1. Übung - Spitäler Schaffhausen

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Montag-Fortbildung vom 28.10.2013
Angststörungen
Diagnostik und Therapie
Heinz Schutzbach
Therapeutischer Leiter Schwerpunkt Affektive Störungen
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 1, © Heinz Schutzbach
Learning Objectives
• Sie kennen die wichtigsten
Angststörungen
• Sie kennen die wichtigsten
Therapieverfahren zu deren
Behandlung
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Übersicht
• Einführung und Übersicht über die Angststörungen
• Eckdaten und Kennzahlen zur Epidemiologie
• Der typische Fall
• Diagnostik nach ICD-10 und DSM-IV
• Differenzialdiagnostische Überlegungen
• Allgemeines zur Therapie der Angststörungen
• Exkurs: Kognitive Verhaltenstherapie
• Bausteine der Psychoedukation
• Progressive Muskelrelaxation und Atemübungen
• Psychopharmakotherapie der Angststörungen
• Fragen und Diskussion
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Übersicht
• Einführung und Übersicht über die Angststörungen
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Die Angst in der Dysthymie bei Wilhelm Griesinger
Der Affect der Angst bildet ein wichtiges Symptom dieser Krankheit. Die Angst kann
anfallsweise in Form von blindem „Raptus melancholicus" kommen oder aber langsam unter
zunehmender Unruhe und Beklemmung sich steigern; sie kann Tage und Wochen des Kranken
Gemüth foltern und wie ein Blitz aus heiterem Himmel einfallen, um nachher wieder einer
gefassten Stimmung zu weichen; manchmal tritt sie typisch zu denselben Tageszeiten und Stunden auf. Dieser Zustand bewegt sich von dem offenen Ausdruck verzweifelten Zitterns
und Bebens, mit verzerrten Zügen und blindem Reflexdrange, in langer Scala nach abwärts bis
unter die mimische Maske einer täuschenden Harmlosigkeit, ja selbst einer absichtlichen
coquettirenden Spielerei, bei welcher das erzwungene Lächeln den schrecklichen inneren Ernst
verdeckt. Nachts stellt sich Druck und Beklemmung in der Herzgegend, Gefühl des
Zusammengeschnürtseins im Halse, dumpfe Bewegung im Kopfe etc. ein. Allerlei ängstliche
Gedanken schiessen dem Patienten durch den Kopf und lassen ihn nicht schlafen. Schliesslich
verlässt die Angst ihn auch am Tage nicht mehr, er wird nervös gereizt, unmotivirt heftig und
hastig in seinem Wesen. Der Appetit schwindet, die Ernährung sinkt rasch. Der Patient kann
nicht lange an einem Orte oder bei einer Beschäftigung aushalten, läuft auf und ab, setzt sich,
steht wieder auf etc., alles in der Hoffnung, die schreckliche Unruhe bannen zu können. Keine
Willensanstrengung, kein Zuspruch, keine Zerstreuung befreien den Kranken von seinem
Zustande; am qualvollsten aber sind ihm stets die Nächte.
Wilhelm Griesinger. Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten. Berlin 1892, §. 253.
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DSM-IV Spectrum Of Anxiety Disorders
Social
Anxiety
Disorder
Agoraphobia
without Panic
Disorder
Specific
Phobia
Panic
Disorder
OCD
Panic
Disorder with
Agoraphobia
Panic
Disorder
without
Agoraphobia
Acute Stress
Anxiety Disorder
due to general
medical
condition
GAD
Substanceinduced Anxiety
Disorder
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PTSD
Anxiety Disorder
not otherwise
specified
Spektrum der Angststörungen
•
•
•
•
•
•
•
Generalisierte Angststörungen
Panikstörung
Soziale Phobie
Spezifische Phobien (Höhenangst, Spinnenangst, Agoraphobie,
Claustrophobie etc.)
Hypochondrische Ängste
Zwangsstörungen
Angststörungen im Zusammenhang mit anderen psychischen
(Depressionen, Burnout, Schizophrenien, posttraumatische
Belastungsstörungen, cave: Persönlichkeitsstörungen) und
körperlichen Erkrankungen (z.B. Krebserkrankungen,
Lungenerkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen)
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Übersicht Kapitel F4
(nach ICD-10)
• F40: phobische Störungen
• F41: andere Angststörungen
• F42: Zwangsstörung
• F45: somatoforme Störungen (Hypochondrie)
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F40: Phobische Störungen
•
•
•
•
F40.0 Agoraphobie
F40.01 Agoraphobie mit Panikstörung
F40.1 Soziale Phobien
F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien
– Z.B. Akrophobie, einfache Phobie, Klaustrophobie, Tierphobien
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F41: Andere Angststörungen
• F41.0 Panikstörung
– cave: F40.01 Agoraphobie mit Panikstörung
• F41.1 Generalisierte Angststörung
• F41.2 Angst und depressive Störung
gemischt
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Übersicht
• Eckdaten und Kennzahlen zur Epidemiologie
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Epidemiologie Angststörungen
• Lebenszeitprävalenz: 15-25%
• Punktprävalenz: ca. 7%
• Verhältnis Frauen : Männern = 2 : 1
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Epidemiologie Angststörungen
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Epidemiologie Angststörungen
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Übersicht
• Der typische Fall
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Der typische Fall
Nach einem anstrengenden Arbeitstag fährt Herbert Angst im vollbesetzten Bus nach
Hause. Es ist nicht das erste Mal, dass er zwischen den vielen Menschen ein fast körperliches Unwohlsein verspürt. Anders als sonst aber wird ihm heute zu allem Überfluss auch
noch schwindelig. Um das unangenehme Gefühl zu unterdrücken, würde er gerne tief Luft
holen, aber die Enge im Bus nimmt ihm den Atem. Als das Schwindelgefühl immer stärker
wird, befürchtet er, ohnmächtig zu werden. Herbert Angst versucht sich zu beruhigen. Als
er merkt, dass seine Hände feucht sind und auch der Rücken schweißnass ist, hält er es
in dem Bus nicht mehr aus und verlässt ihn fluchtartig an der nächsten Haltestelle. In der
folgenden Zeit zeigen sich diese "Zustände" scheinbar grundlos immer häufiger – nicht
mehr nur allein im Bus, auch im Kaufhaus, ja selbst am Arbeitsplatz leidet Herbert Angst
unter den Beschwerden. Als er auch noch unregelmäßiges Herzklopfen bemerkt, sucht er
besorgt den Arzt auf. Dieser jedoch kann nicht die geringste körperliche Störung finden.
Trotzdem werden die "Anfälle" im weiteren Verlauf so intensiv, dass Herbert Angst nun die
Fahrten mit dem Bus gänzlich vermeidet und auch nicht mehr in Kaufhäuser geht.
Wichtige Besorgungen müssen mehr und mehr von den Angehörigen erledigt werden.
Gerade das Gefühl der eigenen Hilflosigkeit wird für Herbert Angst zu einer belastenden
Erfahrung, auf die er immer häufiger mit Trauer und sozialem Rückzug reagiert. Spätestens an diesem Punkt weiß der Hausarzt, dass Herbert Angst unter einer Angststörung
leidet.
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Übersicht
• Diagnostik nach ICD-10 und DSM-IV
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Symptome der Angst
Körperliche Symptome
Psychische Symptome
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Schwindel, Kopfschmerzen
Unscharfes Sehen
Muskelanspannung
Erröten, Erblassen
Mundtrockenheit
Kurzatmigkeit, Atemnot
Erstickungsgefühle
Brustschmerzen
Herzklopfen, Herzbeben
Schwitzen, kalte Hände
Übelkeit, Bauchschmerzen
„Schmetterlinge im Bauch“
Durchfall, Harndrang
Kribbeln in den Gliedern
Zittern, Beben, weiche Knie
Schreckhaftigkeit,
Ermüdbarkeit
Angst zu sterben
Angst vor Kontrollverlust
Angst „durchzudrehen“
Verrückt zu werden
Entfremdungsgefühle
Ohnmachtsgefühle
Konzentrationsschwierigkeiten
Überempfindlichkeit
Schlafstörungen
Libidostörungen
Verhaltenssymptome
•
•
Vermeidung
Fluchtreaktion, Agitiertheit, Stupor
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Algorithmus der Diagnostik
Normale
Angst
Angst
Keine
Diagnostik
Krankhafte Angst
Primäre Angstkrankheit
Auftreten in
spezifischen
Situationen
Plötzlich
aus heiterem
Himmel
Phobie
Panikstörung
Immer! Zu Beginn körperliche
Untersuchung, EKG, Labor, evt.
EEG
Sekundäre Angstkrankheit
Dauernd
vorhanden
Generalisierte
Angststörung
Organerkrankung
Medikamente
Psychiatrische
Erkrankung
Sucht
Neurologische
Erkrankung
Internistische
Diagnostik
Psychiatrische
Diagnostik
Neurologische
Diagnostik
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 19, © Heinz Schutzbach
Die Panikstörung
• Panikanfälle, unerwartete „Angstattacken“
– Plötzlich, unerwartet, kein eindeutiger Auslöser, keine
Erklärung, Dauer: wenige Minuten bis ½ Stunde
• Körperliche Beschwerden
– Herzklopfen, Brustschmerz, Schwitzen, Zittern, Beben,
Kurzatmigkeit, Atemnot, Erstickungsgefühl, Übelkeit,
Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel, Benommenheit,
Parästhesien, Taubheit, Hitzewallungen, Kälteschauer
• Psychische Beschwerden
– Furcht zu sterben, die Kontrolle zu verlieren, einen
Herzinfarkt zu bekommen, Derealisation,
Depersonalisation
• Kein organischer Faktor
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 20, © Heinz Schutzbach
ICD-10-Kriterien Panikstörung
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Panic Disorder nach DSM-IV
This disorder is not listed in DSM-IV; therefore, DSM-IV criteria for this disorder do not
exist. The proposed draft criteria for Panic Disorder includes previous diagnoses of
Panic Disorder with Agoraphobia and Panic Disorder without Agoraphobia.Panic
Disorder With/Without Agoraphobia (these are two separate disorders in DSM-IV)
A. Both (1) and (2):1. Recurrent unexpected Panic Attacks 2. At least one of the attacks
has been followed by 1 month (or more) of one (or more) of the following:
a. Persistent concern about having additional attacks
b. Worry about the implications of the attack or its consequences(e.g., losing control,
having a heart attack, “going crazy”)c. A significant change in behavior related to the
attacks
C. The presence (or absence) of Agoraphobia
D The Panic Attacks are not due to the direct physiological effects of a substance (e.g., a
drug of abuse, a medication) or a general medical condition (e.g., hyperthyroidism).
E The Panic Attacks are not better accounted for by another mental disorder, such as
Social Phobia (e.g., occurring on exposure to feared social situations), Specific Phobia
(e.g., on exposure to a specific phobic situation), Obsessive-Compulsive Disorder (e.g.,
on exposure to dirt in someone with an obsession about contamination), Posttraumatic
Stress Disorder (e.g., in response to stimuli associated with a severe stressor), or
Separation Anxiety Disorder (e.g., in response to being away from home or close
relatives).
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 22, © Heinz Schutzbach
Panic Disorder nach DSM5
(proposed Revision)
A. Recurrent unexpected panic attacks
B. At least one of the attacks has been followed by 1 month (or
more) of one or both of the following:
1. Persistent concern or worry about additional panic attacks or their
consequences (e.g., losing control, having a heart attack, going
crazy).
2. Significant maladaptive change in behavior related to the attacks
(e.g., behaviors designed to avoid having panic attacks, such as
avoidance of exercise or unfamiliar situations).
C. The Panic Attacks are not restricted to the direct
physiological effects of a substance (e.g., a drug of abuse, a
medication) or a general medical condition (e.g.,
hyperthyroidism, cardiopulmonary disorders).
D.
The Panic Attacks are not restricted to the symptoms of another mental disorder, such as Social Anxiety Disorder (e.g., in
response to feared social situations), Specific Phobia (e.g., in response to a circumscribed phobic object or situation),
Obsessive-Compulsive Disorder (e.g., in response to dirt in someone with an obsession about contamination),
Posttraumatic Stress Disorder (e.g., in response to stimuli associated with a traumatic event), or Separation Anxiety
Disorder (e.g., in response to being away from home or close relatives).
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 23, © Heinz Schutzbach
Die Agoraphobie
• Furcht, an Orten zu sein, an denen im Falle
von Panik eine Flucht schwierig oder keine
Hilfe verfügbar sein könnte
• Typische Orte bzw. Situationen:
–
–
–
–
–
Alleine ausser Haus zu sein: z.B. einkaufen
In einer Menschenmenge sein, auf öffentlichen Plätzen
In einer Schlange zu stehen
Reisen im Zug, Bus
Kino-, Konzertbesuch
• Zumindest partielle Einsicht, dass die Furcht
übertrieben ist
• Vermeidungsverhalten
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 24, © Heinz Schutzbach
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 25, © Heinz Schutzbach
Generalisierte Angststörung (GAD)
• Allgemeine, sich auf verschiedene
Alltagssituationen beziehende Ängstlichkeit und
Besorgtheit
• Befürchtung, dass die Sorgen unkontrollierbar
sind («Sorgenketten»)
• Psychische und somatische Begleitsymptome
• Mindestdauer der Symptomatik: 6 Monate
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 26, © Heinz Schutzbach
Typische Psychopathologie der GAD
Psychische Symptome
Somatische Symptome
 Ängstlichkeit / Besorgtheit  Muskelanspannung
(“worry”), Sorgenketten
 Übelkeit, Durchfall
 Insomnie
 Schwitzen
 Müdigkeit (Depression?)
 Harndrang
 Reizbarkeit
 Herzbeben
 Ständiges “auf dem
Sprung sein”
 Konzentrationsstörungen
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 27, © Heinz Schutzbach
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 28, © Heinz Schutzbach
Generalized Anxiety Disorder
nach DSM-IV
A. Excessive anxiety and worry (apprehensive expectation), occurring more
days than not for at least 6 months, about a number of events or activities
(such as work or school performance).
B. The person finds it difficult to control the worry
C. The anxiety and worry are associated with three (or more) of the following
six symptoms (with at least some symptoms present for more days than not
for the past 6 months). Note: Only one item is required in children.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
D.
Restlessness or feeling keyed up or on edge
Being easily fatigued
Difficulty concentrating or mind going blank
Irritability
Muscle tension
Sleep disturbance (difficulty falling or staying asleep, or restless unsatisfying sleep)
The focus of the anxiety and worry is not confined to features of an Axis I disorder, e.g., the anxiety or worry is not about
having a Panic Attack (as in Panic Disorder), being embarrassed in public (as in Social Phobia), being contaminated (as in
Obsessive-Compulsive Disorder), being away from home or close relatives (as in Separation Anxiety Disorder), gaining
weight (as in Anorexia Nervosa), having multiple physical complaints (as in Somatization Disorder), or having a serious
illness (as in Hypochondriasis), and the anxiety and worry do not occur exclusively during Posttraumatic Stress
Disorder.E. The anxiety, worry, or physical symptoms cause clinically significant distress or impairment in social,
occupational, or other important areas of functioning.F. The disturbance is not due to the direct physiological effects of a
substance (e.g., a drug of abuse, a medication) or a general medical condition (e.g., hyperthyroidism) and does not occur
exclusively during a Mood Disorder, a Psychotic Disorder, or a Pervasive Developmental Disorder.
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 29, © Heinz Schutzbach
Generalized Anxiety Disorder nach
DSM-V (proposed Revision)
A.
B.
C.
Excessive anxiety and worry (apprehensive expectation) about two (or more) domains of activities or
events (for example, domains like family, health, finances, and school/work difficulties)
The excessive anxiety and worry occur on more days than not for three months or more
The anxiety and worry are associated with one or more of the following symptoms:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Restlessness or feeling keyed up or on edge
Being easily fatigued
Difficulty concentrating or mind going blank
Irritability
Muscle tension
Sleep disturbance (difficulty falling or staying asleep, or restless unsatisfying sleep)
D.
The anxiety and worry are associated with one (or more) of the following behaviors:a. Marked
avoidance of situations in which a negative outcome could occurb. Marked time and effort preparing for
situations in which a negative outcome could occurc. Marked procrastination in behavior or decisionmaking due to worries. Repeatedly seeking reassurance due to worries
E.
The focus of the anxiety and worry are not restricted to symptoms of another disorder, such as Panic Disorder (e.g., anxiety
about having a panic attack), Social Anxiety Disorder (e.g., being embarrassed in public), Obsessive-Compulsive Disorder
(e.g, anxiety about being contaminated), Separation Anxiety Disorder (e.g., anxiety about being away from home or close
relatives), Anorexia Nervosa (e.g., fear of gaining weight), Somatization Disorder (e.g., anxiety about multiple physical
complaints), Body Dysmorphic Disorder (e.g., worry about perceived appearance flaws), Illness Anxiety Disorder (e.g.,
belief about having a serious illness), and the anxiety and worry do not occur exclusively during Posttraumatic Stress
Disorder.F. The anxiety, worry, or physical symptoms cause clinically significant distress or impairment in social,
occupational, or other important areas of functioning.G. The disturbance is not due to the direct physiological effects of a
substance (e.g., a drug of abuse, a medication) or a general medical condition (e.g., hyperthyroidism) and does not occur
exclusively during a Mood Disorder, a Psychotic Disorder, or an Autism Spectrum Disorder.
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 30, © Heinz Schutzbach
Separation Anxiety Disorder nach
DSM-IV
A. Developmentally inappropriate and excessive anxiety concerning separation from home or from
those to whom the individual is attached, as evidenced by three (or more) of the following:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Recurrent excessive distress when separation from home or major attachment figures occurs or is anticipated
Persistent and excessive worry about losing, or about possible harm befalling, major attachment figures
Persistent and excessive worry that an untoward event will lead to separation from a major attachment figure (e.g.,
getting lost or being kidnapped)
Persistent reluctance or refusal to go to school or elsewhere because of fear of separation
Persistently and excessively fearful or reluctant to be alone or without major attachment figures at home or without
significant adults in other settings
Persistent reluctance or refusal to go to sleep without being near a major attachment figure or to sleep away from
home
Repeated nightmares involving the theme of separation
Repeated complaints of physical symptoms (such as headaches, stomachaches, nausea, or vomiting) when
separation from major attachment figures occurs or is anticipated
B. The duration of the disturbance is at least 4 weeks.
C. The onset is before age 18 years.
D. The disturbance causes clinically significant distress or impairment in social, academic
(occupational), or other important areas of functioning.E. The disturbance does not occur
exclusively during the course of a Pervasive Developmental Disorder, Schizophrenia, or other
Psychotic Disorder and, in adolescents and adults, is not better accounted for by Panic Disorder
With Agoraphobia.Specify if:Early Onset: if onset occurs before age 6 years
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 31, © Heinz Schutzbach
Separation Anxiety Disorder nach
DSM-V (proposed Revision)
A. Developmentally inappropriate and excessive anxiety concerning separation from home or from
those to whom the individual is attached, as evidenced by three (or more) of the following:
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
(8)
recurrent excessive distress when separation from home or major attachment figures occurs or is anticipated
(2) persistent and excessive worry about losing, or about possible harm befalling, major attachment figures (e.g.,
health, accidents, death)
persistent and excessive worry that an untoward event will lead to separation from a major attachment figure
(e.g., getting lost or being kidnapped)
persistent reluctance or refusal to go to school, work, or elsewhere because of fear of separation
persistent and excessive fear about or reluctance to be alone or without major attachment figures
persistent reluctance or refusal to go to sleep without being near a major attachment figure or to sleep away from
home
repeated nightmares involving the theme of separation
repeated complaints of physical symptoms (such as headaches, stomachaches, nausea, or vomiting) when
separation from major attachment figures occurs or is anticipated
B. The duration of the disturbance is at least 4 weeks
C. The onset is before age 18 years.
D. The disturbance causes clinically significant distress or impairment in social, academic
(occupational), or other important areas of functioning.
E.
The separation anxiety is not restricted to the symptoms of another mental disorder, such as Autism Spectrum Disorder,
Schizophrenia or another Psychotic Disorder and, in adolescents and adults, is not restricted to symptoms of Panic
Disorder (e.g., anxiety about having panic attacks), Agoraphobia (e.g., avoidance of situations in which may become
incapacitated), or Generalized Anxiety Disorder (e.g., worry about ill health of family members).
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 32, © Heinz Schutzbach
Soziale Phobie
• „Leitsymptom“: Deutliche anhaltende Furcht in
sozialen oder Leistungssituationen
• Befürchtung sich zu blamieren, negativ aufzufallen,
mangelhafte Leistung zu zeigen, Unpassendes zu
sagen
• Erröten, Zittern, Schwitzen zu zeigen
• Die Exposition mit der gefürchteten Situation
löst immer Angst aus bis hin zu einer
Panikattacke
• Die Furcht wird als übertrieben oder sinnlos
erkannt
• Vermeidungsverhalten oder Durchhalten mit
grosser Angst
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 33, © Heinz Schutzbach
Nicht Lampenfieber!
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 34, © Heinz Schutzbach
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 35, © Heinz Schutzbach
Hypochondrische Störung
• Prävalenz Hausarzt >>> Psychiater
• Paradox: gute Indikation für
Psychotherapie, aber Patienten
gelangen nur selten zum Psychiater
resp. Psychotherapeuten
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 36, © Heinz Schutzbach
Zwangsstörung (F42)
Wesentliche Kennzeichen sind wiederkehrende Zwangsgedanken und
Zwangshandlungen.
Zwangsgedanken: Ideen, Vorstellungen oder Impulse, die den
Betroffenen immer wieder stereotyp beschäftigen. Fast immer
quälend, die betroffene Person versucht erfolglos, Widerstand zu
leisten. Die Gedanken werden als zur eigenen Person gehörig erlebt,
sind aber Ich-dyston.
Zwangshandlungen oder –rituale: Stereotypien, die ständig wiederholt
werden. Werden weder als angenehm empfunden, noch dienen sie
dazu, an sich nützliche Aufgaben zu erfüllen. Die betroffene Person
erlebt sie oft als Vorbeugung gegen ein objektiv unwahrscheinliches
Ereignis, das ihr Schaden bringen, oder bei dem sie selbst Unheil
anrichten könnte. Allgemein wird dieses Verhalten als sinnlos und
ineffektiv erlebt, es wird immer wieder versucht, dagegen anzugehen.
Angst ist meist ständig vorhanden. Werden Zwangshandlungen
unterdrückt, verstärkt sich die Angst deutlich.
≠ Zwanghafte Persönlichkeitsstörung: ich-synton
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 37, © Heinz Schutzbach
Kriterien Zwangsstörung (F42)
i.
ii.
Entweder Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen (oder
beides) an den meisten Tagen über mind. 2 Wochen
Die Zwangsgedanken (Ideen oder Vorstellungen) und
Zwangshandlungen zeigen sämtliche folgenden Merkmale:
1. sie werden als eigene Gedanken/Handlungen von den Betroffen
angesehen und nicht als von anderen Personen oder Einflüssen
eingegeben;
2. sie wiederholen sich dauernd und werden als unangenehm empfunden,
und mindestens ein Zwangs-gedanke oder eine Zwangshandlung werden
als übertrieben und unsinnig anerkannt;
3. Versuch Widerstand zu leisten
4. Ausführung eines Zwangsgedankens oder einer Zwangshandlung ist
nicht angenehm
iii.
iv.
Leiden oder Behinderung der Leistungsfähigkeit (Zeitaufwand)
Ausschlussvorbehalt: die Störung ist nicht bedingt durch eine
andere psychische Störung, z.B. Schizophrenie oder affektive
Störung
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 38, © Heinz Schutzbach
Übersicht
• Differenzialdiagnostische Überlegungen
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 39, © Heinz Schutzbach
Differenzialdiagnosen
• Angststörungen haben unter den psychischen Störungen die
meisten Differentialdiagnosen
• Denn: Angst ist ein unspezifisches Symptom
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 40, © Heinz Schutzbach
Psychopathologische Differenzialdiagnostik
Merke!
• Spontane Angst
– anfallsartig: Panikstörung
– durchgehend: Generalisierte Angststörung
• Objekt- und situationsbezogene Angst
– Phobien
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 41, © Heinz Schutzbach
Differenzialdiagnosen Psychiatrie
•
•
•
•
•
Affektive Störungen (z.B. Depression)
Anpassungsstörungen (z.B. PTSD)
Persönlichkeitsstörungen (zB.„Borderline“)
Psychosen (z.B. Schizophrenie)
Organisch bedingte psychische Störungen (z.B.
Alzheimer-Demenz, Delir)
• Medikamentös bedingt: z.B. Akathisie unter
Neuroleptika
• Suchterkrankungen
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 42, © Heinz Schutzbach
Differenzialdiagnosen Somatik
Herz-Kreislauferkrankungen
•
Arrhythmien, Koronare Herzkrankheit, Angina pectoris, Herzinfarkt,
Mitralklappenprolaps, Hypotonie, Orthostase
Erkrankungen der Atemorgane
•
Asthma, chronisch obstruktive Pneumopathie, Lungenembolie, Lungenödem,
Pneumothorax
Endokrinologische Erkrankungen
•
Hyperthyreose / Hypothyreose, Hyperkortisolismus, Hypoglykämie,
Phäochromozytom, Karzinoid, Insulinom
Immunologische Erkrankungen
•
Anaphylaxie, Systemischer Lupus erythematodes, Arteriitis temporalis
Neurologische Erkrankungen
•
Temporallappenepilepsie, Hirntumoren, Enzephalopathie (infektiös, metabolisch,
toxisch), Multiple Sklerose, Syndrom nach Commotio, Vestibuläre Erkrankungen
Weitere internistische Erkrankungen
•
Anämie, Elektrolytstörungen, Porphyrien
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 43, © Heinz Schutzbach
Differenzialdiagnosen medikamentöstoxisch
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Appetitzügler
Anticholinergika, L-Dopa
Kortikosteroide
Medikamentenallergien
Nikotin, Cannabis, Amphetamine, Kokain, LSD, Alkohol, Koffein,
Red Bull etc.
Opiate (Entzug)
Benzodiazepine (Entzug)
Barbiturate (Entzug)
Natriumglutamat (China-Restaurant-Syndrom)
Sympathomimetika
Schilddrüsenhormone
Hypotensiva
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 44, © Heinz Schutzbach
Übersicht
• Allgemeines zur Therapie der Angststörungen
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 45, © Heinz Schutzbach
Spontanverlauf Angststörungen
• Sehr ungünstig!
• Spontane Remission von
Angststörungen: 20%
• Chronischer Verlauf von mindestens
50%
• Wegen Vermeidungsverhalten hohe
Gefahr der langfristigen Invalidisierung
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 46, © Heinz Schutzbach
Allgemeine Behandlungsstrategie
• Aufklärung
• Pharmakotherapie
– Benzodiazepine
– Antidepressiva
– (Antiepileptika)
• Psychotherapie
• Allgemeine Massnahmen
– Lebensstil (Ernährung, Getränke, Sport, Tagesstruktur)
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 47, © Heinz Schutzbach
Effektgrösse Cohens d
Kombination Psychotherapie und Psychopharmakotherapie
VT
Medikamente
1.43
1.47
VT + Medikamente
Bandelow, Seidler-Brandler, Wedekind et al., World Journal of Biological Psychiatry, in press
Data presented 8. Jahrestagung der Gesellschaft für Angstforschung und der Schweizerischen
Gesellschaft für Angststörungen (SGA) Nov. 2006 Zürich
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 48, © Heinz Schutzbach
2.07
Wirksamkeit der Psychotherapie der Angststörungen
Beste Wirksamkeits-Evidenz für
kognitiv-behaviorale Verfahren
Grundprinzipien der Kognitiven Verhaltenstherapie
–
–
–
–
Information
Kognitive Umstrukturierung
Expositionsübungen
Angstbewältigungsstrategien (z.B. «Normalität»)
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 49, © Heinz Schutzbach
Übersicht
• Exkurs: Kognitive Verhaltenstherapie
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 50, © Heinz Schutzbach
Weshalb Kognitive Verhaltenstherapie?
Therapie der Wahl bei den Angststörungen
Evidenz
Einfach
Basismodule für den Hausarzt umsetzbar
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 51, © Heinz Schutzbach
Was ist Verhaltenstherapie?
Anwendung experimentell begründeter Lernprinzipien mit dem Ziel,
unangepasstes Verhalten zu verändern
Unangepasste (dysfunktionale) Verhaltensweisen sollen
abgeschwächt (Dekonditionierung)
Angepasste Verhaltensweisen sollen aufgebaut und verstärkt werden
(Rekonditionierung)
Fokus auf „Verlernen“ (Probleme) und „Erlernen“ (Kompetenzen)
bestimmter, klar umschriebener Verhaltensweisen
Gemeinsamer Hintergrund kognitiv verhaltentherapeutischer
Methoden ist die experimentelle Lernpsychologie
Quelle: Wölwer W. Psychotherapie(-verfahren) in der Psychiatrie II.
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 52, © Heinz Schutzbach
Wichtige verhaltenstherapeutische Techniken
1. Expositionsverfahren
1.
2.
3.
Reizkonfrontationsverfahren (in sensu, in vivo)
systematische Desensibilisierung
„Flooding“
2. Operante Verfahren
1.
2.
Soziale Verstärkung
Entzug positiver Verstärkung
3. Kognitive Verfahren
1.
2.
3.
Psychoedukation
Registrieren automatischer Gedanken
Aufbau realistischer Erwartungen
4. Rollenspiel
5. Entspannungsverfahren
1.
2.
Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen
Atemtechniken
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 53, © Heinz Schutzbach
Grundelemente der VT
(Verhaltenstherapie)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Problem- und kompetenzenorientiert
Strukturiertheit, Zielorientiertheit, Direktivität
Alltagsnähe und Gegenwartsnähe
Transparenz, Erklärungen, Information
Kooperation mit dem Patienten
Identifizierung / Veränderung von aufrecht-erhaltenden
Faktoren (Verhaltensanalyse)
7. Übungen, Hausaufgaben («die Therapie findet
zwischen der Sitzungen statt»)
8. Rückmeldungen, Zusammenfassungen
9. Evaluation
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 54, © Heinz Schutzbach
Kognitive Verhaltenstherapie
Ziel:
Modifikation von dysfunktionalen Gedanken, Vorstellungen,
Erwartungen
(z.B. „ich möchte beim Fliegen/in sozialen Kontakten keine Angst
mehr haben“/ „wenn die Angst nicht aufhört, sterbe ich, werde ich
wahnsinnig, werde ich ohnmächtig“)
Modell:
Umstrukturierung dysfunktionaler kognitiver Annahmen
(Psychoedukation der Angst / „Angst als unangenehmes Gefühl“/
Angst als Emotion, die zu verzerrten Kognitionen führt /
„es ist nur Angst“ vs „Angst ist das schlimmste, was Sie sich vorstellen können“/
Bei sozialen Phobien: Erwartungen relativieren)
Schwerpunkte:
Depression (automatische Gedanken, Beck‘sche Triade)
Panikstörung („Teufelskreis der Angst“)
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 55, © Heinz Schutzbach
Verhaltensanalyse
SORCK-Modell
Situation
„Organismus“
Reaktion
Contingen
z
Konsequenz
S
O
R
C
K
Verlassen
der Küche /
des Hauses
Erwartungsängste,
Allg. Stressniveau
(Drogen, Konflikte etc.)
Grundüberzeugung:
„brennende Herdplatten
sind sehr gefährlich,
und wenn ich nicht
absolut sicher bin, wird
das Haus abbrennen“
E: Angst
Tritt immer auf
Ph: Schwitzen,
beim Verlassen
Zittern
der Küche /des
K: „wenn ich nicht
Hauses
kontrolliere, dann
habe ich bestimmt
genau diesmal
vergessen, die
Herdplatte
abzustellen“, „ich
bin nicht sicher, ob
ich schon einmal
kontrolliert habe“
M: vielfaches
Kontrollieren
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 56, © Heinz Schutzbach
Kurzfristig:
Positive Konsequenz
mit
Spannungsreduktion,
vermeintliche
Sicherheit
Langfristig:
Unsicherheit (immer
mehr Kontrollen
nötig: „habe ich
wirklich richtig
kontrolliert?“), Soziale
Isolierung, AUF
Übersicht
• Bausteine der Psychoedukation
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 57, © Heinz Schutzbach
Stress und Angst
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 58, © Heinz Schutzbach
Habituation der Angst
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 59, © Heinz Schutzbach
Teufelskreis der Angst
Situativer Auslöser
Intern oder extern
z.B. Tunnel, Palpitationen
Physiologische
Reaktionen: Anspannung,
Hyperventilation,
Tachykardie, Schwitzen,
Zittern, Depersonalisation,
Derealisation
Wahrnehmung
Angst
Dysfunktionale Kognition: „ich
will keine Angst haben!“
Gedanken: „Oh Gott, was ist
das? Herzinfarkt! Sterbe ich?“
Noch mehr Angst
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 60, © Heinz Schutzbach
Vermeidung, Flucht
Angsthierarchie
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 61, © Heinz Schutzbach
Vertrauen Sie sich jemandem an!
Oft besteht die grösste Angst darin, entdeckt, ertappt, blossgestellt zu werden
Oft reicht eine gute Psychoedukation schon aus, dass der Patient von seiner
Beschämung entlastet ist
Raten Sie dem Patienten, sich einer Person seines Vertrauens zu öffnen
In der Regel macht der Patient dann die unerwartete Erfahrung, dass er sich
verstanden fühlt und vom Druckzu genügen weiter entlastet wird
Nicht selten macht er die Erfahrung, dass die andere Person ebenfalls von
seinen Ängsten spricht (Prävalenz!)
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 62, © Heinz Schutzbach
Übersicht
• Progressive Muskelrelaxation und Atemübungen
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 63, © Heinz Schutzbach
Progressive Muskelrelaxation PMR
• Willentliche Erzeugung eines Entspannungsgefühls nach
vorgängiger Anspannung
• Anspannung 10 Sekunden, Entspannung 20-30 Sekunden
• Via Feedback führt die Entspannung bei regelmässiger Übung zur
Reduktion von Grundanspannung und Ängstlichkeit
• Der Angstpatient lernt Anspannung zu identifizieren und gezielt zu
entspannen
• Bei regelmässiger Übung gelingt eine raschere Entspannung, die
bei erhöhter Ängstlichkeit eingesetzt werden kann
• PMR kann sehr einfach gelernt werden. Materialien zu PMR finden
sich in vielen Buchläden oder im Internet, z.B. CD’s mit Instruktion
und/oder Musikbegleitung
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 64, © Heinz Schutzbach
Progressive Muskelrelaxation
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 65, © Heinz Schutzbach
Einfache Atemübungen
1. Übung
Zählen Sie beim Ein- und Ausatmen. Zählen Sie jeweils bis 2, 3, 4 oder 5.
Einatmen durch die Nase, Ausatmen durch den Mund.
2. Übung
Atmen Sie doppelt so lange aus, wie Sie einatmen. Z.B. beim Einatmen auf
4 zählen, beim Ausatmen auf 8.
3. Übung
Beim Einatmen alle Muskeln anspannen, beim Ausatmen entspannen
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 66, © Heinz Schutzbach
Übersicht
• Psychopharmakotherapie der Angststörungen
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 67, © Heinz Schutzbach
Benzodiazepine: Pro und Contra
• Pro
• Contra
 Anxiolyse
Spannungslinderung
Schlafförderung
 Rasch wirksam
 Gute Verträglichkeit
 Rasche
Dosisanpassung
 Situativer Einsatz bei
Bedarf
 Initiale Sedation
 Absetzschwierigkeiten
möglich („Rebound“)
 Missbrauchspotential v.a.
bei Substanzabh.
 Vermeidungsverhalten
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 68, © Heinz Schutzbach
Kombination Benzodiazepine - Antidepressiva
• Rasche Anxiolyse bis Eintritt der angstlösenden
Wirkung des AD
• Abnahme der Angst, die mit dem Beginn der
antidepressiven Behandlung assoziiert ist.
• Verbesserung der Compliance
• Benzodiazepine zum richtigen Zeitpunkt
ausschleichen
• BZD-Absetzsymptome beachten
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 69, © Heinz Schutzbach
Wirksamkeit von Behandlungsmethoden
bei Angststörungen
Nach kontrollierten
Studien wirksam:
 SSRI
 SSNRI Venlafaxin
 trizyklische Antidepressiva
 Benzodiazepine
 MAO-Hemmer
 Moclobemid (soz. Phobie)
 Pregabalin (gener. Angst)
 Buspiron (gener. Angst)
 Hydroxyzin (gener. Angst)
 Opipramol (gener. Angst)
 Expositionstherapie, kognitive
Verhaltenstherapie
Negative Studien:





Betablocker
Autogenes Training
Biofeedback
Hypnose
EMDR*
Unzureichende bzw. fehlende
Wirksamkeitsnachweise:




Neuroleptika
Psychoanalytische Therapie
Pflanzliche Präparate
Sport
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 70, © Heinz Schutzbach
Übersicht nach Bandelow 2007
Patient auf mögliche Nebenwirkungen
vorbereiten – matchentscheidend!


Der ängstliche Patient……

reagiert oft sehr empfindlich auf die
Nebenwirkungen der Medikamente

er ist darüber hinaus geneigt, auch andere
Symptome den Medikamenten zuzuschreiben
Aufklärung über die Behandlung und ihre
Nebenwirkungen ist sehr wichtig !
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 71, © Heinz Schutzbach
Zusammenfassung Therapien
Spezifische
Phobien
Reizkonfrontation
in vivo
Evt. syst.
Desensibilisierung
(1-10 Stunden)
Beta-Blocker
BZD
Antidepressiva
z.B. Prüfungsangst
z.B. Flugangst
Bei Komorbidität
Panikstörung
Reaktionskonfronta Imipramin/Surmontil
tion (interne
SSRI
Reizkonfrontation) BZD
Cave: Toleranz
Kognitive
Reattribuierung
(15-40 Stunden)
Agoraphobie
Mit/ohne
Panikstörung
Reizkonfrontation
in vivo (15-40
Stunden)
Imipramin/Surmontil
SSRI
BZD
Cave: Toleranz
DGPPN. Leitlinien Angststörungen. Kurzform
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 72, © Heinz Schutzbach
Zusammenfassung Therapien
Soziale
Phobie
Reizkonfrontation, kognitive SSRI
Reattribuierung und
BZD
Umstrukturierung
Training Sozialer Kompetenz
KVT der sozialen Phobie in
der Gruppe
Generalisierte
Angststörung
Angstbewältigungstraining
(kognitive Umstrukturierung,
«Grübelkonfrontation»,
Entspannungsverfahren
Cave: Toleranz
Trizyklische AD
SSRI
Cave: Toleranz
Pregabalin
BZD
Buspiron
Neuroleptika
DGPPN. Leitlinien Angststörungen. Kurzform
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 73, © Heinz Schutzbach
Informationen für Betroffene
www.aphs.ch
Angst- und Panikhilfe Schweiz
www.sgad.ch
Schweizerische Gesellschaft für
Angst & Depression
www.zwangsstoerung.ch
Informationen für Betroffene von
Hansruedi Ambühl und Barbara
Meier
www.expertenrat.info
Videos für Betroffene und
Therapeuten zu verschiedenen
Angststörungen
Spitäler Schaffhausen, Psychiatrische Dienste, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 28.10.2013, Folie Nr. 74, © Heinz Schutzbach
Take Home Messages
Angststörungen kommen sehr häufig vor. Angststörungen sind immer sehr
schambesetzt.
Die wichtigsten Behandlungsmethoden sind Psychopharmakotherapie (SSRI,
Benzodiazepine, Pregabalin/Lyrica) und Psychotherapie (kognitive
Verhaltenstherapie), die Kombination der beiden Behandlungsmethoden ist der
einzelnen Methode deutlich überlegen.
Die Panikstörung und die sozialen Phobien sind gut zu behandeln mit einfachen
psychotherapeutischen (Psychoedukation) und psychopharmako-therapeutischen
Mitteln (SSRI)
Die wichtigste psychotherapeutische Intervention ist die Psychoedukation, da sie den
Patienten oftmals von Scham entlastet.
Schwierig zu behandeln sind die Generalisierte Angststörung, die Hypochondrie und die
Zwangsstörungen. Hier besteht eine hohe Gefahr für Chronifizierung, für weitere
komorbide psychische Störungen, für Abhängigkeit (Benzodiazepine und Alkohol),
für übertriebene ärztliche Abklärungen, für Erwerbsausfälle und schliesslich
Invalidität.
Das Hauptproblem aller Angststörungen ist das Vermeidungsverhalten, das als
aufrechterhaltende Bedingung oftmals Hauptursache für die langfristigen Folgen ist.
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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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Kontakt
Heinz Schutzbach
Therapeutischer Leiter
Schwerpunkt Affektive Störungen
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Nordstrasse 111
8200 Schaffhausen
Tel +41 (0)52 632 12 08
[email protected]
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Übersicht
• Fragen und Diskussion
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