Gesundheit Die SüDoStSchWeiz | MIttwoCh, 18. SEptEMBEr 2013 8 Ein verbreitetes Augenleiden im Alter In der Schweiz leiden gemäss Auskunft der Selbsthilfegruppe Retina Suisse mehr als 60 000 Menschen an einer Makuladegeneration. den Empfehlungen der sogenannten AREDS-Studie entspricht. Was bietet das Kantonsspital? Von Birkan Can* Chur. – Die Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist die häufigste Ursache für schwere Sehbehinderung ab 50 Jahren in den westlichen Industrieländern. Was sind die Ursachen einer AMD? Die genauen Ursachen der AMD bleiben bis heute noch unklar. Als Auslöser gelten Abbauprodukte des Sehprozesses, die sich im Laufe des Lebens in der Pigmentepithelschicht der Netzhaut ablagern und diese schädigen. Lipofuszin und Drusen spielen bei der Entstehung von einer AMD eine wichtige Rolle. Im Laufe des Lebens akkumuliert es besonders in Herzmuskel-, Leber- und Nervenzellen sowie im retinalen Pigmentepithel jeweils in Zellen, die sich im ausgewachsenen Menschen nicht mehr teilen. In Gewebeschnitten und beim Blick in das Auge kann das Lipofuszin an der Autofluoreszenz erkannt werden. Lipofuszin wird nicht von den Pigmentepithelzellen eliminiert und akkumuliert deshalb mit der Zeit in solchen Zellen, die sich nicht mehr teilen und bis zum Tod des Organismus überleben sollen. Je mehr Lipofuszin die Randbereiche einer geografischen Atrophie enthalten, desto schneller wird die Atrophie in diesem Bereich fortschreiten. Drusen sind weisslich-gelbe Ablagerungen unter dem retinalen Pigmentepithel. Hauptbestandteil von Drusen bilden Lipide, vor allem Cholesterin, welches auch für das gelbliche Aussehen von Drusen verantwortlich gemacht wird. Wachstumsfaktor hemmen: Zur Behandlung von Altersbedingter Makuladegeneration (AMD) werden sogenannte VEGF-Inhibitoren in den Glaskörper des Auges gespritzt. grösste Teil der Betroffenen (etwa 85 Prozent). Sie zeichnet sich durch einen schleichenden Beginn und einen oft jahrzehntelangen Verlauf mit langsam fortschreitender Sehverschlechterung aus und führt erst im Spätstadium zu einer deutlichen Verschlechterung des zentralen Sehens. optimale Diagnostik im Bereich der Makuladegenerationen möglich. Feuchte AMD: Die feuchte Form macht etwa 15 Prozent aller AMDFälle aus. Sie ist wesentlich aggressiver und kann sehr rasch voranschreiten. Hier kommt es zur Neubildung von krankhaft veränderten, undichten Gefässen, aus denen es blutet, sowie zu Abhebungen und Rissen des Pigmentepithels der Netzhaut und schliesslich zur Narbenbildung im Bereich der Netzhautmitte. Diese Form der Makuladegeneration ist überwiegend für schwere Sehbehinderungen verantwortlich. Sie kann schnell zu einer deutlichen Sehverschlechterung und sogar zum kompletten Verlust des zentralen Sehens führen. Heilen lässt sich eine altersbedingte Makuladegeneration bis heute nicht. Bei der feuchten AMD wurden in den letzten Jahren mehrere Behandlungsmethoden entwickelt und in Studien untersucht, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen oder aufhalten sollen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass der Botenstoff VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) bei der AMD die Neubildung von krankhaften Gefässen entscheidend bedingt. Deshalb hat man Medikamente entwickelt, die diesen Wachstumsfaktor gezielt hemmen und dadurch das Wachstum neuer krankhafter Blutgefässe unterbinden. Diese sogenannten VEGF-Inhibitoren (zum Beispiel Ranibizumab, Aflibercept, Pegaptanib) werden unter sterilen Bedingungen und unter örtlicher Betäubung mit einer feinen Nadel in den Glaskörper des Auges gespritzt. Diese aktuellste Methode wird seit Anfang dieses Jahres im Kantonsspital Graubünden, Standort Kreuzspital, von den Belegärzten der Augenklinik, Marco Bürge und Birkan Can, durchgeführt. Für die trockene AMD steht leider keine Erfolg versprechende Behandlung zur Verfügung. ■ Wie äussert sich AMD? Die AMD entsteht daher durch degenerative Veränderungen des alternden Auges. Deshalb kann man davon ausgehen, dass vermutlich jeder von uns eine AMD entwickeln würde, wenn wir lang genug leben könnten. Tatsächlich ist das Lebensalter der bedeutendste Risikofaktor für die Erkrankung. Jedoch gibt es auch noch andere Faktoren, die eine Rolle spielen. Erstes Anzeichen der Erkrankung ist oft, dass die Mitte des Schriftbildes beim Lesen verschwimmt. Verzerrtes Sehen wird oft als Frühsymptom einer feuchten AMD genannt. Mit Fortschreiten der Erkrankung wird durch die Degeneration der Makula das Se- Ärzte geben Auskunft Weitere Infos: www.suedostschweiz.ch/dossier hen im Zentrum des Gesichtsfelds schlechter und unschärfer, bis man zuletzt dort nur noch einen dunklen Fleck wahrnimmt. Dabei bleibt das periphere Sehen ausserhalb der Mitte des Sehfelds erhalten. Zu Beginn ist bei der AMD meist nur ein Auge betroffen. Im weiteren Verlauf betrifft die Erkrankung dann aber oft auch das zweite Auge. Welche Formen der AMD gibt es? Es gibt zwei Formen dieser Netzhauterkrankung: die Trockene und die Feuchte. ■ Trockene AMD: Unter der trockenen Makuladegeneration leidet der Wie diagnostiziert man eine AMD? Die Schilderung der Symptome geben dem Augenarzt erste Hinweise auf eine AMD. Neben den Sehtafeln zur Prüfung der Sehschärfe ist dabei das Amsler-Netz besonders aussagekräftig – ein quadratisches Liniengitter mit einem schwarzen Punkt in der Mitte, den der Patient fixieren soll. Nimmt er die Linien verschwommen oder verzerrt wahr, liegt der Verdacht auf eine Erkrankung der Makula nahe. Im nächsten Schritt wird eine Augenspiegelung durchgeführt. Gibt es Anhaltspunkte für eine feuchte AMD, führt man eine sogenannte Fluoreszenzangiografie durch. Hier bekommt der Patient einen fluoreszierenden Farbstoff in die Armvene gespritzt, der sich in der Netzhaut verteilt, dort die Blutgefässe sichtbar macht und krankheitsbedingte Veränderungen erkennen lässt. Die Augenklinik des Kantonsspitals Graubünden verfügt seit dem 26. Juni über die neuste Generation von diagnostischen Geräten (Spectralis-Heidelberg Engineering) zur Fluoreszenz- und Indocyaningrün-Angiografie mit Autofluoreszenz und Optischer Kohärenztomografie. Damit ist die Wie kann man AMD behandeln? allgemein (zum Beispiel durch Vermeidung von Übergewicht) und trägt speziell zur Gesunderhaltung der Netzhaut und somit zum Schutz vor der AMD bei. Falls bereits an beiden Augen eine AMD mit ausgeprägter Drusenmakula vorhanden, sollte zusätzlich eine Kombination von Vitaminen, Lutein und Zink eingenommen werden, die Marco Bürge 2001 bis 2005: Universitätsspital Zürich, Augenklinik 2005 bis 2006: Kantonsspital St. Gallen, Augenklinik 2003: Augenklinik Virnagar, Indien 2001: Chirurgie Brugg 2006: Psychiatrie Klink Beverin Seit 2006: Augenarztpraxis in Chur mit Dr. Gerhard Payer Seit 2006: Belegarzt Kantonsspital Graubünden, Augenklinik. Spezialgebiet: Behandlung der Altersbedingten Makuladegeneration 1991: Gymnasium Chur, Typ C 1993 bis 2001: Studium der Humanmedizin, Zürich Mitgliedschaften: FMH, Schweizerische Arztegesellschaft, FMH Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, Schweizerische Ophthalmologische Gesellschaft (SOG). (so) * Birkan Can Kann man einer AMD vorbeugen? Zum Vorbeugen des Verlusts der zentralen Sehschärfe ist es empfehlenswert, das Rauchen aufzugeben, da dies ein bekannter Risikofaktor ist. Ein hoher Blutdruck kann ebenso das Risiko für die AMD erhöhen. Da als weiterer Risikofaktor für die AMD auch das Sonnenlicht infrage kommt, gilt zusätzlich ausreichender Sonnenschutz mit einer Sonnenbrille zum Vorbeugen der Augenerkrankung als sinnvoll. Ausserdem ist eine gesunde Lebensweise mit genug Bewegung und ausgewogener Ernährung empfehlenswert – sie fördert die Gesundheit Die Augenklinik des Kantonsspitals Graubünden mit Standort Kreuzspital Chur verfügt über eine moderne, hoch spezialisierte Abteilung für Fotodiagnostik und Behandlung der Makulaerkrankungen (zum Beispiel AMD, Netzhautgefässverschlüsse und diabetesbedingte Makulaveränderungen) durch unsere erfahrenen Belegärzte. Es werden spezifische bildgebendeVerfahren zur Diagnostik eingesetzt wie zum Beispiel die Fluoreszenz-Angiografie und die optische Kohärenztomographie, die durch ausgebildete Fotografen des Kantonsspitals St. Gallen durchgeführt werden. Diese bildgebenden Untersuchungen sind die wichtigste Voraussetzung für eine gezielte Behandlung. Seit Jahren arbeiten die regionalen Augenärzte zusammen mit der Augenklinik des Kantonsspitals St. Gallen. Die Bilder werden dort nochmals beurteilt und begutachtet. Die sich ergebenden notwendigen Behandlungen finden ebenfalls in Chur statt. Es werden Medikamente direkt in den Glaskörper des Auges gespritzt. Das Ziel dieser Behandlung ist, die feuchte Makuladegeneration zu stabilisieren und die Sehschärfe auf dem gleichen Niveau zu erhalten. Dieser Eingriff wird ambulant in örtlicher Betäubung durchgeführt. Im Zusammenhang mit diesen neuen diagnostischen und operativen Methoden werden wir in der Zukunft auch unsere Leistungen im Bereich der Netzhauterkrankungen entsprechend den neuesten medizinischen und technischen Entwicklungen erweitern. 1982 bis 1985: Studium der Humanmedizin (I) an der Universität Ege, Izmir, Türkei 1985 bis 1989: Studium der Humanmedizin (II) an der Universität Istanbul, Türkei 1989 bis 1990: Sprach- und Medi- zinkurse an der Universität Kalifornien 1991 bis 1992: Praxisassistent, Praxis für Psychiatrie und forensische Auswertungen, USA 1993 bis 1995: Praktischer Arzt, Istanbul 1996 bis 2000: Fachausbildung in Augenheilkunde an der Universitätsaugenklinik Graz, Österreich 2001 bis 2002: Nostrifikant an der Medizinischen Universität Graz 2002 bis 2004: Praxisassistent und Praxisvertreter für Augenpraxen in Österreich und in der Schweiz 2004 bis 2010: Augenarzt,Augenklinik Dr. A. Scapatetti, Teufen Schweiz 2010 bis laufend: Privatpraxis Mitgliedschaften: FMH, Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, American Academy of Ophthalmolgoy. (so)