merkmal ein charakteristischer Spannungsbogen (Spannungsanstieg vor - Spannungsabfall während der
symptomatischen Handlung) ist. Es existieren jedoch Hinweise, dass bis zu 20% der klinisch-bedeutsamen Haarausreißer keinen solchen Spannungsbogen erleben. Entsprechende Diagnosekriterien und die Klassifikation der Trichotillomanie als Impulskontrollstörung
stehen deshalb zur Debatte. Unangemessen strenge Kriterien könnten zu falsch-negativen
Diagnosen führen, so dass möglicherweise keine Behandlung von der Krankenkasse finanziert wird. Zudem könnten Trichotillomanie-Subtypen, die verschiedenartige Behandlungsmethoden erfordern, eine Erklärung für bislang unbefriedigende Therapieerfolge sein.
Ziel dieser Studie ist es, zu erkunden wie häufig pathologisches Haareausreißen in Abwesenheit eines Spannungsbogens beschrieben wird. Unterschiede zwischen Betroffenen mit
und ohne Spannungsbogen sollen herausgearbeitet werden.
Dazu wurden Informationen von 214 selbstidentifizierten Betroffenen per Internet erhoben.
Die Daten umfassen u.a. demografische Angaben, DSM-IV Diagnosekriterien, Angaben zur
Schwere der Problematik sowie zu emotionalen und körperlichen Zuständen, die vor, während und nach dem Haarausreißen wahrgenommen werden.
64% der TeilnehmerInnen erfüllten alle Diagnosekriterien einer Trichotillomanie. Weitere
14% erfüllten alle Kriterien bis auf den typischen Spannungsbogen. Diese beiden Gruppen
unterschieden sich nicht in Bezug auf demografische Daten und Merkmale des Haareausreißens (Schwere, Alter zu Beginn der Problematik, Anzahl ausgerissener Haare). Sie unterschieden sich jedoch im Ausmaß von empfundener Befriedigung, Vergnügen/Genuss und
Entspannung während des Haarausreißens, wobei die Betroffenen mit typischem Spannungsbogen intensivere Gefühle empfanden. Ebenso unterschieden sie sich bzgl. wahrgenommener Veränderungen von Vergnügen/Genuss und Anspannung im Zeitverlauf einer
Episode des Haareausreißens. In beiden Gruppen nahmen im Verlauf einer Episode Scham
und Schuldgefühle zu, während Taubheitsgefühle und Trance-Gefühle nachließen. Die Unzufriedenheit nahm während das Haarausreißens ab, stieg danach jedoch über das Ausgangsniveau hinaus an.
Die Daten stellen a) die Zuordnung der Trichotillomanie zu den Impulskontrollstörungen und
b) die Aufnahme von Spannungskriterien in ihre Diagnose in Frage. Unsere Ergebnisse sollen zur weiteren Diskussion dieser Fragen anregen. Weiterhin ist das Wissen um Trichotillomanie-Subtypen für die Auswahl und Weiterentwicklung erfolgversprechender Behandlungsmethoden bedeutsam.
Kontakt: [email protected]
Buhlmann, Ulrike & Wilhelm , Sabine
Massachusetts General Hospital und Harvard Medical School
Vortrag: „Kognitive Verhaltenstherapie bei Patienten mit einer Körperdysmorphen
Störung“
Hauptmerkmal der Körperdysmorphen Störung ist eine übermäßige Beschäftigung mit einem
eingebildeten oder leicht vorhandenen Makel oder Defekt im körperlichen Aussehen (APA,
1994). Am häufigsten beziehen sich die eingebildeten Defekte auf regionen des Gesichtes
oder des Kopfes, wie z.B. ausdünnendes Haar oder Falten. Aber auch andere Aspekte wie
Form oder Größe von Nase, Augen oder Ohren stehen im Mittelpunkt der Besorgnis (APA,
S. 532). Assoziierte Merkmale dieses Störungsbildes sind unter anderem eine starke Angst
vor negativer Bewertung (Hollander, Neville, Frenkel, Josephson & Liebowitz, 1992) sowie
die paranoide Vorstellung, dass andere Personen negativ über den eingebildeten Makel oder
Defekt sprechen (Wilhelm & Neziroglu, 2002). Obwohl die Körperdysmorphe Störung bereits
seit über hundert Jahren in der Literatur beschrieben wurde und mit relativ hohen Prävalenzraten ein signifikantes Gesundheitsproblem darstellt, wurde erst vor kurzem begonnen, dieses Störungsbild systematisch zu erforschen. Ein Problem hierbei ist, dass die Körperdysmorphe Störung oftmals nicht oder falsch diagnostiziert und somit nicht rechtzeitig behandelt
wird. Aus diesem Grund besteht ein Bedarf an wirksamen Therapiemöglichkeiten wie z.B.
Kognitiver Verhaltenstherapie (KVT), die sowohl dysfunktionale Gedanken in Bezug auf das
eigene körperliche Aussehen (z.B. „Ich bin hässlich“, „Wenn ich nicht perfekt aussehe, ist
mein Leben ruiniert“) als auch Verhaltensweisen, wie z.B. das wiederholte Überprüfen des
eigenen Aussehens in Spiegeln oder das Vermeiden sozialer Situationen aus Angst vor negativer Bewertung, identifiziert und entsprechend modifiziert (siehe auch Sarwer, Gibbons, &
Crerand, 2004). Obwohl in den letzten Jahren die Effektivität von KVT bei Patienten mit Körperdysmorpher Störung untersucht wurde (z.B. Veale et al., 1996; Rosen et al., 1995), ist
die Therapieforschung in diesem Bereich immer noch begrenzt. Weiterhin gibt es bislang
noch keine standardisierten Therapiemanuale, die einzelne Module anbieten, die auf die
spezifischen Belange der Patienten zugeschnitten sind. Am Massachusetts General Hospital
werden zur Zeit unter der Leitung von Dr. Sabine Wilhelm mehrere Patienten mit einem Therapiemanual therapiert, das die folgenden Module beinhaltet: Psychoedukation, Kognitive
Umstrukturierung, und Verhaltensexpositionen. Zusätzliche Module werden vorgestellt und
diskutiert: Motivationssteigerung, Perzeptuelles Training während Spiegelexpositionen, Fortgeschrittene Kognitive Techniken, Dermatillomanie, Trichotillomanie, Gewicht, Körperform
und Muskularität, Kosmetische Behandlungen und Rückfallprävention.
Kontakt: Ulrike Buhlmann, PhD, OCD Clinic, Massachusetts General Hospital, Harvard
Medical School, Simches Research Building, 2nd floor, 185 Cambridge Street, Boston, MA
02114; Phone 617-726-5374; Fax 617-643-3080; email [email protected].
Ecker, Willi & Gönner, Sascha
Vortrag: „Das Unvollständigkeitsgefühl bei Zwangserkrankungen: Phänomenologie,
Konzeptualisierung und erste empirische Befunde“
Der Beitrag beschreibt klinisch relevante Aspekte des Unvollständigkeitserlebens bei
Zwangserkrankungen (Gefühle der Unvollständigkeit bezogen auf die eigene Person, „Nichtgenau-richtig-Erleben“ und „Noch-nicht-Abschließbarkeit“ von Handlungen und Wahrnehmungen, „Just-right“-Drang) und wichtige aktuelle Forschungsthemen (Vorkommen bei unterschiedlichen symptombasierten Subtypen, Schadensvermeidung und Unvollständigkeit als
Kerndimensionen der Zwangsstörung, empfindungsbasierter Perfektionismus, Beziehung
zum Tic-bezogenen Zwangsphänotyp, zu dissoziativen Prozessen und speziell Depersonalisation/Derealisation). Erste eigene empirische Befunde werden dargestellt.
Kontakt: [email protected]
Endrass, Dr. Tanja, Julia Klawohn, Fanny Schuster & Norbert Kathmann
Humboldt-Universität zu Berlin
Poster: „Überaktive Handlungsüberwachung bei Patienten mit Zwangsstörungen“
Ausgangspunkt für die Untersuchung der Handlungsüberwachung bei Zwangsstörungen
(obsessive compulsive disorder: OCD) stellt die Vermutung dar, dass bei OCD übermäßige
Fehlersignale erzeugt werden. Diese verursachen die Wahrnehmung “etwas ist nicht richtig/unvollständig” und lösen das Bedürfnis nach Korrektur aus. Im ereigniskorrelierten Potential findet sich eine Negativierung, die mit der Ausführung von Fehlern in Verbindung steht
(error related negativity: ERN) und im anterioren cingulären Kortex generiert wird. Bisherige
Studien liefern Hinweise für eine gesteigerte Aktivierung nach einer falschen Reaktion, die
mit im Zusammenhang mit der Zwangssymptomatik stehen könnte, insbesondere mit dem
Bedürfnis zu kontrollieren bzw. zu korrigieren.
In der vorliegenden Studie wurden ereigniskorrelierte Potentiale (ERPs) bei Patienten mit
Zwangsstörungen und Kontrollprobanden während einer einfachen Entscheidungsaufgabe
(modifizierte Flanker-Aufgabe) untersucht. Die Reaktionen wurden dabei mit druckempfindlichen Tasten erfasst, die es ermöglichen auch partielle (schnell korrigierte) Tastendrücke zu
erfassen. Ziel der Studie war es bisherige Befunde einer größeren fehlerbezogenen Aktivierung zu replizieren und herauszufinden inwiefern diese Überaktivierung mit einzelnen Aspekten der Fehlererkennung bzw. Fehlerkorrektur in Verbindung gebracht werden können.
Die Ergebnisse replizieren den Befund einer vergrößerten ERN und liefern Hinweise für eine
ebenfalls vergrößerte Negativierung nach richtigen Reaktionen bei Patienten mit Zwangsstörungen. Die frontozentrale Negativierung ist insbesondere dann vergrößert, wenn ein voller
Fehler aufgetreten ist, der auch bemerkt wird. Dagegen ist die ERN nach partiellen Fehlern
nur wenig vergrößert. Erst die CoRN (wenn der partielle Fehler korrigiert wird) zeigt eine vergrößerte Amplitude. Die Daten sprechen für eine insgesamt aktivere Handlungsüberwachung
bei OCD-Patienten. Die gesteigerte Aktivierung ist unabhängig von der Qualität der Reaktion
(richtig oder falsch) und tritt sogar bei der Fehlerkorrektur auf.
Kontakt: [email protected]
Ertle, Andrea
Poster: „Lässt sich die Faktorstruktur des„Obsessive Beliefs Questionnaire“ replizieren? Eine Analyse für den deutschen Sprachraum“
Der Fragebogen OBQ wurde auf seine Faktorstruktur hin untersucht. Eine Replikation der
von der OCCWG vorgeschlagenen Struktur mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen an
einer studentischen Stichprobe gelang nicht. Anhand des Ladungsmusters wurde der Itempool reduziert. Die Vorhersage gelang nun besser. Das Ergebnis wurde zudem an einer kli-
nischen Stichprobe repliziert. Die drei gekürzten Skalen weisen gute interne Konsistenzen
und Retest-Reliabilitäten auf. Die Korrelationen mit verschiedenen Symptommaßen und Fragebogen, die Kognitionen erfassen, sprechen nicht nur für konvergente, sondern auch für
diskriminante Validität der Skalen. Die Kürzung des originalen OBQ
scheint also für den deutschen Sprachraum eine Möglichkeit darzustellen, die von der
OCCWG als relevant genannten dysfunktionalen Einstellungen bei Zwangspatienten zu erfassen.
Kontakt: Andrea Ertle (a), Antje Bohne (b) & Karina Wahl (c)
(a) Ruhr-Universität Bochum, (b) Westfälische Wilhelms-Universität Münster, (c) Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Exner, Cornelia, Martin, Vera & Rief, Winfried
Vortrag: „Neuropsychologische Defizite bei Patienten mit Zwangsstörungen –
In welchem Zusammenhang stehen Gedächtnisleistungen und Zwangssymptomatik?“
Patienten mit Zwangsstörungen leiden teilweise unter Beeinträchtigungen ihrer kognitiven
Leistungsfähigkeit. Unklar ist jedoch, wie kognitive Defizite mit der psychopathologischen
Symptomatik im Zusammenhang stehen.
Es wurden neunzehn Patienten mit einer mittelschweren Zwangserkrankung (DSM-IV, YBOCS) untersucht. Die Patienten wurden mit gesunden, parallelisierten Kontrollprobanden
verglichen. Im Rahmen einer umfangreichen neuropsychologischen Testbatterie wurden Intelligenz, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und exekutive Funktionen mit standardisierten Leistungstestverfahren untersucht.
Bei vergleichbarem intellektuellem Leistungsniveau zeigten Patienten mit Zwangsstörungen
im Gruppenmittel deutliche Langzeitgedächtnisdefizite sowie eine Herabsetzung der psychomotorischen Reaktionsgeschwindigkeit bei Aufmerksamkeitsanforderungen. Es zeigten
sich signifikante Zusammenhänge zwischen der selbsteingeschätzten Schwere von Zwangssymptomen (PADUA-Inventar) und dem Ausmaß von Gedächtnisstörungen. Dieser Zusammenhang war auch bei Kontrolle der Depressivität nachweisbar und wurde auch bei subklinischer Ausprägung von Zwangssymptomen in der gesunden Kontrollgruppe sichtbar. Möglicherweise stellen reduzierte Gedächtnisleistungen einen prädisponierenden Faktor für die
Entwicklung von Zwangssymptomen dar, da sie mit dem subjektiven Eindruck verminderter
Gedanken- und Handlungskontrolle einhergehen. Alternativ könnte ein für Zwangspatienten
charakteristischer Denkstil die Gedächtniseinspeicherung behindern.
Kontakt: Cornelia Exner (1), Vera Martin (2) und Winfried Rief (1)
(1) FB Psychologie der Philipps-Universität Marburg, AG Klinische Psychologie und Psychotherapie
Gutenbergstr. 18, 35032 Marburg, Tel.: 06421-28-26738, email: [email protected]
(2) Christoph-Dornier-Stifung für Klinische Psychologie
Universitätsstr. 27, 35037 Marburg, Tel.: 06421-17696-0
Foltys, Michael
Workshop: „Verhaltenstherapie der Trichotillomanie aus Sicht der ambulanten Praxis“
Von Patientin Frau Lochner und Dipl. Psych. Dr. M. J. Foltys
Der Workshop bezog sich auf zwei wesentliche Punkte: Zur Einstimmung auf den Workshop
wurde zunächst ein Überblick zur Phänomenologie und Epidemiologie, zum Verlauf und zur
Ätiologie, zu verschiedenen Krankheitsmodellen der TTM und speziell zur Verhaltensanalyse
(Mikroanalyse) und Verhaltenstherapie (Multimodale Verhaltenstherapie)) gegeben.
Erfreulicherweise konnte die mehr theoretische Übersicht durch die aktive Mitarbeit einer
sich im Moment in Behandlung befindenden TTM Patientin durch praktische Aspekte der
Behandlung untersetzt werden. Dabei kam es zu einem Austausch zwischen sowohl Betroffenen, als auch zwischen Betroffenen und Experten. Von beiden Seiten wurde einstimmig
festgestellt, dass derartige Veranstaltungen gefördert werden sollten, um speziell die Verhaltenstherapie der TTM mehr bekannt zu machen und damit die Versorgung der Betroffenen
zu verbessern.
Kontakt: Dr. [email protected]
Freyer, Tobias
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Vortrag: „Funktionelle Bildgebung und neuropsychologische Befunde vor und nach
Psychotherapie bei Patienten mit Zwangsstörung“
Sowohl neuropsychologische Testverfahren als auch zunehmend funktionell bildgebende
Methoden werden zur Überprüfung von therapeutischen Interventionen bei Patienten mit
psychischen Erkrankungen eingesetzt. Um die neurobiologischen Grundlagen der Zwangserkrankung therapiebegleitend zu untersuchen führten wir umfangreiche neuropsychologische Testungen sowie funktionell kernspintomographische Untersuchungen mit dem Reversal Learning Paradigma durch. Die Bearbeitung dieses Paradigmas setzt intakte Exekutivfunktionen wie kognitive Flexibilität und Umstellungsfähigkeit voraus und zeigte bei fMRTMessungen einer Cambridger Arbeitsgruppe an gesunden Probanden spez. Aktivierungsmuster in vermutlich zwangsrelevanten Arealen wie dem orbitofrontalen Kortex, dem ventralen Striatum sowie dem dorsolateralen Präfrontalkortex.
In den neuropsychologischen Untersuchungen unterschieden sich unmedizierte Patienten
von gesunden Probanden in der nonverbalen Gedächtnisleistung und in der kognitiven Umstellungsfähigkeit. Diese Defizite normalisierten sich nach 12 Wochen stationärer Psychotherapie. Therapieresponder zeigten eine signifikant höhere Leistungssteigerung im nonverbalen Gedächtnis als Patienten ohne ausreichenden Therapieerfolg. Bei der Bearbeitung des
Reversal Learning Paradigmas fanden wir keine Unterschiede zwischen Patienten und Probanden, weiterhin unterschieden sich die Testleistungen zwischen der ersten und der zweiten Messung, z.B. im Sinne von Lerneffekten, nicht. Gesunde Probanden zeigten signifikante
Aktivierungen bei Bearbeitung des Paradigmas im ventrolateralen Präfrontalkortex, im orbitofrontalen Kortex und in parietalen Arealen. Eine spez. Aktivierung in striatalen Arealen
konnten wir nicht nachweisen. Bei der Wiederholungsmessung nach durchschnittlich 14 Wochen fanden sich Aktivierungsmuster in den gleichen Arealen, allerdings waren die Effektstärken deutlich schwächer als bei der ersten Messung. Dieses Ergebnis weist auf ein
grundsätzliches Problem bei der Interpretation von Prä-Post-Messungen mit der funktionellen Kernspintomographie hin und betont die Relevanz von Kontrollgruppen. Die fMRTUntersuchung der Zwangspatienten ist momentan noch nicht abgeschlossen, vorläufige Ergebnisse deuten auf eine mögliche Linkslateralisierung der frontalen Aktivierungsmuster und
Lateralisierungsumkehr nach Psychotherapie bei den Patienten hin.
Kontakt:
Dr. Tobias Freyer
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Hauptstrasse 5 D-79104 Freiburg
[email protected]
Fricke, Susanne, Köhler, Sandra, Moritz, Steffen & Schäfer, Ingo
Klinik für Psychiatrie und Psychiatrie – Arbeitsbereich Verhaltenstherapie
Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
Vortrag: „Frühe Traumatisierungen bei Patientinnen und Patienten mit Zwangsstörungen“
Einleitung: Zwangskranke berichten aus ihrer Kindheit und späteren Lebensabschnitten
häufig interpersonale Traumata wie sexuelle und / oder körperliche Misshandlung sowie
Vernachlässigung. Oft lassen sich funktionale Zusammenhänge mit der Zwangssymptomatik
finden, wobei der Zwang oft als eine pathologische Bewältigungsform dieser belastenden
Lebensereignisse verstanden werden kann. Bislang gibt es allerdings kaum Befunde zur
Häufigkeit und Bedeutung früher Traumatisierungen sowie deren Auswirkungen auf den Behandlungserfolg. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, diese Lücke zu schließen,
und die Häufigkeit verschiedener Formen kindlicher Traumatisierungen und etwaige Zusammenhänge mit der Zwangssymptomatik sowie deren Bedeutung für das Therapieergebnis bei einer Stichprobe von stationär behandelten Patienten mit Zwangsstörungen zu untersuchen.
Methodik: Bei 40 stationär behandelten Patientinnen und Patienten mit Zwangsstörungen
(nach DSM-IV) wurden innerhalb der ersten Woche nach Aufnahme anhand des “Structured
Trauma Interview” (STI), des “Parental Bonding Instrument” (PBI) und des “Childhood Trauma Questionnaire” (CTQ) interpersonale Traumatisierungen in Kindheit und Jugend sowie
elterliches Erziehungsverhalten erhoben. Parallel sowie eine Woche vor Entlassung wurden
Zwangssymptome und weitere psychopathologische Beschwerden erfasst (u.a. anhand von
Y-BOCS, SCL-90-R, HAMD und FDS).
Ergebnisse und Diskussion: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass interpersonale Traumatisierungen in Kindheit und Jugend bei Zwangspatientinnen und –patienten relativ häufig
sind. Zusammenhänge mit verschiedenen Symptombereichen und Verlaufsparametern sowie Empfehlungen für die Behandlung dieser Patienten werden diskutiert.
Kontakt.
Dr. phil. Susanne Fricke, Dipl. Psych.
Klinik für Psychiatrie und Psychiatrie – Arbeitsbereich Verhaltenstherapie
Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
Martinistraße 52
D-20246 Hamburg
[email protected]
Goletz, Hildegart
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am
Klinikum der Universität zu Köln
Vortrag: „Diagnose und Therapie von Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen“
Die Prävalenzrate von Zwangsstörungen im Kindes- und Jugendalter beträgt zwischen 1 %
und 4 %. Der Störungsbeginn liegt überwiegend in der Adoleszenz und weniger in der frühen
Kindheit. Die Mehrzahl der Störungen im Kindes- und Jugendalter beinhaltet multiple
Zwangsgedanken und Zwangshandlungen, während ausschließliche Zwangsgedanken oder
-handlungen seltener beschrieben werden. Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen
sind häufig mit deutlichen Beeinträchtigungen bezüglich schulischer oder beruflicher Leistungen, Gleichaltrigenbeziehungen und des Familiensystems verbunden. Überdies findet
sich eine hohe Komorbidität mit anderen psychiatrischen Erkrankungen, insbesondere
Angststörungen, Depression, Ticstörungen und Aufmerksamkeitsstörungen sowie oppositionelle / dissoziale Störungen.
Bei einer individuellen Zwangsstörung bestehen häufig eine Vielzahl potentieller Auslöser
(interne und externe Stimuli), damit verbundener Befürchtungen und Erwartungen sowie
passiver und aktiver Vermeidungsstrategien (einschließlich familiärer Eingebundenheit der
Zwangssymptomatik).
Die Erfassung der einzelnen Komponenten von Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen erfordert eine detaillierte Informationssammlung von verschiedenen Quellen (insbesondere Kind/Jugendliche(r), Eltern, Geschwister, Erzieher/Lehrer) in unterschiedlichen Settings.
Eine multimodale verhaltenstherapeutische Behandlung, die gegebenenfalls mit einer pharmakologischen Therapie kombiniert wird, beinhaltet neben der Psychoedukation familienzentrierte Interventionen, Expositionsbehandlung mit Reaktionsverhinderung und kognitivtherapeutische Interventionen.
Der Vortrag impliziert einen aktuellen Überblick über Beschreibung der Störung, Ätiologie,
diagnostisches Vorgehen, therapeutische Ansätze sowie deren Wirksamkeit.
Kontakt: [email protected]
Workshop: „Multimodale Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Zwangsstörungen“
Zwangsstörungen stellen sich als äußerst vielgestaltig dar. Im Kindes- und Jugendalter beinhaltet die Mehrzahl der Störungen multiple Zwangshandlungen und Zwangsgedanken kombiniert, während allein auftretende Zwangsgedanken oder -handlungen eher selten beschrieben werden. Bei einer individuellen Zwangsstörung existieren häufig eine Vielzahl potentieller Auslöser (interne und externe Reizbedingungen), damit verbundener Befürchtungen sowie passiver und aktiver Vermeidungsstrategien (einschließlich familiärer Eingebundenheit
der Zwangssymptomatik).
Der Kurs beinhaltet die Vermittlung und Bearbeitung folgender Themen:
• Symptomatik, Ätiologie und Verlauf von Zwangsstörungen im Kindes- und Jugendalter
• Diagnostisches Vorgehen (einschließlich spezifischer diagnostischer Verfahren)
• Therapeutische Ansätze
• Im Fokus der zu vermittelnden Therapieansätze steht eine multimodale verhaltenstherapeutische Behandlung, die gegebenenfalls mit einer pharmakologischen Therapie kombiniert wird. Neben der Psychoedukation impliziert die Verhaltenstherapie familienzentrierte Interventionen, Expositionsbehandlung mit Reaktionsverhinderung
und kognitiv-therapeutische Interventionen.
• Wirksamkeit der therapeutischen Ansätze in Studienergebnissen.
Literatur:
Döpfner, M. (1999). Zwangsstörungen. In: Steinhausen, H.-C.; von Aster, M. (Hrsg.). Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin bei Kindern und Jugendlichen. 2. Auflage, Weinheim: Psychologie Verlags
Union, S. 271-326.
Döpfner, M. (2002). Zwangsstörungen. In: Petermann, F. (Hrsg.). Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie und -psychotherapie. 5. Auflage, Göttingen: Verlag Hans Huber, S. 271-289.
Döpfner, M.; Rothenberger, A.; Goletz, H.; Roessner, V. (2005). Zwangsstörungen bei Kindern und
Jugendlichen – Fragen und Antworten. Eine Information für Betroffene und ihre Eltern. Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen.
Goletz, H.; Döpfner, M. (2006). Zwangsstörungen: Kontrollieren, Sammeln, Ordnen. In: Rosner, R.
(Hrsg.). Psychotherapieführer Kinder und Jugendliche. Seelische Störungen und ihre Behandlung.
München: Verlag C. H. Beck, S. 214-224.
Lakatos, A.; Reinecker, H. (2001). Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen. Ein Therapiemanual. 2. Auflage, Göttingen: Hogrefe Verlag für Psychologie.
Kozak, M. J.; Foa, E. B. (2001). Zwangsstörungen bewältigen. Ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches
Manual. Göttingen: Verlag Hans Huber.
Gönner, Sascha1 & Ecker, Willi2
1
Psychosomatische Fachklinik Bad Dürkheim
2
Institut für Fort- und Weiterbildung in klinischer Verhaltenstherapie Bad Dürkheim
Poster: „Neue psychometrische Verfahren zur mehrdimensionalen Messung der
Schwere von Zwangssymptomen“
Im angelsächsischen Sprachraum wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Selbstbeurteilungsinstrumente zur Messung der Schwere von Zwangssymptomen entwickelt, die
die Schwachstellen der ersten Generation von Verfahren (u.a. mangelnde Spezifität für
Zwangssymptome, keine Abbildung von Zwangsgedanken, verdeckten Ritualen und seltenen Subtypen von Zwangshandlungen, dichotome Antwortformate, schlechte psychometrische Eigenschaften und eine geringe Änderungssensitivität) ausräumen sollten (vgl. van
Oppen et al., 1995). Derzeit finden in der internationalen Forschung zwei neue psychometrische Verfahren besondere Beachtung, die revidierte Fassung des Obsessive-Compulsive
Inventory (OCI-R, Foa et al., 2002) und der Vancouver Obsessive Compulsive Inventory
(VOCI, Thordarson et al., 2004).
Das VOCI umfasst 55 Items und misst folgende Subskalen: Kontamination, Kontrollieren,
Zwangsvorstellungen, Sammeln und Horten, Genau-richtig-Erleben und Unentschlossenheit.
Das OCI-R bildet durch 18 Items die Dimensionen Waschen, Zwangsgedanken, Sammeln
und Horten, Ordnen, Kontrollieren und Zählen ab. Das VOCI und das OCI-R entsprechen
dem gegenwärtigen Stand der Theorie- und Konzeptentwicklung im Bereich Zwangsstörungen. Sie besitzen gute psychometrische Eigenschaften und erste Studien weisen auf ihre
Validität hin.
Die Güte der autorisierten deutschen Übersetzungen des VOCI und OCI-R wird derzeit in
einer Validierungsstudie überprüft, die in der Psychosomatischen Fachklinik Bad Dürkheim
durchgeführt wird. Die Datenerhebung ist noch nicht vollständig abgeschlossen. Bisher wurden 121 Zwangspatienten in die Studie aufgenommen. Erste Analysen zeigen, dass die Verfahren sehr gute psychometrische Eigenschaften und konvergente und divergente Validität
besitzen. Während die Faktorenstruktur des OCI-R bestätigt werden konnte, wird für den
VOCI eine revidierte Version vorgeschlagen. Die Verfahren bilden ein breites Spektrum von
Zwangssymptomen ab und stellen dadurch relevante Informationen im Rahmen des diagnostischen Prozesses und der Therapieplanung zur Verfügung.
Kontakt Dipl.-Psych. Sascha Gönner, Psychosomatische Fachklinik Bad Dürkheim, Kurbrunnenstr. 12, 67098 Bad Dürkheim, e-mail: [email protected]
Gönner, Sascha, Volkwein, Hans, Wieland, Reiner, Klimitsch, Martin & Dehmlow, Andreas
Psychosomatische Fachklinik Bad Dürkheim
Poster: „Stationäre verhaltenstherapeutische Behandlung von Patienten mit Zwangsstörungen - Evaluation eines Gruppentherapieprogramms“
Seit Dezember 2002 wird an der Psychosomatischen Fachklinik Bad Dürkheim eine störungsspezifische Gruppe für Patienten mit Zwangsgedanken und/oder -handlungen angeboten. Die Zwangsgruppe ist eine halboffene, halbstandardisierte Gruppe für 6-12 Teilnehmer.
In einem Zeitraum von 4 Wochen finden 8 therapeutengeleitete Gruppensitzungen à 90 Minuten und 4 Sitzungen in Eigenregie statt. Das Hauptziel der Gruppe besteht darin, die Patienten zu selbstkontrollierten, gestuften Expositionsübungen anzuleiten. Die Gruppenteilnehmer werden ermutigt, bereits am Ende der ersten Woche mit einfacheren Expositionsübungen zu beginnen, um möglichst frühzeitig eine bewältigungsorientierte Haltung zu fördern. Die Gruppe stellt eine wichtige Ergänzung des multimodalen verhaltensmedizinischen
Behandlungsprogramms der Klinik dar, welches auch eine einzeltherapeutische Zwangsbehandlung umfasst.
Im Frühjahr/ Sommer 2005 wurde eine Studie zur Evaluation des Behandlungskonzeptes
und des Gruppentherapieprogramms durchgeführt, an der 36 Patienten mit einer Zwangsstörung als Hauptbehandlungsdiagnose teilnahmen. Die Behandlungseffekte wurden für die
Symptombereiche Schwere der Zwangssymptomatik und Schwere der Depressivität in einem klassischen Prä-Post-Design mit den Messzeitpunkten „stationäre Aufnahme“ und „Entlassung“ geprüft. Die Ergebnisse der 1-Jahres-Katamnese liegen noch nicht vor.
Die Patienten erzielen im Rahmen des stationären Aufenthaltes eine deutliche Reduktion
ihrer Zwangssymptomatik. Zusätzlich ergibt sich eine deutliche Abnahme der depressiven
Symptomatik. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit Zwangsstörungen in der stationären psychosomatischen Rehabilitation sehr erfolgreich behandelt werden können. Im PräPost-Vergleich ergeben sich hohe Therapieeffekte. Dies gilt trotz einer zunehmend geringeren Behandlungsdauer im Zuge des wachsenden Kostendrucks. Die befragten Patienten
sehen in dem vorgestellten Gruppentherapiemodul eine wichtige Ergänzung des allgemeinen
Behandlungsprogramms. Die einzelnen Bausteine des Programms werden von den Patienten als wichtig bewertet. Die Gruppe wird in Anbetracht zentraler gruppenpsychotherapeutischer Wirkfaktoren als hilfreich angesehen. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass es sinnvoll
ist, im Rahmen der stationären psychosomatischen Rehabilitation zur Behandlung von Patienten mit Zwangsstörungen zusätzlich zu dem klassischen multimodalen verhaltensmedizinischen Behandlungsprogramm eine zwangsstörungsspezifische Gruppentherapie anzubieten.
Grabe, Hans-Jörgen1, Ettelt, S1, Ruhrmann, S.2, Wagner, M.3, Kraft, S.4, Freyberger, HJ1
1
Klinik und Polikilinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Greifswald
2
Klinik und Polikilinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität zu Köln
3
Klinik und Polikilinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Bonn
4
Klinik und Polikilinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Homburg/Saar
Vortrag: „Determinanten eines frühen Erkrankungsbeginns der Zwangsstörung - Ergebnisse aus der GENOS-Familienstudie“
Genetisch-familiäre Aspekte der Zwangsstörung sind in den letzten Jahren vor allem auf Basis von Familienstudien untersucht worden. Als mögliche Determinante einer familiären Häufung und bestimmter klinischer Charakteristika der Zwangsstörung ist ein früher Beginn der
Erkrankung (vor dem 18. Lebensjahr) von einigen Forschergruppen identifiziert worden. In
der Datenauswertung gehen wir den Hypothesen nach, wonach ein früher Erkrankungsbeginn 1. mit einer höheren Familiarität, 2. einem spezifischen Komorbiditätsmuster, 3. einem
schlechteren klinischen Verlauf und 4. mit Auffälligkeiten in der Persönlichkeit assoziiert ist.
Aus der multizentrischen (Bonn, Köln, Homburg, Greifswald), DFG-geförderten kontrollierten
Familienstudie (German Epidemiologic Network for OCD Studies – GENOS) wurden die Daten von n=219 Patienten mit Zwangsstörung ausgewertet.
Es zeigten sich keine Hinweise auf eine familiäre Häufung der Zwangsstörung bei Patienten
mit frühem Erkrankungsbeginn. Eine generell höhere Rate an komorbiden Erkrankungen
konnte bestätigt werden wobei es keine signifikanten Häufungen auf der Ebene der Einzeldiagnosen gab. Eine aktuell geringgradige höhere Belastung zeigte sich nur bei den Handlungszwänge (Y-BOCS). Auf der Ebene der Persönlichkeit zeigten sich keine Störungen der
Affektwahrnehmung oder der Angstregulation aber es ergaben sich Hinweise auf eine höhere Impulsivität.
Die Implikation dieser Ergebnisse und die Notwendigkeit einer weiteren neuropsychologischen, elektrophysiologischen und ggf. genetischen Validierung des Konzepts werden vor
dem Hintergrund einer Subtypisierung der Zwangsstörung diskutiert.
Literaturhinweise:
Grabe HJ, Ruhrmann S, Ettelt S, Müller A, Buthz F, Hochrein A, Meyer K, Kraft S, Reck C, Pukrop R,
Klosterkötter J, Falkai P, Maier W, Wagner M, Freyberger HJ (2006). Alexithymia in Obsessive Compulsive Disorder - Results from a Family Study Psychotherapy and Psychosomatics 75:312-8
Ettelt S, Buthz F, Hochrein A, Meyer K, Kraft S, Ruhrmann S, Reck C, Pukrop R, Klosterkötter J, Falkai
P, Maier W, Wagner M, Freyberger HJ, Grabe HJ. Impulsiveness in Obsessive Compulsive Disorder –
Results from a Family Study. Acta Psychiatrica Scandinavica, 2006, (im Druck)
Grabe HJ, Ruhrmann S, Ettelt S, Buthz F, Hochrein A, Meyer K, Kraft S, Reck C, Pukrop R, Freyberger HJ, Klosterkötter J, Falkai P, Maier W, Wagner M. Familiality of Obsessive-Compulsive Disorder
in Non-Clinical and Clinical Subjects. American Journal of Psychiatry, November 2006 (im Druck)
Kontakt: [email protected]
Hartmann, Wolf
Workshop mit Stengler-Wenzke, Katharina: „Gesprächskreis für Angehörige von
Zwangserkrankten“
Da die Angehörigen Zwangserkrankter oft mit ihren Problemen allein gelassen werden, gibt
dieser Workshop Gelegenheit zum moderierten Austausch untereinander. Ziel ist die Weitergabe von Tipps zum Umgang mit zwangserkrankten Angehörigen, sowie der Aufbau von
Kontakten von Angehörigen untereinander, um in schwierigen Situationen sich gegenseitig
unterstützen zu können. Darüber hinaus werden auch Fragen zu Arten, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der Zwangsstörung beantwortet.
Kontakt: [email protected]
Hauke, Walter
Psychosomatische Klinik Windach
Vortrag: „Therapieergebnisse und Katamnese bei der Zwangsstörung“
Der Vortrag thematisiert die gegenwärtigen Therapiechancen von Zwangsstörungen im stationären verhaltenstherapeutischen Setting anhand einer Stichprobe von 317 Patienten aus
den Jahren 2002 bis 2004, für die eine 1-Jahres-Katamnese durchgeführt wurde. An der
Psychosomatischen Klinik Windach mit ihrem traditionell hohen Anteil von Zwangspatienten
(kontinuierlich ca. 10 %) sind solche Untersuchungen in den letzten Jahrezehnten bereits
zweimal erfolgt, sodass interessante Langzeitvergleiche möglich sind. Neben symptombezogenen Maßen (SCL-90-R) werden auch die wichtigsten demografischen Variablen und das
Ausmaß anschließender ambulanter Therapie präsentiert.
Vortrag: „Trichotillomanie - Ergebnisse stationärer Therapie“
Zum wenig erforschten Krankheitsbild der Trichotillomanie existieren bisher keine Veröffentlichungen über den Erfolg von verhaltenstherapeutischer stationärer Behandlung im Gruppensetting. An der Psychosomatischen Klinik Windach wird Trichotillomanie als Impulskontrollstörung und als Zwangs-Spektrumerkrankung gesehen. Die Patienten werden deshalb abgesehen von den Besonderheiten in der Einzeltherapie - in das Zwangsgruppensetting
integriert, um dort bestimmte Therapiebausteine, wie z.B. das Wahrnehmungstraining zu
absolvieren, welche standardmäßig auch bei Zwangsstörungen eingesetzt werden. Der Therapie-Outcome dieser Konzeption wird an einer Stichprobe von N = 17 Patienten vorgestellt
mit symptombezogenen Maßen (PITS-Skala) und den zugehörigen demografischen Variablen.
Kontakt: [email protected]
Hillebrand, Thomas
Psychotherapeutische Praxis, Münster
Vortrag: „Versorgungsangebote und –nachfrage“
Die Behandlung von Zwangserkrankungen gilt nach wie vor als anspruchsvoll und herausfordernd. Zahlen aus Therapeutenbefragungen belegen, dass z.B. eine Konfrontationsbehandlung „lege artis“ in der ambulanten Praxissituation noch immer die Ausnahme darstellt.
Vor diesem Hintergrund haben Experten in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft
Zwangserkrankungen ein Fortbildungscurriculum auf den Weg gebracht, das 2006 erstmalig
für Psychotherapeuten und Ärzte angeboten wird (www.z-expert.de). Dem Bedürfnis vieler
Therapeuten wird damit Rechnung getragen, sich in der Behandlung von Zwängen weiter
intensiv zu qualifizieren. Das Curriculum umfasst sechs Workshops zu den Themen: 1. Diagnose und Ursachen, 2. Besonderheiten in der Therapie mit Zwangspatienten, 3. Konfrontationsbehandlung: Schwerpunkt Handlungszwänge 4. Konfrontationsbehandlung und Kognitive Verhaltenstherapie: Schwerpunkt Gedankenzwänge, 5. Komorbiditäten und Medikation,
6. Stationäre Behandlung. Die Teilnehmer erhalten einen umfangreichen Einblick in das
Thema Zwangserkrankungen und profitieren vom Erfahrungsschatz und den jeweiligen
Schwerpunkten der einzelnen Referenten.
Im Rahmen des Vortrags werden Ziele, Inhalte und Konzeption des Curriculums, sowie erste
„Erfahrungsberichte“ vorgestellt.
Workshop: „Raus aus dem Therapiezimmer!“ - Die Konfrontationsbehandlung in der
ambulanten Praxis“
Die therapeutenbegleitete Expositionsbehandlung hat sich in der Therapie der Zwangsstörung als ein sehr effektives Verfahren herausgestellt. Es hilft dem Betroffenen oft erstmals
nach vielen Jahren, dem Zwang zu entrinnen und wieder neue Freiräume zu gewinnen.
Die Wirksamkeit des Verfahrens kontrastiert mit der vergleichsweise geringen Anwendung in
der ambulanten psychotherapeutischen Praxis. Hier stehen Hindernisse im Weg, die von
organisatorischen Problemen über Abrechnungsfragen bis zum Aspekt des Ungewohnten
reichen, den Patienten zu Hause, am Bahnhof oder auf einem Friedhof zu behandeln.
Im Rahmen des Workshops werden neben den allgemeinen Prinzipien der Konfrontationsbehandlung die Besonderheiten in der ambulanten Praxis vorgestellt und diskutiert. Der
Workshop will Therapeuten ermuntern, diese wirksame Methode verstärkt in ihr Behandlungsrepertoire aufzunehmen.
Kontakt: [email protected]
Hochrein, Andrea ([email protected])
Workshop
wird ergänzt
Hoffmann, Nicolas
Vortrag: „Phänomenologie und Therapie von Zwangsstörungen“
Wir gehen implizit davon aus, dass wir durch eine einfache Bestandsaufnahme in der Lage
seien, die relevanten Phänomene der Zwangsstörung rasch und verläßlich zu erkennen.
Doch in Wirklichkeit ist es so, dass alle Phänomene keineswegs selbstverständlich und leicht
erkennbar sind, sondern einige sind durch unsere Vormeinungen und Vorurteile oft bis zur
Unsichtbarkeit verstellt.
Wie wirkt sich das auf das Verständnis von Zwangserkrankungen aus?
Ob wir Theoretiker oder Praktiker sind, wir begehen einen großen Fehler, wenn wir, wenn wir
von der folgenden These ausgehen:
„Bei unseren Patienten spielt sich zum Beispiel im körperlichen, im kognitiven oder im affektiven Bereich, alles ungefähr so ab wie bei uns selber. Es gibt lediglich graduelle Unterschiede, wenn sie auch beträchtlich sein können.
Damit wird eine Normalisierung der Phänomene des Zwanges angestrebt und es kommt zu
einem Modell, wie dem folgenden, das Sie alle gut kennen. Es besagt: Bei bis zu 90% aller
Menschen tritt gelegentlich so etwas wie „aufdringliche Gedanken auf“. Bei emotionaler Anspannung werden sie häufiger. Zukünftige Zwangspatienten reagieren darauf mit katastrophisierenden Fehlinterpretationen, weil sie eine Reihe von dysfunktionalen Überzeugungen haben, die z.B. eine Überschätzung der eigenen Verantwortlichkeit betreffen. Dadurch werden aufdringliche Gedanken zu außerordentlich wichtigen Erlebnissen, gegen die
man etwas unternehmen muß. So wird der ganze Prozeß wird immer wieder durch kurzfristig
erfolgreiche Neutralisierung aufrechterhalten. Selbstverständlich ist dieses Modell von Salkovskis hier stark verkürzt wiedergegeben.
Daraus werden dann Therapiemaßnahmen abgeleitet, die bei Evozierung der Gedanken und
bei Unterbleiben der Neutralisierung zu einer Art Habituierung führen sollen. Das mag in einigen Fälle so oder annähernd so funktionieren.
Doch bei vielen Patienten müssen wir genauer hinsehen, wenn wir ihren Zustand verstehen
wollen. Wir finden dann regelmäßig wesentlich kompliziertere Abläufe.
Ein Beispiel: Der Patient verspürt als allererstes eine Art Gefühl der unspezifischen Bedrohung. Dabei ist er bloß mit einer Beschäftigung befaßt, die normalerweise automatisiert, d.h.
auf einer relativ niedrigen Bewußtseinsstufe abläuft: Er steigt z.B. die Treppe zu seinem Büro
hinauf. Nun wird er ganz plötzlich durch einen Reiz aufgeschreckt, der sich für Außenstehende als etwas Harmloses und Banales darstellen würde wie ein Schatten oder ein undefinierbares Geräusch. Er hält inne und sein Bewußtseinsstrom reißt kurz ab. Er fragt sich:
„was war eben?“. Dabei fühlt er sich auf eine merkwürdige Art wie existenziell lösgelöst von
der konkreten Situation, so als würde er schweben oder fallen. Eine eindeutige und ihn befriedigende Antwort auf seine Frage: Was war eben? will sich nicht einstellen. Es fällt ihm
nichts ein, was benennbar wäre. Das ist, aus unserer Sicht, auch nicht weiter verwunderlich,
denn in Wirklichkeit ist ja auch nichts Nennenswertes geschehen. An der Stelle schießen bei
ihm die eigentlichen Zwangsgedanken ein und füllen sozusagen die Lücke. Sie tauchen, wie
immer, in Form von Fragen auf und lauten z.B.: „Könnte es sein dass gerade jemand an mir
vorbeigegangen ist? Habe ich ihn angerempelt und die Treppe heruntergestoßen? Könnte es
sein, dass ich es aus einer Art Kontrollverlust heraus getan habe? Oder war bei mir ein kriminelles Motiv am Werk, das mir nicht bewußt ist? An der Stelle fällt der Patient geradezu
aus jedem existenziellen Sicherheitsgefühl heraus und steht innerlich vor dem Abgrund.
Bleibt ihm die Zeit, will er meist akribisch rekonstruieren, was wirklich gewesen sein könnte,
mit dem Ziel, eine solche Tat auszuschließen. Aber er erinnert sich an nichts präzises. Das
bedeutet wiederum für ihn, dass er keine klare Vorstellung von diesem Stück seiner eigenen
Vergangenheit hat. Das Erleben solcher vermeintlicher Erinnerungslücken macht ihm um so
mehr Angst. Er schließt daraus, dass das, was er macht, nicht unbedingt verläßlich vom Bewußtsein begleitet ist und dass er seiner Aufmerksamkeit und seiner Erinnerung nicht recht
trauen kann. Dann könnte es auch gut sein, dass er vielleicht öfter etwas getan hat, woran er
sich dann später nicht mehr genau erinnert. Das hieße aber auch, dass er grundsätzlich keine verläßliche Kontrolle über sein Handeln oder über seine Motive dafür hat. Die Verunsicherung steigt. Er fängt an, sobald es nur möglich ist, detektivisch zu recherchieren, ob er etwas
Auffälliges findet, fühlt sich dabei aber immer mehr, wie die ganze Zeit schon, in einem Zustand der Unvollständigkeit und der zunehmenden inneren Aufgelöstheit.
Wir merken an der Stelle, wie groß die Gefahr ist, wichtige, für die Störung spezifische Phänomene zu übersehen, wenn wir voreingenommen von der These ausgehen, Zwangsgedanken seien immer und in allen Fällen lediglich aufdringliche Gedanken wie jeder sie kennt.
Sehen wir uns noch kurz zwei andere Beispiele an:
Ein ansonsten kreativer und in seinem Beruf erfolgreicher Hochschullehrer kann keine Bleistifte oder Kugelschreiber mehr in seinem Arbeitszimmer tolerieren. Der Gedanke dabei ist,
er könne sie dazu benutzen, um Hakenkreuze, nazifreundliche oder judenfeindliche Parolen
auf Briefe, Zeugnisse oder andere wichtige Schriftstücke anzubringen. Die werden dann entdeckt mit dem Ergebnis, dass andere und er selbst dadurch in große Schwierigkeiten geraten. Die Möglichkeit, dass er dies tun könne, rechtfertigt er wiederum, wie alle seine Leidensgenossen, durch einen möglichen Kontrollverlust oder durch eine unbewußte Motivation. Wenn Sie ihn mit einem seiner Akten und einem Kugelschreiber nur für 5 Minuten allein
in einem Zimmer lassen wollen, so verweigert er das, weil er sich nicht dazu in der Lage
sieht. Er beschreibt Ihnen, dass er in einer solchen Situation erfahrungsgemäß das Gefühl
bekommt, dass sein Wille sich geradezu auflöst und dass die Hände seiner Kontrolle entschwinden. Er ist felsenfest davon überzeugt, dass er auch einen längeren verwerflichen
Text schreiben könne, ohne sich dessen im geringsten klar bewußt zu sein. Auch könne das
Blatt Papier so an seinen Körper gelangen, dass er es , ohne es zu bemerken, aus dem
Zimmer herausbringt und draußen verliert.
Ein letztes Beispiel nur angedeutet:
Jemand erzählt: „Wenn ich auf der Straße unter einem Baugerüst durchgehe, kann es sein,
dass ich 10-20mal immer wieder an meinen Ausgangspunkt zurückkehren und wieder
durchgehen muß. Das ist so, weil ich jedesmal das Gefühl nicht bekomme, ganz , d.h. als
körperlich und psychisch vollständige Person aus dem Baugerüst herausgekommen zu
sein.“ Fragen wir uns doch bloß: Wie muß sich ein Mensch fühlen, der sein ganzes Leben
umstellt, weil er nicht das Gefühl bekommt, ganz aus einem Baugerüst , oder aus einem
Spiegel übrigens, herausgekommen zu sein? Sind das aufdringliche Gedanken oder Empfindungen, die uns, die wir nicht zwangskrank sind, einfach so auch widerfahren?
Eines sei klar: Wir beschreiben hier Menschen, die außerhalb ihrer situationsspezifisch auftretenden Zwangsstörung voll und ganz funktionstüchtig sind. Wir sprechen also nicht über
Menschen, die an Psychosen, paranoide Halluzinationen oder schizophrenen Krankheitsbildern leiden.
Es ist klar, dass eine solche Analyse und die Phänomene, die wir dabei festgestellt haben,
Konsequenzen für den Therapieansatz haben. Wir müssen dabei berücksichtigen, dass wir
es mit Menschen zu tun haben, deren Zwangsgedanken eingebettet sind in ein besonderes
körperliches und seelisches Geschehen. Es ist charakterisiert z.B. durch situationsspezifisch
auftretende Phänomene wie Unvollständigkeitsgefühle, Empfindungen des Auflösens der
Grenzen zwischen Selbst und Fremd, Verflüchtigung von seelischen und körperlichen Strukturen, Zweifeln an der Kontrolle über das eigene Handeln, Zweifeln an der Verläßlichkeit der
eigenen bewußt empfundenen Motive.
Allgemein ausgedrückt hat die Therapie das Ziel, diese chaotische Erlebniswelt von
Zwangskranken neu zu ordnen und ihnen in Zwangssituationen die Rolle als handelnde Subjekte wieder zu geben, die sie ja in anderen Lebenssituationen nie verloren haben. Dem stehen Phänomene wie seelische und körperliche Auflösungstendenzen, scheinbare Risse im
Bewußtseinsstrom und Unvollständigkeitsgefühle massiv im Weg.
Den Prozeß des Wiederaufbaus solch einer angemessenen Realitätsfunktion nennen wir
„Subjektkonstituierung“.
Sie besteht in einer charakteristischen Reihe von Lernschritten, die nach Schwierigkeitsgrad
gestaffelt sind. Die Wichtigsten erfolgen mittels Expositionen in konkreten natürlichen Lebenssituationen. Dazu ist es notwendig, dass sich die Person nicht wie sonst passiv und willenlos als ferngesteuertes Objekt ihres Zwanges erlebt. Sie soll sich wieder als Subjekt eigenen Denkens und Handelns fühlen und das gerade dann, wenn durch den Zwang erhöhte
Erregung und Unlustgefühle hervorgerufen werden.
Wir wollen das an einem ganz einfachen Beispiel einer Exposition illustrieren. Ihr gehen Übungen voraus, bei denen das, was der Patient in vivo realisieren will, ausführlich geübt hat.
Mit dem Patienten, der so große Schwierigkeiten auf der Treppe hatte, steht der Therapeut,
am Eingang einer Markthalle. Wir skizzieren kurz einige wichtige Schritte:
1. Der Patient hat sich die Situation selbst ausgesucht. Er behält die ganze Zeit über die volle Kontrolle, er darf soweit gehen, wie er sich das zutraut und er darf jederzeit abbrechen.
2. Er orientiert sich nun: Wo bin ich, wie ist mir zumute, was will ich hier?
Er überblickt die Situation, läßt die optischen und akustischen Eindrücke auf sich wirken. Er
stellt einen angenehmen und sicherheitsverleihenden Zustand der mentalen und psychischen Spannkraft her, spürt den Boden unter seinen Fußsohlen, nimmt eine energischaufrechte Haltung ein usw.
3. Er aktiviert frühere angenehme Eindrücke, die er an dieser Stelle vor seiner Erkrankung
hatte, er erinnert sich an seine Lieblingsecken, usw.
4. Wenn er sich dazu in der Lage fühlt, trifft er den klaren Entschluß: Ich will jetzt allein hineingehen soweit und solange ich es mir zutraue. Wenn mir danach ist, werde ich mich fragen worauf ich Lust habe und etwas essen. Mit eventuell auftretenden Zwangsgedanken wie
„ich könnte im Vorbeigehen durch Schubsen oder durch Gegenstände andere verletzen
usw., habe ich bei der Vorbereitung der Exposition gelernt umzugehen.
5. Er gibt sich einen klaren Handlungsimpuls und geht los. Er sucht seine Lieblingsecken
aus, wählt etwas zu essen usw. Auf die Art erobert er allmählich wieder seinen Handlungsraum und aktiviert normale natürliche Bedürfnisse und führt präzise, energische und bis zu
einem sichtbaren Ergebnis durchgeführte Handlungen aus.
6. Sobald er sich dazu in der Lage fühlt, werden auch folgende zusammen mit dem Therapeuten eingeübte aus der Sicht des Zwanges „gefährliche“ Aktionen eingestreut wie:
--er sucht sich einen bestimmten Menschen aus, geht gerade auf ihn zu und geht dann an
ihm vorbei. Er achtet dabei immer wieder auf das Erleben der Distanz und der Grenzen zwischen Selbst und Fremd.
--er geht auf eine andere Person zu und geht so eng an ihr vorbei, dass er gerade noch ihre
Kleidung spürt. Auf eine andere geht er wiederum zu und läßt es zu einer deutlichen aber
harmlosen Berührung kommen, für die er sich dann kurz entschuldigt.
--er nimmt bewußt einen dicken Kürbis in die Hand, sucht sich jemand in seiner Nähe aus
und spürt bewußt das Gefühl der Kontrolle über die eigene Motorik. Auch wenn er den Kürbis in Richtung dieser Person bewegt, wird er ihn eben nicht werfen, weil er nicht das geringste innere Bedürfnis danach hat.
--er begibt sich in die obere Etage, stellt sich ganz dicht hinter jemand, der vor einem Geländer steht. Er streckt die Arme mehrmals in seine Richtung aus, spürt dabei die Bewegung,
die Muskelkontraktionen. Er sondiert sein Bewußtsein, ob er irgendetwas mit den ausgestreckten Armen zu tun gedenke und nimmt sie dann wieder runter.
Bei all diesen Übungen , wo er wirklich, wenn auch in harmloser Form handelt, stellt er immer wieder fest: es ist ja alles ganz anders, als in der Geisterwelt des Zwanges. Hier spüre
ich ja richtig etwas, mein Bewußtsein ist klar und es spielt sich nicht alles wie im Nebel ab.
7. Jeweils nach einiger Zeit hält er inne und vergegenwärtigt sich, was seit seinem Betreten
der Halle passiert ist. Was habe ich gemacht, welche Menschen sind mir aufgefallen usw.
8. Treten bei diesen Abläufen Zwangsgedanken auf, so werden sie nach einem vorher eingeübten Schema bewältigt:
a) sie werden als typische Zwangsgedanken identifiziert. Die Unterscheidungskriterien zwischen Zwangsgedanken und anderen Gedanken wurde ausführlich eingeübt.
b) sie werden eingeordnet nicht als Anzeichen einer Eigen- oder Fremdgefährdung, sondern
als Beleg dafür, dass seine Zwangserkrankung noch nicht ganz überwunden ist.
c) Er versucht sie nicht zu stoppen oder zu unterdrücken, sondern exponiert sich ihrem Inhalt
und seinen affektiven Begleiterscheinungen: „Mir ist jetzt der Gedanke gekommen, ich könne
mit diesem Kürbis auf diese ältere Dame werfen und habe einengehörigen Schreck bekommen. So ist das, wenn man noch Zwangsgedanken hat. Das sind die Abläufe, das ist immer
so.“
d) Er erhebt sich innerlich, wie es immer wieder geübt worden ist, über den Inhalt des Gedankens, läßt ihn weit unter sich: Er lebt in der realen Welt, dieser Gedanke betrifft irgend
eine Geisterwelt, mit der er nichts zu tun hat“
e) Sobald die Distanz ihm ausreichend groß erscheint, betrachtet er den Vorgang als erledigt
an und wendet sich wieder voll und ganz seiner Umgebung und seinen inneren Bedürfnissen
zu.
Nach denselben Prinzipien gehen wir bei anderen Patienten mit derselben Störung vor.
Wenn wir uns z.B. mit dem Hochschullehrer an einen Tisch setzen, dann ist er in der Lage
vor sich eine Akte und einen Kugelschreiber zu tolerieren, weil er ja davon ausgeht, dass wir
ihn ja davon abhalten würden, etwas Schlimmes zu schreiben. Nun folgen einfache Übungen: Er spürt die Distanz zwischen seiner Hand und dem Kugelschreiber. Dann verringert er
diese Distanz, fasst den Schreiber aber noch immer nicht an. Wie fühlt es sich an, wenn er
ihn wirklich anfasst? Dann nimmt er den Schreiber in die Hand und nimmt sich vor, nichts zu
schreiben. Dann macht er dieselben Übungen ohne Therapeutengegenwart, später dann an
der Uni. Jetzt nimmt er den Schreiber in die Hand und schreibt das Wort „Himmel“. Dann
nimmt er den Schreiber in die Hand und versucht, ohne es zu wollen, das Wort „Hölle“ zu
schreiben. So geht es weiter. Auf die Art erhält er allmählich wieder ein Gefühl dafür, was in
ihm vorgeht, wenn er etwas machen will und es auch macht. Vor allem auch erfährt er die
Unmöglichkeit etwas zu machen, wenn er es nicht machen will, d.h. wenn er seiner Motorik
nicht den bewussten Befehl gibt, z.B. einen Schreibvorgang auszuführen.
Mit dem Patienten, der glaubt, nicht ganz aus dem Baugerüst herauszukommen, werden wir
anfangen, an seinem Körpergefühl zu arbeiten. Er wird zuerst lernen, einfache Tätigkeiten
auszuführen und sich körperlich und seelisch ganz dabei zu spüren. Er muss das auch lernen, wenn seine Erregung sehr hoch ist, und wenn er unter dem Einfluss von negativen Gedanken steht.
Wir haben eben den typischen Ablauf von solchen Expositionen geschildert. Sie werden mit
aufsteigendem Schwierigkeitsgrad aufeinander aufgebaut. Wir wollen selbstverständlich
nicht den Eindruck erwecken, dass keine Schwierigkeiten oder Probleme dabei auftreten
können. Wenn es der Fall ist, ist der Therapeut am Anfang anwesend, wie z.B. am Eingang
der Markthalle, um sie mit dem Patienten zu besprechen. Dann werden gemeinsam Mikroanalysen von schwierigen Situationen erstellt, aus denen hilfreiche Maßnahmen für die
nächsten Versuche hergeleitet werden. Solche Expositionen bilden Bausteine im Rahmen
von komplexen Therapieplänen, bei denen die Patienten auch lernen, die Entstehung der
Zwangsstörung auf dem Hintergrund ihrer Lebensgeschichte zu verstehen und sich immer
mehr von dem Zwangssystem zu distanzieren. Sie lernen auch Funktionalitäten im Sinne
von HAND aufzulösen, die der Zwang im Laufe ihrer Krankheitsgeschichte angenommen
hat.
Auf die Art wollen wir Zwangskranken dabei helfen, immer mehr wieder zu fühlenden und ihr
Leben selbst steuernden Menschen zu werden. Wir hoffen, wir konnten Ihnen einen Eindruck
von unserer Arbeitsweise vermitteln.
Kontakt: ([email protected])
Holzschneider, Kathrin, Buhlmann, Ulrike, & Wilhelm, Sabine
Poster: „Selbstdiskrepanzen bei Körperdysmorpher Störung“
Die Körperdysmorphe Störung ist gekennzeichnet durch eine übermäßig starke Besorgnis
um einen eingebildeten oder leichten Defekt im körperlichen Aussehen. Assoziierte Merkmale der Körperdysmorphen Störung sind u.a. das wiederholte Überprüfen des Aussehens in
Spiegeln und das Vergleichen des eigenen Aussehens mit dem Aussehen anderer.
Ideales und tatsächliches Selbst weisen bei verschiedenen Störungsbildern charakteristische
Abweichungen auf. So zeigen beispielsweise depressive Patienten eine erhöhte Diskrepanz
zwischen idealem und tatsächlichem Selbst. Auch bei der Körperdysmorphen Störung wurde
eine erhöhte Selbstdiskrepanz gefunden. Veale et al. (2003) wiesen bei Patienten mit Körperdysmorpher Störung, im Vergleich mit Gesunden, eine signifikant größere Diskrepanz
zwischen idealem und tatsächlichem Selbst, bezogen auf physische Attribute, nach. Ziel der
vorliegenden Untersuchung ist die Replikation und Erweiterung dieser Ergebnisse. Im speziellen wurden Diskrepanzen zwischen idealem und tatsächlichem Selbst bei n=16 Patienten
mit Körperdysmorpher Störung mit Selbstdiskrepanzen bei n=17 gesunden Kontrollprobanden verglichen. Gemessen wurden Selbstdiskrepanzen mit dem Actual and Ideal Selves
Questionnaire, weiterhin wurde der Schweregrad körperdysmorpher und depressiver Symptome sowie die Wichtigkeit der äußerlichen Erscheinung erhoben. Patienten mit körperdysmorpher Störung zeigten eine erhöhte Diskrepanz zwischen idealem und tatsächlichem
Selbst. Weiterhin nannten Patienten mehr Attribute, die sich auf äußere Erscheinung beziehen und zeigten in diesem Bereich größere Selbstdiskrepanzen als gesunde Kontrollprobanden. Die Ergebnisse aus früheren Studien wurden somit bestätigt und auf nicht-physische
Charakteristika erweitert. Weiterhin können erhöhte Selbstdiskrepanzen, sowohl für physische als auch für nicht-physische Attribute, teilweise die erhöhte Depressivität in der Patientengruppe erklären.
Kontakt: ([email protected])
Jänsch, Petra, Zaudig, Michael, Röper, Gisela, Hauke, Walter & Piesbergen, Christoph
Vortrag: „Der frühe Beginn der Zwangsstörung: Einfluss auf Symptomatik und Schweregrad“
Vorliegende Untersuchung geht der Fragestellung nach, ob eine Zwangsstörung, die bereits
im Kindes- bzw. Jugendalter ihren Beginn aufweist, sich von einer Zwangsstörung mit Beginn im Erwachsenenalter hinsichtlich der Schweregrades und der Symptomatik unterscheidet. Dazu wurde eine Stichprobe von 370 Patienten mit Zwangsstörung (ICD-10 F 42), die
sich zwischen 1998 und 2002 stationär in der Psychosomatischen Klinik Windach befanden
in eine Early-Onset-Gruppe (Störungsbeginn bis einschließlich 15 Jahre) und in eine LateOnset-Gruppe (Störungsbeginn ab 16 Jahre) aufgeteilt. Die Gruppen wurden über ICD-10Diagnosen und Y-BOCS-Werte verglichen. Hinsichtlich des Schweregrades der Erkrankung
zeigte sich, dass die Early-Onset-Gruppe häufiger an einer „massiven“ Form der Zwangsstörung leidet als die Vergleichsgruppe. Bezüglich der Symptomatik zeigte sich, dass die EarlyOnset-Gruppe sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit unter einer größeren
Symptomvielfalt leidet bzw. litt. Darauf deutete die größere Häufigkeit der Diagnose
„Zwangsgedanken und –handlungen, gemischt“ (ICD-10 F 42.2) und eine höhere Anzahl
vorhandener Symptomen in der Y-BOCS Symptomcheckliste hin. Weiter ergaben sich Unterschiede in verschiedenen spezifischen Inhalten von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen. Jedoch ließ sich die Frage, ob es sich bei der Zwangsstörung mit Beginn im Kindesund Jugendalter um einen abgrenzbaren Subtypus handelt, in dieser Untersuchung nicht
eindeutig klären und bedarf weiterer Forschungen.
Kontakt:
Petra Jänsch
CIPM (Centrum für Integrative Psychotherapeutische Medizin)
Nymphenburger Str. 185, 80634 München
Michael Zaudig
Psychosomatische Klinik Windach, Schützenstraße 100, 86949 Windach
Gisela Röper
Institut für Klinische Psychologie, Ludwig-Maximilians -Universität, München,
Leopoldstraße 13, 80802 München
Walter Hauke
Psychosomatische Klinik Windach, Schützenstraße 100, 86949 Windach
Christoph Piesbergen
Institut für Klinische Psychologie, Ludwig-Maximilians -Universität, München,
Leopoldstraße 13, 80802 München
Jelinek, Lena, Moritz, Steffen, Heeren, Deike & Naber, Dieter
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf; Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Poster: „Keine Beeinträchtigung alltagsrelevanter Gedächtnisfunktionen bei Zwang“
Entsprechend früher neuropsychologischer Theorien der Zwangsstörung nehmen Gedächtnisbeeinträchtigungen eine pathogenetische Rolle bei der Entstehung von Kontrollzwängen
ein. Empirische Befunde zu Gedächtnisfunktionen bei Zwang sind aktuell jedoch als heterogen zu bewerten; alltagsrelevante Gedächtnisfunktionen sind bei Zwangserkrankten bisher
kaum untersucht worden. In der vorliegenden Studie wurde die Gedächtnisleistung von 31
Zwangspatienten and 33 gesunden Kontrollprobanden mit dem Rivermead Behavioural Me-
mory Test (RBMT) erfasst. Dieser Test umfasst eine Bandbreite alltagsrelevanter verbaler
und nonverbaler Gedächtniskomponenten sowie das prospektive Gedächtnis. In allen Parametern zeigten sich die Zwangspatienten der gesunden Kontrollgruppe vergleichbar (p > .1).
Auch unter Zugrundelegung externer Normwerte ist die Gedächtnisleistung der Zwangspatienten als unbeeinträchtigt zu beurteilen. Die vorliegenden Ergebnisse widersprechen der
Annahme, dass Gedächtnisdefizite bei der Entstehung von (Kontroll-)Zwängen beteiligt sind.
Kontakt:
[email protected])
Kathmann, Norbert1, Bauer, Anja3, Geissner, Edgar2,3, Hauke, Walter4, Zaudig, Michael4,
Endrass, Tanja1
1
Humboldt-Universität zu Berlin
2
Ludwig-Maximilians-Universität, München, 3Medizinisch-Psychosomatische Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
4
Psychosomatische Klinik Windach
Poster: „Defizite im Prozeduralen Lernen bei Patienten mit Zwangsstörungen“
Abstract: Prozedurales Lernen, gemessen mit der serial reaction time task (SRTT) ist ein
Indikator fronto-striataler Hirnfunktionen. Neuropsychologische und funktionell-bildgebende
Untersuchungen haben Hinweise erbracht, dass Zwangsstörungen (obsessive compulsive
disorder: OCD) mit fronto-striatalen Dysfunktionen einhergehen (Saxena et al., 1998). Deckersbach et al. (2002) berichteten über ein Experiment, das eine verminderte prozedurale
Lernleistung bei OCD-Patienten zeigt, wenn diese gleichzeitig eine Gedächtnisaufgabe lösen
müssen (dual task). Wir sind in zwei Experimenten diesem Befund weiter nachgegangen. In
Experiment 1, durchgeführt mit 33 OCD-Patienten und 27 Kontrollprobanden fand sich eine
reduzierte prozedurale Lernleistung bei den Patienten in einer single task SRTT (p = .005).
Das Defizit bliebe auch nach Symptombesserung bestehen (Kathmann et al., 2005). In Experiment 2 mit neuen Stichproben (22 OCD-Patienten, 21 Gesunde) verwendeten wir single
und dual task SRTT. In beiden Bedingungen zeigte sich erneut das Lerndefizit.
Es wird gefolgert, dass es Defizite in der prozeduralen Lernleistung bei OCD-Patienten gibt,
die unabhängig vom gleichzeitigen working memory load auftreten. Dies repliziert und erweitert die Befunde von Deckersbach et al. (2002) an zwei neuen Stichproben. Die Befunde
unterstützen das fronto-striatale Modell der Zwangsstörung. Weitere Forschung ist nötig, um
zu untersuchen, ob die gefundenen Defizite spezifisch für Zwangserkrankungen sind.
Referenzen: Deckersbach, T.,Savage, C.R., Curran, T., Bohne, A., Wilhelm, S., Baer, L., Jenike,
M.A., Rauch, S.L. (2002). A study of parallel i,mplicit and explicit information processing in patients
with obsessive-compulsive disorder. American Journal of Psychiatry, 159, 1780-1782.
Kathmann N, Rupertseder, C, Hauke W, Zaudig M (2005). Implicit sequence learning in obsessivecompulsive disorder: Further support for the fronto-striatal dysfunction model. Biological Psychiatry,
58, 239-244.
Saxena, S., Brody, A.L., Schwartz, J.M. & Baxter, L.R. (1998). Neuroimaging and frontal-subcortical
circuitry in obsessive-compulsive disorder. British Journal of Psychiatry, 173 (35), 26-37.
Kontakt: [email protected]
Kaufmann, Christian ([email protected])
Vortrag
wird ergänzt
Kischkel, Eva, Spielberg, Rüdiger & Kathmann, Norbert
Vortrag: „Die Versorgungssituation für Zwangsstörungen im Raum Berlin „
Der Vortrag gibt einen Überblick über die Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit
Zwangserkrankungen im Großraum Berlin. Die einzelnen Zugangswege, wie Gelbe Seiten,
Internet, Berufsverbände und Selbsthilfegruppen werden dargestellt und auf ihren Informationsgehalt geprüft. Es wird deutlich, dass es aus Patientensicht nahezu unmöglich ist sich
über diese Medien einen Überblick über das Behandlungsangebot zu verschaffen. Es gibt
zwar ausreichend Adressen an die sich ein Betroffener wenden kann, aber es ist nicht zu
erfassen, welcher Therapeut wirklich als Schwerpunkt Zwangserkrankte behandelt. Eine Umfrage unter in und um Berlin ansässigen Kliniken ergab ein ähnliches Bild, erst durch das
konkrete Nachfragen nach Verhaltenstherapie und Exposition mit Reaktionsverhinderung
konnte die Güte der Behandlungen abgewogen werden. Fazit ist, dass nur der Patient, der
konkrete Fragen zur Behandlung stellt auch an die richtigen Stellen gelangen kann.
Workshop mit Spielberg, Rüdiger
„Gruppentherapie bei Zwangsstörungen“
Patienten mit Zwangserkrankungen eilt nach wie vor der Ruf voraus, „schwierig“ oder gar
„unbehandelbar“ zu sein.
Tatsächlich stellt die kognitive Verhaltenstherapie in Verbindung mit angemessener Diagnostik und der klinischen Expertise des Behandlers ein gutes Instrumentarium dar, um die Symptomatik der Betroffenen erheblich zu reduzieren, ihre Lebensqualität zu verbessern und sie
in die Lage zu versetzen, bisher nicht gemeisterte Entwicklungsaufgaben anzugehen.
Ausgehend von der in der Hochschulambulanz für Psychotherapie der Humboldt-Universität
zu Berlin durchgeführten kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppenbehandlung von Patienten mit Zwangsstörungen werden die unterschiedlichen Phasen der Behandlung sowie
typische Schwierigkeiten und deren Bewältigung dargestellt.
Ein besonderer Schwerpunkt des Seminars liegt auf der Klärung und dem Aufbau von Therapiemotivation und der konkreten Durchführung von Expositionsübungen.
Poster mit Spielberg, Rüdiger
„Die Spezialambulanz für Zwangsstörungen am Psychologischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin“
Es wird das Behandlungsangebot, die Zugangsmodalitäten und die Verzahnung der Spezialambulanz für Zwangsstörungen mit Forschungsprojekten der Abteilung dargestellt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt zusätzlich auf der Darstellung der Elemente des manualisierten
verhaltenstherapeutischen Gruppenbehandlungsprogrammes von Patienten mit Zwangserkrankungen in der Ambulanz.
Kontakt: [email protected]
Kordon, Andreas1, Koch, N.1, Voderholzer, U.2, Zurowski, B.1, Wahl, K.1, Vielhaber K 2, Hohagen F 1
1
University of Luebeck, Department of Psychiatry and Psychotherapy, Ratzeburger Allee
160, D-23538 Luebeck, Germany
2
Department of Psychiatry and Psychotherapy, University of Freiburg Medical School,
Hauptstr. 5, D-79104 Freiburg, Germany
Vortrag: “Quetiapin augmentation in severe Obsessive Compulsive Disorder (OCD) –
Pilot-Study”
Objective: Although patients with obsessive-compulsive disorder (OCD) benefit from treatment with serotonin reuptake inhibitors (SRIs), it is estimated that 40 to 60 % of the patients
remain unimproved.
The objective of the study was to evaluate the efficacy and tolerability of quetiapine or placebo added to baseline treatment of SRIs (= SSRI / clomipramine) for the treatment of OCD
in severely ill adult subjects. Patients received treatment for 12 weeks. The total Yale-BrownObsessive-Compulsive-Scale (Y-BOCS) score was the primary efficacy parameter. A responder was defined as having a decrease of ≥ 30% in the total Y-BOCS score.
Method: Thirty-nine patients (18 men / 21 women, mean ± SD age = 34,2 ± 9.2 years) with
primary OCD according to DSM-VI criteria participated in a 12-week, double-blind, placebocontrolled trial. They were randomly assigned to dosages titrated upward to 400 mg/day of
quetiapine (N=19) or to placebo (N=20) in addition to their SRI treatment. During the continuation phase (8 weeks) subjects received different dosages between 400 and 600 mg/d
depending on clinical response. Participants were recruited between June 2002 and January
2006 in two centres (16 in Freiburg, 23 in Luebeck).
At entry, all patients were unresponsive to courses of at least 12 weeks treatment with SRIs
in defined minimum dose (clomipramine 175 mg/d, fluvoxamine 200 mg/d, citalopram,
fluoxetine, paroxetine 40 mg/d, setraline 100mg/d). Primary efficacy was assessed according to changes from baseline on the Y-BOCS.
Results: Intent-to-treat, last-observation-carried-forward analysis demonstrated a mean ±
SD decrease in Y-BOCS score of 5.2 ± 5.4 in the quetiapine group and 3.9 ± 4.9 in the placebo group. The analysis of treatment effects between the two groups shows no significant
difference (differences of least square means = -1.43; p = 0.40). There were no significant
group differences in any of the other self rating scales (Beck Depression Inventory (BDI);
Patient Global Impression Scale (PGI); Quality of Life (SF-36)) or clinician administered rating scales (Hamilton Depression Rating Scale (HAM-D); Clinical Global Impression Scale
(CGI); Egosyntonic Scale; Yale Global Tic Severity Scale (YGTSS)). Six (33%) of 18 patients
in the quetiapine group and six (30%) of 20 patients in the placebo group were responders.
The most common side effects in the quetiapine group were somnolence, dry mouth and
dizziness.
Conclusion: The results of this study show that the augmentation of SRI treatment in severe
OCD has no additional effect. Quetiapine was generally well tolerated.
Kontakt: A. Kordon, M.D., email: [email protected]
Laws, Manuela, Göllner, J., Piesbergen, C., Röper, G., Hauke, W., Zaudig, M.
Vortrag: „Prädiktoren für Therapieerfolg bei frühem bzw. spätem Beginn einer
Zwangsstörung“
Ein neurer Ansatz, um besser verstehen zu können, warum zwischen 20 % und 40 % der
Zwangserkrankten nicht von der üblichen (behaviouralen) Therapie profitieren, besteht darin,
das Ersterkrankungsalter als möglichen diskriminativen Faktor zwischen Respondern und
Nonrespondern zu untersuchen. Diesem Ansatz folgend wurden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung Daten von 254 Patienten (63 mit einem frühen, EOCD, und 191 mit spätem Störungsbeginn, LOCD), die sich im Zeitraum von 1998 bis 2002 einer stationären psychotherapeutischen Behandlung in der Klinik Windach unterzogen haben, in Hinblick auf
mögliche Prädiktoren, die zu einem Unterschied im Therapieerfolg führen, untersucht.
Der Therapieerfolg wurde definiert als eine Reduktion des Y-BOCS-Gesamtwertes zum Entlassungszeitpunkt von entweder 30 % oder 50 %. Nach ausführlicher Literaturrecherche
wurden potentielle Prädiktoren auf einen signifikanten Zusammenhang mit dem Therapieerfolg untersucht. Variablen, die sich als mit dem Therapieergebnis signifikant zusammenhängend herausgestellt haben, wurden anschließend einer binären logistischen Regressionsanalyse unterzogen.
Für Patienten mit einem frühen Störungsbeginn ergaben sich sowohl eine hohe Motivation
als auch hohe initiale Y-BOCS-Werte als Prädiktoren für einen Therapieerfolg. Ein höheres
Alter zu Beginn der Behandlung, mehrere Aufenthalte in einem stationärem psychiatrischen
Setting und ein geringer Punktescore auf der sozialkommunikativen Unterskala des BSS
erwiesen sich als Prädiktoren für ein negatives Therapieergebnis.
Als Prädiktoren für einen positiven Therapieerfolg bei Patienten mit einem späten Störungsbeginn ergaben sich eine hohe Motivation, die einvernehmliche Beendigung der Behandlung
und eine stabile (längerfristige) Partnerschaft. Negativ auf den Therapieerfolg wirkten sich
längere Aufenthalte in einem stationären psychiatrischen Setting und hohe initiale Werte in
der BSS-Subskala, die die psychologische Einschränkung abbildet, aus.
Kontakt: über Frau Röper
Moritz, Steffen & Jelinek, Lena
Vortrag: „Assoziationsspaltung: eine neue Technik zur Reduktion von Zwangsgedanken“
Aufdringliche und subjektiv als quälend empfundene Gedanken stellen Hauptsymptome der
Zwangserkrankung, welche auf verhaltenstherapeutische Standardinterventionen oft unzureichend ansprechen. Nur etwa jeder zweite Patient profitiert substantiell von einer Monooder Kombinationstherapie von Psychotherapie und Psychopharmaka. Dieser Befund unterstreicht die Notwendigkeit alternativer Therapiemaßnahmen. Im Vortrag wird eine von uns
entwickelte Methode (Assoziationsspaltung) zur Reduktion von Zwangsgedanken vorgestellt.
Rational und Beschreibung der Methode können kostenlos unter folgendem Link abgerufen
werden: http://www.uke.uni-hamburg.de/kliniken/psychiatrie/index_31780.php. Die Methode
wurde im Rahmen einer internetbasierten Machbarkeitsstudie ohne Kontrollarm in Selbstanwendung an 30 Zwangspatienten evaluiert. Innerhalb des Interventionszeitraums von 3 Wochen ergab sich eine Erfolgsrate von 33% (intention-to-treat Auswertung) bzw. 42% (per protocol Auswertung). Erfolg wurde als Abnahme der Symptomatik um mindestens 35% definiert. In zukünftigen Studien soll geprüft werden, ob die therapeutengestützte Anwendung
dieser Technik als add-on im Rahmen einer modernen Expositions-Response-Management
Behandlung zu einer stärkeren Symptomabnahme führt als eine Standardbehandlung mit
aktiver Kontrollintervention. Es wird erwartet, dass Assoziationsspaltung sich als wirksame
Intervention zur Reduktion von Zwangsgedanken erweist.
Kontakt: [email protected]
Müller, Holger
Workshop: „Öffentlichkeitsarbeit zu Zwangsstörungen durch Selbsthilfegruppen und
Betroffene“
Zielgruppe: Betroffene, Angehörige, Selbsthilfegruppen, Therapeuten
Zielstellung: Dieser Workshop will Selbsthilfegruppen (SHG) und Betroffene, aber auch
Fachpraktiker, Gelegenheit geben,
Möglichkeiten und Methoden der Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Zwangsstörung kennen zu
lernen
Motivation zur Öffnung zu erhalten
mit anderen Betroffenen und SHG Erfahrungen auszutauschen
Inhalt
Der Referent erläutert verschiedene Möglichkeiten an Hand seiner Erfahrungen und Beispielen. So wird gezeigt wie entsprechendes Infomaterial oder eine Homepage aussehen kann,
aber auch welche Medien für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden können. Folgende
Punkte werden dabei behandelt:
1. Ziele und Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit
2. Betroffene und Öffentlichkeitsarbeit
3. Methoden der Öffentlichkeitsarbeit
4. Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit
1.)
Ziele der Öffentlichkeitsarbeit sind das Wachsen der Chancen beim Mitgliederzuwachs und
bei der Zusammenarbeit mit Ämtern und Behörden, sowie die Gewinnung von Sponsoren.
Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit ist u. a. die Interessen einer Organisation oder Gruppe
nach Außen zu vertreten, Imageaufbau und -pflege zu leisten und über die Ziele und Arbeit
der Organisation oder Gruppe zu informieren.
Zur Öffentlichkeitsarbeit gehören u. a. der Kontaktaufbau, Information und Auswertung, aber
auch die Entwicklung von Kampagnen.
2.)
Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Zwangsstörung ist von enormer Bedeutung,
- um die Gesellschaft auf das Krankheitsbild Zwangsstörung aufmerksam zu machen,
- Aufklärung von Angehörigen und des sozialen Umfelds Betroffener zu leisten,
- Betroffene zu motivieren gegen die Erkrankung, sei es durch Therapie oder Selbsthilfe etwas zu tun.
- um für die Selbsthilfegruppe zu werben.
In dem Workshop werden Probleme von Betroffenen bei der Öffnung nach Außen, aber auch
der Vorteil der PR-Arbeit durch und für Betroffene behandelt. So kann durch die Öffnung das
Selbstwertgefühl des Betroffenen wieder zurück gewonnen werden und hilfreich bei der Bewältigung der eigenen Zwangsstörung sein.
3)
Im dritten Punkt werden die verschieden Methoden der Öffentlichkeitsarbeit behandelt. Ausgehend von einer Zielgruppenanalyse, können geeignete Methoden der PR-Arbeit genutzt
werden. Diese reichen von Info-Material, -veranstaltungen und –stände, über Pressearbeit
bis hin zur Nutzung der elektronischen Medien Rundfunk, TV und Internet. Im Workshop
werden an Hand von praktischen Beispielen die verschiedenen Methoden der Öffentlichkeitsarbeit und deren Nutzung genauer dargestellt.
4)
Es gibt für die Arbeit der Selbsthilfegruppen unterschiedliche Möglichkeiten der Unterstützung. Diese kann sowohl ideell, material oder finanziell sein. Weiter werden Möglichkeiten
der Förderung und Unterstützung, z. b. durch Krankenkassen, Kommunen u. a., und wie
diese beantragt werden können, in dem Workshop vorgestellt.
Kontakt:
Holger Müller,
Vorstandsmitglied und Landesbeauftragter Bayern
der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e. V.
Herrngasse 9
91757 Treuchtlingen
[email protected]
Müller-Vahl, Kirsten
Abteilung Klinische Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover
Vortrag: „Komorbidität von Tic und Zwang“
Tics sind unwillkürliche Bewegungen (motorische Tics) bzw. unwillkürlich hervorgebrachte
Geräusche (vokale Tics). Sie sind vermutlich die häufigste Bewegungsstörung überhaupt mit
einer geschätzten Prävalenz von bis zu 15%. Nur in der Minderzahl der Fälle ist die Ausprägung der Tics derart stark, dass die Symptome Krankheitswert erreichen. Die häufigste TicStörung ist das Tourette-Syndrom (TS), welche durch multiple motorische und mindestens
einen vokalen Tic mit einer Dauer von mehr als einem Jahr und einem Beginn in der Kindheit
gekennzeichnet ist. Das Tourette-Syndrom geht in der Mehrzahl der Fälle mit Komorbiditäten
einher, besonders häufig finden sich Zwangssymptome und ein AufmerksamkeitsdefizitHyperaktivitäts-Syndrom (ADHS).
Aus klinischer Sicht besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Tourette-Syndrom und
der Zwangserkrankung: einerseits weisen bis zu 80% der TS-Patienten neben Tics auch
Zwangssymptome auf, andererseits bestehen auch bei Zwangspatienten häufig geringe Tics.
Während Tics in erster Linie mit Dopamin-Rezeptorblockern (Neuroleptika, NL) behandelt
werden, sind Serotoninwiederaufnahmehemmer (SRI) auch bei TS-Patienten zur Behandlung der Zwangssymptome effektiv. Zudem kann in der Behandlung von Zwangspatienten
eine Wirkungsverstärkung der SRI mit NL erzielt werden. Die Verhaltenstherapie zur Behandlung der Zwänge scheint bei Patienten mit Tourette-Syndrom hingegen weniger erfolgreich zu sein als bei Zwangspatienten.
Weitere Gemeinsamkeiten beider Erkrankungen sind ein Beginn im Kindes- oder Jungendalter, ein fluktuierender Verlauf und ganz allgemein das Auftreten von unwillkürlichen, wiederkehrenden Verhaltensweisen. Neuroanatomisch wird sowohl beim TS als auch bei der
Zwangserkrankung eine Fehlfunktion in fronto-subcorticalen Regelkreisen angenommen.
Bemerkenswert ist, dass die Art und Ausprägung der Zwänge bei Patienten mit TouretteSyndrom von jenen mit einer Zwangsstörung differiert: so ist ein Waschzwang bei TS relativ
selten, hingegen finden sich sehr oft ein sogn. „Genau-richtig-Gefühl“, Kontrollzwänge und
ein Drang, Gegenstände zu berühren oder an diesen zu riechen oder zu lecken.
Bei Tourette-Patienten ist es zuweilen nicht möglich, ein Symptom eindeutig einem Tic oder
einer Zwangshandlung zuzuordnen. Es scheint einen fließenden Übergang zwischen diesen
Symptomen zu geben. Nicht nur aus klinischer Sicht, sondern auch anhand der heute bekannten Pathogenese beider Störungen stellt sich daher die Frage, ob TS und Zwangsstörung als „Spektrum-Erkankungen“ mit gemeinsamer pathologischer Grundlage verstanden
werden sollten.
Kontakt:
PD Dr. Kirsten R. Müller-Vahl, Abteilung Klinische Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover, [email protected]
Onken, Rieke, Brandt, Nadja & Wölk, Christoph
Universität Osnabrück
Poster: „In vivo“ Befindlichkeitsmessung mit einem auf Handy-SMS basierenden Monitoring-System bei von Zwangsstörungen und Trichotillomanie Betroffenen“
Technische Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation eröffnen Psychotherapeuten
die Möglichkeit, Routinetätigkeiten technisch zu realisieren, um persönliche therapeutische
Kontakte intensiver nutzen zu können.
Ziel dieser Untersuchung war es, das auf Handy-SMS basierende Befindlichkeits-MonitoringSystem „Psy-Mon“ hinsichtlich seiner praktischen Anwendbarkeit bei von einer Zwangsstörung oder Trichotillomanie Betroffenen zu überprüfen. Ferner war von Interesse, ob durch
diese neuartige Form der Erhebung von psychophysischer Befindlichkeit bei den Versuchsteilnehmern therapeutisch wünschenswerte Auswirkungen, besonders das Erleben
ihrer Emotionalität betreffend, nachweisbar sind.
Die Auswahl der beiden untersuchten Störungsbilder geschah in Hinblick auf wiederholt beschriebene Anomalien im emotionalen Erleben und Verhalten von Zwangskranken bzw. der
zentralen Rolle, die das emotionale Geschehen bei der Symptomatik des Haareausreißens
beim Vorliegen einer Trichotillomanie spielt.
Eine Gruppe mit von einer Zwangstörung Betroffenen (n=20), eine Gruppe mit von Trichotillomanie Betroffenen (n=20), sowie eine Kontrollgruppe (n=20) wendeten das Psy-MonSystem über 4 Wochen hinweg an. Hierbei wurde jedem Versuchsteilnehmer dreimal täglich
zu vorher individuell vereinbarten Zeiten eine SMS geschickt, in der er dazu aufgefordert
wurde, auf 5 Dimensionen mit den Rating-Stufen 1-9 seine momentane psychophysische
Befindlichkeit als Antwort-SMS an das Psy-Mon-System zu schicken. Für einen Prä-postVergleich die psychische Situation der Versuchsteilnehmer betreffend, wurden Fragebögen
eingesetzt, die das emotionale Verhalten und Erleben erfassen.
Die täglich erhobenen Monitoring-Daten zeigen in allen psychophysischen Dimensionen bezüglich der Schwankungen innerhalb eines Tages (gemessen in Standardabweichung pro
Person und Tag) eine Reduktion der Streubreite, was einer Annäherung des Antwortverhaltens der beiden Betroffenengruppen an das der Kontrollgruppe entspricht. Eine derartige
Interpretation dieses Ergebnisses wird gestützt von (zum Teil signifikanten) in ihrer Richtung
erwartungsgemäßen Veränderungen im Prä-post-Vergleich der Fragebogenskalen zum Erleben von Emotionen (SEE), sowie von den subjektiven Rückmeldungen der Teilnehmer in
einer strukturierten Nachbefragung. Zusätzlich lässt sich vor allem in der Gruppe der
Zwangserkrankten eine deutliche Verringerung der gesamten psychischen Belastung (SCL90-R) und der Depressivität (ADS) feststellen.
Die Befunde deuten darauf hin, dass ein Handy-gestütztes Befindlichkeits-Monitoring bei von
einer Zwangsstörung oder Trichotillomanie Betroffenen zu einer Normalisierung im Erleben
der eigenen Emotionen führt und dadurch zu einem verbesserten Umgang mit der eigenen
Emotionalität beitragen kann.
Wölk, C. & Seebeck, A. (2006). Einsatz von Computern in der ambulanten Verhaltenstherapie. In: S. Fricke, M. Rufer & I. Hand (Hrsg.). Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen. Fallbasierte Therapiekonzepte. Urban & Fischer bei Elsevier.
Kontakt: [email protected]
Peters, Antonia
Workshop: „Workshop zur Trichotillomanie“
Antonia Peters, selbst Betroffene, berichtet über ihre eigenen Erfahrungen mit Trichotillomanie und zeigt auf, welche Möglichkeiten der Therapie und Unterstützung zur Verfügung stehen. Frau Peters leitet seit 6 Jahren die Infostelle Trichotillomanie, die Betroffenen und Angehörigen Beratung anbietet und Mut macht, sich auf fachliche Unterstützung einzulassen,
um die Krankheit zu überwinden.
Darüber hinaus sollen diese Fragen mit den Teilnehmern erörtert werden:
1.- Was kann und muss ich als Patient selbst zum Erfolg meiner Therapie beitragen?
2.- Wie kann ich auch nach der Therapie meine Eigenwahrnehmung und Eigenliebe fördern
und stärken.
Der Workshop richtet sich an Betroffene, Angehörige, Therapeuten und Interessierte.
Kontakt und weitere Informationen:
Info- und Beratungsstelle Trichotillomanie
Antonia Peters
Papenstr. 63 B
Tel. 040-200 61 39
Mail: [email protected]
Sprechzeiten: Mo.,Di.,Mi. u. Fr. 10-12 Uhr
Mo. u. Di. 18-22 Uhr
Trichotillomanie im Internet:
www.Trichotillomanie.de
www.Trich.de
www.TrichKind.de/vu
Reinecker, Hans
Vortrag: „Zwangsstörungen: Befunde zum Vorfeld der Behandlung“
Für die Behandlung von Zwangsstörungen gibt es mittlerweile bewährte und effektive Verfahren und zwar sowohl aus dem Bereich der Kognitiven Verhaltenstherapie als auch der
Medikamentösen Therapie (bzw. der Kombinationsbehandlung). Ein Problem scheint aber
die Versorgung von Betroffenen mit eben diesen bewährten Strategien zu sein.
Ziel mehrerer Untersuchungen war es, das Vorfeld der Behandlung genauer zu erfassen: 30
Pat. der Klinik in Windach wurden zu diesem Zweck genauer über die Situation vor dem Klinikaufenthalt befragt (und z. T. mit 22 Pat. mit Angststörungen verglichen). Zentrales Ergebnis ist, dass Patienten lange Zeit zögern, nach Behandlungsmöglichkeiten zu suchen. Ausgewählte Details der Untersuchung werden referiert, ebenso wie Implikationen für die Versorgungspraxis.
Kontakt: [email protected]
Röper, Gisela
Maximilians Universität, München
Vortrag: „Entstehung und Aufrechterhaltung der Zwangsstörung“
Der Vortrag befasst sich mit theoretischen Modellen zur Entstehung und Aufrechterhaltung
der Zwangsstörung. Einflussreiche Theorien werden unter der Perspektive ihrer Bedeutung
für die Therapieentwicklung abgehandelt. Die Darstellung beinhaltet verhaltenstheoretische,
kognitive und entwicklungspsychopathologische Modellvorstellungen.
Neben der Betrachtung, in wiefern Theorien Eingang in die Therapieentwicklung genommen
haben, wird weiter beleuchtet, was theoretische Modelle für die Erarbeitung eines individuellen Störungsmodells leisten können und welche Bedeutung diese für die Therapie einnehmen.
Kontakt: [email protected]
Rufer, Michael, Fricke, S., Moritz, S. & Hand, I.
Vortrag: „Zwangssymptom-Dimensionen und deren Bedeutung für die Behandlung“
In den letzten Jahren wurden von mehreren Arbeitsgruppen deutliche Fortschritte bei der
Subtypisierung von Zwangsstörungen auf der Basis von faktoranalytisch errechneten Symptomdimensionen gemacht. Eine solche Subgruppenbildung der sehr heterogenen Zwangsstörungen ist unter anderem für genetische und neurobiologische Untersuchungen sowie für
Therapiestudien von grosser Bedeutung. Insbesondere wenn diese Subgruppen zeitlich stabil sind, könnten sie zu der Vorhersage von Therapie-Misserfolgen und damit zu modifizierten Behandlungsstrategien beitragen. In diesem Vortrag werden die Ergebnisse von zwei
aktuellen Studien berichtet, in denen (a) die zeitliche Stabilität von Zwangssymptomdimensionen und (b) der mögliche Zusammenhang dieser Symptomdimensionen mit dem Ansprechen auf Verhaltenstherapien untersucht wurden. Die Zwangssymptome wurden mit der
Symptomcheckliste der Yale–Brown Obsessive–Compulsive Scale erfasst. In der ersten
Studie wurden 43 von 54 Patienten mit Zwangsstörungen nach im Mittel 6 Jahren erneut
interviewt; in der zweiten Studie wurden 104 Patienten mit Zwangsstörungen vor und direkt
nach kognitiver Verhaltenstherapien (alleine oder in Kombination mit Antidepressiva) untersucht. Die Symptomdimensionen erwiesen sich als zeitlich stabil, trotz verschiedenster Behandlungen in dem naturalistischen 6-Jahres Follow-up Zeitraum. Das Vorliegen von Symptomen der Dimension „Sammeln und Aufbewahren von Gegenstände“ (Zwangshandungen
und
–gedanken)
war
mit
einem
schlechteren
Ergebnis
der
kognitivverhaltenstherapeutischen Behandlungen verbunden. Die Bedeutung dieser Ergebnisse für
die Praxis wird am Ende des Vortrages ausführlich diskutiert.
Kontakt:
PD Dr. Michael Rufer
Psychiatrische Poliklinik, Universitätsspital Zürich
Culmannstr. 8
CH-8091 Zürich
[email protected]
Simon, Daniela
Humboldt-Universität zu Berlin
Vortrag: „Emotionsverarbeitung und Hirnfunktion bei Zwangsstörungen“
Das Symptomerleben der Zwangserkrankung, gekennzeichnet durch wiederkehrende aufdringliche Vorstellungen (Zwangsgedanken) und/oder ritualisierte Verhaltensweisen
(Zwangshandlungen), ist von starken Angstgefühlen begleitet. Die Ursachen für diese intensiven Emotionen und deren ungenügende Regulation sind jedoch noch unzureichend geklärt. Moderne Forschungsmethoden ermöglichen erste Einblicke in die neurobiologischen
Grundlagen des emotionalen Erlebens von Zwangspatienten.
Exemplarisch sollen hier einige empirische Befunde zur Verarbeitung zwangsassoziierter
Reize bei Patienten dargestellt werden. Am Beispiel des emotionale Stroop-Paradigmas
werden selektive Aufmerksamkeitsprozesse im Bezug auf störungsrelevante Worte beleuchtet. Es erfolgt des Weiteren eine Zusammenfassung von Ergebnissen zur Beteiligung emotionsassoziierter Hirnareale während der Symptomprovokation mit Bildern.
Ein neurobiologisches Modell gestörter Emotionsregulation bei der Zwangserkrankung wird
abschließend diskutiert.
Kontakt: [email protected]
Spielberg, Rüdiger
Workshop
Poster
Siehe Kischkel, Eva
Kontakt: [email protected]
Stengler.Wenzke, Katharina
Vortrag: "Versorgungsstrukturen in der Behandlung von Zwangserkrankungen"
Zwangserkrankungen gehören mit einer Lebenszeitprävalenz von ca. 2% - 2,5% zu den
vierthäufigsten psychischen Störungen und zählen nach einer von der WHO und Weltbank in
Auftrag gegebenen Studie zu den zehn Erkrankungen, die mit den größten psychosozialen
Behinderungen einhergehen. Bedeutsam ist darüber hinaus die hohe Komorbidität mit
Angsterkrankungen, affektiven und Persönlichkeitsstörungen sowie mit sogenannten
Zwangsspektrumstörungen. Nicht zuletzt führt die späte erstmalige Inanspruchnahme von
professioneller Hilfe dazu, dass sich Zwangserkrankte mit ausgeprägten und chronifizierten
Zwängen vorstellen. Erfolgreiche und gut evaluierte verhaltenstherapeutische Behandlungsprogramme erzielen selbst in Kombination mit pharmakotherapeutischen Methoden für einen
Teil der Patienten nur unbefriedigende Behandlungsergebnisse. Aktuelle Daten aus der sozialpsychiatrischen Forschung verweisen darauf, dass zukünftig mehr psychosoziale Interventionen in der Therapie von Zwangserkrankungen Berücksichtigung finden sollten. Dazu
wird ein ambulantes Behandlungsangebot aus der Psychiatrischen Institutsambulanz der
Universität Leipzig vorgestellt.
Kontakt: [email protected]
Volkwein, Hans, Gönner, Sascha, Wieland, Reiner & Dehmlow, Andreas
Psychosomatische Fachklinik Bad Dürkheim
Workshop: „Ein psychoedukatives und bewältigungsorientiertes Gruppenkonzept zur
Behandlung von Patienten mit Zwangshandlungen und Zwangsgedanken“
Patienten mit Zwängen stellen nach wie vor eine besondere Herausforderung für Behandler
dar. Insbesondere im stationären Setting besteht aufgrund der kürzer werdenden Verweildauern eine Notwendigkeit zu einem ökonomischen Vorgehen. Gleichzeitig besteht bei vielen Zwangspatienten das Bedürfnis, nach einem Austausch mit ebenfalls Betroffenen. Angesichts der hohen Verheimlichungstendenz bei Menschen mit Zwangsstörungen kann dieser
Austausch helfen, Isolation und Schamgefühle zu reduzieren, Sicherheit zu geben und Mut
zu Veränderungsschritten zu schaffen. Gruppentherapeutische Ansätze werden den angeführten psychotherapeutischen Wirkaspekten in besonderer Weise gerecht als auch zeit- und
kostenökonomischen Gründen.
In unserem Workshop stellen wir ein neues stationäres, halboffenes Gruppenkonzept zur
Behandlung von Patienten mit Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen vor. Die
Zwangsbewältigungsgruppe dauert vier Wochen, wobei jeweils nach zwei Wochen neue
Teilnehmer aufgenommen werden. Die Gruppe umfasst acht therapeutisch geleitete Gruppensitzungen a` 1,5 Stunden und ist für bis zu 14 Teilnehmer geeignet. Vorgestellt werden
sowohl psychoedukative Bausteine zur Vermittlung von Störungsmodellen und Behandlungsrationale als auch die Anleitung zur selbstkontrollierten Exposition mit Reaktionsverhinderung und anschließender Selbstverstärkung. Zusätzlich zu den acht therapeutisch geleiteten
Gruppensitzungen wird die Konzeption und Bedeutung der wöchentlichen Treffen der Gruppenteilnehmer in Eigenregie erläutert. Dargestellt wird ferner die Einbettung der Zwangsbewältigungsgruppe in das multimodale Behandlungsangebot im stationären Setting der Psychosomatischen Fachklinik Bad Dürkheim.
Wir gehen auf den Umgang mit spezifischen Schwierigkeiten sowie auf Möglichkeiten und
Grenzen dieses Ansatzes ein. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf Patienten mit
Zwangsgedanken gelegt, die häufig schwieriger therapeutisch zu erreichen sind. Die Übertragbarkeit dieses Ansatzes auf das ambulante Setting wird mit den Teilnehmern diskutiert.
Schließlich werden erste Ergebnisse zur Evaluation der stationären Zwangsbehandlung berichtet.
Kontakt:
Dipl.-Psych. Hans Volkwein, Psychosomatische Fachklinik Bad Dürkheim, Kurbrunnenstr.
12, 67098 Bad Dürkheim, fon: 06322-934-207, e-mail: [email protected]
Wagner, Michael
Vortrag:
wird ergänzt
Kontakt: [email protected]
Wölk, Christoph, Seebeck, Andreas, Onken, Rieke & Brandt, Nadja
Universität Osnabrück, Fachbereich Humanwissenschaften
Vortrag: „Technische Hilfsmittel in der Behandlung von Zwangsstörungen“
Sich ständig weiterentwickelnde technische Möglichkeiten eröffnen neue Wege in der Patientenbetreuung. Als Beispiel für eine solche innovative therapeutische Interventionsmöglichkeit
wird ein Befindlichkeitsmonitoring-System vorgestellt, das auf vom Handy verschickte Textnachrichten (SMS) basiert. Mit Hilfe dieser Technologie ist es möglich, dass der Patient aus
jeder beliebigen Alltagssituation heraus mit seinem Handy, Befindlichkeitsrückmeldungen an
ein Serversystem sendet. Zu diesem hat sowohl er selbst als auch sein Therapeut via Internet Zugriff, um die aktuelle psychische Befindlichkeit sowie die Entwicklung dahin anhand
von fünf Befindlichkeitsdimensionen nachvollziehen zu können. Auf diese Weise kann die
gemeinsame therapeutische Arbeit besser auf die aktuelle Situation des Patienten ausgerichtet werden.
In einer empirischen Evaluation der Einsetzbarkeit und therapeutischen Wirksamkeit des des
PSY-Mon-Systems haben 20 Zwangserkrankte, 20 unter Trichotillomanie Leidende und 20
als Kontrollgruppe dienende Teilnehmer über 3 Wochen hinweg 2-3 mal täglich auf eine per
SMS eingehende Aufforderung hin ihre aktuelle psychophysische Befindlichkeit zurückgemeldet. Mit Hilfe von Fragebögen wurde die psychische Befindlichkeit vor Beginn und nach
Abschluss der Studie erhoben. Hierbei interessierten vor allen Dingen Veränderungen im
Umgang mit der eigenen Emotionalität. Sowohl in den psychometrischen Massen als auch in
den Verläufen der auf der Basis der SMS erstellten Profilveränderungen zeigen sich besonders bei den beiden klinischen Gruppen eine Entwicklung zu einer differenzierteren Wahrnehmung der eigenen Emotionalität, ein Effekt, der sich besonders bei der Gruppe der Trichotillomaniepatienten günstig auf ihr Problemverhalten auswirken dürfte.
Kontakt: [email protected]
Zurowski, Bartosz, Weber-Fahr, W., Wahl, K., Büchert, M., Freyer, T., Hohagen, F., Voderholz, U. & Kordon, A.
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, UKSH, Lübeck
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Freiburg
Vortrag: „Metabolismus und Neurotransmission bei der Zwangsstörung vor und nach
kognitiver Verhaltenstherapie“
Ausgehend von einer Dysfunktion der sogenannten Kortiko-striato-thalamo-kortikalen Schleife finden sich bei der Zwangsstörung strukturelle und/oder funktionelle Auffälligkeiten im
Nucleus caudatus/Striatum (STR), dem anteriroen Cingulum (ACC) und dem orbitofrontalen
Cortex (OFC). Mittels Magnetresonanzspektroskopie (MRS) unter Verwendung einer 8Kanal-Spule wurden 14 unmedizierte Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Zwangsstörung in einem Siemens Trio 3T-Scanner 1.) vor und 2.) nach einer 12wöchigen kognitiven
Verhaltenstherapie untersucht. Von den drei Zielregionen (3x3x3 mm Voxel im STR, ACC,
OFC) fanden sich Veränderungen lediglich im Striatum: Es kam zu einer signifikanten Abnahme des Verhältnisses von Cholin/Creatinin (p=0,01) und als Trend zu einer Zunahme der
Absolutkonzentration von Glutamat (p=0,06). Während Cholin als Marker für Membranturnover und Astroglia-Aktivität gilt, ist Glutamat der wichtigste exzitatorische Neurotransmitter.
Ähnlich wie bereits für die Pharmakotherapie gezeigt, scheinen sich bestimmte Marker für
Metabolismus und Neurotransmission regional spezifisch im Verlauf einer Verhaltenstherapie
zu verändern.
Kontakt: [email protected]
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