Technik Geothermie - GeoThermal Engineering GmbH

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Technik Geothermie
Herrenknecht AG
Herrenknecht Slant Directional Drilling Rig (SDD) HK150CS.
Dieses im Bohrwinkel verstellbare Bohrgerät eignet sich
besonders für die Herstellung von schlanken Bohrungen
in Anstellwinkeln von 8 bis 90 Grad, beispielsweise für
die Erschließung von geothermischen Wärmequellen.
2
04-2016
Die Rolle der Tiefen Geothermie im
deutschen Wärmemarkt: Technologie,
Rahmenbedingungen, Status und Zukunft
Der Markt der Tiefen Geothermie in Deutschland war vor Einführung der Einspeisevergütung für geothermisch erzeugte Energie im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
im Jahr 2000 von Wärmeprojekten geprägt. Nach der Novellierung des Gesetzes und
mit dem politischen Fokus, mehr Erneuerbare Energien in die Stromerzeugung zu
integrieren, stellen die geothermischen Strom- und Kraft-Wärme-Kopplungs-Projekte die Treiber der Entwicklung auf dem Geothermiemarkt dar. Die Herausforderungen
der geothermischen Stromproduktion – insbesondere das Fündigkeitsrisiko hoher
Temperaturen und Förderraten – und die aktuelle klima- und gesellschaftspolitische
Fragestellung zur regenerativen Gestaltung der Wärme- und Kälteerzeugung rücken
die geothermische Wärmeerzeugung aktuell wieder in den Vordergrund.
Der Wärmesektor trägt heute den größten Teil zum Endenergieverbrauch in Deutschland bei (Abb. 1). Neben weiteren zukunftsfähigen Optionen wie „Power to heat“ aus regenerativem Strom,
der Nutzung von industrieller Abwärme oder solarthermischer
Energie steht die Erdwärme als grundlastfähige und nachhaltige Wärmequelle bereits kurzfristig dafür zur Verfügung.
wärmesonde wird die Entzugsleistung durch eine höhere Fließgeschwindigkeit des Wärmeträgermediums in der Sonde
maximiert. Um einer dadurch zu erwartenden Temperaturabnahme entgegenzuwirken, wird bei halbgeschlossenen Systemen periodisch über mehrere Tage Wasser mit geringer Fließrate (ca. 1-3 l/s) an die Erdoberfläche gefördert. So ist eine
Steigerung der nutzbaren Energiemenge um 30-50 % im Vergleich zum geschlossenen System zu erwarten [4].
Anders als Erdwärmesondensysteme müssen offene geothermische Systeme auf die regionalen geologischen Verhältnisse
zugeschnitten werden. Sie bieten aber die Möglichkeit, eine
höhere thermische Leistung zur Verfügung zu stellen.
Technologie
Das Potenzial der tiefengeothermischen Wärmenutzung in
Deutschland ist beträchtlich [1, 2]. Aufgrund günstiger geologisch-geothermischer Verhältnisse werden für Deutschland im
Wesentlichen drei große geothermische Provinzen a­ usgewiesen:
• der Oberrheingraben,
• das Süddeutsche Molassebecken und
• das Norddeutsche Becken.
Strom
21%
Schoenmakers [14], nach AGEB [15]
Obwohl die theoretisch verfügbare Wärmemenge in diesen
Gebieten sehr groß ist, bestimmt diese nicht die energiepolitische Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr die praktisch umsetzbare Gewinnung, welche von vielen geologischen, technischen,
wirtschaftlichen, raumplanerischen, ökologischen, gesellschaftlichen sowie klima- und energiepolitischen Faktoren abhängt.
Übliche Nutzungskonzepte umfassen sowohl offene Systeme
(hydrothermale, störungsbedingte und petrothermale Systeme)
als auch geschlossene und halbgeschlossene Systeme in Form
von Tiefen Erdwärmesonden. Die Erschließungstechnologien
müssen den jeweiligen Standortbedingungen angepasst werden.
Geschlossene bzw. halbgeschlossene Erdwärmesondensysteme sind fast überall nutzbar und ihre Anpassung an die Geologie weniger entscheidend. Da die Wärme bei einer geschlossenen Sonde nur über die kleine Fläche der Außenwand der
Verrohrung übertragen wird, ist die Energieausbeute eines solchen Systems begrenzt [3]. Bei einer halbgeschlossenen Erd-
Wärme
50 %
Verkehr
29 %
Abb. 1 – Struktur des Energieverbrauchs in Deutschland 2012
04-2016
3
Technik Geothermie
Hydrothermale bzw. störungsbedingte Systeme nutzen das
natürlich im Untergrund vorhandene Wasser als Wärmeträgermedium. Dabei wird Wasser über eine oder mehrere Produktionsbohrungen aus dem Untergrund gefördert und, nachdem ein
Teil der darin gespeicherten Wärme entzogen wurde, über mindestens eine weitere Bohrung in den Untergrund reinjiziert. Dort
wird das Wasser bei der Zirkulation durch das heiße Gestein
wieder aufgeheizt. Ist die hydraulische Durchlässigkeit im Reservoir zu gering, können entweder Stimulationsmaßnahmen oder
eine Verlängerung der Bohrstrecke im Reservoir in Betracht gezogen werden. Dies kann z. B. über eine Horizontalbohrstrecke
innerhalb des Reservoirs geschehen, wodurch zusätzlich durchlässige Klüfte angeschlossen und so die mögliche Fördermenge
entscheidend erhöht werden kann.
Im Vergleich dazu nutzen petrothermale Projekte als Wärmequelle in der Regel das tiefe, kristalline Grundgebirge, welches
natürlicherweise eine geringe bis sehr geringe hydraulische
Durchlässigkeit besitzt. Sie verwenden dabei künstlich eingeführte Wärmeträgermedien (üblicherweise Wasser), um die im
Gestein gespeicherte Wärme zu gewinnen. Das theoretische
Konzept besteht aus der künstlichen Schaffung eines drei­
dimensionalen, verästelten Rissnetzes, über das die Wärme
eines volumetrischen Untergrundbereichs entzogen werden
kann. So können offene petrothermale Systeme erzeugt, aber
auch hydrothermale Systeme optimiert werden – In diesem Fall
spricht man von Enhanced Geothermal Systems (EGS).
Je höher die Temperatur in einem geothermischen Reservoir
ist, desto mehr thermische Leistung steht, unabhängig vom
jeweiligen Erschließungskonzept, potenziell zur Verfügung und
desto mehr Anwendungsmöglichkeiten (direkte Wärmenutzung,
Stromerzeugung, Kraft-Wärme-Kopplung) gibt es. Während für
die wirtschaftliche geothermische Stromerzeugung Thermalwassertemperaturen oberhalb von ca. 120 °C nötig sind, kön-
Temperatur
20 °C
40 °C
60 °C
nen für geothermische Wärmeprojekte bereits Temperaturen ab
ca. 50 °C sinnvoll genutzt werden. Ideal sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht ist dabei eine Kaskadennutzung zur Abnahme von Wärme unterschiedlicher Temperaturniveaus, für die verschiedenste potenzielle Wärmeabnehmer
in Frage kommen (Abb. 2). Eine Kaskadennutzung bedeutet,
dass die Rücklauftemperatur eines Hochtemperaturabnehmers
als Vorlauf eines Niedertemperaturabnehmers verwendet wird
und somit eine optimale Nutzung der verfügbaren Wärmemenge
sichergestellt ist.
In Deutschland existieren aktuell
33 tiefengeothermische Anlagen mit einer
installierten Leistung von 281 MWth.
Geothermische Wärmequellen können sowohl in ein existierendes als auch ein neues Fern- bzw. Nahwärmenetz eingebunden
werden. Dabei eignen sich insbesondere Wärmenetze mit einer
möglichst niedrigen Vorlauftemperatur (z. B. 60 °C bei sogenannten „Low-Ex-Netzen“). Während bei Fördertemperaturen
oberhalb von ca. 90 °C auch die Einbindung in bestehende Hochtemperaturwärmenetze möglich ist, ist bei geringeren Fördertemperaturen dafür eine Temperaturanhebung auf die notwendige Netzvorlauftemperatur nötig. Diese Anhebung kann
entweder über Wärmepumpen oder über eine Zuheizung aus
anderen, möglichst regenerativen Energiequellen realisiert werden. Die Wärmepumpen bieten den Vorteil, dass sie das Thermalwasser weiter auskühlen und somit die Ausnutzung des
(erneuerbaren) geothermischen Potenzials verbessern.
80 °C
100 °C
120 °C
140 °C
Zementtrocknung
Gewinnung / Verarbeitung von Steinen und Erden
Chemische Industrie
Hochtemperaturfernwärme
Kühlung über Kältemaschinen
Papierherstellung
Frucht- und Gemüsetrocknung
Maschinenbau
Nahrungsmittelproduktion
Niedrigtemperaturfernwärme
Holztrocknung
Textilindustrie
Vorwärmen von Kesselwasser
Gebäudeheizung
Bäderbetrieb
GeoThermal Engineering GmbH
Gewächshausheizung
Biomassetrocknung
Aquakultur
Kalte Fernwärme
Eisschmelze
Abb. 2 – Wärmeabnehmer unterschiedlicher Temperaturniveaus
4
04-2016
160 °C
Geothermisches Informationssystem www.geotis.de [7, 8]
In der Regel ist ein Fernwärmeausbau ein gleitender Prozess. Prinzipiell besteht das Ziel darin, so
viele Kunden wie möglich anzuschließen, um die
Abhängigkeit von einzelnen Abnehmern zu minimieren. Ideal sind dabei Gewerbekunden mit möglichst konstanter Wärmenachfrage über das ganze
Jahr, welche ab einer gewissen Größe meist auch
einen Netzneubau rechtfertigen. Wichtig für den
Projekterfolg ist eine gründliche Wärmesenken-Analyse, bei der definiert wird, wie die erwartete geothermische Wärmequelle zum lokalen Bedarf passt.
Aufgrund der im Vergleich zu geothermalen Stromprojekten geringeren Temperaturanforderungen
sind für die geothermische Wärmeversorgung
bereits Reservoire ab etwa 1.000 m Bohrtiefe nutzbar. Zudem orientieren sich die Anforderungen an
die Produktionsraten an der Wärmeabnehmerstruktur und sind oftmals geringer als bei Stromprojekten. Bei einer relativ geringen benötigten Wärmemenge liegt der Schwerpunkt eher auf schlanken,
schnell und verhältnismäßig günstig herstellbaren
Bohrungen von maximal ca. 2.000 m Tiefe. Insgesamt liegen bei Wärmeprojekten somit häufig
sowohl ein geringeres Fündigkeitsrisiko als auch
ein geringeres technisches Risiko bei niedrigeren
Bohrkosten vor.
Rahmenbedingungen
Im Gegensatz zu Stromprojekten, welche über das
0
140
280
420
560 Km
EEG mit einer garantierten Einspeisevergütung gefördert werden, stehen geothermische Wärmeprojekte
Standorte
immer in Konkurrenz zum Wärmepreis anderer, auch
I CO2
U Standort mit Nebennutzung
fossiler Erzeugungstechnologien. In An­­betracht der
I ungenutzt
I Stromerzeugung
O Standort ohne Nebennutzung
aktuell sinkenden Öl- und Gaspreise steht die GeoI Thermalbad / Balneologie
I Fernwärme
I Forschung
thermie somit unter einem starken WettbewerbsI Trink-/Brauchwasser
I Aquiferspeicher
druck.
I sonstige
I Gebäudeheizung
Prinzipiell können reine Wärmeprojekte am Wärmemarkt einen rentablen Preis in Konkurrenz zu
Abb. 3 – Aktuelle Strom- und Wärmeprojekte in Deutschland, Stand: Februar 2016
fossilen Brennstoffen erzielen, wenn die Wirtschaftlichkeitserwartungen und Finanzierungen langfristig ausgelegt sind. Die möglichst optimale und ganzscheidend voranbringen. In England wurde beispielsweise ein
jährige Nutzung der verfügbaren Temperaturkaskade stellt dabei
Einspeisebonus für erneuerbare Wärme inklusive Tiefer Geotherhäufig den Schlüssel für die Wirtschaftlichkeit eines Geothermie eingeführt. Dies führt dazu, dass in England, wo Wärmenetze
mieprojekts dar. Da es sich jedoch um eine grenzwertige Wirtschaftlichkeit handelt, wird der staatlichen Förderung eine
bislang unüblich sind, aktuell der Ausbau entsprechender Infrastrukturen vorbereitet wird (z. B. in Manchester). Dabei spielt die
große Bedeutung für die Umsetzung von Tiefen Geothermievorhaben zur Wärmeversorgung zugemessen.
Geothermie wegen der Möglichkeit, eine hohe thermische Leistung bereitzustellen, die ausschlaggebende Rolle. Auch das BeiDie Bundesregierung fördert reine Wärmeprojekte über das
spiel Dänemark mit der dort festgelegten hohen Besteuerung
Marktanreizprogramm (MAP) des Bundesumweltministeriums
fossiler Brennstoffe zeigt, dass Instrumente wie eine CO2-Steuer
(BMUB). Dabei besteht die Förderung aus der Bereitstellung von
sehr gut geeignet sind, um mehr erneuerbare und damit auch
zinsgünstigen Darlehen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie die Gewährung von Tilgungszuschüssen für be­­
geothermische Wärmeversorgung auf den Markt zu bringen.
stimmte Projektkosten.
Status
Über die MAP-Förderung in der Investitionsphase hinaus würAktuell existieren in Deutschland 33 tiefengeothermische Anladen die Förderung der Betriebsphase über die gesetzliche Festlegung eines Einspeisevorrangs oder einer Einspeisequote für
gen (Tiefe Erdwärmesonden, Heizwerke und Heizkraftwerke) mit
erneuerbare Wärme und/oder eine garantierte Einspeisevergüinsgesamt 281 MWth installierter Leistung [5]. Hinzu kommen zahltung für erneuerbare Wärme einen entscheidenden Anreiz für
reiche Projekte, die geothermische Wärme z. B. für balneologische Zwecke, Thermalbäder oder die Gebäudeheizung verwengeothermische Wärmeprojekte liefern.
den (Abb. 3). Dabei lag die Wärmebereitstellung aus Geothermie
Der Aufbau von Wärmenetzen und der Anschluss von Kunden
und Umweltwärme über hydrothermale Projekte und Wärmepumist ein langwieriger und kostspieliger Prozess – Entsprechende
pen 2013/2014 nach einer Studie des BEE [6] bei 34 PJ/a.
Anreize zum Wärmenetzausbau können diese Entwicklung ent04-2016
5
Technik Geothermie
Statistische Zahlen des Geothermischen Informationssystems
[7, 8] zeigen, dass die Entwicklung der installierten thermischen
Leistung geothermischer Anlagen stetig steigend ist (Abb. 4).
Ein Großteil der installierten Leistung entfällt hierbei auf das
Süddeutsche Molassebecken. Der größte Zubau in den letzten
Jahren war im Bereich der Fernwärmeversorgung, also der geothermischen Speisung von Nah- und Fernwärmenetzen, zu verzeichnen.
Zukunft
Langfristig werden der Klimawandel und die damit zusammenhängenden politischen Initiativen zur CO2-Reduzierung die Nutzung der Stein- und Braunkohle zurückdrängen, welche aktuell
noch viele kommunale und private Wärmenetze mit KWK-Wärme
versorgen. Nach aktuellem Stand der Technik haben vor allem
hydrothermale bzw. störungsbedingte Systeme das Potenzial,
perspektivisch über geothermische Wärmeerzeugung einen großen Teil der frei werdenden Kapazitäten zu ersetzen [9]. Dafür
müssen jedoch die für die vorliegende oder zu entwickelnde
Wärmeabnehmerstruktur passenden geologischen bzw. geo-
Stadtwerke München (SWM) in den nächsten Jahrzehnten in erster Linie auf die weitere Erschließung der Geothermie [11]. Eine
in Bayern eingeführte Förderung des Wärmenetzausbaus für Geothermieprojekte wirkt unterstützend auf diese Entwicklung – So
sind in Gesamtbayern bereits rund 30 Geothermieprojekte in
Betrieb oder im Bau [5]. Im Großraum München wurden bisher
15 Geothermieprojekte mit insgesamt 34 Tiefenbohrungen erfolgreich umgesetzt [12].
Dem Beispiel München könnten Städte wie Straßburg/Kehl,
Mannheim, Ludwigshafen, Karlsruhe und Heidelberg leicht folgen: An diesen Standorten könnte aufgrund der günstigen geologischen Situation zusammen mit den bereits vorhandenen
Wärmenetzen, die bislang mit fossilen Brennstoffen gespeist
werden, ein großer Anteil des Wärmebedarfs über geothermische Wärme abgedeckt werden. Auch weitere Gebiete wie die
Großräume Berlin und Hamburg sowie der nördliche Oberrheingraben weisen ähnliche gute Vorrausetzungen für eine geothermische Wärmeversorgung auf.
Für eine beschleunigte Marktentwicklung im Bereich der Tiefen Geothermie ist in Zukunft insbesondere ein klares politisches
Aufgrund einer günstigen geologischen Situation könnten zahlreiche Großstädte
wie z. B. Mannheim, Karlsruhe oder Heidelberg einen Großteil ihres Wärmebedarfs
über geothermische Wärme abdecken.
6
MWth
Geothermisches Informationssystem www.geotis.de [7, 8]
thermischen Rahmenbedingungen am jeweiligen Standort vorSignal nötig, dass die Geothermie gewollt ist. Dies könnte beihanden sein.
spielsweise durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen
Für Gebiete in Deutschland kann dort ein hydrothermales
und der Planungssicherheit für Kommunen und Investoren erreicht
Potenzial ausgewiesen werden, wo Aquifere mit hohen Zuflusswerden. Dazu können zum einen bundespolitische Entscheidungen gehören wie z. B. die Vereinfachung von Genehmigungs­
raten in relevanten Teufen- bzw. Temperaturbereichen potenziell auftreten. In Abbildung 5 sind entsprechende Gebiete zusamverfahren, die Ausnahme von hydrothermalen Geothermieprojekten vom „Anti-Fracking-Gesetz“ oder der UVP-Pflicht. So ruft
mengestellt. Die dabei angelegten Kriterien für einen geeigneten
die allgemeine UVP-Vorprüfung für Bohrungen mit einer Teufe
Aquifer sind eine Mächtigkeit von mindestens 20 m, eine Porosität von > 20 % und einer Permeabilität von > 500 mD [10]. Die
über 1.000 m ein Verbandsklagerecht hervor. Verbandsklagen
Potenzialeinschätzung beruht auf einer Verschneidung des Temkönnen zu deutlichen Projektverzögerungen von zwei bis drei
peraturmodells für Deutschland [7]
mit der Lage des jeweils tiefsten auftretenden potenziellen Aquifers. Die
Punkte symbolisieren vorhandene
300
Fernwärmenetze als wichtige potenzielle Wärmeabnehmer für Tiefe Geo250
thermieprojekte. Ein hohes hydrothermales Potenzial zusammen mit
bereits vorhandenen Wärmenetzen
200
oder einer hohen potenziellen Wärmeabnehmerdichte ergeben zusam150
men Vorzugsgebiete, für die bereits
innerhalb weniger Jahre eine wirtschaftliche Wärmeversorgung über
100
Geothermie bereitgestellt werden
könnte.
50
Das Beispiel München zeigt, wie
diese Strategie umgesetzt werden
kann: Langfristig (bis 2040) soll die
0
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
bayerische Metropole die erste deutsche Großstadt werden, die ihre FernFernwärme
Thermalbad/Balneologie
Gebäudeheizung
sonstige
wärme zu 100 % aus Erneuerbaren
Abb. 4 – Statistische Entwicklung der installierten Wärmeleistung in Deutschland bis 2014
Energien gewinnt. Dazu setzen die
GeoThermal Engineering GmbH, nach Schulz et al. [10] und AGFW [16]
Erreichbare Temperatur [°C]
40 - 60
60 - 100
100 - 130
130 - 160
160 - 190
vermutet
Abb. 5 – Deutschlandkarte der Gebiete mit hydrothermalem Potenzial
unter Angabe der erreichbaren Temperatur und den vorhandenen Fernwärmenetzen
Jahren und in der Folge zu Mehrkosten in Millionenhöhe führen,
was sich aufgrund dieser Unsicherheit hemmend auf die Investitionsbereitschaft auswirken kann [13].
Die Rahmenbedingungen bzgl. Investitionskosten, Fündigkeitsrisiko und Abnehmerstruktur führen dazu, dass die Bedeutung der Tiefen Geothermie in Deutschland in Zukunft voraussichtlich statt in der Stromerzeugung mehr im Wärme- und
Kältemarkt liegen wird. Um die Bedeutung der Tiefen Geothermie in Deutschland zu vergrößern und ihr erhebliches Potenzial
für den Wärmemarkt ausschöpfen zu können, müssen sowohl
die Erschließungstechnologien für diesen Markt weiterentwickelt und effizienter werden als auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entsprechend strukturiert werden.
Danksagung
Einige Inhalte dieses Artikels entstammen den Arbeiten zu einer
im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) durchgeführten ­Studie
mit dem Titel „Kommunaler Klimaschutz durch Verbesserung
der Effizienz in der Fernwärmeversorgung mittels Nutzung von
Niedertemperaturwärme am Beispiel tiefengeothermischer Ressourcen“ unter Beteiligung der GeoThermal Engineering GmbH,
der Hamburg Institut Consulting GmbH und dem Solites Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme (FKZ 3715411120, Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit).
Literatur
[1] Kayser M, Kaltschmitt M (1998) Potentiale hydrothermaler
Erdwärme in Deutschland. Institut für Energiewirtschaft und Rationelle
Energieanwendungen, Universität Stuttgart.
[2] Paschen H, Oertel D, Grünwald R (2003) Möglichkeiten geothermischer Stromerzeugung in Deutschland. Büro für TechnikfolgenAbschätzung beim Deutschen Bundestag, Arbeitsbericht 84.
[3] Kruk C, Lo R, Eltrop L, Walker-Hertkorn S, Orywall P, Kölbel T (2009)
Nutzung der Tiefengeothermie in Stuttgart – Durchführung von
Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Schlussbericht, Zentrum für
Energieforschung Stuttgart, 85 S.
[4] Law R (2015) Geon - Low carbon, low risk heat. Firmenprospekt
Geothermal Engineering Ltd, ARUP, Vereinigtes Königreich.
[5] BVG – Bundesverband Geothermie (2016) Tiefe Geothermieprojekte in Deutschland. Projektliste des Bundesverbands für Geothermie.
http://www.geothermie.de/fileadmin/useruploads/wissenswelt/
Projekte/Projektliste_Tiefe_Geothermie_2015.pdf. Stand Oktober
2015; aufgerufen am 10.2.2016.
[6] BEE (2014) GROKO-II – Szenarien der deutschen Energieversorgung
auf der Basis des EEG-Gesetzentwurfs - insbesondere Auswirkungen
auf den Wärmesektor. Kurzexpertise für den Bundesverband
Erneuerbare Energie e.V., 63 S.
[7] Agemar T, Alten J, Ganz B, Kuder J, Kühne K, Schumacher S, Schulz
R (2014a) The Geothermal Information System for Germany - GeotIS
– ZDGG Band 165, 2, 129-144.
[8] Agemar T, Weber J, Schulz R (2014b) Deep Geothermal Energy
Production in Germany. Energies 7, 7.
[9] Greller M, Bieberbach F (2015) Entwurf eines technischen und
ökologischen Strukturwandels in der Fernwärmeversorgung.
Energiewirtschaftliche Tagesfragen 65/8, 14-17.
[10] Schulz R, Suchi E, Öhlschläger D, Dittmann J, Knopf S, Müller C
(2013) Geothermie-Atlas zur Darstellung möglicher Nutzungskonkurrenzen zwischen CCS und Tiefer Geothermie – Endbericht. LeibnizInstitut für Angewandte Geophysik, Hannover.
[11] SWM (2015) Stadtwerke München: Gestalter der Wärmewende
– Fernwärme – 100 Prozent erneuerbar. Informationsbroschüre über
www.swm.de.
[12] http://geoportal.bayern.de/energieatlas-karten/. Thema
„Geothermie – Tiefe Geothermie“; aufgerufen am 1.3.2016.
[13] Stahl L (2016) Umweltverträglichkeitsprüfung von Geothermieprojekten – Contra. Geothermische Energie 83, 2016/1, 8-9.
[14] Schoenmakers J (2014) Die Energiewende - Ziele, Bereiche und
Ist-Stand. Workshop „Welche Energiewende wollen wir?“ GESW e.V.,
FES-Ehemalige e.V., 25.4.2014.
[15] AGEB - Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V. (2013):
Energiebilanz der Bundesrepublik Deutschland 2012.
[16] AGFW - Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und
KWK e.V. (2013): AGFW-Hauptbericht 2012. Frankfurt a. M.
Autoren
Dr. Horst Kreuter
Christina Baisch
Dr. Dorothea Reyer
GeoThermal Engineering GmbH
Baischstr. 8
76133 Karlsruhe
Tel.: 0721 5704468-0
Fax: 0721-5704468-9
[email protected]
www.geo-t.de
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