"Ausgangssperre" wegen Wildschweinplage: Bitterfeld wurde zum Jagdgebiet erklärt Es klingt wie ein schlechter Scherz: Bitterfeld warnt davor, in der Nacht bestimmte Stadtregionen zu betreten, weil Wildschweine diese Straßen bevölkern. Die Stadt erlebt derzeit eine regelrechte Wildschwein-Plage: 300 bis 400 Tiere sollen bereits am Stadtrand leben. Wie regiert man in Bitterfeld darauf und was wird den Menschen geraten? von Grit Bobe Sie kommen in der Dämmerung Überall in der Stadt wurden in den letzten Tagen Wildschweine gesichtet: in der Nähe des Europagymnasiums, an diversen Kindertagesstätten, an Supermärkten oder vor Restaurants. Die Plage ist mittlerweile so groß, dass die Stadt ihren Bürgern nicht mehr nur rät, nachts bestimmte Gebiete zu meiden - ganz Bitterfeld wurde sogar zum Jagdgebiet erklärt. Ab Dienstag, so schrieb gestern die Bild-Zeitung, sollen Hochstände in der City aufgebaut werden, damit Jäger die Schwarzkittel besser erledigen könnten. Die Einwohner würden rechtzeitig darüber informiert, ab wann die Jäger wo genau im Einsatz seien. Zudem würden Schilder aufgestellt, die die Jagdgebiete ausweisen. Eine Jagd mitten in der Stadt Normalerweise ist so etwas ein Ding der Unmöglichkeit: Zu groß ist die Gefahr, dass Kugeln ihr Ziel verfehlen oder wieder aus den Tieren austreten. Doch nun, da die Wildschweine offenbar in Rotten bis in die Innenstadt spazieren, muss der Bestand minimiert werden. Die Jäger betonen schon vorab, es gehe nicht darum, die Tiere auszurotten sondern darum, sie zu erschrecken und zu vertreiben. Was tun? Doch was machen, wenn man auf die 80 bis 100 Kilogramm schweren Tiere trifft? Ruhe bewahren, so der wichtigste (wenn auch nur schwer umsetzbare) Tipp der Jäger. Wegrennen mache keinen Sinn - lieber vorsichtig zurückgehen und nie versuchen, die Wildschweine in die Enge zu treiben. Hunde müssen an die Leine! Laufen sie frei herum, kann das die Schwarzkittel aggressiv machen. Da diese schlecht sehen können, treten sie ihre Flucht vor den Menschen manchmal genau in deren Richtung an. Dagegen hilft lautes Händeklatschen. Die Tiere wissen dann, wo die Gefahr ist. Die Stadt appelliert an Hausbesitzer, ihre Grundstücke einzäunen, die Kompostanlagen zu verschließen und Haustiere im Haus zu füttern. Der aktuelle Stand: Zuletzt aktualisiert: 21. Januar 2014, 10:47 Uhr Stadtgebiet ist ausgenommen: Wildschweinjagd bei Bitterfeld beginnt Die Stadt Bitterfeld kämpft zurzeit mit einer Wildschweinplage. 300 bis 400 Tiere sollen am Stadtrand, im Goitzschewald, leben. Und die Tiere fühlen sich dort sauwohl, sie übernachten auch mal in der Stadt oder suchen in Wohngebieten nach Futter. In dieser Woche hat die Stadt reagiert. Jägern wurde erlaubt, ab heute einige der Wildschweine abzuschießen. Allerdings, anders als einige Zeitungen schrieben, NICHT im Stadtgebiet. Und es werde auch keine Ausgangssperre geben. Unser Reporter berichtet. von André Seifert Stefan Krause ist Zahnarzt und in seiner Freizeit Jäger. Spätestens am Mittwoch wird er wohl zum Gewehr greifen und am südlichen Stadtrand im Bereich Bitterfelder Berg und Stadtwald auf Wildschweinjagd gehen, erzählt er. Dort, wo sich zurzeit immer wieder Wildschweine in die Stadt verirren. "Erfahrungsgemäß gibt es dabei einen gewissen Vergrämungseffekt. Dass die Wildschweine dann, auf Deutsch gesagt merken, dass dieser Weg doch ein bisschen gefährlich ist und sie sich diesen Weg in die Stadt dann doch mal sparen." Auch Stefan Krause, auch Sprecher der Kreisjägerschaft, ist etwas aufgeregt. Spezialhochstände werden aufgestellt Denn einige Medien haben aus der Bitterfelder Wildschweinjagd ein ganz großes Thema gemacht, schrieben von einer Jagd in der Stadt und von einer Ausgangssperre für die Einwohner. Das alles ist falsch, so Krause. "Also, zum einen wird es niemals eine Schussabgabe in Richtung des besiedelten Bereichs geben. Man schießt quasi mit dem Rücken zum Haus und schießt hinüber ins Grüne. Dabei sitzen wir in der Regel auf Hochständen. Die werden dann speziell für diese Schwerpunktbejagung aufgestellt. Der Hochsitz hat den Haupteffekt, dass die Kugel nicht flach übers Land fliegt, sondern eben in den gewachsenen Erdboden einschlägt, wenn sie eben mal nicht das Wildschwein trifft. Das ist eine ganz sichere Geschichte." Wildschweine als Schülerschreck Bis zu 100 Tiere sollen geschossen werden, um der Wildschweinplage Herr zu werden. Eine Plage, die in Bitterfeld in den vergangenen Wochen für viel Unsicherheit sorgte. So sei es zu Verkehrsunfällen mit Wildschweinen gekommen, sagt Veit Böttcher, der Ordnungsamtsleiter der Stadt. Und auch vor dem Europagymnasium wurden Tiere gesehen. "Der Schulleiter hat in der letzten Woche berichtet, dass Wildschweine direkt vor seinem Gymnasium, vor der Turnhalle, die Schüler erschrecken. Und das nicht nur in den frühen Morgen- und Abendstunden, sondern auch gegen 12 Uhr in der Mittagszeit." Bejagte Straßen sind ausgewiesen Wenn heute die Wildschweinjagd am Bitterfelder Stadtrand beginnt, sollten die Einwohner dennoch einiges beachten, bittet Veit Böttcher. So sollten Hunde z.B. immer an die Leine. Und Spaziergänger sollten das Jagdgebiet meiden. "Es ist so, dass man unbefestigte Straßen nicht verlassen möge. Insbesondere sind die Straßen auch gekennzeichnet. Das sind alles Zufahrtsstraßen zum Bitterfelder Berg. Das ist das mögliche Jagdgebiet, von dem wir reden. In etwa drei bis vier Wochen, so schätzt Veit Böttcher, werde die Jagd dann beendet sein. Zuletzt aktualisiert: 21. Januar 2014, 10:40 Uhr