Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V. Wettbewerbsrecht Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist in Deutschland seit Jahrzehnten Garant für fairen Wettbewerb. Es schützt Unternehmen gegen unlautere geschäftliche Handlungen von Mitbewerbern, dient dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb und dem Verbraucherschutz im Hinblick auf unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen. Seit der im Jahr 2008 erfolgten Umsetzung der Richtlinie der Europäischen Union über unlautere Geschäftsbedingungen (UGP-Richtlinie) im UWG ist der durch das Wettbewerbsrecht vermittelte wirtschaftliche Verbraucherschutz verstärkt Gegenstand rechtspolitischer Diskussionen. Obschon mit der von der EU-Richtlinie kreierten sogenannten Schwarzen Liste erstmalig Regelungen in das UWG aufgenommen wurden, die nur gegenüber Verbrauchern gelten1, konnte das bewährte System eines allgemeinen Marktverhaltensgesetzes mit dem dreigliedrigen Schutzzweck Wettbewerber, Allgemeinheit und Verbraucher bislang erhalten werden. Der ZAW spricht sich hier auch weiterhin gegen Bestrebungen aus, das UWG in ein reines Verbraucherschutzrecht umzufunktionieren und damit die beiden anderen Schutzziele zu vernachlässigen. Mit Erfolg: Politisch einseitig motivierte Bestrebungen von Verbraucherschutz-organisationen Vertragsauflösungsrechte in systemwidriger Weise an unlautere Geschäftshandlungen zu knüpfen, konnten sich bislang nicht durchsetzen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Neuausrichtung der Bundesregierung in Sachen Verbraucherpolitik erneut Vorstöße in diese Richtung hervorbringt.2 Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken Am 9. Oktober 2013 trat das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft und setzte einen Schlusspunkt unter die jahrelangen Forderungen nach weiteren Verschärfungen der Vorschriften zur Telefonwerbung. Bei einer systemwidrigen Vertragsfolgen-Lösung3 hätte ein ohne vorherige Einwilligung erfolgter, belästigender Werbeanruf dazu geführt, dass ein in diesem Telefonat geschlossener Vertrag bis zur 1 2 3 Vgl. ZAW-Jahrbuch „Werbung in Deutschland 2009“, S. 150. Siehe hierzu Abschn. Werbepolitische Entwicklungen in Deutschland und der EU, Kap. Verbraucherpolitik. Oft unter dem Schlagwort „Bestätigungslösung“ diskutiert. 2 schriftlichen Bestätigung durch den Verbraucher schwebend unwirksam gewesen wäre. Stattdessen Formvorschrift für enthält das neue Gesetz Gewinnspieleintragungsdienste. eine Bei verbraucherschützende der vorausgegangenen Evaluierung des im Jahr 2010 in Kraft getretenen Gesetzes gegen unerlaubte Telefonwerbung hatte sich herausgestellt, dass diese Angebote besonders häufig durch unlautere Anrufe beworben wurden.4 Da der Verbraucher bereits ausreichend durch die bestehenden und ihm vertrauten Widerrufsrechte geschützt ist, sah der ZAW diese Formvorschrift nicht als notwendig an und kritisierte die Einführung. Aber er begrüßte ausdrücklich, dass von einem systemwidrigen Bestätigungskonstrukt Abstand genommen wurde. Während der Schutz der Verbraucher vor unlauteren Werbeanrufen hierdurch gerade nicht gestärkt worden wäre, hätte dies zugleich einen Dammbruch in der Systematik des bürgerlichen Rechts und des UWG bedeutet – mit weitreichenden negativen Konsequenzen, einschließlich weiterer Begehrlichkeiten, Vertragsauflösungsrechte bei allen unlauteren Handlungen einzuführen. So betrachtet hat der Gesetzgeber eine nicht zweifelsfreie Regelung verabschiedet, zugleich aber erfreulicherweise davon abgesehen, erheblich zu weit über das Ziel hinauszuschießen. Neben der verbraucherschützenden Formvorschrift wurde das Bußgeld bei unerlaubten Werbeanrufen weiter erhöht; es kann nun bis zu 300.000 Euro betragen. Zudem kann das Bußgeld nun auch verhängt werden, wenn automatische Anrufmaschinen zur unerlaubten Telefonwerbung eingesetzt werden. Gesetzliches Verbot geschlechterdiskriminierender Werbung im UWG Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 erstellte der Verein Pinkstinks Germany e.V. Wahlprüfsteine zum Thema diskriminierende Werbung und verschickte sie an alle im letzten Bundestag vertretenen Parteien. Der Verein fordert, ein gesetzliches Verbot geschlechterdiskriminierender Werbung in das UWG einzufügen5. Alle im Bundestag vertretenen Parteien lehnen dies in ihren Antworten ab. Selbst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE halten ein Verbot über die bestehenden Bestimmungen hinaus nicht für sinnvoll. Die CDU betont, dass sich der Werberat als funktionierende Selbstkontrolleinrichtung bewährt habe. In ihrer Antwort heißt es wörtlich: „Es steht dem Staat in einer freiheitlichen Demokratie nicht zu, Sitte und Moral festzulegen und mit Verboten durchzusetzen; „Tugendterror“ ist vielmehr ein Kennzeichen autoritärer, unfreier Systeme. Daher hat es sich im Bereich der Werbung bewährt, dass der Deutsche 4 5 Siehe auch ZAW-Jahrbuch „Werbung in Deutschland 2012“, S. 156 f. Siehe unter www.pinkstinks.de/wahlprufstein-auf-welche-partei-konnen-wir-bauen/wahlprufsteine-2/. 3 Werberat als Einrichtung der Selbstdisziplinierung der deutschen Werbewirtschaft ethische Standards für Werbung festlegt, laufend fortschreibt und in Einzelfällen gegen ethisch fragwürdige Werbung mit einer Beanstandung einschreitet. Dieses System der Selbstdisziplinierung wollen wir stärken.“6 Der Verein Pinkstinks hat trotz dieser eindeutigen Rückmeldungen der Parteien angekündigt, im September 2014 einen Gesetzesvorschlag zur Einführung eines Verbotes geschlechterdiskriminierender Werbung im UWG vorzulegen. Der ZAW lehnt die Aufnahme eines Verbots der geschlechterdiskriminierenden Werbung in das UWG ab. Über das Lauterkeitsrecht darf keine Geschmackszensur ausgeübt werden. Nach intensiver gesellschafts- und rechtspolitischer Debatte wurde der Tatbestand der „guten Sitten“ im Jahr 2004 aus dem UWG gestrichen. Denn in einer freiheitlichen Demokratie ist der Staat kein Tugendwächter, der seine Auffassungen zu Sitte, Anstand und Moral mit Verboten durchsetzt. Das bestehende System der Selbstkontrolle der Werbebranche durch den Deutschen Werberat funktioniert; eine weitere gesetzliche Regulierung ist somit nicht notwendig7. Anwendungsbericht UGP-Richtlinie Das Europäische Parlament hat am 4. Februar 2014 einen eigenen Bericht zur Umsetzung der UGP-Richtlinie verabschiedet, nachdem die Kommission ihren Bericht bereits im März 2013 veröffentlicht hatte8. Ebenso wie die Kommission möchte das Parlament den Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie nicht auf das Verhältnis zwischen Unternehmen erweitern, sondern es dabei belassen, hier Regeln für Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern aufzustellen.9 Auch eine Erweiterung der Schwarzen Liste lehnt das Parlament zum jetzigen Zeitpunkt ab. 10 Im Hinblick auf eine generelle Überarbeitung der UGP-Richtlinie kommt das Parlament in der Berichtsbegründung ebenso wie die Europäische Kommission zu dem Ergebnis, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht notwendig ist. Vielmehr komme es darauf, die geltenden Regeln in allen Mitgliedstaaten umzusetzen und dafür zu sorgen, dass Rechtsverstöße auch geahndet werden. Der ZAW hatte sich im Vorfeld mit seinen europäischen Partnern im Rahmen der Advertising Information Group (AIG) 11 an die Parlamentarier im federführenden Verbraucherausschuss (IMCO) gewandt und erläutert, dass keine überzeugenden Gründe ersichtlich seien, die für eine Erweiterung und Überarbeitung UGP sprächen. 6 Alle Antworten können gefunden werden unter www.pinkstinks.de/wpcontent/uploads/2013/08/Wahlpr%C3%BCfsteine.xlsx. 7 Ausführlich siehe Abschn. Selbstregulierung der Werbewirtschaft, Kap. Deutscher Werberat. 8 Hierzu umfassend ZAW-Jahrbuch „Werbung in Deutschland 2013“, S. 136 f. 9 Erwägungsgrund 2 des „Rochefort-Berichts“ (2013/2116/INI). 10 Erwägungsgrund 5 des „Rochefort-Berichts“ (2013/2116/INI). 4 Das Parlament begrüßte die Ankündigung der Kommission, überarbeitete Auslegungsleitlinien zu veröffentlichen12. Nach Informationen aus der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz ist dies für Ende März/Anfang April 2014 geplant. EU-Irreführungsrichtlinie Die seit Verabschiedung der UGP-Richtlinie nur noch das Verhältnis von Unternehmern untereinander regelnde Irreführungsrichtlinie befindet sich aktuell in der Überarbeitung durch die Europäische Kommission. Die zuständige Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz (SANCO) hat gegenüber der AIG angekündigt, Anfang April 2014 einen entsprechenden Legislativvorschlag vorzulegen. Aktuell befindet sich der Entwurf in der sogenannten Interservice-Abstimmung zwischen den verschiedenen Generalsdirektionen der Europäischen Kommission. Er enthält nach ZAW-Informationen eine Schwarze Liste, die ähnlich dem System der UGP-Richtlinie Tatbestände für irreführende Werbung enthält, die ohne jede Wertungsmöglichkeit unlauter sein sollen. Einer dieser Tatbestände wird den Bereich der AdressbuchBetrüger betreffen. Es ist aber denkbar, dass die Kommission auch weitere Fälle von irreführender Werbung aufnimmt, die aus ihrer Sicht in jedem Fall unlauter sind. Der ZAW wird gemeinsam mit der AIG das zu erwartende europäische Rechtssetzungsverfahren begleiten und die Interessen der deutschen Werbewirtschaft gegenüber europäischen Gesetzgebungsorganen vertreten. (Stand: März 2014) ZENTRALVERBAND DER DEUTSCHEN WERBEWIRTSCHAFT ZAW E.V. Am Weidendamm 1A, 10117 Berlin Tel.: 030/ 59 00 99-700 / Fax: 030/ 59 00 99-722 E-Mail: [email protected] / Internet: www.zaw.de 11 12 Siehe Abschn. Werbewirtschaft in Zahlen, Kap. Die deutsche Werbewirtschaft im internationalen Vergleich. Erwägungsgrund 22 des „Rochefort-Berichts“ (2013/2116/INI).