::::: ::::: ::::: ::::: ::::: Nr. 7 Februar 2013 :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: transferplus :: :::::: Fokus: Altenpflege Herausgeber :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: g-plus - Zentrum im internationalen Gesundheitswesen :::::::::::::::::::::::::::::::::: Inhalt ::::: ::::: Vorwort Vorwort Daniel Bahr, Bundesminister für Gesundheit 3 Daniel Bahr Die Zahl der älteren und hochbetagten Menschen nimmt in Deutschland zu, und mit ihr steigt auch der Anteil rüstiger Rentnerinnen und Rentner. Diese gute Nachricht Editorial: Neue Wege gehen 4 Prof. Dr. Elke Donath Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung. Leider hat der demographische Wandel Depression im Alter verdanken wir unserer hochwertigen Gesundheitsversorgung und einem zunehmenden aber auch seine Schattenseiten, denn nicht alle Menschen bleiben bis ins hohe Lebens- 5 Fabian Fußer, Dr. med. Tarik Karakaya, Prof. Dr. med. Johannes Pantel alter gesund. Und so wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in den kommenden Jahren deutlich zu­nehmen. Experten gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2050 über 4,3 Millionen Menschen in unserem Land im Alltag auf Pflege und damit auf Hilfe und Prävention bei pflegenden Angehörigen 14 Die Altenpflege in den Niederlanden – Hospitation in Einrichtungen der niederländischen Altenpflege Unterstützung ihrer Mitmenschen angewiesen sein werden – viele von ihnen aufgrund chronischer und demenzieller Erkrankungen. Prof. Dr. Angelika Zegelin, Tanja Segmüller 22 Die Gesundheitspolitik stellt sich diesen veränderten Herausforderungen. Mit unserem Angelika Herrmann Pflege-Neuausrichtungsgesetz haben wir Rahmenbedingungen geschaffen, die für die zunehmende Zahl pflegebedürftiger Menschen auch künftig eine gute Pflege gewähr- Menschen mit Parkinsonsyndrom qualifiziert versorgen – der Beitrag spezialisierter Pflege 27 leisten. Dazu gehört, dass wir die Leistungen der Pflegeversicherung auf die besonderen Bedürfnisse der Demenzkranken ausgeweitet haben. Für sie wird es höhere Leistungen Dr. rer. med. Tobias Mai geben, wenn sie zu Hause betreut werden. Dazu zählen aber auch innovative PflegeDepression - Einordnung von Symptomen und deren Handlungsfolgen 34 und Wohngruppen für Demenzkranke mit ein. Rüdiger Noelle, Prof. Dr. Michael Schulz Sexualität in der Altenpflege angebote für Menschen mit Demenzerkrankungen, und dies schließt betreutes Wohnen 41 Außerdem erhalten pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen mehr Wahl­ möglichkeiten. Sie können beispielsweise Zeitkontingente mit den Pflegediensten Sebastian Riebandt im Gespräch mit Prof. Dr. med. Erich Grond vereinbaren. Je nach individuellem Bedarf werden diese dann für unterschiedliche Neue Impulse durch Auslandshospitationen – nicht nur für die Altenpflege 46 Leistungen eingesetzt. Für die Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, und für die Pflegekräfte entspannt sich damit die Pflegesituation erheblich. Unser Ziel ist es, jetzt die richtigen Strukturen für die Menschen zu schaffen, die auf Allgemeine Hinweise / Impressum 47 Pflege angewiesen sind. Indem wir die Pflege zukunftsfähig gestalten und die Leistungen der Pflege­versicherung der Altersstruktur unserer Gesellschaft anpassen, gehen wir schon heute auf die konkreten Bedürfnisse der Pflegebedürftigen ein. Das vorliegende Themenheft transferplus bietet einen umfassenden Einblick in das Themenfeld Pflege und lässt diejenigen zu Wort kommen, die sich für ihre pflege­ bedürftigen Mitmenschen engagieren und Verantwortung übernehmen. 2-3 ::::: ::::: Editorial: Neue Wege gehen Depression im Alter ::::: ::::: Prof. Dr. Elke Donath, Leitung g-plus, Universität Witten/Herdecke; ::::: Fabian Fußer, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Präsidentin Mathias Hochschule Rheine Klinikum der Goethe-Universität, Frankfurt a. M. ::::: Dr. med. Tarik Karakaya, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Vor knapp einem Jahr haben wir das 10-jährige Bestehen des Internationalen Hospita­ Psychotherapie, Klinikum der Goethe-Universität, Frankfurt a. M. tionsprogramms Pflege und Gesundheit gefeiert. Ein Programm­angebot, in dem dank ::::: Prof. Dr. med. Johannes Pantel, Institut für Allgemeinmedizin, der finanziellen Unterstützung durch die Robert Bosch Stiftung bis heute zahlreichen Arbeitsbereich Altersmedizin mit Schwerpunkt Psychogeriatrie und klinische Gerontologie, Klinikum der Goethe- Universität, Frankfurt a. M. im Gesundheitswesen Tätigen eine fachbezogene Hospitation im Ausland ermöglicht werden und viele neue Impulse für Verbesserungen in das deutsche Gesundheitswesen gegeben werden konnten. Auch in der aktuellen Programmphase, die noch bis Juni 2014 läuft, soll viel bewegt werden. N ­ eben zahlreichen anderen Sektoren im Gesundheits­ wesen steht diesmal die Altenpflege besonders im Fokus. Hier möchten wir den Einleitung Berufsangehörigen Mut machen, den Blick über den viel zitierten Tellerrand zu wagen, um vom Ausland zu lernen. Das vorliegende Themenheft transferplus soll dazu einen Aufgrund des demographischen Wandels steigt auch die Zahl seelisch erkrankter Beitrag leisten, indem es sich dem Thema Altenpflege widmet. älterer Menschen stetig an. Neben psychischen Störungen, die bis in das höhere Alter fortbestehen, beispielsweise im jungen oder mittleren Lebensalter erstmals auftreten- Schon heute leben ca. 717.000 Pflegebedürftige in Einrichtungen der stationären Alten- den rezidivierenden Depressionen oder chronischen Schizophrenien, gibt es psychische hilfe, weitere 1,62 Millionen Menschen werden in der Häuslichkeit gepflegt (Statistisches Erkrankungen, die sich erstmals im Alter manifestieren (oder früher nicht erkannt wur- Bundesamt 2011). Auch leben immer mehr Menschen, vor allem Frauen, im Alter allei- den). Hierzu zählt neben den organisch bedingten Erkrankungen wie den neurodege- ne. Diese Lebenssituationen stellen die Betroffenen selbst, die professionell Pflegenden nerativen Demenzen oder akuten organischen Psychosen (Delir) die so genannte Spät- und auch die Angehörigen der Pflegebedürftigen vor große Herausforderungen. Einrich- oder Altersdepression, die nach den Demenzen die häufigste psychische Erkrankung im tungen des Gesundheitswesens und ihre Mitarbeiter sind nicht nur mit den spezifischen Alter darstellt. Erkrankungen und Bedürfnissen alter Menschen konfrontiert, sondern sehen sich immer komplexeren Anforderungen gegenüber, die mit strukturellen, organisatorischen und In der Berliner Altersstudie fanden sich bei Hochbetagten (Alter zwischen 70 und 100 persönlichen Gegebenheiten in der Versorgung zusammenhängen. Jahren) bei 26,9% depressive Beschwerden, bei Personen mit Multimorbidität sogar 36,8% (Helmchen et al. 1996, Linden et al. 1998). Nahezu 5% erfüllten die Kriterien Die transferplus-Ausgabe „Fokus: Altenpflege“ versucht, mit Fachbeiträgen auf unter- einer schweren depressiven Episode (major depression). 44% der depressiven Studien- schiedliche Themenbereiche in der Altenpflege aufmerksam zu machen und Lösungs- teilnehmer waren nur unzureichend behandelt, 6% erhielten eine adäquate Therapie vorschläge anzubieten – auch durch den Blick ins Ausland. Ich freue mich sehr, dass es mit Antidepressiva, während 40% lediglich Benzodiazepine erhielten. uns in dieser Ausgabe erneut gelungen ist, Erfahrungswissen aus der Praxis und Er- Durch die Komorbidität mit somatischen Erkrankungen erhöht sich die Pflegebe- kenntnisse aufgrund von Forschungsergebnisse zu vereinen. Ebenso freut es mich, dass dürftigkeit bei älteren depressiven Patienten drastisch und stellt einen signifikanten wir Gesundheitsminister Daniel Bahr für das Vorwort gewinnen konnten. Wir möchten Mortalitätsfaktor dar (Rapp et al. 2008). Umgekehrt kann bei adäquater Behandlung die gewohnten Pfade verlassen und neue Wege begehen. Lassen Sie uns den Aufbruch einer Altersdepression das ursprüngliche Funktionsniveau wieder hergestellt und damit wagen, denn „Wege entstehen dadurch, dass man sie geht“ (Franz Kafka). Pflegebedarf reduziert werden. Literatur Depressionen im Alter werden häufig übersehen, als „normale“ Reaktion auf die viel- Statistisches Bundesamt (2011): Pflegestatistik 2009: Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung, Deutschlandergebnisse, Wiesbaden fältig veränderten Lebensbedingungen gedeutet und somit nicht ausreichend behandelt. Als Trigger für eine Depression im Alter gelten die im Alter zunehmenden Verlust­ ereignisse. Hierzu zählen die nachlassende körperliche Gesundheit und Beweglichkeit, 4-5 ::::: Einbußen der geistigen Leistungsfähigkeit, der Verlust von Bezugspersonen und die Diagnosekriterien einer depressiven Episode nach ICD-10 damit einhergehende Vereinsamung. Das Nachlassen ursprünglich im Beruf ausgeübter bzw. sozialer Kompetenzen, der Verlust von Selbständigkeit und eine vermeintlich fehlende Zukunftsperspektive können zu einer Abnahme des Selbstwertgefühls führen. Hinzu können finanzielle Sorgen, Ängste über den eigenen Gesundheitszustand und Angst vor dem Tod kommen. Dennoch werden Klagen hierüber oder auch scheinbar Hauptkriterien Nebenkriterien • gedrückte Stimmung • Verlust von Interesse und Freude • verminderte Energie und erhöhte Ermüdbarkeit unüberwindbare Trauerreaktionen bei Verlust eines nahen Menschen bzw. bei einem Umzug aus der gewohnten Umgebung oder der negative Rückblick auf die bisherigen Lebensereignisse im Sinne einer überkritischen Bilanzierung häufig als „normaler“ • • • • • • • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit vermindertes Selbstvertrauen oder Selbstwertgefühl Schuldgefühle, Gefühl der Wertlosigkeit negative Zukunftsgedanken Suizidgedanken oder -handlungen Schlafstörungen Appetitverlust • • • • psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit Appetitverlust Gewichtsverlust Libidoverlust ­Zustand im Alter betrachtet. Hierdurch wird eine behandlungsbedürftige Depression leicht übersehen. In der Abgrenzung zu angemessener Trauer über mögliche Verluste im Alter sollen daher im Folgenden das klinische Bild der Depression sowie die entsprechenden diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten skizziert werden. Klinisches Bild Somatisches Syndrom • • • • • Interessenverlust oder Verlust an Freude eingeschränkte oder aufgehobene Schwingungsfähigkeit frühmorgendliches Erwachen Morgentief Im Alter verlaufen Depressionen häufig subsyndromal (Geiselmann et al. 2001), d.h. die gängigen Kriterien für die Diagnose einer Depression sind nur unvollständig erfüllt. So kann z.B. die typische traurige Stimmungslage fehlen, wodurch die Diagnose anhand üblicher Kriterien für eine depressive Episode (siehe Tabelle 1) oft schwer fällt oder der Schweregrad weniger ausgeprägt erscheint. Häufig kommt es auch zu einer Über- Leichte depressive Episode • mindestens zwei Haupt kriterien und mindestens zwei Nebenkriterien Mittelgradige depressive Episode • mindestens zwei Hauptkriterien und mindestens drei Nebenkriterien lappung somatoformer Syndrome (multiple und wechselnde körperliche Symptome, Schwere depressive Episode* • alle drei Hauptkriterien und mindestens vier Nebenkriterien, fast immer mit somatischem Syndrom vegetative Störungen, Schmerzstörungen) oder eines somatischen Syndroms (z.B. Früherwachen, Morgentief, ausgeprägte psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit, * mit oder ohne psychotischen Symptomen siehe Tabelle 1) mit gleichzeitig bestehenden somatischen Erkrankungen. Mindestdauer für eine depressive Episode: zwei Wochen Zwar gelten auch im Alter die Symptome Freud- und Interessenlosigkeit, reduzierter Antrieb und – weniger deutlich ausgeprägt als bei Episoden im jüngeren Lebensalter – eine gedrückte Stimmungslage als Hauptsymptome einer Depression, dennoch stehen aber häufig Klagen über zunehmende Vergesslichkeit oder die Unfähigkeit, Neues zu Ein weiteres häufiges Symptom einer Altersdepression sind vegetative Symptome oder erlernen, sowie Konzentrationsdefizite im Vordergrund. Diese stehen oft im Gegen- die Angabe körperlicher Symptome wie beispielsweise diffuse Schmerzen. Gerade die satz zu einer weitgehend erhaltenen Alltagskompetenz und nur leicht ausgeprägten Angabe von körperlichen Beschwerden bei bereits bestehenden somatischen Erkran- Defiziten in testpsychologischen Untersuchungen. Viele ältere Patienten mit einem de- kungen kann in die Irre führen, da sie eben diese zu bestätigen scheinen und eine pressiven Syndrom klagen über innere Unruhe, generalisierte Ängste oder eine starke psychische Mitbeteiligung oder gar Komorbidität verschleiern. Dabei ist die Vergesell- Angst vor dem Alleinsein, Schlafstörungen, neigen zu vermehrtem Grübeln, fühlen sich schaftung einer Depression mit somatischen Erkrankungen klar erwiesen: Depressionen minderwertig und ziehen sich sozial zunehmend zurück. Die Auseinandersetzung mit sind mit einem erhöhten Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen wie einer koronaren dem Tod als unaufschiebbare Aufgabe des letzten Lebensabschnitts führt insbesondere Herzkrankheit oder peripheren arteriellen Verschlusskrankheit assoziiert (Ford et al. bei depressiven älteren Männern zu einer deutlich erhöhten Suizidrate. Gerade eine De- 1998, Grenon et al. 2012), was im Verlauf zu einer erhöhten Mortalität und insbesondere pression im Alter gilt für Suizidideen und für vollendete Suizide als größter Risikofaktor einem erhöhten Risiko für einen zerebrovaskulären Insult führt (Gump et al., 2005). (Bruce et al. 2004, Conwell et al. 2011). Umgekehrt weisen somatische Erkrankungen wie beispielsweise der Diabetes mellitus Tabelle 1 Diagnosekriterien einer depressiven Episode nach ICD-10 6-7 ::::: Depression Demenz Delir Bewusstsein meist klar klar getrübt Orientierung selten gestört (örtlich, zeitlich) gestört schwer gestört (zeitlich) (­Robertson 1997, Valkanova & Ebmeier 2012). Wahn selten selten häufig Depressionen sind gerade auch in stationären Pflege- oder Krankenhauseinrichtungen Halluzinationen sehr selten selten häufig (optisch) Psychomotorik reduziert, auch Agitation eher reduziert gesteigert / reduziert Denken/ Sprechen Verlangsamung Wortfindungsstörungen teils unzusammenhängend, teils verlangsamt Symptombeginn schleichend, seltener akut schleichend akut Symptomverlauf am Tag beständig, ggf. „Morgentief“ beständig (außer bei LewyBody-Demenz, hier fluktuierend) stark fluktuierend Affekt niedergedrückt, teils nicht betroffener Affekt meist verflacht ängstlich an sich ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Depression auf (Rotella & ­Mannucci 2012). Eine Depression tritt bei folgenden organischen Erkrankungen gehäuft auf: Diabetes mellitus (10%), Myokardinfarkt (20%), Dialyse (10-20%), Karzinom (25-40%) (Walker & Katona 1997). Noch höher ist die Komorbidität neurologischer Erkrankungen mit einer Depression. Nach einem Schlaganfall kommt es bei bis zu 35%, bei einem Morbus Parkinson bei bis zu der Hälfte der Patienten zu begleitenden Depressionen sehr häufig. Bei Pflegeheimbewohnern sind depressive Symptome mit einem zum Teil erheblichen pflegerischen Mehraufwand verbunden (Pantel et al. 2006). Bis zu 60% älterer Krankenhauspatienten leiden unter einer psychiatrischen Begleiterkrankung, wovon die Depression die häufigste ist. Ältere Patienten mit depressiver Komorbidität verbleiben durchschnittlich zehn Tage länger in der stationären Behandlung somatischer Krankenhausabteilungen, oft auch deshalb, weil scheinbar somatische Symptome behandelt werden. Eine Depression führt zu erhöhter Pflegebedürftigkeit und letztlich bei somatisch erkrankten Patienten mit depressiver Komorbidität zu einer erhöhten Gesamtmortalität. Auf depressive Symptome sollte daher bei älteren pflegebedürftigen Patienten immer geachtet, diese auch gezielt erfragt werden. Eine klinisch relevante Depression sollte rechtzeitig und fachgerecht behandelt werden. Häufig können depressive Beschwerden auch Zeichen einer beginnenden Demenz darstellen (Visser et al. 2000). Auch hier kommt es zu einer gegenseitigen Beeinflussung Diagnostik der Krankheitsbilder, eine hohe Anzahl früherer depressiver Episoden gilt als Risikofaktor für eine Demenz (Kessing & Andersen 2004) und umgekehrt (Alexopoulos et al. Im Rahmen der Diagnostik müssen zunächst körperliche Ursachen wie systemische 1993). Die Abgrenzung gegenüber einer beginnenden Demenz jedweder Genese kann ­Erkrankungen, z.B. eine Hypothyreose oder eine Infektion, ausgeschlossen werden. vom klinischen Bild oft sehr schwierig sein. Insbesondere die kognitiven Beschwerden Hierfür ist neben der genauen Eigen- und Fremdanamnese und einer körperlich- können bei beiden Syndromen auftreten. Einen Überblick zur Differenzialdiagnose von klinischen Untersuchung eine Basis-Labordiagnostik erforderlich, die neben Blutbild, Depression, Demenz oder einer deliranten Symptomatik bietet Tabelle 2. Elektrolyten, Nieren- und Leberwerten auch Infekt- und Schilddrüsenparameter umfasst. Eine zerebrale Bildgebung (cCT oder cMRT) kann notwendig sein, um weitere Eine Sonderform der Depression, die besonders im Alter auftritt, ist die so genannte Ursachen wie einen Schlaganfall, einen Tumor oder einen neurogenerativen Prozess agitierte Depression. Die Betroffenen sind von einer starken inneren Unruhe getrieben, im Rahmen einer demenziellen Erkrankung auszuschließen. Bei erstmaligem Auftreten die sich in rastlosem Bewegungsdrang äußert. Sie jammern und klagen ruhelos in einer klinisch relevanten Depression im Alter ist eine bildgebende Untersuchung des einer Mischung aus Selbstanklage und Selbstmitleid und verlangen vermehrt Aufmerk- Gehirns praktisch immer indiziert, insbesondere wenn die Depression atypisch verläuft samkeit, was die Betreuungspersonen bzw. das therapeutische Team an seine Grenzen oder mittels Standardbehandlung (s.u.) therapeutisch nur schwer erreichbar ist. führen kann. Bei der ängstlich-agitierten Form klagen die Patienten über Angstsymp­ Durch einen kurzen Screening-Test wie die geriatrische Depressionsskala können über tome wie Herzrasen, Zittern oder Luftnot bis zur Ausprägung von Panikattacken. Bei die Anamnese hinaus innerhalb weniger Minuten eine systematische und standardi- wahnhaften Depressionen können Schuld- und Versündigungsideen bis zum unverrück- sierte Selbstauskunft des Betroffenen erhoben und damit Hinweise auf eine vorliegende baren Wahn sowie die wahnhafte Überzeugung zu verarmen auftreten. Depression gewonnen werden (Yesavage et al. 1982). Umfangreichere testpsychologi- Tabelle 2 ­Differenzialdiagnose von Depression, ­Demenz und Delir (modifiziert nach ­Hampel & Pantel 2011) sche Instrumente sind der BDI (Becks Depressions-Inventar) oder die Depressionsskala nach Hamilton (HAMD). 8-9 ::::: Therapie Tri- und tetrazyklische Antidepressiva sollten bei älteren Patienten nur als Mittel zweiter Wahl gegeben werden. Trotz langjähriger Erfahrungen mit dieser Wirkstoffklasse sollte In der Behandlung der Depression werden neben der medikamentösen Therapie aufgrund ihres Wirkmechanismus bzw. des Nebenwirkungsspektrums (anticholinerge psycho­therapeutische Methoden (insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie), bio- und kardiotoxische Nebenwirkungen, negative Auswirkungen auf die Kognition etc.) ein logische Maßnahmen wie Schlafentzug und Lichttherapie und begleitende Maß­nahmen Einsatz nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. wie der Aufbau von angenehmen Aktivitäten, eine Verbesserung der Tagesstruktur sowie Bewegungs- und Ergotherapie angewandt. Bewährt hat sich außerdem das Antidepressivum Mirtazapin, das durch einen indirekten Wirkmechanismus relativ verträglich und aufgrund seiner leicht sedierenden Bei der pharmakologischen Behandlung muss der physiologische Alterungsprozess Wirkung einschlaffördernd ist. Gerade in der Anfangsphase der Behandlung kann es beachtet werden. Fett-Muskel-Verteilung und Plasmabindungskapazität sind im jedoch hier auch zu einer erhöhten Tagesmüdigkeit kommen. Alter verändert, wodurch sich unterschiedliche Halbwertszeiten ergeben. Als Motto der Behandlung gilt „start low, go slow“, also mit einer niedrigeren Einstiegsdosis Die Therapiedauer mit Antidepressiva richtet sich nach dem Verlauf und der Verträglich- beginnen und langsam aufdosieren. Durch die veränderte Leber- und Nierenfunktion keit, dennoch sollte sie auch sechs Monate nach der Remission fortgesetzt werden (so und hierdurch verlangsamte Elimination ist die Zieldosis oft niedriger als bei jüngeren genannte Erhaltungstherapie). Benzodiazepine sind zwar zur akuten Behandlung von Patienten. Auch die Begleitmedikation sollte kritisch überprüft werden, da es bei einer depressiv-ängstlichen, agitiert-unruhigen oder gehemmten (stuporösen) Syndromen als Polypharmazie vermehrt zu Interaktionen kommen kann, einige Medikamente selbst begleitende Behandlung bisweilen indiziert, dennoch sollten die möglichen Nebenwir- depressogen wirken können (Steroide, ß-Blocker) (Karakaya & Pantel 2012). kungen wie Tagesmüdigkeit, kognitive Einschränkungen, die erhöhte Sturzgefahr und nicht zuletzt das Abhängigkeitspotential genau bedacht werden. Bewährt haben sich bisher die so genannten Antidepressiva, die bei älteren Menschen in gleichem Maße wirksam zu sein scheinen wie bei jüngeren und hauptsächlich das Der pflegerische Umgang mit depressiven älteren Menschen wird erschwert durch bei der Depression vermutete Neurotransmitter-Ungleichgewicht von Serotonin und/ die krankheitsbedingte Antriebsarmut bzw. Passivität sowie die häufig pessimistische oder Noradrenalin und /oder Dopamin im Gehirn beeinflussen. Hier stehen viele bzw. negativistische Grundeinstellung. Scheinbar lassen sich diese Menschen „hän- Wirkstoffklassen zur Verfügung (selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer / SSRI, gen“, wirken unwillig und unkooperativ und „nerven“ manchmal das ganze Team. selektive Serotonin- und Noradrenalin-Hemmer / SSNRI, Trizyklika und andere). Bei manchen lösen diese Patienten sogar aggressive Gefühle aus – zumal wenn die wohlmeinenden pflegerischen Angebote in der Anfangsphase der Behandlung häufig Das Mittel der Wahl stellen SSRI dar. Sie sind in ihrem Nutzen-Risiko-Verhältnis am auf „Granit“ stoßen. Gleichwohl oder gerade deswegen ist eine behutsame, aber vor günstigsten. Am häufigsten werden die Wirkstoffe Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, allem stetige Aktivierung wichtiger Teil der professionellen Behandlungsstrategie. Denn Paroxetin, Fluvoxamin und Sertralin eingesetzt. Allen gemeinsam ist eine relativ gute nur hierdurch wird es dem Patienten möglich, die für seine Genesung und den Wie- Verträglichkeit. Citalopram, Escitalopram und Sertralin haben hierbei ein geringes In- deraufbau des be­ ­­ schädigten Selbstwertgefühls so wichtigen positiven Erfahrungen und teraktionspotential und die höchste Selektivität. Nebenwirkungen können z.B. Übelkeit, kleinen Erfolgserlebnisse zu machen. Mit Auflösung der Depression, die in der Regel Erbrechen, Diarrhö, Unruhe und Agitation, Schlafstörungen, Benommenheit, Kopf- nach mehreren Wochen bis mehreren Monaten adäquater Behandlung erwartet werden schmerzen und sexuelle Funktionsstörungen sein. Entsprechend sollte eine sorgfältige kann, bauen sich auch die Vitalität, der Antrieb und nicht selten die alte Lebensfreude und gerade in der ersten Behandlungsphase engmaschige Überwachung der Therapie wieder auf. selbstverständlich sein. Dabei erhalten die verschreibenden Ärzte gerade von pflege­ rischer Seite wertvolle Hinweise, die zu einer Optimierung und Anpassung der Therapie beitragen können (Pantel et al. 2006). Als SSNRI stehen Duloxetin und Venlafaxin zur Exkurs: Neurobiologische Ursachen Verfügung. Sie scheinen in der klinischen Praxis aufgrund ihres dualen Wirkmechanismus geringe Vorteile zu haben und können somit ebenso sicher eingesetzt werden wie Neben den nachvollziehbaren Sorgen um die zunehmende Gebrechlichkeit sowie ver- SSRIs. Die Nebenwirkungsprofile sind sich ähnlich. Auf anfängliche Schwankungen des lustbezogenen „life events“ wie Berentung, Tod des Partners als mögliche Triggerfakto- Blutdrucks muss geachtet werden. ren für eine Depression im Alter (s.o.) weisen Forschungsergebnisse auch auf neurobiologische Ursachen hin. So konnte mithilfe quantitativer Magnetresonanz­tomographie 10-11 ::::: (MRT) nachgewiesen werden, dass das Gesamt-Gehirnvolumen depressiver Patienten (Pantel et al. 1998) und das Volumen temporo-limbischer Strukturen wie des Hippocampus signifikant geringer als das gesunder Vergleichsprobanden war (Campbell et al. 2004). Bruce, M.L., Ten Have, T.R., Reynolds, C.F., 3rd, Katz, I.I., Schulberg, H.C., Mulsant, B.H., Brown, G.K., McAvay, G.J., Pearson, J.L., & Alexopoulos, G.S. (2004): Reducing suicidal ideation and depressive symptoms in depressed older primary care patients: a randomized controlled trial. JAMA, 291, 1081–1091. Campbell, S., Marriott, M., Nahmias, C., & MacQueen, G.M. (2004): Lower hippocampal volume in patients suffering from depression: a meta-analysis. Am. J. Psychiatry, 161, 598–607. Conwell, Y., Van Orden, K., & Caine, E.D. (2011): Suicide in older adults. Psychiatr. Clin. North Am., 34, 451–468. In der Modellvorstellung einer „vaskulären Depression“ wird davon ausgegangen, dass zerebrovaskulär bedingte subkortikale Läsionen depressive Symptome mitverursachen können (Alexopoulos et al. 1997). Hierauf weisen die starke Assoziation von vaskulären Risikofaktoren und ischämische Läsionen mit Depressionen im Alter hin (Valkanova & Ebmeier 2012). In der Rotterdam Scan Study, einer strukturellen MRT-Studie an über 1000 Probanden zwischen 60 und 90 Jahren, zeigten sich bei Personen mit ausgeprägten Läsionen der weißen Substanz (white matter lesions – WML) bis zu fünfmal häufiger De Groot, J.C., De Leeuw, F.E., Oudkerk, M., Hofman, A., Jolles, J., & Breteler, M.M. (2000): Cerebral white matter lesions and depressive symptoms in elderly adults. Arch. Gen. Psychiatry, 57, 1071–1076. Ford, D.E., Mead, L.A., Chang, P.P., Cooper-Patrick, L., Wang, N.Y., & Klag, M.J. (1998): Depression is a risk factor for coronary artery disease in men: the precursors study. Arch. Intern. 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North Am., 34, 403–422. auf mikrostrukturelle Veränderungen in emotionsregulierenden Netzwerken, wie eine Hampel, H. & Pantel, J. (2011): Demenz. In: Möller, H.-J., Laux, G., & Kapfhammer, H.-P. (Hrsg.): Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer, 1240–1319. kürzlich publizierte Studie aus unserer Arbeitsgruppe zeigen konnte (Alves et al. 2012). Auf Neurotransmitterebene kommt es bei Depressionen im Alter zu Veränderungen des serotonergen Systems. So konnte eine reduzierte Rezeptorbindung von Serotonin (5-HT1A) bei Patienten mit einer Altersdepression nachgewiesen werden (Meltzer et al. 2004). Mittels funktioneller Bildgebung wurden abnorme Aktivierungen in frontolimbischen Netzwerken nachgewiesen, u.a. eine reduzierte funktionelle Konnektivität zwischen anteriorem Cingulum und dem dorsolateralen präfrontalen Cortex (Gunning & Smith 2011). Dennoch sind die neurobiologischen Ursachen der Altersdepression nicht vollends geklärt und daher Gegenstand weiterer Forschung. Letztlich kann die Depression jedoch nicht durch eine einzelne Ursache bzw. durch ein rein somatisches bzw. rein psychosoziales Ursachenmodell erklärt werden. Vielmehr ist ein Bündel von Ursachen in Betracht zu ziehen, bei dem die neurobiologischen Faktoren eine wichtige, aber nicht unbedingt hinreichende Rolle spielen können. Man spricht daher auch von einer multifaktoriellen Verursachung der Depression im Alter. Entsprechend sind auch in der Behandlung und pflegerischen Betreuung die somatischen, psychologischen und sozialen Zugangswege jeweils angemessen zu berücksichtigen. Helmchen, H., Baltes, M.M., Geiselmann, B., Kanowski, B., Linden, M., Reischies, F.M., Wagner, M., Wernicke, T., & Wilms, H.-U. (1996): Psychische Erkrankungen im Alter. In: Mayer, K.U. & Baltes, P.B. (Hrsg.): Die Berliner Altersstudie. Berlin: Akademie Verlag, 185–219. Karakaya, T. & Pantel, J. (2012): Psychopharmakaintervention bei primär affektiven Störungen. In: Wahl, H.-W., Tesch-Römer, C., & Ziegelmann, J.P. (Hrsg.): Angewandte Gerontologie: Interventionen für ein gutes Altern in 100 Schlüsselbegriffen. Stuttgart: Kohlhammer, 342-348. Kessing, L.V. & Andersen, P.K. (2004): Does the risk of developing dementia increase with the number of episodes in patients with depressive disorder and in patients with bipolar disorder? J. Neurol. Neurosurg. Psychiatr., 75, 1662–1666. Linden, M., Kurtz, G., Baltes, M.M., Geiselmann, B., Lang, F.R., Reischies, F.M., & Helmchen, H. (1998): Depression bei Hochbetagten Ergebnisse der Berliner Altersstudie. Nervenarzt, 69, 27–37. Meltzer, C.C., Price, J.C., Mathis, C.A., Butters, M.A., Ziolko, S.K., Moses-Kolko, E., Mazumdar, S., Mulsant, B.H., Houck, P.R., Lopresti, B.J., Weissfeld, L.A., & Reynolds, C.F. (2004): Serotonin 1A receptor binding and treatment response in late-life depression. 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Res., 17, 37–49. 12-13 ::::: Prävention bei pflegenden Angehörigen ::::: „Neuheit für Pflege“ – Projektbeginn Zunächst wurden in beiden Städten Arbeitsgruppen gebildet, die möglichst viele örtliche Akteure im Pflegefeld repräsentieren sollten. Verschiedene Angebotsformen ::::: Prof. Dr. Angelika Zegelin, Department für Pflegewissenschaft, Private Universität Witten/Herdecke ::::: Tanja Segmüller, Department für Pflegewissenschaft, schiedenen Stadtregionen. Vor allem war es wichtig, dass alle AG-Teilnehmer Kontakte Private Universität Witten/Herdecke zu pflegenden Angehörigen hatten. Zunächst wurde in den Städten zu einer „Kick-Off- wie ambulante Pflege, Beratungsstellen, Pflegekassen, Klinik-Entlassmanagement, Tagespflege usw. sollten dabei sein, verschiedene Träger (auch der Privatsektor) in ver- Veranstaltung“ eingeladen. Überhaupt war es wichtig, dass die Städte eine neutrale Funktion einnahmen, ebenso wie die Unfallkasse und die Universität, die moderierten. Nach einigen Wochen fanden sich in beiden Städten dauerhafte Teilnehmerinnen und Die Belastungen sind gut untersucht: körperliche Anstrengungen, nicht mehr abschal- Teilnehmer zusammen, in Solingen etwa zwölf, in Dortmund etwa 18 Personen. Alle ten können, Verlust eigener Lebensperspektiven, Rund-um-die Uhr-Verfügbarkeit, verpflichteten sich, diese Arbeit in ihr eigenes Umfeld zu tragen. Durch die Vermark- Ungewissheit über die Zeitdauer u. v. a. mehr. Auch über die Folgen ist einiges bekannt: tung der Pflege empfinden sich die Anbieter als gegenseitige Konkurrenz, Absprachen Pflegende Angehörige werden selbst krank, neigen zu Infektanfälligkeit, Rückenbe- sind eher die Ausnahme – so ging es in der ersten Zeit vor allem darum, ein Klima des schwerden, Suchtkrankheit. Zudem sind viele Familien durch die Pflege zerstritten, gegenseitigen Vertrauens aufzubauen. einige leben sehr isoliert und beklagen finanzielle Einbußen. (Meyer 2006; Keck et al. 2009). Zunächst stand im Vordergrund, pflegende Angehörige als Nutzergruppe wahrzuneh- Pflegende Angehörige sind eine große und hoch belastete Gruppe in unserer Gesell­ schaft. Derzeit sind mit der Pflege von Angehörigen ca. 10 % der Bevölkerung betroffen, zukünftig werden es bis zu 20% der hier lebenden Menschen sein. (Statistisches Bundesamt, 2011) men und alle Teilnehmer für die Nöte der Familien zu sensibilisieren. Die erste ArProblematisch ist, dass pflegende Familien selbst kaum als Klienten im Gesundheits- beitsphase des Projektes war gekennzeichnet durch eine Ist-Analyse von ­Angeboten für und Pflegewesen wahrgenommen werden, sie sind nützlich als Versorger daheim – im pflegende Angehörige im jeweiligen Stadtteil. Eine deutliche Orientierung am Quartier Mittelpunkt steht aber der Pflegebedürftige als Versicherter. Angehörige berichten, war für das gesamte Projekt handlungsleitend, ebenso eine Orientierung an einem Ak- dass sie als lästig empfunden werden, dass ihr Einsatz nicht gewürdigt wird, dass sie tionsforschungsansatz, der die Beteiligten mit ihren Möglichkeiten und Zielen einbindet. sich „die Hacken ablaufen“, um die Pflege daheim sicherzustellen. Pflege ist durch das Die Analyse erfolgte durch mündliche Berichte und „Stadtteilkarten“. Dabei kam heraus, SGB XI teilfinanziert, Pflegeangebote unterliegen einem zersplitterten Markt, der ohne dass es kaum direkte Unterstützungsangebote für die Angehörigen gab. Im Vordergrund Insider-Kenntnisse kaum durchschaubar ist. Familien fehlen bündige und individuelle standen mittelbare Hilfen, etwa Informationen zu Leistungen des SGB XI. Außerdem Informationen „aus einer Hand“, am besten sogar aufsuchend im eigenen Haushalt. konnte keine Aussage über die Inanspruchnahme der Angebote getroffen werden, denn kaum ein Anbieter evaluierte seine Aktivitäten – viele waren nur „Eintagsfliegen“. Versicherung für pflegende Angehörige durch die Unfallkasse Eine wichtige Erfahrung für die AG-Mitglieder war auch, immer wieder am Telefon zu scheitern, sich mit Anrufbeantwortern begnügen zu müssen – eine reale Erfahrung von Unfallkassen versichern pflegende Angehörige, nachdem eine Einstufung des Kranken in pflegenden Angehörigen. Dabei zeigten sich die Bedingungen in Dortmund schon etwas die Pflegeversicherung erfolgt. Durch Erschöpfung der Angehörigen entstehen vermehrt besser als in Solingen: Durch die modellhafte Einrichtung von zwölf stadtteilbezogenen auch Unfallneigungen. Die Unfallkasse NRW engagiert sich schon lange in diesem Seniorenbüros werden Informationen zur Pflegelandschaft dort gebündelt. Bereich. Mit finanzieller Unterstützung des Dachverbandes, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), konnte von 2009 bis 2011 unter dem Titel „Neuheit für Pflege“ ein einzigartiges Projekt in den Modellstädten Dortmund und Solingen durchgeführt Die Betroffenen als Ideengeber werden. Im Kern ging es um einen verstärkten Gesundheitsschutz für die Pflegenden selbst – dazu sollten Anbieter sich örtlich vernetzen und bessere Angebote auf den In beiden Städten wurden auch Gruppen aus pflegenden Angehörigen mit regelmäßi- Weg bringen. Die wissenschaftliche Begleitung des Projektes lag beim Department für gen Treffen gebildet. Sie begleiteten das Projekt mit Vorschlägen und Kommentaren. Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke (Daldrup et al. 2012). Viele Hinweise drückten die Unzufriedenheit mit der Kurzzeitpflege aus, ebenso den 14-15 ::::: Mangel an Informationen über „Verhinderungspflege“, über passende Rezeptierungen beim Arzt und schließlich die immer wiederkehrende Erfahrung der Zurückweisung. Zusätzlich gab es übergreifende Treffen der Träger und auch Treffen beider Arbeitsgruppen. Die Beteiligten erhielten umfassende Informationen über Forschungsergebnisse zu pflegenden Angehörigen, Bewältigungsverhalten, die Situation pflegender Kinder und die eigene Öffentlichkeitsarbeit. Weitere gemeinsame Arbeitsaufgaben waren die Zusammenstellung von Ergebniszielen zum Projektende, das Aufspüren von Versorgungslücken für pflegende Angehörige, die Auflistung von Wünschen und Hemmnissen. Bei den weiteren Treffen wurde jeweils eine Barriere tiefergehend bearbeitet und Erfahrungen bzw. Lösungsideen zusammengetragen. Besonders im ersten Projektzeitraum ging es darum, Wertschätzung für die Pflege zu Hause zu signalisieren. Dazu wurde an mehreren Treffen gearbeitet: Wie drücke ich Anerkennung aus? Wie zeige ich Zuständigkeit bzw. leite einen Klienten sicher weiter? Wie kann ich die Lage des Angehörigen in dieser Pflegesituation einschätzen? Die Es geht vor allem darum, was pflegende Angehörige für sich selbst tun können. In der Unfallkasse NRW produzierte abschließend zu diesem Themenkomplex eine vielfach Mitte des Heftes sind Blanko-Wochenpläne einfügt, in denen immer auch die Rubrik nachgefragte Broschüre. „Das tue ich für mich selbst…“ vorkommt. Die Broschüre kann kostenlos über die Unfallkasse NRW bezogen werden. Gleiches gilt auch für die Notfallkarte und die Checkliste. Zusätzlich entstanden im Projektverlauf verschiedene „Produkte“ zur Unterstützung Beide Dokumente können zudem direkt von der Projekthomepage (http://www.beim- pflegender Angehöriger: pflegen-gesund-bleiben.de) heruntergeladen werden. Abb. 1, 2 & 3 Notfallkarte und Checkliste Abb. 4 Handlungshilfen zur häuslichen Pflege - Notfallcheckliste und –karte Hilfreiche Broschüre zum Gesundheitsschutz für Pflegekursanbieter Immer wieder kam das Thema auf, was mit dem Pflegebedürftigen zu Hause geschieht, Im Projekt entstanden auch viele Ideen, welche neuen Inhalte im Rahmen von Pflege- wenn der pflegende Angehörige z.B. auf der Straße verunfallt und niemand weiß oder kursen und individuellen häuslichen Schulungen zu den Themen Gesundheitsschutz, daran denkt, dass zu Hause noch jemand wartet, der Hilfe benötigt. Entspannung und Reflexion zukünftig vermittelt werden können. Diese Inhalte wurden In der Solinger Arbeitsgruppe wurden dann eine Notfallkarte und eine Notfallcheckliste in einer ansprechenden Broschüre aufbereitet. Diese sind auch auf der Projekt-Home- entwickelt. Der Ausweis wird im Geldbeutel mitgeführt, z.B. bei der Krankenkassen- page der Unfallkasse zu finden. Reflektionsfragen karte, und wird dann z.B. in der Klinikambulanz gefunden. Auf der Karte steht: „Ich bin verantwortlich für eine pflegebedürftige Person.“ Es kann dann in einem Freifeld eingetragen werden, wo sich die Person befindet und wo die dazugehörige Checkliste in Pflegekurse schon zu Beginn der Pflegesituation forcieren der Wohnung zu finden ist. Ein weiterer Schwerpunkt im Projekt war die Koordination von Pflegekursangeboten (SGB XI-Leistung). In Solingen gab es dieses Angebot überhaupt nicht, in Dortmund Handlungshilfen: Für pflegende Angehörige zur Vorbereitung auf eine Pflegesituation kamen die Kurse mangels Teilnehmerzahl kaum zustande. Die Anbieter sprachen sich nicht ab, machten sich gegenseitig Konkurrenz. Häufig entsteht Pflegebedürftigkeit nach Klinikaufenthalten. Die Zuständigen in den Krankenhäusern sollten die kommende Im Rahmen des Projektes „Neuheit für Pflege“ entstand auch eine Broschüre, die die Pflegesituation informierend vorbereiten – auch im Hinblick auf Pflegekurse. pflegenden Angehörigen direkt zur Planung für die häusliche Situation nutzen können. Hilfreich ist hier ein gemeinsames Faltblatt von allen Anbietern, mit einem einheit- 16-17 ::::: lichen, kurzen und informativen Text zu den Inhalten eines Pflegekurses. In diesem medizinischen Fachangestellten und persönlich bekannte Hausärzte in Solingen und Faltblatt können die verschiedenen Anbieter ihre jeweiligen Kursangebote mittels Dortmund. Teilweise gelang es, Informationsbroschüren für pflegende Angehörige Einlegeblatt bewerben. Um dies zu etablieren, werden Runde Tische benötigt, an denen in den Praxen auszulegen oder Poster aufzuhängen. Auf den Postern befand sich ein alle interessierten Anbieter zwecks Absprache zusammenkommen. Freifeld, in dem die nächste Anlaufstelle eingeschrieben werden konnte. Erfolgreicher verlief der Einbezug von Apotheken (vor allem in Solingen) für das Projekt. Bei Zwistigkeiten in der Familie Familienmoderation nutzen Die Mitarbeiter kennen die pflegenden Angehörigen oft schon über einen längeren Zeitraum und nehmen sich gerne etwas Zeit für sie. Auch hier wurden hilfreiche Infor- Ein ganz neu entwickeltes Angebot stellen Hilfen zur Familienmoderation dar. Diese mationen ausgelegt, z.B. auch die Zeitschrift „Angehörige pflegen“, die viermal jährlich Notwendigkeit wurde von den Angehörigengruppen eingebracht. Familien e­ ntzweien kostenlos erscheint. Auch in den Geschäftsstellen der Barmer GEK ist die Zeitschrift sich oft bei langfristiger Pflegebedürftigkeit – die Hauptpflegepersonen bleiben isoliert. erhältlich. Es werden oftmals neutrale Moderatoren zur Klärung der Zuständigkeiten und Absprachen in den Familien benötigt. Die Unfallkasse NRW hat in diesem Kontext ein Bildungs- Hilfreich war der Einbezug des Sanitätsfachhandels (in Dortmund) in das Projekt etwa angebot für professionell Pflegende aufgestellt. Vorausgesetzt wurde dabei eine gute zur Projektmitte. Die Firmen verfügen über viele Kontakte zu pflegenden Angehörigen Vor- bzw. Ausbildung im kommunikativen Bereich. In dreimal zwei Tagen fand eine und können bei Hausbesuchen, z.B. bei der Auslieferung von Hilfsmitteln oder dem An- Vorbereitung für die Moderationsgespräche statt. Erwartet wird, dass die Teilnehmer passen von Kompressionsstrümpfen, Informationen über Hilfemöglichkeiten ausgeben. diese Leistung in ihrem Umfeld anbieten und dass durch Begleitung/Evaluation dieses Angebot künftig als regelhafte Kassenleistung etabliert werden kann. Entspannung für pflegende Angehörige Wichtige Ansprechpartner für pflegende Angehörige Das neue Angebot des autogenen Trainings speziell für pflegende Angehörige wurde von Betroffenen sehr gut angenommen. In einer Gruppe, die nur aus pflegenden Im Projektverlauf wurden die Aktivitäten erweitert. So wurden Kirchengemeinden als Angehörigen aus einer Stadt bestand, wurde zunächst das autogene Training durchge- Kontaktmöglichkeiten für Betroffene vor Ort einbezogen. In beiden Städten fanden führt und anschließend fand ein Gesprächskreis für die Betroffenen statt. Das Angebot Gottesdienste speziell für pflegende Angehörige statt, die Liturgie wurde gemeinsam in Dortmund verzeichnet ein großes Interesse bei der Zielgruppe und findet regel­ erarbeitet. Gegen Projektende konnte in Dortmund die Telefonseelsorge für die Bedürf- mäßig statt. Wünschenswert wären mehr Angebote dieser Art, z.B. Gesprächskreise in nisse pflegender Angehöriger sensibilisiert werden, da in der Angehörigenfokusgruppe Verbindung mit Yoga, einer Rückenschule oder einem Kreativangebot wie Malen oder immer wieder davon berichtet wurde, dass es niemanden gebe, dem sie ihre Situation Bildhauen. und Gefühle schildern könnten. Modellprojekte für Angehörigentelefone scheitern oft, da sie nicht kontinuierlich besetzt sind. Die Telefonseelsorge ist als Ansprechpartner besonders geeignet, sie ist 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag erreichbar. In einer eintägigen Schulung wurden die ehrenamtlichen Mitarbeiter in Dortmund mit vielen Auszeiten für pflegende Angehörige (an einem oder mehreren Tagen) ­Informationen rund um das Thema pflegende Angehörige versorgt. Zukünftig werden die Mitarbeiter nicht nur wertschätzend zuhören, sondern auch, wenn es gewünscht Der „freie Samstag“ in Solingen ist ein speziell konzipiertes Angebot für pflegende wird, an die „richtigen“ Ansprechpartner vor Ort z.B. in den Seniorenbüros verweisen. Angehörige und wird von der Busch-Stiftung finanziert und durchgeführt. Das Konzept sieht eine ganztägige Betreuung des Pflegebedürftigen in der kooperierenden Tages- Im Projekt ging es auch um die Einbeziehung der Hausärzte als wichtige und oft erste pflege vor, wo ein Mittagessen und die Teilnahme an Freizeitangeboten ein ausgefülltes Ansprechpartner der betroffenen Familien. Die Gewinnung von Referenzpraxen und Tagesprogramm garantieren. Der pflegende Angehörige kann die freien Stunden für die aufgeschlossenen Ärzten gestaltete sich im Projekt als besonders schwierig, da bei den eigene Freizeitgestaltung nutzen, soziale Kontakte pflegen oder sich erholen. Das Ange- Ärzten kaum Informationen und Interessen für den SGB XI-Bereich vorhanden waren. bot endet am späten Nachtmittag. Es wird ca. 30 x jährlich angeboten und ist oft schon Es gab mehrere Anläufe, z. B. über die kassenärztliche Vereinigung, Ärztenetze, die lange Zeit im Voraus ausgebucht. Oft ist der freie Samstag auch ein Einstieg in eine 18-19 ::::: Tages- oder Kurzzeitpflege zur dauerhaften Entlastung des pflegenden Angehörigen. In Ab dem kommenden Jahr ist ein neues, ähnlich gelagertes Projekt (allerdings mit ande- Dortmund war die Etablierung dieses Angebotes bisher leider noch nicht möglich. ren Schwerpunkten für pflegende Angehörige, die in Kreisen in NRW leben) in Planung. Der Bedarf an Angeboten dieser Art mit Auszeiten oder einem Kurzurlaub für pflegende Abschießend ist festzuhalten, dass es vor Ort, in den Kreisen und Kommunen, viele Angehörige wächst stetig. Bestehende Angebote sind leider meist recht teuer und be- Gestaltungsmöglichkeiten gibt, um neue, innovative Angebote für pflegende Angehörige deuten einen großen organisatorischen Aufwand. Pflegende Angehörige werden solch zu etablieren. Die Regie sollte bei der Planung der Angebote in der Hand der Kommune ein Angebot auch nur dann nutzen, wenn sie wissen, dass ihr zu Pflegender gut betreut liegen. An einem neutralen Tisch z.B. im Rathaus sollten alle Beteiligten und Interes- ist. Daher werden Kurzzeitpflegeplätze mit aktivierender, rehabilitativer Ausrichtung sierten (Anbieter, Firmen, Betroffene etc.) zusammenkommen und neue Ideen zum auch in der Nähe des Urlaubsortes benötigt. Wenig hilfreich sind „eingestreute Kurz- Wohl der pflegenden Angehörigen entwickeln. zeitpflegeplätze“ in regulären Altenheimen. Auch die vom ehemaligen Gesundheitsminister Philipp Rösler propagierte Kur für pflegende Angehörige wäre ein wichtiger Literatur Schritt hin zum Gesundheitsschutz für pflegende Angehörige. Leider fehlt es derzeit Daldrup, A., Zegelin, A., Schieron, M., Segmüller, T., Tolsdorf, M., Algaier, A. (2012): Gesundheit im Fokus, Angehörige pflegen 2/2012, 8-11 noch an konkreten Initiativen und an der Finanzierung. Eine weitere Idee, die im Projektrahmen nicht verwirklicht werden konnte, war die Etablierung eines Nachtpflegeangebotes, damit der pflegende Angehörige nachts durchschlafen kann und seine Nachtruhe nicht mehrmals, z.B. durch die Begleitung des Pflegebedürftigen zur Toilette oder die Umlagerung des Erkrankten im Bett, unter­ Keck, W, Saraceno, C. (2009): Balancing elderly care and employment in Germany, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Berlin Meyer, M. (2006): Pflegende Angehörige in Deutschland, LIT-Verlag, Berlin Statistisches Bundesamt (2011): Pflegestatistik 2009: Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung, Deutschlandergebnisse, Wiesbaden Unfallkasse NRW (2011): Handlungshilfen zur häuslichen Pflege, Reflektionsfragen. <http://www.unfallkasse-nrw.de/ fileadmin/server/download/Sonderschriften/Haeusliche_Pflege.pdf > abgerufen am: 21.01.2013 brechen muss. Wünschenswert wären auch bessere Fahrdienste für den Pflegebedürftigen, damit pflegende Angehörige nicht durch einen aufwändigen und anstrengenden Transport daran gehindert werden, Angebote wahrzunehmen. Die Fahrdienste sollten preiswert, schnell abrufbar und auch für Rollstuhlfahrer (nicht umsetzbare Personen) geeignet sein. Öffentlichkeitsarbeit im Projekt Über das Projekt „Neuheit für Pflege“ wurde nicht nur in Fachzeitschriften aus dem Pflege- und Sozialbereich, sondern auch in Zeitungen (Solinger Tageblatt, WAZ) und Zeitschriften wie der „Apothekenrundschau“ berichtet. Zu Beginn des Projektes wurde zu einer Pressekonferenz in Dortmund eingeladen, Mitglieder der Arbeitsgruppen vor Ort und die Projektleitung nahmen an Seniorenmessen und Gesundheitstagen vor Ort teil. In der Projektstadt Solingen wurde für mehrere Wochen durch 200 Plakate in öffentlichen Bussen auf das Projekt aufmerksam gemacht. Leider kam ein angedachter Tag der pflegenden Angehörigen in Dortmund nicht zustande. Im November 2011 fand für interessierte Akteure im Feld eine Abschlusstagung in Dortmund statt. Der Abschlussbericht des Projektes kann über die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) bezogen werden. 20-21 ::::: Die Altenpflege in den Niederlanden ::::: Hospitation in Einrichtungen der niederländischen Altenpflege ::::: ::::: Angelika Herrmann, Wohnverbundsleiterin, Stiftung Haus Lindenhof, Schwäbisch Gmünd/Göppingen Impulse für die Altenpflege in Deutschland Hospitation in Einrichtungen der niederländischen Altenpflege Nach der Hospitation sollten die Impulse aus den Niederlanden in Deutschland bei der Stiftung Haus Lindenhof in Schwäbisch Gmünd, in der die Autorin tätig ist, umgesetzt Die niederländische Altenpflege steht vor ähnlichen Herausforderungen wie die werden. Die Stiftung Haus Lindenhof ist ein Träger der Alten- und Behindertenhilfe deutsche Altenpflege. Es gibt immer mehr alte und pflegebedürftige Menschen in den mit ca. 1200 Bewohnern und 1300 Mitarbeitern. Sie verfügt u.a. über elf Alten- und Niederlanden, alte Menschen möchten möglichst lange zu Hause wohnen bleiben und Pflegeheime. Fragen zur Finanzierung der Sozialsysteme stellen sich auch im europäischen Ausland. Traditionell gibt es eher große Pflegeheime, in denen Hunderte von pflegebedürftigen Einige Impulse aus den Niederlanden konnten sofort aufgegriffen werden, andere Menschen leben. Welche fachlichen Entwicklungen zeichnen sich in diesen stationären wiederum bedurften einer längerfristigen Planung. Beispielsweise wurde konsequent Versorgungsformen ab? an der Wohnlichkeit der Pflegeheime gearbeitet. Warme Farben dominieren seither die Wohnbereiche der Pflegeheime. Tablettsysteme in der Essensversorgung wurden Um diese Fragen zu beantworten, hat die Autorin im Rahmen des Internationalen Hos- abgeschafft. Weiße Dienstkleidung wurde ersetzt durch farbige Poloshirts und Jeans. pitationsprogramms Pflege und Gesundheit, gefördert von der Robert Bosch Stiftung, im Der Bereich Altenhilfe der Stiftung Haus Lindenhof nennt sich inzwischen „Wohnen und Jahr 2006 in den Städten Haarlem, Rotterdam, Utrecht und Amsterdam unterschiedliche Pflege im Alter“. Die Pflegeheime werden nicht mehr „Einrichtungen“, sondern „Häu- Pflegeheime und Träger der stationären Altenhilfe genauer untersucht. Dabei widmete ser“ genannt und in Folge dessen auch von einer Hausleitung anstelle einer Einrich- sie kleinen Wohngruppen für demenzkranke Menschen besondere Aufmerksamkeit. tungsleitung geleitet. Dies sind zunächst einmal Veränderungen auf sprachlicher Ebene, die jedoch durch interne Diskussionen ein langfristiges Umdenken in Gang setzen. Diese Wohngruppen wurden in den 80er Jahren von großen stationären Trägern in den Niederlanden ins Leben gerufen und sind inzwischen weit verbreitet. 2010 hatten Zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde darüber nachgedacht, die Niederlande bereits 432 Wohngruppen mit mehr als 12.000 Bewohnerinnen und wie unter den bestehenden Rahmenbedingungen institutionelle Merkmale abgeschafft Bewohnern. Dies entspricht fast 25% der pflegebedürftigen Menschen, die im Pflege- werden können und den Bewohnerinnen und Bewohnern trotz des Umzugs in ein heim leben und eine psychogeriatrische Diagnose haben (te Boekhorst 2009). In diesen Pflegeheim ein Zuhause geschaffen werden kann, in dem sie sich geborgen fühlen. Dies Wohngruppen leben in der Regel zwischen sechs und zehn Menschen mit Demenz. Die führte beispielsweise zur Konzeption „Wohlfühlen wie zu Hause“, einer Selbstverpflich- Umgebung ist sehr häuslich gestaltet und teilweise erinnert in den besuchten Wohn- tung der Einrichtung, die aufzeigt, wie pflegebedürftige Menschen betreut werden, wie gruppen tatsächlich kaum etwas an ein traditionelles Pflegeheim. Es wird versucht, ein der Alltag zusammen gestaltet wird und welche Werte die praktische Arbeit beein- möglichst normales Leben, das sich am Alltag einer Familie orientiert, zusammen mit flussen. Diese gelungene Konzeption ist handlungsleitend für alle Mitarbeiterinnen den Bewohnerinnen und Bewohnern zu leben. und Mitarbeiter und wird Bewohnern und Angehörigen beim Einzug eines Bewohners Abb. 1 Bewohner im Aufenthaltsbereich St. Agnes Westhausen Abb. 2 Neu gestaltetes Bewohnerzimmer der Stiftung Haus Lindenhof in Schwäbisch Gmünd Abb. 3 Bewohner zusammen mit Jugendlichen im ehemaligen Speisesaal im Spital zum Heiligen Geist übergeben. 22-23 ::::: Es zeigte sich jedoch auch, dass Wohngruppen zwischen 20 und 40 Bewohnern zu groß 10. Personalplanung und Finanzierung sind, um den Aspekt der gemeinsamen Alltagsgestaltung zu leben. Deshalb orientie- 11. Einführung der Konzeption und Schulung der Mitarbeiter/innen ren sich die Pflegeheime der Stiftung Haus Lindenhof zunehmend an dem Konzept der 12. Die Gestaltung der Übergangsphase Hausgemeinschaften. 13. Ausblick Die Konzeptionsentwicklung wurde begleitet durch ein Projekt des Verbandes katholi­ Die Einführung von Hausgemeinschaften scher Altenhilfe Deutschland e.V. (VKAD) „Modellvorhaben Personalplanung in der stationären Altenpflege, Organisationsentwicklung und Umsetzung von alltagsorientie- Hausgemeinschaften stehen für eine Wohn- und Lebensform, die sich am Alltag einer ren Konzepten in der Praxis“. Familie orientiert. Hier wird in kleinen Wohneinheiten mehr Normalität, Alltagsnähe und Geborgenheit geschaffen, als es der bisherige Rahmen eines Pflegeheimes zulässt. Die Hausgemeinschaften wurden zum 01.07.2012 offiziell eröffnet. Sie haben eine Größe Dahinter steht die Überzeugung, dass pflegebedürftige Menschen ihren Alltag in dieser von neun bis zehn Bewohnern. Jede Hausgemeinschaft ist mit einer offenen Küche, Wohnform mit größerer Selbstbestimmung gestalten können, als dies in einem klassi- einer Art Ess- und Wohnzimmer eingerichtet. Damit werden überschaubare und gemüt- schen Pflegeheim möglich wäre. Dies steht in Einklang mit der bisherigen Konzeption liche Wohnbereiche geschaffen, die den Bedürfnissen älterer Menschen, insbesondere der Häuser im Bereich „Wohnen und Pflege im Alter“ der Stiftung Haus Lindenhof, denen von Menschen mit Demenz, entgegenkommen. welche die Umsetzung eines möglichst häuslichen und sehr in die Gemeinde integrierten Ansatzes vorsieht. In den Gemeinschaftsräumen können die Bewohner gemeinsam den Tag verbringen und den Alltag zusammen gestalten. Für die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten stehen Zwei Häuser arbeiten inzwischen nach dem Hausgemeinschaftsmodell. Ein drittes Geschirrspülmaschinen, Waschmaschinen und Trockner zur Verfügung. Rückzugsmög- befindet sich derzeit in Umwandlung. lichkeiten haben die Bewohner in ihrem Zimmer, das sie mit ihren eigenen Möbeln und nach ihren persönlichen Vorlieben einrichten können. Jedes Zimmer ist mit einem eigenen Bad ausgestattet. Es wird Wert darauf gelegt, dass die Bewohner zusammen Kurzbeschreibung Spital zum Heiligen Geist mit ihren Angehörigen selber ihre Zimmer gestalten. Die Bewohner sollen ihre eigenen Möbel mitbringen. Das Spital zum Heiligen Geist in Schwäbisch Gmünd umfasst 69 vollstationäre Plätze, die sich in drei Wohnbereiche mit jeweils 23 Bewohnerinnen und Bewohnern gliedern. Durch den Einbau der Wohnküchen können die Mahlzeiten schöner gestaltet werden als Eine anstehende Renovierung der Gemeinschaftsräume wurde für die konzeptionelle bisher. Beispielsweise wird der Frühstückstisch ansprechend gedeckt. Der Kaffee wird in Umsetzung der Hausgemeinschaften genutzt. In einer Projektgruppe, in der neben der Hausgemeinschaften gekocht. Wie zu Hause befinden sich Hefezopf, Brot, Marmelade, Autorin die Hausleitung, die hauswirtschaftliche Betriebsleitung, die Wohnbereichs­ Butter, Wurst und Käse auf dem Tisch. Am Tisch bestimmt der Bewohner selbst, was leitungen, der Sozialdienst sowie Pflegefachkräfte arbeiteten, wurde eine Hausgemein- er essen möchte. Sollte ihm dies nicht möglich sein, wird er dabei von den Alltags­ schaftskonzeption entwickelt. Wesentliche Aspekte in der Konzeption waren: begleitern unterstützt. Beispielsweise wird in den Hausgemeinschaften das Marmelade­ brot am Tisch bei dem Bewohner gerichtet und nicht mehr wie vor Einführung der 1. Ziele des zu beschreibenden Angebots Hausgemeinschaften in der Teeküche vorgerichtet. Wichtig ist, dass die Bewohner all 2. Wohnen im Spital zum Heiligen Geist das, was sie noch tun können, allein und selbstständig tun dürfen und die Mitarbeiter 3. Die Gestaltung des Alltags sie darüber hinaus unterstützen. So werden die Bewohner dazu angeregt, vorhandene 4. Leistungsbeschreibung Fähigkeiten weiterhin zu trainieren. 5. Organisation der Hauswirtschaft 6. Das kulturelle Angebot Relativ schnell hat sich gezeigt, dass in den Hausgemeinschaften mehr mit den Bewoh- 7. Die Rolle der Angehörigen nerinnen und Bewohnern zusammen gekocht wird. Hauswirtschaftliche Tätigkeiten 8. Die Arbeit mit ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen finden nicht mehr in speziellen Therapieräumen statt, sondern sind in den Alltag einge- 9. Aufbau und Personalorganisation bunden. Somit können alle Bewohner daran teilhaben. 24-25 ::::: Aufgrund der kleinen Gruppengrößen der Hausgemeinschaften war die Entwicklung eines zwischen Alltagsbegleitung und Pflege abgestimmten Einsatzmodells unter Berücksichtigung der gegebenen Personalschlüssel eine besondere Herausforderung. Um die Personalpräsenz in den Hausgemeinschaften zu erhöhen, wurde die Verteilerküche aufgelöst, so dass die Speisen, die nach wie vor überwiegend von der Zentralküche Menschen mit Parkinsonsyndrom qualifiziert versorgen – der Beitrag spezialisierter Pflege ::::: bezogen werden, in den Hausgemeinschaften regeneriert werden. Auch andere Tätigkeiten wie beispielsweise das Spülen von Geschirr wurden in die Hausgemeinschaften ::::: Dr. rer. med. Tobias Mai, Pflegeentwicklung/Nursing Research, verlagert, immer mit dem Ziel, neben der Verrichtung der Tätigkeiten vor allem für Klinikum der Goethe-Universität, Frankfurt a. M. eine bessere Mitarbeiterpräsenz in den Hausgemeinschaften zu sorgen. Nachdem die Bewohner ihre Mahlzeiten in den Hausgemeinschaften einnehmen, finden im früheren zentralen Speisesaal inzwischen kulturelle Veranstaltungen, sportliche Aktivitäten und das Treff-Café statt. Etwa 300.000 Menschen in Deutschland sind von der neurodegenerativen Erkrankung eines Parkinsonsyndroms betroffen und die Anzahl der Diagnosen ist weiter steigend. Die neuen Aufgaben der Alltagsbegleitung werden vom bestehenden Personalpool des Betroffene erleben im Verlauf der Erkrankung komplexe Lebens- und Versorgungs­ Spitals übernommen. Neben einzelnen Mitarbeiterinnen der hauswirtschaftlichen Zen- situationen, welche auch eine speziell ausgerichtete Unterstützung seitens der profes- tralbereiche nehmen insbesondere Pflegehilfskräfte die Funktion der Alltagsbegleitung sionellen Pflege erfordern – insbesondere deshalb, weil Menschen mit Parkinson einen wahr. Dazu ist es notwendig, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewohnte Routinen früheren und zudem längeren Bedarf an stationärer Pflegeversorgung als gleichaltrige aufgeben und sich der veränderten Struktur der Hausgemeinschaft anpassen. In dieser Gesunde aufzeigen (Vossius et al. 2009). Umstellungsphase befindet sich auch sechs Monate nach Einführung der Hausgemeinschaften das Spital zum Heiligen Geist. Es ist sehr positiv, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ursprünglich geplante Arbeitsabläufe kritisch hinterfragen, so dass zusam- 1. Die Erkrankung und deren Verlauf men mit der Leitung Arbeitsabläufe weiter verändert und optimiert werden können. Diese Erfahrungen münden darüber hinaus in die „Neukonzeption Hausgemeinschaf- Die häufigste Form der Erkrankung ist das so genannte idiopathische oder primäre ten“ eines weiteren Pflegeheimes der Stiftung Haus Lindenhof, St. Josef in Salach, das Parkinsonsyndrom, bei dem die Ursache für den Untergang der dopaminergen Zellen im März 2013 in einen Neubau umzieht. im Mittelhirn weitgehend unklar ist. Die Erkrankung zeigt sich in vielfältigen Kombinationen und in unterschiedlichem Ausmaß der Symptome Bradykinese, also einer Unterschiedliche Lebensentwürfe und Erwartungen an eine individuelle Betreuung Bewegungsverlangsamung, sowie Rigor, Tremor und posturaler Instabilität. Im weiteren machen es notwendig, alternative Wohnangebote für ältere und pflegebedürftige Verlauf können zu unterschiedlichen Zeitpunkten weitere, vor allem nichtmotorische Menschen zu entwickeln. Neben den Veränderungen in der stationären Altenhilfe sind Symptome wie Dranginkontinenz oder kognitive Störungen hinzukommen. Auch die die Erfahrungen aus den Niederlanden noch intensiver in ambulanten Wohngruppen medikamentöse Langzeitbehandlung zeigt nach etwa vier bis sechs Jahren in der Regel umsetzbar. Strategisch hat sich die Stiftung Haus Lindenhof dazu entschlossen, in den Folgen, die als motorische Spätkomplikationen bezeichnet werden. In deren Folge ambulanten Bereich zu investieren und zukünftig ambulante Wohngruppen für ältere kommt es etwa zu plötzlichen Bewegungsblockaden, so genannten Off-Phasen. In und pflegebedürftige Menschen aufzubauen. Sicherlich sind dazu die bereits gemach- diesen Phasen sind sowohl die motorischen als auch die nichtmotorischen Symptome ten Erfahrungen in den Hausgemeinschaften wertvoll. Der „Blick über den Tellerrand“ wie Angst, Schmerzen und Depressionen deutlicher. Zudem können als Langzeitfolge ermöglicht somit bis heute neue Impulse und Lösungsansätze für die Weiterentwicklung unwillkür­liche Überbewegungen, beispielsweise der Arme, Beine, des Kopfes und des Bereichs „Wohnen und Pflege im Alter“ und für die Lebensqualität der Bewohne- selten auch der Gesichtsmuskulatur, so genannte Dyskinesien, auftreten. rinnen und Bewohner der Stiftung Haus Lindenhof. Am häufigsten tritt das Parkinsonsyndrom zwischen dem 40. und dem 60. Lebensjahr Literatur auf (Diener et al. 2008) und es gilt als eine der häufigsten neurodegenerativen Erkran- te Boekhorst, S., Depla, M. F., de Lange, J., Pot, A. M., & Eefsting, J. A. (2009): The effects of group living homes on older people with dementia: a comparison with traditional nursing home care. Int J Geriatr Psychiatry, 24(9). kungen im Alter (Albin 2006). Dennoch können auch jüngere Menschen unter 40 Jahren von der Erkrankung betroffen sein. Deren Lebenssituation ist dann nicht nur durch 26-27 ::::: die Symptome, sondern auch durch die Folgen wie eine Frühberentung stark belastet 3.1. Spezialisierte Pflege in Deutschland (Banks et al. 2006, Schrag et al. 2006, Mai i.D.). In Deutschland ist die Fortbildung zur Parkinson Nurse ein einjähriger Kurs, welcher nebenberuflich absolviert werden kann. Anders als international ist die Expertise der Pflegenden weder an ein Masterniveau noch generell an eine akademische Qualifikation 2. Die Versorgung im Verlauf gebunden. Dabei werden das Examen der praktischen Pflegeausbildung und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung vorausgesetzt. Die Tätigkeitsfelder der Absolventinnen Der Literatur ist zu entnehmen, dass zwischen 16 und 48 % der Parkinsonbetroffenen im sind sehr unterschiedlich. Die Pflegeexperten, die im Rahmen einer Studie zur Lebens- Verlauf bspw. infolge von Stürzen oder Aspirationspneumonien einmal jährlich in die und Versorgungssituation Parkinsonbetroffener interviewt wurden, waren nahezu alle Notaufnahme kommen. Zwischen 7 und 28 % der Betroffenen werden einmal im Jahr im stationären Setting tätig (Mai i.D.). Sie arbeiten in Häusern der Maximalversorgung, stationär aufgenommen (Gerlach et al. 2011). Nicht selten kommt es auch in Folge von Rehakliniken und neurologischen Fachabteilungen mit angegliederten Ambulanzen. Krankenhausaufenthalten in anderen Fachabteilungen zu komplexen Situationen, da ein Es wird deutlich, was auch von Betroffenenseite kritisiert wird, dass diese Experten in unsachgemäßer Umgang mit der Parkinsonmedikation eine Neueinstellung erfordert Settings tätig sind, die ohnehin eine große Expertise bei den Mitarbeitern vorhalten. (McCall 2003, Scott 2006). Menschen mit Parkinsonsyndrom werden dann aufgrund von Altenpflegeeinrichtungen oder chirurgische Stationen haben kaum Zugriff auf die Pfle- Versorgungsfehlern pflegebedürftiger, als es die Erkrankung an sich bedingt (Mai i.D.). geexperten oder auf das Fortbildungsangebot. Dass es aber genau an diesen Schnitt- Je nach Situation kann solch ein fehlerhaftes Verhalten seitens der Gesundheitsprofes- stellen zu komplexen Problemen kommen und die Notwendigkeit einer pflegerischen sionen zu so genannten akinetischen Krisen, zu Situationen mit nahezu vollständiger Expertise gegeben sein kann, zeigen Aussagen von Parkinson Nurses und Ärzten, wenn Unbeweglichkeit führen. sie von „total unterversorgten“ Betroffenen aus Pflegeeinrichtungen berichten (Mai i.D.). Ebenso bekunden Betroffene dieser Untersuchung, dass Pflegende und Ärzte Bereits nach fünf Jahren ist etwa ein Fünftel aller Betroffenen pflegebedürftig (Riedel vieles nicht wissen und sie sich selbst kümmern müssen, etwa um spezielle Therapien, et al. 2011). Das Parkinsonsyndrom ist eine der häufigsten Diagnosen in stationären Pfle- Pflegeleistungen oder passende Hilfsmittel. Aber spätestens wenn Betroffene dazu nicht geeinrichtungen (Tse et al. 2008, van Rensenberger et al. 2010). Zudem wird mit einer mehr in der Lage sind, fehlt ein zentraler Ansprechpartner, und die optimale Versor- Anzahl nicht diagnostizierter Bewohner gerechnet (Friedman et al 2004). Menschen gung und Begleitung von Menschen mit Parkinsonsyndrom können nicht mehr adäquat mit Parkinsonsyndrom im Pflegeheim sind jünger, stürzen häufiger und sind im Verlauf gewährleistet werden. schneller auf zunehmende Unterstützung der Pflege angewiesen als andere Bewohner (Buchanan et al. 2002, Mitchell et al. 1996). Gezielte Bewegungsübungen und kognitives Eine Vertiefung der Aufgaben an den Schnittstellen und gleichsam eine kontinuierliche Training für Parkinsonbetroffene würden zu selten angeboten. Wie spezialisierte Pflege- und sektorenübergreifende Begleitung durch Parkinson Nurses in Deutschland sollte kräfte die komplexen Versorgungssituationen mit gestalten können, zeigt ein Blick vor sich daher an der international beschriebenen Rolle der PDNS orientieren. allem in die internationale Literatur. 3.2. Die Rolle und die Aufgaben der PDNS Seit der Schaffung der ersten Stelle einer PDNS vor etwa 20 Jahren haben sich einige 3. Parkinson Nurses Studien mit der Arbeit der PDNS und deren Evaluation beschäftigt (Axelrod et al. 2010, Calne 1994, Hagell 2007, Hayes 1999, Hurwitz et al. 2005, Jarman et al. 2002, MacMahon Während in Großbritannien bereits seit mehr als 20 Jahren spezialisierte Pflegekräfte 1999, Noble 1998/1999, Reynolds et al. 2000, Thomas et al. 2002). Die PDNS sind meist – Parkinson’s Disease Nurse Specialists (PDNS) – die Versorgung der steigenden Anzahl an ein Krankenhaus angebunden, agieren aber auch in die Gemeinde hinein. Je nach Erkrankter mitgestalten, sind erste Bestrebungen in Deutschland erst in den letzten Region betreuen sie einen Patientenstamm zwischen 20 und 1800 Betroffenen. Die Be- Jahren in die Praxis umgesetzt worden (Ebersbach 2006). Das Ziel ist, die Lebensqualität ratung aller Beteiligten wird als eine der bedeutsamsten Aufgaben der PDNS betrachtet. der betroffenen Menschen zu verbessern sowie die Komplikationen und damit auch die Kosten durch optimale Therapien zu reduzieren. Die PDNS motivieren Betroffene und klären sie auf, welche Maßnahmen den Alltag mit der Erkrankung erleichtern können (Szigeti 1988). Im weiteren Verlauf kommt den PDNS darüber hinaus eine unterstützende und palliativ pflegende Rolle zu (Calne et al. 2003). In den Krankheitsstadien H & Y 4 und 5 geht es dann vor allen Dingen um das Hand­ 28-29 ::::: haben des Medikamentenregimes, den Umgang mit Psychosen, Verwirrtheit, Halluzination und Demenz sowie um das Managen von motorischen Spätkomplikationen (Calne et al. 2003, Coumarassamy et al. 2002, Thomas et al. 2002, Thomas 2004). Diese Aspekte sind zugleich die häufigsten Gründe für den Einzug in stationäre Pflegeeinrichtungen (Aarsland et al. 2000, Goetz et al. 1993, Truong et al. 2008). Die Pflegekraft übernimmt insbesondere in diesen herausfordernden Spätphasen der Erkrankung zunehmend edu- • Denken Sie daran, dass der Zustand der Bewohner von Tag zu Tag und von Stunde zu Stunde variieren kann. Die Hilfe und Unterstützung durch Sie müssen daher ebenfalls variieren können. • Die Einnahme von Medikamenten genau zum richtigen Zeitpunkt ist für Menschen mit Parkinson entscheidend. Vergewissern Sie sich, dass Sie Parkinson-Medikamente jeweils genau nach ihrer Zeit geben, so dass Menschen mit Parkinson so unabhängig wie möglich leben können. • Menschen mit Parkinson sollten regelmäßige medizinische Bewertungen von einem Spezialisten kative Aufgaben für die Angehörigen. Darüber hinaus soll die Pflegekraft Verlustarbeit erhalten, um den Zugang zu einer Therapie unterstützen zu können, die sie benötigen. Stellen Sie leisten können und die Angehörigen im Falle des Todes nicht allein zurück lassen. Denn den Kontakt zu Neurologen oder spezialisierten Pflegenden sicher. Achten Sie auf Veränderungen der gerade in langjähriger Pflegearbeit entstehen Rollen und soziale Gefüge, die durch den Tod des Bedürftigen an Grundlage verlieren und entscheidenden Einfluss auf das Leben der Verbliebenen haben (Bunting-Perry 2006). Symptomatik. • Eine sichere, anregende Umgebung ist für Menschen mit Parkinson wichtig. Trainingseinheiten können sehr hilfreich sein, um besser mit Schmerzen und Steifigkeit leben zu können. Musik kann Menschen mit Parkinson helfen, Bewegungen zu initiieren. Rückmeldungen zur Körperhaltung ermöglichen Menschen mit Parkinsonsyndrom schätzen die Möglichkeit, mit jemandem über die Erkrankung und die Probleme zu sprechen, das Wissen, jemanden kontaktieren zu können und an andere Professionelle weitergeleitet zu werden. Hierbei ist für 88.5 % der Betroffenen der persönliche Kontakt mit den PDNS hilfreicher als Telefongespräche (Hagell 2007). Praktische Probleme können gelöst und passgenaue Information über Erkrankung und Behandlung können gegeben werden. Betroffenen, sich bewusst zu bewegen. • Parkinson betrifft alle in unterschiedlicher Weise. Hören Sie Menschen mit Parkinson und ihren Familien daher zu, wie welche Maßnahmen auf den Zustand der Betroffenen wirken - Sie sind die Experten. • Vergewissern Sie sich, dass Sie Betroffenen den Zugang zu einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung ermöglichen. Achten Sie dabei auf mögliche Schluckstörungen, Dyskinesien oder Ernährungsprobleme aufgrund von Bewegungseinschränkungen. • Sprechen Sie normal mit den Parkinsonbetroffenen und geben Sie ihnen Zeit zu antworten. Es kann Gespräche mit PDNS dauern im Gegensatz zu Gesprächen mit dem Arzt mit 20.5 Mi- einige Zeit dauern, bis Menschen mit Parkinsonsyndrom reagieren, aber das bedeutet nicht, dass sie nuten pro Besuch etwa 10 Minuten länger (Reynolds et al. 2000). Dabei unterscheiden nicht zuhören oder nicht verstehen. Eine Verlangsamung in Bewegung und Denken ist kein Anzeichen sich die Inhalte nur in der Schwerpunktlegung. Der Fokus der PDNS liegt auf Tipps zum einer kognitiven Leistungseinbuße! praktischen Umgang mit den Einschränkungen, auf Vermittlung an andere Stellen und der Gabe von Hinweisen zu Literatur und Patientenbroschüren. Neurologen schätzen (In Anlehnung und frei übersetzt nach: http://www.parkinsons.org.uk/pdf/b114_caringforyourresidentwithparkinsons.pdf) die Unterstützung der PDNS im Hinblick auf pflegerische Fragestellungen, Information und Edukation über die Erkrankung und die Behandlung, komplexe Familienprobleme, Kommunikationsprobleme und mit Blick auf Probleme bei der Koordination der verschiedenen Versorgungsangebote. Es bleibt festzuhalten, dass eine regionale Zusammenarbeit von Parkinson Nurses mit Pflegeeinrichtungen auch in Deutschland die Situation der Bewohner und die Kom- PDNS treten als Dreh- und Angelpunkt im multidisziplinären Team auf und übernehmen petenz der Mitarbeiter im Umgang mit den Parkinsonbetroffenen verbessern kann. Kernaufgaben wie Sicherstellung, Überprüfung und Koordination der Überleitung vom Es wäre daher wünschenswert, wenn Pflegeeinrichtungen den Kontakt mit regional Krankenhaus in den nachstationären Bereich (Dick 1998, Fowler 1997, Suddes 1999, ansässigen Parkinson Nurses aufnehmen würden und vice versa. Gemeinsam könnten Thomas et al. 2002). Die PDNS agiert zwischen den Sektoren, mit Fokus auf Disease Strukturen und Konzepte für eine kontinuierlich und qualitativ hochwertige pflegerische Management und Edukation von Betroffenen, Angehörigen und Professionellen. Begleitung von Menschen mit Parkinsonsyndrom geschaffen und vorhandene Kompe- Spezialisierte Pflegekräfte haben daher nicht nur die Aufgabe, das alltägliche Leben tenzen genutzt werden. Abb. 1 Wichtige Aspekte in der Betreuung von Menschen mit ­Parkinsonsyndrom der Patienten durch direkte Hilfe zu verbessern, sondern auch andere Pflegekräfte im Umgang mit Betroffenen fortzubilden (Hayes 1999). In diesem Zusammenhang wurde Literatur beispielsweise auch eine Broschüre mit Checkliste für Mitarbeiter in Altenpflegeeinrich- Aarsland, D.; Larsen, J.P.; Tandberg, E.; Laake, K. (2000): Predictors of nursing home placement in Parkinson‘s disease: a population-based, prospective study. In: J Am Geriatr Soc 48 (8), 938–942. tungen entwickelt, die die Arbeit der Pflegenden mit betroffenen Menschen verbessern soll (Abb. 1). Albin, R.L. (2006): Parkinson‘s disease: background, diagnosis, and initial management. In: Clinics in Geriatric Medicine 22 (4), 735–751. 30-31 ::::: Axelrod, L.; Gage, H.; Kaye, J.; Bryan, K.; Trend, P.; Wade, D. (2010): Workloads of Parkinson’s specialist nurses: implications for implementing national service guidelines in England. In: Journal of Clinical Nursing 19 (23-24), 3575–3580. Thomas, S./MacMahon, D. (2004): Parkinson‘s disease, palliative care and older people. In: Nursing Older People 16 (1), 22–27. Banks, P./Lawrence, M. 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Sie wird die neue ­Bewohnerin entsprechend stützen und fordern müssen. Ihre Informationen an die ­übrigen Pflegekräfte, ihre Rückmeldungen an die Angehörigen und an die behan­ delnden Ärzte nehmen entscheidenden Einfluss auf die Versorgung der Bewohnerin und den Aufenthalt in der Einrichtung bis hin zum weiteren Lebensverlauf der alten Dame. Medikalisierung der Stimmungen Gerade bei großen äußeren Veränderungen ist es bisweilen schwer, zwischen Die Herausforderungen des Alterns gehen bei vielen Betroffenen nicht nur mit phy­si­ „­normalen“ Irritationen, Alterserscheinungen und pathologischen Entwicklungen zu schen, sondern auch mit psychischen Belastungen einher. Dabei ist es für Angehörige unterscheiden. Im hohen Lebensalter finden sich vermehrt gesundheitliche Beeinträch­ und professionell Pflegende nicht immer einfach, „normale“ Verstimmungen etwa ob tigungen bei nachlassender Vitalität. Verluste unterschiedlichster Art gehören körperlicher Beschwerden oder abnehmender Leistungsfähigkeit –im Besonderen im ­zunehmend zum Leben, seien es Verluste von Fähigkeiten mit einer Eingrenzung der Kontext dementieller Erkrankungen - von behandlungsbedürftigen Depressionen und Möglichkeiten, das Leben zu gestalten, oder Verluste von nahestehenden Menschen. suizidalen Tendenzen zu unterscheiden. Der folgende Text beschreibt diese Problematik, Einhergehend mit der heutigen Lebenserwartung beinhaltet das längere Leben auch zeigt Diagnoseinstrumente und Möglichkeiten für professionell Pflegende auf, An­zei­ ein längeres Alter. Menschen, die ihr Alter als Schicksal erdulden, nehmen dieses als chen für Depression und Suizidalität zu erkennen und zu behandeln. ein nicht zu beeinflussendes Geschehen war. Sie erleben sich als außen- und fremd­ gesteuert, und Resignation und Depression können die Auswirkungen sein (vgl. Otto 1994: 96). „Genug – ich habe meine Koffer gepackt“ Die heute bekannten Zusammenhänge zwischen reduzierter cholinerger und seroto­ge­ Ein Satz, der in vielen Lebenszusammenhängen kaum Irritationen auslösen wird und auf ner Neurotransmission im Alter erschweren die aktive, kognitive Bewältigung der neuen einer Sach-Ebene zu verstehen ist, die Verständigung zwischen Menschen ermöglicht. Anforderungen (Weyerer und Bickel 2007: 115). An dieser Stelle sei auf die fortschrei- Wird dieser Satz von einer 87-jährigen Dame ausgesprochen, die nach dem Tod ihres tende Medikalisierung der Stimmungen verwiesen. „Unter dem Label der Depression Ehemanns nun bei einer bestehenden mittelgradigen Demenz in eine Pflege­einrichtung konnten [seit Ende der 1960er Jahre] viele Symptome gefasst werden, die entweder umziehen muss, ist er anders zu bewerten. Bringt der Satz nun die akute Verwirrung vormals keinen Krankheitswert hatten oder aber unter die Angst- und Stressreaktionen im Rahmen des Umzuges zum Ausdruck? Drückt die Bewohnerin im Rahmen ihrer fielen, beispielsweise Schlaf- oder Konzentrationsstörungen. Der soziale Kontext von sprachlichen Möglichkeiten einen Todeswunsch aus? Entspricht ein angenommener Stress- und Belastungsreaktionen wurde immer weniger beachtet. Die zunehmende ­Todeswunsch der Frau, wie sie vielleicht ihren Angehörigen oder Freunden ein Leben ­Diagnostik depressiver Störungen wurde auch pharmakologisch unterstützt“ (Richter lang bekannt war, oder hat sich eine niedergedrückte Stimmung oder gar eine Depres- 2010: 264). Ohne die Depression als ernste, zu behandelnde Erkrankung abtun zu wol- sionserkrankung eingestellt? len, kann auch die damit gestiegene Akzeptanz einer Stimmungslage als Krankheit einer der entscheidenden Hintergründe für die vermeintliche Zunahme psychischer Probleme Ihre Kinder, die die alte Dame bisher nach dem Tod ihres Partners in ihrer eigenen und insbesondere depressiver Störungen sein. ­Wohnung unterstützt haben, berichten von einem kontinuierlichen Gewichtsverlust in den vergangenen Wochen. Es liegen eine Vorsorgevollmacht und eine Patienten­ Die in der Öffentlichkeit und in der psychiatrischen Fachöffentlichkeit weithin an- verfügung vor, in der darauf hingewiesen wird, dass lebensverlängernde Maßnahmen genommene Zunahme psychischer Störungen seit der Mitte des 20.Jahrhunderts im Falle einer infausten Erkrankung unterbleiben sollen. können ­Richter et al. aufgrund einer systematischen Literaturübersicht mit strengen 34-35 ::::: methodischen Einschlusskriterien nicht bestätigen. Sie kommen aber zu dem Schluss, Allgemeine Depressionsskala - ADS-Kurzform Hautzinger und Bailer 2012 dass „angesichts einer offenbar steigenden Bereitschaft der Bevölkerung, sich wegen psychischer Störungen behandeln zu lassen, […] dieser Befund jedoch keine Konse- Während der letzten Woche… selten manchmal öfters meistens quenzen für das psychiatrische Versorgungssystem [hat]“ (Richter et al. 2008: 327). Die Sensibilisierung für die Thematik eines Kontinuums von leichter Verstimmung bis zu 1. haben mich Dinge ­beunruhigt, die mir sonst nichts ausmachen. 0 1 2 3 einer schweren depressiven Phase kann gleichzeitig zu den diagnosefindenden Beob- 2. konnte ich meine trübsinnige Laune nicht loswerden. 0 1 2 3 achtungen auch bereits mit Interventionsansätzen aufwarten. Hier ist die kompetente 3. hatte ich Mühe mich zu konzentrieren. 0 1 2 3 4. war ich depri miert/niedergeschlagen. 0 1 2 3 5. war alles anstrengend für mich. 0 1 2 3 6. dachte ich, mein Leben ist ein einziger Fehlschlag. 0 1 2 3 7. hatte ich Angst. 0 1 2 3 8. habe ich schlecht geschlafen. 0 1 2 3 den Stellenwert einer Querschnittsaufgabe. Deshalb obliegt ihr die Kooperation mit 9. war ich fröhlich gestimmt. 3 2 1 0 den verschiedensten Berufsgruppen und ebenso mit informellen Helfersystemen“ 10. habe ich weniger als sonst geredet. 0 1 2 3 (­Garms-Homolová 2003). Es gilt ein Gespür dafür zu bekommen, aus welcher Ausgangs- 11. fühlte ich mich einsam. 0 1 2 3 12. habe ich das Leben genossen. 3 2 1 0 13. war ich traurig. 0 1 2 3 derungen in der Pflege und dem Gesundheitswesen mehr und mehr Bedeutung bei 14. hatte ich das Gefühl, dass mich die Leute nicht leiden können. 0 1 2 3 der Einschätzung von Krankheitszeichen zukommen, so dass der Umgang mit validen 15. konnte ich mich zu nichts aufraffen. 0 1 2 3 Aufmerksamkeit der professionell Pflegenden, sofern sie mit der Klientel in Kontakt kommen, von entscheidender Bedeutung. Diagnoseinstrumente „In der Versorgung alter Menschen, die verlaufsorientiert sein sollte, hat Pflege lage sich die Stimmung des zu Pflegenden entwickelt (hat). Hierzu ist der Kontakt zu den Angehörigen bzw. zum gesamten Lebensumfeld des Betroffenen die Grundlage. Der professionellen Bezugspflegekraft wird dabei im Zuge der zu erwartenden Verän- Instrumenten zur einschätzungsunterstützenden Diagnostik immer wichtiger wird. Dabei können nicht automatisch alle als valide und reliabel belegten Instrumente bei Summenwert > 17 Punkten sind klinisch auffällig jedem Menschen und in jeder Situation eingesetzt werden. Die Fragen der Geriatrischen Depressionsskala „Haben Sie viele von Ihren Tätigkeiten und Interessen aufgegeben?“ oder „Sind Sie lieber zu Hause, statt auszugehen und etwas zu unternehmen?“ können in einem Umfeld der stationären Altenhilfe nur falsch positive Ergebnisse produzieren. Depression nicht altersabhängig, aber mit altersbedingten Kovariaten Andere Instrumente, wie z. B. die Allgemeine Depressionsskala (ADS) ermöglichen eher eine Beurteilung in diesen kritischen Lebensphasen und m ­ achen die Pflegenden Buber und Engelhardt untersuchen die Depression im Zusammenhang mit verschie­ in Bezug auf die zu beschreibenden Stimmungslagen sprach­fähig (vgl. Hautzinger und denen Kovariaten. Ihre Studie „zeigt auf den ersten Blick für beide Geschlechter eine Bailer 2012). signifikante Zunahme in der Zahl der depressiven Symptome mit dem Alter. Nach Auch andere, umfassende Assessment-Instrumente wie das Resident Assessment Instru­ Einbeziehung sozioökonomischer Merkmale und gesundheitlicher Umstände hebt sich ment (RAI) bieten mit Risikoerkennungselementen Werkzeuge, die die Aufmerksamkeit der Zusammenhang bei den Männern fast auf und kehrt sich bei den Frauen sogar um. lenken. Das RAI weist in diesem Zusammenhang auf das häufig gemein­same Vorliegen Lebensform, Bildungsgrad, finanzielle Belastungen, Einschränkungen in den Aktivitäten von depressiven und ängstlichen Symptomen und deren schwierige Erkennung hin. des täglichen Lebens, chronische Erkrankungen und die kognitive Orientierung sind Ältere Menschen versuchen, Ängstlichkeit und Depressivität gegenüber den sie betreu- ausschlaggebende Determinanten depressiver Symptome bei Senioren. Depressive enden Menschen zu verbergen, um sie nicht zu kränken. Somatische Krankheiten und Symptome sind eng mit den Umständen korreliert, die mit einem höheren Lebensalter somatische Phänomene der Depression gehen ineinander über und machen, wie auch einhergehen, wie etwa gesundheitliche Probleme, finanzielle Zwänge oder der Verlust die hohe Prävalenz der dementiellen Entwicklung, eine sichere Diagnostik schwierig. des Partners“ (Buber und Engelhardt, 2011: 94). In der umfangreichen R ­ echerche finden sie dies gleichermaßen im europäischen wie im amerikanischen Kotext. Abb. 1 Allgemeine Depres­ sionsskala — ADS-Kurzform Hautzinger und Bailer 2012 36-37 ::::: Welche Kofaktoren lassen sich durch Behandlung beeinflussen? von den Berufs- und/oder Lebenserfahrungen der Pflegenden ab und andererseits von dem Erfahrungsaustausch, der es erlaubt, auf valide Informationen gestützt, Instrumen- „Depressive Syndrome sind […] nach Ansicht der meisten transkulturell forschenden tarien einzusetzen. Psychiater universell vorhanden“ (Krones, 2001: 214). Krones weist in ihrer Studie zur inter­kulturellen Depressionsforschung in Deutschland darauf hin, dass die o. g. Allgemeine Depressionsskala auch für die in Deutschland lebenden Migranten aus dem • Erfahrungen im Alltag zeigen, dass sich objektivierende Betrachtungen auf die Übergaben auswirken, die sachlicher gestaltet werden. italienischen, spanischen, portugiesischen und ehemals jugoslawischen Sprachraum als valide und reliabel angesehen werden kann. Über die kulturellen Bereiche hinweg • Angehörige können mit ihren Fragen, Sorgen und dem Bedarf an situations­ besteht ein gemeinsamer, hoch signifikanter Zusammenhang von gesundheitlichen angemessener Unterstützung von allen Teammitgliedern auf der Basis einer Beeinträchtigungen und depressiven Syndromen. Hochsignifikant ist ebenfalls der ­geteilten Einschätzung begleitet werden. Zusammenhang zwischen der Depression und der Unterstützung durch Freunde, wobei es keine Wechselwirkung zwischen den Variablen gibt und damit kein Puffereffekt der • Informationen an behandelnde Ärzte, die häufig einen wesentlichen Anteil an sozialen Unterstützung gezeigt werden konnte. Alter und Geschlecht zeigten keinen Entscheidungen über Medikationen und/oder Therapieformen haben, basieren a­ uf Einfluss auf die Ergebnisse (vgl. Krones 2001), wobei hingegen nach den meisten dem gefundenen Konsens über die Bewohner-Beschreibung und sind nicht zu stark epidemiologischen Studien in Deutschland depressive Syndrome bei Frauen häufiger situations­abhängig. auftreten als bei Männern. So „[…] konnte gezeigt werden, [dass] insgesamt in der Bevölkerung depressive Störungen bei den Frauen etwa doppelt so häufig auftreten wie So wird der Einsatz der gewonnenen Informationen bereits zur Intervention, wenn nach bei Männern“ (Weyerer und Bickel 2007: 119). entsprechenden Schulungen und supervidierten Testabläufen sich aus dem Assessment eine Form von Objektivierung ergibt, die gemeinsam mit dem klinischen Bild ein Spektrum an Aussagen ermöglicht. An die Situation adaptiert kann die Pflegeperson Situation der Pflegenden hieraus Aussagen treffen, die eine tragfähige Grundlage für das weitere Vorgehen aller Beteiligten bietet: Die Schwierigkeiten des alten Menschen gehen fast immer in mehrere Richtungen; physische, psychische und soziale Elemente nehmen Einfluss auf die Befindlichkeit. Diese Verfahren bieten die Grundlage für klinische Entscheidungsfindungen und die Auswahl evidenzbasierter Interventionen. Das meint, dass im Arbeitsbündnis mit den Die möglichst lange selbstständige Lebensführung in der gewohnten Umgebung gilt in Personen Interventionen ausgewählt werden, für die interne und externe Evidenz sowie Deutschland, wie auch in Europa, als eines der höchsten Ziele bei der Versorgung von entsprechende Ressourcen zur Verfügung stehen. Im Hinblick auf die externe Evidenz Pflegebedürftigen im familialen Kontext. Bei der bekannten Entwicklung der Demo­ von Pflegeinterventionen bei Depression ist die Studienlage in Bezug auf die Wirksam- graphie muss dabei auch angenommen werden, dass eine umfangreiche Unterstützung keit eher begrenzt (vgl. Grieser et al. 2011). der familialen Pflege durch professionelle Pflegedienste nur eingeschränkt möglich sein wird (vgl. Kofahl et al. 2005). Wissenstransfer in die Familien hinein muss eine zentrale Bei der täglichen Pflege bilden die Methoden, Kenntnisse und Erfahrungen die Basis, Aufgabe der professionell Pflegenden werden. Wenn hierzu die o. g. Möglichkeit einer auf der die zwischenmenschlichen Begegnungen wirken können. Sie liefern aber nicht, negativen Wahrnehmung des Alterns kommt, müssen Krankheitsprävention und Inter- im Sinne einer Instrumentenauswahl, die passende Reaktion auf einzelne Situationen. vention möglichst früh einsetzen. Hier ist eine im Grundsatz validierende Haltung, die fester Bestandteil des professionellen Handelns sein sollte, unabdingbar. Auf dieser Basis entsteht in der Auseinanderset- Die Intervention beginnt schon bei der Kontaktaufnahme. Hierbei werden nicht nur die zung mit dem zu Pflegenden, seiner Kultur und Lebenswelt eine professionelle Pflege, Daten für Assessmentinstrumente erhoben, sondern hier beginnt der interpersonale die den Menschen in seiner gedrückten Stimmungslage tragen kann. Beziehungsprozess zwischen dem Pflegenden und dem zu Pflegenden. Je aufgeschlossener sich der Pflegende den Eindrücken gegenüber zeigt, umso kreativer kann er auf diese reagieren und unter den zur Verfügung stehenden Interventionsmöglichkeiten wählen (vgl. van der Kooij 2007). Das Spektrum dieser Möglichkeiten hängt einerseits 38-39 ::::: Sexualität in der Altenpflege Literatur ::::: Buber, I. und Engelhardt, H.: Der Zusammenhang zwischen Alter und depressiven Symptomen bei Männern und Frauen höheren Lebensalters in Europa. Erkenntnisse aus dem SHARE-Projekt. Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft 36 (1), 2011, 77–102. ::::: Sebastian Riebandt, Projektkoordinator am Institut g-plus, Witten, im Gespräch Prof. Dr. Erich Grond Garms-Homolová, V.: Pflege im Alter. In: Rennen-Allhoff, B. und Schaeffer, D.: Handbuch Pflegewissenschaft. Juventa, Weinheim, München, 2003, 485–505. Grieser, M., Anna, H. und Stefan, K.: Evidenzbasierte Pflegeinterventionen für die Pflegediagnose Angst bei depressiven Erkrankungen. Psych. Pflege Heute 17 (06), 2011, 321–328. DOI: 10.1055/s-0031-1295552. Hautzinger, M. und Bailer, M.: Allgemeine Depressionsskala (ADS). Hogrefe, Göttingen, 2012. Kofahl, C., Nolan, M. und Mestheneos, E. T. J.: Welche Unterstützung erfahren betreuende Angehörige älterer Menschen in Europa? In: Klie, T., Buhl, A., Entzian, H., Hedtke-Becker, A., undWallrafen-Dreisow, H.: Die Zukunft der gesundheitlichen, sozialen und pflegerischen Versorgung älterer Menschen. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main, 2005, 241–258. Prof. Dr. Erich Grond, Jahrgang 1929, wurde in Schlesien geboren. Nach dem Abitur im Jahr 1951 studierte er Philosophie und Theologie. Im Jahr 1958 schloss er sein Medizin- Krones, T.: Interkulturelle Depressionsforschung in Deutschland. Tectum, Marburg, 2001. studium mit dem Staatsexamen und der Promotion ab und absolvierte die Ausbildung Otto, J.: Lebensqualität im Alter: Wege zur Verringerung des Pflegerisikos. Kovač, Hamburg, 1994. zum Internisten. Von 1966 - 1981 war er in seiner eigenen internistischen Hausarzt­ Richter, D.: Gibt es ein Recht auf Depression und Suizid? Zum Problem der Medikalisierung von Trauer und Selbsttötung. In: Hahn, S.: Depressivität und Suizidalität: Prävention, Früherkennung, Pflegeinterventionen, Selbsthilfe Vorträge und Posterpräsentationen 7. Dreiländerkongress Pflege in der Psychiatrie in Bielefeld. IBICURA, Unterostendorf, 2010, 261–269. Richter, D., Berger, K. und Reker, T.: Nehmen psychische Störungen zu? Eine systematische Literaturübersicht. Psychiatrische Praxis 35 (07), 2008, 321–330. Weyerer, S. und Bickel, H.: Epidemiologie psychischer Erkrankungen im höheren Lebensalter. Kohlhammer, Stuttgart, 2007. praxis tätig und betreute zu dieser Zeit schon Menschen mit Demenz in der stationären Langzeitpflege. Neben seiner 13-jährigen Tätigkeit als Professor für Sozialmedizin und Psychopathologie an der Katholischen Fachhochschule Köln (1980 - 1993) führt er seit 1986 tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie durch. Auch nach seiner Pensionierung war er noch in der Lehre tätig, darunter mit Lehraufträgen an den Fachhochschulen Berlin und Paderborn sowie an der Technischen Universität Dortmund. Zu seinen Arbeitsfeldern gehören Themen, die im Wesentlichen die Praxis der Altenpflege betreffen, darunter die Pflege von Menschen mit Demenz, das Sterben alter Menschen und auch das Thema Sexualität im Alter. SR: Herr Prof. Dr. Grond, Sexualität im Alter wird im Zuge des demografischen Wandels zu einem Thema mit steigender Relevanz. Gleichzeitig gilt es als Tabuthema. Welche Prägung hat die Generation der heute alten Menschen im Bereich Sexualität erfahren? EG: Viele Einstellungen zur Sexualität im Alter sind gesellschaftlich tradiert. So wurden zum Beispiel viele von uns älteren Menschen zu Schuldgefühlen bei sexueller Lust erzogen. Die Kirche erlaubte die Lust nur zum Zweck der Zeugung, obwohl es keine Aussage Jesu gegen das Zölibat oder vorehelichen Verkehr, Masturbation oder gar gegen Homosexualität gibt. Viele dieser leibfeindlich erzogenen älteren und alten Menschen leiden noch immer unter Schuldgefühlen, bis hin zur Depression. Wenn die betroffenen Personen Sexualität auch im Alter noch negativ bewerten, hat dies Auswirkungen auf sexuelle Aktivität im Alter. Auch mangelte es bis in die 60iger Jahre hinein an Aufklärung. SR: Inwiefern spielen die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte eine Rolle für das Bild von Sexualität für die heute älteren und alten Menschen? EG: Seit der Einführung der Pille leben wir in deutlich größerer sexueller Freiheit. Die Normalsituation der ehelichen Treue hat sich zur Lebensabschnittspartnerschaft verändert. Auch gesellschaftlich wird mit Sexualität viel offener umgegangen. Die Medien 40-41 ::::: tragen ihren Teil dazu bei – mit Kontaktbörsen im Internet, Cybersex und rund um die Testosteronspiegel dazu führen, dass sie lustlos werden. Auch die Veränderungen der Uhr anonym verfügbaren Pornos, die nicht selten Gewaltdarstellungen enthalten. Wenn Sinnesorgane können dazu führen, dass die erotische Anziehung erschwert ist. Ebenso Sie in eine Suchmaschine die Wörter „Alter“ und „Sexualität“ eingeben, erhalten Sie können verschiedene Krankheiten und auch gerade Mehrfacherkrankungen dazu führen, rund 16 Millionen Suchergebnisse. dass sexuelle Funktionsstörungen auftreten. Die medikamentöse Behandlung von Bluthochdruck oder der Einsatz von Neuroleptika können ebenfalls zu sexuellen Funk- SR: Hat dies auch einen Einfluss auf Partnerschaften im Alter? tionsstörungen beitragen. Auch verändern sich die Organe, die für die Lust mitverantwortlich sind. So wird bei Männern der Penis kleiner und die Erektion schwächer, bei EG: Manche Ehen altern auch heute noch als so genannte Festungspaare, in denen Frauen kann die Klitoris empfindlicher bzw. schmerzempfindlicher werden. Bestimmte Kleinkrieg herrscht. Die Einstellungen der Partner zur Sexualität können durchaus Erkrankungen wie z.B. die koronare Herzkrankheit oder die diabetische Polyneuropathie ambivalent sein, es kann an Offenheit mangeln oder Partner entfremden sich emotional können zu einer erektilen Dysfunktion führen. Die medikamentöse Therapie mit Viagra, voneinander. Eifersucht ist in alten Ehen auch ein Thema und manchmal sind Partner Levitra oder Cialis ist aber nur in Kombination mit sexueller Fantasie wirksam. Die nur noch aus Gründen der Abhängigkeit verheiratet. Wenn dieser Ausbruchswunsch in erektile Dysfunktion kann auch zu Paarkonflikten führen. Männer schützen sich in dieser den Köpfen der Partner herrscht, ist das keine gute Basis für eine Partnerschaft. Dann Situation häufig mit Unterlassen von Sex aus Angst vor eigenem Versagen. Bestimmte kann es auch im hohen Alter noch zu Scheidungen kommen. Erkrankungen wie die Demenz oder der Zustand nach einem Schlaganfall können aber auch sexuelle Enthemmtheit verursachen, die Pflegende häufig vor große Herausforde- SR: Welche Rolle spielt die Biografie der Partner bei fehlender Offenheit? rungen stellt. Außerdem gibt es auch in Heimen Menschen, die H.I.V.-positiv sind und daher Sexualkontakte meiden. EG: Die Biografie spielt in vielen Lebensbereichen eine Rolle, auch bei der ­Sexualität. Bei Frauen spielt es zum Beispiel eine Rolle, ob sie vorgeburtlich als Mädchen er- SR: Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie im Bereich der Sexualität bei wünscht waren, ob sie als Kind aufgeklärt wurden oder ob sie Gewalt erlebt haben. Menschen mit Demenz? Auch die Biografie der Ehe spielt eine Rolle. Bis zum Jahr 1977 gab es noch das Recht der ehelichen Pflicht, im Zuge dessen wurden Frauen auch von ihren Ehemännern ver- EG: Auch bei Menschen mit Demenz bleiben sexuelle Bedürfnisse oft bestehen oder fla- gewaltigt. Dies kann ein ganzes Leben prägend wirken und später in der Pflegesituation ckern wieder auf. Manchmal zeigen die Betroffenen herausfordernde Verhaltensweisen, sichtbar werden, wenn die Betroffene von einer männlichen Pflegekraft gepflegt wird. sie entkleiden sich oder befriedigen sich vor anderen, weil sie die Realität verkennen. Auch Fehlinterpretationen anderer Situationen sind möglich. Beispielsweise kann SR: Welchen Einfluss hat der Faktor Alter auf die Sexualität älterer Menschen? die Intimpflege als sexuelle Annäherung wahrgenommen werden. An einer Demenz erkrankte Männer können dann auch aggressiv werden, wenn ihre Wünsche nicht erfüllt EG: Im Alter leben viele Menschen allein; diese Entwicklung der Singularisierung im werden. Eine besondere Herausforderung ist die Versorgung von Menschen mit einer Alter betrifft mehr Frauen als Männer. So leben ca. drei Viertel der alten Frauen alleine. frontotemporalen Demenz, da es bei dieser Form der Erkrankung häufig zu Impuls­ Es herrscht ein deutlicher Männermangel, was gerade Frauen belastet, die sich nach kontrollstörungen kommt. Aber auch das Verhalten der Erkrankten kann von Pflegenden Zärtlichkeit sehnen. Frauen suchen auch nach genitalem Kontakt, aber zumeist in falsch gedeutet werden. Wenn sich Menschen mit Demenz zwischen die Beine greifen, Partnerschaften. Männer sind eher distanziert und wollen Sex ohne Ehe. Einige Frauen ist dies nicht unbedingt ein Zeichen für sexuelle Bedürfnisse, sondern oftmals eher ein erfüllen sich den Orgasmus durch Fantasie oder Masturbation, andere sind aber auch Zeichen dafür, dass die Betroffenen Harndrang verspüren. sexuell uninteressiert. SR: Kann der Einzug in eine Pflegeeinrichtung Auswirkungen auf die Sexualität der SR: Welche körperlichen Altersveränderungen können einen Einfluss auf die Sexualität Bewohner haben? älterer Menschen haben? EG: Ja, denn häufig herrscht in Pflegeheimen noch ein ghettoisierendes Leitbild, oder EG: Die körperlichen Veränderungen beim alten Menschen sind mannigfaltig. Hormo- Heimverträge erwähnen sexuelle Beziehungen als unerwünscht. Auch die Unterbrin- nelle Veränderungen bei Frauen können bewirken, dass sie eine trockene Vagina haben, gung vieler Bewohner in Zweitbettzimmern kann das Ausleben individueller Sexualität die für Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sorgt. Bei Männern kann ein sinkender verhindern. In vielen Heimen mangelt es zudem an Privatsphäre. Die Bewohner sind 42-43 ::::: fast nie alleine und werden von den Pflegekräften beobachtet. Häufig werden auch Zim- Begegnungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit passieren können. Auch Besuche von mertüren offen gelassen, oder die Tür wird zu schnell geöffnet, wenn ein verlangsamter Sexualassistentinnen oder Prostituierten können ermöglicht werden. Jedoch habe ich Bewohner auf ein Klopfen nicht sofort reagiert. bisher noch nichts von Sexualassistenten für Bedürftige Frauen gehört. SR: Welche Bedeutung kommt den Einstellungen der Pflegenden zu? SR: Herr Prof. Grond, ich danke Ihnen für das Gespräch. Eine abschließende Frage: Sie sind nicht nur Wissenschaftler und Experte für das Thema „Sexualität im Alter“, sondern EG: Für viele Pflegende ist Alterssexualität noch ein Tabuthema. Dafür sind auch gehören selbst der Gruppe der Betroffenen an. Welche Botschaft nicht nur an Pflegen- Defizite in der Aus- und Fortbildung verantwortlich, das Thema wird bei immer größer de, sondern an die Gesellschaft ist Ihnen in dieser Rolle wichtig? werdendem ökonomischen Druck und Zeitmangel als Last empfunden. Pflegekräfte bringen zudem ihre eigenen Einstellungen und Erfahrungen in die Versorgung mit EG: Einige von uns Älteren haben sich von alten Vorurteilen distanziert und erleben ein. So werden ältere Frauen oftmals als „lustlose Omas“ gesehen – und wenn die sexuelle Zufriedenheit durch offene Gespräche und den Austausch von Zärtlichkeit. Wir Pflegenden dann das Gegenteil erleben, werden die Betroffenen als psychisch gestört Senioren bleiben Männer und Frauen mit vielseitigen Bedürfnissen im Zwischenhirn, abgestempelt. Männer werden häufig als impotent gesehen oder im gegenteiligen Fall das auch bei Demenz nicht schwindet. Wir Älteren haben ein Recht, auch bei sexuellen als geile Lüstlinge bezeichnet. Wenn Pflegende sexuell aktive Bewohner erwischen oder Interessen als Menschen bis zuletzt geachtet und respektiert zu werden. Abschließen entdecken, blicken diese häufig verachtend, sind geschockt oder empfinden Scham. Die möchte ich mit einem Zitat von Coco Chanel: „Alter schützt vor Liebe nicht, aber Liebe Betroffenen werden in dieser Situation oftmals wegen ihres als unangemessen empfun- vor dem Altern“. denen Verhaltens zurechtgewiesen. Auch die Gabe von Neuroleptika als „Strafe“ oder zur Beruhigung kommt vor. Dies ist jedoch keine Lösung. Das Thema Sexualität im Alter bzw. Sexualität in Einrichtungen der stationären Altenpflege ist ein wichtiges Thema nicht nur für die Betroffenen und ihre Angehö- SR: Können Sie Handlungsempfehlungen für Pflegende aussprechen, denen solche rigen, sondern auch für Pflegende und Einrichtungsleitungen. Auch im Bereich der Situationen in ihrer beruflichen Tätigkeit begegnen? wissenschaftlichen Forschung gibt es Handlungsbedarf. Dem Autor sind bislang keine Rahmenempfehlungen oder Leitlinien im Umgang mit der Sexualität älterer Menschen EG: Pflegende sollten intime Beziehungen zwischen Bewohnern tolerieren, schmusende in der stationären Langzeitpflege in Deutschland bekannt. Bei diesem Thema lohnt Bewohner zusammenlegen oder das Leben als Paar im gemeinsamen Doppelzimmer jedoch ein Blick ins Ausland: So hat das Royal College of Nursing (RCN) einen Leitfaden ermöglichen. Jedoch sollten Menschen mit Demenz vor einer Ausbeutung durch andere verfasst, der sich mit der Sexualität und den intimen Beziehungen älterer Menschen in Bewohner beschützt werden. Wenn Pflegende belästigt werden, sollten sie Empathie Pflegeheimen befasst (UK) und konkrete Handlungsempfehlungen ausspricht (RCN 2011). zeigen und den jeweiligen Bewohner sachlich, aber bestimmt zurückweisen. Sie können Auch in Kanada existiert eine Leitlinie, die sich dem Thema widmet und Handlungs- den Bewohner zum Beispiel darauf hinweisen, dass sie verheiratet sind, oder bei unan- empfehlungen ausspricht (Vancouver Coastal Health Authority 2009). Das Internati- genehmen Berührungen die Hand sanft wegschieben, ohne zu schlagen. Das Setzen von onale Hospitationsprogramm Pflege und Gesundheit bietet Pflegenden und anderen Grenzen ist wichtig, jedoch sollte auch dies empathisch erfolgen und ohne aggressive nicht-medizinischen Fachkräften im Gesundheitssektor insbesondere im Hinblick auf verbale Äußerungen. Die Ereignisse müssen dann dokumentiert und im Team reflektiert den aktuellen Schwerpunkt „Altenpflege“ die Möglichkeit, die konkrete Umsetzung werden. Häufig löst sich das Problem, wenn gleichgeschlechtliche Pflegekräfte pflegen. dieser Handlungsempfehlungen / Leitlinien in diesen Ländern zu beobachten und eine Pflegende sollten aber auch auf ihr Äußeres achten. Tief ausgeschnittene Oberteile sind mögliche Anwendung auf das deutsche Gesundheitswesen zu reflektieren. zu vermeiden, denn diese können aufreizend wirken. Literatur SR: Was können die Leitungen von Pflegeeinrichtungen tun, um die sexuellen Bedürfnisse der Bewohner zu respektieren und ihre Verwirklichung zu ermöglichen? EG: Die Leitungskräfte von Pflegeeinrichtungen sollten ein offenes Ohr für die Belange der Bewohner haben, auch wenn diese nicht von ihnen selbst geäußert werden können (Dokumentation). Es kann für Begegnungsräume gesorgt werden, in denen intime Royal College of Nursing (2011): Older people in care homes: sex, sexuality and intimate relationships. An RCN discussion and guidance document for the nursing workforce. <http://www.rcn.org.uk/__data/assets/pdf_file/0011/399323/004136.pdf> abgerufen am: 23.01.2013 Vancouver Coastal Health Authority (2009): Supporting Sexual Health and Intimacy in Care Facilities: Guidelines for Supporting Adults Living in Long-Term Care Facilities and Group Homes in British Columbia, Canada. <http://www.vch.ca/ media/FacilitiesLicensing_SupportingSexualHealthandIntimacyinCareFacilities2.pdf> abgerufen am: 23.01.2013 44-45 ::::: Neue Impulse durch Auslands hospitationen – nicht nur für die Altenpflege :::: Allgemeine Hinweise Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in der Regel die männliche Schreibweise verwendet. Wir weisen an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass sowohl die männliche als auch die weibliche Schreibweise für die entsprechenden Beiträge gemeint ist. Internationales Hospitationsprogramm Pflege und Gesundheit - gefördert von der Robert Bosch Stiftung ::::: Impressum Das Internationale Hospitationsprogramm Pflege und Gesundheit bietet Fachkräften im Gesundheitswesen bereits seit elf Jahren die Möglichkeit, im Ausland neue Modelle und Konzepte zur Gesundheitsversorgung kennen zu lernen. Gefördert werden selbst organisierte Einzel- und Teamhospitationen von zwei Wochen bis zu drei Monaten, durch Herausgeber g-plus – Zentrum im internationalen Gesundheitswesen Alfred-Herrhausen-Straße 50 58448 Witten die neue Erkenntnisse zur Weiterentwicklung des eigenen Tätigkeitsbereichs bzw. der eigenen Einrichtung gewonnen werden. Leitung: Prof. Dr. Elke Donath g-plus gehört zum Department für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke: Das Programm richtet sich an nicht-medizinische Fachkräfte in der Pflege und anderen Universität Witten/Herdecke Bereichen des Gesundheitswesens, zum Beispiel Diabetesberater, Physio- und Ergo- Alfred-Herrhausen-Straße 50 therapeuten. In der aktuellen Programmphase bildet die Altenpflege einen besonderen Förderschwerpunkt. 58448 Witten Kontakt: [email protected] Internet: www.g-plus.org Das Internationale Hospitationsprogramm Pflege und Gesundheit wird von der Robert Bosch Stiftung gefördert und vom Institut g-plus – Zentrum im internationalen Gesund- Koordination des Bandes Sebastian Riebandt heitswesen am Department für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke ­koordiniert. Neben Zuschüssen zu Reise- und Aufenthaltskosten bietet das Programm eine umfassende inhaltliche Begleitung und organisatorische Unterstützung, zum Bei- Redaktion Sebastian Riebandt, Katrin Bernsmann spiel durch Seminare zur Vor- und Nachbereitung der Auslandshospitation und durch Konzeption und Gestaltung ein Expertennetzwerk. Bewerbungen sind jeweils zum Quartalsende möglich. Axel Boesten, Köln Neben dem Internationalen Hospitationsprogramm Pflege und Gesundheit koordiniert Bildnachweis g-plus - Zentrum im internationalen Gesundheitswesen auch das ebenfalls von der Abbildung Titel: ©iStockphoto.com/pamspix Robert Bosch Stiftung geförderte Internationale Studien- und Fortbildungsprogramm www.axel-boesten-plus-x.de Druck Demenz. Auch in diesem Programm wird die Durchführung von berufsbezogenen Offsetdruck Klaus Dieckhoff, Witten Praxis- oder Bildungsaufenthalten im Ausland gefördert - mit dem Ziel, neue Impulse www.dieckhoff-druck.de für die Gesundheitsversorgung in Deutschland bzw. die Versorgung und Betreuung von Menschen mit Demenz in Deutschland zu setzen. Informationen zu den Förderprogrammen sowie Kurzfassungen von Erfahrungsberichten geförderter Teilnehmer: www.g-plus.org Auflage 1.000 Exemplare Februar 2013 Diese Publikation wurde im Rahmen des Projektes Internationales Hospitationsprogramm Pflege und Gesundheit von der Robert Bosch Stiftung gefördert. 46-47 :::::