Kent Nagano - Münchner Philharmoniker

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Kent Nagano
Anne Schwanewilms | Mihoko Fujimura
Michael Schade | René Pape
Philharmonischer Chor München,
Einstudierung: Andreas Herrmann
Donnerstag, 2. Juli 2015, 20 Uhr
Freitag, 3. Juli 2015, 20 Uhr
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R i c h a r d Wa g n e r
„Parsifal“
Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen
Vorspiel zum ersten Aufzug
Igor Strawinsky
„Symphonie de Psaumes“ (Psalmensymphonie) für Chor und Orchester
1. „Exaudi orationem meam, Domine“
2. „Expectans expectavi Dominum“
3. „Alleluia. Laudate Dominum“
Revidierte Fassung (1948)
Anton Bruckner
Messe f-Moll für Soli, vierstimmigen gemischten Chor und Orchester WAB 28
1. Kyrie | 2. Gloria | 3. Credo
4. Sanctus | 5. Benedictus | 6. Agnus Dei
Kent Nagano, Dirigent
Anne Schwanewilms, Sopran
Mihoko Fujimura, Mezzosopran
Michael Schade, Tenor
René Pape, Bass
Philharmonischer Chor München,
Einstudierung: Andreas Herrmann
Donnerstag, 2. Juli 2015, 20 Uhr
8. Abonnementkonzer t b
Freitag, 3. Juli 2015, 20 Uhr
8. Abonnementkonzer t c
Spielzeit 2014/2015
117. Spielzeit seit der Gründung 1893
Valery Gergiev, Chefdirigent (ab 2015/2016)
Paul Müller, Intendant
2
Richard Wagner: „Parsifal“
Gralswelt – gebrochene Welt ?
Egon Voss
Richard Wagner
(1813–1883)
„Parsifal“
Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen
Vorspiel zum ersten Aufzug
den Jahren 1865 und 1877. Zu Niederschriften
des definitiven Textbuchs kam es von März bis
Juni 1877 in Bayreuth. Mit der Komposition
beschäftigte sich Wagner von September 1877
bis Januar 1882 abwechselnd in Bayreuth und
während verschiedener Aufenthalte in Italien;
die vollständige Partiturreinschrift beendete er
in Palermo / Sizilien am 13. Januar 1882.
Entstehung des Vorspiels zum
ersten Aufzug
Lebensdaten des Komponisten
Geboren am 22. Mai 1813 in Leipzig; gestorben
am 13. Februar 1883 in Venedig.
Entstehung des „Bühnenweihfestspiels in drei Aufzügen“
Im Sommer 1845 beschäftigte sich Wagner nicht
nur mit dem „Meistersinger“- sondern auch erstmals mit dem „Parsifal“-Stoff. Eine erste konkrete, später verworfene Idee zur Parsifal-Gestalt
hatte Wagner dann während der Arbeit am 3.
Akt von „Tristan und Isolde“: Während seiner
Rückkehr zum Gral sollte Parsifal den siechen
Tristan am Krankenbett besuchen. Eine erste
(verschollene) Prosaskizze verfasste Wagner
im Frühjahr 1857 unter dem Eindruck eines sonnigen Karfreitags im Garten seines Zürcher
„Asyls“, weitere Prosaentwürfe entstanden in
Kompositionsskizze begonnen im September
1877; erste Niederschrift der Orchesterpartitur
abgeschlossen im Dezember 1878 (= Urfassung
mit Konzertschluss); erste selbstständige Ausgabe des Vorspiels im Oktober 1882.
Uraufführung des „Bühnenweihfestspiels in drei Aufzügen“
Am 26. Juli 1882 als Eröffnungsvorstellung der
2. Bayreuther Festspiele im Bayreuther Festspielhaus (Orchester, Chor und Solisten der
Bayreuther Festspiele unter Leitung von Hermann Levi; Inszenierung: Richard Wagner; Bühnenbilder: Paul von Joukowsky, Gotthold und
Max Brückner; Kostüme: Paul von Joukowsky;
Choreographie: Richard Fricke).
Uraufführung des Vorspiels zum ersten Aufzug
Am 25. Dezember 1878 in Bayreuth im Haus
Wahnfried unter Leitung von Richard Wagner
(Privataufführung für geladene Gäste).
3
Auguste Renoir: Portrait Richard Wagners (Januar 1882, wenige Tage nach Vollendung des „Parsifal“)
4
Richard Wagner: „Parsifal“
Ausblendung der dramatischen
Konfliktzonen
Das „Parsifal“-Vorspiel ist, nicht anders als das
Vorspiel zu „Tristan und Isolde“, thematischmotivisch nur auf einen Teil der nachfolgenden
Oper bezogen. Man könnte es ein Vorspiel allein zum 1. Akt nennen; denn es geht nahtlos
in den 1. Akt über und findet formal wie vor
allem harmonisch erst in der 1. Szene seinen
Abschluss. Für konzertante Wiedergaben ist
darum ein besonderer Konzertschluss nötig, den
Wagner 1878, noch vor Vollendung des Bühnenweihfestspiels, komponierte.
Der dramatische Konflikt, der Gegenstand der
Handlung ist, kommt im Vorspiel nicht zur Sprache: Die Welt Klingsors bleibt ebenso ausgeblendet wie die Figur der Kundry. Die Thematik,
die das Vorspiel vorstellt, ist diejenige der Gralswelt, und insofern diese nicht allein im 1., sondern ebenso im 3. Akt im Zentrum des Geschehens steht, ist das Vorspiel mehr als nur ein
Vorspiel zum 1. Akt.
Interne Spannungen und
Gefährdungen
Gleichsam säuberlich voneinander geschieden,
werden nacheinander das Abendmahls-Thema,
das Grals-Thema und das Glaubens-Thema exponiert. Das geschieht in einer statuarischen
Ruhe, wie sie für das gesamte Werk charakteristisch ist. Dann jedoch kommt es zu einer Art
Durchführung, die unüberhörbar andeutet, dass
die Gralswelt keine „heile Welt“ ist. Spannungen werden fühlbar, schmerzliche, klagende
Töne hörbar, und in der dunklen Färbung klingt
etwas an, das nicht nur geheimnisvoll anmutet,
sondern auch unheimlich oder nicht ganz geheuer wirkt.
Indem Wagner diese Andeutungen allein aus
der Gralsthematik heraus entwickelt, also ohne
jede Beimischung von Thematik aus der Gegenwelt Klingsors und Kundrys, gibt er dem Hörer
zu verstehen, dass die Konflikte der Gesamthandlung nicht nur im Gegeneinander feindlicher
Personen oder Sphären begründet sind, sondern
auch in der Gralswelt selbst, mag diese im Text
auch noch so intakt oder „heil“ erscheinen.
Der Kommentar des Komponisten
Unter dem Titel „Liebe – Glaube: – Hoffen ?“
hat Richard Wagner einige Gedankensplitter
zur Thematik des „Parsifal“-Vorspiels niedergeschrieben:
Erstes Thema: „Liebe“
„Nehmet hin meinen Leib, nehmet hin mein Blut,
um unsrer Liebe Willen !“ Verschwebend von
Engelstimmen wiederholt. „Nehmet hin mein
Blut, nehmet hin meinen Leib, auf dass ihr meiner gedenkt !“ Wiederum verschwebend wiederholt.
Zweites Thema: „Glaube“
Verheißung der Erlösung durch den Glauben.
Fest und markig erklärt sich der Glaube, gesteigert, willig selbst im Leiden. – Der erneuten
Verheißung antwortet der Glaube, aus zartesten
Richard Wagner: „Parsifal“
Höhen, wie auf dem Gefieder der weißen Taube,
sich herabschwingend, – immer breiter und voller die menschlichen Herzen einnehmend, die
Welt, die ganze Natur mit mächtigster Kraft erfüllend, dann wieder nach dem Himmelsäther
wie sanft beruhigt aufblickend. Da noch einmal
aus Schauern der Einsamkeit erhebt sich die
Klage des liebenden Mitleides: das Bangen, der
heilige Angstschweiß des Ölberges, das göttliche Schmerzensleiden des Golgatha – der Leib
erbleicht, das Blut entfließt und glüht nun mit
himmlischer Segensglut im Kelche auf, über alles, was lebt und leidet; die Gnadenwonne der
Erlösung durch die Liebe ausgießend. Auf ihn,
der, furchtbare Sündenreue im Herzen, in den
göttlich strafenden Anblick des Grales sich versenken mußte, auf Amfortas, den sündigen Hüter
des Heiligtumes, sind wir vorbereitet: wird seinem nagenden Seelenleiden Erlösung werden ?
Noch einmal vernehmen wir die Verheißung und
– hoffen !
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6
„Parsifal“: Der Inhalt
„Parsifal“
Richard Wagner
Vorgeschichte
Der fromme Held Titurel erbaute einst die Burg
Monsalvat, die zwei Heiligtümer beherbergen
sollte: den Gral und jenen Speer, der Jesus am
Kreuz verwundete. Diese heilige Waffe jedoch
verlor Titurels Sohn Amfortas im Kampf gegen
den Zauberer Klingsor. Von einem verführerischen Weib in die Falle gelockt, empfing Amfortas durch den Speer eine Wunde, die sich
seither nicht schloss. Sein einziger Trost ist die
göttliche Verheißung eines künftigen Erlösers:
„Durch Mitleid wissend, / der reine Tor, / harre
sein, / den ich erkor !“
Erster Aufzug
Wie jeden Morgen wird Amfortas zum „Heiligen See“ getragen, wo ein Bad seine Schmerzen lindern soll. Kundry reitet in wilder Hast
herbei, um dem König einen Heilbalsam zu bringen. Vor den Anpöbelungen einiger Knappen
nimmt sie der alte Gralshüter Gurnemanz in
Schutz: Wohl mag Kundry ein verwünschtes Wesen sein, doch dient sie der Ritterschaft stets
mit rastlosem Eifer. Dass sie bisweilen spurlos
verschwindet – so auch z. B., als Amfortas den
Speer verlor –, gibt freilich auch Gurnemanz zu
denken. Plötzlich verursacht ein erlegter Schwan
große Aufregung, da Tiere auf dem Gralsgebiet
heilig sind. Der ahnungslose Schütze Parsifal
ist schnell gefasst, kann aber selbst die ein-
fachsten Fragen nach Name und Herkunft nicht
beantworten. Nur Kundry kennt seine Geschichte: Sein Vater war der Held Gamuret, der noch
vor Parsifals Geburt im Kampf fiel. Um den Sohn
vor gleichem Schicksal zu bewahren, zog ihn
seine Mutter Herzeleide in völliger Abgeschiedenheit als „Toren“ auf. Als der Jüngling jedoch
eines Tages Ritter in prächtiger Rüstung vorbei­
reiten sah, folgte er ihnen. Seine Mutter starb
daraufhin aus Kummer. Um festzustellen, ob der
ob dieser Nachricht schwer betroffene Parsifal
der verheißene „reine Tor“ ist, nimmt Gurnemanz
ihn mit zum „Liebesmahle“. Dabei muss Amfortas den Gral enthüllen, dessen Aufleuchten
allen Rittern neue Lebenskraft verleiht – auch
ihm, der doch einzig sterben will. Gurnemanz
erkennt an Parsifal keinerlei Reaktion und jagt
ihn enttäuscht davon.
Zweiter Aufzug
Auch Klingsor, der die Herrschaft über den Gral
anstrebt, weiß von der Prophezeiung. Daher
trachtet er danach, dem „Toren“ Parsifal seine
„Reinheit“ zu nehmen und setzt zu diesem Zweck
Kundry ein. Sie, die auf dem Gralsgebiet unermüdlich Buße tut, wird in Klingsors Reich zur
dämonischen Verführerin. Nachdem sie Amfortas bereits vom Pfad der Tugend abgebracht
hat, soll sie nun den „kindischen Spross“ verderben, der sich soeben Zutritt zum Zaubergarten verschafft und von den zarten Blumenmäd-
„Parsifal“: Der Inhalt
chen umringt wird. Kundry zeigt sich in betörend
schöner Gestalt, evoziert durch Erzählungen von
Herzeleide eine geheimnisvolle Vertrautheit und
gibt Parsifal schließlich – „als Muttersegens
letzten Gruß“ – einen langen Kuss, der allerdings eine unerwartete Wirkung zeigt: Schlagartig wird Parsifal der Zusammenhang zwischen
Amfortas’ Wunde und Kundrys Verführung bewusst. Er erkennt seine Sendung darin, den Gral
aus den „schuldbefleckten Händen“ des Königs
zu retten. Die zurückgestoßene Kundry verflucht
Parsifal, Klingsor versucht ihn durch den heiligen Speer zu treffen, der jedoch über Parsifals
Haupt in der Luft stehen bleibt. Klingsors Macht
ist gebrochen, der Zaubergarten versinkt.
Dritter Aufzug
Am Karfreitagsmorgen findet Gurnemanz die
erstarrte Kundry, die langsam zu sich kommt.
Gemeinsam beobachten sie das Nahen eines
erschöpften Ritters, in dem Gurnemanz den
„Toren“ von einst erkennt. Nach langen Irrwegen,
zu denen ihn Kundrys Fluch verdammte, hat
Parsifal endlich den Weg zum Gral gefunden
und den heiligen Speer zurückgebracht. Von
Gurnemanz zum neuen Gralskönig gesalbt, verrichtet Parsifal sein erstes Amt mit der Taufe
Kundrys. Dann wird er zur Erfüllung der Prophezeiung in den Gralstempel geleitet, wo gerade
die Trauerfeier für Titurel stattfindet. Der greise
Held starb, da ihm und der ganzen Ritterschaft
seit langem der lebensspendende Segen des
Grals vorenthalten wurde. Um seinen eigenen
Tod zu erzwingen, hielt Amfortas das Heiligtum
verschlossen. Selbst heute verweigert er die
Zeremonie und fordert die Gralsritter in wilder
Verzweiflung dazu auf, ihn zu töten. Endlich
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erscheint Parsifal, schließt Amfortas’ Wunde
mit einer Berührung durch den Speer und enthüllt den hell leuchtenden Gral. Als zum Zeichen
des göttlichen Segens eine weiße Taube aus
der Kuppel herabschwebt, ist auch Kundry von
ihrem Fluch erlöst und sinkt in den Armen Parsifals entseelt zu Boden.
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Igor Strawinsky: „Symphonie de Psaumes“
„Zum höheren Ruhme Gottes“
Volker Scherliess
Igor Strawinsky
(1882–1971)
„Symphonie de Psaumes“
(Psalmensymphonie)
für Chor und Orchester
1. „Exaudi orationem meam, Domine“
2. „Expectans expectavi Dominum“
3. „Alleluia. Laudate Dominum“
Revidierte Fassung (1948)
Lebensdaten des Komponisten
Geboren am 5. (17.) Juni 1882 in Oranienbaum
(heute: Lomonosow) bei St. Petersburg; gestorben am 6. April 1971 in New York.
Textvorlage
Psalmentexte, die Strawinsky dem Alten Testament in der (lateinischen) Textfassung der
„Vulgata“ entnahm (Psalm 38 und 39 in Auswahl, Psalm 150 vollständig).
Entstehung
Auftragserteilung durch das Boston Symphony
Orchestra gegen Ende 1929; Kompositions­
beginn Anfang 1930; bis zum Sommer Fertig-
stellung des 1. Satzes, dem die beiden anderen
während eines Urlaubs in Südfrankreich folgten;
Beendigung der Komposition am 15. August 1930
in Nizza; nach dem Erstdruck von 1933 Überarbeitung der Partitur („Nouvelle révision“) im
Jahr 1948.
Widmung
„Cette symphonie composée à la gloire de DIEU
est dédiée au Boston Symphony Orchestra à
I’occasion du cinquantenaire de son existence“
(Diese zum höheren Ruhme Gottes komponierte Symphonie ist dem Boston Symphony Orchestra aus Anlass seines 50-jährigen Bestehens gewidmet). Das Boston Symphony Orchestra hatte am 22. Oktober 1881 sein erstes Konzert gegeben, dirigiert von dem aus Breslau
gebürtigen Sänger, Komponisten und Dirigenten
Georg Henschel (1850–1934).
Uraufführung
Am 13. Dezember 1930 in Bruxelles / Belgien
im Palais des Beaux Arts (Chor und Orchester
der Brüsseler „Société Philharmonique“ unter
Leitung von Ernest Ansermet); Erstaufführung
durch den Widmungsträger BSO: Am 19. Dezember 1930 in Boston in der Symphony Hall
unter Leitung von Sergej Kussewitzky.
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Igor Strawinsky photographiert von George Hoyningen-Huené (1934)
10
Igor Strawinsky: „Symphonie de Psaumes“
„Strawinsky in Paris“
Wir sind gewohnt, Igor Strawinskys langes Leben und vielgestaltiges Schaffen in Phasen
einzuteilen, die sich an bestimmten Stilmerkmalen orientieren: Russische Periode – Neoklassizismus – Serielles Spätwerk. Ein anderes
Raster ließe sich aus bestimmten geographischpolitischen Stationen ableiten: Jugend und
Lehrzeit in St. Petersburg, internationaler Durchbruch, Schweizer Exil im Ersten Weltkrieg, Jahre als russischer Emigrant in Europa, französische Staatsbürgerschaft, Übersiedlung nach
Amerika usw. Beide Einteilungen sind unbefriedigend: Bleibt die eine, auch wenn sie sich auf
konkrete Daten stützen ließe, allzu äußerlich,
so wird bei der anderen schnell klar, dass sich
die Stilepochen keineswegs eindeutig abgrenzen lassen. Vor allem verlaufen sie nicht im
sprichwörtlichen Gänsemarsch hinter-, sondern
auch über- und nebeneinander und sind miteinander verwoben. Nimmt man etwa einen zentralen Zeitraum heraus, nämlich die Jahre 1920
bis 1939, als Strawinsky vornehmlich in Paris
lebte, dann zeigen sich vielschichtige Bezüge.
Denn das Schlagwort „Strawinsky in Paris“
meint nicht nur eine geographische Zuordnung,
sondern bezeichnet zugleich eine komplexe kulturhistorische Atmosphäre, in der Persönlichkeiten und Traditionen, nationale und internationale Einflüsse faszinierend aufeinanderstoßen.
Hier schuf Strawinsky während der 1920er Jahre eine Reihe von Werken, in denen sich ganz
heterogene Einflüsse widerspiegeln und deren
jedes für seine Gattung einen Markstein bedeutet – man denke nur an das Bläseroktett,
die Sonate und Serenade für Klavier, das Konzert und das „Capriccio“ für Klavier und Or-
chester, das Ballett „Apollon musagète“ oder
das Opern-Oratorium „Œdipus rex“. Übergreifendes Merkmal der neuen, in diesen Werken
praktizierten Tonsprache ist eine bewusst antiromantische, anti-emotionale Haltung, bei der
verschiedene ältere Elemente in Stil und Satztechnik aufgegriffen und mit ausgesprochen
neuzeitlichen Klangmitteln vermischt werden.
Rückkehr zur Religion
1929 erreichte Strawinsky die Anfrage des legendären Dirigenten Sergej Kussewitzky, ob er für
das folgende Jahr, zum 50-jährigen Jubiläum des
Boston Symphony Orchestra, eine Symphonie
schreiben wolle. Und in seinen Erinnerungen „Chroniques de ma vie“ (1936) berichtet Strawinsky:
„Der Gedanke, ein symphonisches Werk größeren
Umfanges zu schreiben, beschäftigte mich bereits
seit langem. Ich stimmte daher dem Vorschlag,
der meiner Absicht entgegenkam, freudig zu. Was
den Text angeht, so suchte ich nach einer Dichtung, die eigens für Gesang geschrieben ist. Dabei dachte ich natürlich sogleich an den Psalter.“
Es ist in diesem Zusammenhang wesentlich, dass
sich Strawinsky, der als russischer Emigrant in
Paris lebte, seit Mitte der 1920er Jahre wieder
der Kirche zugewandt hatte und am Leben der
russisch-orthodoxen Gemeinde teilnahm. Nicht
nur, dass er „damals zum erstenmal seit 1910 wieder zur Kommunion ging“; er schrieb auch eine
Reihe von Sätzen für den liturgischen Gebrauch:
„Pater noster“, „Credo“ und „Ave Maria“ –
natürlich a cappella (denn im orthodoxen Gottesdienst sind Instrumente verpönt) und natürlich in
russischer Sprache bzw. im alten Kirchenslawisch.
Als er nun Kussewitzkys Kompositionsauftrag
erhielt, verband Strawinsky diesen (äußeren) An-
Igor Strawinsky: „Symphonie de Psaumes“
lass mit dem lang gehegten (inneren) Wunsch,
einmal ein größeres geistliches Werk zu schreiben.
Dazu wählte er Texte verschiedenen Inhalts aus
den Psalmen König Davids aus: den Bußpsalm 38
(Verse 13 und 14), den Dankpsalm 39 (Verse 2, 3
und 4) sowie den ganzen 150. Psalm – jenes berühmte Lobgedicht, das zur Verherrlichung Gottes
durch die Musik aufruft. Strawinskys ursprünglicher Plan, die Psalmen in einer alten russischen
Übersetzung zu vertonen, wurde bald wieder aufgegeben, und stattdessen legte er seiner Komposition die lateinische Fassung der „Vulgata“ zugrunde.
Sprachliche Strenge
In der Verwendung der lateinischen Sprache lag
für Strawinsky ein ganz besonderer Reiz. Schon
während der Arbeit am Opern-Oratorium „Œdipus rex“ hatte er bekannt: „Welche Freude bereitet es, Musik zu einer Sprache zu schreiben,
die seit Jahrhunderten unverändert besteht, die
fast rituell wirkt und allein dadurch schon einen
tiefen Eindruck hervorruft. Man fühlt sich nicht
an Redewendungen gebunden oder an das Wort
in seinem buchstäblichen Sinne. Die strenge
Form dieser Sprache hat an sich schon so viel
Ausdruckswert, dass es nicht nötig ist, ihn durch
die Musik noch zu verstärken. So wird der Text
für den Komponisten zu einem rein phonetischen
Material. Er kann ihn nach Belieben zerstückeln
und sich nur mit den einfachsten Elementen beschäftigen, aus denen er besteht: mit den Silben.
Und haben nicht auch die alten Meister des strengen Stils den Text auf diese Weise behandelt ?
So hat sich auch die Kirche seit Jahrhunderten
davor bewahrt, sentimental zu werden und dem
Individualismus zu verfallen.“
11
Klarheit als Klangideal
Dieser Wunsch nach Strenge, Reinheit und objektiver Darstellung ist bezeichnend für Strawin­
skys Haltung. „Es handelt sich nicht um eine Symphonie, in die ich gesungene Psalmverse aufgenommen habe“, schieb er einem Freund, „im Gegenteil: es ist der Psalmgesang, den ich symphonisiert habe.“ Dazu setzte er vierstimmigen Chor
und ein großes Instrumentarium ein. Beide weichen in auffallender Weise von der üblichen Formation ab: Strawinsky wünscht sich, wie er in der
Partitur eigens vermerkte, die Teilnahme von Kinderstimmen, und er modifiziert auch den Orchesterapparat: Charakteristische Instrumente wie
Violinen, Bratschen oder Klarinetten fehlen völlig,
andere dagegen (Flöten, Oboen, Fagotte sowie
die Blechbläser) sind ungewöhnlich stark besetzt;
auffallend auch die Einbeziehung zweier Klaviere. Dies entspricht einem Klangideal, das klare,
trockene Strukturen bevorzugt und auf schwelgerischen Wohllaut bewusst verzichtet – ein
ästhetisches Ziel, das Strawinsky in seinem ganzen Schaffen mit wechselnden Methoden verfolgte.
Formenspiel statt Emotion
Schon der Anfang ist bezeichnend: Aus dem Wechsel von kurz angetupften Akkorden und spröden
Basslinien entsteht ein durchsichtiges, motorisch
bewegtes Gewebe, aus dem der Gesang wie ein
strenger Cantus firmus aufleuchtet und sich langsam zum großen, vielstimmigen Komplex steigert.
In der Gesamtanlage (drei ohne größere Pausen
ineinander übergehende Sätze) ebenso wie im
Kleinen folgt die Musik der Gliederung des Textes, etwa bei den rondoartigen Wiederholungen
12
Igor Strawinsky: „Symphonie de Psaumes“
der „Alleluia“- und „Laudate“-Rufe. Allerdings
fällt auf, dass Strawinsky inhaltliche Bezüge zum
Text, insbesondere das traditionelle „Wort-TonVerhältnis“, vernachlässigt, ja bewusst meidet.
Seine Musik will nicht rhetorisch sein, ja sie negiert vielfach sogar den Deklamationsfluss der
Sprache, z. B. wenn der Ruf „Laudate Dominum“
in sechs gleichbetonte Achtel aufgelöst und – je
nach metrischer Konstellation – unterschiedlich
betont wird („Laudáte Dóminum“, „Láudate Domínum“, „Laudaté Domínum“). Strawinsky führt die
Sprache vielfach auf ihre einfachsten phonetischen Bausteine – die Silben – zurück und realisiert damit eigenständige Klangbildun­gen. Er will
den Text nicht musikalisch aus­malen oder konkret
umsetzen (wozu ja gerade der 150. Psalm mit den
vielen aufgezählten Musikinstrumenten reichlich
Anlass geboten hätte), sondern ins Medium eines
reinen, klingenden Formenspiels „zum höheren
Ruhme Gottes“ trans­zendieren. Darin liegt ein
wesentliches ästhetisches Anliegen dieses Komponisten: Er wollte die Musik „entromantisieren“,
d. h. von ihrer traditionellen Gebundenheit an
Sprache und Ausdruck befreien – wobei sich sein
Vorgehen im doppelten Sinne mit „aufheben“
beschreiben lässt: Er suspendiert weitgehend die
Sprache als Ausdrucksträger und vernachlässigt
bewusst ihre semantische Funktion, gewinnt aber
aus ihr auf neuer, gleichsam gereinigter Stufe ein
unerwartetes Reservoir musikalischen Materials,
das den notwendigerweise in Kauf zu nehmenden
Verlust an herkömmlicher Emotionalität indessen
mehr als ausgleicht.
Arbeit am Klavier
Anfang des Jahres 1930 hatte Strawinsky mit
der Komposition begonnen; im August war sie
abgeschlossen. Zum Arbeiten zog sich Strawinsky in sein Studio zurück, das ihm die Firma
Pleyel zur Verfügung gestellt hatte. Sein Nachbar dort war der Komponist Nikolaus Nabokov,
der bemerkenswerte Äußerungen Strawinskys
überlieferte: „Ich komponiere grundsätzlich am
Klavier“, habe dieser betont, „ich muss den
physischen Klang hören, keinen imaginären.“
Am Instrument wurde ausprobiert, wurden
Klänge erfunden, Rhythmen skizziert und miteinander kombiniert. Manches wurde zunächst
auf kleinen Zetteln notiert, wo immer es ihm in
den Sinn oder konkret „ins Ohr“ kam. Ein besonderes Beispiel verdient Erwähnung: In der
Nachbarschaft hielt ein Chor seine Proben ab.
An einer bestimmten Stelle schlich sich immer
derselbe Fehler ein – eine falsche Stimmfortschreitung mit einem unerwarteten klanglichen
Ergebnis. Strawinsky war fasziniert, denn hier
hatte er die schwebenden Akkorde gefunden,
die er für den letzten Satz seiner Symphonie
brauchte: die unverwechselbaren „Alleluia“Rufe des Chores.
Kunst der Anverwandlung
Solches Aufgreifen eines musikalischen Bausteines ist bezeichnend für Strawinskys Komponieren allgemein. Dabei benutzte er ganz
unterschiedliche Quellen. „Tout ce qu‘il touche
devient sien“ (Alles, was er berührt, macht er
sich zu eigen), pflegte Jean Cocteau über ihn
zu sagen. Und er berührte vieles. Soweit er sein
Material nicht selbst „erfand“, „fand er“ es
anderswo und bereitete es so zu, wie er es für
seine Zwecke brauchte. Die Skizzenbücher zeigen diese Verfahren auf Schritt und Tritt. Dabei
blieb er meist nicht in einem stilistischen Be-
13
„Symphonie de Psaumes“, Partiturskizze des 3. Satzes: „Laudate Dominum“
reich, vielmehr mischte er ganz Heterogenes.
So vereinigt die „Psalmensymphonie“ Gegensätze wie die strenge Bläserfuge zu Beginn des
2. Satzes und jene scharf akzentuierten Rhythmen im dritten, die ihre Herkunft aus dem Jazz
nicht verleugnen. Anklänge an den Motettenstil
der Renaissance und die Linearität des vierstimmigen Chorsatzes stehen neben ausgelassenen,
tänzerisch pulsierenden Instrumentalpartien,
filigrane polyphone Strukturen neben massiven
Ostinatoblöcken, barockisierender Orchestersatz (z. B. in den flächig punktierten Passagen
bei „Et immisit in os meum“) neben a cappella
vorzutragenden Abschnitten. Es ist ein Zeichen
höchster kompositorischer Meisterschaft, dass
diese heterogenen Elemente nicht isoliert ne-
beneinander stehen bleiben, sondern zu einer
persönlichen Klangsprache zusammenwachsen,
deren Eindringlichkeit und hymnischer Wirkung
sich wohl kein Hörer entziehen kann. Überkonfessionell in der Gesinnung und Zielsetzung,
bewusst abgelöst von den kirchenmusikalischen
Traditionen – sowohl der katholischen und evangelischen wie auch der ostkirchlichen – drückt
sich in diesem Werk eine eigene spirituelle Kraft
aus, die es zu einer der bedeutendsten sakralen
Kompositionen im 20. Jahrhundert macht.
14
„Symphonie de Psaumes“: Die Gesangstexte
„Symphonie de Psaumes“
Igor Strawinsky
1. „Exaudi Orationem meam,
Domine“
Exaudi orationem meam, Domine, et deprecationem meam. Auribus percipe lacrimas meas. Ne
sileas, ne sileas. Quoniam advena ego sum apud
te et peregrinus sicut omnes patres mei. Remitte
mihi, ut refrigerer prius quam abeam et amplius
non ero.
Psalm 38, 13 und 14
Erhöre mein Gebet, o Herr, und meine Bitte !
Dein Ohr eröffne meinen Tränen ! Oh, bleib nicht
stumm; ich stehe vor Dir als heimatloser Pilger,
gleich allen meinen Vätern ! Vergib mir und erquicke mich, bevor ich scheide und nicht mehr
bin !
2. „Expectans expectavi Dominum“
Expectans expectavi Dominum, et intendit mihi.
Et exaudivit preces meas, et eduxit me de lacu
miseriae et de luto faecis. Et statuit super pertram pedes meos, et direxit gressus meos. Et immisit in os meum canticum novum, carmen Deo
nostro. Videbunt multi, videbunt et timebunt et
sperabunt in Domino.
Psalm 39, 2,3 und 4
Ich harrte sehnlich auf den Herrn, und er sah
auf mich her. Er hörte meine Bitten und führte
mich aus Elendstiefen und Morast. Er ließ mich
festen Boden finden und meinen Schritt den
rechten Weg. Und neuen Lobgesang legt er auf
meine Lippen, ein Lied für unseren Gott. Viele
werden zusehen und sich fürchten und ihre Hoffnung setzen auf den Herrn.
„Symphonie de Psaumes“: Die Gesangstexte
15
3. „Alleluja. Laudate Dominum“
Alleluia. Laudate Dominum in sanctis eius. Laudate eum in firmamento virtutis eius. Laudate
Dominum. Laudate eum in virtutibus eius, laudate Dominum in virtutibus eius, laudate Dominum
in sanctis eius. Laudate eum secundum multitudinem magnitudinis eius, laudate eum in sono tubae. Alleluia. Laudate Dominum, laudate eum.
Laudate eum in timpano et choro, laudate eum in
cordis et organo, laudate eum in cymbalis be ne
sonantibus, laudate eum in cymbalis iubilationibus. Omnis spiritus laudet Dominum, omnis spiritus laudet eum. Alleluja. Laudate Dominum.
Psalm 150
Lobet den Herrn in seinem Heiligtum, lobt ihn
in seiner starken Feste ! Lobt ihn ob seiner
Machterweise, lobt ihn in seiner großen Macht !
Lobt ihn im Schalle der Posaunen ! Mit Harf‘
und Zither lobet ihn, lobt ihn mit Paukenschlag
und Reigentanz, lobt ihn mit Saitenspiel und
Flöte ! Lobt ihn in heilem Zymbelklang, lobt ihn
in Jauchzen eurer Zymbeln ! Alles, was lebet,
lobet den Herrn !
16
Anton Bruckner: Messe f-Moll
„Dem Höchsten zu Ehren“
Thomas Leibnitz
Anton Bruckner
Textvorlage
(1824–1896)
Das in lateinischer Sprache abgefasste und von
Bruckner (im Gegensatz etwa zu Schubert) unverändert vertonte traditionelle Ordinarium der
katholischen Messliturgie mit den Teilen Kyrie,
Gloria, Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus
Dei.
Messe f-Moll für Soli, vierstimmigen gemischten Chor und Orchester WAB 28
1. Kyrie
2. Gloria
3. Credo
4. Sanctus
5. Benedictus
6. Agnus Dei
Entstehung
Die ersten Skizzen entstanden im September
1867; am 9. September 1868 wurde die Komposition in Linz / Oberösterreich abgeschlossen.
Überarbeitungen erfolgten in den Jahren 1876,
1877, 1881 und zwischen 1890 und 1893 in Wien.
Widmung
Die Messe wurde dem Wiener Hofrat Anton
Imhof Ritter von Geißlinghof (1816–1872) gewidmet, dem Kanzleidirektor des Wiener Obersthofmeisteramtes. Nach dessen Tod ignorierte
Bruckner diese Widmung, die vermutlich auf
Druck des Obersthofmeisteramtes, also nicht
ganz freiwillig, zustande gekommen war.
Uraufführung
Lebensdaten des Komponisten
Geboren am 4. September 1824 in Ansfelden
bei Linz / Oberösterreich; gestorben am 11. Oktober 1896 in Wien.
Am 16. Juni 1872 in Wien in einem vom Komponisten selbst finanzierten Konzert in der Augustinerkirche (Dirigent: Anton Bruckner). Eine
noch im Entstehungsjahr 1868 geplante Uraufführung durch die Wiener Hofmusikkapelle, die
für den 28. November 1868 in Aussicht genommen war, hatte sich zerschlagen.
17
Anton Bruckner (um 1870)
18
Anton Bruckner: Messe f-Moll
Entgegen dem Epitheton des „Musikanten Gottes“, das ihm beharrlich anhaftete, war Anton
Bruckner nicht vorrangig ein Kirchenkomponist,
sondern ein Symphoniker. Fast will es scheinen,
dass die sakralen Kompositionen, die fast durchwegs in die Frühphase seines Schaffens fallen,
ihm im weitesten Sinne zur kompositorischen
Selbstfindung dienten, als Schritte auf dem
Weg zur Symphonie, die er konsequent ansteuerte und in der er seine Individualität als Komponist in neun monumentalen Werken verwirklichte. In seiner reifen Schaffensperiode, ab den
späten sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts,
schrieb Bruckner nur noch zwei große Sakralkompositionen: das „Te Deum“ und den „150.
Psalm“, jedoch keine Messe mehr.
Der Weg aus der Krise
Sein letztes Wort auf dem Gebiet der Messkomposition war die Messe in f-Moll von 1867,
die in einer äußerst krisenhaften Phase seines
Lebens entstand. Bruckner, zu dieser Zeit noch
Domorganist in Linz, sah sich vor eine Entscheidung gestellt, die tatsächlich wohl die wichtigste seines Lebens war: Sollte er in den vertrauten, gesicherten, aber perspektivlosen Umständen seiner heimatlichen Umgebung bleiben
oder sich auf das Wagnis Wien einlassen ? Auf
ein Leben in der fremdartigen und vielfach undurchschaubaren Großstadt, in der jedoch sein
Lebenstraum verwirklicht werden konnte ? Seit
Langem hegte Bruckner – durchaus nicht frei
von Ehrgeiz – den Traum vom großen und erfolgreichen Komponisten, ein Traum, auf den
er sich durch jahrelange und gewissenhafte
Studien vorbereitet hatte. Im Grunde war die
Entscheidung bereits gefallen, aber die Not-
wendigkeit, sie in die Realität umzusetzen, war
sicherlich mit schuld, dass Bruckner in eine
veritable Nervenkrise stürzte. Am 17. Februar
1867 wurde seine Messe in d-Moll in der Wiener Hofburgkapelle aufgeführt, was durchaus
als hohe Auszeichnung für einen zeitgenössischen Komponisten gelten konnte; noch schwerer wog, dass Bruckner vom Obersthofmeister
aufgefordert wurde, eine zweite Messe für die
Hofkapelle zu schreiben. Statt sich aber von
Optimismus tragen zu lassen, verfiel Bruckner
in Depression und begab sich in ärztliche Behandlung in der Kaltwasserheilanstalt Bad Kreuzen. Erschütternde Stellen finden sich in seinem
Brief an den langjährigen Freund Rudolf Weinwurm, bei dem er sich für sein langes Schweigen entschuldigte: „Es war nicht Faulheit ! – es
war noch viel mehr ! ! ! Es war gänzliche Verkommenheit und Verlassenheit – “ Man traf ihn
weinend im Wald an, ein unaufhörlicher Zählzwang peinigte ihn. Die Kur erwies sich jedoch
als erfolgreich, und obwohl der Arzt ihm geistige Anstrengungen verboten hatte, begann
Bruckner im September 1867 mit der Komposition der beauftragten Messe. Knapp ein Jahr
nach der ersten Skizze war das Werk vollendet.
Große Form, hoher Anspruch
Bruckner konnte in der Messkomposition auf
Erfahrungen zurückblicken. Bereits mit seiner
d-Moll-Messe von 1864 hatte er den Weg der
zeitüblichen Konvention verlassen und ein Werk
höchst persönlicher Prägung geschaffen; an die
stilistische Ausrichtung dieser Messe knüpfte
er in der f-Moll-Messe an, mehr als an die unmittelbar voranliegende Messkomposition, die
Messe in e-Moll für Chor und Bläser, die in ih-
Anton Bruckner: Messe f-Moll
rer Verbindung von Palestrina-Stil und moderner Harmonik einen Sonderweg beschritten
hatte. In der f-Moll-Messe griff er wieder auf
das Ausdruckspotential des gesamten Orchesters zurück und setzte dieses keineswegs „begleitend“, sondern im Sinne sehr eigenständiger Aussage ein. Bereits das Kyrie zeigt dies,
in dem nicht sofort der Chor einsetzt, sondern
eine instrumentale Einleitung in wechselnden
Farben in die Stimmung von Buße und Demut
einführt. Gerade der Text des Ordinariums der
katholischen Messe gestattet die Auslotung
eines weiten emotionalen Bogens: Er reicht von
der zerknirschten Bitte des „Kyrie eleison“ zum
Lobpreis des Gloria, im Credo vom freudigen
„Incarnatus“ zum tragischen „Crucifixus“, vom
Jubel des Sanctus zur schmerzvollen Meditation des Agnus Dei. Hier begegnet man einem
der meistvertonten Texte der Musikgeschichte,
und zweifellos hatte Ludwig van Beethoven
mit seiner „Missa solemnis“ einen höchst bedeutsamen Markstein in der Geschichte dieser
Vertonungen gesetzt, denn seine kompositorische Absicht zielte nicht mehr darauf ab, den
„sensus communis“ der Gläubigen gleichsam
„neutral“ in Töne zu fassen, sondern machte
die altehrwürdigen Texte zum Forum höchst
persönlicher Auseinandersetzungen und Bekenntnisse. Ein Umgang mit dem Messtext in
der Art, wie es Beethoven getan hatte – das
war es wohl, was auch Bruckner dazu bewog,
sich nicht mit einer praktikablen „Gebrauchsmesse“ zu begnügen, sondern ein Werk von
riesenhaften Dimensionen und höchstem Anspruch zu schaffen.
19
Dramatische Ausgestaltung
So zeigt jeder der von Bruckner vertonten Messteile sein eigenes Gepräge und innerhalb der
Teile die Tendenz, auf einzelne Textpassagen
mit intensiv-emotionaler Ausdeutung einzugehen. So etwa im Gloria die Passage des „Qui
tollis“, das die Zerknirschung des Sünders in
unmittelbar sinnfälliger Weise ausdrückt. Ein
Abschnitt von großer Intimität findet sich im
Credo, das „Incarnatus“, das die Menschwerdung Christi thematisiert und bei Bruckner zu
einer Bethlehem-Szene in zartesten Farben
wird. Geradezu theatralisch-dramatisch gestaltet der Komponist die Aufeinanderfolge von
„Passus et sepultus est“ (gestorben und begraben) und dem darauffolgenden „Et resurrexit
tertia die“ (am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten). Den Klagen des Solobassisten („passus, passus“), die der Chor beantwortet, folgen eine Kadenz des unbegleiteten
Chores und eine der Trauerstimmung entsprechende Bläserstelle, worauf eine gleichsam
atemlose Pause eintritt – in Vorbereitung des
sich machtvoll steigernden „Et resurrexit“, in
dem der Auferstehungsglaube seinen Triumph
feiert, begleitet von Bläserfanfaren und QuintOktav-Figurationen der Streicher, die hier – wie
später auch im „Te Deum“ – die Majestät Gottes symbolisieren.
An Stellen wie diesen wird deutlich, dass Bruckner die Messe nicht bloß „vertonte“, sondern sich
in all ihren Teilen mit Aussage und Emotionalität
des Textes identifizierte. Auf die Frage, ob er wirk-
20
Anton Bruckner: Messe f-Moll
lich so fromm wie allgemein behauptet sei, soll er
geantwortet haben: „Wie hätte ich sonst das Credo meiner f-Moll-Messe komponieren können ?“
Jedoch nicht dem Credo, sondern dem Benedictus
der Messe entnahm er später eine Stelle und arbeitete sie in den zweiten Satz seiner Zweiten
Symphonie ein – seine persönliche Art, Gott für
die Überwindung der existenzbedrohenden Nervenkrise von 1867 zu danken.
Kein einfaches Werk
Die Uraufführung hätte bereits am 28. November
1868 in der Wiener Hofburgkapelle stattfinden
sollen, aber die immensen Schwierigkeiten des
Werkes sorgten für Verzögerungen. Laut Bruckners Biographen August Göllerich sollen zu einer
Probe nur zwei Musiker erschienen sein, da der
Komponist als „vollendeter Narr“ galt und der
Messe ein Misserfolg prophezeit wurde. Johann
Herbeck, der Bruckner nach Wien geholt hatte
und ihm durchaus wohlgesonnen war, leitete die
Proben, dürfte dabei aber zu keiner konsistenten
Auffassung des Werkes gelangt sein; während
er einmal Bruckner um den Hals fiel und bekannte, er kenne nur noch dieses Werk und die „Missa solemnis“ von Beethoven, forderte er bei anderer Gelegenheit den Komponisten auf, sich von
der f-Moll-Messe zu distanzieren: „Sie wissen,
dass Wagner mit seinem ‚Tristan‘ und ich mit meiner B-Dur-Symphonie uns geirrt haben; können
Sie nicht zugeben, dass auch Sie sich mit dieser
Messe geirrt haben ?“ Bruckner gab dies selbstverständlich nicht zu, doch Herbeck legte die Leitung der Proben nieder, und so kam es erst am
16. Juni 1872 in der Wiener Augustinerkirche zur
Uraufführung unter Bruckners eigenem Dirigat.
Rezeption
Die musikalische Öffentlichkeit nahm von diesem Ereignis durchaus Notiz und die Rezensionen in den Wiener Zeitungen zeigen, dass
Bruckners Werk als Zeugnis großen Talentes
eines (bisher unbekannten) Komponisten aufgenommen wurde, wobei Kritik sich vornehmlich
an der dramatisch-emotionalen Textausdeutung
entzündete. Der Kritiker des „Fremdenblattes“
fand dabei zu einer originellen Formulierung:
„Sodann lässt er sich von dem dramatischen
Gehalte des Textes verführen, hin und wieder
an das Theatralische zu streifen, wie gerade
wieder im Credo, wo man sich einmal mitten in
einer christlichen Wolfsschlucht zu befinden
meint.“ Ausgewogener und zweifellos im Sinne
der späteren Rezeption der Messe urteilte Eduard Kremser im „Vaterland“: „Erhebung verschaffte mir die neue Messe in F von Professor
Bruckner, welche verflossenen Sonntag, 11 Uhr,
in der Augustinerkirche aufgeführt wurde... Ich
kann über die dort gehörte Messe in F nach einmaligem Hören freilich kein erschöpfendes Ur­
theil abgeben, allein das wage ich zu behaupten,
daß jeder feiner fühlende Geist sich von dem
Werke ergriffen fühlen wird. Es ist darin keine
Spur von Schablone. Man spürt schon bei den
ersten Klängen des ‚Kyrie‘, daß man es hier mit
einem eigenthümlichen Geiste zu thun hat, und
was die Hauptsache ist, bei aller scheinbaren
Verstandesarbeit der reich angewendeten Fi-
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Bruckners erster Lorbeerkranz: „Von der Gottheit einstens ausgegangen, muss die Kunst zur Gottheit wieder
führen !“ (1864)
22
Anton Bruckner: Messe f-Moll
guration blickt aus dieser Musik ein warmes
Gemüth heraus.“ Selbst Eduard Hanslick, in
späteren Jahren einer der schärfsten Kritiker
Bruckners in Wien, konstatierte lobend: „Die
Composition erregte unter den Musikfreunden
Aufsehen durch die kunstvolle Contrapunktik
und Fugenarbeit, wie durch einzelne ergreifende eigenthümliche Schönheiten. Nicht nur durch
ihre großen Dimensionen und schwierige Aufführbarkeit, auch durch Styl und Auffassung
verräth sie als ihr Vorbild die Beethoven’sche
‚Missa solemnis‘, nebenbei auch starke Einflüsse von Richard Wagner. Es wäre interessant,
wenn Bruckner’s neue Messe, ganz oder doch
theilweise, in einer guten Concert-Aufführung
zu Gehör gebracht und dadurch einem größeren
Publicum bekannt würde.“
Messe f-Moll: Die Gesangstexte
23
Messe f-Moll
Anton Bruckner
1. Kyrie
1. Kyrie
Kyrie eleison.
Christe eleison.
Kyrie eleison.
Herr, erbarme dich.
Christus, erbarme dich.
Herr, erbarme dich.
2. Gloria
2. Gloria
Gloria in excelsis Deo
et in terra pax hominibus bonae voluntatis.
Laudamus te,
benedicimus te,
adoramus te,
glorificamus te.
Gratias agimus tibi propter magnam gloriam tuam,
Domine Deus, Rex caelestis,
Deus pater omnipotens.
Domine Fili unigenite, Iesu Christe,
Domine Deus, Agnus Dei, Filius Patris;
qui tollis peccata mundi,
miserere nobis;
qui tollis peccata mundi,
suscipe deprecationem nostram;
qui sedes ad dexteram Patris,
miserere nobis.
Quoniam Tu solus Sanctus,
Tu solus Dominus,
Tu solus Altissimus,
Iesu Christe,
cum Sancto Spiritu
in gloria Dei Patris. Amen.
Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.
Wir loben dich,
wir preisen dich,
wir beten dich an,
wir rühmen dich.
Wir danken dir, denn groß ist deine Herrlichkeit:
Herr und Gott, König des Himmels,
Gott und Vater, Herrscher über das All.
Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus.
Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters,
der du nimmst hinweg die Sünde der Welt:
erbarme dich unser;
der du nimmst hinweg die Sünde der Welt:
nimm an unser Gebet;
du sitzest zur Rechten des Vaters:
erbarme dich unser.
Denn du allein bist der Heilige,
du allein der Herr,
du allein der Höchste,
Jesus Christus,
mit dem Heiligen Geist,
zur Ehre Gottes des Vaters. Amen.
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Messe f-Moll: Die Gesangstexte
3. Credo
3. Credo
Credo in unum Deum,
Patrem omnipotentem,
factorem caeli et terrae,
visibilium omnium et invisibilium.
Et in unum Dominum Jesum Christum,
Filium Dei unigenitum,
et ex Patre natum ante omnia saecula.
Deum de Deo, lumen de lumine,
Deum verum de Deo vero,
genitum, non factum,
consubstantialem Patri:
per quem omnia facta sunt.
Qui propter nos homines
et propter nostram salutem
descendit de caelis.
Et incarnatus est de Spiritu Sancto
ex Maria Virgine:
et homo factus est.
Crucifixus etiam pro nobis
sub Pontio Pilato;
passus et sepultus est,
et resurrexit tertia die
secundum Scripturas,
et ascendit in caelum,
sedet ad dexteram Patris.
Et iterum venturus est cum gloria,
judicare vivos et mortuos,
cuius regni non erit finis.
Et in Spiritum Sanctum,
Dominum et vivificantem:
qui ex Patre Filioque procedit.
Qui cum Patre et Filio,
simul adoratur et conglorificatur:
qui locutus est per prophetas.
Et unam, sanctam, catholicam
et apostolicam Ecclesiam.
Ich glaube an den einen Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
der alles geschaffen hat, Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.
Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott, Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
eines Wesens mit dem Vater:
durch ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und zu unserem Heil
ist er vom Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen
durch den Heiligen Geist
von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.
Er wurde für uns gekreuzigt
unter Pontius Pilatus,
hat gelitten und ist begraben worden,
ist am dritten Tage auferstanden
nach der Schrift
und aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit,
zu richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn
angebetet und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten;
und die eine, heilige, katholische
und apostolische Kirche.
Messe f-Moll: Die Gesangstexte
Confiteor unum baptisma
in remissionem peccatorum.
Et expecto resurrectionem mortuorum,
et vitam venturi saeculi. Amen.
Wir bekennen die eine Taufe
zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt. Amen.
4. Sanctus
4. Sanctus
Sanctus, sanctus, sanctus
Dominus Deus Sabaoth.
Pleni sunt coeli et terra
gloria tua.
Hosanna in excelsis.
Heilig, heilig, heilig
Gott, Herr aller Mächte und Gewalten.
Erfüllt sind Himmel und Erde
von deiner Herrlichkeit.
Hosanna in der Höhe.
5. Benedictus
5. Benedictus
Benedictus
qui venit in nomine Domini.
Hosanna in excelsis.
Hochgelobt sei,
der da kommt im Namen des Herrn.
Hosanna in der Höhe.
6. Agnus Dei
6. Agnus Dei
Agnus Dei
qui tollis peccata mundi,
miserere nobis.
Agnus Dei
qui tollis peccata mundi,
miserere nobis.
Agnus Dei
qui tollis peccata mundi,
dona nobis pacem.
Lamm Gottes,
du nimmst hinweg die Sünde der Welt,
erbarme dich unser.
Lamm Gottes,
du nimmst hinweg die Sünde der Welt,
erbarme dich unser.
Lamm Gottes,
du nimmst hinweg die Sünde der Welt,
gib uns deinen Frieden.
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Goya
Alle Radierzyklen
17.7.–13.9.2015
Münchner Künstlerhaus
Lenbachplatz 8, www.goya-muenchen.de
Die Künstler
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Kent Nagano
Dirigent
Uraufführung seiner einzigen Oper „Saint François d’Assise“ zum musikalischen Assistenten
ernannte. Eine wichtige Station in Naganos Laufbahn war seine Zeit als Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin (2000–2006),
mit dem er bei den Salzburger Festspielen und
im Festspielhaus Baden-Baden gastierte. 2003
wurde er außerdem zum ersten Music Director
der Los Angeles Opera ernannt.
Der amerikanische Dirigent japanischer Abstammung gilt als einer der herausragenden Dirigenten
für das Opern- wie auch für das Konzertrepertoire.
Seit September 2006 ist er Music Director des Orchestre symphonique de Montréal und seit Herbst
2013 Principal Guest Conductor und Artistic Advisor bei den Göteborger Symphonikern. Mit der
Spielzeit 2015/16 beginnt Kent Nagano seine
Amtszeit als Generalmusikdirektor und Chefdirigent der Hamburger Staatsoper.
Seinen ersten großen Erfolg feierte Kent Nagano 1984, als ihn Olivier Messiaen bei der Pariser
Während seiner Zeit als Generalmusikdirektor
an der Bayerischen Staatsoper (2006–2013) setzte Kent Nagano deutliche Akzente. Unter seiner
musikalischen Leitung wurden die Opern „Babylon“ von Jörg Widmann, „Das Gehege“ von Wolfgang Rihm und „Alice in Wonderland“ von Unsuk
Chin erfolgreich uraufgeführt. Beim Orchestre
symphonique de Montréal leitete Kent Nagano
die kompletten Zyklen der Symphonien von Beethoven und Mahler, Schönbergs „Gurrelieder“
sowie Konzertreihen mit Werken von Henri Dutilleux (2010/11) und Pierre Boulez (2011/12).
Als begehrter Gastdirigent arbeitet Kent Nagano
regelmäßig mit Orchestern wie den Berliner und
Wiener Philharmonikern, dem New York Philharmonic und dem Chicago Symphony Orchestra
zusammen. Für seine Aufnahmen von Busonis
„Doktor Faust“ mit der Opéra National de Lyon,
Prokofjews „Peter und der Wolf“ mit dem Russian National Orchestra sowie Saariahos „L’amour
de loin“ mit dem Deutschen Symphonie-Orchester
Berlin wurde er mit Grammys ausgezeichnet.
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Die Künstler
Anne Schwanewilms
Mihoko Fujimura
Sopran
Mezzosopran
Die deutsche Sopranistin Anne Schwanewilms zählt
zu den größten Sängerinnen der heutigen Zeit. Im
Jahr 2002 wurde sie in der Umfrage der Zeitschrift
Opernwelt zur Sängerin des Jahres gewählt. Außerdem ist sie als eine der wichtigsten Liedsängerinnen ihrer Zeit gefragt. Ihr künstlerischer Schwerpunkt liegt bei Richard Strauss: Sie sang die Partie
der Ariadne („Ariadne auf Naxos“) an den Opernhäusern von Wien, London, Berlin, Dresden und
Madrid, Chrysothemis („Elektra“) in London, Mailand, Berlin, Hamburg und New York, Danae („Die
Liebe der Danae“) in Dresden und Amsterdam, die
Titelrolle in „Arabella“ in Frankfurt, Wien und Dresden und, mit sehr großem Erfolg, die Marschallin
(„Der Rosenkavalier“) in Madrid, Amsterdam, Chicago, Kopenhagen, Dresden, München, Monaco,
Paris, São Paulo und in Japan. Ihr Repertoire geht
aber weit über das der Strauss-Werke hinaus und
umfasst neben Elsa („Lohengrin“), Elisabeth („Tannhäuser“), Madame Lidoine („Dialogues des Carmélites“), Marie („Wozzeck“) und Desdemona („Otello“) auch Opern moderner Komponisten wie „Die
Gezeichneten“ von Franz Schreker.
Die aus Japan stammende Mihoko Fujimura absolvierte ihr Gesangsstudium an der National
University of Fine Arts and Music in Tokio und
an der Musikhochschule in München. Sie gewann zahlreiche Gesangswettbewerbe, bevor
sie 1995 Ensemblemitglied am Opernhaus Graz
wurde. An ihre Aufsehen erregenden Auftritte
bei den Münchner und Bayreuther Festspielen
2002 schlossen sich regelmäßige Gastspiele vor
allem als weltweit geschätzte Wagner-Interpretin
an. So war Mihoko Fujimura an der Covent Garden Opera London engagiert, an der Mailänder
Scala, an der Bayerischen Staatsoper, an der
Wiener Staatsoper, am Théâtre du Châtelet Paris, an der Deutschen Oper Berlin, beim Festival
Aix-en-Provence, beim Maggio Musicale Fiorentino und bei den Bayreuther Festspielen, wo sie
u. a. als Fricka und Kundry auftrat. Als Konzertsängerin sang Mihoko Fujimura mit weltweit
renommierten Orchestern und Dirigenten, so
u. a. mit den Wiener Philharmonikern, dem City
of Birmingham Symphony Orchestra und dem
Amsterdamer Concertgebouworkest.
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Die Künstler
Michael Schade
René Pape
Tenor
Bass
Als einer der führenden Tenöre unserer Zeit gefeiert, gastiert der Deutsch-Kanadier regelmäßig
an den wichtigsten Opernbühnen in Europa und
Nordamerika, wie bei den Salzburger Festspielen, in Hamburg, New York und Toronto und war
u. a. auch an der Scala, am Covent Garden, in
Paris, Barcelona und Amsterdam zu erleben. Die
Wiener Staatsoper, wo er in allen Mozart- und
Strauss-Partien seines Fachs zu hören war, ernannte ihn 2007 zum Österreichischen Kammersänger. Mit Nikolaus Harnoncourt verbindet ihn
eine langjährige, enge Zusammenarbeit. Er widmet sich auch intensiv der Konzertliteratur und
dem Liedgesang und hat mit den führenden Orchestern unter so namhaften Dirigenten wie Abbado, Boulez, Bychkov, Chailly, Gergiev, Harding,
Jansons, Jordan, Muti, Rattle, Thielemann, Ticciati, Welser-Möst und Young gesungen, was
auf zahlreichen Aufnahmen dokumentiert ist.
Michael Schade ist Künstlerischer Leiter der
Hapag-Lloyd Stella Maris Vocal Competition und
der Internationalen Barocktage Stift Melk.
René Pape war Mitglied des legendären Kreuzchors
seiner Heimatstadt Dresden. Noch als Student gab
er 1988 sein Debüt an der Berliner Staatsoper Unter den Linden, wo er sofort ein Engagement erhielt. Seither verkörperte er an diesem Haus die
großen Partien seines Fachs, oftmals unter Leitung
des Musikdirektors Daniel Barenboim. Sir Georg
Solti holte ihn für die Partie des Sarastro zu den
Salzburger Festspielen, wo er seitdem in vielen
Partien auftrat. Seit seinem Debüt an der New
Yorker Metropolitan Opera 1995 ist er auch dort
regelmäßig zu hören und wurde 2010 zum „MET
Mastersinger“ gekürt. Als Gastkünstler ist er auf
den bedeutenden Bühnen, u. a. der Staatsopern in
Dresden, München und Wien, des Teatro Real Madrid, des Royal Opera House Covent Garden, der
Opéra national de Paris und des Teatro alla Scala
zu hören. Neben seinen Aufgaben im Bühnenbereich widmet sich René Pape einer sehr intensiven
Konzerttätigkeit als Liedinterpret und Solist der
internationalen Spitzenorchester. Seine Aufnahmen wurden bereits mit zwei Grammys und einem
ECHO-Klassik ausgezeichnet.
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Der Philharmonische Chor München ist einer
der führenden Konzertchöre Deutschlands und
Partnerchor der Münchner Philharmoniker. Er
wurde 1895 von Franz Kaim, dem Gründer der
Münchner Philharmoniker, ins Leben gerufen
und feiert somit in diesem Jahr seinen 120. Geburtstag. Seit 1996 wird er von Chordirektor
Andreas Herrmann geleitet.
Das Repertoire erstreckt sich von barocken Oratorien über a-cappella- und chorsymphonische
Literatur bis zu konzertanten Opern und den großen Chorwerken der Gegenwart. Das musikalische Spektrum umfasst zahlreiche bekannte und
weniger bekannte Werke von Mozart über Verdi, Puccini, Wagner und Strauss bis hin zu Schönbergs „Moses und Aron“ und Henzes „Bassariden“. Der Chor pflegt diese Literatur genauso
wie Chorwerke der bedeutenden Meister Bach,
Händel, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms, Bruckner, Reger, Strawinsky,
Orff oder Penderecki. Er musizierte u. a. unter
der Leitung von Gustav Mahler, Hans Pfitzner,
Krzysztof Penderecki, Herbert von Karajan, Rudolf Kempe, Sergiu Celibidache, Zubin Mehta,
Mariss Jansons, James Levine, Christian Thielemann, Lorin Maazel und Valery Gergiev.
In den vergangenen Jahren hatten Alte und Neue
Musik an Bedeutung gewonnen: Nach umjubelten Aufführungen Bach’scher Passionen unter
Frans Brüggen folgte die Einladung zu den Dresdner Musikfestspielen. Äußerst erfolgreich wur-
Chor
de auch in kleineren Kammerchor-Besetzungen
unter Dirigenten wie Christopher Hogwood und
Thomas Hengelbrock gesungen. Mit Ton Koopman entwickelte sich eine enge musikalische
Freundschaft, die den Chor auch zu den „Europäischen Wochen“ in Passau führte. Im Bereich
der Neuen Musik war der Philharmonische Chor
München mit seinen Ensembles bei Ur- und Erstaufführungen zu hören. So erklang in der Allerheiligen-Hofkirche die Münchner Erstaufführung
der „Sieben Zaubersprüche“ von Wolfram Buchenberg unter der Leitung von Andreas Herrmann. Ende 2014 gestaltete der Chor die Uraufführung von „Egmonts Freiheit – oder Böhmen liegt am Meer“ unter der Leitung des Komponisten Jan Müller-Wieland.
Der Philharmonische Chor ist auch ein gefragter
Interpret von Opernchören und setzt die mit
James Levine begonnene Tradition konzertanter
Opernaufführungen, die auch unter Christian
Thielemann weitergeführt wurde, fort. Zu den
CD-Einspielungen der jüngeren Zeit zählen Karl
Goldmarks romantische Oper „Merlin“ mit der
Philharmonie Festiva unter Gerd Schaller, die
2010 den ECHO-Klassik in der Kategorie „Operneinspielung des Jahres – 19. Jahrhundert“ gewann, und eine Aufnahme von Franz von Suppés
„Requiem“, die für den International Classical
Music Award (ICMA) 2014 nominiert wurde.
www.philchor.net
Chordirektor
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32
Auftakt
„Tiefer Trost und Rechtfertigung“
Die Kolumne von Elke Heidenreich
Neulich habe ich Hermann Hesses „Steppenwolf“ noch mal gelesen – sollte man
in meinem Alter nicht tun, da gehen ein
paar schöne Erinnerungen und Eindrücke
verloren, die mit siebzehn, achtzehn,
wenn man das Buch zum ersten Mal
liest, lesen sollte, stark waren. Die Welt
ist uns, wenn wir älter werden, nicht
mehr ganz so zerrissen, wir haben unseren Platz darin gefunden und suchen nicht mehr so wie Harry
Haller alias Hermann Hesse. Aber was mich wieder
fasziniert hat, war das Kapitel, in dem Harry Haller
im Drogenrausch in seinem imaginären Theater eine Musik hört, schön und schrecklich, die Musik,
die in Mozarts „Don Giovanni“ das Auftreten des
Steinernen Gastes begleitet. Und plötzlich erklingt
„ein helles und eiskaltes Gelächter, aus einem den
Menschen unerhörten Jenseits von Gelittenhaben,
von Götterhumor geboren.“ Haller wendet sich um
und sieht Mozart, lachend, und Mozart zeigt hinunter in die Tiefe des Zaubertheaters, wo sich eine
wüstenähnliche Ebene ausdehnt. „In dieser Ebene
sahen wir einen ehrwürdig aussehenden alten Herrn
mit langem Barte, der mit wehmütigem Gesicht einen gewaltigen Zug von einigen zehntausend schwarzgekleideten Männern anführte. Es sah betrübt und
hoffnungslos aus, und Mozart sagte: ‚Sehen Sie,
das ist Brahms. Er strebt nach Erlösung, aber damit
hat es noch eine gute Weile.‘ Ich erfuhr, dass die
schwarzen Tausende alle die Spieler jener Stimmen
und Noten waren, welche nach göttlichem Urteil in
seinen Partituren überflüssig gewesen wären.“
Der arme Brahms bleibt nicht allein
verspottet, auch Wagner taucht noch
auf und schleppt seine überflüssigen
Noten hinter sich her, sehr, sehr viele. Als ich jung war, bedeutete mir der
Steppenwolf viel, Brahms und Wagner
wenig. Jetzt ist es umgekehrt, aber
alles gehört zusammen: dass man sich
ändert, dass man sich entwickelt, dass man Musik
anders hört und versteht als früher, da man jung
war. Jeder hört anders, jeder, der im Konzert direkt
neben mir sitzt. Manche sehen Bilder beim Hören,
manche erinnern sich an frühere Konzerte mit den
Stücken, die gerade gespielt werden – das meiste
kennt man ja und will es doch wieder und wieder
hören, weil es immer anders ist – je nachdem, wer
spielt, wer dirigiert, wie mir an dem Abend zumute ist. Aber eines ist immer gewiss, und das wusste auch Hermann Hesse, dem die Musik zeitlebens
sehr viel bedeutete: „So begierig ich auf manchen
anderen Wegen nach Erlösung, nach Vergessen
und Befreiung suchte, so sehr ich nach Gott, nach
Erkenntnis und Frieden dürstete, gefunden habe
ich das alles immer nur in der Musik. Es brauchte
nicht Beethoven oder Bach zu sein: – dass überhaupt
Musik in der Welt ist, dass ein Mensch zuzeiten bis
ins Herz von Takten bewegt und von Harmonien
durchblutet werden kann, das hat für mich immer
wieder einen tiefen Trost und eine Rechtfertigung
alles Lebens bedeutet.“*
*Aus dem Musikerroman „Gertrud“, 1909
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In tiefer Trauer
Arnold Riedhammer
Am 2. Juni 2015 ist Thomas Walsh ganz unerwartet verstorben. Tom war langjähriger Tubist der
Münchner Philharmoniker, Hauptdozent an der
Hochschule für Musik und Theater München und
Gründungsmitglied der Gruppe „Blechschaden“.
Tom hat sich als Dozent für Tuba weltweit einen
großen Namen gemacht und zahlreichen Studenten
den Weg in die besten Orchester geebnet. Seine
Solos und sein Humor werden bei „Blechschaden“
unvergesslich bleiben. Für alle, die ihn kannten –
ein großer Verlust als Mensch, Freund, Musiker
und Kollege!
Lieber Tom, Du bist viel zu früh von uns gegangen.
R.I.P.
Arnold Riedhammer
Ehemaliger 1. Schlagzeuger der
Münchner Philharmoniker
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Nachruf
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Philharmonische Notizen
Herzlich Willkommen
Wir bekommen eine neue stellvertretende Konzertmeisterin und ein neuen Solo-Hornisten: Lucja Madziar (Violine) und Matias Piñeira (Horn) treten ab September ihren Dienst und damit ihr Probejahr an.
Abschied
Karel Eberle verabschiedet sich ab Juni in den
wohlverdienten Ruhestand. Er war seit 1972 Mitglied der 1. Geigen und stellvertretender Konzertmeister.
Orchesterakademie
Unsere Fagott-Akademistin Ryo Yoshimura hat die
Stelle als 2. Fagottistin bei den Wiener Symphonikern gewonnen. Als Akademistin bleibt sie uns aber
noch bis zum Sommer erhalten.
Wir gratulieren und wünschen alles Gute!
MPhil vor Ort bei „Klassik & Klub“ im
„Harry Klein“ und Holleschek+Schlick in
den Postgaragen
Am 13. Mai ging „Klassik & Klub“ in die nächste
Runde im „Harry Klein“. Kai Rapsch (Oboe und
Englischhorn), Clément Courtin (Violine), Beate
Springorum (Viola) und David Hausdorf (Violoncello) spielten Mozarts Oboen-Quartett und Jean
Françaix Quartett für Englischhorn, Violine, Viola
und Violoncello. Johannes Öllinger (Gitarre) war
ebenso zu Gast.
Seit magischen sieben Jahren feiern Holleschek+Schlick
in den Postgaragen. Jetzt werden sie abgerissen.
Grund genug, jemanden zu holen, der davon was
versteht: Martin Grubinger und die Schlagzeuger
der Münchner Philharmoniker! Ein „letztes Konzert + Abrissfest“ fand statt am Samstag, 25. April (siehe übernächste Seite).
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Konzert mit Fest
Simone Siwek
Am 25. April 2015 waren die Schlagzeuger der
Münchner Philharmoniker mit Martin Grubinger in
einem reinen Percussionkonzert in den Postgaragen zu erleben. Ein MPhil vor Ort-“Spezial“ zu einem besonderen Anlass: das letzte Fest von
holleschek&schlick an diesem Ort, denn die Postgaragen werden abgerissen.
Martin Grubinger war Ende April als Solist zu Gast
bei den Münchner Philharmonikern. Als die Anfrage
kam, ein weiteres Konzert mit unseren Schlagzeugern zu geben, sagte er schnell zu und reiste extra
mehrere Tage früher an, um das ehrgeizige Programm
parallel zu seinem Auftritt als Solist einzustudieren.
Für ihn wie für unsere Schlagzeuger hieß das: intensive Vorbereitung und in vier Tagen über 30 Stunden extra Proben inklusive Nebenwirkungen (siehe
unten). Aber es hat sich gelohnt: Standing Ovations!
„Die Zusammenarbeit mit Martin war wahnsinnig
intensiv. Sie hat mich bereichert und inspiriert. Klar
kosteten die Proben zusätzlich zum Konzertprogramm
in der Philharmonie viel Kraft, setzten aber ungleich
viel mehr positive Energie frei!“ (Jörg Hannabach,
Schlagzeuger)
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MPhil vor Ort – Konzert mit Fest
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MPhil vor Ort – Konzert mit Fest
„Anfangs war ich ein wenig skeptisch, als Simone Siwek mir vorgeschlagen hat, ein klassisches Schlagzeugkonzert für ein junges Publikum aufzuführen. ‚Anstrengend‘ war die erste Assoziation. Was Grubinger
und die Münchner Philharmoniker dann in den Postgaragen aufgeführt haben, hat nicht nur das Publikum
aus den Stühlen gerissen. Ich bin bekehrt. Und das
nächste Schlagzeugkonzert ist schon ausgemacht –
stehend dann.“ (Otger Holleschek, Kooperationspartner)
„Wir kennen Martin als Solist mit dem Orchester. Nun
durften wir ihn auch als Teamplayer kennen lernen,
der sich ganz selbstverständlich in unsere Gruppe integrierte. In den Proben legte er großen Wert auf die
Meinung aller Spieler und erwartete von jedem, dass
er sich einbrachte.“ (Sebastian Förschl, 1. Schlagzeuger)
„Martin spielt gerade ein Stück wie Pléiades sonst
mit seinem festen Ensemble. Dass er ein komplettes
Programm mit uns zusagte ist eine große Ehre für jeden von uns! Dieses Projekt hat mich begeistert und
persönlich stark motiviert. Ich denke ich kann für alle
Schlagzeug-Kollegen sprechen, wenn ich sage, dass
uns diese Woche auch als Gruppe nachhaltig zusammengeschweißt hat.“ (Stefan Gagelmann, SoloPauker)
„Martin Grubinger forderte von allen vollen Einsatz.
Das bedeutet: immer 100% – und der Schritt von
99% zu 100% kann groß sein! Er perfektioniert
rhythmische Genauigkeit, Lautstärke, Klang und
Dynamik und verliert dabei nie die Freude am Spielen. Das ist unheimlich ansteckend und fordert einen
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„Wir hatten nahezu unser komplettes Schlagwerk
im Einsatz. Mit über 60 Instrumenten war der Aufund Umbau sehr komplex und musste auf jeden
Musiker abgestimmt sein. Martin war sehr engagiert und verlangte Musikern und Instrumenten
einiges ab. Erste ‚Opfer‘ waren mehrere Bongos,
deren Felle binnen kürzester Zeit durchschlagen
waren. Zur Sicherheit wurden Ersatzinstrumente
angemietet. Nach dem Konzert mussten 6 Paukenfelle und 18 TomTom-Felle ausgetauscht werden.
Also: bei Werken wie dem Xenakis ist es durchaus
ratsam nicht mit Naturfellpauken zu spielen.“ (Kilian Geppert, stellvertretender Orchesterinspizient)
Das Programm:
Sollima: Millennium Bug, Miki: Marimba Spiritual,
Xenakis: Pléiades (daraus den Fellsatz), Jobim:
Chega de Saudade, Engel: Ragtime und Grubinger:
Planet Rudiment
Es spielten:
Sebastian Förschl, Stefan Gagelmann, Jörg Hannabach, Michael Leopold, Guido Rückel, Walter
Schwarz, Linda-Philomène Tsoungui
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mental und körperlich. In meinem Fall bedeutet das:
Muskelkater, zwei blutige Finger und nach diesem
Projekt eine gute Kondition: ich merke, dass ich
mich weniger Einspielen muss.“ (Guido Rückel, SoloPauker)
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Orchestergeschichte
Die Tonhalle, Heimstatt der Münchner Philharmoniker
von 1895 bis 1944
Gabriele E. Meyer
Bis zur Eröffnung des Kaim-Saales (der späteren
Tonhalle) im Jahre 1895 gab es in München – sieht
man von den akustisch unbefriedigenden CentralSälen in der Neuturmstraße ab – als einzigen großen
Konzertsaal nur das Kgl. Odeon. Allerdings wurde
dieser repräsentative Raum dem 1893 von Franz Kaim
gegründeten Vorgänger der Münchner Philharmoniker nur widerwillig zur Verfügung gestellt; für den
vorausschauenden Unternehmer Grund genug, ein
weiteres Großprojekt in Angriff zu nehmen. Nach
mehreren vergeblichen, weil nicht finanzierbaren
Anläufen, entschloss sich Kaim schweren Herzens,
seinen Saal selbst zu erbauen, und zwar auf dem
Eckgrundstück Türkenstraße 5 zur inzwischen neu
angelegten Prinz-Ludwig-Straße. Die Bauleitung
hatte er Martin Dülfer anvertraut. Die Fassaden
gestaltete der renommierte Architekt im LouisSeize-Stil, wegen der typischen Lorbeer- oder Fruchtgirlanden auch „Zopfstil“ genannt. Schon ein halbes
Jahr nach der Grundsteinlegung im April 1895 wurde der „Kaim-Saal“ mit einem dreitägigen Musikfest
„unter dem Protektorat des Prinzen Ludwig Ferdinand
von Bayern“ eingeweiht (19.–21. Oktober). Die Orchestergründung trat in Anlehnung an den Konzertort nun unter dem Namen „Kaim-Orchester“ auf. Die
ursprünglich veranschlagte Kostenpauschale von
500.000 Mark überschritt Dülfer allerdings „um die
horrende Summe von 380.000 Mark“. Kaim gelang
es nur mit Hilfe „mäcenatischer Gönner, zu denen
maßgeblich Frau Marie Barlow gehörte“, den finanziellen Ruin abzuwenden. Ab Oktober 1905 gingen
die Konzertbesucher in die „Tonhalle“; eine Begründung für diesen Namenswechsel gab es merkwürdigerweise nicht. – Im Laufe der Jahre waren an
dem Saal immer wieder bauliche und akustische
Veränderungen vorgenommen worden, um den Ansprüchen von Musikern und Zuhörern zu genügen.
Viele historisch und künstlerisch bedeutsame Konzertereignisse verzeichnen die Annalen – bis hin zu
jener Nacht des 24./25. April 1944, als ein vor allem
für die Innenstadt verheerender Bombenangriff auch
die philharmonische Heimstatt und den Odeonssaal
in Schutt und Asche legte. Der schmerzliche Nachruf in den „Münchner Neuesten Nachrichten“ nur
zwei Tage später erinnerte nochmals an das, was
da vernichtet worden war. „Diese Räume waren Individualitäten, jeder hatte seinen besonderen Charakter, dem man als Konzertierender gerecht werden mußte. Jeder hatte auch seine spezifische
Atmosphäre, die den Hörer mit ihrer ganz eigenartigen Stimmung empfing und die sich gewissermaßen aus dem langjährigen künstlerischen Geschehen ergab.“ Noch aber ging der Konzertbetrieb
weiter. Eilends suchte die Stadt nach Ausweichquartieren und fand sie im Prinzregententheater,
im Löwenbräukeller, im Deutschen Museum, in der
Aula der Universität. Nach Kriegsende befanden
sich die Philharmoniker weiterhin auf Wanderschaft.
Zwar probierte Hans Rosbaud, GMD von 1945 bis
1948, zunächst noch in den notdürftig hergerichteten Kellerräumen an der Türkenstraße, die Konzerte aber fanden an anderen Orten statt. Zu einem
durchaus möglichen Wiederaufbau des Saales, in
dem einst Thomas Mann Katja Pringsheim, seine
spätere Frau, entdeckte, konnte man sich nicht
durchringen. Erst 1985 erhielten die Münchner Philharmoniker mit der Philharmonie im Gasteig wieder
ein eigenes Zuhause.
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„Mein Ziel ist es, dass jeder Münchner die Chance hat,
die Münchner Philharmoniker live zu erleben.“
Dieses ehrgeizige Ziel hat Valery Gergiev zur Antrittspressekonferenz am 31. Januar 2013 formuliert.
Zum Saisonstart 2015/16 rufen die Münchner Philharmoniker und ihr zukünftiger Chefdirigent Valery
Gergiev ein neues Festival in München ins Leben:
mphil 360°. Es wird vom 13. bis 15. November in allen fünf Sälen des Münchner Gasteigs stattfinden.
Freitag, 13.11.2015, 20 Uhr
Schönberg: »Begleitmusik zu einer Lichtspielszene« |
Skrjabin: »Promethée. Le Poème du feu.« | Wagner:
»Die Walküre« 1. Aufzug
Valery Gergiev, Denis Matsuev, Anja Kampe, Johan
Botha, René Pape, Philharmonischer Chor München
Samstag, 14.11.2015, 12 Uhr – 24 Uhr
Musikfest für alle – Eintritt frei
Till Brönner, Hauschka, Andreas Martin Hofmeir,
Miloš Karadaglić, Gewinner des Tschaikowsky-Wettbewerbs, Valery Gergiev, Tin Men and the Telephone, Mariinsky Strawinsky Ensemble, Deutsch-Russisches Ensemble, Odeon Jugendorchester, Kammerorchester der Münchner Philharmoniker, Community Music
Sonntag, 15.11.2015
Kern der Programme am Sonntag sind die fünf Klavierkonzerte Prokofjews. Jedes Klavierkonzert wird
kombiniert mit Werken aus der deutschen bzw.
Münchner Musikgeschichte. Die Münchner Philharmoniker werden dabei zwei Konzerte, das Mariinsky-Orchester drei Konzerte bestreiten.
11 Uhr
Prokofjew: »Symphonie classique« & Klavierkonzert Nr. 1 (Solist: Herbert Schuch) | Haydn: Symphonie Nr. 82 »Der Bär«
13 Uhr
von Weber: Ouvertüre zu »Der Freischütz« | Prokofjew: Klavierkonzert Nr. 2 (Solist: Denis Matsuev) |
von Weber: »Aufforderung zum Tanz«
15 Uhr
Reger: Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin |
Prokofjew: Klavierkonzert Nr. 3 (Solist: Behzod Abduraimov)
17 Uhr
Hartmann: Suite aus »Simplicius Simplicissimus« |
Prokofjew: Klavierkonzert Nr. 4 (Solist: Alexei Volodin)
19 Uhr
Widmann: »Con brio« | Mozart: Klarinettenkonzert
A-Dur (Solist: Jörg Widmann) | Prokofjew: Klavierkonzert Nr. 5 (Solist: Olli Mustonen)
Karteninformationen
Karten zu allen Veranstaltungen des Festivals gibt
es ab 11.08.2015 im Webshop der Münchner Philharmoniker unter mphil.de und bei München Ticket
(089/54 81 81 400).
Der Eintritt zu allen Veranstaltungen am Samstag,
14.11.2015, ist frei, jedoch nicht ohne Eintrittskarte möglich.
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Das Festival mphil 360°
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So. 12.07.2015, 20:00
Klassik am Odeonsplatz
Edvard Grieg
„Peer Gynt“-Suite Nr. 1 op. 46
Pjotr Iljitsch Tschaikowsky
Fantasie-Ouvertüre „Romeo und
Julia“
Carl Orff
„Carmina Burana“
Vorschau
Do. 17.09.2015, 20:00 1. Abo h4
Fr. 18.09.2015, 20:00 1. Abo c
So. 20.09.2015, 11:00 1. Abo m
Gustav Mahler
Symphonie Nr. 2 c-Moll
„Auferstehungssymphonie“
Valery Gergiev, Dirigent
Anne Schwanewilms, Sopran
Olga Borodina, Mezzosopran
Philharmonischer Chor München,
Einstudierung: Andreas Herrmann
Di. 22.09.2015, 20:00 1. Abo f
Mi. 23.09.2015, 20:00 1. Abo e4
Johannes Brahms
Konzert für Violine und Orchester
D-Dur op. 77
Anton Bruckner
Symphonie Nr. 4 Es-Dur
„Romantische“
Valery Gergiev, Dirigent
Janine Jansen, Violine
Krzysztof Urbański, Dirigent
Daniela Fally, Sopran
Benjamin Bruns, Tenor
Jochen Kupfer, Bariton
Philharmonischer Chor München,
Einstudierung: Andreas Herrmann
Kinderchor des Staatstheaters am
Gärtnerplatz, Einstudierung:
Verena Sarré
Impressum
Herausgeber
Direktion der Münchner
Philharmoniker
Paul Müller, Intendant
Kellerstraße 4,
81667 München
Lektorat: Christine Möller
Corporate Design:
Graphik: dm druckmedien gmbh,
München
Druck: Color Offset GmbH,
Geretsrieder Str. 10,
81379 München
Gedruckt auf holzfreiem und FSC-Mix
zertifiziertem Papier der Sorte
LuxoArt Samt.
Textnachweise
Egon Voss, Volker Scherliess,
Thomas Leibnitz, Elke Heidenreich,
Arnold Riedhammer, Monika Laxgang, Simone Siwek, und Gabriele
E. Meyer schrieben ihre Texte als
Originalbeiträge für die Programmhefte der Münchner Philharmoniker.
Die von Strawinsky eigenhändig ausgewählten und redigierten Gesangstexte wie auch den Text der BrucknerMesse zitieren wir nach dem (gesungenen) Wortlaut der jeweiligen
Partitur. Lexikalische Angaben und
Kurzkommentare: Stephan Kohler.
Künstlerbiographien: nach Agenturvorlagen. Alle Rechte bei den Autorinnen und Autoren; jeder Nachdruck
ist seitens der Urheber genehmigungs- und kostenpflichtig.
Bildnachweise
Abbildung zu Richard Wagner:
Herbert Barth / Dietrich Mack /
Egon Voss, Wagner – Sein Leben,
sein Werk und seine Welt in zeitgenössischen Bildern und Texten,
Wien 1975. Abbildungen zu Igor
Strawinsky: Markus Hodel und Agathe Straumann (Hrsg.), Strawinsky
– Sein Nachlass, sein Bild, Basel
1984; Abbildungen zu Anton Bruckner: Leopold Nowak, Anton Bruckner
– Musik und Leben, Linz 1995. Künstlerphotographien: Ben Ealovega
(Nagano), Javier del Real (Schwanewilms), R&G Photography (Fujimura),
Harald Hoffmann (Schade), Mathias
Bothor / DG (Pape), Leonie von Kleist
(Heidenreich); Archiv der Münchner
Philharmoniker (Thomas Walsh),
Denise Vernillo und Guido Rückel
(MPHil vor Ort).
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DAS
ORCHESTER
DER
STADT
Mehr als
ein Konzert
mphil.de
089 480 98 5500
117. Spielzeit seit der Gründung 1893
Valery Gergiev, Chefdirigent (ab 2015/2016)
Paul Müller, Intendant
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