Patientenratgeber - Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung

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Narkolepsie
Patientenratgeber
der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung
und Schlafmedizin (DGSM)
Prof. Dr. Geert Mayer, Schwalmstadt-Treysa
Quellenangaben:
Inhalt:
1.
Einführung................................................................................... 3
2.
Klassifikation ............................................................................... 3
3.
Die Symptome............................................................................. 3
4.
Assoziierte Symptome ................................................................ 5
5.
Narkolepsie ohne Kataplexie ...................................................... 6
6.
Symptomatische Narkolepsie ..................................................... 6
7.
Erstmanifestation ........................................................................ 6
8.
Epidemiologie.............................................................................. 8
9.
Genetik und Pathophysiologie .................................................... 8
10. Komorbide, begleitende Erkrankungen ...................................... 8
11. Komplikationen............................................................................ 9
12. Psychosoziale Bedeutung........................................................... 9
Der Text wurde aus dem Amerikanischen übersetzt und unter Berücksichtigung der
schlafmedizinischen Praxis in Deutschland von Prof. Dr. Geert Mayer überarbeitet. Die
erste Version dieses Patientenratgebers wurde im Jahr 2000 unter der Federführung
von Prof. Dr. Thomas Penzel erstellt.
Redaktion: Prof. Dr. Geert Mayer
Dr. Hans-Günter Weeß ([email protected])
Layout:
Martin Glos
Letzte Änderung: 19.04.2011
Diese Information ist dem Patientenratgeber "Schlafstörungen und ihre
Behandlungsmöglichkeiten" entnommen, der von der Deutschen Gesellschaft für
Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) unter der Redaktion von Dr. Hans-Günter
Weeß als Online-Version im Internet veröffentlicht und kontinuierlich aktualisiert wird.
Es handelt sich um eine redaktionell überarbeitete Übersetzung des in der o.g.
Quellenangabe zitierten Textes. Aktualisierte Versionen werden nur im Internet unter
http://www.dgsm.de bereitgestellt.
13. Diagnostik ................................................................................... 9
14. Therapie .................................................................................... 10
14.1.
Nichtmedikamentöse Therapie ................................... 10
14.2.
Medikamentöse Therapie ........................................... 11
15. Literaturverzeichnis / Quellenangaben ..................................... 14
2
15
15. Literaturverzeichnis / Quellenangaben
1. Einführung
Literaturverzeichnis:
Die Narkolepsie ist eine seltene Schlaf-Wach Störung. Ihre Symptome
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
14
Aksu S. Bewältigungsverhalten von Narkolepsiepatienten. Diplomarbeit
am Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität Marburg, 1997
Billiard M, Bassetti C, DauvilliersY, Dolenc-Groselj L, Lammers GJ,
Mayer G, Pollmächer T, Reading P and Sonka K. EFNS guidelines on
management of narcolepsy. Eur J Neurol 2006;13(10):1035-48
Dodel R, Peter H, Walbert T et al. The Socioeconomic Impact of
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Guilleminault, C, Pelayo R. Narcolepsy in prepubertal children. Ann.
Neurol., 1998, 43: 135–142
Hublin, C., Partinen, M., Kaprio, J., Koskenvuo, M. and Guilleminault, C.
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ICSD Revised - International classification of sleep disorders (1997):
Diagnostic and coding manual. Diagnostic Classification Steering
Committee, Chairman MJ Thorpy. Rochester, Minnesota. American
Sleep Disorders Association
Mayer G, Kesper K, Ploch T, Peter H, Peter J. The implications of
gender and age at onset of first symptoms in narcoleptic patients in
Germany – results from retrospective evaluation of hospital records.
Somnologie 2002;6(1):13-18
Mayer G. Natriumoxybat in der Behandlung der Narkolepsie.
Psychopharmakotherapie 2006;13:197-201
Mayer G. Narkolepsie Taschenatlas spezial. Georg Thieme Verlag,
Stuttgart, New York 2006
Mignot E, Lammers GJ, Ripley B, et al. The role of cerebrospinal fluid
hypocretin measurement in the diagnosis of narcolepsy and other
hypersomnias. Arch Neurol. 59(10):1553-62, 2002
Peyron C, Tighe DK, van den Pol AN, de Lecea L, Heller HC, Sutcliffe
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neuronal systems. J Neurosci. 1998;18:9996-10015
Rieger M, Mayer G, Gauggel S. Attention deficits in patients with
narcolepsy. Sleep 2003;1:36-43
Schuld A, Hebebrand J, Geller F, Pollmächer T. Increased body-mass
index in patients with narcolepsy. The Lancet 2001;355:1274-1275
Sturzenegger C, Bassetti C. The clinical spectrum of narcolepsy with
cataplexy: a reappraisal. J Sleep Res 2004;13:395-406
Thannickal TC, Moore RY, Nienhuis R, et al. Reduced number of
hypocretin neurons in human narcolepsy. Neuron 2000;27:469–74
zeigen alle Facetten einer Störung des Wachzustands, NREM-, REMSchlafs und von deren Übergängen, weshalb sie auch als Modellerkrankung
von
vielen
Schlafstörungen
angesehen
wird.
Ihre
Symptome
sind
entsprechend vielschichtig und können leicht zu Fehldiagnosen verleiten.
Ihre psychosozialen Auswirkungen sind je nach Schweregrad z.T. erheblich
und führen oft zu Erwerbsunfähigkeit und Frühberentung, wenn sie nicht früh
genug erkannt und behandelt werden. Obwohl die Symptome einfach zu
erkennen sind wird die Narkolepsie oft erst Jahre nach ihrem Auftreten
diagnostiziert. Ursache ist das zumeist zeitlich unterschiedliche Auftreten der
zwei Kernsymptome Tagesschläfrigkeit und Kataplexien oder die nur sehr
diskrete Ausprägung der Symptomatik, die erst bei gezielter Befragung
erkannt werden kann.
2. Klassifikation
Die Klassifikation der Schlafstörungen unterscheidet eine Narkolepsie mit
Kataplexie, eine Narkolepsie ohne Kataplexie und eine symptomatische
Narkolepsie (ICSD2, 2005).
3. Die Symptome
(Zur Übersicht s. Mayer 2006, Sturzenegger 2004). Die Tagesschläfrigkeit,
oft auch wegen ihrer Ausprägung „exzessive Tagesschläfrigkeit“ genannt, ist
meist das erste Symptom der Narkolepsie. Es handelt sich explizit nicht um
„Müdigkeit“, sondern um eine trotz ausreichenden Schlafs regelmäßig
auftretende Schläfrigkeit, der nicht widerstanden werden kann. Sie kann
langsam oder schlagartig beginnen, weshalb es den Patienten schwer fällt
einen exakten Erkrankungsbeginn festzulegen. Sie tritt meist in monotonen
Situationen wie beim Lesen oder Fernsehen auf und kann anfangs teilweise
3
durch Bewegung oder andere Aktivitäten kompensiert werden. Oft erleben
leichten Kataplexien leiden. Die trizyklischen Antidepressiva wirken am
die Patienten erst in leistungsbezogenen Situationen wie Ausbildung oder
stärksten antikataplektisch, sind daher immer noch Mittel der ersten Wahl bei
Arbeit
die
Unfähigkeit
wach
zu
bleiben
als
Beeinträchtigung.
Für
therapierefraktären Kataplexien, obwohl sie z.T. erhebliche anticholinerge
Außenstehende wirken Narkolepsiepatienten wegen der Einschlafneigung
Nebenwirkungen
unkonzentriert, desinteressiert oder faul. Es wird ihnen – gerade den
Potenzstörungen). Die Zahl der Studien mit gängigen Antidepressiva ist
Jüngeren – selten geglaubt, dass sie die Einschlafneigung nicht steuern
gering, Langzeitergebnisse liegen nicht vor.
können. Wenn die Patienten der Schläfrigkeit nachgeben können sind sie
Gammahydroxybuttersäure (GHB), Natriumoxybat
nach 15-30 minütigem Schlaf für 2-3 Stunden erfrischt. Die Ausprägung und
ein Neurotransmitter/Neuromodulator, der durch seine eigenen Rezeptoren
Häufigkeit des Symptoms Tagesschläfrigkeit kann stark schwanken. Da es
und durch Stimulation von GABA-B Rezeptoren wirkt. GHB dämpft im
unspezifisch ist kann seine Ursache vielfältig sein. Die Tagesschläfrigkeit ist
Wesentlichen dopaminerge Neurone. Die Halbwertszeit beträgt 90-120
nur dann als Symptom zu werten wenn sie mindestens täglich über drei
Minuten. 2005 wurde das Natriumsalz der GHB in Deutschland zur
Monate besteht.
Behandlung der Narkolepsie zugelassen. Zwei doppel-blinde, placebo
Manche
Patienten
leiden
unter
Einschlafattacken,
die
während
kontrollierte
haben
Studien
haben
(z.B.
eine
Mundtrockenheit,
Minderung
Harnverhalt,
(Xyrem®): GHB ist
der
exzessiven
ungewöhnlicher Situationen wie beim Essen oder Fahren auftreten können.
Tagesschläfrigkeit, eine Verbesserung der Wachheit und der Fähigkeit sich
Das Symptom Kataplexie hat die höchste Aussagekraft für die Diagnostik
zu konzentrieren gezeigt. Zwei weitere Arbeiten zeigen, dass das Präparat
der Narkolepsie, da es fast nur bei dieser Erkrankung auftritt. Kataplexien
für die Tagesschläfrigkeit genauso wirksam ist wie Modafinil und eine
sind definiert als plötzlicher bilateraler Verlust des Haltemuskeltonus,
Zunahme von Tiefschlaf in der Nacht verursacht (Mayer 2006).
ausgelöst durch intensive Gefühle wie Lachen, Stolz, Freude, Überraschung
Das Präparat wird initial mit 3-4.5g/Nacht eindosiert. Die volle Wirkung
und weniger häufig durch Ärger. Im Gegensatz zu epileptischen Anfällen mit
entfaltet sich meist unter einer Dosis von 6-9 g/Nacht. Es ist nur in flüssiger
denen sie am häufigsten verwechselt werden ist das Bewusstsein nie
Form erhältlich und muss zweimal pro Nacht eingenommen werden.
getrübt. Alle Muskelgruppen können in unterschiedlichem Ausmaß betroffen
sein. Am häufigsten sind die mimische-, Nacken und Kniemuskulatur
beteiligt, die glatte Muskulatur, respiratorische und Zungen-SchlundMuskulatur jedoch nie. Manchmal wird nur eine Erschlaffung der Mimik, eine
verwaschene Sprache oder ein kurzes Einknicken in den Knien bemerkt.
Diese diskreten Symptome sollten deshalb bei einem Krankheitsverdacht
immer erfragt werden. Sehr starke affektive Auslöser können zu Stürzen mit
Verletzungen führen. Die Frequenz der Kataplexien variiert erheblich
abhängig von den affektiven Auslösern und hält meist 5-30 Sekuden an,
kann aber auch bis zu 30 Minuten und länger dauern und endet schlagartig.
Ein über Stunden bis Tage andauernder "Status Kataplektikus" ist meist
4
13
klinische Effekt ist den Amphetaminen ähnlich. Es hat eine kürzere
Folge eines plötzlichen Absetzens antikataplektisch wirkender Medikamente
Halbwertszeit von 2-7 Stunden, die Tagesdosis kann deshalb 2-3-mal
wie den Antidepressiva. Die Kataplexie sollte nicht mit der Katalepsie
eingenommen werden.
verwechselt werden.
Die
Nebenwirkungen
sind
dieselben
wie
bei
den
Amphetaminen.
Appetitminderung und Blutdruckerhöhungen scheinen jedoch geringer als
unter d-Amphetamin.
4. Assoziierte Symptome
Modafinil ist den Amphetaminen chemisch nicht verwandt ist. Seine
Die im Folgenden erläuterten Symptome treten bei der Narkolepsie häufig
Wirkung wird über indirekte und direkte Interaktionen mit dopaminergen
auf, sind aber unspezifisch, da sie bei vielen anderen Schlafstörungen und
Systemen, serotonergen und gabaergen Mechanismen vermutet.
auch bei Gesunden vorhanden sein können.
Es zeigt beim Absetzen keine Rebound Hypersomnie (größere Schläfrigkeit
Gestörter
als vor Therapie).
Schlafstadienwechsel und Weckreaktionen mit teilweise langen nächtlichen
Die Lebensqualität von Narkolepsiepatienten verbessert sich dosisabhängig.
Wachliegezeiten.
In bisherigen Untersuchungen fanden sich keinerlei Zeichen eines
Automatisches Verhalten bezeichnet die Fortführung automatisierter
“amphetaminartigen”
Tätigkeiten in
Entzugs,
einer
Toleranzentwicklung
oder
eines
Abhängigkeitspotentials.
Nachtschlaf:
Narkolepsiekranke
Schläfrigkeitsphasen.
Die
haben
während
häufige
dieses Verhaltens
ausgeübten Tätigkeiten sind oft fehlerhaft (z.B. beim Schreiben, Autofahren
etc.) und die Reaktion auf äußere Stimuli erfolgt verzögert. Wahrnehmung
Medikamente
gegen
Kataplexien,
hypnagoge
Halluzinationen,
und
Erinnerungsvermögen
sowie
die
Fähigkeit
Dauerleistungen
zu
Schlaflähmungen:
vollbringen sind beeinträchtigt. Gegenüber Gesunden ist die geteilte und
Clomipramin verfügt als einziges Antidepressivum über die Indikation
fokussierte Aufmerksamkeit herabgesetzt (Rieger et al. 2003).
Narkolepsie. Viele andere Antidepressiva inklusive der MAO-Hemmer sind
Schlaflähmungen kennzeichnen die vorübergehende Unfähigkeit, am
ebenfalls wirksam. Noradrenerge Wiederaufnahmehemmer (Subtyp α1b
Übergang vom Wachen zum Schlafen (hypnagog) oder Schlafen zum
Rezeptor) supprimieren REM-Schlaf und Kataplexien. Die antikataplektische
Wachen (hypnopomp), Bewegungen auszuführen oder zu sprechen. Sie sind
Wirkung der Antidepressiva ist abhängig von der Stärke der Noradrenalin
beim erstmaligen Auftreten sehr bedrohlich, insbesondere wenn sie mit
und Serotonin Aufnahmehemmung.
hypnagogen
Selbst für die klassischen Antidepressiva liegen nur wenige evidenzbasierte
kommen sporadisch (bei ca. 6% der Bevölkerung mindestens einmal im
Studien vor. Mit den neuen Antidepressiva gibt es nur begrenzte
Leben) oder mit familiärer Häufung ohne Narkolepsie vor.
Erfahrungen in der Narkolepsiebehandlung. Sehr viele wirken ausgezeichnet
Hypnagoge Halluzinationen treten am Übergang vom Schlafen zum
bei geringem Nebenwirkungsspektrum, so dass sie für jüngere und
Wachen auf. Sie können als sehr blande visuelle Erlebnisse, die die
multimorbide Patienten zuerst erprobt werden sollten. Oft ist ihre
Umgebung mit einbeziehen, aber auch als sehr lebhafte, angstbesetzte
antikataplektische Wirkung nicht so ausgeprägt wie die des Clomipramin (10-
visuelle Halluzinationen imponieren und treten vorwiegend in Rückenlage
75 mg täglich), wobei zu berücksichtigen ist, dass viele Patienten nur unter
auf.
12
Halluzinationen
einhergehen.
Isolierte
Schlaflähmungen
5
Eine Kombination von einem oder mehreren dieser Symptome ist typisch für
die Narkolepsie.
14.2.
Medikamentöse Therapie
Für viele Medikamente zur Narkolepsiebehandlung (vorwiegend ältere
Gewichtszunahme
Stimulanzien und Antidepressiva) fehlen randomisierte, placebokontrollierte
Nach Beginn der Erkrankung kann eine schnelle Gewichtszunahme von
mehreren Kilogramm erfolgen. Vermutlich ist eine komplexe Störung der
Appetitregulation und des Essverhaltens für dieses Phänomen verantwortlich
(Schuld et al. 2001).
Doppelblinduntersuchungen (z. Übersicht der medikamentösen Behandlung
s. Billiard et al. 2006).
Die Medikamente haben vielfältige Nebenwirkungen, die sich addieren und
darüber hinaus zur Toleranzentwicklung führen können. Stimulanzien sind
oft mit erheblichen Vorurteilen belastet, so dass die Compliance schlecht ist,
5. Narkolepsie ohne Kataplexie
obwohl die Wirkung z.T. als sehr gut erlebt wird. Bis zu 50% aller Patienten
Bei der Mehrzahl der Narkolepsiepatienten tritt die Narkolepsie zuerst mit
nehmen
dem Symptom „Tagesschläfrigkeit“ auf nur bei 42% mit einer Kataplexie. Sie
Suchtentwicklung nicht wie vorgeschrieben ein. Psychische Abhängigkeit ist
folgt der Tagesschläfrigkeit mit einer Latenz von 4-8 Jahren (bei 80% der
bei Narkolepsiepatienten bisher nicht festgestellt worden. Hierfür könnte der
Patienten). Ohne gleichzeitiges Auftreten einer Kataplexie ist die Narkolepsie
Hypocretinmangel verantwortlich sein, da Hypocretin an der Entwicklung von
nicht eindeutig von anderen Hypersomnien zentralnervösen Ursprungs, zu
Belohnungsverhalten beteiligt ist. Toleranz gegenüber Medikamenten
unterscheiden.
(schnellere Verstoffwechselung) soll bei 30-40% aller Narkolepsiepatienten
ihre
Stimulanzien
aus
Angst
vor
Nebenwirkungen
und
auftreten. Nach einer Stimulanzienpause ’Drug holiday’ kann es zu erneutem
6. Symptomatische Narkolepsie
Ansprechen
Sie ist sehr selten und wird verursacht durch medizinische oder
(Compliance) ist besser bei Medikamenten, die eine lange Halbwertzeit
neurologische
haben und nur ein- oder zweimal am Tage eingenommen werden müssen.
Erkrankungen
(z.B.
Tumoren
des
Thalamus
und
Hyothalamus, Multiple Sklerose etc.).
auf
niedrige
Dosierungen
kommen.
Die
Therapietreue
Abgesehen von sehr wenigen Ausnahmen wirken die Medikamente meist
nur auf die Symptome Schläfrigkeit oder Kataplexien, d.h. die meisten
7. Erstmanifestation
Patienten müssen mindestens eines oder zwei Medikamente einnehmen.
Die Narkolepsie kann in fast jedem Alter erstmals auftreten. Sie zeigt zwei
Natriumoxybat ist bisher das einzige Medikament das dosisabhängig auf
Hauptverteilungsgipfel (15-25, 30-40 Jahre) (Mayer et al. 2002). Vor dem 10.
Tagesschläfrigkeit, Kataplexien und Schlaf wirkt.
Lebensjahr tritt sie bei ca. 20% auf, wobei die wichtigsten Fehldiagnosen
Epilepsie und Hyperkinetisches Syndrom sind (Guilleminault & Pelayo 1998).
Medikamente gegen Tagesschläfrigkeit, imperative Einschlafattacken,
Kinder neigen dazu, ihre Narkolepsie Symptome zu verheimlichen oder
automatisches Verhalten :
kompensieren ihre Schläfrigkeit durch Hyperaktivität, weshalb bei Kindern
Seit Juni 2003 verfügen nur noch Modafinil (Vigil®) und Methylphenidat (z.B.
und Jugendlichen häufig ein Hyperkinetisches Syndrom diagnostiziert wird.
Ritalin®) über die Indikation Narkolepsie.
Methylphenidat verursacht wie die Amphetamine eine Dopaminfreisetzung
hat aber keine wesentliche Auswirkung auf Monoamin Speicherung. Der
6
11
Kataplexien erniedrigt bis nicht nachweisbar ist (<110 ug/l), Klarheit schaffen
Es besteht keine Geschlechterwendigkeit, Frauen erkranken aber etwas
(Mignot et al. 2002).
früher als Männer.
Die Narkolepsie ist eine lebenslang andauernde Erkrankung. Sie beginnt
14. Therapie
meist langsam.
Die Behandlung sollte individuell erfolgen. Der Behandler muss die
Alltagssituation
Behandlungen
seiner
zu
Narkolepsiepatienten
erproben,
die
Resultate
kennen,
zu
sie
berichten
anleiten
und
zu
Behandlung
sollte
immer
(aus:
Tagesschläfrigkeit
dokumentieren (Schlafprotokolle).
Die
Abbildung
auch
nichtmedikamentöse
Module
Mayer
(nges=78),
et
al.
2002):
Kataplexie
Manifestationsalter
(nges=82)
und
von
imperativer
Einschlafneigung (nges=49)
einschließen, auch wenn deren therapeutischer Effekt oft sehr gering ist
(Billiard et al. 2006).
14.1.
Die
Nichtmedikamentöse Therapie
nichtmedikamentöse
Therapie
sollte
immer
eingesetzt
werden.
Schlafhygiene: Einhaltung der individuell notwendigen Schlafmenge und
regelmäßiger Schlafzeiten, ausgeglichene glukosearme Ernährung am Tag,
Genuss von Koffein und anderen stimulierenden Getränken, Alkoholkarenz,
körperliches Training.
Anwendung von Bewältigungsstrategien (Aksu 1997): Es handelt sich um
Tagschlafstrategien vor ermüdenden Situationen, Offenheit gegenüber
Angehörigen, Akzeptanz der Erkrankungssymptome. Sie tragen oft dazu bei,
Medikamente einzusparen. Problematisch ist es das Vermeiden von
Emotionen zu empfehlen, da die Patienten dies als erheblichen Verlust der
Lebensqualität erleben.
Information und Einübung von flexiblen medikamentösen Therapien:
Patienten und Angehörige sollten ausführlich über die Wirkungen und
Nebenwirkungen der medikamentösen Therapien aufgeklärt werden, die
unter ärztlicher Anleitung erprobt werden. Die Patienten sollten lernen, die
Medikamente individuell nach Bedarf zu dosieren.
10
7
Schlaf (19%), Migräne (21%), schlafbezogenen Atmungsstörungen (18-20%)
8. Epidemiologie
und periodische Bewegungen im Schlaf (14%).
Die epidemiologischen Studien der letzten 10 Jahre zeigen übereinstimmend
11. Komplikationen
für Europa eine Prävalenz von 0,026 - 0,05 (Hublin et al. 1994).
Selten kommt es im Rahmen schwerer Kataplexien zu Selbstverletzungen.
9. Genetik und Pathophysiologie
Das Risiko Verkehrsunfälle und andere Unfälle (z.B. Verbrennungen bei
Die Narkolepsie hat von allen Erkrankungen die höchste HLA-Assoziation
Rauchern)
(HLA= Humanes Leukozyten Antigen: spielt eine große Rolle bei der
Tagesschläfrigkeit zu erleiden ist gegenüber Gesunden deutlich erhöht.
bei
automatischem
Verhalten
oder
ausgeprägter
Erkennung von Eigen- und Fremdgewebe). Bei Narkolepsiepatienten aller
ethnischen Gruppen ist die Assoziation mit HLA DQB1*0602 am stärksten.
12. Psychosoziale Bedeutung
Die
einen
Ergebnisse des deutschen Narkolepsieregisters zeigen, dass die Patienten
neuere
die höchste Einschränkung dem Symptom Tagesschläfrigkeit beimessen. In
HLA
Assoziation
Autoimmunmechanismus
lässt
vermuten,
als
der
Krankheitsursache
inzwischen
durch
absteigender
Untersuchungen teilweise belegt ist.
Reihenfolge
schließen
sich
die
Symptome
gestörter
Nachtschlaf, Kataplexie, automatisches Verhalten, Schlaflähmung und
Narkolepsiepatienten haben einen Mangel an hypocretinhaltigen Neuronen.
hypnagoge Halluzinationen an. Im Bereich Ausbildung und Beruf sind die
Hypocretine (auch Orexine genannt) sind ausschließlich im lateralen
Einschränkungen etwas höher. Einschränkungen durch die Symptome
Hypothalamus (Region des Gehirns) produzierte Neuropeptide mit einem
gestörter Nachtschlaf und automatisches Verhalten werden von den
gemeinsamen Präkursorpeptid. Hypocretin-Neurone projizieren in eine große
Patienten ebenfalls in allen erfragten Lebensbereichen wahrgenommen
Zahl von Gehirnregionen einschließlich verschiedener Hirnstammregionen,
(Dodel et al. 2004).
die für die REM-Schlafregulation (REM Schlaf = Traumschlaf) bedeutsam
sind. Weitere Projektionen bestehen in die Amygdala (Mandelkerne), die
13. Diagnostik
unmittelbar an der emotionalen Auslösung von Kataplexien beteiligt sein
Prinzipiell kann bei einer Narkolepsie mit Kataplexie die Diagnose klinisch
können. Mehrere Studien zeigten, dass ein Mangel an Hypocretinen oder
gestellt werden. Aus differenzialdiagnostischen Gründen sollte bei Verdacht
eine defekte Signalübertragung im Hypothalamus bei Tieren eng mit
auf eine Narkolepsie aber immer eine Untersuchung im Schlaflabor
narkolepsie-artigen Symptomen verbunden ist (Peyron et al. 1998,
(Polysomnographie mit MSLT) durchgeführt werden. Polysomnographisch
Thannickal et al. 2000).
wird der Nachweis von verkürzten Einschlaflatenzen (<8 Minuten) und
mindestens zwei vorzeitig auftretenden REM Phasen verlangt (mindestens
10. Komorbide, begleitende Erkrankungen
Komorbide
(begleitende)
Erkrankungen
sind
10 Minuten nach dem Einschlafen). Bei Patienten mit unklaren Symptomen
Alpträume
(42%)
Schlafwandeln und Pavor nocturnus (23%), Verhaltensstörungen im REM8
oder
Fehlen
der
(Nervenwasserpunktion)
Kataplexien
von
kann
Hypocretin,
eine
das
bei
Liquorbestimmung
Narkolepsie
mit
9
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