Inhaltsverzeichnis - Lehrstuhl Experimentelle Physik III

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Inhaltsverzeichnis
1 Aufbau des Nervensystems
1.1 Das zentrale Nervensystem (ZNS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Das periphere Nervensystem (PNS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2
3
2 Aufbau einer Nervenzelle
4
3 Ruhemembranpotential
7
4 Aktionspotential
14
4.1 Aufbau und Funktion spannungsgesteuerter Ionenkanäle . . . . . . . . . . . . . 14
4.2 Ablauf des Aktionspotentials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
4.3 Charakteristika des Aktionspotentials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
5 Erregungsleitung
21
5.1 Zwei Arten der Erregungsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
5.2 Leitungsgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
5.3 Stofftransport in Nervenfasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
6 Erregungsübertragung
6.1 Formen der Erregungsübertragung . . . . . . . . . . . . .
6.2 Transmitter und Transmitter - Rezeptor - Komplex . . . .
6.3 Postsynaptische Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.4 Zeitliche und Räumliche Summation von EPSP und IPSP
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28
32
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7 Erregungsausbreitung im Neuronenverband
35
8 Quellenangaben
37
1
Seminar Medizinphysik
Informationsübertragung im Nervensystem
Ariane Fillmer - [email protected]
25.10.2006
Informationsübertragung im Nervensystem
1 Aufbau des Nervensystems
Durch den Begriff ”Nervensystem” werden alle Nervenzellen und die Art, wie diese angeordnet
und miteinander verbunden sind, bezeichnet. Das menschliche Nervensystem lässt sich in zwei
”Untersysteme” aufteilen, das zentrale Nervensystem (ZNS) und das periphere Nervensystem
(PNS).
1.1 Das zentrale Nervensystem (ZNS)
Abbildung 1: Das ZNS umfasst das Gehirn und das Rückenmark
Unter dem zentralen Nervensystem werden das Gehirn und das Rückenmark zusammengefasst. Seine Aufgaben sind:
• Integration aller ’sensiblen’ Reize, die ihm - afferent - von innerhalb oder außerhalb des
Organismus zugeleitet werden. (afferent: vom peripheren Nervensystem)
• Koordination sämtlicher motorischer Eigenleistungen des Gesamtorganismus
• Regulation aller dabei ablaufenden innerorganischen Abstimmungsvorgänge, zwischen
den organischen Subsystemen oder Organen, einschließlich solcher hormoneller Art.
Das ZNS wird eingeteilt in graue und weiße Substanz. Die graue Substanz liegt im Gehirn außen und im Rückenmark innen. Sie besteht hauptsächlich aus den Nervenzellkörpern (Soma).
Die weiße Substanz besteht hauptsächlich aus den Nervenfasern, also Axonen und Dendriten.
Der Unterschied zwischen beiden ist mit bloßem Auge anhand der namensgebenden Farbe zu
erkennen. Das zentrale Nervensystem ist durch Knochen (Schädel und Wirbelspinalkanal) und
durch die Blut - Hirn - Schranke geschützt. Die Blut - Hirn - Schranke dient dazu, Milieubedingungen im Gehirn aufrechtzuerhalten. Die Gefäßwände der Blutgefäße im Gehirn sind
2
so aufgebaut, dass fast keine Substanzen aus dem Blut ins Hirngewebe diffundieren können.
Lipidlösliche Stoffe, wie die Atemgase O2 und CO2 , aber auch Alkohol, Nikotin, LSD, MDMA
(Ecsatsy), Heroin ect., können die Endothelzellen (Beschichtung der Gefäßwände, haben je
nach Gefäßart unterschiedliche Aufgaben, bei Nervenzellen bilden sie anatomisch gesehen die
Blut - Hirn - Schranke) passieren, wasserlösliche Stoffe nur in sehr geringem Maße auf passivem Weg. D - Glucose, die vom Gehirn in großen Mengen benötigt wird, ist nicht lipidlöslich.
Für diese und andere vom Gehirn benötigte Substanzen stehen sogenannte Carriersysteme zur
Verfügung.
1.2 Das periphere Nervensystem (PNS)
Abbildung 2: Das periphere Nervensystem umfasst alle Nerven, die nicht zum ZNS gehören.
Das periphere Nervensystem umfasst alle Nervenzellen, die nicht zum ZNS gehören.
Eine starre Abgrenzung von ZNS und PNS ist funktional allerdings nicht sehr sinnvoll, da die
motorischen (für die Bewegung zuständigen) und die vegetativen (für die Funktion der inneren
Organe zuständigen) Neurone ihre Zellkörper im ZNS haben, die Fortsätze aber ins PNS reichen. Die sensiblen (für Empfindungen zuständigen) Neurone haben dagegen ihre Zellkörper
fast ausnahmslos in Nervenknoten (Ganglien) im PNS, ihre Fortsätze ziehen aber fast alle ins
ZNS, wo die eigentliche Informationsverarbeitung stattfindet und bewusste oder unbewusste
(Reflex) Reaktionen ausgelöst werden. Nur beim intramuralen Nervensystem (Nerven in der
Wand von inneren Organen) findet die Informationsverarbeitung teilweise unabhängig vom
ZNS statt.
Das PNS wird weiter unterteilt in das somatische und das autonome Nervensystem.
Das somatische (auch: animalsiches) Nervensystem regelt die Funktionen, die der Beziehung
3
zur Außenwelt dienen, also der willkürlichen und reflektorischen Motorik, sowie der Oberflächenund Tiefensensibilität. Das autonome (auch: vegetative oder viscerale) Nervensystem kontrolliert die ”Vitalfunktionen”, wie Herzschlag, Atmung, Blutdruck, Verdauung und Stoffwechsel.
Außerdem werden Sexualorgane, das Blutgefäßsystem und die inneren Augenmuskeln vom autonomen Nervensystem beeinflusst. Es ist ”autonom” weil den Menschen die Kontrolle durch
das Bewusstsein über diesen Teil des Nervensystems entzogen ist.
2 Aufbau einer Nervenzelle
Abbildung 3: Schematische Darstellung des Aufbaus eines typischen Neurons
Eine Nervenzelle (auch: Neuron) besteht aus dem Zellkörper (Soma), den Dendriten, einem
Axon, das von Myelinscheiden umwickelt ist, und den Synapsen (siehe Abb. (3) und (4)).
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Abbildung 4: Schematische Darstellung einer Nervenzelle
Das Soma enthält den Zellkern und verschieden Zellorganellen, wie z.B. raues und glattes
endoplasmatisches Retikulum und Mitochondrien. Es hat eine Größe von etwa 0,25mm und
in ihm werden alle, für die Arbeit der Nervenzelle wichtigen Stoffe, also Neurotransmitter,
produziert.
Aus dem Soma wachsen die sogenannten Neuriten aus. Das sind zum einen die Dendriten, die
Signale zum Soma hinleiten und zum anderen das Axon, das Signale vom Soma wegleitet.
Die verzweigten Dendriten (siehe Abb. (2)) nehmen Signale, entweder von anderen Nervenzellen oder Sinneszellen, auf und leiten diese zum Soma weiter, wo diese verarbeitet werden.
Das geschieht durch räumliche und zeitliche Summation von Änderungen des Membranpotentials. Diese Summe zu einem gegebenen Zeitpunkt an einem gegebenen Ort, der meistens der
Axonhügel ist, überschreitet entweder das Membranschwellenpotential und löst ein Aktionspotential aus, oder es wird kein Signal weitergeleitet.
Der Dendritenbaum einer einzigen (menschlichen) Nervenzelle kann mit 100.000 bis 200.000
Fasern anderer Neuronen in Kontakt stehen.
5
Abbildung 5: Charakteristische Anordnung dendritischer Fortsätze verschiedener Nerven im
ZNS. a: Großhirnrinde b: Kleinhirnrinde c: Rückenmark
Der Axonhügel ist die Ursprungsstelle des Axons am Soma. Da hier das Schwellenpotential
stark reduziert ist, wirkt er als Initialsegment, von dem die Aktionspotentiale an das Axon
weitergeleitet werden. Durch das niedrige Schwellenpotential ist außerdem sichergestellt, dass
Aktionspotentiale nur an einem Ort entstehen und weitergeleitet werden. Da bei ausreichender
Reizintensität das Neuron an jeder Stelle erregt werden kann und das Signal in jede Richtung
weitergeleitet werden kann, ist der Axonhügel also verantwortlich für die gerichtete Erregungsleitung.
6
Das Axon leitet das Aktionspotential vom Soma zu den Synapsen weiter. Außerdem werden die im Soma gebildeten Neurotransmitter und Enzyme durch das Axon zu den Synapsen
transportiert. Je nach Typ der Nervenzelle kann das Axon von 1µm bis über einen Meter lang
sein. Das Axon wird von mehreren aufeinanderfolgenden Myelinscheiden umhüllt. Die Lücken
zwischen den Myelinscheiden heißen Ranvier’sche Schnürringe.
Das Axon und die Hülle bilden eine sogenannte markhaltige Nervenfaser. Marklose Nervenfasern, also Axone, die keine Myelinscheide haben, kommen vor allem bei wirbellosen Tieren
vor.
Das Axon mündet in sogenannten Endknöpfchen, die den präsynaptischen Teil der Synapse
bilden. Die Synapse ist der Verbindungspunkt zwischen zwei Nervenzellen, an dem die Reizübertragung meist durch chemische Botenstoffe, dei Neurotransmitter, passiert. Durch die
Synapsen werden die Nervenzellen also zu einem Netzwerk verschaltet. Ein Neuron hat bis zu
10.000 Synapsen, das menschliche Gehirn etwa 1 Billiarde.
3 Ruhemembranpotential
Die Membran einer Nervenzelle (Abb. (6)) besteht, wie die Membran von anderen Zellen aus
einer Doppellipidschicht, in die Proteine eingelagert sind.
Abbildung 6: Typische Struktur einer Zellmembran
Sowohl im Intra- als auch im Extrazellulärraum sind in wässriger Lösung u.a. Salze vorhanden.
Besonders wichtig sind hier N aCl und KCl. Normalerweise würden sich die Konzentrationen
von N a+ und K + im Intra- und Extrazellulärraum ausgleichen, aber die sogenannte Natrium
- Kalium - Pumpe (siehe Abb. (7)) ”pumpt” Natrium aus der Nervenzelle heraus und Kalium
in die Nervenzelle hinein. Dafür wird Energie benötigt, die aus dem Zellstoffwechsel in Form
von ATP bereitgestellt werden muss. Stöchiometrisch bedeutet das: Die Energie die bei der
Spaltung von ATP in ADP und P freigesetzt wird, reicht aus um 3 N a+ aus der Zelle zu ”pumpen” und 2 K + in die Zelle zu ”pumpen”, wobei die Aktivität der N a+ - K + - Pumpe von
der Ionenkonzentration zu beiden Seiten der Membran abhängt. An der Stöchiometrie wird
außerdem deutlich, dass die N a+ - K + - Pumpe ”elektrogen” arbeitet, d.h. dass ein Potential
7
entsteht, bzw. aufrechterhalten wird.
Abbildung 7: Schematische Darstellung der Funktionsweise der Natrium - Kalium - Pumpe
Durch die N a+ - K + - Pumpe ist die Konzentration von Natrium außerhalb der Zelle sehr
viel höher als innerhalb. Für K + ist es genau andersherum. Auch für Cl− - Ionen bildet sich
infolge eines aktiven Transports ein Konzentrationsungleichgewicht (siehe Tabelle (1)).
K + ( mmol
l )
mmol
+
Na ( l )
Cl− ( mmol
l )
intrazellulär
120 - 150
5 - 15
4-5
extrazellulär
4-5
140 - 150
120 - 150
Tabelle 1: Ionenkonzentrationen im Intra- und Extrazellulärraum von erregbaren Zellen bei
Warmblütern
Es hat sich also über der Membran ein Konzentrationsgradient ausgebildet. Daraus resultiert
eine Kraft, die vom Ort der höheren Konzentration zum Ort der niedrigen Konzentration gerichtet ist. Diese Kraft kann aber nur dann in Bewegung umgesetzt werden, wenn die Membran
für die entsprechenden Ionen durchlässig ist.
Die Zellmembran einer Nervenzelle ist für K + - Ionen relativ gut durchlässig, für N a+ - Ionen
dagegen so gut wie gar nicht. Dafür sind in die Membran eingelagerte Proteine verantwortlich,
die die Membran durchsetzen und porenförmige Ionenkanäle (siehe Abb. (8)) bilden. Diese
Ionenkanäle sind nur für bestimmte Ionen durchlässig (selektiv permeabel), was zum einen
auf die Größe der Ionen (mitsamt der Hydrathülle) und der Kanäle zurückzuführen ist, zum
anderen auch auf die Bindungsaffinität des hindurchtretenden Ions im Kanal. Außerdem können die Kanäle verschiedene ”Konformationszustände” annehmen, d.h. sie können offen bzw.
aktiviert, oder geschlossen bzw. inaktiviert sein.
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Abbildung 8: Die Ionenkanäle der Nervenzellmembran sind die Ursache der selektiven Permeabilität
Die Ionenströme die durch Membrankanäle fließen können mit der sog. Spannungsklemme
gemessen werden. Dabei wird über der Membran eine bestimmte Spannung eingestellt und
konstant gehalten. Damit diese Spannung konstant bleibt muss der Ionenstrom durch die
Kanäle genau kompensiert werden.
Mit der „Patch Clamp Methode“ (siehe Abb. (9)) kann der Strom durch einzelne Kanäle
erfasst werden. Mit einer Kapilare wird ein kleiner Membranfleck angesaugt, der möglichst
wenige Kanäle enthält. Dann wird das Potential auf einen konstanten Wert eingestellt und
der benötigte Kompensationsstrom gemessen.
Abbildung 9: Schematische Darstellung der ”Patch - Clamp - Methode”
Dadurch, dass Kalium aus der Zelle herausströmt, baut sich ein elektrisches Feld auf, mit dem
negativen Pol im inneren der Zelle. Diese Potentialdifferenz, die sich über der Zellmembran
9
aufbaut wird Ruhemembranpotential genannt.
Das Membranpotential kann mit Mikroelektroden (Glasröhrchen mit einem Spitzendurchmesser von 0, 1 bis 1µm) gemessen werden (siehe Abb. (10)). Die Mikroelektrode wird in den
Intrazellulärraum eingeführt und mit einer Elektrolytlösung gefüllt, so dass eine elektrisch
leitende Verbindung zum Zellinneren hergestellt ist. Eine (meist größere) Referenzelektrode
wird im Extrazellulärraum angebracht. Mit einem Spannungsmessgerät kann nun das Membranpotential abgelesen werden.
Abbildung 10: Ableitung des Membranpotentials mit einer Mikroelektrode
Das intrazelluläre Potential kann außerdem mit der ”Patch - Clamp - Technik” registriert werden. Dazu wird ein Membranfleck mit einer speziellen Elektrode geöffnet um einen elektrischen
Zugang zum Zellinneren zu erhalten.
Durch das entstehende elektrische Feld, welches die K + - Ionen ins innere zieht, ist der K + Ausstrom begrenzt. Sind die zwei treibenden Kräfte (siehe Abb. (11)), also der Ionenkonzentrationsgradient und das elektrische Feld, im Gleichgewicht hat sich das sog. Kaliumgleichgewichtspotential eingestellt (siehe Abb. (12)). Dabei ist der Nettokaliumstrom gleich Null.
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Abbildung 11: Schematische Darstellung der zwei treibenden Kräfte, die für die Einstellung
des Ruhemembranpotentials verantwortlich sind.
Abbildung 12: Schematische Darstellung der Einstellung des Ruhemembranpotentials durch
das Zusammenwirken der N a+ - K + - Pumpe und der treibenden Kräfte
Bei den meisten Warmblütern liegt das K + - Gleichgewichtspotential zwischen -80 und -90mV,
wobei das Zellinnere den negativen Pol bildet.
Das Gleichgewichtspotential lässt sich nach der Nernst - Gleichung berechnen:
11
RT
intrazellulreKonzentration
· ln
(1)
zF
extrazellulreKonzentration
(R, allgemeine Gaskonstante, T, absolute Temperatur, z, Wertigkeit des Ions, F, Faraday Zahl
◦C
As
(96500 mol
bzw. mol
))
Für eine Temperatur von 37◦ C und den Werten aus Tabelle (1) ergibt sich dann ein K + Gleichgewichtspotential von :
E=
120
(2)
4
An natürlichen Membranen kommen Abweichungen des Ruhemembranpotentials vom K + Gleichgewichtspotential vor. Das liegt vor allem daran, dass, anders als im bisher beschriebenen
Modell, eine natürliche Membran auch für N a+ und Cl− durchlässig ist. Das Verhältnis der
Permeabilitäten ist dabei:
EK + = −61mV · log
PK + : PN a+ : PCl− = 1 : 0, 04 : 0, 45
(3)
Bereits der N a+ - Einstrom durch die Membran reicht also aus, um das Ruhemembranpotential in positiver Richtung zu verschieben, da hier beide treibenden Kräfte nach innen gerichtet
sind.
Das Ruhemembranpotential kann auf zwei verschiedene Arten geändert werden: Änderung der
Ionenkonzentrationsgradienten oder Änderung der Ionenpermeabilitäten der Membran.
Um die Änderung des Membranpotentials experimentell zu untersuchen werden zwei Mikroelektroden in die Zelle eingeführt (siehe Abbildung (13) und Tabelle (2)). Die erste (ME1)
ist zur Ableitung des Membranpotentials, die zweite (ME2) zur Veränderung des Membranpotentials. Es werden verschiedene Ausgangswerte für das Membranpotential eingestellt und
dann die Permeabilität für K + - Ionen selektiv erhöht.
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Abbildung 13: Veränderungen des Membranpotentials einer Nervenzelle bei erhöhter K + Permeabilität (PK + ) je nach Ausgangswert des Membranpotentials (MP). Die
Pfeile des rechten Bildteils symbolisieren die Kraft durch die Konzentrationsdifferenz (1), die Kraft durch die Potentialdifferenz (2) und die Nettokraft (3)
13
MP vor Erhöhung
der PK +
depolarisiert
(positiver als normopolarisiert)
normopolarisiert
polarisiert am
K + - Gleichgewichtspotential
(negativer als normopolarisiert)
hyperpolarisiert
(negativer als normopolarisiert)
Potentialdifferenz
Nettokraft
MP bei Erhöhung
im Vergleich
zur Normopolarisation
kleiner
im Vergleich
zur Normopolarisation
größer, auswärts
der PK +
-
-
größer
kleiner,
d.h. keine
deutlich größer
etwa gleich,
einwärts
stark
hyperpolarisiert
schwach
hyperpolarisiert
keine Änderung
depolarisiert
Tabelle 2: Veränderungen des Membranpotentials einer Nervenzelle bei erhöhter K + - Permeabilität (PK + ) je nach Ausgangswert des Membranpotentials (MP).
4 Aktionspotential
Die am Potentialaufbau beteiligten Ionenkanäle ändern ihre Permeabilität nicht. Ein zweites
Kanalsystem in der Membran der Neurone kann allerdings für kurze Zeit seine Leitfähigkeit
für K + und N a+ ändern. Da diese Permeabilitätsänderung durch eine Spannungsänderung
hervorgerufen wird, nennt man diese Kanäle ”spannungsgesteuerte Ionenkanäle”. Die durch die
spannungsgesteuerten Ionenkanäle ausgelösten Änderungen des Membranpotentials werden als
Aktionspotentiale bezeichnet. Durch diese werden Informationen kodiert.
4.1 Aufbau und Funktion spannungsgesteuerter Ionenkanäle
Es gibt drei Typen von spannungsgesteuerten Ionenkanälen: Kaliumkanäle, Natriumkanäle
und Calciumkanäle, die für das jeweilige Ion durchlässig sind. Ihre Permeabilität steigt, wenn
die Membran depolarisiert wird.
Der Aufbau der Kanäle wird hier am Beispiel des Kaliumkanals erläutert (siehe Abb. (14)).
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Abbildung 14: Schematischer Aufbau der spannungsgesteuerten Ionenkanäle am Beispiel eines
Kaliumkanals
Der Kaliumkanal besteht aus vier Untereinheiten, die widerum aus sechs Segmenten (Proteine
in α - Helix - Struktur) bestehen. Die einzelnen Segmente sind in die Membran eingelagert
und durch Aminosäureketten miteinander verbunden. Ein Ionenkanal kann mindestens drei
Funktionszustände annehmen (siehe Abb.(15)):
1. Die Ionenkanäle können geschlossen sein
2. Die Kanäle können durch Depolarisation geöffnet sein. Dabei wird das Kanalmolekül umgelagert. Die dabei auftretenden Ladungsverschiebungen sind als sogenannte Torstrome
(Gating Currents) messbar.
3. Während der Depolarisation können die Kanäle inaktiviert werden. Der inaktivierte
Zustand (sekundäre Geschlossenheit) kann nur durch eine Repolarisation der Membran
wieder aufgehoben werden.
15
Abbildung 15: Schematische Darstellung der möglichen Funktionszustände von spannungsgesteuerten Ionenkanälen
Diese Funktionszustände sind durch verschiedene Pharmaka beeinflussbar. Die Öffnung von
Ionenkanälen lasst sich beispielsweise durch Tetrodotoxin (TTX) oder Lokalanästhetika wie
Lidokain blockieren. Tetraethylammonium (TEA) underdrückt die Öffnung von Kaliumkanälen und anorganische zweiwertige Ionen oder biologische Toxine unterdrücken die Öffnung der
Calciumkanäle.
4.2 Ablauf des Aktionspotentials
Abbildung 16: Zeitlicher Verlauf eines Aktionspotentials
Kleine Änderungen des Membranpotentials werden durch die ”treibenden Kräfte” des Ruhemembranpotentials schnell wieder ausgeglichen. Erst wenn bei der Depolarisation das Membranpotential einen kritischen Wert erreicht öffnen sich die spannungsgesteuerten Ionenkanäle.
Diesen kritischen Wert nennt man Membranschwelle.
16
Nach überschreiten der Membranschwelle werden zunächst die N a+ - Kanäle geöffnet. Da
sowohl der Konzentrationsgradient, als auch das elektrische Feld auf N a+ ins Zellinnere gerichtete Kräfte hervorrufen, strömt N a+ in die Zelle. Durch die weitere Depolarisation wird
eine positive Rückkopplung ausgelöst, d.h. es werden weitere N a+ - Kanäle geöffnet und mehr
Natrium strömt in die Zelle. Schließlich ist soviel N a+ im Zellinneren, dass sich auch der positive Pol ins Zellinnere verschoben hat. Der Betrag, den das positive Membranpotential hat,
wird Overshot genannt.
Das Membranpotential nähert sich dem N a+ - Gleichgewichtspotential, welches im positiven
Bereich liegt. Durch das positive Membranpotential ist die treibende Kraft für N a+ bereits
wieder nach außen gerichtet, der N a+ - Einstrom wird also gestoppt.
Kurz nachdem die N a+ - Kanäle geöffnet werden, öffnen sich auch die K + - Kanäle, so dass
K + - Ionen aus der Zelle ausströmen können. Die Permeabilität der K + - Kanäle wächst allerdings nur sehr langsam an und erreicht ihr Maximum erst, wenn der N a+ - Einstrom bereits
gedrosselt wird (siehe Abb. (16) und (17)).
Abbildung 17: Zeitlicher Verlauf des Ionenein- und -ausstroms bei einem Aktionspotential
Die Kaliumkanäle inaktivieren sich, ebenso wie die Natriumkanäle, selbstständig und das
Membranpotential nähert sich wieder dem K + - Gleichgewichtspotential. Das Verhalten einzelner spannungsgesteuerter Ionenkanäle lässt sich durch die ”Patch - Clamp - Registrierung”
erfassen. Die Patch - Elektrode umschließt einen Membranflecken mit einzelnen Kanälen, über
dem das Potential plötzlich für eine bestimmte Dauer gesenkt wird. Die durch das ”Komandopotential” ausgelösten Ströme erlauben einen Rückschluss auf die Funktion der Kanäle.
Nach Beendigung des Aktionspotentials kann es passieren, dass das Membranpotential über
den Wert des Ruhemembranpotentials hinaus hyperpolarisiert wird, da der K + - Ausstrom
bei vielen Nervenzellen den N a+ - Einstrom überdauert. Ein sog. hyperpolarisierendes Nachpotential kann aber auch durch gesteigerte Aktivität einer N a+ - K + - Pumpe entstehen. Im
Gegensatz dazu gibt es auch sog. depolarisierende Nachpotentiale. Diese entstehen, wenn der
N a+ - Einstrom nur verzögert ab- und der K + - Ausstrom nur verzögert eingeschaltet wird.
4.3 Charakteristika des Aktionspotentials
Die Form des Graphen eines Aktionspotentials ist abhängig von der Zellart. Die Depolarisation
erfolgt innerhalb von weniger als 1ms mit einer maximalen Depolarisationsgeschwindigkeit von
17
1000 Vs . Die Repolarisation hat bei verschiedenen Zelltypen einen unterschiedlichen Zeitverlauf.
Bei Nerven stellt sich das Ruhepotential innerhalb von 1ms wieder ein. Bei Muskelzellen erfolgt zunächst ebenfalls eine schnelle Repolarisation, die sich aber bei etwa -60 bis -70mV stark
verlangsamt. Das Ruhepotential wird erst nach ca. 10ms wieder erreicht. Diese verzögerte Repolarisationsphase wird ebenfalls depolarisierendes Nachpotential genannt. Beim Herzmuskel
verläuft die Repolarisation im positiven Bereich sehr langsam, und es bildet sich ein Plateau.
Erst nach 200 bis 300ms hat sich das Ruhepotential wieder eingestellt (siehe Abb. (18)).
Abbildung 18: Typischer Verlauf von Aktionspotentialen bei verschiedenen Zelltypen
Die Amplitude des Aktionspotentials ist unabhängig von der Höhe der Depolarisation. Wird
die Membranschwelle erreicht, so wird ein Aktionspotential ausgelöst, andernfalls wird keins
ausgelöst. Diese Reaktionsweise wird als ”Alles - oder - Nichts - Regel” bezeichnet. Die Amplitude der Aktionspotentiale ist aber nicht konstant hoch. Ihre Höhe hängt vom Ausgangsmembranpotential ab.
Abbildung 19: Aktivierbarkeit der N a+ - Kanäle bei konstantem Ruhemembranpotential aber
unterschiedlichen Ca2+ - Konzentrationen
Die Erregbarkeit der Membran ist außerdem vom extrazellulären Ionenmilieu abhängig. Sinkt
z.B. die Ca2+ - Konzentration, genügen schon geringere Depolarisationen um ein gleiches Maß
18
an Kanalaktivierungen zu erreichen als bei normaler Ca2+ - Konzentration. Durch weniger
Ca2+ wird die Membran also erregbarer (siehe Abb. (19)). Eine verminderte Ca2+ - Konzentration, infolge von beispielsweise zu geringer Calziumzufuhr durch die Nahrung oder einer D
- Avitaminose, infolge derer Calcium im Darm nicht, oder nur in geringer Menge, resorbiert
werden kann, führt zu einer Übererregbarkeit des Nervensystems, deren Symptome z.B. unkontrollierbare Kontraktionen der Skelettmuskulatur und Streckkrämpfe der Beine sind. Auch
Spasmen der Bronchien gehören zu den Symptomen.
Abbildung 20: Aktivierbarkeit der Natriumkanäle in Abhängigkeit vom Ruhemembranpotential
Infolge dessen, dass der N a+ - Einstrom vom Ausgangsmembranpotential abhängt (siehe Abb.
(20)), kann während eines Aktionspotentials kein weiteres Aktionspotetnial ausgelöst werden,
auch nicht mit hohen Depolarisationen. Erst in der späten Repolarisationsphase sind die N a+ Kanäle zunehmend wieder aktivierbar. Die Depolarisation muss allerdungs um so höher sein,
je früher sie an das vorangegangene Aktionspotential anschließt. Das liegt daran, dass die
Membranschwelle direkt nach einem Aktionspotential sehr weit vom Ruhemembranpotential
entfernt ist und sich nur langsam auf ihren normalen Wert einstellt. Dieses Phänomen heißt
Refraktärität und lässt sich in zwei Phasen unterteilen (siehe Abb. ()):
• Während der absoluten Refraktärphase kann kein neues Aktionspotential ausgelöst werden, egal wie hoch die Depolarisation ist.
• Während der relativen Refraktärphase können zwar Aktionspotentiale ausgelöst werden,
jedoch sind dazu höhere Depolarisationsamplituden notwendig als zur Auslösung des
vorangegangenen Aktionspotentials.
19
Abbildung 21: Darstellung der Refraktärität eines Neurons im Anschluss an ein Aktionspotential
Die Wiederholungsfrequenz für neuronale Erregungen ist also durch die Refraktärzeit begrenzt.
20
5 Erregungsleitung
5.1 Zwei Arten der Erregungsleitung
Es gibt zwei Typen von Erregungsleitung: Die kontinuierliche und die saltatorische.
Bei Nervenfasern, die keine Myelinscheide haben, läuft die Erregungsleitung kontinuierlich ab.
Ist an einer Stelle der Nervenfaser ein Aktionspotential ausgebildet, so liegt an dieser Stelle der
positive Pol der Potentialdifferenz im Inneren der Zelle und der negative Pol im Extrazellulärraum. Beim Rest der Zelle ist es umgekehrt. Es bildet sich also zusätzlich zur Potentialdifferenz
über der Membran eine Potentialdifferenz entlang der Membran aus. Dadurch wird ein Kationenstrom erzeugt, der die Membran in den Nachbarbereichen depolarisiert, wodurch an dieser
Stelle ein Aktionspotential ausgelöst wird. Das Aktionspotential ist also entlang der Membran
gewandert.
Abbildung 22: Schematische Darstellung der saltatorischen Erregungsleitung
Der Unterschied zur saltatorischen Erregungsleitung ist durch die isolierende Myelinscheide
gegeben. Die Myelinscheide umwickelt die Nervenfaser. Je dicker die Myelinscheide, desto stärker wird die Nervenfaser elektrisch isoliert, und umso geringer ist der Ionenaustausch zwischen
Inter- und Extrazellulärraum. Die Ionenströme die sich zu beiden Seiten der Membran bei einem Aktionspotential bilden, und für die Weiterleitung des Aktionspotentials verantwortlich
sind, müssen also bis zum nächsten Ranvier’schen Schnürring fließen, um das nächste Aktionspotential auszulösen (siehe Abb. (22)). Der Weg, den das Aktionspotetial ”zurücklegt” ist,
bei der markhaltigen Nervenfaser, in der gleichen Zeit also viel größer (siehe Abb. (23)).
21
Abbildung 23: Gegenüberstellung der kontinuierlichen Erregungsleitung in einer marklosen
Nervenfaser (links) und der saltatorischen Erregungsleitung in einer myelinisierten Nervenfaser (rechts)
Bei multipler Sklerose werden vom körpereigenen Immunsystem die Myelinscheiden im ZNS
zerstört. Die Ursachen dafür sind noch nicht vollständig geklärt, es wird jedoch ein Virus als
22
Auslöser angenommen. Durch den Myelinscheidenzerfall wird die Erregungsleitung verzögert
und zum Teil sogar unterbrochen. Folgen können u.a. Lähmungen, Inkontinenz und Demenz
sein.
Abbildung 24: Professor Henner Ertel (62) vom ”G.R.P. Institut für Rationelle Psychologie”
Einen gegenteiligen Effekt kann man mit Sport erreichen. Eine Gruppe von Forschern um Henner Ertel (siehe Abb. (24)), Professor für Neuropsychologie am G.R.P. Institut für Rationelle
Psychologie, hat herausgefunden, dass ”durch eine Kombination von aerobem Bewegungstraining und Lernen” die Anzahl der Neuronen im Gehirn zunimmt, es zu neuen synaptischen
Verbindungen kommt, und die Myelinisierung der Nervenzellen sich verbessert. Mit aerobem
Bewegungstraining ist gemeint, dass die benötigte Energie durch Verbrennung von Sauerstoff
bereitgestellt wird. Außerdem muss bei diesem Training ein bestimmter, individueller Pulswert ziemlich genau eingehalten werden. Durch ein solches Training kommt es dann, wie eine
Studie mit über 30.000 Probanden ohne Ausnahme bestätigte, ”zu einer besseren Informationsaufnahme und -verarbeitung, sowie zu mehr Kreativität und Intelligenz”.
23
Abbildung 25: Ausschnitt aus einem peripheren Nerv der Maus (20900fach, Einschaltbild
87200fach). Im linken Bildteil eine rasch leitende Nervenfaser von einer Markscheide (Schwannschen Scheide) umgeben. Im Einschaltbild wird der lamellenartige Aufbau dieser Scheide deutlich. Im rechten Bildteil langsam leitende
Nervenfasern (NF) von einer Schwannschen Zelle umgeben.
Abbildung 26: Bild einer Myelinscheide
5.2 Leitungsgeschwindigkeit
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Aktionspotentials entlang einer Nervenfaser hängt von
mehreren Faktoren ab. Grob kann man sagen:
• je größer der N a+ - Einstrom, also je größer der Strom zur Depolarisation benachbarter
Membranabschnitte
24
• je größer der Faserdurchmesser, also je geringer der intrazelluläre Widerstand
• je höher der Membranwiderstand
desto größer ist die Leitungsgeschwindigkeit. Nervenfasern können nach Leitungsgeschwindigkeiten und funktioneller Einbindung in verschiedene Gruppen Eingeteilt werden, wie die
Tabellen (3) und (4) zeigen.
Faserdurchmesser
Fasergruppe
3 - 20 µm
Aα
Leitungsgeschwindigkeit
(etwa)
80 - 120 m
s
β
γ
60
40
m
s
m
s
δ
20
m
s
1 - 3 µm
B
10
m
s
1 µm (marklos)
C
1
m
s
Funktion
motorische Impulse, afferente
Impulse von Muskelspindeln
und Sehnenorganen
Berührungsimpulse der Haut
efferente Impulse zu den kontraktilen Abschnitten der intrafusalen Muskelfasern
Impulse von Mechanorezeptoren, Kalt-, Warm- und
Schmerzrezeptoren der Haut
(rasche Schmerzfasern)
präganglionäre vegetative Fasern
postganglionäre
vegetative
Fasern und afferente Fasern
des Grenzstrangs, Impulse
von Mechano-, Kalt- und
Warmrezeptoren,
langsame
Schmerzfasern
Tabelle 3: Einteilung der Nervenfasern nach Erlanger und Gasser
25
Faserdurchmesser
Fasergruppe
13 µm
I
Leitungsgeschwindigkeit
(etwa)
80 - 120 m
s
9 µm
3 µm
II
III
60
15
1 µm (marklos)
IV
1
m
s
m
s
m
s
Funktion
Ia: afferente Impulse von Muskelspindeln, Ib: afferente Impulse von Sehnenorganen
Berührungsimpulse der Haut
afferente Impulse von tiefen
Mechanorezeptoren des Muskels
langsame Schmerzfasern
Tabelle 4: Einteilung der Nervenfasern nach Lloyd und Hunt
5.3 Stofftransport in Nervenfasern
Durch die ”Röhrenform” eignet sich das Axon einer Nervenzelle auch für den Transport von
Molekülen. Die drei wichtigsten Stofftransporte sind:
• Der schnelle, vom Zellkörper zur Synapse gerichtete, Transport erreicht eine Geschwindigkeit von bis zu 40cm pro Tag. Transportiert werden im Zellkörper produzierte Stoffe,
wie Neurotransmitter. Als Transportmedium dienen Vesikel und Ribosomen, die unter
ATP - Verbrauch an Tubuli und Filamenten entlangtransportiert werden.
• Der langsame Transport von Zellkörper zur Synapse erreicht Geschwindigkeiten von 0,1
bis 0,5cm pro Tag und transportiert Komponenten des Zellskeletts und Enzyme.
• Der Transport von der Synapse zum Zellkörper erreicht bis zu 20cm pro Tag und ist
für die Aufrechterhaltung der Eiweißsynthese im Zellkörper verantwortlich, allerdings
ist noch nicht endgültig geklärt in welcher Weise.
Außerdem können Viren intraaxonal durch den Körper transportiert werden, z.B. das Herpes
- Simplex - Virus.
6 Erregungsübertragung
6.1 Formen der Erregungsübertragung
Die Erregungsübertragung von einer Nervenzelle auf eine andere erfolgt über Synapsen. Es
gibt zwei prinzipielle Formen von Synapsen: elektrische und chemische.
Bei elektrischen Synapsen sind Prä- und Postsynapse über Proteine miteinander verbunden
(siehe Abb. (27)). Diese sogenannten Connexine bilden eine Art Tunnel, durch den Ionen von
einer Zelle in die andere gelangen können. Die Erregungsübertragung funktioniert hier also
prinzipiell wie die Erregungsleitung entlang der Membran einer Zelle.
26
Abbildung 27: Schematische Darstellung einer elektrischen Synapse
Die chemische Synapse (siehe Abb. (28)) besteht aus dem präsynaptischen Endknopf und der
postsynaptischen Membran, die durch den synaptischen Spalt voneinander getrennt sind. Die
Erregungsübertragung geschieht hier durch chemische Botenstoffe, die sogenannten Neurotransmitter.
Abbildung 28: Schematische Darstellung einer chemischen Synapse
27
6.2 Transmitter und Transmitter - Rezeptor - Komplex
Die Neurotransmitter werden in der präsynaptischen Endigung synthetisiert und normalerweise in Vesikeln gespeichert. Ein kleiner Teil der Überträgersubstanz kann aber auch frei in
der präsynaptischen Endigung vorliegen. Kommt ein Aktionspotential an der präsynaptischen
Endigung an, wird diese depolarisiert. Dadurch steigt die Konzentration von Ca2+ - Ionen
innerhalb der Zelle an, wodurch die Transmitter in den synaptischen Spalt freigesetzt werden.
Die Transmitter docken nach einem ”Schlüssel - Schloss - Prinzip” an Eiweißmoleküle, die in die
postsynaptische Membran eingelagert sind, sog. Membranrezeptoren, an. Diese sind direkt an
Membrankanäle gekoppelt, oder aktivieren intrazelluläre Botenstoffsysteme. Die Transmitter
werden nach der Rezeptorbindung durch enzymatische Spaltung, oder Herausdiffundieren aus
dem Synapsenbereich, deaktiviert. Häufig werden die Transmitter bzw. ihre Abbauprodukte
wieder in die präsynaptische Struktur zurücktransportiert.
Abbildung 29: Schematische Darstellung einer Acetylcholinsynapse
28
Abbildung 30: Querschnitt durch eine motorische Endplatte eines Frosches. Präsynaptische
Membran und postsynaptische Membran begrenzen den synaptischen Spalt.
Abbildung 31: Motorische Innervierung der Muskulatur. Die Nervenfasern spalten sich auf
und bilden am Ende die Endknöpfe der motorischen Endplatten (Vergrößerung
800fach)
Die Membrankanäle die mit einem Rezeptor verbunden sind, werden ligandengesteuerte Kanä-
29
le genannt. Diese weise eine hohe Spezifität für Transmitter sowie für die durch den Kanal
strömenden Ionen auf. Ein Rezeptor - Kanal - Molekül (hier am Beispiel einer nikoninergen
Acetylcholinsynapse) besteht aus fünf Untereinheiten, die wiederum aus vier Segmenten bestehen, die in die Membran eingelagert und durch Aminosäureketten verbunden sind (siehe
Abb. (32)).
Abbildung 32: Aufbau ligandengesteuerter Kanäle am Beispiel einer nikoninergenen Acetylcholinsynapse
Ligandengesteuerte Ionenkanäle können drei Funktionszustände haben (siehe Abb. (33)):
• Die Kanäle können geschlossen und durch Transmitter aktivierbar sein
• sie können geöffnet sein
• sie können während der Bindung eines Transmittermoleküls wieder geschlossen und nicht
aktivierbar, also dem Transmitter gegenüber unempfindlich sein
30
Abbildung 33: Funktionszustände eines ligandengesteuerten Kanals
Der Kanalöffnung liegen zwei verschiedene Prinzipien zugrunde (siehe Abb. (34)). Ist der Rezeptor Teil des Kanalproteins, führt die Bindung eines Transmitters an das Rezeptormolekül
unmittelbar zur Öffnung des Kanals, sowie eine Ablösung des Transmitters zur unmittelbaren
Schließung führt. Diese Art nennt man ionotrope Rezeptoren.
Bei einem metabotropen Rezeptor wird durch die Bindung eines Transmittermoleküls ein
guanosintriphosphatbindendes Protein aktiviert. Über sogenannte second Messenger, das sind
intrazelluläre Botenstoffe, werden Phosphorylierungsvorgänge stimmuliert, wodurch schließlich der Kanal geöffnet wird.
Abbildung 34: Prinzipien der Öffnung von ligandengesteuerten Kanälen. Links: Ionotroper
Rezeptor. Mitte und Rechts: Metabotrope Rezeptoren
Die Synapsen sind von Gliazellen umgeben, die die räumliche Ausbreitung der Transmitter
verhindern. Außerdem können die Transmitter von den Gliazellen aufgenommen werden. Die
aufgenommenen Transmittermoleküle bzw. ihre Zersetzungskomponenten werden dann zurück
zum präsynaptischen Neuron transportiert.
31
6.3 Postsynaptische Potentiale
Durch die geöffneten Kanäle entstehen Ionenströme, die in der postsynaptischen Struktur
eine Polarisationsänderung bewirken. Es entsteht also ein postsynaptisches Potential, dessen
Polung sich durch die Zusammensetzung und Richtung der synaptischen Ionenströme ergibt.
Postsynaptische Potentiale lassen sich so in zwei Typen einteilen (siehe Abb. (35) und (36)):
• exzitatorische (erregende) postsynaptische Potentiale (EPSP)
• inhibitorische (hemmende) postsynaptische Potentiale (IPSP)
Abbildung 35: Transmittergesteuerte Ionenströme an einer exzitatorischen Synapse
Abbildung 36: Transmittergesteuerte Ionenströme an einer inhibitorischen Synapse
32
Exzitatorische Synapsen, also solche an denen ein EPSP ausgelöst wird, haben Kanalmoleküle, die im aktivierten Zustand für N a+ und K + durchlässig sind. Durch die zuvor erklärten
treibenden Kräfte strömt N a+ schnell in die Zelle ein und K + nur langsam aus der Zelle
heraus. Das Potential wird also depolarisiert und nähert sich der Membranschwelle. Wird die
Membranschwelle überschritten wird ein Aktionspotential ausgelöst.
Ein IPSP wird ausgelöst, wenn in der Synapse Membrankanäle geöffnet werden, die für K +
oder Cl− durchlässig sind. Durch den K + - Ausstrom bzw. den Cl− - Einstrom wird die Membran hyperpolarisiert. Der Abstand des Membranpotentials zur Membranschwelle vergrößert
sich, wodurch die Auslösung eines Aktionspotentials unwahrscheinlicher wird.
Auch die Ströme durch ligandengesteuerte Ionenkanäle kann man mit der bereits beschriebenen ”Patch - Clamp - Registrierung” erfassen.
Ob ein Transmitter ein IPSP oder ein EPSP auslöst ist durch die Art des Rezeptors bestimmt,
aber nicht durch den Transmitter selbst. Allerdings kann man sagen, dass einige Transmitter
vorwiegend exzitatorisch, wie Acetylcholin und Glutaminsäure, oder vorwiegend inhibitorisch,
wie GABA (Gamma - Aminobuttersäure), Glycin, Serotonin und Dopamin, wirken.
Abbildung 37: Verteilung der Synapsen entlang eines Neurons
Die synaptischen Kontakte sind über der gesamten Oberfläche der Nervenzelle verteilt (siehe
Abb. (37)). Man unterscheidet axodendritische, axosomatische und axoaxonische Synapsen.
Synapsen die nah am Soma gelegen sind haben im Hinblick auf die Auslösung eines Aktionspotentials allerdings die größte Effizienz, da im Bereich des Somas mehr Membrankanäle zu
finden sind.
Axoaxonische Synapsen können eine präsynaptische Hemmung hervorrufen (siehe Abb. (38)).
Kommt in der axoaxonischen Synapse ein Aktionspotential an, kann im zweiten Axon ein
EPSP ausgelöst werden. Kommt fast gleichzeitig in diesem Axon ein Aktionspotential an,
wird seine Amplitude und Steilheit, aufgrund des verminderten Membranpotentials, verringert, weil die Amplitude eines Aktionspotentials vom Ausganspotential abhängt. Dadurch
werden aus dem zweiten Axon weniger Transmitter in den synaptischen Spalt ausgeschüttet.
33
Das EPSP im dritten Neuron ist also geringer, als es ohne das Zusammenwirken der ersten
beiden Neurone wäre. Die präsynaptische Hemmung wurde bisher vor allem im Rückenmark
gefunden.
Abbildung 38: Schematische Darstellung der präsynaptischen Hemmung durch axoaxonische
Synapsen
6.4 Zeitliche und Räumliche Summation von EPSP und IPSP
Wird in einem postsynaptischen Neuron eine Depolarisation ausgelöst, die aber nicht groß
genug ist ein Aktionspotential auszulösen, wird die ”Information” nicht weitergeleitet.
Kommen aber in der präsynaptischen Faser zwei Aktionspotentiale in kurzem zeitlichen Abstand an, so dass das erste EPSP noch nicht beendet ist, addieren sich die synaptischen Potentiale zu einer größeren synaptischen Depolarisation, die die Membranschwelle erreicht und
ein Aktionspotential auslöst. Da die Summation vom Zeitintervall abhängt, das zwischen den
beiden Aktionspotentialen liegt, wird dieser Mechanismus als zeitliche Summation bezeichnet.
Kommen an zwei Synapsen gleichzeitig, oder mit kurzer Zeitverzögerung, Aktionspotentiale
an, die EPSP’s auslösen, können sich diese ebenfalls addieren und ein Aktionspotential auslösen. Bei diesem Vorgang spricht man von räumlicher Summation.
”Verrechnet” werden außerdem postsynaptische Potentiale entgegengesetzter Polarität. So können gleichzeitig ankommende IPSP’s und EPSP’s sich in ihrer Wirkung sozusagen aufheben
und es wird kein Aktionspotential im postsynaptischen Neuron ausgelöst.
34
Abbildung 39: Schematische Darstellung der zeitlichen und räumlichen Summation von exzitatorischen und inhibitorischen postsynaptischen Potentialen
7 Erregungsausbreitung im Neuronenverband
In einer Neuronenkette wird ein Aktionspotential, vorrausgesetzt es entsteht immer ein überschwelliges EPSP, vom Startneuron zum Zielneuron zum Zielneuron durchlaufen (siehe Abb.
(40)).
Häufig sind die Neurone aber nicht in langen Ketten hintereinandergeschaltet, sondern durch
Axonkollaterale zu Netzwerken verknüpft. In solchen Netzwerken gibt es zwei unterschiedliche
Arten der Signalausbreitung. Ist das ausgelöste EPSP jeweils hoch genug um ein Aktionspotential auszulösen, kann ein Aktionspotential von einem Startneuron auf viele Zielneurone
übertragen werden. Man spricht dann von Divergenz (siehe Abb. (40)).
Ist das ausgelöste EPSP nicht groß genug um ein Aktionspotential auszulösen, kann das Aktionspotential von mehreren Startneuronen auf ein Zielneuron weitergeleitet werden, wenn
mehrere Synapsen das postsynaptische Neuron über räumliche Summation der EPSP’s erregen. Bei diesem Verhalten spricht man von Konvergenz (siehe Abb. (40).
Abbildung 40: Darstellung von Erregungsausbreitung im Neuronenverband. Links: Geradlinige Ausbreitung an einer Neuronenkette, mitte: Divergenz, rechts: Konvergenz
35
Durch die ”Verschaltung” von exzitatorischen und inhibitorischen Neuronen zu Netzwerken,
können weitere Effekte beobachtet werden.
Wird von einem exzitatorischen Startneuron ein Aktionspotential über eine Axonkollaterale
auf ein inhibitorisches Neuron übertragen und das inhibitorische Neuron das Aktionspotential
über das Axon zum Startneuron zurücksendet, wird das Startneuron für eine gewisse Zeit
unerregbar. Dadurch wird die Wiederholungsfrequenz der Aktionspotentiale im Startneuron
begrenzt. Man spricht hier von Rückwärtshemmung (siehe Abb. (41)).
Abbildung 41: Verschaltungen von exzitatorischen (grün) und inhibitorischen (rot) Neuronen,
durch die eine Rückwärtshemmung (links) und eine Vorwärtshemmung (rechts)
bewirkt wird.
Bei der Vorwärtshemmung ist das inhibitorische Neuron über sein Axon mit einem Neuron in
einer Nachbarkette verbunden. Dadurch wird die Signalweiterleitung in dieser Kette gehemmt
(siehe Abb. (41)).
Aktionspotentiale können außerdem in kreisförmigen exzitatorischen Netzwerkstrukturen ”gespeichert” werden (siehe Abb. (7)), vorrausgesetzt die erzeugten EPSP’s sind groß genug.
Solche neuronale Schaltungen, in denen Aktionspotentiale einzeln, oder zu Mustern zusammengefasst, gespeichert werden können, bilden offensichtlich die strukturelle Grundlage des
Kurzzeitgedächtnisses.
36
Abbildung 42: Neuronenverband zur Erregungsspeicherung. Exzitatorische Neurone sind grün,
inhibitorische Neurone rot dargestellt. Durch eine einmalige Aktivierung des
exzitatorischen Neurons 1 über den Eingang E1 kann in dem Neuronenkreis
(Neurone 1 − 6) bei überschwelligen EPSP’s eine Erregung gespeichert werden,
die über das Neuron 7 immer wieder einem Effektor zufließt. Durch eine Aktivierung des inhibitorischen Neurons 8 über den Eingang E2 kann bei Aufrechterhaltung der Erregungsspeicherung im Neuronenkreis der Zufluß zum Effektor
durch eine Hemmung des Neurons 7 unterbunden werden. Eine Aktivierung des
inhibitorischen Neurons 9 über den Eingang E3 führt durch eine Hemmung des
Neurons 3 zu einer Unterdrückung der kreisenden Erregung (Löschung des Erregungsspeichers)
8 Quellenangaben
• ”Physiologie”, Deetjen, Speckmann, Henschler, Elsevier (Urban & Fischer), 4. Auflage
• ”Biophysik”, Hoppe, Lohmann, Markl, Ziegler, Springer Verlag, 2. Auflage
• ”Linder Biologie”, Bayrhuber, Kull, Metzler, 20. Auflage
• ”PM Magazin” Ausgabe 1/2005
• www.wikipedia.de
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