14. internationales forum 16

Werbung
14. internationales forum
des jungen films
berlin 1984
THE GOLD DIGGERS
Die Goldgräberinnen
Land
G r o ß b r i t a n n i e n 1983
Produktion
British F i l m Institute / Channel 4 T V
Regie
Sally Potter
Buch
Sally Potter, Rose English,
Lindsay Cooper
Regieassistenz
Deborah Kingsland
Schlagzeugerin
Tanzsaal-Musiker
Schweißerin
Die junge Ruby
Männer, die Ruby
folgen und mit ihr
tanzen
Das Pferd
16
34. internationale
filmfestspiele berlin
Marilyn Mazur
Georgie Born, L o l C o x h i l l ,
Dave Holland
Kassandra Colson
Vigdis Hrefna Palsdottir,
Maria Petursdottir Ridgewell,
Lucy Bennett
Phil M i n t o n , Craig Givens,
Steve Godstone, Doug Bather,
Fergus Early, Dennis Greenwood
Sheba
Uraufführung
28. November 1983, L o n d o n F i l m
Festival
Kamera
Babette Mangolte
Kamera-Mi tarbei t
Nancy Schiesari, Sue Gibson
Format
35 m m , schwarz-weiß, 1 : 1.33
Kamera- Assistenz
E l l i n Hare, Belinda Parsons
Länge
87 Minuten
Elektrikerinnen
Suzanne Pillsbury, M o n i k a Biskupek,
Caroline Sheldon
Skript
Gudny Halldorsdottir, Jennie Hawirth
Inhalt
Ton
Diana Ruston, Melanie Chait
Zwei Frauen sind auf der Suche nach ihrer eigenen A r t von G o l d .
Dekor und Kostüme
Rose English
Kostüm-Mitarbeit
Helen Turner, Dempsey Dunkley-Qarke
Ausstattung
Kassandra Colson, Diana Davies
Schnitt
Sally Potter
Schnitt-Assistenz
Rose English
Musik
Lindsay Cooper
Die eine, Celeste, ist eine schwarze Französin, die in L o n d o n lebt
und als Computerprogrammiererin in einer Bank arbeitet. Sie
fängt an, sich z u fragen, was hinter den Zahlen steckt, die sie
eingibt; und findet allmählich heraus, d a ß G o l d der Schlüssel ist,
mit dem sie die Wahrheit über das Wirtschaftssystem aufdecken
kann. Ihre Nachforschungen führen sie zu den mit Besitz verknüpften Geheimnissen und Ritualen, die hinter der Bewegung
von Kapital liegen.
Lieder
'Seeing R e d ' : gesungen von Sally Potter
* Banker's Song': gesungen von Phil M i n t o n
'Empire Song': gesungen von Colette
Laffont
Texte der Lieder
Sally Potter
Choreographie
Sally Potter
Produktion
Nita A m y , Donna Grey
Die andere Frau, Ruby,sieht man z u m ersten M a l in einem Tanzsaal: w ä h r e n d eines langen Walzers wird sie, Mittelpunkt der
Aufmerksamkeit, von einem Mann z u m anderen gereicht. Plötzlich fegt eine Frau (Celeste) zu Pferde herein, reißt sie hoch und
trägt sie fort. Als Celeste nach ihrer Vergangenheit fragt, enthüllt sich Rubys I d e n t i t ä t . Ihre Suche nach G o l d ist die Suche
nach ihrer eigenen verborgenen Geschichte, ein Blick hinter sich
selbst als symbolische Gestalt.
Kristin 01afsd6ttir
J 6 n H . Gardarsson,
Thdrvaldur Jensson
D ö r a Einarsddttir
Oddny Sen, Thorunn E . Sveinsdottir,
Sof fia Karlsdottir
Die beiden Wege stellen sich als verbunden heraus. V o r Rubys
Augen tauchen verschwommene Szenen aus Goldrausch-Szenarien in einer ö d e n und erstarrten Landschaft auf. Sie 'erinnert'
sich an 'die frühen Tage, an Gleise gefesselt, an Klippen h ä n g e n d ' .
Als sie durch Straßen ihrem eigenen Bild nachjagt, gerät sie ungewollt in ein Melodram, das auf der Bühne eines kleinen Theaters stattfindet. Sie spielt eine Rolle, die sie kennt und doch
nicht versteht. M a n sieht Celeste mit einem 'Experten', der das
R e c h t s g e b ä u d e des imperialistischen Anspruchs auf die Schätze
der Erde u n t e r s t ü t z t . Er beschreibt G o l d als das Blut der Erde.
Isländische Sequenzen:
ProduktionsKoordination
Drehort-Beratung
Dekor-Assistenz
Assistenz
Darsteller
Ruby
Celeste
Rubys Mutter
Experte
Assistent des Experten
Steptänzer
Bühnenmä'nager
Mann auf der Bühne
Büroaufseher
T ä n z e r i n n e n i m Traum
Julie Christie
Colette Laffont
Hilary Westlake
David Gale
T o m Osborn
J a c k y Lansley
George Yiasoumi
Trevor Stuart
K e i t h James
Siobhan Davies, Juliet Fisher,
Mae dee Dupres
Die beiden Frauen werden durch dunkle, leere Straßen getrieben,
als ihre Nachforschungen zusammenlaufen. Sie treffen sich noch
einmal in dem Tanzsaal, doch führt ihr Abgang auf dem Pferderücken diesmal zu einer anderen F o r m von Durcheinander.
Die Elemente, die im Laufe ihrer Geschichte deutlich werden,
sind sowohl Teile alchimistischer Formeln für den 'himmlischen
R u b i n ' (Wortspiel: 'Celestial Ruby') oder den 'Stein des Weisen'
(Wind, Erde, Feuer, Wasser usw.) als auch Aspekte von Frauenp o r t r ä t s aus der Filmgeschichte vom frühen Stummfilm über
Musical-Sängerinnen und ' F i l m Noir'-Heldinnen. D I E G O L D G R Ä B E R I N N E N , aufgenommen i n L o n d o n und Island, verwendet extreme Bilder (verlassene Straßen und weiße Schneelandschaften) und verändert physische und zeitliche G r ö ß e n a n -
Ordnungen, um das Thema, die Suche nach der Wahrheit i m persönlichen und politischen Wandlungsprozeß zu entwickeln.
Kommentar der Regisseurin
Ich betrachte diesen F i l m als ein Musical, das eine weibliche Suche beschreibt. Während des Arbeits- und Herstellungsprozesses
traten dieselben Fragen auf, die der F i l m sich zu stellen b e m ü h t :
Fragen nach den Beziehungen zwischen G o l d , Geld und Frauen;
nach der Einbildung, Frauen seien machtlos; nach der tatsächlichen und der inneren Suche nach G o l d ; nach der Bildsprache
des U n b e w u ß t e n und seiner Beziehung zu der Macht des Films;
wir rufen uns die Kindheit und die Erinnerungen vor Augen und
betrachten die Filmgeschichte als kollektives G e d ä c h t n i s der Bilder, die wir von uns haben und die man sich von uns als Frauen
macht.
Die Arbeit mit zwei weiblichen Hauptrollen bedeutete, mich
ständig zu fragen, wie kann ich Charaktere und Bilder von Frauen aufbauen und erfinden, die unserer Intelligenz dienen und die
Vielschichtigkeit unserer Anstrengungen widerspiegeln? Die F o r m
des Spielfilms l ä ß t eigene Erwartungen entstehen; das war eine
nützliche Disziplinierung bei der Arbeit, durch die man lernen
konnte, die man aber auch zurückdrängen m u ß t e , wenn es notwendig war, u m eine Spannung zu diesem Genre herzustellen.
Soviel über die Absichten. In der Praxis wurden die Ideen durch
eine Menge technischer Einzelheiten und Entscheidungen bestimmt: die Wahl der Objektive, des Lichts, der Bewegungen, von
Gestik, Drehort, Timing, Schnitt. Es gab eine kurze Probenzeit,
in der ich die Choreographie für einige Teile entwarf, an den beiden Hauptcharakteren arbeitete und begann, für die Darstellerinnen
eine gleichartige Leinwand-Präsenz aus ganz verschiedener Herkunft
und Erfahrung aufzubauen.
Julie Christies Erscheinung spiegelt nicht nur die Geschichte ihrer
eigenen Arbeit wider, sondern auch die ikonische Macht des Gesichts i m F i l m ; ausgehend von ihrer Rolle suchten w i r auf Aspekte der Geschichte der Film-Heldin hinzuweisen: auf die Stummfilmstars mit ihrer Sprache übertriebener Gestik; auf die Hollyw o o d - S c h ö n h e i t , die die archetypischen Stufen des Ballsaals herunterschreitet; die geheimnisvolle Frau des ' F i l m Noir', die sich
selbst ein Rastel ist. Ich habe mit Colette Laffont schon früher
in T h r i l l e r zusammengearbeitet, und mit ihr zusammen entwickelte ich die Rolle der Detektivin, der Beobachterin. Die m ä n n l i c h e n
Rollen wurden mehr als Karikaturen bürokratischer Ängstlichkeit,
akademischen Hochmuts (der Experte und sein Assistent), anonymer Verfolger und S t r a ß e n t e r r o r i s t e n angelegt. Ich wollte einiges
von der Angst und ü b e r t r i e b e n e n Ernsthaftigkeit, mit der solche
Bilder oft umgeben sind, zerstreuen, u m den Boden freizuräumen.
Die Landschaft selbst war eine Darstellerin — isländisches l i c h t ,
das sich jeden Moment ä n d e r t und widersprüchliche Eindrücke seiner selbst h i n t e r l ä ß t .
Beim Drehen und beim Schneiden versuchte i c h , in jeder Szene
'Ebenen' z u schaffen — Ebenen der Genre-Referenz und innerer,
sich kreuzender Beziehungen (der Tänzer, der 'erstarrt', die erstarrte Landschaft usw.), das Bildfeld als innere Projektion (Rubys
Erinnerungen), und mit den h e r k ö m m l i c h e n Mitteln des Musicals
zu arbeiten (die Traumsequenz, die Kulissen-Szenen, die Lieder
usw.).
Letztlich war und ist mein Wunsch, Vergnügen zu vermitteln.
Ü b e r die Ausstattung
Der Entwurf zur Dekoration des Films wurde früh schon beim
Schreiben des Drehbuchs mit photokopierten Photos fesgelegt.
Die Bezugnahme auf Genres und auf eine 'Epoche' m u ß t e mit stilisierten zeitgenössischen Szenen ein z u s a m m e n h ä n g e n d e s Ganzes
ergeben — das besondere 'Profil' des Films. S c h a u p l ä t z e , Dekors
und Kostüme i m K o n t e x t ihres Genres und ihrer 'Maßeinheit' aufeinander zu beziehen, war das wichtigste Verfahren;
der epische Raum der isländischen Landschaft entspricht dem architektonisch epischen Raum Londons (Royal Exchange, Bank
of England usw.)
die kleinste Wohneinheit Islands (die Hütte) entspricht der
kleinsten Wohneinheit der Stadt (Celestes Z i m m e r h ü t t e ) ;
ein und dieselbe Hütte ist i n der isländischen Landschaft u n d
als Kulisse auf der Bühne;
Celestes Arbeitsplatz (eintönige Büroeinrichtung von heute)
entspricht der aufgemöbelten 40er Jahre-Ausstellung in Celestes
Zimmer; sie e n t h ä l t eine Anspielung auf den Detektiv-Reporter
des ' F i l m N o i r ' ;
architektonische Einzelheiten Londons (neoklassizistische Säulen usw.) wiederholen sich in der 'expressionistischen' ExpertenSzenerie und in den drapierten Säulen des Tanzsaals;
die Spiegel-Einstellungen in der Steptanz-Szene korrespondieren mit den Einstellungen auf der Theater-Bühne.
Zur
Produktionsgeschichte
Die ursprünglichen Ideen zu dem F i l m wurden i n einem Drehbuch entwickelt, i n dem Regie, Dekor und Musik bereits festgelegt waren.
Es wurde entschieden, mit einem Frauenteam zu arbeiten, u m
einmal das Frauen betreffende Thema des Films auch i m Herstellungsprozeß widerzuspiegeln, und z u m anderen, um etwas
festzuhalten: d a ß Frauen so selten hinter der Kamera stehen,
ist auf einen Mangel an Gelegenheit zurückzuführen, nicht auf
Unfähigkeit. Es war eine gute Gelegenheit, einigen Vorurteilen
zu widersprechen und ein Beispiel für Vollbeschäftigung von
Frauen zu geben. A u f der Grundlage einer speziellen Gewerkschaftsvereinbarung wurde das Team aus den Bereichen der Industrie und des u n a b h ä n g i g e n Films zusammengestellt. M a n
wandte sich an Babette Mangolte (Kamera), besonders wegen
ihrer einzigartigen Erfahrungen bei Landschaftsaufnahmen i m
35mm-Bereich und wegen ihrer Kenntnisse in Tanz und Performance. Sie brachte eine Assistentin mit, mit der sie i n den U S A
gearbeitet hatte. Die Elektrikerinnen kamen hauptsächlich vom
Theater.
Bei der Ausstattung des Films arbeiteten Frauen, die als Zimmerleute oder Dekorateurinnen bei Theater oder Performances tätig
gewesen waren. E i n leeres, unbenutztes Krankenhaus wurde zu
einem feuchten, zugigen, jedoch funktionierenden Filmstudio
umgebaut. Proben, Musikaufnahmen, Kulissenaufbau und Dreharbeiten fanden unter einem Dach statt.
Die Darsteller wurden aus den Bereichen Musik, Performance,
Tanz, Theater und F i l m ausgewählt.
Die Musik
Die Arbeit an der Partitur begann zur gleichen Zeit wie die am
Drehbuch, Lieder und Tänze waren die ersten geschriebenen Noten. Aus praktischen G r ü n d e n m u ß t e n sie zuerst fertig sein, damit die Choreographie und das Drehen nach der Musik stattfinden konnte. Lieder und Tänze stehen aber auch i m Mittelpunkt
von Handlung und Ideen dieses Films, obwohl er b e t r ä c h t l i c h
von den Stilmitteln des Musicals abweicht. Echos verschiedener
Tanzformen sind ständig i m F i l m präsent — die des Tangos,
der Polka, des Steptanzes u n d vor allem des Walzers als Anspielung auf seine ursprünglich radikale und ekstatische Natur. Das
erste L i e d , 'Seeing R e d ' , formuliert eines der Hauptanliegen des
Films, und 'The Empire Song' und 'Banker's S o n g ' d r ü c k e n den
Gegensatz zwischen Celeste und den M ä n n e r n aus der Stadt aus.
Nur gelegentlich wird die Musik live gespielt, und wenn, dann
recht stilisiert in Ü b e r e i n s t i m m u n g mit dem Stil des Films.
Biofilmographie
Sally Potter, geb. 1949, arbeitet seit 1969 als Filmemacherin,
Choreographin, Performance-Künstlerin und Musikerin. Arbeitete
als Tänzerin mit 'Strider' und anderen Gruppen, z.B. in 'Who is
Sylvia', 'Leave' u.a. Bereiste mit ' L i m i t e d Dance C o m p a n y ' Europa und die U S A . Hielt Performance 'Workshops ab (1974 - 76).
Seit Anfang 1978 spielt sie hauptsächlich mit der 'Feminist Improvising G r o u p ' (Gesang u . Saxophon) und war mit dieser Gruppe auf Tournee in verschiedenen L ä n d e r n Europas. T h r i l l e r (1977
begonnen und 1979 beendet); H o r s d'Oeuvres,
1971 und andere
16 mm-Kurzfilme; 1983 T H E G O L D D I G G E R S .
Herunterladen