Zwangsstörungen Psychosomatik Zwangsstörungen Zwanghafte Gedanken, Impulse und Vorstellungen betreffen Themen, die mit der eigenen Persönlichkeit / moralischen Vorstellungen unvereinbar sind (Ego-Dystonie). Je unannehmbarer ein aufdringlicher Gedanke für eine Person ist, desto unbehaglicher fühlt sie sich, wenn Gedanke auftritt So kommt es zu dem scheinbar paradoxen Fall des Priesters, der unter blasphemischen Gedanken leidet, dem Pazifisten mit gewalttätigen Impulsen oder der fürsorglichen Mutter, die in Gedanken ihr Kind verletzt. Salkovskis et al., 2011 Kognitiv-behaviorales Modell Zwangsstörung A, Intrusionen Zwangsgedanken haben Ursprung in normalen, aufdringlichen Gedanken, wie sie jeder kennt (z. B. »Ist der Wecker wirklich gestellt? – Intrusion, nicht kontrollierbar) Intrusionen sind ein in der Bevölkerung verbreitetes Phänomen Zwangsgedanken unterscheiden sich nicht in ihrem Inhalt von normalen Intrusionen sondern in ihrer Häufigkeit und Intensität. Kognitiv-behaviorales Modell Zwangsstörung B, Bewertung Zwangspatienten interpretieren auftretende Intrusionen in einer dysfunktionalen Weise, indem sie ihnen eine besondere Bedeutung zumessen, z.B. Überschätzung der Bedeutsamkeit von Gedanken; notwendig, die Gedanken zu kontrollieren; Unsicherheitsintoleranz etc. Daraus resultiert Unbehagen, Unruhe, Angst C, Neutralisieren, Vermeiden Neutralisierung (offene Zwangshandlungen und Gedankenrituale, Versuche, die unerwünschten Kognitionen) und Vermeidung dienen der Reduktion des Unbehagens, Unruhe und Angst. Kognitiv-behaviorales Modell Zwangsstörung D, Steigerung der Intrusionsrate Durch Versuche der Gedankenunterdrückung und Bedeutungszuschreibung erhöht sich Rate an Intrusionen – paradoxer Effekt, z.B. nicht an Eisbär denken. Fallbeispiel „Sünde gegen den heiligen Geist“ Basalganglien - Großhirnkerne, welche in Aktivierung oder Inhibition von Motorik und höheren Handlungsmuster eingebunden sind. - „Filterprozess“ in Regelschleife die von Großhirnrinde ausgeht und über die Basalganglien und den Thalamus zurück zum Großhirn (Frontallappen) verläuft. - Mehrere parallele kortikostriateler Regelkreise (Motorik, Verhaltensregulation, Motivation, Exekutive Funktionen). - Basalganglien kommt Filterfunktion zu, moduliert Verhältnis zwischen expliziter und impliziter Informationsverarbeitung. Baiuoi et al., 2013, Front Hum Neurosci Neural activation of patients (OCD; solid colors) greater than healthy controls (HC; patterned) contrasted for individualized (IND; blue) and standardized (STD; green) symptom provocation. . Zwang & kortikostriateler Regelkreis Funktionelle Bildgebung: Überaktivität in oribitofrontalen Kortex, Gyrus Cinguli und Nucleus Caudautus. Neurochirugische Unterbrechung kortikostriateler Regelkreise führt zu Reduktion der Zwangssymptomatik. Experimentalpsychologie: Implizites Lernen erfolgt über kortikostriateler Regelkreise, hier Defizite bei Zwangserkrankten dokumentiert wenn implizites Lernen mit expliziten Aufgaben gemischt wird (Rauch et al., 2001). Links: Gesund, Rechts Zwangsstörung, aus Zurowski, Hohagen, Kordon (2009) Zwang: - Gleichgewicht zwischen dem inhibierenden Einfluss der indirekten Schleife und erregenden Einfluss der direkten Schleife auf die thalamo-kortikalen Projektionen ist zugunsten der direkten Schleife verschoben. -Durch disinhibierten „Aufschaukelungsprozess“ innerhalb der direkten Schleife führt zu Intrusionen (Zwangsgedanken): Information, welche normalerweise implizit verarbeitet wird, wird explizit, dringt ins Bewußtsein. -Spekulation: Zwangshandlungen führen über eine Aktivierung benachbarter striataler Areale wieder zu einer Herunterregulation des überaktivierten Regelkreises . -Zwangshandlungen als adaptiver, aber gefährlicher Versuch, die Überaktivierung mit Intrusionen zu vermeiden. Behandlung Zwangshandlungen Der Patient selbst ist der einzige, der herausfinden kann, ob seine Befürchtungen tatsächlich eintreten, wenn er nichts gegen seine Zwangsgedanken unternimmt. Behandlung Zwangshandlungen Funktionelle Analyse des Zwangssystems Idiosynkratisches Erklärungsmodell und Kognitive Vorbereitung Exposition und Reaktionsverhinderung, Realitätsüberprüfung dysfunktionaler Kognitionen, Abbau von Rückversicherungen. Weiter aufrechterhaltende Aspekte von Zwangshandlungen, z.B. interpersonelle etc. Behandlung Zwangsgedanken A, Zentral, die aufdringlichen, unwillkürlichen und angstauslösenden Zwangsgedanken (Intrusionen) von willkürlichen, die Angst oder ein wahrgenommenes Risiko reduzierenden, neutralisierenden Gedanken zu unterscheiden Behandlung Zwangsgedanken B, Exposition und Reaktionsverhinderung mit Intrusionen Willkürliches Hervorrufen von Gedanken (»Malen Sie sich den Gedanken genau aus. Behalten Sie ihn so lange im Kopf, bis ich Sie unterbreche und wiederholen Sie dies mehrere Male.«); Wiederholtes Aufschreiben des Gedankens und Aufnahme des Gedankens und Speichern auf einem MP3-Stick oder einer CD, um den Gedanken wiederholt anzuhören. Wirksamkeit der KVT bei Zwangsstörungen In etwa einem Dutzend Follow-upStudien (Nachuntersuchung 1–5 Jahre) ergibt sich im Schnitt ein Langzeiterfolg von 75% der erfassten Patienten. Verhaltenstherapie kann als Therapie der Wahl bei Zwängen angesehen werden (Oelkers et al 2007). Medikamentöse Therapie Antidepressiva, v.a. SSRI, Citalopram, Fluoexitin, Sertralin, Trizyklika Clomipramin. Atypische Neuroleptika, z.B. Olanzapin, wenn Zwänge bizzar sind, wenig Distanz zu Inhalten besteht.