Das Murmeltier - Hausbuch Surselva

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Das Murmeltier
- ausgeruht und pfiffig
www.surselva-hausbuch.ch
FaunaM1
Den Winter verbringt das Marmota marmota,
das Alpenmurmeltier, unter einer meterhohen
Schneedecke, dösend oder schlafend,
zusammen mit vielleicht zwanzig anderen in
einem tief in der Erde gelegenen Bau. Ein
halbes Jahr dauert dieser Energiesparmodus,
der alle zwei Wochen kurz unterbrochen wird da geht das Murmeltier aufs Klo. Selbst im
Sommer ist es ein Stubenhocker, verbringt bis
20 Stunden am Tag unterirdisch und entfernt
sich kaum weiter als 20 Meter vom Eingang,
um seine anderthalb Kilo Gras und Kräuter
täglich zu fressen und sich so den nötigen Winterspeck zuzulegen. Wie es sich für
ein Nagetier gehört, hat es Überbiss. Trinken tut es nichts - der Wassergehalt der
Kräuter reicht. Hoch oben im Himmel kreist aufmerksam der Steinadler - der dann
plötzlich der Erde entgegenstürzt. Da heisst es dann: Pfeifen, um die andern zu
warnen, und blitzschnell im Bau verschwinden.
Alpenmurmeltiere sind Relikte einer eiszeitlichen Fauna. Heute ist ihr Lebensraum aufs
Hochgebirge begrenzt, da nur hier für sie geeignete Umweltbedingungen sind. Der
Winterschlaf ermöglicht ihnen das Überleben in unwirtlichen Regionen. Im Winter leben
sie ausschließlich von körpereigenen Fettreserven. Das Heu im Bau dient ihnen bloss als
Polsterung.
Sie heissen auch Murmeli, Mungg, Montanella oder Marmotta. Der „Bär“ (das Männchen)
ist fünfzig Zentimeter lang, die „Katz“ (das Weibchen) ist zehn Zentimeter kürzer, die
Rute (Schwanz) misst 15 Zentimeter. Sie haben ein dichtes Fell in verschiedenen Farben.
Die „Affen“ (Jungen) sind grau. Im Juni findet ein Fellwechsel statt. Sie sind im
Frühsommer bis drei Kilo schwer, im Herbst fast das Doppelte. Auffallend sind der
muskulöse und kräftige Schultergürtel und die ausgeprägten Grabpfoten. Die Vorderbeine
sind ein wenig kürzer als die Hinterbeine. Beim Gehen watscheln sie breitspurig, der
Bauch scheint auf der Erde zu schleifen. Wenn’s eilt, verfallen sie in eine Art Galopp.
Murmeltiere leben von der Baumgrenze an bis etwa 200 Meter darüber. Ein geeigneter
Lebensraum muss alpinen Rasen aufweisen, da sie nur hier die richtigen
Nahrungspflanzen finden. Er muss außerdem einen tiefgründigen Boden bieten, der es
den Murmeltieren ermöglicht, ihre ausgedehnten Baue anzulegen. Man findet sie an
südlich exponierten Hanglagen, da diese Hänge im Frühjahr schneefrei sind und dort die
Vegetation früher einsetzt.
Die Alpenmurmeltiere sind tagaktiv und leben in Sippen. Nachkommen verschiedener
Jahrgänge leben mit dem Stammpaar zusammen, so dass die einzelne Murmeltiergruppe
vielleicht 20 Individuen umfasst. Innerhalb dieses Familienverbandes verbringen die
Tiere viel Zeit mit gegenseitiger Fellpflege sowie spielerischen Balgereien. Die
Reviergrenzen werden jeweils durch die zwei ranghöchsten Tiere gekennzeichnet. Diese
begehen regelmäßig ihre Reviergrenzen und sondern ein intensiv riechendes Sekret aus
ihren Wangendrüsen ab, mit dem sie regelmäßig auffällige Stellen innerhalb ihres
Territoriums markieren.
Murmeltierbaue entstehen über mehrere Generationen und verfügen in der Regel über ein
weit verzweigtes System von Kammern und Tunneln. Neben kurzen Fluchtröhren mit
nur einem oder zwei Eingängen gibt es Sommerbaue, deren Nestkammern häufig lediglich
ein bis anderthalb Meter unter der Erde liegen. Sie werden auch dazu genutzt, sich der
Tageshitze zu entziehen. Wichtigster Bestandteil des Baues ist der Winterbau, dessen
Nestkammern sehr viel tiefer liegen. In Hanglagen können sie sich bis zu sieben Meter
unterhalb der Erdoberfläche befinden. An heißen Sommertagen halten sich die Tiere
während der wärmsten Stunden überwiegend in ihren kühlen Bauen auf. Sie können
gelegentlich dabei beobachtet werden, wie sie vor ihren Bauen ausgestreckt in der Sonne
liegen. Das dient dazu bei, die Parasiten
Früher glaubte man, dass Alpenmurmeltiere
im Fell zu reduzieren. Bei diesen
spezielle „Wächter“ aufstellen. Das ist nicht der
„Sonnenbädern“ wird eine ausgestreckte
Fall. Es handelt sich dabei um eine
Körperhaltung eingenommen, um sehr
Fehlinterpretation des Ruheverhaltens.
großflächigen Kontakt mit dem kühleren
Murmeltiere sitzen gerne auf erhöhten Stellen
Bodengrund herzustellen und dadurch
wie etwa Felsen. Die Tiere übernehmen aber keine
die Körpertemperatur niedrig zu halten.
spezifische Wächterrolle. Es warnt vielmehr
Der gemeinsame Winterschlaf, bei dem
die Tiere fast die Hälfte des
Körpergewichts verlieren, wird von
Oktober bis März gehalten. Die
Wintersterblichkeit ist hoch, wenn die
Wetterbedingungen es ihnen nicht
gestatten, ausreichende Fettreserven
anzulegen.
jeweils das Tier, das als erstes eine Gefahr
entdeckt. Das Murmeltier hört nicht besonders gut,
dafür sind seine Augen vorzüglich. Einen
Wanderer erkennt es auf 400 Meter. Bei
Bedrohung warnen die Tiere durch schrille Pfiffe,
um sich dann rasch in die unterirdischen Baue
zurückzuziehen. Die Pfiffe sind sehr weit zu hören.
Die Herde profitiert auch von den Warnrufen von
Familiengruppen in der Nachbarschaft.
Die Alpenmurmeltiere verfügen über zwei
unterschiedliche Warnrufe – einen einzelnen langgezogenen Pfiff, der Gefahr von
oben bedeutet, und eine Folge von mehreren, sehr kurzen Pfiffen bei Gefahr am
Boden. Eine gesamte Pfiffserie hat eine Dauer von drei bis fünf Sekunden. Eigentlich sind
es keine Pfiffe, sondern Schreie, denn das Tier braucht weder Lippen noch Zähne,
sondern die Stimmbänder und hat beim Warnen das Maul geöffnet.
Der gefährlichste Feind für
ausgewachsene Murmeltiere ist der
Steinadler. Steinadler, die Jungtiere
groß ziehen, schlagen in der
Brutsaison etwa 70 Murmeltiere. Zu
den Fressfeinden des
Alpenmurmeltieres zählen auch die
Kolkraben. Diese sind jedoch nur in
der Lage, Jungtiere zu schlagen. Mit
einem ausgewachsenen
Alpenmurmeltier können sie es nicht
aufnehmen. Auch dem Fuchs gelingt
ein Angriff auf ein ausgewachsenes
Alpenmurmeltier nur, wenn er es aus
dem Hinterhalt überrascht. Er jagt
bevorzugt junge Murmeltiere.
Das Alpenmurmeltier gehört in Teilen
Dem Quacksalber bringt’s was - Kohle!
seines Verbreitungsgebietes zum
Den Patienten nützt nichts - Aberglaube!
Jagdwild. Für die Jagd auf
Den Murmeli schadets - 5000 pro Jahr in GR!
Murmeltiere gibt es mehrere Gründe:
In einigen Regionen werden
Murmeltiere nach wie vor gegessen. Das gilt beispielsweise für Graubünden und
Vorarlberg. Alpenmurmeltiere werden auch wegen ihrer kräftigen Nagezähne gejagt, die
ähnlich wie das Geweih des Rothirsches zu den Jagdtrophäen zählen. Die Volksmedizin
glaubt immer noch, dass Murmelfett bei Rheuma und Bronchitis wirksam sei. - Na ja, vor
dreihundert Jahren war’s noch das Menschenfett („von frisch Hingerichteten“) vor
zweihundert Jahren Hundefett, vor hundert Jahren kam man auf Murmelfett. Heute gäbe
es doch die Pharmaindustrie!
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