magazin - Harmonia Mundi

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René
Jacobs
IX/2007
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W. A. MOZART (1756-1791)
Don Giovanni (Dramma giocoso in zwei Akten) KV 527
Johannes Weisser (Don Giovanni) – Lorenzo Regazzo
(Leporello) – Kenneth Tarver (Don Ottavio) –
Olga Pasichnyk (Donna Anna) – Alexandrina Pendatchanska
(Donna Elvira) – Sunhae Im (Zerlina) u. a. –
RIAS Kammerchor – Freiburger Barockorchester,
Leitung: René Jacobs
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HMC 801964.6 (P03)
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RONDO
Alle Welt will Mozart von mir
Anlässlich seines umjubelten „Don
Giovanni“ bei den Innsbrucker
Festwochen 2006 traf Jörg Königsdorf den belgischen Sänger und
Dirigenten René Jacobs und sprach
mit ihm über frappierende Tempi,
Mozart-Missverständnisse des 19.
Jahrhunderts, die Überwindung
Karajans und die Beamtenmentalität in manchen Berufsorchestern.
spiel recht schnell, Andante, ein gehendes Tempo in Vierteln, wie Mozart es
vorgeschrieben hat. Bei diesem Tempo
würde das Türklopfen des Komturs
aber kaum Effekt machen. Darum werden wir davor unauffällig etwas langsamer und kehren nach dem Pochen
wieder ins alte Tempo zurück. Solche
Effekte lassen sich mit normalen
Opernorchestern kaum erarbeiten.
Herr Jacobs, bei Ihren Mozartinterpretationen stößt man dauernd auf
dramatische Überraschungseffekte
und Tempi, die auch im Bereich
der historischen Aufführungspraxis
ohne Vorbild sind. Wie kommen Sie
eigentlich auf solche Ideen?
Ich nehme mir ganz einfach genug
Zeit. Bevor ich eine Oper wie „Don
Giovanni“ aufführe, erarbeite ich mir
erst mit Hilfe der Fachliteratur, der
Partitur und des Librettos eine Klangvorstellung für jede Szene. Und dann
proben wir einfach intensiver, als es
an normalen Opernhäusern üblich ist.
Das ist gar nicht so sehr eine Zeit-,
als vielmehr eine Motivationsfrage.
Bei einem herkömmlichen Orchester
würde irrsinnig viel Energie draufgehen, um die Musiker zu überzeugen, von ihrer Routine abzuweichen.
Bei Ensembles wie dem Freiburger
Barockorchester herrscht ein ganz
anderes Klima: Da macht es allen
Spaß, an Details herumzufeilen, und
deshalb geht alles viel schneller.
Sie selbst sind doch auch mit der
Mozart-Tradition der Karajan-Ära
aufgewachsen. War es schwer für
Sie, sich von dieser Prägung zu
befreien?
Natürlich habe ich als Kind die alten
Karajan-Aufnahmen gehört, die wir
zu Hause im Plattenschrank hatten.
Aber später habe ich zum Beispiel
Können Sie da ein Beispiel nennen?
Die Szene mit dem Auftritt des Steinernen Gastes nehmen wir zum Bei2
harmonia mundi magazin
René Jacobs
Fotos: Eric Larrayadieu
den „Giovanni“ nur drei, vier Mal
auf der Bühne gesehen. Deshalb hatte
ich es wohl auch leichter, mich von
diesen Konventionen zu lösen als ein
Kritiker, der sich jede neue Aufnahme
anhören muss.
Gibt es eigentlich eine Grundregel
für die Mozartinterpretation, die
Sie jedem Kapellmeister empfehlen
würden?
Die erste Regel ist, die Sänger immer
daran zu erinnern, dass sie nicht
nur schöne Arien singen, sondern
in jedem Moment des Stücks auch
ein Theaterstück aufführen. Mozart
selbst bestand zum Beispiel darauf,
dass die Ensembles mehr gesprochen
als gesungen werden sollten. Sein
Uraufführungs-Giovanni, Luigi Bassi,
schreibt, dass sie in keiner Aufführung
der Tafelszene das Gleiche gesungen
hätten, aber Mozart habe immer auf
einem parlando bestanden. Und wenn
man das beherzigt, kommt man automatisch zu einem viel natürlicheren
Verhältnis zwischen Rezitativen und
Arien und zu ganz anderen Tempi.
Wie etwa in der Champagner-Arie,
die sie überraschend langsam nehmen?
Bei diesem Stück sieht man sehr gut,
wie die Fantasien von Literaten des 19.
Jahrhunderts wie E.T.A. Hoffmann und
Kierkegaard den Charakter Giovannis
verfälscht haben. Das sind Fantasien
über einen Don-Juan-Mythos, der mit
Mozart wenig zu tun hat. Mein Ziel ist
ein Giovanni ohne 19. Jahrhundert,
und das ist kein Wüstling, sondern
ein Jugendlicher auf einem Irrweg,
ein junger Rebell wie James Dean.
Und die Champagner-Arie ist einfach
eine Arie, bei der er Leporello die
dringendsten Anweisungen für sein
Fest gibt. Er hat schon die Party im
Kopf, und deshalb ist die Musik ein
Kontertanz, wie er auch im Finale vorkommt. Das rasende Tempo, in dem
die Arie normalerweise gesungen wird,
ist doch absurd: Man versteht nichts
mehr vom ziemlich wichtigen Text,
und der Sänger gerät in Atemnot.
Haben Sie auch eine Regel für das
Orchester parat?
Die Musiker müssen verinnerlichen,
dass sie alles andere tun als begleiten.
Sie kommentieren, spotten, wo ernsthaft gesungen wird, können aber
auch, wie im Sextett des zweiten
Aktes, auf einer tiefen Melancholie
bestehen, während die Sänger eine
geradezu lächerliche Szene spielen. Im
Orchester spielt sich zudem fortwährend ein Dialog ab, meistens zwischen
den nach vorn drängenden Streichern
und den retardierenden Bläsern. Deshalb ist es wichtig, diese Stimmen klar
zu trennen, statt das Karajan-Ideal
eines hoch polierten Mischklangs
anzustreben.
René Jacobs
Foto: Alvaro Yañez
Lässt sich das nur mit Originalinstrumenten umsetzen?
Ich glaube, mit einem motivierten
Ensemble wie zum Beispiel dem
Mahler Chamber Orchestra oder der
Deutschen Kammerphilharmonie ließen sich auch gute Ergebnisse erzielen. Unter den Ensembles der historischen Aufführungspraxis gibt es genug
Leute, die zwar alte Instrumente spielen, aber nicht nachdenken. Wichtiger
als die Instrumente ist die Motivation,
und die gibt es nun mal nicht in den
institutionalisierten und verbeamteten
Orchestern. Das Freiburger Barockorchester ist für mich allerdings die
erste Wahl bei Mozart, einmal wegen
ihrer unübertroffenen Orchesterdisziplin, und dann wegen ihres fantastisch
runden Klangs, der vor allem für die
Verführungsszenen wichtig ist.
Das Interview, das wir hier leicht
gekürzt mit freundlicher Erlaubnis
von RONDO abdrucken, führte Jörg
Königsdorf.
Mozarts andere beiden Da-Ponte-Opern unter der Leitung von René Jacobs:
Le Nozze di Figaro
Véronique Gens – Patrizia Ciofi –
Angelika Kirchschlager – Simon Keenlyside –
Lorenzo Regazzo u. a. – Concerto Köln,
Leitung: René Jacobs
HMC 801818.0 (P03)
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Così fan tutte
Véronique Gens – Bernarda Fink –
Werner Güra – Marcel Boone u. a. –
Concerto Köln, Leitung: René Jacobs
HMC 901663.5 (M03)
harmonia mundi magazin
3
William BYRD (1543-1623)
Second Service & Consort Anthems
Chor des Magdalen College, Oxford
& Ensemble Fretwork,
Leitung: Bill Ives
HMU 907440 (T01)
Preziosen für die anglikanische Liturgie
Nein, Königin Elisabeth I. liebte die
katholische Kirche nicht! Vielmehr
ließ sie die Anhänger der katholischen Opposition ihres Königreiches hinrichten, wenn diese nicht
klug genug waren, rechtzeitig in die
Emigration zu entweichen. So entstand im katholischen Antwerpen
eine bemerkenswerte Exilkolonie
englisch-katholischer Künstler, die
dort frei von Verdächtigungen und
Verfolgungen ihr Metier ausüben
konnten. William Byrd indessen
blieb daheim und behauptete als
bekennender Katholik eine führende Position in der königlichen
Kapelle.
William Byrds Ruhm war zunächst in
seinen außerordentlichen Leistungen
als Tastenvirtuose begründet; sein Ruf
als Orgelspieler und Cembalist war
unter Zeitgenossen legendär. Nachdem er schon als junger Mann das
Ensemble Fretwork
Amt des Organisten an der Lincoln
Cathedral innegehabt hatte, wurde
er mit 27 Jahren Mitglied der königlichen Kapelle. Obwohl er seinem
katholischen Glauben treu blieb,
diente er Königin Elisabeth I. loyal als
Mitglied der Hofkapelle, bis er sich im
Alter von fünfzig Jahren vom aktiven
Hofdienst zurückzog.
Königin Elisabeth brachte William
Byrd offensichtlich außerordentliche
Wertschätzung entgegen, da er es sich
sogar leisten konnte, ein Trauerlied
auf den Tod Maria Stuarts, der katholischen Nebenbuhlerin Elisabeths, zu
schreiben. Ein wichtiger Teil des
Vokalschaffens von William Byrd ist
der lateinischen Kirchenmusik gewidmet, er sah sich hierin der englischen
Tradition verpflichtet, die in den
vorhergehenden zwei Jahrhunderten
großartige Meisterwerke der geistlichen Musik geschaffen hatte. Nun
hatte allerdings die neue anglikanische Kirche eine eigene englischsprachige Liturgie eingeführt, Latein
wurde als liturgische Sprache lediglich
noch an der Chapel Royal geduldet.
Byrd begab sich mit seinem mutigen Nonkonformismus durchaus ins
Abseits, konnte freilich auf die Unterstützung der Königin bauen, die
offensichtlich den Musikverstand
ihres Vaters Heinrichs VIII. geerbt
hatte und Byrds überragende Meisterschaft fraglos erkannte. So erhielt er
beispielsweise gemeinsam mit seinem älteren Kollegen Thomas Tallis
1573 von der Königin ein Patent,
das beiden Komponisten auf 21 Jahre
ein exklusives Verwertungsrecht an
ihren Kompositionen einräumte, ein
damals äußerst seltener Fall von
Urheberrechtsschutz.
Byrd zeigte sich dankbar und ergeben:
Er komponierte zahlreiche Stücke für
die neue anglikanische Liturgie und ist
nicht zuletzt dank der auf dieser CD
vereinten Preziosen für die anglikanische Liturgie bis auf den heutigen Tag
zu einem Rückgrat der Kirchenmusik
der Church of England geworden.
Foto: Hugo Glendinning
mit dem Chor des Magdalen College und dem
Ensemble Fretwork bereits erschienen:
Orlando GIBBONS
With a merrie noyse –
Second Service & Consort Anthems
HMU 907337 (T01)
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harmonia mundi magazin
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KLASSIK.C
Der 1967 im kanadischen Montréal
geborene Jean-Guihen Queyras ist
ein Exponent der globalen Musikkultur. Ausgebildet am Konservatorium in Lyon, an der Musikhochschule Freiburg und an der
New Yorker Juillard School beweist
er auch in seinem Repertoire einen
umfassenden Horizont: Das Spektrum reicht von der historischen
Aufführungspraxis auf dem Barockcello bis zur Mitarbeit in Pierre
Boulez’ avantgardistischem Ensemble Intercontemporain.
Professor Queyras – seit 2005 leitet
er eine eigene Klasse für Violoncello
an der Musikhochschule Stuttgart –
hat mit vierzig Jahren jetzt einen
der höchsten Gipfel der Celloliteratur erklommen und legt eine Einspielung von Bachs Solosuiten vor,
die zwischen den Fronten der verschiedenen Aufführungsschulen individuelle Wege beschreitet.
Jean-Guihen Queyras, wie bewältigt
man ein solches Schwergewicht der
Diskographie?
Die Liste der Einspielungen der Suiten
ist tatsächlich lang, von Casals über
Bylsma bis zur ersten von YoYo
Ma, um nur drei Aufnahmen zu nennen, die
mich stark geprägt
haben. Aber wenn
es ein Werk gibt,
das sich beharrlich
der „Abnutzung“
durch allzu häufige
Einspielungen widersetzt, dann sind das die
Suiten, und das liegt
an ihrer musikalischen
Struktur: der scheinbare Nachteil des Violoncellos als Instrument „senza basso“
eröffnet dem Interpreten, verglichen
mit einem Werk
im „normalen“
Jean-Guihen Queyras
Foto: Eric Manas
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Gipfelstürmer mit 40 Jahren – Der Cellist
Jean-Guihen Queyras
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VON
J. S. BACH (1685-1750)
Die sechs Suiten für Violoncello
solo BWV 1007-1012
Jean-Guihen Queyras, Violoncello
HMC 901970.1 (P02)
Satz, unendlich viele Möglichkeiten
der Interpretation.
Es ist faszinierend, wie lustvoll Bach
den Problemen, die das Instrument
mit sich bringt, nicht nur nicht
ausweicht, sondern sie durch einen
genialen Kunstgriff stilistisch nutzt,
indem er diese Beschränkungen zu
seinem wichtigsten satztechnischen
Gestaltungsmittel macht. Er macht
aus der Notwendigkeit, die Harmonie
auf dem Umweg über die Melodie zu
entwickeln, also das, was gleichzeitig
zu hören sein sollte, zeitlich gestaffelt
zum Klingen zu bringen (die einzelnen Akkordtöne werden nacheinander
gespielt), eine Tugend.
Das ist die Regel, aber einige Sätze
sind davon ausgenommen.
Sicher, aber Akkorde mit drei oder
vier Tönen bleiben die Ausnahme. Es
kommt sogar vor, daß der Grundton
eines Akkords erst lange nach dem
harmonischen Geschehen erklingt, in
dem er eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Und Bach geht häufig noch
weiter und macht sich einen Spaß
daraus, einige Töne, mit denen fest
zu rechnen wäre, überhaupt nicht
zu bringen. Dieses Versteckspiel mit
dem Hörer weist dem Interpreten eine
wichtige Vermittlerrolle zu und zwingt
ihn, jeden Augenblick hellwach zu
sein, denn wenn ein Ton auch nur ein
wenig früher gespielt wird, erhält die
Phrase eine völlig andere Bedeutung.
Dennoch sind diese Tanzsuiten
melodisch und rhythmisch durchaus mitreißend.
Das ist bei Bach kein Widerspruch:
weit entfernt von jeder Askese erwächst
aus dem Musikverstand und der konstruktiven Arbeit eine betörende vitale
Kraft, die Hand in Hand geht mit
der rhythmischen Vitalität und dem
Strömen der Melodie. In einigen
Sätzen rückt Bach jedoch weitgehend
vom Tanzrhythmus ab, am ausgeprägtesten in der Sarabande der Suite
Nr. 5, die in meinen Augen wegen
ihrer „impliziten“ Harmonien eine
der größten Glanzleistungen abstrakter Musik der Musikgeschichte ist.
Sie haben die Suiten auf einem
Violoncello moderner Bauart eingespielt, obwohl sie sie häufig auf
einem Barockcello gespielt haben.
Warum?
Die Beschäftigung mit dem Barockinstrument und der Unterricht bei
Anner Bylsma waren für mich richtungweisend. In den letzten zwei
Jahren habe ich mich mit dem Projekt
6 Suites - 6 Échos aber verstärkt dem
modernen Violoncello gewidmet: ich
habe bei sechs verschiedenen Komponisten jeweils ein Vorspiel zu den
Suiten von Bach in Auftrag gegeben.
Eine Art Prélude zum Prélude, wobei
die jeweilige Suite übergangslos an das
neukomponierte Werk angefügt wird.
Im Anschluß an dieses eindrucksvolle
Experiment habe ich diese Einspielung in Angriff genommen, auf demselben Instrument, dem wundervollen
Gioffredo-Cappa-Cello, das mir dankenswerterweise seit zwei Jahren zur
Verfügung steht.
harmonia mundi magazin
5
Johannes BRAHMS
(1833-1897)
Variationen über ein ungarisches
Lied op. 21/2, Variationen und Fuge
über ein Thema von Händel op. 24,
Variationen über ein Thema von
Paganini op. 35
Olga Kern, Klavier
HMU 907392 (T01)
Olga Kern
Foto: Fernando Baez
Wider das äußerliche Blendwerk
Hans von Bülow prägte den Begriff
von den „drei großen Bs der
Musik“ – damit waren Bach, Beethoven und Brahms gemeint. Bülow
adelte mit diesem Ausspruch einen
Zeitgenossen, der sich mehr als
jeder andere Komponist in der
musikalischen Tradition verwurzelt
fühlte und gerade aus diesem Fundament die Kraft zu neuen und
eigenständigen Aussagen schöpfte.
Der Pianist und Musikwissenschaftler
Charles Rosen beschreibt diesen Transformationsprozeß der Tradition in
zukunftweisende musikalische Aussagen folgendermaßen: „Die landläufige
Meinung, Brahms habe als Romantiker begonnen und habe sich erst später auf die klassische Musikauffassung
besonnen, läßt sich so nicht aufrecht
erhalten. Wenn es ihm darum ging,
einer zum Aussterben verurteilten klassischen Tradition als Gegengewicht
zur Liszt- und Wagner-Schule, die
Brahms ihrem ganzen Wesen nach
abstoßend fand, neues Leben einzuhauchen, war es nicht damit getan,
einfach die alten Formen weiterzupflegen… Das höchst ungewöhnliche
Vorhaben von Brahms bestand darin,
seinem Werk nahezu die ganze klassische Tradition einzuverleiben, sie
dabei aber um Kompositionsverfahren
zu erweitern, die er selbst entwickelt
oder sich durch die intensive Beschäftigung mit Chopin, Schumann oder
sogar Wagner angeeignet hatte.“
Bachs Goldberg-Variationen und Beethovens Eroica- und Diabelli-Variationen sowie die 32 Variationen über ein
Originalthema waren die verpflichtenden Vorbilder für Brahms’ eigenes Schaffen in diesem Genre. Damit
setzte sich Brahms, dem alles äußerliche Blendwerk zuwider war, ganz
bewußt von den populären Variationswerken seiner Zeit ab, die in erster
Linie dazu dienten, Virtuosentum zur
Schau zu stellen.
Olga Kern vereint auf ihrer CD zwei
reife Meisterwerke von Brahms mit
einem Werk des 23jährigen: Die
Variationen über ein ungarisches Lied
entstanden 1853, im gleichen Jahr,
als der junge Künstler die begeisterte und ungeteilte Zuneigung Robert
Schumanns errang. Das Werk spiegelt
in seinem Elan noch die Atmosphäre
einer Konzerttournee, die Brahms in
diesem Jahr mit dem ungarischen Geiger Remenyi absolviert hatte und die
seine Neigung zu Musik mit ungarischem Kolorit begündet haben mag.
Die Händel- und die Paganini-Variationen stammen aus den 1860er Jahren und sind unzweifelhaft stark von
der Beschäftigung mit den kompositorischen Vorbildern Bach und Beethoven geprägt. Sie gehören zu den
Meilensteinen der Klavierliteratur des
19. Jahrhunderts und vermitteln einen
Eindruck von den enormen pianistischen Fähigkeiten von Johannes
Brahms, der trotz seiner Abneigung
für den „Virtuosenzirkus“ zu den ganz
großen Klavierspielern seiner Zeit
zählte.
mit Olga Kern bereits erschienen:
Frédéric CHOPIN
Klavierkonzert Nr. 1 e-moll op. 11, Fantaisie
f-moll op. 49 & andere Werke für Klavier solo
Warschauer Philharmoniker, Leitung: Antoni Wit
Foto: Christian Steiner
HMU 807402 (T01)
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Ludwig van BEETHOVEN (1770-1827)
Die Klaviersonaten Vol. 3: Sonaten op. 2
Nr. 1 f-moll, Nr. 2 A-Dur, Nr. 3 C-Dur,
Nr. 4 Es-Dur op. 7, Nr. 12 As-Dur op. 26,
Nr. 13 Es-Dur op. 27/1, Nr. 14 cis-moll
op. 27/2 „Mondscheinsonate“, Nr. 22 F-Dur
op. 54, Nr. 23 f-moll op. 57 „Appassionata“
Paul Lewis, Klavier
HMC 901906.8 (M03)
Paul Lewis
Foto: Eric Manas
Großzügiger Förderer und treuer Freund
„… unter allen [Menschen] ist mir
Lichnowsky der erprobteste…“,
schrieb Beethoven in einem Brief
über seinen Gönner Fürst Karl von
Lichnowsky. Im November 1792
war der junge Komponist und Klavierspieler aus Bonn in Wien angekommen, um hier „Mozarts Geist
aus Haydns Händen“ zu erhalten, wie Graf Waldstein ihm in
Bonn zum Abschied ins Stammbuch geschrieben hatte.
Beethoven logierte sich in einem
Dachstübchen eines Hauses ein, dessen Besitzer zwei „herrschaftliche
Kammerdiener“ waren. Sie fungierten indessen als Strohmänner für den
eigentlichen Eigentümer, Fürst Karl
Lichnowsky, der mit dieser Konstruktion seine Grundsteuern senkte.
Schnell wurde der Fürst auf den genial
begabten jungen Musiker aufmerksam, nahm ihn unter seine Fittiche
und förderte ihn großzügig: Beethoven trat bei den wöchentlichen
Freitagskonzerten im LichnowskyPalais auf, bald konnte er dort auch
eine Wohnung beziehen. Das bedeutete allerdings, daß er sich modisch zu
kleiden, sich regelmäßig zu rasieren
und auf sein Äußeres zu achten hatte.
Schnell fühlte sich der Heißsporn
durch den adligen Lebenswandel eingeengt: „Nun soll ich täglich um halb
4 Uhr zu Hause sein, mich etwas
besser anziehen, für den Bart sorgen usw. – Das halt’ ich nicht aus!“,
schrieb er seinem Bonner Jugendfreund Franz Wegeler und zog aus
dem Palais Lichnowsky aus. Der Fürst
bewahrte ihm indessen seine Gunst,
setzte ihm 1800 sogar eine Jahrespension von 600 Gulden aus.
1806 kam es auf dem schlesischen
Stammsitz der Lichnowskys zum Zerwürfnis: Die Bitte des Fürsten, anläßlich eines Diners für französische
Offiziere zu spielen, empfand Beethoven als Zumutung. Wutentbrannt
verließ er die Residenz und erkältete
sich beim Fußweg in die benachbarte
Provinzstadt schwer. Zu Hause angekommen, warf Beethoven Lichnowskys Büste, die er vom Fürsten selbst
erhalten hatte, zu Boden und kündigte das Verhältnis auf: „Fürst! Was
Sie sind, sind Sie durch Zufall und
Geburt. Was ich bin, bin ich durch
mich. Fürsten gibt es Tausende.
Beethoven nur einen.“
Karl von Lichnowsky stellte seine
Bewunderung für Beethovens Genie
über persönliche Kränkungen und
bewahrte ihm die Treue. Noch Jahre
später, als er durch die Kriege gegen
Napoleon verarmt war und in bescheidenen Verhältnissen im Wiener Stadtzentrum wohnte, stieg er zu Beethovens Wohnung im vierten Stock
hinauf. Er wurde nicht hereingebeten;
zu dem Diener, der die Ablehnung des
Maestros brachte, sagte er, er sei schon
zufrieden, auf den Treppenstufen zu
sitzen und dem Klavierspiel zu lauschen, das aus der Wohnung herüberklang.
Die ersten beiden Teile der Gesamtaufnahme von Beethovens Klaviersonaten mit Paul Lewis:
Vol. 2: Sonaten Nr. 8-11,
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Vol. 1: Sonaten Nr. 16-18
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harmonia mundi magazin
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Karlheinz STOCKHAUSEN (*1928)
Stimmung (Kopenhagener Version 2006)
Theatre of Voices,
Leitung: Paul Hillier
HMU 807408 (U01)
Karlheinz Stockhausen
Foto: akg-images / Brigitte Hellgoth
Spiegel einer sich ständig
umformenden Welt
„Stimmung“ ist ein vieldeutiges
Wort, das als musikalischer Terminus das korrekte Verhältnis der verschiedenen Töne zueinander angibt
wie bei den Saiten einer Geige,
eines Klaviers oder den Pfeifen
einer Orgel. Stimmung bedeutet
auch die innere Gestimmtheit der
Seele – Menschen, die sich im Einklang miteinander befinden, sind
„guter Stimmung“. Und natürlich
steckt in Stimmung auch „Stimme“.
Das Spiel mit Wörtern ist ein Wesenszug von Stimmung; das Werk ist wie
ein Spiegel einer Welt, die als ständiger Transformationsprozeß aufgefaßt
wird. Wörter, Silben, oft auch einzelne
Phoneme werden fortwährend umgeformt, ihre Bedeutungen changieren,
denn jede Transformation regt ihrerseits wieder eine neue an. Stimmung
ist ein Spiel mit der Sprache, in dem
die Wörter – und die Sänger – immer
wieder neu Übereinstimmung zu erlangen suchen.
Stockhausen hat Stimmung im Winter
(Februar/März) 1968 in einem Haus
am Long Island Sund komponiert, in
dem er eingeschneit war. Das Meer
war zugefroren und mit Schnee
bedeckt, und es wehte ein eisiger
Wind. Aufenthalte in Kalifornien,
Hawaii und Mexiko waren vorausgegangen, und er hatte einen Kompositionsauftrag für ein neugegründetes
deutsches Vokalensemble angenommen, das Collegium Vocale Köln.
Die Mitglieder des Ensembles waren
8
harmonia mundi magazin
frischgebackene Absolventen der
Musikhochschule Köln, an der Stockhausen einst selbst studiert hatte.
Stockhausen hat über den Kompositionsvorgang berichtet, daß er anfangs
seine Einfälle laut gesungen habe, als
ihm aber seine Frau zu verstehen gab,
die Kinder müßten schlafen, ging er
dazu über, sie statt dessen leise vor
sich hin zu summen, und fing so
an, die Obertöne wahrzunehmen. Er
machte sich daraufhin die Technik
des Obertonsingens zu eigen, dann
legte er eine Liste der Vokale mit
den beim Singen des Vokals zu betonenden Obertönen an und skizzierte
den Grundriß des neuen Werkes, in
dem er von dieser Technik Gebrauch
machen wollte.
Der Komponist vollendete Stimmung kurz vor seiner Rückkehr nach
Deutschland im März 1968. Die Einstudierung mit dem Collegium Vocale
Köln zog sich über vier Monate hin –
die Sänger mußten eine völlig neue
Vokaltechnik erlernen, sie mußten
sich die in der Partitur notierten musikalischen Vorgänge erarbeiten und
sich auf die sehr speziellen Aufführungsbedingungen einstellen. Es war
für sie eine einzigartige Gelegenheit,
denn Stimmung ist nicht nur ein wichtiges Werk der Tonkunst, es definiert
auch neu, was ein Vokalensemble zu
sein und was es zu leisten vermag.
Paul Hillier hat selbst als Sänger in
den 1970er Jahren an der in England
entstandenen Aufführungsversion von
Stimmung teilgenommen, die vorlie-
gende SACD präsentiert das Werk
in der Version, die Paul Hillier mit
dem derzeit in Kopenhagen beheimateten Theatre of Voices erarbeitet
hat. Auch wenn eine ursprünglich
geplante direkte Zusammenarbeit mit
dem Komponisten aus terminlichen
Gründen nicht zustande kam, begleitete Karlheinz Stockhausen diese
Aufnahme aus der Ferne mit außerordentlich hilfreichen kritischen
Bemerkungen. Die Klangwirkung des
Stücks im Konzertsaal rangierte für
Paul Hillier bei dieser Einspielung
vor einer auf Stimme und Mikrophon
beschränkten Konstellation; die Veröffentlichung der „Kopenhagener Version“ von Stimmung auf Super Audio
CD erlaubt dem Zuhörer, die räumlichen Wirkungen dieser Interpretation
in technischer Vollendung mitzuerleben.
Paul Hillier
Foto: Benjamin Ealovega
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W. A. MOZART (1756-1791)
Rondo A-Dur KV 511, Sonate D-Dur KV 284,
12 Variationen über „Ah, vous dirai-je, maman“ KV 265
Serge PROKOFIEFF (1891-1953)
Toccata op. 11, Sonate Nr. 3 d-moll op. 28,
Sechs Stücke aus „Romeo und Julia“ op. 75
+ DVD „Lisa de la Salle – Majeure“
(Ein Film von Jean-Philippe Perrot)
Lise de la Salle, Klavier
AV 5080 (Q02)
Musik als Lebenselixier
„An ein Leben ohne Musik erinnere
ich mich nicht“, sagt Lise de la Salle.
Vier Jahre war sie alt, als sie das
Klavier zu ihrer Lebenspassion wählte.
Die Familie unterstützte sie von
Anfang an bedingungslos: Privater
Klavierunterricht und erste Wettbewerbssiege führten zu ihrem Lehrer
Pascal Nemirovski, der ihren Weg bis
heute begleitet. Mit 11 wurde sie
außerordentliche Studentin am Pariser Conservatoire Supérieure de la
Musique, zwei Jahre später trat sie
nach einem Abschluß mit Auszeichnung in die Meisterklasse von Bruno
Rigutto ein.
Die Podiumserfahrungen von Lise da
la Salle begannen früh: Ihren ersten
öffentlichen Auftritt hatte sie mit
neun Jahren, mit 13 sprang sie in
Avignon mit Beethovens zweitem
Klavierkonzert ein, das sie innerhalb
weniger Tage lernen mußte. Lise de la
Salle ist also für Abenteuer durchaus
zu haben, wenn sie die Ausnahme
bleiben. Die Zahl ihrer Auftritte auf
dem Konzertpodium hält sie weise in
Grenzen, selten sind es mehr als zwanzig im Jahr.
Die eigene musikalische Entwicklung
hat für Lise de la Salle absolute Priorität: „Für mich ist die Musik ein
Mittel, das uns aus unserer Welt
hinausträgt.“ Ein Kennzeichen ihrer
Programme ist es, mit scheinbar
gegensätzlichen Stücken das Profil
der einzelnen Werke desto deutlicher
herauszuarbeiten.
„Jedes Mal, wenn ich sie höre, lerne
ich etwas über sie, und das ist gut. Sie
ist keine Schülerin mehr, sie ist eine
Künstlerin.“ stellt Pascal Nemirovski
fest, der vom Lehrer inzwischen zu
einem wichtigen Berater von Lise de
la Salle geworden ist.
zuletzt mit Lise de la Salle erschienen:
Dimitri
SCHOSTAKOWITSCH /
Franz LISZT /
Serge PROKOFIEFF
Klavierkonzerte Nr. 1
Orchester der GulbenkianStiftung,
Leitung: Lawrence Foster
AV 5053 (T01)
de Einspielung,
„Eine berauschen spannende
tere
die auf viele wei läßt“
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PIANO
Beim Abstauben entdeckt
„Das perfekteste Wunder der Musik“
nannte Igor Strawinsky Beethovens
Große Fuge. Ursprünglich als Schlußsatz für das Streichquartett B-Dur
op. 130 komponiert, nimmt das
Stück einen singulären Platz in der
Musikgeschichte ein. Obwohl Publikum und Interpreten seiner Zeit
gewohnt waren, von Beethoven mit
Musik auf hohem intellektuellen und
emotionalen Niveau gefordert zu werden, reagierte sowohl das Schuppanzigh Quartett wie auch das Publikum
bei der Uraufführung mit Verstörung
auf diese rätselhafte Verbindung althergebrachter Fugenkunst mit visionärem Klangsinn für das Kommende
in der Musik. Beethoven schrieb daraufhin einen neuen Schlußsatz für
Olivier MESSIAEN
(1908-1992)
Visions de l’Amen
Ludwig van BEETHOVEN
(1770-1827)
Große Fuge für
Klavierduo op. 134
Duo d’Accord
OC 704 (I01)
sein Quartett. Die Große Fuge veröffentlichte er separat als op. 133 und
fertigte überdies noch eine Version
für Klavier vierhändig (mit der Opus-
zahl 134) an, deren Manuskript allerdings verlorenging und erst 2005
zufällig von einer Bibliothekarin beim
Abstauben entdeckt wurde.
harmonia mundi magazin
9
Großer Auftritt für die Königin der
Instrumente
Dietrich BUXTEHUDE
Dietrich Buxtehude, der große Meister der norddeutschen Orgelschule
des 17. Jahrhunderts, hat ein Werk
von ungewöhnlicher Dichte hinterlassen. So groß war der Ruhm dieses
Meisters, daß sich der junge Johann
Sebastian Bach im Herbst 1705 aus
seiner thüringischen Heimat zu Fuß
nach Lübeck aufmachte, um bei dem
Meister „ein oder anderes in meiner Kunst zu begreifen“. So sagte er
selbst, als seine Vorgesetzten in Arnstadt bemängelten, daß er seinen
Studienurlaub in Norddeutschland
um drei Monate überschritten hatte.
Mit Staunen dürfte Bach in der Lübecker Marienkirche, eine der größten
gotischen Hallenkirchen Deutschlands, dem Orgelspiel des 73jährigen
Buxtehude gelauscht haben, der für
gewöhnlich nach dem Gottesdienst
improvisierte.
René Saorgin spielte seine BuxtehudeGesamtaufnahme in den Jahren 1967
bis 1970 für harmonia mundi an
historischen Barockorgeln ein, damals
eine Pioniertat. Seine Aufnahme ist
zu einem Meilenstein des harmonia
mundi-Katalogs geworden und erscheint jetzt in besonders schöner Aufmachung zum Sonderpreis.
Ein Instrument, das einen besonderen
Glücksfall der Orgelgeschichte darstellt, findet sich heute in der katholischen Stadtpfarrkirche St. Rupert in
München. Herausragende Bedeutung
erhält das Instrument des Münchner
(1637-1707)
Orgelwerke
René Saorgin, Orgel
HMX 2901484- (F05)
Orgelbauers Franz Borgias Maerz
(1848-1906) dadurch, daß es eine der
wenigen überlebenden KonzertsaalOrgeln dieser Zeit ist, ursprünglich
wurde es nämlich für den königlichen Odeon-Saal gebaut und war hier
bis 1907 beheimatet. Das Instrument
überstand den Krieg und wurde ab
1997 sorgfältig restauriert. Andreas
Götz spielt in dieser Aufnahme
Werke, deren Komposition direkt mit
der Odeon-Orgel verknüpft oder in
ihrem unmittelbaren Umfeld anzusiedeln ist. So war beispielsweise Josef
mit
atalog
p
Callio e-K
2007
Rheinberger als Orgel- und Kompositionsprofessor in München regelmäßig Solist an der Odeon-Orgel.
Zwei Mal, in den 1970er Jahren und
in digitaler Aufnahmetechnik in den
1990er Jahren, hat sich André Isoir in
epochemachenden Aufnahmen für das
Label Calliope dem Orgelwerk J. S.
Bachs gewidmet. 1993 entstand seine
digitale Aufnahme der berühmten
Toccata in d-moll BWV 565 und verwandter Werke, die zum Sonderpreis
den neuesten Calliope-Katalog begleitet.
J. S. BACH (1685-1750)
Toccaten und Fugen d-moll BWV 565,
d-moll „dorisch“ BWV 538, F-Dur BWV 540,
Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564,
Fantasie und Fuge g-moll BWV 542
André Isoir, Orgel
CALL 3718 (I01)
AN ORGAN TREASURE –
Die Münchner Odeon-Orgel
Orgelwerke von Anton Bruckner, Vinzenz Goller,
Josef Rheinberger, Max Reger
Andreas Götz, Orgel
OC 622 (Q01)
10
harmonia mundi magazin
Antonio SALIERI (1750-1825)
Les Danaïdes (Tragédie lyrique in 5 Akten)
Sophie Marin-Degor (Hypermnestre) –
Kirsten Blaise (Plancippe) –
Hans Christoph Begemann (Danaüs) –
Christoph Genz (Lyncée) u. a. –
Chor und Orchester der Ludwigsburger Festspiele,
Leitung: Michael Hofstetter
OC 909 (M02)
Fremde Federn
Die Uraufführung von Les Danaïdes
am 26. April 1784 an der Pariser
Oper lief noch unter dem Namen
des eigentlich hierfür beauftragten
Christoph Willibald Gluck, doch
schon bald wurde klar, daß in Wirklichkeit der erst 33jährige, als Assistent
des von einem Schlaganfall gezeichneten Gluck eingesetzte Komponist
Antonio Salieri das Werk komponiert
hatte. Damit zeigte sich der junge
Italiener als einer der führenden
Opernkomponisten seiner Zeit und
stellte seine Versiertheit sowohl im
Antonio Salieri
italienischen wie auch im französischen Stil unter Beweis, hatte er mit
diesem Werk doch eine wesentliche
Weiterentwicklung der französischen
Oper erreicht: Von Glucks Opernschaffen ausgehend, gelang Salieri hier
der Übergang von der Nummernoper
zur dramaturgisch konsequent durchgearbeiteten Szenen-Oper.
Dieser Erfolg begründete Salieris führende Stellung als Opernkomponist
in Wien, wo er nach Glucks Tod
1787 die Nachfolge des Meisters als
Hofopernkomponist antrat. Für den
Kollegen Mozart blieb damals nur die
Stelle des k. k. Kammercompositeurs
übrig. Trotz aller gegenteiligen Legenden war das Verhältnis von Mozart
und Salieri jedoch mehr von Kollegialität als von Konkurrenz gezeichnet.
Unter Studiobedingungen wurde hier
die Produktion der Ludwigsburger
Schlossfestspiele 2006 von Les Danaïdes eingespielt, ihr liegt die fast ungekürzte Partitur der Oper zu Grunde.
Antoine DARD
(ca. 1715-1784)
6 Sonaten für Violoncello
und basso continuo
Kristin von der Goltz, Violoncello –
Hille Perl, Gambe –
Christine Schornsheim, Cembalo
RK 2701 (T01)
Die Frucht schlafloser Nächte
Ludwig XV., der seinem Urgroßvater
Ludwig XIV., im September 1715 im
zarten Alter von fünf Jahren auf den
Thron Frankreichs nachfolgte, war
in seiner planlosen Regentschaft politisch ein Schatten seines großen
Vorgängers. In seinem Hang zu
genußfreudigem und ausschweifendem Lebenswandel stand er dem
Sonnenkönig indessen kaum nach:
Die Hofhaltung in Versailles blieb
also prachtvoll, und die Residenz
zog weiterhin die besten Musiker des
Königreichs an. Auch Antoine Dard
fand sich dort ein, seine genauen
Lebensdaten liegen wie der Zeitpunkt
seines Diensteintritts in die königliche Kapelle im Dunkeln. Seine
Laufbahn in Versailles brachte ihn
vom Fagottisten über die Mitgliedschaft bei der Académie Royale de
Musique bis zur Ernennung als Grand
hautbois de la Chambre et Écurie du
Roy.
Dard erlangte Bedeutung als Theoretiker und Musikhistoriker, sein Rang
als Komponist wird anhand dieser
1759 veröffentlichten Sammlung von
sechs Sonaten für Cello oder Fagott
und Basso continuo deutlich. In seinem Vorwort betont Dard, diese
Sonaten seien die Frucht schlafloser
Nächte. Tatsächlich sind sie ebenso
sorgfältig wie liebevoll gearbeitete
Werke für Instrumente, die mit Sololiteratur nicht eben gesegnet waren,
sondern als Generalbaßinstrumente
normalerweise brav in der Kammermusik Dienst taten.
harmonia mundi magazin
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OPER FÜR LAUTE
Opernarien von Johann Adolph
Hasse (1699-1783) in
Transkriptionen für Laute
Axel Wolf, Laute
OC 710 (I01)
Opernarien für die Finger
Axel Wolf
Der 1699 in Bergedorf bei Hamburg
geborene Johann Adolf Hasse war
einer der erfolgreichsten Opernkomponisten seiner Zeit: Von Neapel und
Venedig verbreitete sich sein Ruhm
über ganz Europa, er wurde der Lieblingskomponist des Kastraten Farinelli, und seine Ehe mit der Operndiva Faustina Bordoni ließ seinen
Stern nur noch heller strahlen. 30
Jahre lang war Hasse dem Dresdner
knapp zwei Jahre nach dem Tod seiner
Frau 1783 starb.
Opern Arien auf die Laute versetzet ist
der Titel des Leipziger Manuskripts
aus dem Jahr 1755, dem Axel Wolf
die Musik von Johann Adolph Hasse
für seine neue CD entnommen hat. In
dieser Form konnte ein breites Publikum damals die Lieblingsmelodien
aus populären zeitgenössischen Opern
zu Hause selbst musizieren.
Hof als Kapellmeister und Opernkomponist verbunden, und sein Vertrag ließ ihm immer noch genug
Zeit, mit seiner Frau auf den übrigen
Opernbühnen Europas Triumphe zu
feiern. 1763 fiel Hasses Anstellung
in Dresden Sparzwängen zum Opfer,
von nun an arbeitete er hauptsächlich für den Wiener Hof, seit 1773
lebte das Ehepaar Hasse/Bordoni in
Venedig, wo Johann Adolph Hasse
Foto: Christine Schneider
Gemischter Salat
Mateo Flecha der Ältere war offensichtlich ein begnadeter musikalischer
Unterhalter: Seine Ensaladas waren
berühmte Höhepunkte der Feste am
spanischen Königshof. Vier- oder
fünfstimmig auf Dichtungen in freiem
Metrum komponiert, schildern sie
unter Titeln wie Das Feuer oder Die
Schlacht dramatische Begebenheiten.
Besonders beliebt waren Ensaladas
auch in der Musik für die Weihnachtszeit – die Geburt des Jesuskindes im Stall zu Bethlehem wird
dem andächtigen Publikum mit
anschaulichen Beschreibungen und
frommen Betrachtungen in geradezu szenischer Weise vorgeführt, dazu
erklingen populäre Weihnachtslieder,
neben dem Spanischen auch in verschiedenen anderen Sprachen wie
Katalanisch, Italienisch, Französisch
oder Latein. Die Musik dieser Ensaladas speist sich aus der gelehrten
Kunst der Polyphonie und volkstümlichen Überlieferungen gleichermaßen;
schließlich war Mateo Flecha der
Ältere auch ein begnadeter Komponist
12
harmonia mundi magazin
EL FUEGO
Ensaladas von
Mateo Flecha (1481-1553),
Musik von
Juan Vásquez (1500-1560)
Les Sacqueboutiers
AMB 129 (T01)
von Villancicos, die seit nahezu 500
Jahren eine ebenso charakteristische
wie temperamentvolle Eigenart der
spanischen Kultur ausmachen. Die
Überlieferung von sechs der ursprünglich elf Ensaladas aus Flechas Feder
verdanken wir seinem Neffen, Mateo
Flecha dem Jüngeren, der sie 1581 in
Prag veröffentlichte. Auf diese Weise
bildeten Prag und Madrid, zwei verschwisterte Regierungssitze im weitverzweigten Imperium der Familie
Habsburg, kulturell einmal eine
unvermutete Allianz.
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IMPRESSUM
harmonia mundi magazin
Herausgeber:
harmonia mundi GmbH
Wernher-von-Braun-Straße 13
69214 Eppelheim
Redaktion: Michael Blümke
Texte: Detmar Huchting
Graphik/Layout: globalmediaweb.de
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Rudi STEPHAN (1887-1915)
Die ersten Menschen (Oper in zwei Akten)
Nancy Gustafson (Chawa) – Franz Hawlata (Adahm) –
Wolfgang Millgram (Chabel) – Donnie Ray Albert (Kajin) –
Orchestre National de France, Leitung: Mikko Franck
AV 5028 (T02)
Mikko Franck
Foto: Heikki Tuuli
Im Krieg geschlachtete Hoffnung
der deutschen Musik
„Rudi Stephan war derjenige, der
kommen sollte, er war es, auf den wir
hofften ... Er war derjenige, welcher
berufen war, alles Tastende in der
Modernen Musik zu einem großen
künstlerischen Werk zu sammeln und
ihr eine neue Richtung zu geben.“ So
gedachte der Dirigent Paul Scheinpflug 1925 des Komponisten Rudi
Stephan, der zehn Jahre zuvor mit nur
28 Jahren im Krieg gefallen war.
1887 war Rudi Stephan in Worms
in eine wohlhabende Juristenfamilie
hineingeboren worden, die seine musikalische Begabung bereitwillig förderte. Ab 1905 studierte er in Frank-
furt bei Bernhard Sekles, aus dessen
Schule auch Hindemith, Rosbaud und
Adorno hervorgegangen sind. 1906
ging er nach München, seit 1908 bildete er sich autodidaktisch weiter und
veröffentlichte erste Kompositionen.
Ein erstes Konzert mit eigenen Werken in der Münchner Tonhalle am
16. Januar 1911 bringt einen Achtungserfolg, zwei Jahre später gelingt
auf dem Tonkünstlerfest des Allgemeinen Deutschen Musikvereins in
Jena der Durchbruch – mit 26 Jahren
erhält der junge Meister einen Vertrag
mit dem renommierten Verlagshaus
Schott.
Die Entstehung seines größten Werks,
der zweiaktigen Oper Die ersten Menschen zieht sich von 1909 bis 1914
hin, der Ausbruch des 1. Weltkrieges
verhindert die geplante Uraufführung am Frankfurter Opernhaus. Im
März 1915 wird Rudi Stephan selbst
zum Kriegsdienst eingezogen, wenige
Monate später, am 29. September,
wird er in Galizien erschossen.
Die Uraufführung der Oper am 1. Juli
1920 wurde zur Gedenkveranstaltung
für die sinnlos im Krieg geopferte
zukunftsweisende Begabung von Rudi
Stephan.
Musik vom jüdischen Leben
A YIDDISHE MAME
Mangels Notenmaterial haben sie uns
die Melodien vorgesummt, und wir
haben sie auf Geige und Gitarre
übertragen. In meinen Konzerten wollte ich mit dem
Publikum die Augenblicke gemeinschaftlicher Freude teilen, diese
Liebesbande, welche die
Musik im Rhythmus
der Tänze und Lieder
zwischen uns knüpft.
Hören Sie…“ (Richard Schmoucler,
Geiger des Sirba Oktetts)
harmonia mundi magazin
13
Foto: Sylvain Homo
Traditionelle jiddische Musik,
Stücke von Prokofieff
und Bloch
Sirba Oktett
AMB 128 (T01)
Sirba Oktett
In der jiddischen Musik trifft der
Orient den Okzident, sie erzählt vom
Leben in der kleinen abgeschlossenen
Welt des Schtetls, die doch immer
vom Fernweh des Grußes „Nächstes
Jahr in Jerusalem“ getragen ist. Diese
ostjüdische Welt der Lieder und Tänze
ging im Holocaust unwiederbringlich
zugrunde und ist doch unzerstörbar
im Gedächtnis der jüdischen Kultur
bewahrt; mit dieser CD errichten die
Musiker des Sirba Oktetts ihr ein klingendes Denkmal.
„Diese Musik war immer ein Teil
meines Lebens. Sie trägt den Duft
meiner Mutter in sich und die
Atmosphäre der Familienfeste, während derer meine Großmutter und
meine Tanten meinen Vater und mich
aufforderten, Ihnen diese jiddischen
Lieder vorzuspielen, die bereits an
ihrer Wiege gesungen worden waren.
Kontrast und Einklang – Schöpferischer
Umgang mit der musikalischen Vergangenheit
14
„Dufay-Chansons verschachtelt in
eigene Kompositionen – man könnte
meinen, daß es hier um einen Kontrast geht, um alt und neu, fern und
nah, vertraut und fremd, modal
und atonal. Doch mein Impuls, mit
Dufays Musik schreibend umzugehen,
war ebenso davon getragen, Reflexe
des eigenen Denkens in ihr zu finden… Der Auseinandersetzung mit
Dufays Musik liegt ein Initialerlebnis
zugrunde, indem ich eines Nachts
alle verfügbaren Chansons und Hymnen jeweils so häufig hörte, wie sie
Stimmen haben, und alle Stimmen
nacheinander aus der Partitur mitgesungen habe. Dabei bekam ich den
Eindruck, immer das Gleiche zu singen, doch stets aus einer verschobenen
Perspektive, umgeben von verwandten Melodieverläufen zu sein, doch
gerade dadurch die eigene Distanz zu
ermessen… Die Bearbeitungen gehen
diesen Eindrücken nach, den verschobenen Perspektiven des Gesangs
und den Rätseln, die sich aus der
Mehrdeutigkeit von Zeitgestalten
ergeben.“ (Isabel Mundry über ihre
Begegnung mit der Musik Guillaume
Dufays, die zu ihrem Werk DufayBearbeitungen führte.)
Für den Steirischen Herbst schrieb
der in Berlin lebende österreichische
Komponist Klaus Lang eine Missa
beati pauperes spiritu, deren Titel an
die Bergpredigt erinnert: „Selig sind,
die da geistlich arm sind, denn ihrer
ist das Himmelreich.“ Die traditionellen Sequenzen der Messe im jahrhundertealten gregorianischen Gesang
werden in ein zeitgenössisches musikalisches Umfeld gestellt, das die traditionellen Klänge neu interpretiert,
in ein neues Licht stellt. Klaus Lang
geht es nicht um die Erzeugung von
Bildern in den Köpfen seiner Zuhörer;
vielmehr geht es ihm darum, den Kopf
von wohlfeilen Gewißheiten zu leeren
und so den Geist frei zu machen.
Ein drängendes Problem unserer Zeit
hat der 1949 geborene Roberto Fabbriciani 2005 zum Thema seiner
Komposition Glaciers in Extinction
gemacht: die Gletscherschmelze. Sechs
jetzt noch existierende Gletscher sind
Bezugspunkte der sechs Sätze des Werkes. Die Grundidee ist, durch Klang
ein uraltes, natürliches und majestätisches Phänomen zu beschreiben: das
der Vereisung und ihrer ungestümen
Auflösung. Die großen Gletscher, eisige Giganten, aber lebend und pulsierend, bewegen sich, knistern, donnern
drohend und flößen den Menschen
Furcht ein: ewiger Wechsel, der das
Werden und Vergehen des Lebens
symbolisiert.
Isabel MUNDRY (*1963)
Klaus LANG (*1971)
Dufay-Bearbeitungen,
Traces des moments,
Sandschleifen
Ensemble Recherche
KAI 0012642 (T01)
Missa beati pauperes spiritu
Pater Gerwig Romirer, Cantor –
Natalia Pschentschnikova,
Stimme – Roland Dahinden,
Posaune – Günter Meinhard,
Perkussion – Trio RGB – Thomas
Musil, IEM Graz, live electronics
COL 20271 (T01)
Roberto FABBRICIANI
(*1949)
harmonia mundi magazin
Glaciers in Extinction
Roberto Fabbriciani,
Hyperbaß-Flöte
COL 20254 (T01)
Musikalischer Spannungsbogen von
Schönberg zu Berio
„Luciano Berio verkörpert für mich
mit seinen Folk Songs einen musikalischen Gegensatz und Ausgleich zu
Schönbergs Musik. Zwischen beiden
existiert ein höchst lebendiger musikalischer Spannungsbogen: Pierrot ist
die Frage und Folk Songs ist die Antwort. Ich finde, man kann diese Kompositionen ohne Verlust sowohl im
traditionellen Konzertsaal, im Kabarett, in einer Bar oder sogar am Strand
aufführen - zielen doch beide ebenso
auf das Auge wie auf das Ohr. Allerdings hatte ich mit Pierrot zunächst
ein Problem: Der dichte Ablauf der
Komposition schien mir zu intensiv. Zwischen den drei Teilen benötigte ich Zeit – eine Atempause, eine
‘Ablenkung’ – um den nächsten Teil
wirklich hören zu können.
Ich versuchte also, das Stück am Kla-
Arnold SCHÖNBERG (1874-1951)
Pierrot lunaire mit Jazz-Interludien
Luciano BERIO (1925-2003)
Folk Songs
Stella Doufexis, Sprechstimme &
Mezzosopran – Ensemble opus 21musikplus,
Leitung: Konstantia Gourzi –
Maria Baptist, Klavier (Jazz-Interludien)
NEOS 10709 (T01)
vier ohne angegebenen Rhythmus und
Dynamik zu spielen und bemerkte
dabei in mir eine Tendenz, über
Schönbergs Themen zu improvisieren.
Ich war erstaunt, wie die PierrotAkkorde mich in einem langsamen
Tempo gespielt deutlich an JazzAkkorde erinnerten. Also fragte ich die
Jazzpianistin Maria Baptist, ob sie mit
mir vierhändig improvisieren wolle.
Tatsächlich begeisterte die Musik sie
so sehr, daß sie beschloß, die gesamte
ziemlich schwierige Klavier-Partie
einzustudieren. Ihre von Schönberg
inspirierten Interludes zwischen den
einzelnen Teilen von Pierrot verändern deutlich die Wahrnehmung der
Komposition.“ (Konstantia Gourzi)
Ladislav KUBÍK (*1946)
Songs of Zhivago, Concerto breve,
Sinfonietta Nr. 2 ”Jacob’s Well“
Adrian Thompson, Tenor – Tschechische Philharmonie,
Leitung: Ronald Zollman – Joanna Sobowska, Klavier –
Prager Radio-Sinfonie-Orchester, Leitung: Vladimír Válek
NEOS 10711 (U01)
Ladislav KUBÍK (*1946)
Kammermusik Teil III: Portrait, Songs of Zhivago,
Trio „Metamorphoses“ für Klarinette, Cello und Klavier,
Sonate für Posaune und Klavier
James Nalley & Mark Packwood, Klavier – Adrian Thompson,
Tenor – Trio Con Brio – Jay Evans, Posaune u. a.
COL 20252 (T01)
Doppelporträt eines vielseitigen Komponisten
Ladislav Kubík, 1946 geboren in Prag,
verbindet seine Musik durchweg mit
konkreten Situationen und Ereignissen, die im jeweiligen Werk reflektiert werden. Diese Orientierung mag
sich bereits während des Studiums an
der Prager Akademie der Musischen
ˇ Pauer
Künste, wo Emil Hlobíl und Jirí
seine Lehrer waren, geformt haben.
Die Wirkung von Kubíks Musik
beweisen seine Erfolge bei Kompositionswettbewerben – angefangen von
der Internationalen Komponistentribüne der UNESCO in Paris 1974 bis
hin zum Sieg im Prager Franz KafkaKompositionswettbewerb im Jahr
1993. Seit 1991 ist Ladislav Kubík
Professor für Komposition an der
Staatlichen Universität von Florida.
Die beiden hier neu veröffentlich-
ten CDs bilden gemeinsam ein breitangelegtes Porträt des Komponisten,
werden auf ihnen doch größer besetzte
Orchesterwerke und Kammermusik
präsentiert. Eine interessante Repertoiredoublette bilden hierbei die Songs
of Zhivago, die einmal mit Orchester
und einmal mit Klavierbegleitung
erklingen.
harmonia mundi magazin
15
Erben und Botschafter einer großen
Tradition – Das Talich Quartett
1964 gründeten vier junge Absolventen des Prager Konservatoriums ein
Streichquartett und wählten Václav
Talich, den legendären Chefdirigenten
der Tschechischen Philharmonie, zu
ihrem Namenspatron. Die Übernahme
dieses Namens bedeutete für die
jungen Musiker eine anspruchsvolle
Selbstverpflichtung, nicht zuletzt weil
Jan Talich, der Bratscher des Talich
Quartetts, Václav Talich zu seinen
Vorfahren zählt. In den mehr als vierzig Jahren seines Bestehens hat das
Quartett mit seinen feinfühligen und
eleganten Interpretationen Bewunderung und Begeisterung erregt und sich
internationales Renommee erobern
können. Calliope präsentiert hier neun
Aufnahmen des Ensembles als Wiederveröffentlichung zum Sonderpreis.
W. A. MOZART (1756-1791)
Felix MENDELSSOHN BARTHOLDY
(1809-1847)
Dimitri SCHOSTAKOWITSCH
(1906-1975)
Streichquartette op. 44 Nr. 1 D-Dur,
Nr. 2 e-moll, Nr. 3 Es-Dur
CALL 5302 (I01)
Klavierquintett g-moll op. 57
& Streichquartett Nr. 8 c-moll op. 110
mit Yakov Kasman, Klavier
CALL 5320 (I01)
Felix MENDELSSOHN BARTHOLDY
(1809-1847)
Ludwig van BEETHOVEN
(1770-1827)
Streichquartette B-Dur op. 12
& a-moll op. 13
CALL 5311 (I01)
Streichquartette op. 18 Nr. 1 F-Dur,
Nr. 2 G-Dur, Nr. 3 D-Dur
CALL 5633 (I01)
Felix MENDELSSOHN BARTHOLDY
(1809-1847)
Ludwig van BEETHOVEN
(1770-1827)
Streichquartette Es-Dur, f-moll op. 80,
Stücke für Streichquartett op. 81
CALL 5313 (I01)
Streichquartette op. 18 Nr. 4 c-moll,
Nr. 5 A-Dur, Nr. 6 B-Dur
CALL 5634 (I01)
Streichquintette g-moll KV 516
& C-Dur KV 515
mit Karel Rehak, Viola
CALL 5231 (I01)
W. A. MOZART (1756-1791)
Streichquintette c-moll KV 406 & B-Dur
KV 174, Klarinettenquintett A-Dur KV 581
mit Karel Rehak, Viola
& Bohuslav Zahradnik, Klarinette
CALL 5232 (I01)
W. A. MOZART (1756-1791)
Streichquintette D-Dur KV 593
& Es-Dur KV 614
mit Karel Rehak, Viola
CALL 5233 (I01)
16
harmonia mundi magazin
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