P 315 Tumefaktive MS-Läsion oder progressive multifokale Leukenzephalopathie? Sandra Schneider1, Jan Kassubek2, Ahmed Abdelhak2, Tanja Fangerau2, Daniela Taranu3, Ines Schulthess1, Jochen Hans Weishaupt1, Jeniffer Dietrich1, Kathi Javaheripour-Otto4, Jan Lewerenz1, Christine A. F. von Arnim2, Makbule Senel2, Ruth Dürr1, Albert C. Ludolph1, Hayrettin Tumani5, Michael Schocke6 1Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm, Neurologische Klinik, Ulm, Germany 2Universitätsklinikum 3Universitäts4Spital Ulm, Klinik für Neurologie, Ulm, Germany und Rehabilitationskliniken Ulm, Klinik für Neurologie, Ulm, Germany Schwyz, Schwyz, Switzerland 5Fachklinik Dietenbronn, Klinik für Neurologie, Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm, Klinik für Neurologie, Schwendi/Ulm, Germany 6Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm, Neurologische Klinik, Neuroradiologische Abteilung, Ulm, Germany Hintergrund: Die Differentialdiagnose zwischen tumefaktiver MS-Läsion (TMSL), progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML), zerebralen Lymphomen und hirneigenen Tumoren kann schwierig sein. Ziele: Anhand einer Kasuistik mit TMSL, welche lange Zeit als eine PML fehlinterpretiert wurde, soll die Problematik beleuchtet werden. Fragestellung: TMSL oder PML? Methoden Kasuistik. Ergebnisse: Ein 53jähriger Patient mit schubförmiger multipler Sklerose (ED 2003) stellte sich mit neuer Sprachstörung und Schwäche des re. Armes vor. Ein Jahr lang hatte er auf eigenen Wunsch keine verlaufsmodifizierende Immuntherapie erhalten. In den 10 Jahren zuvor befand er sich im Rahmen einer klinischen Studie unter immunmodulatorischer Therapie. Neurostatus: Motorisch betonte globale Aphasie und brachiofazial betonte sensomotorische Hemisymptomatik re. Zusatzuntersuchungen: cMRT: Frontal und parietal li. Massive RF mit Mittellinienverlagerung, Ödem bis in das linke Crus cerebri und randständiger Diffusionsrestriktion. Die Differentialdiagnosen umfassten PML, Lymphom und Gliom. Liquorbefund: Zellzahl: 2/µl, Albuminquotient: 8,0*10³, IgGQuotient 4,1*10³, identische oligoklonale Banden im Liquor und Serum, freie KappaLeichtkettenquotient grenzwertig, erregerspezifische AK-Indizes normwertig. Durchflusszytometrie ( Liquor und Serum): kein Hinweis für eine monoklonale B-Zell-Population. CT-Thorax: kein Hinweis für eine RF.C-11-Methionin-PET/CT: RF frontal li. Sowie mehrere Foci mit gesteigertem Aminosäurestoffwechsel. Beurteilung: Eher kein hirneigener Tumor; PML möglich. Virologie: Initial falsch positiver Befund mit sehr hoher Kopienzahl an JCV-DNA im Liquor. Bei Kontrolle JC-VirusDNA-PCR in Serum und Liquor negativ. Stereotaktische Hirnbiopsie: Astrogliose und resorptive Veränderungen. Verlauf und Diagnose: Auf der Basis der Bildgebung wurde vor dem Hintergrund der langjährigen verlaufsmodifizierenden Immuntherapie eine PML diagnostiziert, die allerdings durch die virologischen Kontrolluntersuchungen widerlegt wurde. In der stereotaktischen Biopsie fanden sich keine Hinweise für ein zerebrales Lymphom. Positives Ansprechen auf die hochdosierte Steroidbehandlung belegte in dieser Konstellation ex juvantibus die Diagnose der TMSL. Schlussfolgerungen: Es wird ein eindrücklicher Fall einer TMSL gezeigt, der auf der Basis der Anamnese mit langjähriger Exposition gegenüber einer Immuntherapie, der MS-atypischen Befunde aus Neurostatus, Bildgebung und Liquordiagnostik zunächst als PML gedeutet worden war. Auch nach langjährigem Krankheitsverlauf und verlaufsmodifizierender Immuntherapie kann eine neu aufgetretene ausgedehnte Läsion auf die Grunderkrankung selbst zurückgehen.