Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts VI. Frühaufklärung (J. Chr. Gottsched: Sterbender Cato) Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung ›Montgolfière‹ 21. November 1783 Frères Montgolfier Bois de Boulogne, Paris Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Jean-François Pilâtre de Rozier François Laurent Marquis d'Arlandes Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Volker Meid: Die deutsche Literatur im Zeitalter des Barock. Vom Späthumanismus zur Frühaufklärung. München 2009. Steffen Martus: Aufklärung. Das deutsche 18. Jahrhundert. Ein Epochenbild. Berlin 2015. Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Franz Anton Maulbertzsch (ca. 1750) Allegorie der Morgenröte Steffen Martus: Aufklärung. Das deutsche 18. Jahrhundert. Ein Epochenbild. Berlin 2015. Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Franz Anton Maulbertzsch (ca. 1750) Allegorie der Morgenröte Christian Wolff: Vernünftige Gedanken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen (Halle 1719) Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts Franz Anton Maulbertzsch (ca. 1750) Allegorie der Morgenröte 01. 12. 2015: Frühaufklärung Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Barock Zeitlichkeit → Endlichkeit Vanitas Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Aufklärung Barock Zeitlichkeit → Fortschritt Endlichkeit Eudämonismus Vanitas Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts res cogitans (= Geist/Seele) 01. 12. 2015: Frühaufklärung res extensa (= Körper) René Descartes: Meditationes de prima philosophia (1641) Nun nehmen wir aber klar den Geist, d. h. eine denkende Substanz ohne den Körper, d. h. ohne eine ausgedehnte Substanz, wahr [...]; und umgekehrt auch den Körper ohne den Geist (wie jedermann ohne weiteres zugibt). Also kann, wenigstens durch die Allmacht Gottes, der Geist ohne den Körper sein, und der Körper ohne den Geist. Nun sind aber Substanzen, von denen jede ohne die andere sein kann, real verschieden [...]. Geist und Körper aber sind Substanzen [...], von denen jede ohne die andere sein kann [...]. Also sind Geist und Körper real verschieden. Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts res cogitans (= Geist/Seele) 01. 12. 2015: Frühaufklärung res extensa (= Körper) Erkennen und Empfinden scheinet für uns vermischte, zusammengesetzte Wesen in der Entfernung zweierlei; forschen wir aber näher, so läßt sich in unserm Zustande die Natur des Einen ohne die Natur des andern nicht völlig begreifen. Sie müssen also vieles gemein haben, oder am Ende gar Einerlei sein. Johann Gottfried Herder Übers Erkennen und Empfinden der menschlichen Seele (1774) Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts Johann Albrecht Bengel Ordo temporum 1741 01. 12. 2015: Frühaufklärung Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts Johann Albrecht Bengel Ordo temporum 1741 Erschaffung der Welt: Sonntag, 10. Oktober 3943 v. Chr. 01. 12. 2015: Frühaufklärung Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts Martin Opitz: Buch von der Deutschen Poeterey Barock 1624 01. 12. 2015: Frühaufklärung Johann Christoph Gottsched: Versuch einer Critischen Dichtkunst Aufklärung 1729 Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Was nicht bey der gesunden Vernunft die Probe, oder den Strich hält, das kann nicht für vollgültig genommen werden. Ein Dichter muß ein Weltweiser seyn, der die Glückseligkeit der Menschen zu bauen trachtet, soviel er kann. Johann Christoph Gottsched: Versuch einer Critischen Dichtkunst Die Regeln nämlich, die auch in freyen Künsten eingeführet worden, kommen nicht auf den bloßen Eigensinn der Menschen an; sondern haben ihren Grund in der unveränderten Natur der Dinge selbst; in der Uebereinstimmung des Mannigfaltigen, in der Ordnung und Harmonie. Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Johann Christoph Gottsched Juditten 1700 − Leipzig 1766 Luise Adelgunde Victorie Gottsched geb. Kulmus Danzig 1713 − Leipzig 1762 Gotthold Ephraim Lessing Briefe die neueste Litteratur betreffend 17. Brief Den 16. Februar 1759) Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Johann Christoph Gottsched Juditten 1700 − Leipzig 1766 Luise Adelgunde Victorie Gottsched geb. Kulmus Danzig 1713 − Leipzig 1762 Niemand, sagen die Verfasser der Bibliothek, wird leugnen, dass die deutsche Schaubühne einen großen Teil ihrer ersten Verbesserung dem Herrn Professor Gottsched zu danken habe. Ich bin dieser Niemand; ich leugne es gerade zu. Es wäre zu wünschen, dass sich Herr Gottsched niemals mit dem Theater vermengt hätte. Seine vermeinten Verbesserungen betreffen entweder entbehrliche Kleinigkeiten, oder sind wahre Verschlimmerungen. ›17. Literaturbrief‹ (16. Februar 1759) Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Johann Christoph Gottsched Theater-/Literatur-Reform Niemand, sagen die Verfasser der Bibliothek, wird leugnen, dass die deutsche Schaubühne einen großen Teil ihrer ersten Verbesserung dem Herrn Professor Gottsched zu danken habe. Ich bin dieser Niemand; ich leugne es gerade zu. Es wäre zu wünschen, dass sich Herr Gottsched niemals mit dem Theater vermengt hätte. Seine vermeinten Verbesserungen betreffen entweder entbehrliche Kleinigkeiten, oder sind wahre Verschlimmerungen. ›17. Literaturbrief‹ (16. Februar 1759) Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Johann Christoph Gottsched Theater-/Literatur-Reform • • • • Moral-Didaxe Literarisierung ›bürgerliche‹ Verbesserung Nationaltheater Der Poet wählet sich einen moralischen Lehrsatz, den er seinen Zuschauern auf eine sinnliche Art einprägen will. Vernünftigkeit + Nützlichkeit Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Erste Gründe der gesammten Weltweisheit 1733/34 Der Poet wählet sich einen moralischen Lehrsatz, den er seinen Zuschauern auf eine sinnliche Art einprägen will. Vernünftigkeit + Nützlichkeit Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Die Absicht jeder Gesellschaft, ist die Beförderung der gemeinen Wohlfahrt [...]: daher soll ein jedes Mitglied derselben, so viel in seinem Vermögen steht, dazu beyzutragen suchen. Denn unser Erkenntniß ist entweder wahr oder falsch. Alles was ist, das hat einen zulänglichen Grund, warum es vielmehr ist, als nicht ist. [...] so sind auch die Handlungen schon an sich selbst, und ihrer innern Natur nach, entweder gut oder böse; zweiwertige Logik — Kausalität — zweiwertige Ethik Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Die Absicht jeder Gesellschaft, ist die Beförderung der gemeinen Wohlfahrt [...]: daher soll ein jedes Mitglied derselben, so viel in seinem Vermögen steht, dazu beyzutragen suchen. Die meisten sind ist vielentweder zu sinnlich gewöhnt, als daß sie Denn unserGemüther Erkenntniß wahr oder falsch. einen Beweis, der aus bloßen Vernunftschlüssen besteht, sollten Allesgelten was ist, hat wenn einenihre zureichenden Grund, warum es etwas lassen; Leidenschaften demselben zuwider vielmehr ist, als nicht ist.einen stärkern Eindruck ins Herz. sein. Allein Exempel machen … alle freye Handlungen [sind] schonIX. anAkademische sich selbst gut Rede Schauspiele, und besonders die Tragödien sind aus einer oderDie böse. wohlbestellten Republik nicht zu verbannen Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Sterbender Cato Erstdruck: Leipzig 1732 Uraufführung: Leipzig, Januar 1731 Die meisten sind ist vielentweder zu sinnlich gewöhnt, als daß sie Denn unserGemüther Erkenntniß wahr oder falsch. einen Beweis, der aus bloßen Vernunftschlüssen besteht, sollten Allesgelten was ist, hat wenn einenihre zureichenden Grund, warum es etwas lassen; Leidenschaften demselben zuwider vielmehr ist, als nicht ist.einen stärkern Eindruck ins Herz. sein. Allein Exempel machen … alle freye Handlungen [sind] schonIX. anAkademische sich selbst gut Rede Schauspiele, und besonders die Tragödien sind aus einer oderDie böse. wohlbestellten Republik nicht zu verbannen Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Sterbender Cato Erstdruck: Leipzig 1732 Uraufführung: Leipzig, Januar 1731 Friederike Caroline Neuber (›Neuberin‹) 1697-1760 Vertreibung des Harlekins Leipzig 1737 Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Sterbender Cato Erstdruck: Leipzig 1732 Uraufführung: Leipzig, Januar 1731 antike Historie Alexandriner (6-hebige Jamben: Paarreim und Mittelzäsur) Arsene Phenice, komm nur her, || hier will ich mich verweilen; Allhier soll Cato mir || den besten Trost ertheilen. Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Sterbender Cato Erstdruck: Leipzig 1732 Uraufführung: Leipzig, Januar 1731 antike Historie Alexandriner (6-hebige Jamben: Paarreim und Mittelzäsur) aristotelische Einheiten (Ort, Zeit und Handlung) Der Schauplatz ist in einem Saale des festes Schlosses in Utica, einer wichtigen Stadt in Afrika Die Geschicht oder Begebenheit des ganzen Trauerspiuels hebet sich zu Mittage an und dauret bis gegen der Sonnen Untergang Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Sterbender Cato Erstdruck: Leipzig 1732 Uraufführung: Leipzig, Januar 1731 antike Historie Alexandriner (6-hebige Jamben: Paarreim und Mittelzäsur) aristotelische Einheiten (Ort, Zeit und Handlung) liaison des scènes Kausalität Stilreinheit Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Sterbender Cato Erstdruck: Leipzig 1732 Uraufführung: Leipzig, Januar 1731 François-Michel-Chrétien Deschamps Caton d’Utique Paris / La Haye 1715 Joseph Addison Cato. A Tragedy London 1713 Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Sterbender Cato Erstdruck: Leipzig 1732 Uraufführung: Leipzig, Januar 1731 Marcus Porcius Cato (95 – 46) Caius Iulius Caesar (100-44) Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Sterbender Cato Erstdruck: Leipzig 1732 Uraufführung: Leipzig, Januar 1731 Arsene […] er ist der große Mann, Auf den das freye Rom noch einzig bauen kann. v. 3f. Marcus Porcius Cato (95 – 46) Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts Anagnorisis ›Ent-ver-kennung‹ 01. 12. 2015: Frühaufklärung Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Cato […] wer Cäsarn billig nennet, Der hat mich selber schon für ungerecht erkennet. v. 463f. Cäsar Denn wo die Welt für mich mehr Furcht als Liebe hat, So bin ich misvergnügt. […] v. 718f. Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Portius: Da lief ein Segel ein von des Pompejus Sohne, Das brachte Zeitung mit, daß er kein Sorgen schone, Die Völker Spaniens um Beistand anzuflehn, Daß er des Vaters Tod gerochen könne sehn. Stünd hier ein Cato nur an dieses Heeres Spitze; Da wär es uns und Rom vielleicht was mehrers nütze! v. 1583-1589 Cato: Lebt wohl und Rom getreu! Ihr Götter! hab ich hier Vielleicht zu viel getan: Ach! So vergebt es mir! Ihr kennt ja unser Herz und prüfet die Gedanken! Der Beste kann ja leicht vom Tugendpfade wanken. v. 1637-1640 Artabanus: O Rom! Das ist die Frucht von deinen Bürgerkriegen! v. 1648 Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Hamartia (›Fehler‹) bei Gottsched: habituelle Schwäche statt Augenblicksversagen Cato: Lebt wohl und Rom getreu! Ihr Götter! hab ich hier Vielleicht zu viel getan: Ach! So vergebt es mir! Ihr kennt ja unser Herz und prüfet die Gedanken! Der Beste kann ja leicht vom Tugendpfade wanken. v. 1637-1640 Artabanus: O Rom! Das ist die Frucht von deinen Bürgerkriegen! v. 1648 Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Lehrsatz Der Beste kann ja leicht vom Tugendpfade wanken. Die Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts 01. 12. 2015: Frühaufklärung Durch seine Tugend erwirbt sich Cato unter den Zuschauern Freunde. Man bewundert, man liebet und ehret ihn: Man wünscht ihm daher auch einen glücklichen Ausgang seiner Sachen. Allein, er treibet seine Liebe zur Freiheit zu hoch, so daß sie sich in einen Eigensinn verwandelt. Und also begeht er einen Fehler, wird unglücklich und stirbt: Wodurch er also das Mitleiden seiner Zuhörer erwecket, ja Schrecken und Erstaunen zuwege bringet. Der Beste kann ja leicht vom Tugendpfade wanken.