Talimogen laherparepvec

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Pharmazeutische Chemie – Talimogen laherparepvec
Talimogen laherparepvec (Imlygic®)
Talimogen laherparepvec, kurz „T-VEC“, (Imlygic®) ist der erste Wirkstoff aus der
neuen Gruppe der Onkolytischen Viren, die für eine Onkolytische Immuntherapie
(=Virotherapie) vorgesehen sind, der jetzt auf dem Arzneimittelmarkt verfügbar ist.
T-VEC ist ein rekombinant in Vero-Zellen hergestelltes, modifiziertes Herpes
simplex-Virus Typ 1 (HSV-1). Die Modifikationen beim HSV-1 betreffen zum einen
die Deletion der Gene ICP34.5 und ICP47 sowie zum anderen die Insertion der
codierenden
Sequenz
für
den
humanen
Granulozyten-Makrophagenkoloniestimulierenden Faktor (GM-CSF) (Johnson et al. 2015, Fachinformation
Imlygic® 2015).
Das Fertigarzneimittel Imlygic® ist eine Injektionslösung, die tiefgekühlt bei -90 bis 70°C gelagert und transportiert werden muss. Vor der Anwendung werden die
gefrorenen Durchstechflaschen für ca. 30 Minuten bei Raumtemperatur aufgetaut,
bis der Inhalt vollständig flüssig ist. Nach dem Auftauen bis zur Anwendung wird die
Injektionslösung bei +2 bis +8°C im Kühlschrank aufbewahrt. Der Zeitraum zwischen
Auftauen und Applikation sollte bei der Injektionslösung mit 10 6 Plaque-bildenden
Einheiten (PFU) /ml nicht länger als 12 Stunden, bei der mit 10 8 PFU/ml nicht länger
als 48 Stunden betragen. Nachdem die Injektionslösung einmal aufgetaut worden ist,
darf sie nicht mehr eingefroren werden (Fachinformation Imlygic® 2015).
T-VEC ist indiziert zur Therapie des nicht resezierbaren, lokal oder entfernt
metastasierten Melanoms (Stadien IIIB, IIIC und IVM1a) bei Erwachsenen, sofern
keine Knochen-, Hirn-, Lungen- oder sonstige viszerale Beteiligungen vorliegen. Die
Imlygic®-Injektionslösung wird direkt in den Tumor injiziert. Diese intraläsionale
Injektion kann in kutane, subkutane und/oder nodale Läsionen, die sichtbar, tastbar
oder per Ultraschall nachweisbar sind, erfolgen. Nach dem ersten
Behandlungstermin liegt der zweite Termin drei Wochen später, alle nachfolgenden
Termine liegen ab dann im Abstand von zwei Wochen. Pro Behandlungstermin
beträgt das maximale Injektionsvolumen 4ml, das Volumen je Läsion wird anhand
der Läsionsgröße festgelegt (Fachinformation Imlygic® 2015).
Die onkolytische Immuntherapie bedient sich im Rahmen der Krebstherapie
Onkolytischer Viren, die Tumorzellen infizieren und sich - möglichst selektiv - nur dort
vermehren. Ihr in der Regel dualer Wirkmechanismus besteht dann einerseits
daraus, dass es zu einer direkten Tumorlyse durch den Virenbefall kommt,
andererseits induzieren die immunogenen Viren aber auch eine starke
Immunantwort, die es ermöglichen soll, den Tumor zu bekämpfen. Um die
Immunantwort zusätzlich noch zu verstärken, sind viele Onkolytische Viren mit den
codierenden Sequenzen für körpereigene, immunstimulierende Proteine wie z.B.
dem GM-CSF bestückt. Was natürlich an erster Stelle steht und immer bedacht
werden muss, ist die Sicherheit sowie die möglichen Nebenwirkungen eines solchen
Onkolytischen Virus (Buijs et al. 2015, Johnson et al. 2015, Loskog 2015, Aurelian
2016).
Der Startpunkt für T-VEC war Herpes simplex-Virus 1. HSV1 bietet als potentielles
Onkolytisches Virus einige Vorteile. Das große HSV-Genom ist leicht zu
manipulieren und zu verändern und erlaubt die Insertion zahlreicher zusätzlicher
Transgene. HSV1 infiziert und repliziert sich in den meisten Tumorzell-Typen, und es
streut auch aus dem Tumorgewebe aus. Das Virus verursacht beim Menschen
Herpes labialis, dazu ist es neurotrop und führt zu einer latenten Infektion. Wenn
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nötig, könnte die Virusreplikation mit Aciclovir unterbunden werden. Dennoch zielen
die meisten Genmodifikationen im HSV1-Genom zunächst darauf ab, eine möglichst
große Sicherheit als Onkolytisches Virus zu erreichen (Buijs et al. 2015, Loskog
2015, Aurelian 2016).
T-VEC wird lokal in den Tumor, intraläsional injiziert, um dann Tumorzellen selektiv
zu erkennen, zu infizieren und schließlich zu zerstören mit minimalen Effekten auf
normale, nichtmaligne Zellen.
Zusätzlich wurden zwei Gene entfernt, die für die Replikation des Virus in humanen
Zellen essentiell sind. Das Gen, das für den Neurovirulenz-Faktor Infected Cell
Protein 34.5 (ICP35.5) codiert, wurde entfernt., um zunächst eine neuronale
Ausbreitung und Infektion des Virus zu unterbinden (Liu et al. 2003). ICP34.5 sorgt
zudem normalerweise dafür, dass sich HSV1 in Humanzellen überhaupt replizieren
kann. Es hemmt das zelluläre Enzym Proteinkinase R (PKR), das normalerweise
dafür sorgt, dass in normalen Zellen die Proteinsynthese gestoppt wird. Tumorzellen
allerdings sind anfällig gegenüber ICP34.5-defizienten HSV1-Viren wie T-VEC, da
dort oftmals die PKR-Aktivität fehlt. Somit kann sich das Virus in Tumorzellen
replizieren, nicht aber in normalen Zellen mit PKR-Aktivität (Liu et al. 2003, Johnson
et al. 2015). Zusätzlich ist das Gen, das für ICP47 codiert bei T-VEC entfernt worden.
ICP47 unterdrückt normalerweise die Immunantwort auf die Virusinfektion, indem es
die Expression von MHC-Klasse-I-Molekülen verringert. Die antigenpräsentierenden
MHC-Klasse-I-Moleküle locken nämlich zytotoxische T-Zellen an, die dann ihrerseits
die virusinfizierten Zellen beseitigen können. Beim T-VEC fehlt die für ICP45
codierende Region. Dadurch wird sichergestellt, dass das Immunsystem infizierte
Tumorzellen auch in jedem Fall erkennt. Außerdem erhöht die Deletion von ICP45
die virale Replikation durch eine vermehrte Expression des US11-Gens des HSV1Virus und verstärkt damit die Tumorlyse (Liu et al. 2003, Hersey und Gallagher
2014).
Neben den zwei entfernten Genen wurde beim T-VEC die für den humanen
Granulozyten-Makrophagen-koloniestimulierenden Faktor (GM-CSF) codierende
Sequenz eingefügt. Lokal freigesetztes humanes GM-SCF steigert die Immunantwort
auf die Infektion mit HSV1 nochmals, indem es als Zytokin wirkt und u.a.
antigenpräsentierende Zellen zum Tumor anlockt und die Antwort zytotoxischer TZellen gegenüber Antigenen auf der Tumorzelle erhöht (Mach et al. 2000, Hercus et
al. 2009, Broz et al. 2014, Johnson et al. 2015).
Literatur:
Aurelian, L. Onco Targets Ther 2016, 4, 2627
Broz, M.L. et al. Cancer Cell 2014, 26, 638
Buijs, P.R. et al. Hum Vaccin Immunother 2015, 11, 1573
Fachinformation Imlygic® 2015, Amgen Europe B.V.
Hercus, T.R. et al. Blood 2009, 114, 1289
Hersey, P. und Gallagher, S. J Surg Oncol 2014, 109, 320
Johnson, D.B. et al. Immunotherapy 2015, 7, 611
Mach, N. et al. Cancer Res 2000, 60, 3239
Liu, B.L. et al. Gene Ther 2003, 10, 292
Loskog, A. Viruses 2015, 7, 5780
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