Problem Infos ▪▪ DEGAM-Leitlinien MRSA – eine Handreichung für Hausärzte – (Teil 1: Diagnostik; Teil 2: Therapie/Sanierung; Teil 3: Altenpflegeheime): http://www.degam. de/degam-leitlinien-379.html ▪▪ Musterhygieneplan zum Umgang mit MRSA und anderen antibiotikaresistenten Erregern in Altenpflegeheimen: http://www.mre-rhein-ahr.net/uploads/ Hygienevorgaben_MRE_regio_rhein_ahr_ APH.pdf ▪▪ MRSA-Online-Fortbildung bei der KBV: http://www.kbv.de/html/themen_3094.php keime Hausarzt Medizin MRSA GEHT AUCH DEN HAUSARZT ETWAS AN Auch in der Hausarztpraxis finden sich immer häufiger Patienten mit ­multiresistenten Keimen. Basierend auf den DEGAM-Empfehlungen nachfolgend ein Überblick zum sinnvollen Umgang mit Methicillin-resistenten Fotos: F1online / Photofusion / UIG/AGE, mauritius images / BSIP / AMANDINE WANERT ­Staphylokokkus aureus (MRSA). Multiresistente Keime sind ein zunehmendes Problem in der Medizin und betreffen längst nicht mehr nur Krankenhäuser. Auch Hausärzte haben immer häufiger Patienten, die an multiresistenten Bakterien erkrankt oder damit besiedelt sind. Der Hausarzt hat eine hohe Verantwortung für die Gesundheit der Heimbewohner und spielt eine entscheidende Rolle dabei, die Ausbreitung dieser Problemkeime in den Pflegeeinrichtungen zu vermeiden. Folgen der MRSA-Besiedelung Die alleinige Besiedlung mit MRSA hat keinen Krankheitswert. Allerdings erkranken und sterben diese Menschen häufiger an ­einer Infektion mit MRSA, z. B. im Rahmen eines akuten viralen Infekts oder einer Operation. Zudem können mit MRSA besiedelte Menschen Ausgangspunkt für eine unbemerkte Weiterverbreitung des Erregers sein. Im hausärztlichen Bereich ist dies vor allem in (Alten-)Pflegeeinrichtungen von Relevanz. Ein konsequentes Screenen und – wenn möglich – Behandeln der MRSA-Besiedelungen verhindert die weitere Verbreitung. Im englischsprachigen Bereich wird dieses Vorgehen treffend als „Search and Destroy-Konzept“ bezeichnet. Der Hausarzt 18/2016 Dr. med. Manuela Klaschik Universitätsklinikum Bonn AöR , Institut für Hausarztmedizin E-Mail: Manuela. [email protected] Screening Prof. Dr. Klaus Weckbecker E-Mail: [email protected] Wer soll gescreent werden? ­ Patienten in Pflegeinrichtungen, die nach einem mehr als 4-tägigen Krankenhausaufenthalt in ein Pflegeheim entlassen werden, sollten auf MRSA gescreent werden, wenn eines der folgenden Merkmale erfüllt ist: ▪▪ Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 6 Monate, Tab. 1: MRSA-Sanierung ▪▪ Katheter (PEG, Blasenkatheter), ▪▪ Vorliegen chronischer Wun▪▪ 3 × täglich Mupirocin-Nasensalbe in beide den, ­Nasenvorhöfe ▪▪ Dialysepflichtigkeit, ▪▪ 3 × täglich Mund- und Rachenspülung, ­ ▪▪ Immunsuppression. z. B. Octenidin-Lösung Unabhängig davon sollten Pa▪▪ 1 × täglich Desinfektion von Haut und Haaren tienten mit einer sanierten z. B. mit einer Octenidin-Waschlotion; hierMRSA-Besiedlung in der Vorgebei ist unbedingt die empfohlene Einwirkzeit zu beachten schichte nach einem Klinikauf▪▪ Tägliche Desinfektion oder Austausch von enthalt immer auf eine erneute Zahn- und Haarbürste, Rasierutensilien, Besiedlung untersucht werden. Kleidung, Handtüchern und Bett­wäsche; Wischdesinfektion aller handberührten Oberflächen Wie wird gescreent? Zur MRSA-Diagnostik werden mit einem sterilen Tupfer jeweils ein Abstrich aus beiden Nasenvor­ höfen und dem Rachen entnommen. Zusätzliche Abstriche werden benötigt aus Wunden gleich welcher Art und von Katheteraustrittsstellen. 53 Hausarzt Medizin Fällt die Diagnostik positiv aus, sollte immer eine Eradikation in Betracht gezogen werden. Hauterkrankungen, offene Wunden und liegende Zugänge (Sonden oder Katheter aller Art) können eine erfolgreiche Sanierung verhindern und sollten nach Möglichkeit zuerst behandelt oder entfernt werden. Bei Patienten in Pflegeheimen wird man unter Umständen die Sanierung dennoch versuchen, um wenigstens die Keimlast zu reduzieren, auch wenn in diesen Fällen eine Eradikation nicht sehr wahrscheinlich ist. Eine Sanierung wird über 5 Tage durchgeführt (Tab. 1). Frühestens 48 Stunden nach Beendigung der Sanierung, also an Tag 7, können Kontrollabstriche genommen werden, um den Therapieerfolg zu überprüfen. Ist das Ergebnis negativ, gilt der Patient als vorläufig saniert. Weitere Kontrollabstriche sollten nach 3 bis 6 Monaten und nach 12 Monaten durchgeführt werden. War die Eradikation erfolglos, kann ein zweiter Versuch gestartet werden. Umgang mit MRSA in Pflege­heimen Eine strenge Isolation von MRSA-besiedelten Patienten ist in Kliniken zwingend notwendig, aber in Pflegeheimen nicht sinnvoll. Das Heim ist das Zuhause dieser Menschen und eine Isolierung würde die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken, und dies unter Umständen für den Rest ihres Lebens. Eine Besiedelung mit MRSA ist kein Grund, Bewohner zu stigmatisieren oder vom sozialen Leben auszugrenzen. Betroffene Bewohner sollten nicht mit einem Schild außen an der Tür gekennzeichnet werden und dürfen selbstverständlich Besuch erhalten. 54 Umgang mit MRSA in der ­Arztpraxis Im Wesentlichen gelten hier die gleichen Regeln wie für die Versorgung in Pflegeheimen: Die Basishygienemaßnahmen müssen strikt eingehalten werden, und vor und nach jedem Kontakt muss eine hygie­ nische Händedesinfektion durchgeführt werden. Schutzkittel werden nur bei möglichem Kontakt zu Körpersekreten, Wunden oder Ausscheidungen benötigt. Eine Wisch­ des­infektion der handberührten Flächen schützt vor der Weitergabe des Erregers an andere Patienten. Versuchen Sie, den Pa­ tienten zum Ende der Sprechstunde einzubestellen und besuchen Sie diese Patienten bei Hausbesuchen zum Schluss. Nur gesundes und geschultes Personal­ sollte mit diesen Patienten umgehen.­ ­Menschen mit chronischen Hauterkrankungen, Wunden oder antibiotischer Therapie haben ein erhöhtes Risiko, selbst dauerhaft mit MRSA besiedelt zu werden. Gesunde Menschen dagegen sind nach Kontakt nur kurzzeitig MRSA-Träger. Bei ­ihnen verliert sich die Besiedelung von selbst. Sie sind selbst nicht in Gefahr und gefährden auch nicht die Menschen in ihrer Umgebung. FINANZIELLE ASPEKTE Grundsätzlich kann jeder Hausarzt die ­MRSA-Diagnostik und die entsprechende Beratung und Behandlung abrechnen. Voraussetzung ist jedoch eine Zertifizierung, die als Online-Fortbildung bei der KBV ­erworben werden kann (http://www.kbv. de/html/themen_3094.php). Die wichtigste Maßnahme, um eine Verbreitung des Keims zu vermeiden, ist die hygienische Händedesinfektion. Die alleinige Benutzung von Handschuhen ist nicht ausreichend! Absolut jede Person muss sich vor dem Verlassen des Zimmers eines betroffenen Bewohners die Hände hygienisch desinfizieren. Dies gilt natürlich auch für den Bewohner selbst. Mit MRSA besiedelte Patienten dürfen nur von gesundem und geschultem Personal betreut werden. Die Übertragung der Problemkeime von besiedelten Bewohnern auf Pflegepersonal, das akut oder chronisch krank ist und damit durch diese Keime gefährdet würde, soll so vermieden werden. Schutzkittel werden nur beim Bettenmachen, bei der Wundversorgung und bei pflegerischen Maßnahmen mit Körperkontakt benötigt. Ein Mundschutz muss nur getragen werden, wenn mit MRSA-haltigen Aerosolen zu rechnen ist, z. B. bei Infektionen der oberen Atemwege mit Husten oder beim Absaugen. Wenn der mit MRSA besiedelte Bewohner am sozialen Leben im Heim teilnimmt, müssen vor dem Verlassen des Zimmers offene Wunden und Katheteraustrittsstellen keimdicht verbunden werden. Die hygienische Händedesinfektion darf nie vergessen werden. Literatur unter http://www.medizinundmedien.eu Mögliche Interessenkonflikte: Die Autoren haben ­keine deklariert. FAZIT ▪▪ Untersuchen Sie Risikopatienten, die aus der Klinik in ein Heim verlegt werden, auf die ­Besiedlung mit MRSA. ▪▪ Bei besiedelten Patienten sollte im Rahmen der „Search and Destroy“-Strategie eine ­Behandlung erwogen werden. ▪▪ MRSA-besiedelte Heimbewohner dürfen am sozialen Leben im Heim teilnehmen. ▪▪ Achten Sie in Ihrer Praxis und bei Hausbesuchen auf die Einhaltung der hygienischen ­Händedesinfektion. Der Hausarzt 18/2016 Foto: picture alliance / dpa Sanierung einer MRSA-­ Besiedlung