InnovatIon.StrategIe.ProduktIon. - E-Paper

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KNOW!S
01-2016
Schutzgebühr 2,10 €
Innovation.Strategie.Produktion.
Pflicht, die
www.dul-print.de
Gute Kooperation. Mehrwert Für Kunden.
www.smart2publish.de
Innovation
Pflicht, die
notwendig
Kür, die
überflüssig?
Da fehlt das
Grau. Was ist
2016 Pflicht
und was Kür
für Medienmacher?
Wer Pflicht + Kür kennt, schafft kreative Freiräume: Für Medien und Content Marketing.
Diese KNOW!S bietet eine Übersicht über wichtige
Pflicht- und Kür-Themen. Picken Sie sich die
Rosinen heraus, die für Ihr Medium wichtig sind. Know!s // 3
01
Pflicht
erfüllen –
Kür
inszenieren:
Bleiben Sie
inspiriert.
Szene Staub aufwirbeln
Wissen CC
Dada 100
Content Marketing
Distribution
Seite 22
Seite 8
Wachsam sein! Seite 10
02
IMPRESSUM
Herausgeber: L.N. Schaffrath GmbH &
Co. KG DruckMedien, Marktweg 42-50,
D-47608 Geldern, www.schaffrath.de
Konzeption: schaffrath concept GmbH,
Hildebrandtstraße 24D, 40215 Düsseldorf
www.schaffrath-concept.de
4 // Know!s
Schriften erkennen
Kundenerlebnis
ach wie gut, dass
niemand weiß...
Was Rumpelstilzchen mit
Content Marketing zu tun hat
Seite 12
Objektleitung: Marion Pape,
[email protected]
Gedruckt auf PROFIbulk 1.1, naturmatt gestrichen holzfrei
Bilderdruck mit 1,1-fachem Volumen.
Redaktion und Design:
Atelier Goral GmbH, Köln,
[email protected]
Alle in dieser Ausgabe genannten Handelsnamen, Warenbezeichnungen, etc. können auch ohne besondere Kennzeichnung Marken sein und den entsprechenden gesetzlichen
Editorial.Content.
Liebe Leserinnen und Leser,
wir wollen nicht über den dreifachen Rittberger und die B-Note reden, wenn wir diese KNOW!S mit „Pflicht, die“ und „Kür, die“ überschrieben haben. Auch nicht über Pflichtkommunikation von Aktiengesellschaften. Pflicht und Kür in der Medienwelt und im Content
Marketing des Jahres 2016, das war der Ausgangspunkt der Recherchen. Sehr schnell kamen wir zu einer Feststellung: Nicht nur
die Medien und Kanäle haben sich verändert, sondern das gesamte
Koordinatensystem. Mit ihren Social Media Kanälen publizieren heute nicht nur Digital Natives schneller als etablierte Verlagshäuser
oder Unternehmen, sondern die gesamte Gesellschaft, vom Podcast der Bundeskanzlerin bis zum Tatort-Kommentierer auf Twitter,
ist involviert. Was bedeutet dies für die Kommunikation? Eines wur-
de sehr schnell klar, die Sicht auf den Medienwandel ist nicht mehr
so schwarz-weiß auf die Frage „Print oder Online“ fokussiert. Ganz
im Gegenteil, beides hat seinen Platz gefunden und wird wertgeschätzt. Der Kulturwandel im Medienbereich ist auf einer ganz anderen Bühne in vollem Gange: In der Effizienz und Exzellenz, mit
der Medienhäuser und Unternehmen auf allen Kanälen brillieren
müssen, wenn sie die Informationshoheit und den Wert ihrer Marken erhalten und steigern wollen. Dazu gehört auch die Diskussion
über neue Netzwerke, Distributions- und Promotionwege. Diese
KNOW!S setzt Schlaglichter auf aktuelle Fragestellungen, will Wissen vermitteln und zur Diskussion anregen und vernetzen.
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Dirk Alten | Geschäftsführer | schaffrath medien
KnowHow
Digitalisierung
Bildrechte
10
Plagiate
10
Heftarchitektur
15
Web, Mobile
17
E-Paper
17
nicht in der Bewahrer-Organisation Seite 24
Content =
Journalismus
Wer Pflicht +
Kür Kennt =
Freiraum
Im Gespräch der
DJV-Vorsitzende
Dr. Frank Überall
Seite 30
Lasten-, Pflichtenheft und agiles
Arbeiten
Seite 18
Extra Heft für Ihre Ideen
KNOW!S
01-2016
Schutzgebühr2,10€
InnovatIon.StrategIe.ProduktIon.
Keine Hexerei
Seite 28
www.schaffrath.de
Bestimmungen unterliegen. Nachdruck, auch
auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung
des Herausgebers.
Bildnachweise: Brian A Jackson (34), 360b (6),
Kiselev Andrey Valerevich (28), Drop of Light
(8), Kunal Mehta (8), Karashaev (20), Gajus (2),
Freiraum, Der
Rawpixel.com (24), Vitezslav Halamka (15),
MaKars (11), Dooder (36), Doppelganger4
(1), aurielaki (17) alle shutterstock; Rainer
Holz (30,31); Larog (9, 12); Privat (23); Privat
(26); Privat (29)
Know!s // 5
Mensch
Medium
„Jeder Mensch ein Künstler“
sagt Joseph Beuys und thematisiert dies ausführlich in
seiner berühmten Rede am
20. November 1985 in den
Münchner Kammerspielen.
24 Jahre
Innovation
„Jeder Mensch mit einem
Computer kann heute
sein eigener Verleger,
Chefredakteur, Produzent
sein.“
schrieb Douglas Coupland im „SZ Magazin“ Heft 53/2009 und weiter: „Er kann
eine Revolution starten oder einen Bestseller veröffentlichen, ohne vom
Schreibtisch aufzustehen – der Revolutionär muss sich nur mit den richtigen
Leuten vernetzen. Die Internetkampagne zu den Protesten im Iran zum Beispiel
wurde aus New York gesteuert.“
Der kanadische Autor Douglas Coupland schrieb in den frühen 90er Jahren des
letzten Jahrhunderts den Roman „Generation X“.
Know!s // 7
SzeneWissen
„CC“
Was bedeutet eigentlich „CC“? Eine tolle Frage für den Flurfunk
oder den Bürotourismus. Wenn die beiden Buchstaben Schwarz
auf ovalem Weiß stehen und dieses Oval auf Autolack geklebt
ist, handelt es sich um einen Vertreter des konsularischen
Korps, der vor Ihnen die Straße bevölkert. Wenn die Buchstabenkombination allerdings im elektronischen Postverkehr
vorkommt, oder sogar einen weiteren Buchstaben anbietet,
wie „BCC“, dann handelt es sich um die „carbon copy“ oder die
„blind carbon copy“. Da hat sich doch die gute alte analoge Zeit
ins digitale Zeitalter gerettet. Die „Carbon Copy“ meint das
Kohlepapier, das man zwischen zwei Papiere legte, wenn
man eine Kopie auf der Schreibmaschine anfertigen wollte.
Heute legen wir kein Kohlepapier mehr ein, sondern trennen
mehrere Empfänger-E-Mail-Adressen mit einem Komma. Die
Blindkopie „BCC“ bedeutet, die dort angegebenen Empfänger sehen die E-Mail-Adressen weiterer Empfänger nicht.
Sehr zu empfehlen bei Rundmails, etwa dem Verschicken von
Pressemitteilungen oder Einladungen.
„Manchmal geht es eben nicht darum, das nächste neue Ding zu
finden, sondern darum, wie man es am besten einsetzt.“
US-PRäsident Barack Obama auf deM „South by Southwest Festival“ (SXSW) in Austin
Klassiker
Schriften erkennen
Wer schon immer einmal wissen wollte, welche Marke oder Magazin welche
Schrift einsetzt, für den gibt es einen Klassiker in Buchform. Und das seit
30 Jahren. Das Buch trägt den nüchternen Namen „Schriften erkennen“
und wird von seinen Autoren Daniel Sauthoff, Gilmar Wendt und Hans
Peter Willberg immer wieder überarbeitet. Zuletzt machte sich Daniel
Sauthoff ans neue Cover. Der Verlag Hermann Schmidt Mainz spricht von
einem zuverlässigen Navigationssystem im Schriftendschungel.
Schriften erkennen | Eine Typologie der Satzschriften | 14. Auflage | 72 Seiten mit zahlreichen Beispielen und Abbildungen | Format 21 x 29,7 cm | Fadengeheftete Broschur |
978-3-87439-373-7 | 12,80 €
8 // Know!s
Aktuelles: knows-magazin.de
100
Jahre DADA. Das war am 5. Februar, dem
Gründungstag im Jahr 1916 der AntiKunst-Bewegung, die mit der Eröffnung
des Cabaret Voltaire begann und die es
als künstlerische Geisteshaltung geschafft hat, bis heute am Leben zu bleiben, denken wir an Helge Schneider oder
die Punk-Gebete von Pussy Riot. Dada ist
das erste „Ready Made“ - also das Kunstwerk, das der Künstler nicht mehr selbst
schafft, sondern nur noch präsentiert,
das Urinal von Marcel Duchamp. Hugo
Ball, Emmy Hennings und Tristan Tzara
zelebrierten im Cabaret Voltaire den unverständlichen Text und pflegten atonale
Dissonanzen, und in Berlin schrieben im
Club Dada Richard Huelsenbeck, George Grosz, Hannah Höch und Johannes
Baader: „Dada ist das Chaos, aus dem
sich tausend Ordnungen erheben, die
sich wieder zum Chaos Dada verschlingen“. Die kanadische Agentur Akufen aus
Montreal hat anlässlich des Jubiläums die
Website „Dada Data“ gelauncht:
dada-data.net/de/hub
Personalisierte und relevante Erlebnisse spielen bei der
Verbesserung des Kundenerlebnissen den größten Wert
Unternehmen
Agenturen
25%
27%
Schlaglicht
Kundenerlebnis mit Nutzen
Vierteljährlich geben Econsultancy und Adobe
ihr Digital Intelligence Briefing heraus. Es dürfte
unbestritten sein, dass der Kunde mehr denn je in
den Fokus rückt. So heißt es im Briefing: „Durch
die Schnelligkeit und Unmittelbarkeit des Internets
ist die Benutzerfreundlichkeit zu einem wichtigen
Aspekt bei der Verbesserung des Kundenerlebnisses
geworden“. Kunden wandern ab, wenn das Angebot
nicht benutzerfreundlich ist. Apple, schlussfolgert
das Briefing, habe deshalb so loyale Kunden, weil die
iOS-Plattform so bedingungslos auf Benutzerfreundlichkeit ausgerichtet sei und es eben nicht entscheidend sei, wie viele Funktionen angeboten werden.
Jede Interaktion zwischen dem Kunden und der
Marke müsse als Kundenerlebnis verstanden werden.
Event Tweets
European Newspaper
Congress 2016
1.-3.5.2016 | Wien
enc.newsroom.de/
re:publica
Konferenz zu den Themen
Internet und Gesellschaft
2.-4.5.2016 | Berlin
re-publica.de/
Kongress der deutschen
Fachpresse
10.-11.5.2016 | Berlin
deutsche-fachpresse.de
drupa 2016
schaffrath medien
produziert in Kooperation
mit fds und dem Oberauer
Verlag drupa daily. Besuchen
Sie uns in Halle 7.
31.5.-10.6.2016 | Düsseldorf
drupa.de
Staub aufgewirbelt
Wolfgang Stöcker ist Künstler. Wolfgang Stöcker sammelt Staub, betreibt das Deutsche Staubarchiv in Köln und klassifiziert Stäube in Kultur-Stäube oder Politik-Stäube.
Eine kleine Auswahl seiner Stäube zeigt das Kölnische Stadtmuseum in seinem
Goldenen Kubus vom 11. März bis zum 5. Juni. Dr. Michael Euler-Schmidt, stellvertretender Direktor des Kölnischen Stadtmuseum, erläutert, dass es organische und
anorganische Stäube gebe. Zu letzterem ist der gemeine Hausstaub zu rechnen, der
auch die Wollmäuse zum Leben erweckt. Dies, so assistiert Stöcker, funktioniere aber
nur in geschlossenen Räumen. Outdoor gebe es keine Wollmäuse, die würden sofort
verweht. Wie der Staub aus der Sahara, den Stöcker nach einer Untersuchung durch
die Universität zu Köln schon in Kölns Kathedrale nachweisen konnte. Stöcker sammelt
aber nicht nur Stäube aus der gesamten Republik, sondern dokumentiert fotografisch
auch die Fundorte, nebst Putzpersonal oder die Korrespondenz, die er mit den Staubeinsendern führt. deutsches-staubarchiv.de
Know!s // 9
Das Recht am eigenen Bild –
auch Zeichnungen betroffen
Fangen wir mal nicht mit der Fotografie an. Auch Zeichnungen und Grafiken einer Person, die veröffentlicht werden,
können, sobald der Mensch damit identifiziert werden
kann, unter das Recht am eigenen Bild fallen. Dieses Recht
leitet sich direkt aus dem Grundgesetz und dort aus dem
Allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab. Den Schutzbereich definiert allerdings §22 des Kunst-Urhebergesetzes und der ist
eindeutig: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.“
Wer dagegen verstößt, kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu
einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden. Allerdings wird
dieser Tatbestand nur auf Antrag verfolgt. Es gibt Ausnahmen, wenn es sich um Bereiche der Zeitgeschichte handelt,
Personen nur Beiwerk sind, Bilder von Versammlungen und Aufzügen oder die Verbreitung und
Schaustellung einem höheren Interesse der
Kunst dient.
Bildrechte prüfen
Wer Urheberrechtsverletzungen bei Bildern für ein Kavaliersdelikt hält,
dem sei empfohlen, die Begriffe in eine Suchmaschine einzugeben.
Die ersten Ergebnisse die auftauchen, sind die Marketingangebote
von Rechtsanwälten, die unmissverständlich klar machen, dass jedes
Foto dem Urheberrecht unterliegt. Eine Gestaltungshöhe, wie etwa bei
anderen Werken der angewandten Kunst, sieht das Gesetz nicht vor. Im
Klartext: Die Abmahnhaie liegen auf der Lauer. Denn es gilt auch, dass
der Fotograf oder Zeichner selbst bestimmen darf, wo seine Arbeiten
veröffentlicht werden. Zwar kann man Verträge mit Fotografen auch
mündlich schließen, dennoch empfiehlt es sich, diese schriftlich zu
fixieren. Pflicht ist dabei die Nutzung festzuhalten, also etwa in welchen
On- oder Offline-Medien, und wo die Bilder räumlich verwendet werden
sollen. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig über soziale
Medien zu sprechen. Oft fordern die Anbieter dieser Plattformen die
Übertragung aller Nutzungsrechte an sie selbst. Dies bedeutet, nutze
ich etwa in meinem Facebook-Kanal ein Foto, dann muss ich auch das
Recht haben, bei diesem Foto die Nutzungsrechte an Facebook weiter
zu lizensieren. Abmahnungen und hohe Kosten können auch den
erwarten, der den Bildurheber entweder gar nicht, unvollständig oder
an der falschen Stelle angibt. Im Zweifel gilt: Sprechen Sie im Vorfeld mit
dem Fotografen.
Wachsam sein!
Wer kommuniziert muss einige Regeln einhalten. Dies gilt für Sprache, genauso wie für Fotos
und Illustration oder Markenrechte. Darum: Vor Veröffentlichung gilt, die Pflicht zur Prüfung.
Kommentare – Wer haftet
Wer einen Blog, Zeitung oder Magazin betreibt, wusste es schon immer – im Zweifel ist es besser,
Kommentare mit rechtswidrigem Inhalt schnellstens zu löschen. Auch vor der aktuellen Debatte
um Hasskommentare im Netz. Dies gilt auch für Profile in sozialen Netzwerken, ganz gleich ob bei
Facebook, Google+ oder Instagram. Es gibt die so genannte Forenhaftung. Rechtsanwalt Solmecke
von Wilde, Beuger und Solmecke schreibt: „[...]Verantwortlich sind im Übrigen auch die Betreiber
von Facebook-Fanpages, sofern dort volksverhetzende Kommentare gepostet werden. Genau wie
Facebook selbst müssen auch die Seitenbetreiber handeln, wenn sie Kenntnis von rechtsverletzenden Inhalten haben. Andernfalls kommen sie selbst in die Haftung. Eine Pflicht, sämtliche Kommentare eigeninitiativ auf Rechtswidrigkeit zu prüfen, gibt es jedoch nicht.
Plagiate finden
Erinnern sie sich noch an den „GuttenPlag“ - die Plagiatsaffäre von Karl-Theodor zu
Guttenberg? Plagiate betreffen aber nicht nur wissenschaftliche Arbeiten, sondern
eine Prüfung auf Plagiate ist auch für die journalistische Arbeit und eine Redaktion
wichtig. Im Netz gibt es mittlerweile einige gut funktionierende Plattformen, wie www.
plagscan.com oder www.plagiatefinder.de, die einer Redaktion helfen, schnell herauszufinden, ob Texte Stellen von anderen Seiten im Internet beinhalten. Damit lassen sich
Texte von Autoren schnell prüfen. Diese Tools kann man auch dazu nutzen, um zu
klären, ob die eigenen Texte von Dritten kopiert werden.
10 // Know!s
J
B f
Produktion
Richtig zitieren aus Print und Internet
Die wichtigste Pflicht beim Zitieren ist das wörtliche Zitat als solches
erkennbar zu machen und in Anführungszeichen zu setzen. Zudem muss
das Zitat komplett seinem Original entsprechen. Nun gelten für die
journalistische Arbeit nicht ganz so strenge Regeln, wie für das wissenschaftliche Zitieren. Immerhin dürfen Rechtschreib- und Grammatikfehler
ausgeglichen werden. Auch wer indirekt zitiert, darf nicht den Sinn der
Grundaussage verändern. Bei Unternehmensmagazinen empfiehlt es
sich, wortwörtliche Zitate dem Interviewpartner vor Veröffentlichung
zur Abstimmung zuzuleiten, um hinterher Ärger zu vermeiden. Eklatant
wichtig für den, der im eigenen Kundenmagazin über Erfolge mit Kunden
berichtet. Denn gibt es hier Probleme mit Zitaten, hat man nicht nur publizistisch Ärger, sondern ist womöglich auch noch den Kunden los. Pflicht
ist ebenfalls, den Zitatgeber richtig zu benennen, mit seinem vollen Namen und seiner Funktion. Zitiert man aus gedruckten Quellen, so ist das
Zitat zeitlich und inhaltlich unveränderlich dokumentiert. Wie verhält es
sich mit Quellen aus dem Internet, die sich jederzeit verändern können?
Auch wenn man die URL angibt, kann man sich nicht sicher sein, dass sich
die Inhalte dort nicht ändern. In diesem Fall sollte also immer angegeben
werden, wann das Zitat von der entsprechenden URL entnommen wurde,
am besten mit einer deutlichen Zeitangabe. Wer ein Literaturverzeichnis
angibt, der sollte sich zuvor über die DIN 1505 informieren, denn dort
steht, wie dies richtig strukturiert wird.
Launch und Relaunch –
Marken prüfen und sichern
Bevor eine neue Publikation, ob für das Mobiltelefon, Print oder das
stationäre Web aufgelegt wird, insbesondere bei der Kreation eines neuen
Namens, gehören zur Pflichtprüfung: die Anfrage nach freien Domains bei
der Denic, die markenrechtliche Prüfung beim Patentamt in der entsprechenden Klasse, eine Prüfung beim Titelschutzanzeiger und die Anmeldung von Geschmacksmuster-Rechten. Diese Pflichtprüfungen sollte man
sich selbst auferlegen, denn stellen Sie sich einmal den schlimmsten Fall
vor: Die Logos entwickelt, die Markenkampagne ausgeliefert, Interviews
mit den Fachmagazinen geführt und das neue Magazin liegt beim Kunden
oder im Kiosk und ihr Wettbewerber erwirkt eine einstweilige Verfügung
gegen die weitere Auslieferung. Und sie müssen ihr schönes und neues
Werk wieder einsammeln. Das macht keinen Spaß und kann sehr teuer
werden.
KNOW!s
How
… ach,
wie gut,
dass
niemand
weiß...
B
eginnen wir mit der unmöglichen
Aufgabe für die schöne Müllerstochter. „Es war einmal ein Müller,
der war sehr arm. Er hatte aber eine sehr
schöne Tochter. Und so kam es, dass er
eines Tages vor den König trat und ihm
sagte: „Werter König, ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen!“
Klassische Werbung würde man sagen. Ich
gebe ein Versprechen ab, ohne den Beweis
direkt mitzuliefern und eine Story die ungewöhnlich klingt. Aber, was würde ein
moderner König heute tun? Er würde bingen oder googlen. Und sofort steht dort das
Wort „Märchen“. Weitere Suchergebnisse
liefert der Onlinehändler „Amazon“ oder
die linksalternative Zeitung „taz“, die sich
der Zeile „Aus Stroh Gold spinnen“ für eine
Überschrift bediente. Und jede Menge Illustrationen in der Bildersuche.
Könnte der Müller also dem König
diese freche Lügengeschichte heute noch
so auftischen? Nein. Er müsste viel subtiler
vorgehen, um glaubwürdig zu sein. Denn
wir haben gerade ja nur die erste moderne Informationsebene eingeblendet, die
der Suchmaschinen. Es gibt noch weitere.
Der König könnte sein persönliches Social
Media Netzwerk, ob Facebook, Snapchat,
Instagram, YouTube oder What´s App, befragen. Dort wären wahrscheinlich die gekrönten Häupter der gesamten Welt versammelt. Der König könnte die Frage also
in Windeseile an seine Freunde, ob sie es
für möglich halten, dass Müllerstöchter
Stroh zu Gold spinnen können, weiterleiten.
Die Häme dürfte nicht lange auf sich warten lassen. Um es auf den Punkt zu bringen: In unseren Tagen würde der Müller
mit seiner einfachen Werbebotschaft sicher
im ersten Schritt nicht punkten.
Analysieren wir einmal nüchtern,
was sich in unserem Kommunikationsverhalten verändert hat. Der Müller hat eine
phantastische Story aufgetischt, die erst
einmal für Aufmerksamkeit sorgt und ist
damit bis zum König durchgedrungen. Das
ist zunächst ein großer Erfolg seiner Kommunikation, denn er hat, ohne zuvor mit
seiner Werbung am Hof zu scheitern, gleich
den obersten Entscheider erreicht. Wir halten fest: Mit ungewöhnlichen Aussagen,
sorge ich für Aufmerksamkeit. Der König in
der Originalstory muss die Story des Müllers physisch überprüfen lassen, denn so
geht das Märchen der Grimms weiter:
Strategie
Was könnte die Geschichte
vom Rumpelstilzchen mit
Marketing, Reklame oder
Content Marketing zu tun
haben? Auch wenn man
glauben könnte, diese Kombination sei an den Haaren von
Rapunzel herbeigezogen, ist
dies dennoch keine Märchenstunde. Aber, wie müssten
oder würden der Müller und
die Gebrüder Grimm die Story
vom Stroh, das zu Gold gesponnen wurde, heute wohl
erzählen?
Know!s // 13
Themen anders setzen,
Social Media nutzen
Er würde also das Thema anders setzen
und er müsste es breiter streuen. Es würde
nicht mehr ausreichen, nur den Entscheider zu überzeugen. Er muss bei Interessensgruppen, persönlichen Gruppen und
vielen unterschiedlichen Individuen seine
Geschichte platzieren und seine Geschichte
zum Thema machen. Also die ganze Klaviatur vom Print-Titel, Blog, Social Media und
so weiter spielen, um eine möglichst breite Zahl der Mitentscheider zu überzeugen,
dass sie seine Story weiter verbreiten und
ihr Glauben schenken.
Natürlich muss er auch technische
Vorkehrungen treffen, etwa SEO – also
Suchmaschinenoptimierung – betreiben,
um seine Geschichte wenigstens auf die
erste Seite der Suchmaschinen zu bringen. Er könnte auch den ersten Platz kaufen, aber wir wissen ja, der Müller ist arm
und würde sein Investment wahrscheinlich stärker auf freie Social Media Kanäle,
wie einen You Tube Channel, Facebook,
What´s App und einen einfachen WordPress-Blog legen. Für den König gebe es
dann eine Landing Page, mit Bestellformular für die schöne Müllerstochter, die Stroh
zu Gold spinnen kann. Gehen wir einen
Schritt weiter und davon aus, dass der König den Bestellvorgang auslöst. Das Original
der Gebrüder Grimm bietet der armen Müllerstochter unerwartete Hilfe an: „Das kleine Männlein“. Wir erinnern uns, das kleine
14 // Know!s
Männlein spinnt drei Mal das Stroh des gierigen Königs zu Gold, aber es verlangt immer einen Faustpfand.
Da ging auf einmal die Türe auf und ein
kleines Männlein trat herein. Es blickte
die Müllerstochter an und sprach:
„Guten Abend, werte Müllerin. Warum
weint Ihr so sehr?“
„Ach“, antwortete das Mädchen,
„ich soll das ganze Stroh bis morgen zu
Gold spinnen, aber ich weiß nicht wie.“
Da sprach das Männlein: „Was gibst du
mir, wenn ich dirs spinne?“
„Mein Halsband“
sagte das Mädchen.
Das Männlein willigte ein und nahm das
Halsband. Es setzte sich vor das Rädchen
und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, da war die Spule voll. Dann steckte
es eine andere auf und schnurr, schnurr,
schnurr, dreimal gezogen, da war auch die
zweite Spule voll.
So ging es bis zum Morgen, bis alles Stroh
gesponnen und alle Spulen voller Gold
waren.
Der König war erfreut und hätte diesen Erfolg sicher nicht kommuniziert. Nein,
er ließ die arme Müllerstochter weiterspinnen im stillen Kämmerlein, bis er ihr beim
dritten Mal das Heiratsversprechen machte.
Aber die Müllerstochter musste auch dem
Männlein jedes Mal ein Versprechen geben,
zuletzt, dass sie ihm ihr erstes Kind geben
werde, wenn sie Königin sei. Wir alle wissen, sie wurde Königin, gebar ein Kind und
das Männlein forderte seinen Tribut. Allerdings gab das Männlein der Königin noch
eine Chance. Sie konnte ihr Kind behalten,
wenn sie seinen Namen herausfand. Heute würde das Männlein der Königin sicher
eine andere Aufgabe stellen. Aber bleiben
wir zunächst beim Original:
„Drei Tage sollst du haben. Wenn du bis
dahin meinen Namen weißt, so sollst du
dein Kind behalten“.
Nun sann die Königin die ganze Nacht
über und dachte an alle Namen, die sie jemals gehört hatte. Auch schickte sie einen
Boten über das Land. Der sollte sich weit
und breit nach neuen Namen erkundigen.
Als am andern Tag das Männlein kam,
fing sie an mit Caspar, Melchor, Balzer. Sie
sagte alle Namen, die sie wusste. Aber bei
jedem sprach das Männlein:
„Nein, so heiße ich nicht!“
Den zweiten Tag ließ sie bei allen Leuten
herumfragen und sagte dem Männlein die
ungewöhnlichsten und seltsamsten Namen vor: Rippenbiest, Hammelswade oder
Schnürbein. Aber es blieb dabei:
„Nein, so heiß ich nicht!“
PRINT
„Dem König, der das Gold liebte, gefiel
die Kunst gar wohl und er befahl, dass die
Müllerstochter zu ihm gebracht werden
sollte. Als sie vor ihm stand, führte er sie
in eine Kammer, die bis unter die Decke
voll war mit Stroh. Er gab ihr Rad und
Haspel, „Spinne dieses Stroh bis morgen
früh zu Gold. Schaffst du es nicht, sollst
du sterben!“ Darauf wurde die Kammer
verschlossen und sie war allein.“
Das hat sich verändert: Heute
steht allen das Wissen der Welt in wenigen Sekunden zur Verfügung. Ob mobil oder stationär spielt keine Rolle mehr.
Der König – wahrscheinlich schon der
Hofstaat oder des Königs Sekretär – hätte den Müller und seine Story zuvor entlarvt, und damit hätte die schöne Müllerstochter wahrscheinlich gar nicht einmal
das Stroh gesehen. Das ist nichts Neues,
hat aber eine große Auswirkung auf unsere Kommunikation. Heute in Zeiten
von „bento“ und „Huffington Post“ würde der Müller schreiben: „Diese Müllerstochter macht dich reicher“.
Die Geschichte vom Rumpelstilzchen, mag sie dem ein oder anderen auch ein wenig an den Haaren
herbeigezogen gewirkt haben,
lehrt vor allem eines, der Umgang
mit Medien und Wissen hat sich für
Menschen grundlegend verändert.
Wer also über einen Relaunch einer
Zeitschrift oder Zeitung nachdenkt, der muss dies berücksichtigen. Er muss nicht gleich Print als
solches in Frage stellen, sondern
sich mehr um die Frage kümmern,
welche Inhalte biete ich wie und
wo an. Hier einige Basisfragen und
Antworten.
KNOW!s
How
Innovation
Aus einem Guss
langweiligabwechslungsreich
Klassisches Verlautbarungsorgan
Diese Form findet man vor allem bei Pflichtpublikationen
im Verbandsbereich noch häufig. Die Mitglieder dürfen
schreiben, manchmal auch die Pressesprecher, und die Heftstruktur wird nach dem Prinzip, brauchst Du eine oder zwei
Seiten, festgelegt. Und so kommt es auch beim Leser an, wie
das monotone Orgeln des Leierkastenmannes.
Ein gutes Magazin wirkt kompakt und ist aus einem Guss
gestaltet. Aber übertreiben Sie es nicht, denn schon die
Dakota-Indianer sagten: „Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab!“ und das gilt auch für Design und
Redaktion. Schaffen Sie Abwechslung, denn Einheitlichkeit
und Vielfalt sind nicht nur Antipoden. Dies gilt umso mehr
für die Bild- und Textmischung. Gerade Magazine mit monothematischen Inhalten können schnell öde und langweilig
wirken. Dann wechselt man zwischen Fotografie, Illustration
oder Grafik und schon wirken die Geschichten abwechslungsreich und spannend. Allerdings ist darauf zu achten, dass es
eine Passung zwischen textlichen Inhalten und Illustration
gibt, also der Wechsel nicht nur aus ästhetischen Gründen
stattfindet. Denken Sie immer an das Leser- oder Kundenerlebnis und die Benutzerfreundlichkeit. Ergibt sich eine spannende Wechselwirkung, die der Leser schnell erfassen kann
und ihm einen Erkenntnisgewinn bringt, ist die Story perfekt
eingestielt. Dabei müssen Inhalte weder platt geschrieben,
noch platt inszeniert sein.
0
Langeweile vorprogrammiert: Ein Heft ohne Struktur
Das Magazin mit
Spannungsbogen
Rhythmus für den Leser: Eine wohlüberlegte Heftstruktur
Die Inhalte und Heftarchitektur
Wer bislang Artikel an Artikel reihte, weil der Print-Titel die
maßgebliche Kommunikationsplattform des Unternehmens,
Verbandes oder Vereins war, der gießt alten Wein in alte
Schläuche, vor allem dann, wenn seine Inhalte schon bekannt
sind. Nehmen wir das Beispiel Sport. Der Spielbericht ist
schon an dem Tag, an dem er geschrieben wurde, kalter
Kaffee. Das analysierende Interview mit dem Trainer im Monatsmagazin nicht. Dies braucht aber eine andere Vorbereitung und im Heft Raum. Redaktion und Art Direktion müssen
sich also mehr Gedanken machen über den Aufbau ihres
Magazins, sie müssen Themen setzen und diese geschickt so
setzen, dass der Leser, der, wie bekannt ist, zunächst einmal
blättert, durch die Architektur des Heftes geschickt gelenkt
wird, damit sein Blick sich an einer Geschichte verhakt. Dazu
muss inhaltlich, aber auch optisch ein Spannungsbogen
geschaffen werden.
Beglücken Sie Ihre Leser von visueller Opulenz
bis smarten Lesehappen. Dabei gilt es einige
wenige Regeln zu beachten. Wenn Sie einer Story die Titelseite widmen, dann muss dies auch
erkennbar die Titelgeschichte im Heft sein und
dies durch ihren Umfang dokumentieren. Da
reicht es nicht, nur eine Doppelseite zu füllen.
Alles was auf dem Titel angerissen wird, muss
mit entsprechendem Inhalt abgebildet werden
und kann nicht nur eine Randnotiz sein. Bauen
Sie in der Heftarchitektur den Spannungsbogen
so, dass sich der Leser angesprochen fühlt, das
gesamte Heft zumindest blätternd erforschen
zu wollen.
Marion Pape
0211.8303-201
[email protected]
Wissen vermitteln nach dem
Eisberg-Prinzip
Das dosierte Diskrepanzerlebnis
Was lässt uns Menschen Wohlbefinden erleben? Wenn wir auf der einen
Seite Nähe und Vertrautheit spüren, aber auf der anderen Seite Bewegung, Neugier und Dynamik fühlen. Für Redaktion und Design heißt dies,
dass die visuelle und inhaltliche Botschaft auf der einen Seite auf bereits
bestehendem Wissen aufbaut und auf der anderen Seite so wohldosiert
Neues präsentiert, dass der Leser nicht überfordert ist. Aber es darf auch
nicht zu wenig Neues sein, denn dann ist es Schnee von gestern.
Im Online-Blog knows-magazin.de finden Sie eine ausführliche Serie zu Architektur, Weißraum und Design von Magazinen.
Know!s // 15
LTE im Märchenwald
Drei Tage lang hätte die Königin im Jahr
2016 nicht warten müssen. Der Bote hätte ihr live mit Periscope, vorausgesetzt der
Wald hätte eine vernünftige LTE-Anbindung
gehabt, den Tanz des Männchens sogar
per Livestream senden können. Ja, Facebook Videoposts, Snapchat oder You Tube
wäre möglich gewesen. Unter dem Hashtag
#Rumpelstilzchen hätte der Bote auch twittern können. Vielleicht hätte die Königin
gar keinen Boten mehr aussenden müssen,
wenn das kleine Männlein nur ein wenig
eitel ist und sich selbst beim Tanz mit seinem Selfiestick gefilmt und diesen Film gepostet hätte. Aber hören wir erst einmal wie
das Märchen ausging:
Da war die Königin überglücklich, da sie
den Namen wusste. Als bald darauf das
Männlein kam und sprach:
„Nun, Frau Königin, wie heiße ich?“
fragte sie zuerst:
„Heißest du Kunz?“
„Nein.“
„Heißest du Heinz?“
„Nein.“
„Heißt du etwa Rumpelstilzchen?“
„Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir
der Teufel gesagt“,
schrie das Rumpelstilzchen, und stieß vor
Zorn mit dem rechten Fuß so tief in die
Erde, dass es bis an den Leib hineinfuhr.
Dann packte es in seiner Wut den linken
Fuß mit beiden Händen und riss sich
selbst mitten durch. Und damit ist das
Märchen aus.
16 // Know!s
Die gute Story ist entscheidend
Betrachtet man das Märchen „Rumpelstilzchen“ vor dem medialen Background der
Jetztzeit gibt es Dinge die bleiben gleich: Es
braucht eine gute Story, die zündet. Aber
es reicht nicht mehr aus, diese One to One
zu erzählen, sondern ich muss daraus eine
Story machen, die breit rezipiert wird und
dazu die Geschichte über viele Kanäle distribuieren. Und dennoch brauche ich ein
Ziel: Am Ende muss ich den König überzeugen. Und der ist ja, wie der deutsche
Sprachgebrauch es formuliert der Kunde.
Den Spruch „Der Kunde ist König“ formuliert der Angelsachse übrigens so: „The customer ist always right“.
Heute sammelt keiner mehr mündlich überlieferte Märchen, wie die Brüder
Grimm, überarbeitet sie und veröffentlicht
diese in Büchern. Dabei liest sich auch die
Geschichte der Gebrüder Grimm selbst, die
sich ja nicht nur auf die Veröffentlichung
von Märchen spezialisiert hatten, sondern
noch heute als Mitgründer der deutschen
Germanistik gelten, wie die moderner Startup Kultur. Denn auch die Brüder scheiterten am Anfang und mussten etwa die Zeitschrift „Altdeutsche Wälder“ nach nur drei
Ausgaben wieder einstellen.
Schon die Gebrüder Grimm
nutzten unterschiedliche
Distributionskanäle
Den Erfolg ihrer Märchen erlebten sie noch
selbst. Aber auch schon die Brüder Grimm
diversifizierten ihre Inhalte – heute würde
man sagen Content-Angebot – denn neben
der großen Ausgabe der Märchen, die sieben Mal aufgelegt wurde, war es die „Kleine
Ausgabe“ der Kinder- und Hausmärchen in
einem Band, mit Illustrationen von Ludwig
Emil, die den Stoff populär machte. Diese Ausgabe wurde zu Lebzeiten der Brüder
zehn Mal neu aufgelegt.
Inhalte mehrfach und in unterschiedlichsten Formen, passgenau auf die Zielgruppe zuzuschneiden und zu publizieren,
ist also keine Erfindung der Neuzeit. Heute,
nachdem die Märchensammlung gemeinfrei
ist, ist das Märchen Rumpelstilzchen nicht
nur zu lesen, sondern natürlich gibt es auch
Computerspiele im Netz. Wo man die findet, können Sie unter www.dazumehr.de/
rumpelstilzchen erfahren.
dIGITAL
Natürlich hätte die Königin 2016 die
Hof-IT auf die Namenssuche vom öffentlichen Netz bis ins Darknet geschickt und
womöglich sogar Trojaner aussenden lassen. Aber so weit war man ja damals noch
nicht. Und daher meldete der Bote am dritten Tag nach seiner Ankunft:
„Neue Namen habe ich nicht finden
können meine Königin. Aber wie ich an
einen hohen Berg um die Waldecke kam,
dort, wo Fuchs und Has sich gute Nacht
sagen, da sah ich ein kleines Häuschen.
Vor dem Häuschen brannte ein Feuer und
um das Feuer sprang ein kleines Männlein. Es hüpfte immerfort auf einem Bein
und schrie:
heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich mir das Kind der
Königin ach, wie gut, dass niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß!“
Unstrittig dürfte sein,
dass zu jeder Content
Marketing Strategie heute
eine stringente Durchlässigkeit zwischen analogen
und digitalen Angeboten
gegeben sein muss. Ein
Printwerk ohne Spiegel
im Digitalen ist nicht
mehr vorstellbar.
0
Alexander
Hornen
02831.925-534
[email protected]
Flashen Sie noch oder
blättern Sie schon in HTML 5
Ist eine responsive Website heute Pflicht oder Kür? Sagen
wir mal so: Im Juli gab es in Deutschland 46 Millionen Smartphone-Nutzer, laut Statista. Die drei wichtigsten Betriebssysteme waren Android mit 74,2, iOS mit 19,3 und Windows
mit 5,9 Prozent. Über 34 Millionen surfen damit mobil im
Internet. So dürfte diese Frage schnell zu beantworten sein.
Bedenkt man, dass in Deutschland rund 80 Millionen Menschen leben. Betrachten wir das digitale Pflichtprogramm für
Content Marketing.
Welcher Browsertyp sind Sie?
Eine Pflichtaufgabe ist es herauszufinden,
welche Browser meine Nutzer schätzen. Sollte dies noch der Internet Explorer 8 sein,
sollten sie den Lesern mitteilen, dass der
Support von Microsoft am 12. Januar
ausgelaufen ist. Und da nutzten
immerhin noch fast neun Prozent
der User des Internetexplorers
diese veraltete Version. In
Deutschland hat der Internet
Explorer, alle Versionen,
nach netmarketshare.com
im Februar einen Marktanteil
von rund 44,8, gefolgt von
Chrome mit 36,6, dem Firefox von
Mozilla mit 11,7 und Apples Safari
von 4,9 Prozent.
Fokus mobile
oder
stationäre Website
Wer heute ein Redesign oder einen Relaunch
seiner digitalen Angebote plant, der sollte erst
einmal die Trackingdaten – ob Google Analytics,
etracker, Piwik oder ein anderes Tool – auswerten. Vor
allem das Surfverhalten seiner Nutzer studieren, ob die
meisten Zugriffe noch über das stationäre Web oder über
mobile Endgeräte erfolgen. Blickt man auf die DeutschlandZahlen, so dürften sich diese bei vielen Inhalteanbietern,
wie Verlagen, widerspiegeln: 54 Prozent der Deutschen ab
14 Jahren surfen mobil und unter den Internetnutzern sind
es sogar 69 Prozent. Bei solchen Zahlen steht die Frage
nach responsivem Webdesign nicht mehr im Raum, sondern
es drängt sich stärker ein Nachdenken darüber auf, wo der
Fokus meines zukünftigen digitalen Angebotes liegen soll:
Mobil oder stationär.
Eines muss allerdings ganz deutlich gesagt werden: Ohne
Mobile wird es nicht mehr funktionieren und Mobile gehört
in jede Strategie eines neuen Online-Magazins. Dabei ist von
Fall zu Fall zu entscheiden, wie die beste Lösung aussieht.
Also ob eine responsive Lösung besser geeignet ist als eine
App oder umgekehrt. Und auch Apps bieten heute alle Möglichkeiten permanent zu publizieren.
Basisvariante E-Paper
Wer ein Printmagazin auflegt, der sollte dies auch digital zur Verfügung stellen. Dies
ist heutzutage eigentlich keine Frage mehr. Allerdings gilt es bei der Auswahl eines
Anbieters bzw. Software einiges zu beachten. Ältere Versionen wurden häufig mit
Flash programmiert. Damit sind sie nicht unter iOS abrufbar und Flash wird es in
absehbarer Zeit nicht mehr geben. Es gibt Menschen, die freuen sich darüber, denn
sie glauben, dass nun Schluss sei mit nervigen Bannerwerbungen, die blinken. Der Todesstoß für Flash, das auch gerne von Schadsoftwareprogrammierern genutzt wurde,
dürfte die Entscheidung von Google sein, ab Juni diesen Jahres keine Werbebanner
mit Flash mehr anzunehmen und ab Januar 2017 auch nicht mehr auszuliefern. Daher
sollte man auf HTML 5 setzen, wie dies auch Google und YouTube tun. Es geht allerdings mit einem echten E-Paper, das auf Basis eines PDF´s erzeugt wird, noch eine
Stufe weiter, denn dort können multimediale Zusatzinhalte, wie Video und Audiodateien oder Bildergalerien ergänzt werden.
KNOW!s
How
Das Magazin
– Eigener oder
Integration in
bestehenden Web-Auftritt
Ihr Unternehmen hat einen respektablen Webauftritt.
Jetzt steht der Relaunch eines Kundenmagazins an und
natürlich soll dies auch in der digitalen Wertschöpfungskette
angeboten werden. Oft wurden in der Vergangenheit für diese Inhalte eigene Webauftritte konzipiert und gingen ans Netz. Zwei getrennte
Seiten, plus Social Media Kanäle, bedeutet allerdings auch, die ständige
Bereitschaft die Inhalte untereinander zu vernetzen.
Dabei gilt auch hier, es gibt keine pauschale Antwort. Generell spricht
nichts gegen ein eigenes Online-Magazin. Schaffrath DigitalMedien hat
dies etwa bei GS 1 realisiert oder auch die KNOW!S hat einen eigenen
Auftritt. Die Links finden Sie hier: Dazumehr.de/digitalePflicht. Wichtig ist
dabei, dass die Themen sinnvoll mit den Services der Corporate Website
und den eigenen Kanälen in den sozialen Netzen begleitet werden.
Kommt die neue Print-Ausgabe heraus, dann müssen auch die digitalen Kanäle und zwar alle des Unternehmens oder Verlages mit bespielt
werden.
Ist die Corporate Website schon sehr inhaltslastig und gerade frisch
renoviert worden und bietet ein modernes Design mit großen Visualisierungen, dann spricht nichts dagegen, hier die Inhalte des Magazins zu
integrieren. Vorteil ist, dass Leser und Kunden beide Welten auf einen
Blick erhalten.
Know!s // 17
Das
gehört
ins
Lastenheft
• Ausgangssituation
•Ziel
• Verantwortlicher
s
•Einsatz des Produkte
ures
•Übersicht über Feat
• Funktionale Anforderungen
•Nicht funktionale Anforderungen
• Lieferumfang
• Abnahmekriterien
Prinzip
Hochkomplexe
Prozesse
Einfache
Prozesse
Agile
Prozesse
Halten Sie im Vertrag fest, dass
das Lasten- und Pflichtenheft
Bestandteile des Vertrages
werden
•Lasten- und Pflichtenheft
•Dokumentation wichtig
•Halten auch einer behördlichen
Prüfung stand
•Kleine Teams – direkte
Kommunikation
•Einfache Prozesse
•Weniger Wert auf Dokumentation
•Lasten- und Pflichtenheft muss
auf agilen Prozess angepaßt
werden
•Unflexibel
•Anforderungen an das
Produkt nur unvollständig und
schemenhaft bekannt
•Das funktionierende Projekt
steht im Vordergrund und nicht
die Dokumentation
Leitplanken
statt Daumenschrauben
18 // Know!s
Produktion
Das
gehört
ins
Pflichtenheft
•Ziel
• Verantwortlicher
•Einsatzmöglichkeiten
• Konfiguration
• Produkt-Funktionen
t
• Das kann das Produk
t nicht
• Das kann das Produk
AGIL
•Zugriffsrechte
ormen
• Qualitätsziele, Ziele, N
Test
• Implementierung
• Abnahmekriterien
•Wartung
Pflichten- und Lastenheft
Nennen wir es Nachfrage
Lastenheft, Pflichtenheft
und Angebot oder Briefing
oder agiles Arbeiten kennt
Alles beginnt mit dem Lastenheft, münman eigentlich eher aus den det im Pflichtenheft und am Ende einer und Re-Briefing
Projektarbeit am Besten mit der Kür – die Aber, was gilt es zu tun, dass man sich bei
Softwareschmieden. Aber
Sektkorken knallen zu lassen. KNOW!S geht der Entschuldigung gar nicht erst in schnörauch wer Content Marketing auch der Frage nach, ob der Prozess zum keligen Formulierungen winden muss?
agilen Arbeiten passt.
Verstehen wir zunächst: ein Lastenheft ist
betreibt oder Publikumstitel
Die Welt der Beispiele mit Missver- nicht das gleiche wie das Pflichtenheft. Das
vertreibt, dem schadet Pro- ständnissen zwischen Auftraggeber und Lastenheft formuliert der Auftraggeber. Das
Auftragnehmer sind groß und die Liste lang hat den Vorteil, dass sich auch der Auftragzessmanagement nicht. Vor und es gibt das schöne Wort Lieferpan- geber noch einmal intensiv mit der Aufgane. Und wer jetzt glaubt, dies betrifft nur benstellung befasst.
allem hilft es, Kosten, AnforEnthalten sollte dieses auf jeden Fall
die Hersteller hochkomplexer Systeme wie
derungen und Projektziele zu Flugzeuge oder Hochgeschwindigkeitszüge, eine kurze Beschreibung der Ist-Situation
definieren, und später bei der der irrt. Da kann auch mal ein Container im Unternehmen und was durch das Profalsch genähter Badeanzüge mit dabei sein.
jekt erreicht werden soll. Dazu die AnEvaluation. Eigentlich Pflicht
Es gibt sogar Textbausteine für die sprechpartner, aber auch die Dinge zu forEntschuldigung in der Business-Kommu- mulieren, wie es nach dem Launch des
und Kür in einem.
nikation. Und jeder Trainer lehrt: Eine Entschuldigung kann auch eine Chance sein.
Eine Kostprobe von Empfehlungen für den,
der sich entschuldigen muss: Sprechen Sie
nie von „falsch“, sondern von „nicht korrekt , oder statt „zu spät“ formulieren Sie
besser „nicht rechtzeitig“. Auch Zeitangaben
mit dem Wort „maximal“ zu versehen, sollte vermieden und lieber „bis zu“ verwendet
werden.
Projektes weitergehen soll.
Ob etwa Software-Updates nach
dem Start vom Dienstleister weiter betreut werden sollen oder ein Magazin
überarbeitet wird und wie die Produktion
mit eingebunden wird. Ob es ein Designmanual geben soll, oder das Redaktionsund Designteam geschult werden sollen,
aber auch, ob der Relaunch noch einmal
evaluiert wird.
Know!s // 19
Produktion
Im Pflichtenheft beschreibt der Auftragnehmer wie er die Vorgaben des Lastenheftes umsetzen will. Das Pflichtenheft
kann auch als Teil des Angebotes verstanden werden. Hier sollten Ziele klar benannt
werden, aber auch das, was nicht Bestandteil des Auftrages ist. Für den Auftragnehmer ist es sinnvoll klar darzulegen, was
später mit der spezifischen Anforderung
nicht erreicht werden kann. Dies hilft beiden Vertragspartner genau zu verstehen,
was der eine will und der andere leisten
wird. Dies muss nun nicht bedeuten, dass
beide ihre Hefte im stillen Kämmerlein in
tagelanger mühevoll bürokratischer Arbeit
erarbeiten, sondern kann Bestandteil eines
gemeinsamen Workshops oder schon Beratungsleistung sein.
Das Pflichtenheft hilft das Projekt zu
strukturieren. Im Pflichtenheft können Zeitplanung und, denkt man an agile Prozesse oder Design-Thinking, auch Zwischenschritte definiert werden. Dies hilft bei
der Bewertung der einzelnen Schritte und
des Erreichten. Vor allem erleichtert es die
Endabnahme zwischen den beiden Partnern
und kann Basis für Weiterentwicklungen
sein.
Aber passen Lasten- und
Pflichtenheft zu agilem Arbeiten und Design-
Thinking?
Kritiker sagen oft nein, denn es schränke
die Freiheit des Denkens und der Kreativität ein. Befürworter von Verträgen sagen ja,
denn es muss Leitplanken auch für agile
Projekte geben, sollen diese nicht in Streit
und im schlechtesten aller Fälle vor Gericht
landen. Warum ein Vertrag und ein Lastenund Pflichtenheft auch bei agilem Arbeiten
sinnvoll sind, wird sofort klar, wenn man
das Projekt nicht von seinem kreativen und
hoffentlich energiegeladenen Beginn aus
betrachtet, sondern einen Blick auf einige
beispielhafte Punkte nach der Phase der Realisierung wirft.
Welche Rechte hat der Auftragnehmer nach dem erfolgreichen agilen Projekt
dem Auftraggeber eingeräumt? Ein wichtiger Bestandteil eines Vertrages, etwa bei
kreativen Projekten, bei denen auch urheberrechtliche Fragen berührt sind, für den,
20 // Know!s
der das agile Projekt beauftragt hat. Umgekehrt ist es für den, der das Projekt aufgesetzt hat, wichtig zu klären, wer im LiveBetrieb die Haftung und Gewährleistung
übernimmt, gerade auch gegenüber Dritten.
Daher benötigen auch agile Prozesse Lasten-, Pflichtenheft und einen Vertrag, aber
mit einem großen Unterschied: Sie müssen
die agile Projektstruktur abbilden und klar
darlegen, dass es während der Projektlaufzeit zu Änderungen und Abweichungen im
Pflichtenheft kommen kann.
Wie wird der Auftraggeber eingebunden und seine Zustimmung eingeholt?
Benötigt der Auftraggeber einen ergänzenden Kostenvoranschlag, wie schnell muss
dieser bestätigt werden, um die agilen Prozesse nicht zu stark zu unterbrechen und
vor allem, wie tauschen sich die Parteien
darüber aus? Soll dies per E-Mail geschehen, sollte dies zuvor im Vertrag so geregelt
werden und diese E-Mails Bestandteile des
Vertrages werden? Es ist, hat man einmal
die Leitplanken klar definiert, also nicht so,
dass jedes Mal ein persönliches Treffen mit
Brief und Siegel erfolgen muss, sofern dies
vorher geklärt wurde. Und so schafft ein
Vertrag einen Rahmen, in dem das Projekt
schnell und effizient, ob agil oder nicht, für
beide Seiten zum Erfolg werden kann.
Wir lernen also, dass bei agilen Prozessen das Pflichtenheft auch agil gestaltet
werden sollte. Und es kann im agilen Prozess zu dem Punkt kommen, dass sich das
Projekt so konkretisiert hat, dass die Ziele
im klassischen Pflichtenheft festgehalten
und ein Festpreis festgesetzt werden kann.
Darf das Pflichtenheft schon
etwas kosten?
Agenturen sind häufig der Auffassung: ja.
Denn schon die Erstellung des Pflichtenheftes ist mit Aufwand verbunden. Und Agenturen haben damit schon schlechte Erfahrungen gemacht: Auftraggeber, die mit dem
Pflichtenheft zur Konkurrenz gegangen sind
und sich dort ein weiteres Angebot eingeholt haben. Schließlich ist das Pflichtenheft
die erste Stufe der Konzeption und sollte
daher auch vergütet werden. Den Auftraggeber verpflichtet dies, das Pflichtenheft
und das damit einhergehende Angebot zu
prüfen und dieses anzunehmen oder abzulehnen.
0
Marion Pape
0211.8303-201
[email protected]
Darum kann agil arbeiten ein Vorteil sein
Bei klassischen Projektsteuerungen kann es immer wieder zu Problemen in der Verständlichkeit zwischen
Lasten- und Pflichtenheft kommen. So argumentiert die Fachabteilung, oft gerade digitale Abteilungen, zu
fachlich in der Sprache und daraus resultieren nicht selten Kommunikationsprobleme.
Lasten- und Pflichtenheft müssen während der Arbeit angepasst werden
Wer agil arbeitet, reduziert die Vorlaufphase für Lasten- und Pflichtenheft, wenn er nur die Leitplanken festlegt.
Die Produktverantwortlichen auf beiden Seiten spielen eine wichtige Rolle. Entscheidungen müssen schnell
getroffen werden, sonst droht bei agilem Arbeiten sehr schnell Leerlauf im Team, oder das Team erarbeitet
Lösungen auf Halde. Bei Projekten mit externen Kunden, ist es für den Projektverantwortlichen auf Kundenseite
wichtig, wie viele Mitentscheider er einbindet: je mehr es sind, desto langsamer der Projektfortschritt.
Dies spricht aber im agilen Prozess für eine Zielvereinbarung und Leitplanken, die im Prozess noch angepasst
werden können.
www.dazumehr.de/agil
Know!s // 21
Pusteblume als
Das Content Marketing Forum hat ein Whitepaper mit interessanten
Erkenntnissen zur Content Distribution aufgelegt. Auszüge und ein Gespräch
mit Dr. Christian Fill, einem der Autoren, lesen Sie hier in KNOW!S.
D
ie Pusteblume hinterlässt bei uns
Menschen ambivalente Gefühle. Zum
einen denken wir an unsere Kindheit
zurück, an das Glück, wenn wir die kleinen
Fallschirme mit den Samenkörnern auf die
Reise schicken. Da wussten wir noch nicht,
dass wir später mit dünnen Stecheisen in unserem Garten dem Auslöser der Pusteblume,
dem gewöhnlichen Löwenzahn hinterherhecheln werden. Und auf keinen Fall eines wollen: Eine Ausbreitung. Aber wie heißt es so
schön in der Beschreibung des Grüns mit der
gelben Blüte und langen Wurzel: Der Löwenzahn ist eine ausdauernde krautige Pflanze.
Ausdauer braucht auch der, der Content Marketing betreibt. Denn schließlich
handelt es sich bei Inhalten
nicht um Schweinebauch-Abverkaufswerbung.
Eine
weite Verteilung
seiner Inhalte ist
dem werbenden
Ansatz des Marketings dienlich. Wenn dann
die vielen kleinen Samenkörnerfallschirme
sich weit verbreitet und dauerhaft verhaftet
haben, dann ist das Paradies für Content Marketing fast erreicht.
Das „content marketing forum“ (cmf)
hat ein interessantes Whitepaper aufgelegt
mit dem Titel „Content Distribution“. Das Papier liefert auch eine gute Erklärung, was man
unter Content Marketing
versteht: „Relevante
redaktionelle
Inhalte entfalten
auf
allen
verwendeten
Kanälen
eine
messbare Wirkung“.
Einer der Mitverfasser, Dr. Christian Fill, Geschäftsführer
der
Profilwerkstatt, gibt in einer kleinen
Frage-Antwort-Runde spannende Einblicke in
aktuelle Themen und Trends:
Im aktuellen Whitepaper sprechen Sie davon,
dass Inhalte im strategischen Marketing so
eingesetzt werden müssen, dass sie messbar
zu den Unternehmenszielen
beitragen. Wie stelle ich
mir das vor?
Das ist die Aufgabe von
Content Marketing, mit redaktionellen Inhalten Unternehmensziele voranzutreiben. Sonst wäre es nur l´art pour
l´art. Nehmen Sie den Versandhandel. Sowohl
in den digitalen Kanälen wie in gedruckten
Medien lösen gute Inhalte Kaufimpulse aus. Ich habe das selbst erlebt – eine
Jeans, die regelrecht inszeniert und zu
Testzwecken nur über einen Kanal zu
bestellen war, war innerhalb von fünf
Tagen ausverkauft.
Aber welche Instrumente schlagen
Sie generell vor?
Niemand kann da eine allgemeingültige
Antwort geben – denn dies ist eine technische Frage. Neben den analytischen Fähigkeiten von Google gibt es eine Reihe von Sekundäranbietern und Technologiespezialisten.
Wichtig ist, dass die Content Marketing Strategie festlegt, welche Kenngrößen gemessen
werden sollen. Darauf muss die Technik aufsetzen.
Sie unterscheiden zwischen
Content Distribution und Promotion.
Worin liegt der Unterschied?
Die direkte Kommunikation mit bereits bekannten Stakeholdern, etwa Kunden oder Interessenten über Owned Media nennen wir
Content Distribution. Content Promotion dagegen spricht eine breite, meist mit spezifischem
Targeting definierte Zielgruppe über Paid Media, etwa Native Advertising, oder Earned Media, z.B. PR oder Influencer Marketing, an.
Warum ist der Unterschied so wichtig?
Ist das nicht etwas akademisch?
Ganz und gar nicht. Bei Content Distribution
ist die Ansprache qualifiziert, etwa über Informationen aus einem CRM-System, hat eine
geringere Reichweite als die Promotion, dafür
aber kaum Streuverluste. Für gezielte Promotion steht meist ein entsprechendes MediaBudget zur Verfügung. Ziel der Content Promotion ist eine höhere Aufmerksamkeit für die
eigenen Inhalte für ein bestimmtes Thema.
Es reicht also nicht mehr einfach nur ein
Kundenmagazin zu erstellen und an bekannte
Kunden zu verschicken?
Vielleicht hat es noch nie gereicht. Ein Kundenmagazin ist ein wesentliches Element zur
Kundenbindung. Wenn in der Strategie der
Schwerpunkt auf die Kundenbindung gelegt
werden soll, kommt niemand um gedruckte
Medien herum. Aber allein ein Magazin? Seit
dem Jahrtausendwechsel arbeiten Unternehmen crossmedial – Print wird spätestens seit
damals digital flankiert.
Ich muss also als Unternehmen heute vielfältig
aktiv werden, um schon meinen Content
über mein Produkt oder Dienstleistung zu
verbreiten?
Korrekt, und das liegt nicht daran, dass die
Werbetreibenden Inhalte als lukratives Geschäftsfeld entdeckt haben. Sondern daran,
Innovation
Vorbild
www.dazumehr.de/cmfwhitepaper
Christian Fill, 47, ist Vizevorstand im Content Marketing
Forum und dort unter anderem zuständig für
Digital Medien und Crossmedia. Der promovierte
Ingenieur ist Geschäftsführer der Profilwerkstatt und war
zuvor Geschäftsführer bei C3 creative code and content.
dass in westlichen Gesellschaften Menschen
bis zu 13.000 Werbebotschaften pro Tag erhalten. Ein Unternehmen, das sich distanzieren
will, setzt Inhalte entlang der Customer Journey ein.
Content im Funnel, das bedeutet auch, dass
im Content Marketing der Kaufprozess stärker
mitgedacht werden muss. Es reicht also nicht
nur die einfach schön erzählte Geschichte, sondern es müssen auch kaufrelevante Informationen mitgesandt werden?
Das stimmt nur zum Teil. Content Marketing
ist eine strategische Disziplin, und Ziel jeder
Unternehmensstrategie ist das betriebswirtschaftliche Wachstum. Insofern müssen Unternehmen gezielt Informationen für unterschiedliche Kanäle aufbereiten – Facebook
erfordert anderes Auftreten als ein Webmagazin, allein schon, weil das Nutzungsverhalten
und die Informationserwartung der User eine
andere ist. Das heißt aber gerade nicht, dass
jeder Satz schreit: „Kauf mich!“.
Reicht Content Marketing nicht auch schon in
den Bereich der PR hinein?
Umgekehrt. Die PR ist im Zugzwang. Die Kollegen aus den PR-Abteilungen sehen die Kraft
der Inhalte und die Kraft der Kanäle – und
was es bedeutet, nicht anlass- sondern themenbezogen an die Öffentlichkeit zu gehen.
Gutes Content Marketing und gute PR gehen
Hand in Hand.
Wenn wir über Native Advertising sprechen,
was halten Sie von der Kennzeichnung von
Inhaltsbotschaften als Anzeige, wie es das
Wettbewerbsrecht und der Pressekodex bei
„Earned Media“ vorsieht?
Das ist zwingend erforderlich. Guter Journalismus lebt davon, dass mit offenem Visier ge-
kämpft wird. Das gilt am Kiosk genauso wie
für jene Journalisten, die im Content Marketing an der Schnittstelle zum Marketing arbeiten.
Welche Skills brauchen Content Anbieter heute
und sollten sie diese eher intern aufbauen
oder extern einkaufen?
Schreibe und Gestaltung, Technik und Analytik – das sind die vier Grundsäulen, auf denen
Content-Anbieter ihre Teams aufbauen müssen. Wähle zwei von vier, kaufe die anderen
zu. Oder kooperiere. Ab einer gewissen Größe
entfremden sich Agenturen von ihren Kunden
und den Aufträgen. Da sind Netzwerke, bestehend aus kleineren Agenturen, agiler und oftmals günstiger.
Wenn man das Whitepaper und die
Ausführungen von Dr. Christian Fill zusammenführt, wird sehr schnell klar, dass es immer wichtiger wird, sich intensiv mit dem
Verlangen und den Bedürfnissen der Kunden
auseinanderzusetzen. Also um eine konsequent strategische Positionierung als Content
Anbieter gegenüber Kunden. Dies müssen
aber nicht nur die eigenen schon bekannten
Kundengruppen sein.
Das Whitepaper bezieht den Ansatz
von Kotouc und Kranz aus dem Jahr 2008
des „Harvard Business Manager“ (Ausgabe
12/2008) ein und das dort vorgestellte Premiumradar für Markenmanagement. Dies wurde abgewandelt und auf die Bedürfnisse des
Content Marketing angepaßt und kann bei der
Positionierung helfen. So liegen sich auf der
X-Achse die Felder „schnell informieren“ oder
„Wissen vertiefen“ gegenüber und auf der YAchse ob die „Ansprache emotional“ oder
„sachlich“ ausfallen soll. Nun würde niemand
auf die Idee kommen ein Buch aufzulegen,
wenn er schnell informieren will. Aber welche Erzählform, Meldung, Nachricht, Reportage, ist die richtige, in welchem Medium und
für welche Kunden oder Rezipientengruppe?
Dies kann ich mit dem Radar eingrenzen und
plausibel machen.
Die Autoren des Whitepapers beschäftigen sich intensiv mit dem Thema Marketing
für Inhalte. Also, dass der Content wahrgenommen wird. Die Unterscheidung zwischen
Content Distribution und Promotion erscheint
sehr wichtig, auch im Hinblick auf die Kontrollmöglichkeiten über meine Inhalte, wie Dr.
Fill erläuterte. Klar wird, eindimensional darf
Content Marketing nicht gedacht werden. Es
bietet vielmehr durch die Option des Dialoges
über Themen vielfältige Ansätze der Vernetzung. Hier unterscheidet das Whitepaper zwischen passiver Distribution, also den Wegen,
die ich selbst als Unternehmen einschlage,
damit über meine Inhalte kommuniziert wird.
Und aktiver Distribution, die mit passiver Distribution beginnt. Über Sharing Funktionen
kommt der Content ins „Fließen“, wird von
anderen aufgegriffen und somit zu Nutzergruppen weiter transportiert, die ich nur alleine mit Owned Media nicht erreiche.
Darüber darf der eigentliche Zweck,
das Verkaufen des eigenen Produktes oder
der Dienstleistung, nicht vergessen werden.
Also die zielgerichtete Ausrichtung des Content Marketings auf den Verkauf von Produkten und Leistungen durch Imageförderung
und Wissensvermittlung. Dazu dient, wie Dr.
Fill ausführt, die Betrachtung des Content im
Funnel. Das Whitepaper des cmf erläutert zudem anschaulich, welche Skills für gutes Content Marketing und dessen Distribution benötigt werden.
Denken wir noch einmal kurz an die
Pusteblume zurück. Was nützt es, wenn sie
noch so schön aussieht, aber keiner kommt
und sie herausreißt? Nur, wenn die kleinen
Fallschirme weit verteilt sind, werden wieder
Pusteblumen daraus, und so verteilen sich die
Samenkörner immer weiter und ziehen größere Kreise. Also, ohne Distribution ist alles
Nichts. Das Schöne an Content Marketing ist,
das Verbreitete hat Inhalt und erzählt selbst
an den entlegensten Orten – die mein Samenkorn erreicht – die Ursprungsthemen weiter,
von seinem Urheber und Angebot.
0
Marion Pape
0211.8303-201
[email protected]
Know!s // 23
Digitalisierung außerhalb der
Bewahrer-Organisation
etventure hat gemeinsam
mit der GfK Nürnberg eine
Deutschland-Studie zum Thema digitale Transformation
aufgelegt. KNOW!S sprach
mit Philipp Depiereux über
die Art und Weise wie sich
Unternehmen, aber auch
Verlage dem Thema
Digitalisierung richtig
nähern können.
24 // Know!s
KNOW!S: Herr Depiereux, wie kamen Sie dazu
etventure - mit dem Anspruch „Wir gestalten
den digitalen Wandel von Gesellschaft und Industrie“ zu gründen und welchen Background
haben Sie?
Philipp Depiereux: Gemeinsam mit meinen Partnern Philipp Herrmann und Christian Lüdtke, habe ich etventure mit der Vision
gegründet, die Erfahrungen als Unternehmer
und Innovationstreiber im Mittelstand, in der
Konzernwelt, in Startups sowie in Digitalprojekten im Silicon Valley in einem Unternehmen zu bündeln. Ich selbst komme, zunächst als klassischer Berater, später als CEO eines mittelständischen Unternehmens, eher aus der „alten Welt“. Sechs Jahre habe ich einen großen
Kunststofffolien-Hersteller geleitet. In dieser
Industrie dreht sich alles um den Preis; 0,0
um Innovation, 30.000 Wettbewerber weltweit. Wir waren aber trotzdem unterm Strich
weltweit der Erste, der ökologisch nachhaltige
und kompostierbare Folie entwickelt hat und
haben damit den Markt disruptiv gerockt.
Aus heutiger Sicht sage ich aber auch
selbstkritisch, dass wir bei diesen Innovati-
onsprozessen jeden erdenklichen Fehler gemacht haben, sprich etwa die Widerstände
der Mitarbeiter schlecht gemanagt und ein
viel zu komplexes Produkt entwickelt. Daher
haben wir unsere Ziele damals weder hinsichtlich Entwicklungszeit, noch aus BudgetSicht einhalten können. Fehler, die Unternehmen auch heute noch machen, da sie typisch
für die traditionelle Unternehmenskultur sind.
Dennoch ist es damals gelungen, die
Folien-Entwicklung schlussendlich zum Erfolg zu führen und 2010 habe ich das Unternehmen dann im Ganzen erfolgreich verkauft.
Im selben Jahr habe ich Philipp Hermann
kennengelernt, der aus der Silicon ValleyCommunity kommt und bei Bertelsmann sehr
erfolgreich ein Start-up in Kooperation mit
Disney im Digitalbereich hochgezogen hat.
Der Dritte im Bund, Christian Lüdtke, verantwortete damals einen 100 Millionen Dollar Innovations-Fonds des weltweit größten Schulbuch-Verlags, Houghton Mifflin Harcourt.
Schon damals haben wir die Digitalisierung als den nächsten wirklichen Megatrend erkannt. Philipp Hermann brachte die
Methodiken aus dem Silicon Valley mit, wie
Design Thinking, Prototyping und den Lean
Strategie
stellen und kaufen. Sie wurde irgendwo drei
Monate produziert, sechs Monate aufgebaut,
dann wurden die Rohstoffe dafür bestellt, die
Maschine wurde eingefahren, der Vertrieb
wurde geschult, die Marketing-Unterlagen
erstellt und nach 18-24 Monaten kam das eigentliche Produkt raus und man hat gebetet,
hoffentlich nimmt der Markt es an. Mit einem
erheblichen Marketingbudget hat man dann
unter Umständen versucht, bei der Zielgruppe
nachzuhelfen. Ganz nebenbei, auch das, noch
immer ein ganz klassischer Weg in der Unternehmerwelt.
Reicht die Idee denn alleine?
Digitale Vernachlässigung
Welche Rolle spielt die digitale Transformation
in deutschen Großunternehmen?
Top 1 Thema
6%
35%
unter Top 3 Themen
43%
unter Top 10 Themen
Keine/geringe Rolle
16%
Die Studie
Die Deutschlandstudie zur Digitalen Transformation wurde von der GfK Nürnberg
und etventure aufgelegt. Befragt wurden
Vorstände und Führungskräfte unter 2.000
Großunternehmen ab 250 Millionen Euro
Jahresumsatz.
www.dazumehr.de/etventure
Startup-Ansatz, Christian Lüdtke und ich das
Verständnis für Unternehmen, deren Anforderungen und die internen Abläufe. Darauf
basierend ist etventure als die heute bekannte
Startup-Schmiede und Digitalberatung entstanden.
Geben Sie uns doch bitte ein Beispiel für modernes Design Thinking?
Sie haben um 10.47 Uhr (beim Interview war
es genau diese Zeit) eine Idee für ein digita-
les Geschäftsmodell und Sie können diese
bereits in den nächsten zwei Stunden direkt
am Markt testen. Dafür führen Sie erste Interviews mit einer kleinen Zielgruppe, aus
denen ersichtlich wird, ob der Bedarf für Ihre
Geschäftsidee überhaupt vorhanden ist. Im
zweiten Schritt wird der erste „Prototyp“, etwa
für eine App oder eine Website auf ein Stück
Papier gezeichnet, und auch damit können Sie
direkt rausgehen. Nach diesem Vorgehen wissen Sie im Prinzip direkt, ist das ein Produkt,
welches die Probleme am Markt löst, wie sehen es die Menschen, die es nutzen sollen
und wie kann daraus das Geschäftsmodell
entwickelt werden und funktionieren. Auf der
anderen Seite, löst eine Idee kein essentielles
Kundenbedürfnis, kann diese genauso schnell
und ohne hohe Investitionskosten verworfen
werden und neue Ideen fokussiert werden.
Bei der Digitalisierung sollten Produkte ja in
erster Linie auf Basis von Kundeninformationen und -wünschen entwickelt werden. Der
Design Thinking-Prozess hilft, die Zielgruppe
zu verstehen und im Resultat entstehen Produktinnovationen und Geschäftsmodelle, die
wirklich ein essentielles Kundenproblem lösen
und deshalb erfolgreich sind.
Ein Gegensatz zu Folien?
Das war in meiner früheren Welt ja anders.
Wenn ich innovieren wollte, musste ich erst
einmal eruieren, welches Produkt und welche
Maschine benötige ich dafür. Dann musste
ich - vereinfacht gesagt - die Maschine be-
Nein, wir wollen Unternehmen bauen und
neue Geschäftsmodelle entwickeln. Ich gehe
auch so weit zu sagen, die Idee ist nichts wert.
Nehmen wir ebay: Vor ebay gab es wahrscheinlich 250 Plattformen für Auktionen und
wahrscheinlich 5.000 Ideen für Auktionen. Es
hat sich aber nur einer durchgesetzt. Es geht
also nur um unternehmerische Exzellenz und
um das Thema ‚execution’, also die perfekte Umsetzung, die ein zentrales Problem des
Kunden löst. Deshalb ist der Design Thinkingund Lean-Startup-Ansatz so wichtig bei der
Entwicklung. Bei den Startups, die wir nach
ähnlichen Prinzipien aufbauen, setzen wir
dann den passenden Entrepreneur als CEO
ein, bauen mit ihm das Team auf, machen
Design, Marketing und ganz wichtig: Vertrieb,
Vertrieb, Vertrieb.
Jetzt haben Sie ja gemeinsam mit der GfK die
Deutschland-Studie aufgelegt, die zeigt, wie
schwierig sich Unternehmen mit der Digitalisierung tun?
Die Digitalisierung beschäftigt mittlerweile jede Branche und - das verdeutlicht auch
noch einmal unsere Studie - alle eint ein
ähnliches Problem: Digitalisierungsvorhaben kommen nicht voran und scheitern an
Management- und Umsetzungsfehlern. Die
Untersuchung hat beispielsweise erstmals dezidiert gezeigt, was die größten Hemmnisse
in den Unternehmen bei der Digitalen Transformation sind. Mit deutlichem Abstand steht
an erster Stelle „die Verteidigung bestehender
Strukturen“. Wir erleben tatsächlich ebenfalls
häufig, dass spannende Innovationsvorhaben
an internen Widerständen scheitern. Nächster
Punkt: In fast drei Viertel der Unternehmen
Know!s // 25
ist die IT-Abteilung mit der Digitalisierung beauftragt. Die Kernaufgabe des IT-Leiters ist es
aber, die IT-Infrastruktur fehlerfrei am Laufen
zu halten und ständig weiter zu entwickeln.
Für die Digitalisierung ist jedoch vor allem
eine schnelle Produktentwicklung, radikale Nutzerzentrierung und Datenfokussierung
wichtig. Dies ist weitestgehend konträr zur eigentlichen DNA einer IT-Abteilung. Und letzter
wichtiger Punkt: Ist der Vorstand nicht Treiber
des Digitalprozesses, wird die digitale Transformation nicht gelingen.
Können Sie uns einmal praktisch erläutern,
wie Sie vorgehen und wo Sie Geschäftsführer
und Vorstände abholen?
Die Ausgangssituation ist die: Wenn ich an
unsere Kunden denke, an die CEOs, die haben
das Thema Digitalisierung verstanden und
wollen schnell einen Digitalkanal zum Kunden aufbauen und Neugeschäft entwickeln.
Aber im Zuge der Digitalisierung sind andere
Methoden und ein anderes Mindset nötig, als
dies in den Unternehmen im Ingenieursland
Deutschland – und natürlich auch anderswo –
jahrzehntelang gelebt wurde. Bislang wollten
Unternehmen nämlich möglichst das perfekte
Produkt bauen, mit möglichst vielen Funktionen, ganz egal ob dies der Kunde so braucht.
Bei der Digitalisierung geht es aber
um Schnelligkeit. Es geht im ersten Moment
Bei weniger als 50%
steuern die Vorstände oder Geschäftsführer selbst digitale Veränderungsprozesse.
nicht darum, das beste Produkt herzustellen,
sondern darum, mit hoher Geschwindigkeit
Produktinnovationen zu entwickeln, die ein
zentrales Kundenproblem lösen. Auf dem Weg
dahin gehen Sie mit Prototypen zum Kunden, die eben noch nicht ausgereift sind, die
nur die wesentlichsten Funktionen haben und
auch noch alles andere als perfekt aussehen,
um diese schnell am Markt testen zu können.
Viele Ideen werden auch nicht funktionieren,
diese müssen verworfen werden. Eine Vorgehensweise und Philosophie, die konträr zur
Unternehmenskultur in der, ich sage immer
„Bewahrerorganisation“, ist.
Um dies nachhaltig umzusetzen, setzen
wir auf den „geschützten Raum“, eine Einheit
die losgelöst von der etablierten Konzernstruktur, der internen Kultur oder gewachsenen Hierarchien arbeiten kann. Mit diesem
Vorgehen lassen wir die Organisation in der
26 // Know!s
Startphase in Ruhe. Am offenen Herzen zu
operieren ist immer riskanter und sollte bei
der Digitalisierung immer vermieden werden. In der Digitaleinheit können neue Geschäftsideen entwickelt und zunächst mit einer kleinen Zahl von Kunden schnell getestet
werden. Mit auf diese Weise erfolgreich validierten Modellen überwinden sie die unternehmensinternen Widerstände und können
das digitale Produkt zurück ins Unternehmen
bringen.
Aber nicht zwangsläufig?
Nein, es gibt Kunden, die entscheiden sich
bewusst dafür, das Geschäftsmodell als eigenständiges Unternehmen, als Startup aufzubauen. Gemeinsam mit Ullstein Buchverlage und der Bonnier Mediengruppe haben wir
beispielsweise MyBook.de gegründet. MyBook
ist eine Plattform für persönliche Buchempfehlungen von Experten mit angebundenem
Online-Buchshop, ich sage gerne, die sympathische Amazon-Konkurrenz. Dieses Geschäftsmodell wurde im geschützten Raum
prototypisch getestet und erfolgreich validiert.
Daraufhin wurde eine Gesellschaft gegründet,
an der wir auch noch beteiligt sind, ein CEO
rekrutiert und heute arbeiten bei MyBook
mehr als 20 Mitarbeiter.
Ein alter Ansatz, etwa von vielen Kammern
oder Städten und Kommunen ist, man müsse
nur den Geldadel der Old Economy mit den
Startups zusammenbringen und die Bäume
wachsen in den Himmel. Stimmt das so?
Die Frage ist, was ist das Ziel des Unternehmers. Wenn es darum geht, mal zu schauen,
was da draußen am Markt eigentlich passiert,
wie so ein Gründer denkt, wie nach Startupoder Design-Thinking-Methodiken gearbeitet
wird – dann sind solche Gespräche gar nicht
schlecht. Nur, es wird Ihnen als Unternehmer,
wenn Sie über ihre internen Prozesse der Digitalisierung nachdenken oder Neugeschäft in
ihrer Branche machen wollen, relativ wenig
bringen.
Vielversprechender ist es, ganz konkret mit Startups zu kooperieren, die einen
konkreten Bezug zur Branche oder zum eigenen Geschäftsmodell haben. Das ist eine Art
Recruiting-Prozess, von dem ich viel halte.
Dazu bedarf es aber auch bereits eines gewissen Mindsets auf Unternehmensseite, denn
dort prallen Kulturwelten aufeinander. Auch
die Studie zeigt, als die größten Schwierigkeiten in einer Kooperation werden in den Unternehmen vor allem mangelndes Verständnis
für Abläufe in Großunternehmen (74 Prozent)
genannt, zu unterschiedliche Sicherheitsanforderungen (72 Prozent) und zu unterschiedliche Unternehmenskulturen (66 Prozent).
Daher ist es ganz wichtig, dass die komplett
unterschiedlichen Interessenslagen zwischen
Startups und Unternehmen von Anfang an
moderiert werden. Auf diese Art und Weise
kann es gelingen, dass beide Seiten profitieren
und dies auch dazu beitragen, Innovationsprozesse und einen Kulturwandel im Unternehmen anzustoßen. Wie schätzen Sie die Startup-Kultur der Bundesrepublik im Moment ein?
Ein Klima für Gründung gibt es ohne Zweifel. Der Wunsch, eigene Ideen zu gestalten, ist
bei vielen Menschen stark vorhanden und die
Digitalisierung macht es heute erheblich einfacher ein Geschäftsmodell umzusetzen. Die
erfolgreichen Gründer sind dabei alles Leute,
die die beschriebenen Innovationsmethoden radikal umsetzen und so die Schnittstelle zwischen Unternehmen und deren Kunden
besetzen. In allen Industriezweigen greifen
diese neuen Wettbewerber mit innovativen,
digitalen Lösungen traditionelle Unternehmen
an. Was bedeutet das für das Unternehmen?
Strategie
Philipp Depiereux ist überzeugt, die Digitalisierung erfasst alle Branchen,
höchstens die Pommesbude bleibt noch offline. Zunächst als Berater,
dann als CEO eines mittelständischen Unternehmens und heute als
Gründer und Geschäftsführer der Startup-Schmiede und Digitalberatung
etventure, beschäftigt sich Philipp Depiereux mit Innovationsprojekten.
Der Wettbewerb kommt eben nicht mehr aus
dem eigenen Branchenumfeld. Unternehmen,
die diese Entwicklung nicht erkennen, laufen Gefahr, dass agile Startups substanziell
Geschäftsvolumen übernehmen. Das Thema
Digitalisierung muss daher auf die Topagenda
der Geschäftsleitung: Ein bisschen Digitalisierung zu machen, am schlimmsten noch die IT
damit zu beauftragen, funktioniert nicht. Bei
einem solchen Vorgehen prophezeie ich, dass
sämtliche Digitalisierungs-Vorhaben im Unternehmen scheitern werden.
Ihre Studie zeigt aber, dass viele Vorstände
noch nicht so weit sind...
Das stimmt, laut unserer Studie sind es gerade
sechs Prozent, die Digitalisierung als wichtigstes Thema in ihrem Unternehmen eingestuft
haben. Jetzt kommt aber mein „aber“: Für den
Unternehmenslenker müssen noch ganz andere Dinge ganz oben stehen, beispielsweise
die Kosten-Thematik, verschiedene Absatzmärkte weltweit, Effizienz, Rohstoffe, Umwelt
oder Krisen. Nur weitere 35 Prozent haben
das Thema aber auf der Top-3-Agenda, das
ist zu wenig. Wenn komplette Geschäftsmodelle und -abläufe eines Unternehmens digitalisiert und in Frage gestellt werden müssen,
greift das tief in sämtliche Prozesse sowie in
die Kultur des Unternehmens ein. Daher kann
nur der CEO Treiber für das Digital-Thema
sein, damit die Organisation nachhaltig transformiert werden kann und die Mitarbeiter
sehen, es wird vom Vorstand und Geschäftsführer vorgelebt.
In der Studie haben Sie herausgefunden, dass
viele Führungskräfte radikale Entscheidungen scheuen. Dann wäre ihr Modell eine Art
Add on, dass man nicht das eigene Geschäft
zugleich komplett auf den Prüfstand stellt?
Ich glaube ja, dass wir die Führungskräfte jetzt
nicht dazu kriegen, radikalere Entscheidungen zu treffen. Deswegen sagen wir auch, wir
müssen die Digitalisierung aus dem Unternehmen herauslösen und in den geschützten
Raum übertragen. Die Führungskräfte sind ja
in den jeweiligen Positionen der Unternehmen, weil sie in ihrem Leben dort keine substanziellen Fehler gemacht haben. Deswegen
glaube ich, zurück zur Radikalität, wenn radikale Entscheidungen getroffen werden, geht
damit auch immer ein hohes Risiko zu scheitern einher. Auch wir scheitern ständig in den
Projekten. Wir testen beispielsweise zehn Ideen, von denen dann acht bis neun nicht funktionieren. Aber, und das ist das Wichtige dabei, wir scheitern mit unseren Methodiken zu
einem frühen Zeitpunkt, nach dem Motto ‚fail
fast, fail cheap’ - und ein bis zwei Ideen kommen dann auch durch den Testprozess durch
und können erfolgreich aufgebaut werden.
Vor ein paar Jahren gab es in den Großunternehmen Ansätze, dass man selbst innovativ ist
und die innovativsten Ideen aus der eigenen
Mitarbeiterschaft kommen. Funktioniert das?
Ideen sind keine Kunst. Machen Sie einen
Ideen-Workshop mit zehn Mitarbeitern. Ich
verspreche Ihnen, da werden am Ende 50 Digital-Ideen als Ergebnis an der Wand stehen.
Das Schwierige ist, eine Idee danach wirklich
umzusetzen, das zu testen. Das gelingt intern
so gut wie nie, weil Unternehmen in ihren
Richtlinien, Prozessen und im Tagesgeschäft
gefangen sind.
Ist Ihr Modell auch etwas für Verlage?
Ja, klar. Grundsätzlich muss man vorweg sagen, die Branche steht unter einem extrem
hohen Digitalisierungsdruck. Hier wurden in
der Vergangenheit viele Entwicklungen verpasst beziehungsweise auch falsche Entscheidungen getroffen. Ich bin aber überzeugt, dass
man auch hier mit den Themen „geschützter
Raum“, der Loslösung von bestehenden Prozessen und radikaler Nutzerzentrierung erfolgreich Entwicklungen anstoßen kann. Auch in
der Verlagsbranche können sie Ideen testen,
mit Prototypen arbeiten und Minimalprodukte
entwickeln. Die Ausgangslage ist aber zugegebenermaßen deutlich schwieriger. Andere
Branchen, wie beispielsweise der produzierende Mittelstand, hat jetzt noch die Zeit, die
richtigen Weichen Richtung Digitalisierung zu
stellen.
Ist Digitalisierung Pflicht oder Kür in 2016?
Kann ich noch abwarten?
Ich nenne mal: Taxi-Zentralen, Musik-Industrie, Hotellerie und auf der anderen Seite Uber, Spotify und Airbnb. Wenn man sich
das vor Augen führt, wird klar, bei dem The-
Bei 65%
der Unternehmen
verhindern veraltete
Strukturen die
Digitalisierung
ma sollte man niemals warten, sondern sofort starten – das gilt für B2C- genauso wie
für B2B-Anbieter! Starten heißt dann aber
nicht, erstmal eine Strategie entwickeln und
sich überlegen, was macht der Markt und
das Wettbewerbs-Umfeld, denn es wird ständig rasante Veränderungen geben. Der Start
in die Digitalisierung muss auch nicht immer
eine sofortige und komplette Veränderung
des bestehenden Geschäftsmodells bedeuten
- der Start mit kundenzentrierten Lösungen,
die sofort Wert stiften, ist entscheidend. Erste
„digitale Leuchtturmprojekte“ im Markt erfolgreich auszurollen, ist der wichtigste Einstieg.
Ein Beispiel: Hat ein B2B-Unternehmen noch
keinen digitalen Kanal zum Kunden, der von
diesem auch aktiv und kontinuierlich genutzt
wird, gehört es im Jahr 2016 zur Pflicht, diesen
zu finden und aufzubauen. Meistens ist dieser
Kanal im ersten Schritt übrigens kein Webshop.
Auf diese Weise, kombiniert mit dem
Aufbau von eigenem Digital-Know-how in einer Digitaleinheit, wird ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil generiert.
Ist die Republik von der politischen und von
der infrastrukturellen Seite her auf die Digitalisierung schon genügend vorbereitet? Müsste
Herr Dobrindt noch mehr in den Ausbau der
Infrastruktur stecken?
Die Politik muss die Rahmenbedingungen
mit den großen Netzbetreibern schaffen. Es
ist natürlich ein Desaster, wenn ich zu einem
Kunden ins Allgäu fahre und ich habe zwei
Kilometer um den Standort mit 3.000 Mitarbeitern nur ein Edge-Signal auf meinem
Smartphone – und dann gar keinen Empfang
in der Firmenzentrale selbst. Dennoch, ganz
wichtig: Ich muss trotzdem als Unternehmer
anfangen. Ich muss mir trotzdem überlegen,
wie schaffe ich es, mein Unternehmen, meine
Kanäle zu den Kunden, Schritt für Schritt zu
digitalisieren.
Herr Depiereux, wir danken für das
Gespräch.
Know!s // 27
Keine
Hexerei
Produktion
Die Softwareschmiede „WoodWing“
Es gibt neue Werkzeuge, mit
hat jetzt mit „Inception“ ein neues Storyteldenen Inhalte noch schneller ling-Tool out of the Box für Medienprojekte
und flexibler erzeugt und
mit dem Ansatz „Online-First“ als cloudbasiertes HTML-Autorenwerkzeug auf den
in alle Kanäle ausgespielt
Markt gebracht.
werden können. Urs Felber,
Artikelorientierter Ansatz
Geschäftsführer der A&F
Mit „Inception“ sei es möglich, etwa über
Computersysteme AG in der
die Adobe Publishing Solution, Apple News,
Facebook Instant Articles oder ein Web
Schweiz, erklärt in KNOW!S
Content Management System (CMS) Inhaldie neuen Möglichkeiten.
te auf unterschiedliche Medienarten, Pa-
M
an kann Redakteure oder Autoren in Tippakademien zum ZehnFinger-Schreibtrainer
schicken,
Selbstlernvideos ansehen lassen, ihnen die
schnellsten Rechner und Werkzeuge zur
Verfügung stellen, die es auf dem Markt
gibt oder von Zaubertrank träumen. Nur:
„Der Redakteur schreibt nicht schneller“,
bringt Urs Felber die tägliche Arbeit in den
Redaktionsstuben, den Marketing Abteilungen oder Agenturen, die heute Magazine,
Blogs oder Social Media Kanäle füllen, auf
den Punkt. Wie kann man heute die Autoren besser unterstützen, in einer Zeit, in
der ein Autor eben nicht nur für einen Titel schreibt, sondern häufig mehrere Kanäle
mit unterschiedlichsten Anforderungen füllen muss?
Felber hat darauf eine eindeutige Antwort: Verlag, Zeitung oder Magazin
brauchen ein effektives Redaktionssystem
und Inhalte, die möglichst medienneutral zur Verfügung stehen. Dies fange schon
beim Sammeln der Inhalte an. Es sei die
Frage, ob heute mehrere Redakteure oder
Fotografen auf einen Event geschickt werden oder nur einer, der dann für alle Medien und Kanäle möglichst neutral die Inhalte
sammele und in ein Digital Asset Management einspiele.
Inhalte also zunächst in einer Art
Dossier aus Bild, Text, Audio, Video und
Grafik an einer Stelle gesammelt werden
und dann der Redaktion oder den Autoren
zur Verfügung stehen. In der klassischen
Print-Produktion kennt man seit langem
Planungstools und ein effektives Redaktionssystem, in dem die Seiten und die Anzeigen geplant werden und Vorlagen mit
fertigen Seitenzahlen und Seitenköpfen zur
Verfügung stehen. Dazu kommen Werkzeuge, mit denen etwa die Chefredaktion
Ressourcen und die mittel- und langfristige
Themenplanung steuern kann, und die sich
dann in die kurzfristigen Workflows einbetten lassen.
pier, und mobile Endgeräte zu publizieren.
„Inception“ verfolge den artikelbasierten
Ansatz. Der Autor benötige keine HTMLKenntnisse und kann dennoch responsive
und interaktive HTML-5 Seiten erstellen.
Dies geschehe durch benutzerfreundliche
Werkzeuge und anpassbare Vorlagen. Will
der Verlag oder das Unternehmen Vorlagen
im eigenen Design oder seinem individuellen Web-CMS, wie Typo 3, erstellen, nutzt
er Systemintegratoren, wie Schaffrath DigitalMedien.
Denn „Inception“ basiert auf Templates, die individuell anpassbar seien. Der
Autor gewinne damit Zeit, sich um seine
Texte, Titel, Vorspänne, Zitate, responsiven
Bilder, Slideshows oder Videos zu kümmern. Diese werden mit „Inception“ editiert
und ausgegeben. Auch Features, wie das
Beschneiden von Bildern, seien integriert.
Die Inhalte, die mit „Inception“ publiziert
werden, halten sich an die Richtlinien des
„mobil-freundlichen Google Algorithmus“.
Felber beschreibt einen weiteren
Vorteil von „Inception“: Die Artikel können
ständig aktualisiert werden, auch Liveticker
oder Live-Berichte, wie man sie von großen
Sportereignissen kennt, seien kein Problem
mehr. „Inception“ ist Teil der „WoodWing
Content Cloud“ und dort werden die Daten verwaltet. Felber ist sich zudem sicher,
dass die Konvergenz der Aufgaben für die
Mitarbeiter, die bisher in unterschiedlichen
Kanälen unterwegs waren, in den Medien-
„Der Kulturwandel in der Kommunikation und den Medien ist nicht aufzuhalten. Aber er ist eben auch kein Hexenwerk.“
Urs Felber, A&F Computersysteme AG, berät
seit über 30 Jahren unter anderem zum
Thema Redaktionssysteme.
häusern und Marketingabteilungen der Unternehmen weiter zunehmen werde. Dabei
sei es wichtig, gerade für Häuser, die noch
viele altgediente Printredakteure an Bord
haben, diesen Lösungen zur Verfügung zu
stellen, die möglichst einfach zu bedienen
seien. So werde die Hürde für Mitarbeiter
niedrig gelegt, sich dem Kulturwandel in
der Kommunikation und den Medien zu
öffnen. Der, da ist sich Felber ganz sicher,
nicht mehr aufzuhalten sein werde, aber
eben auch kein Hexenwerk sei. Nicht nur
Digital Natives nutzten „Inception“ intuitiv,
erklärt Felber.
Einfaches Publizieren
Der Markt werde in den kommenden Jahren weitere Lösungen wie „Inception“ bieten, die ein einfaches Publizieren über alle
Kanäle ermöglichen. Dabei sei es wichtig
zu erkennen, welche Rollen etwa Systemintegratoren haben, die helfen, die richtigen
Asset Management Systeme zu finden, diese mit den Storytelling-Tools verbinden und
den Contentproduzenten die richtigen Templates und Ausspielkanäle zur Verfügung
stellen.
Den meisten Erfolg haben bislang
die Häuser erzielt, so Felber, die sich konsequent und beherzt der Moderne geöffnet
haben. Neben der technischen Integration,
müssten aber auch die Mitarbeiter mitgenommen werden. Die besten Erfahrungen
habe man bislang damit gemacht, wenn es
ein Nukleus-Team im Verlag, Unternehmen
oder Agentur gebe, das bei der Implementierung neuer Werkzeuge deren Akzeptanz
entscheidend mit förderte.
Der ganz harte Cut, also die Umstellung von einem auf den anderen Tag, habe
zu erheblich stärkeren Verwerfungen und
längeren Phasen der Akzeptanz geführt.
Felber: „Es ist besser den Kulturwandel
Schritt für Schritt zu vollziehen“. Bezieht
man jetzt noch auf der Verlagsseite neue
Vermarktungsmodelle wie „Blendle“ mit
ein – also noch mehr Kanäle – die bedient
werden wollen, so wird deutlich, dass hier
Handlungsbedarf in der nahen Zukunft besteht.
0
Alexander
Hornen
02831.925-534
[email protected]
Know!s // 29
Content ist
nicht immer
gleich
Journalismus
KNOW!S: Content Marketing ist in aller
Munde, und immer mehr Unternehmen
springen auf den Zug auf. Eigentlich müssten
dies rosige Zeiten für den Journalismus und
Journalisten sein?
Frank Überall: Ich glaube, dem liegt ein
großes Missverständnis zugrunde, denn
Content ist nicht immer gleich Journalismus.
Man muss da sehr differenzieren. Content
kann eben auch extrem interessengeleitet
sein. Content kann rein unterhaltend sein
und mit Journalismus gar nichts zu tun haben. Die Grenzen drohen für den Konsumenten an der ein oder anderen Stelle zu
verwischen – bis hin zu der Frage, wie Journalisten eigentlich noch bezahlt werden sollen, denn diejenigen, die ihr solides Handwerk seriös ausüben, sind halt nicht zum
Nulltarif zu haben.
Früher starteten Karrieren in der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen oft in Redaktionsstuben von Verlagen oder Sendern. Kann
man einen Trend ausmachen, dass dies heute nicht mehr so ist, also der Sprung direkt
von der Hochschule ins Content Marketing
eines Unternehmens gelingt?
30 // Know!s
KNOW!S sprach mit dem
Journalisten, DJVVorsitzenden und
Professor für Journalismus,
Frank Überall über Content
Marketing, Journalismus in
Zeiten der Digitalisierung
und Chancen für Verlage
durch neue Erlösmodelle
wie Blendle. Aber auch über
den Begriff „Lügenpresse“.
Überall sagt: „Die Zeit, wo
wir als Prophet auf den Berg
gestiegen sind und relativ
ungestört unsere Wahrheiten verkündet haben, die ist
vorbei.“
Ich stelle in der Tat fest, dass an den Hochschulen immer mehr Absolventen auch ganz
bewusst sagen: Ich verdiene mehr in der
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ich möchte
gezielt in diesen Bereich. Oder eben besondere Vorlieben haben und sagen: Ich interessiere mich extrem für Sport und möchte
eher in die publizistische Sportvermarktung.
Wichtig ist, dass es eine journalistische
Grundausbildung für alle gibt, also Journalisten, die mit Nachrichten etwas anfangen
können, aber auch in der Praxis gelernt haben, wirklich solide zu recherchieren. Als
Journalist bin ich froh, wenn ich Profis als
Gegenüber habe, die eben dieses Handwerk
beherrschen.
Bei meinen ersten Absolventen, die
ich jetzt betreut habe, stelle ich fest, dass direkte Einstiege tatsächlich möglich sind und
funktionieren. Das, was bisher in langjähriger Erfahrung am Journalisten-Schreibtisch
gesammelt wurde, wird zum Teil ersetzt
durch eine breiter angelegte Ausbildung, wo
man sich eben auch auf PR spezialisieren
kann.
Was bedeutet das für den, der Medien
konsumiert, kann der noch unterscheiden
Innovation
zwischen journalistischem
Medium und Unternehmensverlautbarung?
Ich habe gar nicht so ein Problem mit Corporate Publishing,
wenn der Absender der Information eindeutig benannt ist.
Wenn ich die „ADAC-Motorwelt“
aufschlage oder eine andere Publikation, weiß ich doch, was
mich erwartet. Auch da wird
zum Teil guter Journalismus gemacht, aber es ist ja auch klar,
dass das VW-Magazin nicht ausführlich darüber berichtet, was
sie dort mit ihren Abgaswerten
konkret getan haben. Ich glaube,
so viel Medienkompetenz können wir den Menschen schon
noch zumuten. Viel schwieriger ist das, was im Internet und
unter dem Stichwort „Native
Advertising“ passiert. Im Internet kann ich den Absender einer Nachricht zum Teil gar nicht
mehr klar unterscheiden. Und
da müssen wir über Konzepte
nachdenken, wie das geht.
Im Netz kursieren eben
viele zum Teil dubiose Quellen.
Und wenn mir zum Teil sogar
Politiker sagen, wenn sie Argumente vorbringen „Ja, das stand doch im
Internet“, dann ist das sehr unspezifisch.
Durch die Aufbereitung im Internet kann
man sehr schnell etwa einen Blog entwerfen, der sehr schnell sehr professionell daherkommt. Da, wo bisher immer dieser
Rattenschwanz dran hing: Ich brauche dafür
Profis und ich muss dafür Geld in die Hand
nehmen, um eine Publikation so aufzubereiten, dass sie ernst genommen wird. Das gilt
für Journalismus und für Corporate Publishing. Das wird jetzt relativiert.
Da gibt es nicht nur juristische, sondern
auch publizistische Bedenken. Dort wo ich
nicht mehr unter einer klaren Marke segele,
mache ich nicht mehr transparent, wer denn
eigentlich der Absender der Information ist.
Wenn der Rezipient dort gefilterte Informationen bekommt, die er nicht mehr klar einordnen kann, dann wird es schwierig.
die Unterscheidbarkeit dann eben schwierig macht. Damit tun sich die Unternehmen
letzten Endes keinen Gefallen.
Also ein Plädoyer für klares Branding?
Die Verantwortung liegt hier bei den Journalisten. Man kann auf solches Material natürlich zurückgreifen, muss aber das immer
transparent machen und wie es der Pressekodex vorsieht, kennzeichnen. Die „Tagesschau“ hat eine eigene Abteilung, die unter
anderem prüft, was aus sozialen Netzwerken
oder dem Ausland an Videos kommt und
die Quelle angibt. Das Gleiche gilt auch für
Footage-Material. Also einen Beitrag eins zu
eins zu senden, der jetzt im Videobereich aus
einem Unternehmen kommt, das kann man
nicht wirklich wollen. Denn wenn das auffällt, wird das sehr schnell eine BranchenDiskussion entfachen.
Natürlich. Eigentlich müsste dem Unternehmen ja damit gedient sein in dem Moment,
wo es auf seine eigene Reputation einzahlen will. Wenn sie letztendlich mit Content
Marketing nur Werbung machen wollen,
dann müsste es konsequent entsprechend
als Werbemagazin gekennzeichnet sein. Ich
plädiere ohnehin dafür – das ist ja eine Diskussion, die in der Medien-Öffentlichkeit
mal mehr, mal weniger intensiv geführt wird
– dass man abseits vom Pressekodex alleine,
der ja mittlerweile auch im Internet zumindest für die Pressemarken gilt, beispielsweise im Sinne einer Selbstverpflichtung, ein
Siegel verteilen kann – ähnlich wie Stiftung
Warentest. Ein Siegel mit der Aussage: Hier
steckt Journalismus drin.
Und ja, Corporate Publishing hat heute aus meiner Sicht eine hohe Relevanz.
Aber es muss ganz klar mit offenem Visier
stattfinden. Es darf nicht als pseudo-journalistische Publikation verbrämt werden, was
Ein weiterer Trend ist, dass Unternehmen
Journalisten komplette Stories, direkt fertig
zur Veröffentlichung, anbieten. Wie ist das
zu werten?
Nun ist ja nicht gleich jeder Verlag die
„Tagesschau“. Sie würden auch kleinere
Verlage hier in die Pflicht nehmen?
Ich habe ja ein gewisses Verständnis dafür,
dass es Verlagen zum Teil nicht so gut geht.
Aber man darf nicht vergessen, dass Journalismus Geld kostet. Wenn ich keinen Jour-
Darf ich da mal kurz einhaken. Es gibt aber
auch im Corporate Publishing den Trend,
Blogs oder auch Print-Titel nicht mehr zu
branden, sondern nur noch im Impressum
den Absender kenntlich zu machen...
Prof. Dr. Frank Überall ist seit 2015
Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV). Zudem lehrt
er an der Hochschule für Medien,
Kommunikation und Wirtschaft
(HMKW) in Köln. Überall arbeitet
für den WDR, die ARD und schreibt
außerdem bundesweit für Zeitungen
und Onlinemedien.
Know!s // 31
nalismus betreiben kann, funktioniert das
Geschäftsmodell nicht. Ich kann nicht nur
Verlagsmanager hoch bezahlen, sondern
Journalisten sind in der Regel Höchstqualifizierte, die studiert, sehr häufig ein Volontariat, die Weiterbildungen gemacht haben,
und die in ihrem Themengebiet wirklich fit
sind. Solche Leute kosten Geld. Und das ist
etwas, was vielen in der digitalen Welt nicht
bewusst ist.
Es gibt Trends, dass man Journalisten weniger vertraut, wir kennen ihn alle den Begriff
„Lügenpresse“. Wen sehen Sie in der Pflicht,
wieder für mehr Vertrauen zu sorgen, alle
Verlage oder nur die „Big Player“?
Wir müssen alle jeden Tag daran arbeiten,
für Transparenz zu sorgen und unseren Ruf
zu retten. Dazu gehört beispielsweise auch
eine anständige Fehlerkultur. Es galt ja fast
als anrüchig, im eigenen Medium einen Fehler einzuräumen. Das wurde allenfalls über
Gegendarstellungen angesetzt. Da stelle ich
insgesamt einen Trend fest zu korrigieren –
sei es bei „Spiegel Online“, sei es bei „ARD“
oder „ZDF“, sei es bei den Tageszeitungen.
Die Sehnsucht und auch das Vertrauen in
Sachen Einordnung ist beim Publikum ja da.
Wenn man sich anguckt, dass die Wochenzeitung „Die Zeit“ Rekordauflagen hat, dass
die Blätter für deutsche und internationale
Politik zum Beispiel enorme Abo-Steigerungen im Moment haben. Da sieht man, dass
es diese Sehnsucht nach qualifizierter Einordnung, die auf Fakten beruht, tatsächlich
gibt.
Ich sehe unsere Aufgabe als Gewerkschaft darin, auch in meiner Funktion als
Hochschullehrer, insgesamt diesen Diskurs
zu beflügeln und immer wieder bewusst zu
machen: Die Zeit, wo wir als Prophet auf den
Berg gestiegen sind und relativ ungestört unsere Wahrheiten verkündet haben, ist vorbei.
Wir müssen viel mehr als bisher unseren
Beruf erklären, und dazu gehört eben auch
– da kommt der Gewerkschafter in mir sehr
deutlich raus – dass das nicht zum Nulltarif
zu haben ist.
Verlage müssen in den Journalismus auch
wieder investieren?
Natürlich. Das tun sie ja in weiten Teilen
auch. Aber da, wo wir eben nur noch als
„Content-Schubser“ gesehen werden, unter
32 // Know!s
Ich bin fest davon überzeugt,
dass es Print dauerhaft geben
wird. Aber Print wird nicht das
aktuelle Nachrichtenmedium alleine sein, sondern es ist eben
gerade diese Einordnung, der
Blick hinter die Kulissen, die Erklärung, die dort nach einer
ordentlichen Recherche geleistet
wird.
dem Motto „die Zeitung schreibt sich schon
von alleine voll“, das kommt beim Publikum nicht an. Ich habe letztens eine Tageszeitung in die Hand bekommen, da bestand
die gesamte Titelseite nur aus Agenturmeldungen. Das ist etwas, was viele Menschen
heute schon am Tag zuvor im Internet gelesen haben. Das ist ein Geschäftskonzept, das
in den nächsten Jahren tendenziell eher zur
Pleite als zum Erfolg eines Verlags führen
wird.
Blicken wir auf die digitale Entwicklung
in den Verlagen, wie können diese hier
bestehen?
Es kann nur eine Verschränkung der verschiedenen Angebote geben. Ich bin fest
davon überzeugt, dass es Print dauerhaft geben wird. Aber Print wird nicht das aktuelle
Nachrichtenmedium alleine sein, sondern es
ist eben gerade diese Einordnung, der Blick
hinter die Kulissen, die Erklärung, die dort
nach einer ordentlichen Recherche geleistet
wird. Das wird Print in Zukunft leisten. Die
anderen Kanäle kann man nicht komplett
ausblenden. Und wir sehen ja in der digitalen Welt, dass, abgesehen von dem reinen
Printerzeugnis, solche Dinge zunehmend
funktionieren. Wenn man sich ein Projekt
wie „Blendle“ anschaut: Da werden Artikel
tatsächlich gekauft. Und das funktioniert.
Und ich bin fest davon überzeugt, für gute
journalistische Inhalte sind die Leute bereit
zu zahlen. Da können die Verlage mit ihren
geschaffenen Medienmarken sehr viel bewegen.
Gleichzeitig aber auch die Warnung:
Wenn die schweren Tanker sich nicht bewegen, darf man nicht vergessen, dass die
Journalisten es sind, die das Handwerk beherrschen und damit auch die schnelleren
Beiboote auf den See setzen können. Wenn
Verlage meinen, sie könnten mit billigem
Content ihre Publikationen füllen, dann werden sie nicht zuletzt daran scheitern, dass
Journalisten ihre Geschichten nicht mehr
den etablierten Medienunternehmen anbieten, sondern über „instant articles“, „Blendle“, „You Tube“, Podcast- oder andere Kanäle
veröffentlichen. Dort können Journalisten
Geld verdienen. Verlage müssen aufpassen,
dass sie diesen Zug der Zeit nicht verpassen.
Kann sich Paid Content durchsetzen?
Wir alle müssen uns bewusst machen, welchen Wert Journalismus hat. Projekte wie
„Blendle“ beweisen, dass es eine Zahlungsbereitschaft gibt. Es muss nur einfach für
den Kunden sein. Ich kaufe keinen Artikel,
wenn ich erst stundenlang Formulare aus-
Innovation
füllen und bestätigen muss, dass man mir
regelmäßig kostenlos Werbung zuschickt.
Der Journalist von heute ist Podcaster, Blogger, Schreiber und Fotograf in einem. Das
Berufsbild ändert sich: Positiv oder Negativ?
Die Konvergenz des Journalismus lässt sich
nicht mehr leugnen. Ich kenne selbst noch
die Zeiten, wo man als Tageszeitungs-Redakteur morgens ins Büro gegangen ist,
den ganzen Tag an einer Geschichte recherchiert hat und am Ende des Tages 100 Zeilen geschrieben hat - mehr nicht. Vielleicht
ist man noch auf eine Pressekonferenz zum
gleichen Thema gegangen, aber ansonsten
konnte man sich komplett auf ein Thema
und eine Ausspielform konzentrieren. Das
ist heute längst nicht mehr so. Journalistische Ausbildung muss genau da ansetzen.
Insofern setzen wir – ich bin ja an einer privaten Medienhochschule in Köln und Berlin
tätig – genau schon im Bachelor-Studium
auf diese Konvergenz und haben einen Masterstudiengang, der sich ganz bewusst konvergenter Journalismus nennt, aufgesetzt.
Ich persönlich sehe es als riesengroße Chance. Ich habe mein Leben lang in
verschiedenen Mediengattungen gearbeitet: Radio, Fernsehen – auch da wieder die
verschiedenen Darstellungsformen von der
Kurznachricht bis zum Feature, von „Lokal-
zeit“ bis „Monitor“. Das sind ja jeweils ganz
andere Herangehensweisen. Manchmal gibt
es Stories, wenn ich zum Beispiel in einem
sozialen Brennpunkt recherchiere, da möchte ich nicht mit Mikrofon und Kamera durch
die Gegend laufen. Da habe ich dann vielmehr Lust, einfach nur einen Zeitungsartikel oder etwas für Online zu produzieren.
Man kann sich journalistisch heute mehr
ausleben, wenn man die entsprechende
Grundausbildung hat und erkennt, was für
die Geschichte der richtige Erzählstrang, das
richtige Medium ist.
Diese KNOW!S ist mit Pflicht und Kür
überschrieben. Was sind denn heute für den
Journalisten selbst Pflichtprogramm und was
ist die Kür?
Die Pflicht ist auf jeden Fall, sich im Markt
weiter umzuschauen und eben auch über
Aus- oder Weiterbildung dran zu bleiben.
Wenn wir uns anschauen, wie Journalismus
funktioniert, hat das nur noch bedingt etwas
damit zu tun, wie Journalismus vor 20 Jahren gearbeitet hat.
Die persönliche Kür ist weiter über
den Tellerrand hinaus zu blicken und darüber nachzudenken, was gibt es vielleicht
noch für neue Erzählformate, was kann ich
mir selbst noch einfallen lassen. Aber auch
Themen wie „instant articles“ oder „Blend-
„Blendle“
kann eine
unglaubliche
Chance für
Fachverlage
sein.
le“. Als Gewerkschaft wollen wir erreichen,
dass bei „Blendle“ nicht nur Verlage Artikel
anbieten können, sondern auch professionelle freie Journalisten.
Ist „Blendle“ auch etwas für Fachverlage?
Selbstverständlich. Ich sehe hier eine unglaubliche Chance. Wir stellen zum Beispiel
mit dem Medienmagazin „Journalist“, das
vom Deutschen Journalisten-Verband herausgegeben wird fest, dass wir zum Teil
wirklich in die Top 10 der „Blendle“-Charts
neben „FAZ“, „Cicero“ oder „Süddeutsche“
kommen, wenn wir die richtigen Themen
haben. Und das Spannende ist ja, dass zum
Teil ältere Artikel plötzlich wieder abgerufen
und bezahlt werden, weil sie eine spannende
Einordnung anbieten. Etwa wenn das Thema
in sozialen Netzwerken hochkocht. Da gibt
es ja nicht nur Wut- und Hass-Kommentare
und Katzenbilder, sondern zum Teil auch
wirklich valide, spannende und intellektuelle
Kommunikation. Und dort wird zunehmend
auf die Veröffentlichungen hingewiesen, denen man vertraut.
Also gerade für Fachverlage mit ihren hochwertigen Artikeln wäre es eine gute Möglichkeit ihr digitales Portfolio zu erweitern und
Geld zu verdienen?
Genau. Vor allem wenn ich das Thema aus
der Konsumentenhaltung denke. Jemand
will sich etwas Neues, etwa komplexe Technik anschaffen und im Vorfeld informieren. Es ist nicht so einfach, sich im Internet
unabhängig zu informieren. Und da bin ich
froh, wenn zum Beispiel ein Fachverlag, der
auf so etwas spezialisiert ist, sich genau damit beschäftigt hat und mir die Information
bei „Blendle“ zur Verfügung stellt. Dies kann
auch aus dem Corporate Publishing heraus
erfolgen. Dafür bin ich bereit, ein bis drei
Euro auszugeben.
Sie sind ja Gewerkschafter. Muss der Verlag
dann seine Journalisten an neuen Erlösmodellen wie „Blendle“ beteiligen?
Ganz klar die Formel: Was auch immer an
Zusatzprodukten generiert wird, daran müssen die Autorinnen und Autoren adäquat beteiligt werden.
Herr Überall, wir danken Ihnen für das
Gespräch
Know!s // 33
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