∆ερ Τροϕανισχηε Κριεγ − ωιε ερ ωιρκλιχη ωαρ. (Der Trojanische Krieg – wie er wirklich war) ( Ein Diavortrag) Ich darf sie recht herzlich begrüßen, wertes Auditorium. Mein Name ist Schliemann Heinrich; ich wurde gebeten im Rahmen dieser Veranstaltung einen Vortrag zu halten, um ihnen den Zugang zur griechischen Mythologie im Zusammenhang mit den Ereignissen um die Stadt Troja zu erleichtern. Troja lag im Nordosten des Ägäischen Meeres unmittelbar am Eingang zur Meeresenge der Dardanellen die über das Marmarameer und den Bosporus zum Schwarzen Meer führt. Mein Kollege Dörpfeld und ich wurden nach langem Rätselraten bei Grabungen im Hügel Hissarlik über der Ebene der Troje – die wohl nicht umsonst so heißt – fündig. Wir fanden eine Stadt, die in ihrer Blütezeit mit Festung und Unterstadt etwa 100 Tsd m² Fläche umfasste und etwa 6300 Menschen Lebensraum bot. Für die damaligen Verhältnisse also eine Großstadt, die allerhöchstens noch von der Metropole Babylon übertroffen worden sein könnte. Poseidon, der Meeresgott und Apoll "der Reine", wie er auch genannt wurde, seines Zeichens Gott der Schifffahrt, sowie Gott von Ordnung und Einsicht sollen die Stadt erbaut haben. Wer sonst hätte an solch exponierter Stelle Bauland bekommen. Die Siedlungsschicht, die Schauplatz des Trojanischen Krieges gewesen sein muß, ist +auf etwa 1240 v. Chr. zu datieren. Zu dieser Zeit herrschte König Priamos und seine Gemahlin Hekuba dort. (Letztere herrschte weniger). Aus dieser Ehe gingen viele Kinder hervor, drei davon sollten das Schicksal der Stadt noch bestimmen: Hektor, von Beruf Held, später Gegenspieler von Achill (der mit der anfälligen Verse) und Gatte der Andromache. Kassandra, die von Apollo mit Sehergabe ausgestattet wurde; ihr Schicksal war nur, daß ihr keiner glaubte. Zu guter Letzt auch Paris, der Unglück über die Stadt brachte. Deshalb empfahl ein Orakel, ihn als Säugling zu töten, was damals nicht so ungewöhnlich gewesen wäre, nur die Mutterliebe war stärker; er wurde nur ausgesetzt und kehrte als Hirte wieder in den elterlichen Palast zurück Wie konnte es nun unter diesen harmlosen Umständen zur Tragödie kommen? Peleus, König von Thessalien (die Gegend ist heute noch als Thessaloniki bekannt) heiratete die Halbgöttin Thetis. Alle Götter waren eingeladen, nur Schwiegermutter Eris, die Zwietrachtsgöttin hatte man absichtlich vergessen. Sie kam trotzdem – ohne Geschenk, dafür mit einem goldenen Apfel den sie "der Schönsten" widmete. Sofort kamen sich 3 in die Haare, wer denn nun die schönste sei. Der Streit eskalierte, bis man eine Art "olympisches Komitee" als Schiedsrichter holte. Das war Paris, der unselige Hirte und Königssohn. Sofort begann man, wie es der Brauch war, © Gerhard Prantl 1999 für das Oberlandler Volkstheater Penzberg mit der Bestechung: Göttermutter Hera versprach ihm ein Königtum über Asien und halb Europa, Athene, die Haus- und Schlangengottheit versprach ihm Weisheit und Griechenland dazu, Aphrodite – Göttin der Liebe hatte da was ganz anderes zu bieten, sie versprach ihm die schönste Frau der Welt: Helena. (Helena hatte allerdings einen Gehfehler, sie ging bereits mit Menelaos dem Spartanerkönig.) Paris' Entscheidung war eindeutig, Hera und Athene zogen sich beleidigt zurück. Wie immer, wenn sich ein Mann zwischen mehreren Frauen zu entscheiden hat, nahm das Unglück seinen Lauf. Paris' Tante war nach Salamis verschleppt worden, er brach auf um sie zu befreien, als er aber bei Menelaos und Helena vorbei kam und der ihm auch noch Gastfreundschaft anbot, war Paris' Tante vergessen. Menelaos ging nichtsahnend auf Staatsbesuch nach Kreta und hatte vergessen den Keuschheitsgürtel abzuschließen. Paris machte daraufhin Nägel mit Köpfen: Er zerstörte den Palast, packte den Staatsschatz ein und fuhr mit Helena auf und davon. Als der gehörnte Menelaos zurückkehrt, steigt er sofort wieder auf sein Schiff und mobilisiert halb Griechenland: Sein Bruder Agamemnon kommt aus Mykene, Odysseus aus Ithaka und auch Rambo Achill (übrigens Sohn der Hochzeiter von vorhin) treten an um die Schmach zu rächen. Die Götter unterdessen waren nicht weniger zerstritten, stellten sich je auf die verschiedenen Seiten der Kriegsparteien und kämpften je nach Laune und Beleidigtheitgrad mal auf der einen mal auf der anderen Seite mit. Mal ein Ausfall der Trojaner, mal ein Vormarsch der Griechen, Waffenstillstand, Zweikämpfe der Helden, Gemetzel, Rachepläne, Massaker, Verhandlungen, Einlenken, gebrochene Verträge auf beiden Seiten, eben Krieg Als nach 10 Jahren die Festung Troja immer noch steht, hat Odysseus eine List: Er läßt ein Pferd bauen – etwa wie dieses hier. Das Pferd hat etwa 4 Meter Schulterhöhe, an den Beinen befinden sich Rollen. Im Leib des Pferdes schafft man einen Hohlraum für etwa 10 Helden, anschließend brennen sie ihr Lager ab und segeln zum Schein ab. Einer bleibt – verzweifelt dreinblickend – beim Pferd. Als die naiven Trojaner ihn nach dem Sinn des Schauspiels fragen, erzählt der eine herzzerreißende Geschichte vom Pferd, das der Athene geweiht sei, welche auf der Seite der Trojaner ist, und von ihm, der er geopfert werden sollte. Der Rest ist ja bekannt: Troja nimmt das Pferd mit und feiert, die Helden kommen aus dem Pferd, öffnen die Stadttore, die zurückgekehrten Griechen metzeln die Männer hin, die Frauen werden geschändet und versklavt. Die Griechen fahren ab, die Götter sind jetzt doch etwas sauer und lassen die Griechen untergehen. Odysseus überlebt und fährt 10 Jahre in die Irre, weil er sich in der Ägäis üüüberhaupt nicht auskennt. © Gerhard Prantl 1999 für das Oberlandler Volkstheater Penzberg Es war alles ganz anders: Die schöne Helena war nicht Opfer, sondern Symptom. Wenn sie überhaupt als Begründung taugt, dann flüchtete sie sehr freiwillig mit Paris, da es ihr wohl bei den reichen Trojern besser ging als bei den kriegerischen Spartanern. Zu der Zeit als Troja fiel, schickten sich die achäischen Völker gerade an ihre Macht im ägäischen Raum zu festigen und auszuweiten. Sparta, Mykene und Athen als große Seemächte und Handelsmächte war Troja ein Dorn im Auge, aus folgendem Grund: Troja sitzt wie eingangs gesagt direkt an der Meeresenge der Dardanellen und nicht nur das: Vor Troja gibt es eine sehr starke Strömung und sehr oft widrige Ostwinde. Alle Handelsschiffe mußten entweder im Hafen Trojas auf besseren Wind warten, oder ihre Ware auf dem Landweg, östlich an Troja vorbei, zum Marmarameer bringen. Troja lebte sicher gut davon. Bei der Rache des Menelaos ging es nicht um die Ehre, sondern um Handelsinteressen. Troja wußte um seine Neider, die Festung war nicht umsonst uneinnehmbar gebaut: Die Mauern 5 Meter stark und 4 Meter hoch, soweit nicht eh am Steilhang mit einem 5 Meter breiten Graben umgeben, im Süden ein imposantes Bauwerk als Haupteingang. Uneinnehmbar bis das Pferd kam...der geniale Odysseus... Nein! Nicht genial; er brauchte nur zu warten: Poseidon ist der Gott des Meeres, aber auch der Gott der bewegten Erde. Poseidon wurde als Pferd verehrt...sein wohl berühmtester Sohn ist Pegasus – das Flügelpferd. In der Siedlungsschicht 7a, das das Homer'sche Troja repräsentiert, hat man klare Anzeichen eines Erdbebens gefunden – gar nicht so ungewöhnlich für diesen Bereich der Erdkruste. Nun waren Teile der Mauern eingestürzt, nach wiederholter Belagerung; das Verbrechen hatte sich gelohnt. Nun wurde massakriert, geraubt, vergewaltigt, versklavt. Als Entschuldigung fielen ihnen nur noch die Götter ein Da sehen wir auf die Greultaten unserer Hände und begreifen nicht mehr, wie das geschehen konnte. Sicher waren es die Götter – die können sich zumindest nicht dagegen wehren. © Gerhard Prantl 1999 für das Oberlandler Volkstheater Penzberg