Volltext - Hannah-Arendt-Institut

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Manfred Zeidler
Stalinjustiz contra NS-Verbrechen
Die Kriegsverbrecherprozesse gegen deutsche Kriegsgefangene
in der UdSSR in den Jahren 1943 – 1952.
Kenntnisstand und Forschungsprobleme
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Berichte und Studien
Herausgegeben vom Hannah-Arendt-Institut
für Totalitarismusforschung e. V.
an der TU Dresden
Nr. 9
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Manfred Zeidler
Stalinjustiz contra
NS-Verbrechen
Die Kriegsverbrecherprozesse gegen
deutsche Kriegsgefangene
in der UdSSR in den Jahren 1943 – 1952.
Kenntnisstand und Forschungsprobleme
Dresden 1996
3
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Titelbild: Tillichbau der Technischen Universität Dresden, Sitz des Hannah-ArendtInstituts für Totalitarismusforschung
Herausgegeben vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e. V.
an der TU Dresden
Mommsenstraße 13, 01062 Dresden
Tel. (0351) 463 2802, Fax (0351) 463 6079
Redaktion: Walter Heidenreich
Abdruck und sonstige publizistische Nutzung – auch auszugsweise – nur mit
Quellenangabe gestattet. Belegexemplare erwünscht.
ISBN 3-931648-08-7
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Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung – Annäherung an ein schwieriges
wie heikles Thema
7
2.
Die deutschen Kriegsgefangenen und ihre Entlassung im Zeichen des Kalten Krieges zwischen
West und Ost
10
3.
Die Verfolgung von Kriegsverbrechen durch
die sowjetische Justiz – Die materiell- und formalrechtlichen Grundlagen
16
3.1
Das materielle Recht
16
3.2
Das Verfahrensrecht
21
3.3
Untersuchungsorgane und Gerichte
23
4.
Die Kriegsverbrecherprozesse gegen deutsche
Kriegsgefangene bis zum Jahre 1948 –
Die Phase der Schauprozesse
25
5.
Die Massenverfahren der Jahre 1949/50
34
6.
Resümee und Ausblick auf ein
Forschungsprojekt
46
7.
Dokumente und Abbildungen
52
8.
Abkürzungen
74
9.
Quellen und Literaturangaben
76
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1.
Einleitung – Annäherung an ein schwieriges wie heikles Thema
Martin Niemöllers Feststellung aus dem Jahre 1945, »daß wir alle schuldig sind an dem, was geschehen ist; die Frage ist, ob wir als Schuldige
berufen sind zu richten«, gab eine Stimmungslage wieder, die zumindest
dem nachdenklichen und selbstkritischen Teil der deutschen Öffentlichkeit von damals eigen war.1 Sie beleuchtete ein Dilemma, das im 20.
Jahrhundert nicht zum ersten Mal aufgetreten war. Der bereits nach dem
Ersten Weltkrieg von den alliierten Siegermächten unternommene Versuch, deutsche Kriegsverbrechen, insbesondere die Verantwortlichen für
den Giftgaseinsatz und den uneingeschränkten U-Boot-Krieg, von den
Deutschen selber juristisch aburteilen zu lassen, hatte überaus kläglich
geendet. Nachdem das Auslieferungsbegehren auf annähernd 900 Personen an der beharrlichen Weigerung der Reichsregierung gescheitert war,
war die Anzahl der schließlich Anfang der zwanziger Jahre vor dem Leipziger Reichsgericht Angeklagten so gering und zudem die Zahl der Freisprüche so hoch, daß das Vorgehen der deutschen Justiz im westlichen
Ausland als ein einziger Affront betrachtet wurde.2 Aus dieser Erfahrung
heraus und angesichts der ungleich größeren Verbrechen des Dritten Reiches waren die alliierten Kriegsgegner Hitlerdeutschlands im Zweiten
Weltkrieg schon vor dem Kriegsende übereingekommen, die Aburteilung deutscher Verbrechen in eigener Verantwortung zu übernehmen.
Der Anspruch auf die eigene Strafverfolgung deutscher Verbrechen fand
seinen Ausdruck in der gesonderten »Erklärung über Grausamkeiten«
(Statement on Atrocities) der Regierungen Großbritanniens, der USA
und der UdSSR während der Moskauer Außenministerkonferenz am
30. Oktober 1943. Darin wurde allen Deutschen, die sich an Kriegs- und
Besatzungsverbrechen auf dem Boden anderer Länder beteiligt hatten
oder noch beteiligten, angedroht, »daß sie an den Schauplatz ihrer Verbrechen zurückgebracht und an Ort und Stelle von den Völkern abgeurteilt werden, denen sie Gewalt angetan haben«. Sobald ein Waffenstillstand mit Deutschland erreicht sei, so präzisierte die Deklaration,
»werden jene deutschen Offiziere, Soldaten und Mitglieder der Nazipartei, die für … Grausamkeiten, Massaker und Exekutionen verantwortlich
gewesen sind oder an ihnen zustimmend teilgehabt haben, nach den Ländern zurückgeschickt werden, in denen ihre abscheulichen Taten ausge1
2
Zitiert nach Feldmann S. 3.
Siehe Jung S. 93.
7
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führt wurden, um gemäß den Gesetzen dieser befreiten Länder … vor
Gericht gestellt und bestraft zu werden«.3 Damit waren drei für die spätere juristische Verfolgung deutscher Kriegsverbrechen unter alliierter
Regie wesentliche Prinzipien zum Ausdruck gebracht:
1. Der generelle Strafanspruch gegenüber deutschen Staatsangehörigen
besonders bei Verbrechen an fremden Staatsbürgern.
2. Das Tatortprinzip im Sinne der Aburteilung am Ort des Verbrechens.
3. Die Verurteilung nach dem am Tatort zum Zeitpunkt der Aburteilung
geltenden Recht.
Nach diesen Grundsätzen, die durch das Londoner Abkommen der
Alliierten vom August 1945 über die Errichtung des Internationalen Militärgerichtshofs4 bekräftigt wurden, fanden in den Jahren nach 1945 in
nahezu allen europäischen Ländern, die eine deutsche Besatzungsherrschaft erlebt hatten, Strafprozesse gegen zivile und militärische Repräsentanten der deutschen Besatzungsregime statt. Ob in Prag, Belgrad, Krakau, Kopenhagen, Bordeaux oder im holländischen Arnheim, überall
erfolgte in diesen Jahren die Aburteilung deutscher Kriegs- und Okkupationsverbrechen nach den nationalen Rechtsnormen, die am jeweiligen
Gerichtsort galten, während alliierte Gerichte auf deutschem Boden
nach einem eigens geschaffenen Besatzungsrecht, wie etwa dem bekannten Kontrollratsgesetz Nr. 10, verurteilten.
In besonderer Weise betroffen vom alliierten Strafanspruch war jene
Personengruppe, die mit der deutschen Kapitulation vom Mai 1945 großteils direkt in den Gewahrsam der Siegermächte überging: die Angehörigen der deutschen Wehrmacht und anderer militärischer Verbände, mit
anderen Worten: die Kriegsgefangenen. Von ihnen und ihrer Strafverfolgung im Zusammenhang mit Kriegs- und Besatzungsverbrechen soll im
folgenden die Rede sein, soweit sie in den Gewahrsam der östlichen Siegermacht, d. h. der Sowjetunion, gerieten. Ihr Schicksal war insofern ein
besonderes, als sie in den Geltungsbereich eines Rechtssystems gerieten,
das bereits seit vielen Jahren als Herrschaftsinstrument eines totalitären
3
4
8
UF, Bd. XXIV, Nr. 3711. Die Erklärung basierte auf der von neun europäischen
Exilregierungen verabschiedeten Deklaration auf der 3. interalliierten Konferenz in London vom 13. Januar 1942. Siehe AdG, 15(1945) 70 G.
Der ab Herbst 1945 in insgesamt 13 Verfahren in Nürnberg tätige Internationale Militärgerichtshof wurde für die Aburteilung der Hauptkriegsverbrecher
eingerichtet, die von den Bestimmungen der Moskauer Erklärung ausgenommen waren, da »für deren Verbrechen ein geographisch bestimmter Tatort nicht
gegeben« sei. UF, Bd. XXIV, Nr. 3712.
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politischen Systems diente. Hinzu kam, daß die Frage der deutschen
Kriegsgefangenen und ihrer Freilassung im Laufe der Nachkriegsjahre,
insbesondere seit 1948, zu einem politischen Streitpunkt im Zeichen des
sich stetig verschärfenden Kalten Krieges zwischen West und Ost wurde.
Über 10 Millionen Deutsche sind bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Frühjahr 1945 in alliierte Kriegsgefangenschaft geraten, ein
knappes Drittel davon, gut 3,1 Millionen, in sowjetische. Von den letzteren haben ca. eine Million den langen Weg von der Gefangennahme über
die Sammelpunkte und Durchgangslager bis zur Entlassung aus den regulären Kriegsgefangenenlagern des sowjetischen Innenministeriums nicht
überlebt.5 Eine besondere Gruppe unter den zwei Millionen, die überlebten und zurückkehrten, waren jene rund 20 000 von sowjetischen
Gerichten als Kriegsverbrecher verurteilten Gefangenen, die – wie viele
überlebende »Stalingrader« – z. T. erst nach über zwölfjähriger Gefangenschaft Ende 1955 ihre Heimat wiedersahen. Ihrem Sonderschicksal
unter den Millionen deutscher Kriegsgefangener des Zweiten Weltkriegs
gerecht zu werden, ist eine Aufgabe, die bis heute ihrer abschließenden
wissenschaftlichen Bearbeitung harrt. Ein in Kooperation mehrerer Forschungsinstitute durchzuführendes Projekt wird, so steht zu erwarten, in
den kommenden Jahren jene Lücke schließen, die die in den fünfziger
Jahren vom Bundesinnenministerium bestellte ‘Wissenschaftliche Kommission für die Dokumentation des Schicksals der deutschen Gefangenen
des Zweiten Weltkriegs’ unter der Leitung des Historikers Erich Maschke
in ihrer insgesamt 22 Bände umfassenden Dokumentation aus den Jahren 1962 bis 1974 hat offen lassen müssen.6 Die seit dem Frühjahr 1950,
dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens der massenhaften sowjetischen
Kriegsverbrecherprozesse gegen deutsche Gefangene, zu diesem Thema
erschienene Literatur ist bislang durchaus überschaubar geblieben und
5
6
Zugrundegelegt wurden die Gefangenenzahlen, die Werner Ratza 1973 im
Band IV des Gesamtwerks der wissenschaftlichen Kommission für deutsche
Kriegsgefangenengeschichte auf der Grundlage der 1966 von Kurt W. Böhme
ermittelten Zahlen errechnet hat. Siehe Ratza S. 202ff. Vgl. dazu Smith S. 11.
Die von russischer Seite heute genannte Zahl von rund 2,5 Mill., vgl. Kopalin
S. 34, zählt nur diejenigen, die in den regulären Gefangenenlagern registriert
worden sind. Zur Kriegsgefangenenstatistik des sowjetischen Innenministeriums (MVD) siehe Karner: Im Archipel GUPVI S. 79, wo zwischen deutschen
(2 388 443) und österreichischen (156 681) Wehrmachtsangehörigen unterschieden wird.
Unter den Einzeltiteln der wissenschaftlichen Dokumentation der MaschkeKommission, die die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion behandeln, sind zu nennen die Bände: II: Cartellieri; III: Fleischhacker; IV: Ratza; V,
1-3: Bährens; VI: Schwarz; VII: Böhme; VIII: Robel.
9
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hat neben einer Reihe von wichtigen Erkenntnissen leider auch einige
Fehleinschätzungen geliefert, die dringend der Korrektur bedürfen.7 Die
vorliegende, bewußt knapp gehaltene Studie versucht, aus heutiger Perspektive einen überblicksartigen Einstieg in das Thema der deutschen
Kriegsverurteilten in der Sowjetunion zu bieten, wobei sie den Schwerpunkt auf die Massenverfahren der Jahre 1949/50 legt. Sie will gleichzeitig im Sinne eines künftigen, auf die Auswertung originärer Moskauer
Prozeßakten gestützten gemeinsamen Forschungsvorhabens dreier Institute in Bonn, Graz und Dresden Fragen benennen, die in diesem Zusammenhang noch der näheren Untersuchung und Klärung bedürfen. Die
politische Bedeutung der Kriegsgefangenenfrage im beginnenden OstWest-Konflikt berührt die Frage der Ahndung nationalsozialistischer Verbrechen zwar nur am Rande, soll aber, da sie aus dem Kontext der historischen Abläufe nicht auszublenden ist, den Einstieg in die Thematik bilden.
2.
Die deutschen Kriegsgefangenen und ihre
Entlassung im Zeichen des Kalten Krieges
zwischen West und Ost
Am 23. April 1947, fast zwei Jahre nach dem Kriegsende in Europa, hatten die Siegermächte auf der Moskauer Außenministerkonferenz gemeinsam vor der internationalen Öffentlichkeit die Versicherung abgegeben,
alle deutschen Kriegsgefangenen, die sich zu diesem Zeitpunkt noch auf
dem Territorium der Alliierten oder andernorts befanden, bis zum
31. Dezember 1948 nach Deutschland zu entlassen. »Die Repatriierung
deutscher Kriegsgefangener«, so hieß es in der in erster Linie von Briten
7
10
In zeitlicher Reihenfolge: Maurach: Kriegsverbrecherprozesse; Aschenauer;
Frey; Lang; Besymenski; Becker; Wagenlehner: Stalins Willkürjustiz gegen die
deutschen Kriegsgefangenen; Ders.: Urteil »25 Jahre Arbeitslager«. In Kriegsgefangene – Voennoplenny findet sich auch eine Beschreibung des oben erwähnten Forschungsprojekts auf der Basis von über 30 000 Datensätzen aus dem
Moskauer MVD-Archiv. Jüngst von russischer Seite: Kopalin und Petrov. Wichtig aus allerjüngster Zeit: Konasov. Im Rahmen der Arbeiten der Maschke-Kommission hat nur Bährens (Bd. V, 1) das Thema der Verurteilungen berührt, vor
allem S. 35ff. und 145ff. Martin Langs rechtsgeschichtliche Studie von 1981 ist
bislang die gezielteste Untersuchung zur Verurteilungswelle von 1949/50. Sie
enthält jedoch in ihrer statistischen Aufschlüsselung nach Verurteilungsgründen
(S. 71ff.) ausgehend von einem von Bährens (Bd. V, 1, S. 150f.) vorgenommenen Mikrozensus aus 1 000 Militärgerichtsverfahren, eine unzutreffende Einschätzung der tatsächlichen Urteilsformeln.
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und Russen ausgearbeiteten Moskauer Erklärung wörtlich, »wird nach
einem Plan erfolgen, der bis spätestens zum 1. Juli dieses Jahres (d. h.
1947 – M.Z.) vom Kontrollrat ausgearbeitet wird«.8
Nach den amtlichen Angaben der Konferenzteilnehmer befanden sich
zu diesem Zeitpunkt noch exakt 30 976 deutsche Kriegsgefangene in
amerikanischem Gewahrsam, darunter die Hälfte auf deutschem Territorium, wie US-Außenminister George Marshall Mitte März bekannt gegeben hatte. Der britische Außenminister Bevin nannte 430 000 Gefangene
unter britischer Kontrolle, von denen monatlich 17 500 nach Hause entlassen würden – eine Zahl, die im kommenden Juli auf 120 000 gesteigert würde, – und Frankreichs Außenminister Bidault sprach von
631 483 Kriegsgefangenen, über die sein Land zur Zeit verfüge. Die
sowjetische Nachrichtenagentur TASS schließlich hatte am 14. März,
Außenminister Molotov zitierend, die Zahl der noch im eigenen Gewahrsam befindlichen deutschen Kriegsgefangenen mit genau 890 532 angegeben, wobei seit der Kapitulation Deutschlands insgesamt 1 003 974
Gefangene freigelassen und nach Deutschland zurückgeschickt worden
seien.9
Die alliierte Entscheidung auf der Moskauer Konferenz erweckte in
der deutschen Öffentlichkeit die Erwartung, daß dreieinhalb Jahre nach
dem Kriegsende, d. h. zum versprochenen Termin des Jahresendes 1948,
das Kriegsgefangenenproblem endgültig gelöst sein würde. Dieser Optimismus wurde getrübt durch die Sorge ob der offiziellen sowjetischen
Zahlenangaben über die noch in der UdSSR befindlichen deutschen
Kriegsgefangenen, die das Schicksal von rund einer Million Gefangener
im Osten als ungeklärt erscheinen ließen. Als zu Jahresanfang 1949 die
vereinbarte Frist abgelaufen war, ohne daß die UdSSR ihre Zusage erfüllt
hatte, erinnerten die drei Westalliierten in einer Note an das sowjetische
Außenministerium vom 3. Januar Moskau an seine eingegangene Verpflichtung. Während die Westmächte den gemeinsamen Beschluß von
1947 erfüllt hätten, seien zwischen dem 1. März 1947 und dem
1. Dezember 1948 erst 447 367 Gefangene aus der UdSSR nach
Deutschland repatriiert worden. Gemäß der TASS-Angabe vom März
1947, wonach sich zu diesem Zeitpunkt noch exakt 890 532 Kriegsgefangene im eigenen Gewahrsam befunden hätten, ergebe sich ein Fehlbestand von 443 165 Personen, deren Rückführung immer noch aus8
9
Siehe AdG, 1947, 1072 H; dazu Smith S. 63.
AdG, ebd. und 1043 F. Konasov S. 144, nennt aufgrund eines MVD-Dokuments, das auch Molotov vorlag, für den 10. März 1947 exakt 785 975 repatriierte und 988 287 noch in Gefangenschaft befindliche Personen.
11
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stünde.10 Die Sowjetregierung antwortete mit einem Memorandum vom
24. Januar an die Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs, das in dem Vorwurf gipfelte, die Westmächte hätten dadurch, daß
sie eine große Zahl deutscher Kriegsgefangener als zivile Lohnarbeiter in
ihrem Einflußbereich zurückhalten würden, einen vom Kontrollrat ausgearbeiteten Repatriierungsplan sabotiert. Das Memorandum schloß mit
dem entscheidenden Satz:
»Was die Repatriierung der deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion
betrifft, so hat die Sowjetregierung bereits die überwältigende Mehrheit der
deutschen Kriegsgefangenen repatriiert und setzt gemäß einem von ihr beschlossenen Plan die Repatriierung der noch vorhandenen Kriegsgefangenen fort,
wobei diese Repatriierung im Laufe des Jahres 1949 ihren Abschluß finden
wird.«11
Moskau hatte sich, mit anderen Worten, eine Fristverlängerung von
einem Jahr genehmigt, verbunden mit der Zusage, die Rückführungsvereinbarung von 1947 nunmehr spätestens zum 31. Dezember 1949 zu
erfüllen. Das US State Department reagierte mit einer Antwortnote vom
15. März, die den Vorwurf bekräftigte, die Sowjetregierung halte sich
nicht an die gemeinsame Übereinkunft, indem sie konkrete Angaben
über die immer noch in ihrem Gewahrsam befindlichen Gefangenen verweigere und die weitere Repatriierung gemäß einem einseitig von ihr
selbst aufgestellten Plan durchführen wolle. Mindestens sechsmal hätten
sowjetische Vertreter im Kontrollrat beginnend mit General Dratvin am
7. Mai 1947 über die Generale Barinov und Sokolov am 31. August und
9. September des gleichen Jahres bis zu Marschall Sokolovskij höchstselbst am 2. Januar 1948 die Zusicherung gegeben, die Repatriierung
ihrer deutschen Kriegsgefangenen bis zum Jahresende 1948 abzuschließen. Moskaus Vorwurf, die US-Regierung selber behindere durch ihr
Verhalten die Gefangenenrückführung, entbehre jeder sachlichen Grundlage und müsse zurückgewiesen werden.12 Die sowjetische Gegennote
vom 18. Juni 1949 schob den Westmächten die Schuld dafür zu, daß der
Kontrollrat zur damaligen Zeit keinen koordinierten Repatriierungsplan
für die deutschen Kriegsgefangenen ausgearbeitet habe, ging ansonsten
auf die Vorhaltungen von westlicher Seite jedoch nicht weiter ein.13
10
11
12
13
12
AdG, 1949, 1761 J.
AdG, 1949, 1790 C.
AdG, 1949, 1854 G; dazu Smith S. 159, Anm. 44.
AdG, 1949, 1974 C.
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Das Kriegsgefangenenthema war somit spätestens seit dem Jahresbeginn 1949 völlig zwischen die Fronten des im Zeichen von Berlin-Blokkade und NATO-Gründung auf einen ersten Höhepunkt zutreibenden
Kalten Krieges geraten. Dennoch weckte Moskaus Erklärung vom
24. Januar 1949 in der deutschen Öffentlichkeit die Hoffnung, die
Kriegsgefangenenfrage werde noch im laufenden Jahr ihren endgültigen
Abschluß finden. Vor allem führende Politiker der Sowjetischen Besatzungszone nährten durch öffentliche Erklärungen diesen Optimismus. So
führte Otto Grotewohl im Januar d. J. im ‘Neuen Deutschland’ die verzögerte Repatriierung auf Verkehrsprobleme zurück, die ihn jedoch »keineswegs daran zweifeln [ließen], daß in diesem Jahr die letzten deutschen
Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion in Deutschland eintreffen werden«. Ende Oktober erklärte der gerade gewählte DDR-Staatspräsident
Wilhelm Pieck an gleicher Stelle, ihm sei »mit aller Bestimmtheit versichert worden, daß bis zum 1. Januar 1950 alle deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion in die Heimat zurückgekehrt sein werden«.14
Um so bestürzter reagierte die deutsche Öffentlichkeit, als in den letzten Wochen des Jahres 1949 durch zahlreiche Heimkehrerberichte eine
Verhaftungs- und Verurteilungswelle großen Maßstabs gegenüber den
noch in der UdSSR verbliebenen Gefangenen bekannt wurde. In dieselbe
Richtung wies auch das Verhalten der sowjetischen Delegation bei der
Unterzeichnung des Kriegsgefangenenabkommens im Rahmen der vier
Genfer Konventionen über den Schutz von Kriegsopfern vom 12. August
1949 (Teil III). Während der Unterzeichnung am 12. Dezember d. J.
erklärten die Vertreter der Sowjetunion, der Ukrainischen sowie der
Weißrussischen Sowjetrepublik die Zustimmung ihrer Regierungen nur
unter einer Reihe von Rechtsvorbehalten. Diese betrafen u. a. den
Artikel 85 des Abkommens, in dem auch den von ihrer Gewahrsamsmacht rechtskräftig verurteilten Kriegsgefangenen der volle völkerrechtliche Schutz des Kriegsgefangenenstatus mit allen damit verbundenen Vorteilen zuerkannt wurde. Im Namen der Sowjetregierung erklärte
Moskaus Delegationschef General Slavin wörtlich:
»Die UdSSR hält sich nicht für gebunden durch die aus Artikel 85 sich ergebende Ausdehnung der Konvention auf Kriegsgefangene, die gemäß den Gesetzen des Landes, in dem sie sich in Gefangenschaft befinden, wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit entsprechend den Prinzipien des
Nürnberger Prozesses verurteilt worden sind. Im Falle von Verurteilungen
14
Ihme-Tuchel: Die SED S. 491.
13
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wegen solcher Verbrechen muß dasjenige Strafregime gelten, das in diesem
Land für Strafgefangene festgelegt ist.«15
Vollends klar wurde das Ausmaß der sowjetischen KriegsverbrecherVerfahren vier Monate später durch die TASS-Erklärung vom 4. Mai
1950, die nach dem inzwischen erfolgten letzten Rückkehrertransport
von insgesamt 17 538 Mann die Repatriierung der deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion für »nunmehr restlos abgeschlossen«
erklärte. Insgesamt seien seit der Kapitulation Deutschlands 1 939 063
Kriegsgefangene in ihre Heimat zurückgekehrt. »An deutschen Kriegsgefangenen«, so die sowjetische Presseagentur weiter, »sind in der Sowjetunion zurückgeblieben: 9 717 Mann, die wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurden, 3 815 Mann, gegen die ein Verfahren anhängig ist, und
schließlich 14 Kranke, die nach ihrer Genesung heimkehren werden.«16
Die TASS-Erklärung ließ in der bundesdeutschen Politik und Öffentlichkeit blankes Entsetzen zurück. Bundeskanzler Adenauer sprach tags
darauf in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag davon, daß, vorausgesetzt die Meldung aus Moskau entspreche den Tatsachen, sie
»fürchterlich sein [würde] für Millionen von Deutschen«, da sie das
Schicksal von rund anderthalb Millionen Gefangenen und Zivilverschleppten ungeklärt lasse (»Diese grauenvollen Ziffern müssen aufgeklärt werden.«). Alterspräsident Paul Löbe forderte im Namen aller Fraktionen des Parlaments mit Ausnahme der KPD die Bundesregierung auf,
»unverzüglich bei der alliierten Hohen Kommission Schritte zu unternehmen, um … die Bekanntgabe der Namen, der Straftaten und des Aufent15
16
14
Zitiert nach AdG, 1949, 2164 E. Der Artikel 85 des Teils III der Genfer Konvention lautete: »Die Kriegsgefangenen, die auf Grund der Rechtsvorschriften
des Gewahrsamsstaates für Handlungen, die sie vor ihrer Gefangennahme
begangen haben, verfolgt werden, bleiben, auch wenn sie verurteilt werden, im
Genuß der im vorliegenden Abkommen vorgesehenen Vergünstigungen.«
Zitiert nach Bundesgesetzblatt, (1954), Teil II, Nr. 17, S. 871f. Die UdSSR hat
das Abkommen erst im April 1954 ratifiziert, siehe AdG, 1954, 4490 C, vgl.
dazu SVE, Bd. 3, Moskau 1977, S. 328. Die 3. Auflage der ‘Großen Sowjetenzyklopädie’, Bd. 9, Moskau 1972, S. 167, nennt den April 1951 als Datum der
Ratifizierung durch den Obersten Sowjet. Die DDR erklärte ihren Beitritt zum
Genfer Kriegsgefangenenabkommen per Gesetz vom 30. August 1956 unter
dem folgenden Vorbehalt: »Die DDR wird die aus Artikel 85 resultierenden
Vergünstigungen solcher Kriegsgefangener nicht anerkennen, die wegen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß den Prinzipien
des Nürnberger Gerichtshofes rechtskräftig verurteilt worden sind.« Gesetzblatt der DDR, (1956) Teil I, Nr. 95, S. 1141.
AdG, 1950, 2367 D. Die TASS-Erklärung erschien am 5. Mai in der Pravda und
am Tag darauf in deutscher Übersetzung im Neuen Deutschland.
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haltsortes der zurückgehaltenen Kriegsgefangenen und der verschleppten
Zivilpersonen« zu erreichen. Ebensowichtig sei die Nachforschung nach
den Verschollenen und den in den Gefangenenlagern Verstorbenen. Der
SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher erklärte in einem Interview zur
TASS-Verlautbarung, daß, wenn diese sich als wahr herausstellen sollte,
sie »jede kommunistische Politik in Deutschland unmöglich machen und
als Kennzeichen dafür empfunden werde, daß man das deutsche Volk auf
das äußerste mißachtet und keine Verständigung mit ihm will«.17 Zwei
Monate später, im Juli 1950, reagierten die drei Westmächte in weitgehend gleichlautenden Noten an die Sowjetregierung auf die TASS-Erklärung vom 4. Mai. In der amerikanischen Note hieß es u. a.:
»Die Regierung der Vereinigten Staaten teilt mit dem deutschen Volk die
Erschütterung und Sorge über diese öffentliche Erklärung und sieht sich nicht in
der Lage, der sowjetischen Feststellung, daß sich nur noch 13 546 deutsche
Kriegsgefangene in sowjetischem Gewahrsam befänden, Glauben zu schenken.«18
In der Zwischenzeit waren die SED und ihre Medien in der DDR voll
auf den in der TASS-Erklärung gewiesenen Kurs eingeschwenkt, wonach
es von diesem Zeitpunkt an in der UdSSR keine deutschen Kriegsgefangenen, sondern nur noch nach sowjetischen Gesetzen rechtmäßig verurteilte Kriegsverbrecher und Verbrecher gegen die Menschlichkeit gäbe.
Bonn und seine westalliierten Verbündeten operierten mit dem Propagandainstrument der »Kriegsgefangenenlüge« als Speerspitze ihrer ungezügelten »Antisowjethetze«.19 Der Pulverdampf des Kalten Krieges hatte
die letzten deutschen Kriegsgefangenen und ihr Schicksal in einen
undurchdringlichen Schleier propagandistischer Invektiven gehüllt. Was
war in den Monaten vor der TASS-Erklärung vom Mai 1950 in den
sowjetischen Kriegsgefangenenlagern tatsächlich geschehen? Wie und in
welchem Umfang hatte die Sowjetjustiz seit dem Kriegsende den Auftrag
der Moskauer Deklaration der Alliierten vom Oktober 1943 in die Wirklichkeit umgesetzt?
17
18
19
AdG, 1950, 2367 D.
AdG, 1950, 2482 A.
Ihme-Tuchel: Die SED S. 494f.
15
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3.
Die Verfolgung von Kriegsverbrechen durch
die sowjetische Justiz – Die materiell- und
formal-rechtlichen Grundlagen
3.1
Das materielle Recht
Bereits lange vor der Moskauer Erklärung hatte die Sowjetregierung in
einer Reihe von öffentlichen Verlautbarungen – erwähnt sei u. a. Stalins
Rede vom 6. November 1942 – ihren Anspruch auf eine juristische Aburteilung deutscher Besatzungsverbrechen auf ihrem Territorium deutlich
gemacht.20
In Verbindung mit dem erklärten Ziel, deutsche Okkupationsverbrechen am Ort ihrer Begehung aburteilen zu lassen, hatte die Moskauer
Erklärung davon gesprochen, daß für diesen Zweck von allen durch deutsche Greueltaten betroffenen Ländern detaillierte Listen mit allen für
eine Aburteilung in Frage kommenden Einzeltaten erstellt würden.21
In der UdSSR war in diesem Zusammenhang schon im Jahr zuvor
durch ein Dekret des Obersten Sowjet vom 2. November 1942 eine
»Außerordentliche Staatskommission für die Feststellung und Untersuchung der Verbrechen der deutschen faschistischen Eindringlinge« ins
Leben gerufen worden, die seit dem Frühjahr 1943 mit ihren Untersuchungsergebnissen in der sowjetischen Presse regelmäßig in Erscheinung
trat und auch gezielt deutsche Kriegsgefangene im Hinblick auf ihnen
bekanntgewordene Verbrechen auf sowjetischem Boden befragte.22 Am
19. April 1943 erließ das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR ein
Dekret (russisch ukaz)23 »Über Maßnahmen zur Bestrafung deutschfaschistischer Verbrecher, schuldig der Tötung und Mißhandlung der
sowjetischen Zivilbevölkerung und gefangener Rotarmisten, sowie von
20
21
16
Stalin hatte in seiner Moskauer Festansprache am Vorabend des 25. Jahrestages
der Oktoberrevolution u. a. erklärt: »Die Hitlerschen Schurken haben es sich
zur Regel gemacht, die Sowjetkriegsgefangenen zu martern, sie zu Hunderten
zu morden, Tausende von ihnen eines qualvollen Hungertodes sterben zu lassen. Sie vergewaltigen und morden die Zivilbevölkerung der okkupierten
Gebiete unseres Landes … Wir kennen die Schuldigen an diesen Gemeinheiten,
die Träger der ‘Neuordnung Europas’, alle diese neugebackenen Generalgouverneure und einfachen Gouverneure, Kommandanten und Unterkommandanten. Ihre Namen sind Zehntausenden von gequälten Menschen bekannt. Diese
Henker sollen wissen, daß sie der Verantwortung für ihre Verbrechen nicht entgehen und der strafenden Hand der gequälten Völker nicht entrinnen werden.«
Zitiert nach: Stalin S. 83f.
UF, Bd. XXIV, Nr. 3711.
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Spionen und Vaterlandsverrätern aus den Reihen der Sowjetbevölkerung und deren Unterstützer«. Nach einer Einleitung, die die Unangemessenheit der bisherigen spontanen Vergeltungsmaßnahmen der örtlichen Bevölkerung gegenüber Tätern der angedeuteten Art betonte,
wurde angeordnet, »daß deutsche, italienische, rumänische, ungarische
und finnische Verbrecher, die der Mordtaten und Mißhandlungen an der
Zivilbevölkerung und an gefangenen Rotarmisten überführt worden sind,
sowie Spione und Vaterlandsverräter unter den Sowjetbürgern mit der
Todesstrafe durch Erhängen zu bestrafen sind« (Artikel 1).
Für zivile Helfershelfer aus der einheimischen Bevölkerung war Verbannung und Zwangsarbeit zwischen 15 und 20 Jahren vorgesehen (Artikel 2). Mit der Untersuchung und Aburteilung der genannten Delikte
wurden Feldgerichte auf Divisionsebene beauftragt, die aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern zu bestehen hatten. Ihre Urteilssprüche
waren vom Divisionskommandeur zu bestätigen und unverzüglich zu
vollstrecken (Artikel 4). Der letzte der fünf Artikel des Dekrets, das unter
der Kurzbezeichnung ‘Ukaz 43’ vielen später verurteilten deutschen
Kriegsgefangenen zum Begriff geworden ist, forderte die Vollstreckung
der Todesurteile durch Erhängen in aller Öffentlichkeit. »Die Leichen der
Gehängten«, so hieß es wörtlich, »sind einige Tage lang am Galgen zu
belassen, damit alle wissen, wie derjenige bestraft wird, und welche Ver22
23
Siehe das Stichwort ‘Črezvyčajnaja gosudarstvennaja komissija’, in: Velikaja
Otečestvennaja Vojna 1941-1945. Enciklopedija (im folgenden VOVE) S. 787.
Die Kommission stand unter der Leitung des Chefs des Zentralrats der Sowjetgewerkschaften Nikolaj Švernik und des orthodoxen Metropoliten von Kiev und
Galič. Ihr gehörten u. a. der ZK-Sekretär Andrej Ždanov, der Schriftsteller Aleksej Tolstoj sowie die Akademiemitglieder Lyssenko, Tarle und Trajnin an. Der
Name des Juristen und Völkerrechtlers Iľja Pavlovič Trajnin ist hauptsächlich
verbunden mit Untersuchungen zu den rechtlichen Problemen der Nationalitätenfrage und nicht zu verwechseln mit Aron Naumovič Trajnin, dem wissenschaftlichen Berater der sowjetischen Anklagevertretung in Nürnberg, dessen
Feder die weltweit am stärksten verbreiteten sowjetischen Arbeiten zum Problem der Aburteilung von Kriegs- und Völkerrechtsverbrechen entstammten.
Sein Standardwerk zu dieser Materie erschien noch vor Kriegsende in einer
englischen Übersetzung unter dem Titel: Hitlerite Responsibility under Criminal
Law, London 1945. Eine Auswahl von Schreiben deutscher Kriegsgefangener
an die sowjetische Staatskommission bietet Heer.
Die sowjetische Jurisdiktion unterschied zwischen dem Rechtsetzungsakt des
Gesetzes (zakon), der nur dem Obersten Sowjet der Union oder der jeweiligen
Unionsrepublik als eigentlichem Gesetzgebungsorgan zustand, und dem
Dekret bzw. Erlaß oder Verordnung (ukaz), den gemäß Artikel 49,2 der Unionsverfassung das Präsidium des Obersten Sowjet erlassen konnte. Daneben
gab es noch einzelministerielle ‘Anordnungen’ (prikazy).
17
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geltung all die erwartet, die Greuel und Gewalttaten an der Zivilbevölkerung begehen und ihr Heimatland verraten.«24
Der Ukaz 43 war die einzige von der Sowjetunion während des Krieges und danach im Rahmen des eigenen Rechts erlassene allunionsweite
Strafvorschrift für Kriegs- und Völkerrechtsverbrechen. Das Kontrollratsgesetz Nr. 10 vom 20. Dezember 1945 mit seinen Bestimmungen über
Verbrechen gegen den Frieden, die internationalen Kriegsbräuche und
die Menschlichkeit war alliiertes Besatzungsrecht und galt auf dem Territorium Deutschlands, war demzufolge den alliierten Militärgerichten in
den deutschen Besatzungszonen vorbehalten.25 Für die Aburteilung von
fremden Zivil- und Militärpersonen auf dem eigenen Territorium gemäß
der Moskauer Deklaration von 1943 (s. o.) standen außer dem Ukaz 43
nur Strafbestimmungen des lange vor dem Kriegseintritt der Sowjetunion
gültigen innersowjetischen Rechts zur Verfügung. Der föderalistischen
Verfassungsstruktur der UdSSR gemäß besaß die Mehrzahl der einzelnen Unionsrepubliken ein eigenes Strafrecht, im Falle der Ukraine sogar
eine eigene Strafprozeßordnung. Das in der Moskauer Erklärung formulierte Tatortprinzip verlangte die Anwendung des am jeweiligen Gerichtsort geltenden Rechts. Die überragende Bedeutung der Russischen
Föderation im Gefüge der UdSSR und der Vorbildcharakter ihres Rechtssystems für die anderen Unionsrepubliken gestattet es, sich vorrangig auf
deren Recht, im besonderen das politische Strafrecht, zu konzentrieren.26 An herausgehobener Stelle stand hier der zentrale Artikel des politischen Strafrechts der Sowjetunion, der Paragraph 58 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation (§58 StGB der RSFSR) aus dem Jahre
24
25
26
18
Ein Exemplar des russischen Originaltextes des Ukaz 43 befindet sich im BA
Koblenz, B 305, Bd. 515, Bl. 118-120. Eine Übersetzung bietet Wagenlehner:
Urteil: »25 Jahre Arbeitslager« S. 78. Inwieweit das Datum des Ukaz mit den
wenige Tage zuvor von deutscher Seite entdeckten und durch die Goebbels-Propaganda weidlich ausgenutzten Gräbern ermordeter polnischer Offiziere im
Wald von Katyn in Verbindung steht, ist bis heute ungeklärt. Wagenlehner: »25
Jahre Arbeitslager« S. 77, deutet einen solchen Zusammenhang an.
Zum Kontrollratsgesetz Nr. 10 sowie der ergänzenden Direktive 38 und ihre
Anwendung durch sowjetische Militärtribunale in der SBZ und späteren DDR
siehe Fricke S. 22ff. und 103ff. Ebenso Maurach: Kriegsverbrecherprozesse
S. 32.
So entsprachen etwa dem Artikel 58 des Strafgesetzbuchs der Russischen Föderation die Artikel 74 bzw. 54 der Strafgesetzbücher Weißrußlands und der
Ukraine. In den erst 1940 gebildeten Unionsrepubliken Karelien, Estland, Lettland und Litauen galt nach Kriegsende das Straf- und Prozeßrecht der RSFSR,
während in Moldawien ukrainisches Recht eingeführt wurde. Vgl. dazu Makarov.
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1926 bzw. 1934, mit seinen insgesamt 14 Einzeltatbeständen »gegenrevolutionärer Verbrechen«.27 Von diesen waren für Nicht-Sowjetbürger
im wesentlichen die folgenden Einzeldelikte von Bedeutung:
58,2
(»Bewaffneter Aufstand oder das Eindringen bewaffneter Banden in sowjetisches Gebiet in gegenrevolutionärer Absicht«),
58,4 (»Unterstützung der internationalen Bourgeoisie«),
58,6 (»Spionage«),
58,10 (»Gegenrevolutionäre Propaganda und Agitation«),
58,11 (»Mitgliedschaft in verbrecherischen Organisationen/Organisationsverbrechen«),
58,14 (»Gegenrevolutionäre Sabotage«).
Das letztere Delikt gehörte ähnlich dem der »Diversion« (§ 58,9) zu
den Tatbeständen, die entweder nur für Sowjetbürger (wirkliche wie ehemalige) oder für Ausländer erst in der Lagerhaft mit ihrem strengen
Arbeitsreglement in Anwendung kamen. Eine gewisse, gegenüber dem
Artikel 58 jedoch weitaus geringere Bedeutung hatten zwei Einzeltatbestände des Paragraphen 59, nämlich:
59,3
59,7
(»Organisation von bewaffneten Banden und Überfälle auf
Sowjetbehörden«) und
(»Propaganda und Agitation für nationale oder religiöse Feindschaft«).
Das angedrohte Strafmaß für die genannten Delikte der beiden zentralen Staatsschutzparagraphen 58 und 59 des sowjetrussischen Strafrechts
bewegte sich je nach Schweregrad der Tat zwischen »der schwersten
Maßnahme des sozialen Schutzes – der Erschießung … bis zu Freiheitsentziehung nicht unter drei Jahren«. Die sowjetische Rechtssprache
sprach hier noch ganz im sozialerzieherischen Geist der zwanziger Jahre
nicht von Strafe, sondern, so wörtlich, von »Maßnahmen des sozialen
Schutzes gerichtlich bessernder Art«. Demzufolge gab es in der amtlichen
Rechtsterminologie auch keine Straf- oder Zwangsarbeitslager, sondern
nur sogenannte ‘Arbeitsbesserungslager’ (Ispraviteľnye Trudovye Lageri,
Abk. ITL).
27
Strafgesetzbuch der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjet-Republik
vom 22. November 1926, übersetzt von Wilhelm Gallas (im folgenden Gallas,
Strafgesetzbuch) S. 16-21. Zu den Artikeln 58 und 59 und ihrer Bewertung im
Spiegel völkerrechtlicher Prinzipien siehe Maurach: Kriegsverbrecherprozesse
S. 58-65 und Lang S. 74-91.
19
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Die in den 31 Einzelziffern des Artikels 193 StGB der RSFSR niedergelegten militärstrafrechtlichen Bestimmungen – ein gesondertes sowjetisches Militärstrafrecht gab es noch nicht – wurden fast durchweg nur auf
die eigenen Militärangehörigen angewandt und spielten in Verfahren
gegen Ausländer nahezu keine Rolle.28 Eine um so größere, ja für die
meisten wegen Kriegsverbrechen Verurteilten geradezu fatale materiellrechtliche Bedeutung hatte der Artikel 17 StGB der RSFSR, der die Kriterien der Mittäterschaft bestimmte. Danach wurden alle Strafmaßnahmen
»sowohl auf die Personen angewandt, die das Verbrechen ausgeführt
haben, d. h. Täter, als auch auf Personen, die daran teilgenommen haben,
d. h. Anstifter und Gehilfen. Als Gehilfen«, so fuhr der Artikel fort, »gelten Personen, die zur Ausführung des Verbrechens durch Ratschläge,
Hinweise, Zurverfügungstellung von Mitteln, Beseitigung von Hindernissen oder durch Verbergen des Täters oder der Verbrechensspuren beitragen.«29
Der nachfolgende Artikel 18 sprach von der Strafzumessung, die »für
jeden Teilnehmer sowohl nach dem Umfang seiner Teilnahme an den
betreffenden Verbrechen als auch nach dem Grade der Gefährlichkeit
dieses Verbrechens und der Person des Teilnehmers« zu bemessen sei.
Der in der Form des Artikels 17 außerordentlich weitgespannte Tatbestand der Mittäterschaft machte diesen geradezu zu einem juristischen
Universalinstrument für nahezu unbegrenzte Verurteilungsmöglichkeiten in jeder beliebigen Deliktskategorie und unterlief somit das in den
Einzelbestimmungen des Artikels 58 wie auch im Ukaz 43 erkennbare
Prinzip der individuellen Schuldfeststellung.30
Eine letzte wichtige materiellrechtliche Bestimmung bildete das
Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjet vom 26. Mai 1947 über die
generelle Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten, an deren Stelle
einheitlich die Strafnorm von 25 Jahren ‘Arbeitsbesserungslager’ gesetzt
wurde. Erst ein Dekret vom 12. Januar 1950 bedeutete ihre teilweise
Wiedereinführung, indem sie gegenüber »Vaterlandsverrätern, Spionen
und Saboteuren« als Höchststrafe wieder zugelassen wurde.31
28
29
30
31
20
Dazu Maurach: Kriegsverbrecherprozesse S. 65-69, sowie Lang S. 91f.
Zitiert nach BA Koblenz, B 305, 525, Anlage 2. Siehe auch die Version bei
Maurach: Kriegsverbrecherprozesse S. 42f.
Dazu Lang S. 93.
Bährens (V, 1) S. 157. Vgl. auch Maurach: Kriegsverbrecherprozesse S. 71.
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3.2
Das Verfahrensrecht
Das sowjetische Verfahrensrecht beruhte im wesentlichen auf der Strafprozeßordnung der Russischen Föderation (StPO der RSFSR) von 1924,
die auch in einer Reihe anderer Unionsrepubliken galt.32 Es erfuhr für
Prozesse vor Militärgerichten eine gewisse Modifizierung durch die Militärgerichtsordnung der UdSSR aus dem Jahre 1926, die jedoch keine gravierenden Verfahrensabweichungen vom gewöhnlichen Strafprozeß
beinhaltete. Für Militärgerichtsverfahren galten nach Artikel 380 StPO
dieselben Vorschriften wie für Strafverfahren vor Gebiets- und Kreisgerichten.
Der sowjetische Strafprozeß teilte sich in das Untersuchungs- und das
gerichtliche Verfahren. Dazwischen lag – als ein besonderer Rechtsakt –
die Überstellung des Beschuldigten an das Gericht, wodurch er vom
Beschuldigten (obvinjaemyj) zum Angeklagten (podsudimyj) wurde. Die
Dauer des Untersuchungsverfahrens war auf höchstens zwei Monate
beschränkt, Verlängerungen waren mit staatsanwaltschaftlicher Genehmigung möglich. Die Aussagen des Beschuldigten waren vom Vernehmer zu protokollieren, Angaben zur Sache selbst »in der ersten Person«
und »nach Möglichkeit wörtlich« (§ 138 StPO) wiederzugeben. Die
Erpressung von Aussagen oder Geständnissen durch Gewalt, Drohung
oder Einschüchterung war verboten (§ 136), außerdem hatte der Untersuchungsbeamte nicht nur belastende, sondern ebenso der Entlastung
dienende Tatsachen und Umstände zu ermitteln (§ 111). Dem Beschuldigten stand das Recht auf Akteneinsicht zu (§ 207). Der inhaltliche Aufbau der Anklageschrift, die dem Angeklagten spätestens 72 Stunden vor
der gerichtlichen Hauptverhandlung (§ 392) – gegebenenfalls in seine
Muttersprache übersetzt (§ 22) – bekannt sein mußte, war durch die
Strafprozeßordnung in engen Grenzen vorgeschrieben (§ 210). In ihrem
ersten – deskriptiven – Teil waren Sachverhalte und beweisrelevante Tatsachen anzugeben, im Anschluß daran die Einlassung des Beschuldigten
dazu anzuführen. Der zweite, resolutive Teil sollte exakte Angaben über
die Person wie auch über Tatort und Tatzeitpunkt sowie über die in
32
Im folgenden nach: Strafgesetzbuch, Gerichtsverfassungsgesetz und Strafprozeßordnung Sowjetrußlands, eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Heinrich Freund S. 214-324. Ergänzend und interpretierend dazu: Frey S. 32-37.
Man vergleiche zur Fassung der stalinistischen Ära die ebenfalls in deutscher
Übersetzung vorliegende liberalisierte Strafprozeßordnung von 1960 in:
Gerichtsverfassung, Strafgesetzbuch und Strafprozeßordnung der RSFSR, bearbeitet von Hans Fritzsche S. 186ff.
21
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Betracht kommenden gesetzlichen Strafvorschriften enthalten. Über die
Grundzüge des sowjetrussischen Verfahrensrechts urteilte im Jahre
1955 Georg Frey:
»Die Untersuchungspraxis ist durch das Bestreben nach möglichst umfassender
Aktenkundlichkeit gekennzeichnet. Jeder nach der Prozeßordnung irgendwie
erhebliche Verfahrensvorgang wird aktenmäßig, zumeist in Form schriftlicher
Verfügungen, festgehalten. Dieses Vorgehen macht das Untersuchungsverfahren nach der sowjetischen Prozeßpraxis kassationssicher.«33
Ähnliches galt für das dem Untersuchungsverfahren folgende Gerichtsverfahren:
»Entscheidungsgrundlage für das Gericht sind in erster Linie die in den Akten
befindlichen Vernehmungsprotokolle und die aktenkundlichen Feststellungen
über die Einhaltung der Verfahrensformalien. Der Akteninhalt genießt eine für
die sowjetische Rechtswirksamkeit charakteristische Authentizität. Diese führt in
Verbindung mit der Beschränkung der prozessualen Rechte des Angeklagten
dazu, daß das Gerichtsurteil im Ergebnis einer ‘Entscheidung nach Lage der
Akten der Anklagebehörde’ gleichkommt.«34
Die Hauptverhandlung hatte in Anwesenheit des Gerichts (Vorsitzender mit zwei Beisitzern), eines Gerichtssekretärs, des Angeklagten und,
falls erforderlich, eines Dolmetschers stattzufinden. Die Anwesenheit
eines Anklagevertreters war nicht zwingend vorgeschrieben, § 381 StPO
sah nur in den Fällen, wo ein solcher auftrat, auch die Zulassung eines
Verteidigers vor. Die Gerichtsverhandlung war öffentlich, konnte aber
auf Beschluß des Gerichts aus Geheimhaltungs- oder anderen Gründen
die Öffentlichkeit ausschließen (§ 19); hingegen war die Urteilsverkündung stets öffentlich (§ 21). Zu Beginn der Verhandlung war der Angeklagte über seine gesetzlichen Rechte aufzuklären (§ 277) und nach dem
Verlesen der Anklageschrift zu deren Inhalt zu befragen. Bestritt er die
Anschuldigungen, mußte er zur Sache vernommen werden (§§ 280 ff.).
Eine Vernehmung von Zeugen war möglich (§§ 284 ff.), jedoch
bestimmte das Gericht, das an Beweisanträge der Parteien nicht gebunden war, allein über den Umfang der Beweisaufnahme (§ 394). Nach §§
396 f. konnte es sogar dem Angeklagten unbekannte Beweismittel ohne
Erörterung mit den Parteien zum Gegenstand des Urteils machen. Nach
dem Schlußwort des Angeklagten (§ 309) und geheimer Beratung verkündete das Gericht das Urteil (§ 339). Innerhalb von drei (in der
33
34
22
Frey S. 34.
Ebd. S. 37.
H9TEX.DOC Seite 23 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Ukraine fünf) Tagen nach dessen Aushändigung konnte der Verurteilte
Berufung bei der zuständigen Kassationsinstanz einlegen, die das Urteil
auf seine Rechtsförmlichkeit zu prüfen hatte (§§ 412 f.).35 Festzuhalten
bleibt noch, daß der sowjetische Strafprozeß zur damaligen Zeit noch
keine Urteilsbegründungspflicht durch das Gericht kannte. Diese wurde
erst durch einen Beschluß des Obersten Gerichts der UdSSR vom Juli
1950 eingeführt und in der nachstalinistischen Zeit gesetzlich verankert.36 Die Strafprozeßordnung der Kriegs- und Vorkriegszeit enthielt
lediglich in den §§ 319 und 320 niedergelegte Anweisungen zur Beweiswürdigung (»Gründung des Urteils nur auf den Gegenstand der Verhandlung«) und zur »Feststellung des Urteils«. Die beiden letztgenannten
Paragraphen der Strafprozeßordnung der RSFSR bildeten bei allen drei
Moskauer Schauprozessen der Jahre 1936 bis 1938 gegen die antistalinistische Opposition in Verbindung mit den einschlägigen politischen Einzeldelikten des Artikels 58 des Strafgesetzbuches den Kern der Urteilsformel.37
3.3
Ermittlungsorgane und Gerichte
Die Zuständigkeit ziviler, militärischer oder staatssicherheitsdienstlicher
Ermittlungsorgane für das Untersuchungsverfahren ergab sich gleichfalls
aus der Strafprozeßordnung der RSFSR. Dort bestimmte Artikel 108,
Absatz II die in Sondervorschriften festgelegte Zuständigkeit der Staatssicherheitsorgane, d. h. der territorialen Operativgruppen der Hauptverwaltung des Innenministeriums (NKVD, ab 1946 MVD), für bestimmte
Straftaten politischen Inhalts (konterrevolutionäre Verbrechen u. ä.).
Dasselbe galt für die Gerichte, deren Zuständigkeit je nach Deliktsgruppen ebenfalls verfahrensrechtlich geregelt war. Militärgerichte – unterschieden nach Armee- und Flottengerichten – waren Sondergerichte im
Sinne des Artikels 102 der Verfassung der UdSSR von 1936. Sie entschieden in Strafsachen, die unter die Militärdienstdelikte des § 193
StGB der RSFSR fielen und »sonstige[n] Verbrechen, die ihnen durch
35
36
37
Ebd. S. 36f. Ergänzend Maurach: Kriegsverbrecherprozesse S. 85.
Siehe dazu Bilinsky, hier insbesondere S. 237f.
Vgl. dazu die stenographischen Protokolle: Prozeßbericht über die Strafsache
des trotzkistisch-sinowjewistischen terroristischen Zentrums S. 184; Prozeßbericht über die Strafsache des sowjetfeindlichen trotzkistischen Zentrums S. 635
und Prozeßbericht über die Strafsache des antisowjetischen ‘Blocks der Rechten
und Trotzkisten’ S. 871.
23
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Gesetz übertragen worden sind« (§ 383 StPO RSFSR).38 Ihre besonders
seit 1934 erweiterte Zuständigkeit umfaßte Landesverrat, Spionage, Terrorismus und Diversion.
Auch die Aburteilung nach Ukaz 43 oblag, wie der Text des Dekrets
(Artikel 3 und 4) auswies, Militär(feld)gerichten. Den dritten selbständigen Zweig innerhalb der militärischen Sondergerichte bildeten die Militärgerichte der Truppenverbände des NKVD (MVD), das neben seinen
schon erwähnten Untersuchungsorganen auch eine territorial, d. h. nach
Gebieten (oblasti) gegliederte Gerichtshoheit besaß. Eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten dieser ‘Gebietsmilitärgerichte der Truppen des
NKVD (MVD)’ gegenüber den Militärgerichten von Armee und Flotte ist
schwer zu ziehen. Offenkundig unterlagen ihrer Gerichtshoheit alle Personen – ob Zivilisten oder Militärangehörige – die sich in der Zuständigkeit der Hauptverwaltung des NKVD für das Lagerwesen (GULAG)39
sowie im Gewahrsam der ‘Hauptverwaltung für Kriegsgefangene und
Internierte’ (GUPVI)40 befanden – somit auch alle Kriegsgefangenen.
Eine letzte, wichtige Form der Sonderjustiz gemäß Verfassungsartikel
102 stellten die durch ein besonderes Gesetz vom November 1934 beim
Moskauer Innenkommissariat eingerichteten sogenannten OSSO-DreierAusschüsse dar (Osoboe Soveščanie = gesonderte Beratung). Es handelte sich dabei um eine reine Administrativjustiz, die, wie Reinhart Maurach 1955 urteilte, ermächtigt war »in einem schriftlichen, geheimen und
jedem Rechtsmittel entzogenen Beschlußverfahren gegenüber politisch
suspekten Personen (auch ohne Begehung konkreter Straftaten) freiheitsbeschränkende Straf- und Sicherungsmaßregeln einschneidender Art
anzuordnen«.41 Dies geschah im Beisein eines Staatsanwalts, jedoch in
Abwesenheit des Angeklagten oder eines Verteidigers. Auch fehlte dem
Verurteilten im Gegensatz zur Anklagebehörde die Beschwerdemöglichkeit. Nicht wenige deutsche Staatsbürger, ob Militärpersonen oder Zivilisten, wurden in den Nachkriegsjahren Opfer von Fernurteilen dieser für
den stalinistisch-bürokratischen Maßnahmenstaat besonders charakteristischen Form der politischen Sonderjustiz.
38
39
40
41
24
Frey S. 32.
Glavnoe Upravlenie Lagerej = Hauptverwaltung Lager im Innenkommissariat
(–ministerium) der UdSSR.
Glavnoe Upravlenie po delam Voennoplennych i Internirovannych = Hauptverwaltung für Kriegsgefangene und Internierte im Innenministerium der UdSSR.
Maurach: Handbuch der Sowjetverfassung S. 277. Vgl. Bährens (V, 1) S. 181f.
H9TEX.DOC Seite 25 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
4.
Die Kriegsverbrecherprozesse der UdSSR gegen deutsche Kriegsgefangene bis zum Jahre 1948 –
Die Phase der Schauprozesse
Der erste öffentliche Prozeß wegen Kriegsverbrechen auf sowjetischem
Boden fand Mitte Juli 1943 in der Stadt Krasnodar gegen 11 Sowjetbürger statt, die des Landesverrats und der Komplizenschaft mit der deutschen Besatzungsmacht nach § 58, 1a und 58, 1b StGB der RSFSR
(Vaterlandsverrat von Zivil- und Militärpersonen) beschuldigt wurden.
Zum ersten Mal wandte ein sowjetisches Gericht den genau drei Monate
zuvor erlassenen Ukaz 43 an. Das zuständige Militärtribunal der Nordkaukasus-Front verurteilte unter Anwendung dessen Teil I in Verbindung
mit §§ 319 und 320 der Strafprozeßordnung der RSFSR acht der Angeklagten zum Tode, die anderen drei erhielten als Helfershelfer gemäß
Teil II 20 Jahre Arbeitsbesserungslager. Das Gericht stellte u. a. fest, daß
für die im Krasnodarer Verfahren abgeurteilten Verbrechen neben dem
örtlichen deutschen Gestapochef Dr. Kurt Christmann und den Angehörigen seines SS-Sonderkommandos 10 A auch das Oberkommando der
17. Armee unter Generaloberst Ruoff die Verantwortung trage.42
Die Hinrichtungen fanden am 18. Juli 1943 den Bestimmungen des
Ukaz 43 gemäß durch Erhängen auf dem Marktplatz von Krasnodar in
Gegenwart von ca. 30 000 Zuschauern statt.43 Im Monat darauf, kurz
nach der Befreiung der ostukrainischen Stadt Krasnodon, verurteilte ein
Militärfeldgericht drei sowjetische Kollaborateure zum Tode, die beschuldigt wurden, die dort tätige Widerstandsgruppe der ‘Jungen Garde’ verraten zu haben.44
Vier Monate später folgte vom 15. bis zum 18. Dezember 1943 im
ostukrainischen Char’kov der erste Prozeß gegen deutsche Militärangehörige.45 Neben einem Hauptmann der militärischen Abwehr (Wilhelm
Langheld), einem SS-Untersturmführer (Hans Ritz) und einem Angehöri42
43
44
Das Urteil in der deutschsprachigen Broschüre: Prozeß in der Strafsache gegen
die faschistischen deutschen Okkupanten und ihre Helfershelfer wegen ihrer
Bestialitäten im Gebiet der Stadt Krassnodar und des Krassnodarer Gaus während der zeitweiligen Besetzung dieses Gebiets. Siehe ergänzend den Artikel
»Gallows for the Traitors.« In: SWN vom 20. Juli 1943, S. 3. In englischer Sprache erschien noch während des Krieges in Buchform »The People’s Verdict. A
Full Report of the Proceedings at the Krasnodar and Kharkov German Atrocity
Trials.
Siehe dazu die beiden Artikel »Trial of the Traitors« und »Krasnodar Trial« In:
SWN vom 16. und 17. Juli 1943.
VOVE S. 694.
25
H9TEX.DOC Seite 26 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
gen der deutschen Geheimen Feldpolizei (Reinhard Retzlaff) stand auch
ein russischer Kollaborateur vor dem Kriegsgericht der 4. Ukrainischen
Front.46 Die Anklage warf den vier Beschuldigten die Teilnahme an der
massenhaften Tötung von gefangenen und verwundeten Rotarmisten
sowie von Zivilisten, darunter einer großen Zahl von Frauen, Kindern
und Halbwüchsigen, in der Zeit der deutschen Besetzung der Stadt zwischen Dezember 1941 und Sommer 1943 vor. Auch die systematische
Tötung von Einwohnern mittels sogenannter Gas- bzw. Mordwagen,
einer Vorstufe der späteren Massenvergasungen in den Vernichtungslagern, dazu Folterungen und Quälereien aller Art gehörten mit zu den
Beschuldigungen. Der Prozeß war öffentlich, es wurden Filmaufnahmen
gemacht und das stenographische Protokoll der Verhandlung in mehreren Sprachen publiziert.47 Die Angeklagten, denen Pflichtverteidiger beigegeben waren, gaben die Beteiligung an den ihnen zur Last gelegten
Verbrechen zu, betonten dabei aber stets den Befehlsnotstand, unter dem
sie sich befunden hätten. Anders als zuvor in Krasnodar ergingen in
allen Fällen Todesurteile, die das Gericht »wegen vollendeter Verbrechen
gemäß Teil I des Erlasses des Präsidiums des Obersten Sowjet der Union
der SSR vom 19. April 1943« in Verbindung mit § 296 der Strafprozeßordnung der ukrainischen Unionsrepublik verhängte.48 Damit war durch
die Rechtssprechung des Char’kover Gerichts deutlich gemacht geworden, was der Text des Ukaz 43 eher unklar gelassen hatte: die rückwirkende Kraft dieser Strafbestimmung mindestens vom Beginn des Krieges
und der deutschen Besatzung im Sommer 1941 an.49 Die Hinrichtungen
durch Erhängen erfolgten unter Anwesenheit von Zehntausenden von
45
46
47
48
49
26
Über erste vereinzelte Urteile von Feldgerichten der Roten Armee gegen gefangengenommene deutsche Soldaten berichtet: Epifanow S. 119f.
Zu den Angeklagten im Char’kov-Prozeß, ihren Lebensläufen, dienstlichen
Beurteilungen und militärischen Funktionen bis zum Zeitpunkt ihrer Gefangennahme durch die Rote Armee auf der Grundlage interner Recherchen deutscher
Dienststellen siehe: PA-AA Bonn, Abteilung Inland II Geheim, R 100710 (Fiche
Nr. 1805).
Die deutschsprachige Ausgabe erschien in Moskau 1944 unter dem Titel:
Gerichtsprozeß über die Bestialitäten der faschistischen deutschen Okkupanten
in Stadt und Gebiet Charkov während ihrer vorübergehenden Besetzung. Eine
spätere Ausgabe trug den Titel: Deutsche Greuel in Rußland. Gerichtstag in
Charkow.
So in der Urteilsbegründung, vgl. Gerichtsprozeß über die Bestialitäten der
faschistischen deutschen Okkupanten in Stadt und Gebiet Charkov während
ihrer vorübergehenden Besetzung S. 89-92.
Vgl. zur Frage der rückwirkenden Kraft des Ukaz 43 die Einschätzung Maurachs; Maurach: Kriegsverbrecherprozesse S. 36.
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Zuschauern auf einem öffentlichen Platz. Der Char’kover Prozeß mit
erstmals deutschen Angeklagten vor einem sowjetischen Militärgericht
sollte nur den Auftakt bilden. Aleksej Tolstoj, Mitglied der ‘Außerordentlichen Staatskommission’ und wie viele seiner Schriftstellerkollegen Prozeßberichter aus Char’kov, nannte ihn in einem englischsprachigen Zeitungskommentar vom 18. Dezember 1943 »the beginning of the great
and terrible trial of all Germans who have transgressed human laws«.50
Nach dem Char’kover Prozeß dauerte es genau zwei Jahre, bis im
Dezember 1945 die ersten öffentlichen Gerichtsverfahren nach Kriegsende gegen deutsche Wehrmachtsangehörige vor sowjetischen Militärgerichten stattfanden. Es handelte sich dabei um insgesamt acht Verfahren,
die in einem Zeitraum von sechs Wochen, zwischen Mitte Dezember
1945 und Anfang Februar 1946, an acht verschiedenen Gerichtsorten in
der Sowjetunion abliefen. Der zeitlichen Reihenfolge nach handelte es
sich um die Prozesse von:
1. Smolensk vom 16.–19. Dezember 1945 gegen 10 Angeklagte, darunter 7 Angehörige eines Sicherungsbataillons,51
2. Brjansk vom 25.–30. Dezember 1945 gegen 4 Angeklagte, darunter
die Generale Bernhard und Hamann,52
50
51
52
Alexei Tolstoy: »Scum of the Earth.« In: SWN vom 18. Dezember 1943, S. 1.
Allgemein zum Char’kover Prozeß und seiner Wirkung in der Sowjetöffentlichkeit siehe Simonov: Kriegstagebücher. Zweiter Band S. 326-329. Zur öffentlichen Exekution der Verurteilten schrieb Simonov: »Während der Hinrichtung
schwieg die Menge auf dem Platz gesammelt. Weder damals noch später
bereute ich, auf den Platz gegangen zu sein. Nach allem, was ich beim Prozeß
gehört hatte, mußte ich auch das sehen. Ehrlich gesagt, schien mir damals sogar,
daß es so etwas wie innere Feigheit gewesen wäre, wenn ich nicht hingegangen
wäre und nicht alles bis zum Ende mit angesehen hätte. Ich rede nur von mir
und meinen Gefühlen, denn das sind Dinge, die jeder mit sich selbst ausmachen
muß.« (S. 329)
Die Prozeßdaten und Angeklagten wurden ermittelt aufgrund der Berichterstattung der seit 1941 von der Presseabteilung der Londoner Sowjetbotschaft in
englischer Sprache herausgegebenen Zeitung ‘Soviet War News’ (SWN, s. o.
Anm. 42), die seit 1945 den Titel ‘Soviet News’ (im folgenden SN) trug. Die
betreffenden insgesamt 12 Berichte datieren aus der Zeit vom 17.12.1945
(»The Monsters of Smolensk«) bis zum 6.2.1946 (»Six Nazi Generals went to
Gallows«). Vgl. dazu die Aufstellung bei Wagenlehner: Stalins Willkürjustiz S.
68 und Messerschmidt S. 560 mit geringfügig abweichenden Angaben zur
Gesamtzahl der Angeklagten.
Friedrich Gustav Bernhard (geb. 1888), Genlt., 1942-1945 Korück Pz.AOK 2
und AOK 9. Adolf Hamann (geb. 1885), Genlt., zwischen 1942 und 1944
Kmdt. von Orel, Brjansk und Bobrujsk.
27
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3. Leningrad vom 29. Dezember 1945 – 5. Januar 1946 gegen 11 Angeklagte, darunter den früheren Stadtkommandanten von Pskov, Generalmajor Remlinger,53
4. Nikolaev vom 12.–17. Januar 1946 gegen 9 Angeklagte, darunter
den früheren Ortskommandanten der Stadt, Generalleutnant Winkler,54
5. Minsk vom 15.–29. Januar 1946 gegen 18 Angeklagte, darunter die
Generale Richert, Herf und von Erdmannsdorff,55
6. Kiev vom 17.–29. Januar 1946 gegen 15 Angeklagte, darunter die
drei Generale Scheer, Burkhardt und von Tschammer und Osten,56
7. Velikie Luki vom 26.–31. Januar 1946 gegen 11 Angeklagte, darunter den früheren Standortkommandanten der Stadt, Generalleutnant
von Rappard,57
8. Riga vom 28. Januar – 3. Februar 1946 gegen 8 Angeklagte, darunter
die 7 Generale Jeckeln, Ruff, Digeon von Monteton, Werther, Pawel,
Küpper und von Ditfurth.58
53
54
55
56
57
58
28
Heinrich Remlinger (geb. 1882), Genmaj., 1943/44 Kmdt. von Pskov.
Hermann Winkler (geb. 1888), Genlt., seit 30.6.1942 Kmdt. von Nikolaev.
Johann Georg Richert (geb. 1890), Genlt., 1942 Kmdr. 286. SD, ab Nov. 1943
35. ID. Eberhard Herf (geb. 1887), SS-Brigf. und Genmaj. der Polizei, Chef der
Ordnungspolizei in Weißrußland und stellvertretender Stabschef beim Befehlshaber der Partisanenbekämpfungsverbände. Gottfried von Erdmannsdorf (geb.
1893), Genmaj., 1942-1944 Kmdr. 465. Div., 1944 Kampfkmdt. von Mogilev.
Paul Scheer (geb. 1894), Genlt. der Polizei, 1942/43 Chef der Sipo und Gendarmerie des Kiever und Poltavaer Gebiets. Karl Burckhardt (geb. 1889),
Genlt., 1943 Korück AOK 6. Eckart von Tschammer und Osten (geb. 1885),
Genmaj., 1942 Kmdr. 213. SD, 1942-1944 Chef mehrerer Feldkommandanturen im Osten.
Fritz Georg von Rappard (geb. 1892), Genlt., 1941/42 Stadtkmdt. Velikie
Luki, anschließend Kmdr. 83. und 7. ID.
Friedrich Jeckeln (geb. 1895), SS-OGruf., General der Waffen-SS und der Polizei, 1941 HSSPF Rußland Süd (Kiev), danach HSSPF Ostland (Riga), Dez.
1944 Kmdr. V. SS-Geb. Korps. Siegfried Ruff (geb. 1895), Genlt., 1942 Kmdr.
401 Div., 1944 Ortskmdt. von Riga. Albrecht Frhr. Digeon von Montenton
(geb. 1887), Genlt., 1944 Kmdr. 52. SD, 1944 Kmdt. von Libau. Friedrich
Werther (geb. 1890), Genmaj. 1943/44 Chef verschiedener Feldkommandanturen im Osten, Okt. 1944 Kmdt. Küstenverteidigung Riga. Bronislaw Pawel (geb.
1890), Genmaj., 1942, Kmdt. zweier Kriegsgefangenenlager und Kmdr. des
Kriegsgefangenenwesens beim Wehrmachtsbefehlshaber Ostland, 1943-1944
Oberfeldkmdt. 392 (Minsk) und Korück AOK 4. Hans Küpper (geb. 1891),
Genmaj., 1942-1944 Chef mehrerer Feldkommandanturen in der Ukraine und
im Baltikum. Wolfgang von Ditfurth (geb. 1879), Genlt., 1939-1942 Kmdr.
403. SD, später Kmdt. von Kursk.
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Die Anklagepunkte waren in allen Verfahren nahezu dieselben. Es
ging um Massenerschießungen im Zusammenhang mit Strafaktionen und
andere Greueltaten gegenüber russischen Gefangenen und Zivilisten aus
der Zeit der deutschen Militärbesetzung der jeweiligen Gerichtsorte und
ihres Umlandes, wobei eine Vielzahl von Belastungszeugen angehört
wurden. Im Leningrader Verfahren kam auch das Verbrechen von Katyn,
die Ermordung von ca. 15 000 Offizieren und Militärbeamten des polnischen Heeres, zur Sprache, das den Aussagen zweier Angeklagter gemäß
der SS angelastet wurde.59 Von den insgesamt 86 Angeklagten (18 Generale, 28 Offiziere und 39 Unteroffiziere und Mannschaften)60 wurden
alle der ihnen zur Last gelegten Verbrechen für überführt erklärt. 67, darunter alle beschuldigten Generale, wurden zum Tode durch Erhängen,
die übrigen 19, zumeist niedere Dienstgrade, zu Zwangsarbeitsstrafen
zwischen 12 und 20 Jahren verurteilt. Die Hinrichtungen erfolgten in
allen Fällen vor den Augen von Zehntausenden von Zuschauern auf
öffentlichen Plätzen. Wie im Char’kover Verfahren von 1943 bildete für
die verurteilenden Militärgerichte der Ukaz 43 in Verbindung mit § 4
StGB der RSFSR und den beiden Paragraphen 319 und 320 der Strafprozeßordnung der RSFSR die zentrale Rechtsgrundlage.61
Alle Prozesse waren öffentlich und – wie für Publikums- bzw. Schauprozesse charakteristisch – von einem hohen Grad an Rechtsförmlichkeit
gekennzeichnet, zu der neben der Einvernahme von über 300 Zeugen
auch das Recht der Angeklagten auf juristische Verteidigung gehörte.62
Die sowjetische Presse berichtete ausführlich, z. T. unter wörtlicher Zitierung von Zeugen- und Beschuldigtenaussagen, aus den Gerichtssälen.
59
60
61
62
»The Leningrad Trial.« In: SN vom 7. Januar 1946, S. 2. Ergänzend dazu: AdG,
1945, 593B.
Siehe das Stichwort ‘Sudebnye processy o zlodejanijach nemecko-fašistskich
zachvatčikov’ in: VOVE S. 694f.
So beim Smolensker und beim Brjansker Prozeß, siehe »End of Smolensk
Trial.« In SN vom 21. Dezember 1945, S. 1 und »The Briansk Trial.« In SN
vom 1. Januar 1946, S. 2. Der § 4 StGB der RSFSR hatte den Wortlaut: »Ausländer sind für die auf dem Gebiet der UdSSR begangenen Verbrechen nach
den Gesetzen des Ortes der Begehung des Verbrechens verantwortlich«. Zitiert
nach Gallas, Strafgesetzbuch S. 1.
Messerschmidt S. 559 und S. 566, spricht in seiner Gesamtwürdigung des Minsker Prozesses von dessen vergleichsweise hoher »verfahrensrechtlicher Qualität«, die »theoretisch mehr Rechtsgarantien« geboten habe, »als in der deutschen Kriegsstrafverfahrensordnung vorgesehen waren«. Er verkennt dabei
jedoch einen wesentlichen Charakter von Schauprozessen, der im Sinne der
beabsichtigten Wirkung eben gerade in ihrem hohen Maß an Rechtsförmlichkeit
mit den dazugehörigen formalen Verteidigerrechten liegt.
29
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Im Falle des Minsker wie des Rigaer Prozesses wurden wie zuvor beim
Char’kover Verfahren die Protokolle der Hauptverhandlung in Buchform
veröffentlicht.63 Außerdem wurden in allen Fällen dokumentarische Filmaufnahmen angefertigt. Ende Januar 1946 berichtete die Sowjetpresse
von einer Probevorführung des Films über den Smolensker Prozeß vor
dem Filmkomitee beim Rat der Volkskommissare und bemerkte dazu,
daß die Aufnahmen ein vollständiges Bild des Gerichtsverfahrens böten,
»einschließlich der Befragung der Angeklagten, der Zeugenaussagen und
der Ansprachen des Staatsanwalts und des Gerichtsvorsitzenden«.
Ebenso sei die Urteilsvollstreckung auf der Leinwand zu sehen.64 Bald
darauf bekam auch das sowjetische Kinopublikum die Filmaufnahmen zu
Gesicht. Den Abschluß der Prozeßserie der Jahreswende 1945/46 kommentierte die Tägliche Rundschau, die Tageszeitung der ‘Sowjetischen
Militäradministration in Deutschland’ (SMAD), am 31. Januar 1946 mit
dem Satz: »Alle diese Gerichtsverhandlungen bilden zusammen mit dem
Nürnberger Prozeß eine große Einheit. Sie ergänzen einander und zeigen
geschlossen die furchtbare Gefährlichkeit des Nazismus.«65
Die nachfolgenden Monate standen für die Sowjetjustiz offenbar vorrangig im Zeichen der Verfolgung und Aburteilung von Kollaborateuren
aus den eigenen Reihen. So meldete die Pravda am 1. August 1946 die
Verurteilung von General Andrej Vlasov und 11 seiner engsten militärischen Mitarbeiter durch das Militärkollegium beim Obersten Gericht der
UdSSR, »wegen Verrats an der Heimat und wegen ihrer als Agenten der
deutschen Abwehr gegen die UdSSR gerichteten aktiven Spionage-,
Diversions- und Terrortätigkeit gemäß den Paragraphen 58, 1b und 58,
8-11 des Strafgesetzbuchs der RSFSR«. Die Hinrichtung aller Verurteilten geschah eine Woche später. Dem folgte knapp ein halbes Jahr darauf
durch dasselbe Gericht die Aburteilung von fünf »weißgardistischen« rus63
64
65
30
Sudebnyj process po delu o zlodejanijach soveršennych nemecko-fašistskimi
zachvatčikami v Belorusskoj SSR [stenogr. otčet], Minsk 1947. Sudebnyj process po delu o zlodejanijach nemecko-fašistskich zachvatčikov na territorii Latvinskoj, Litovskoj i Estonskoj SSR, Riga 1946. Kurze Auszüge aus den Protokollen der Voruntersuchung wie der Hauptverhandlung in Minsk bietet in
deutsch: Der Minsker Prozeß gegen Verbrechen der deutschen Wehrmacht
und anderer Besatzungsorgane; 15. bis 26. Januar 1946. Zur Prozeßserie von
1945/46 erschien auch eine Gesamtübersicht: Utevskij: Sudebnye processy o
zlodejanijach nemecko-fašistskich zachvatčikov na territorii SSSR.
»Filming War Criminal Trials.« In: SN vom 31. Januar 1946, S. 1.
Tägliche Rundschau (im folgenden TR), vom 31. Januar 1946. Die Tägliche
Rundschau hatte über die erste Schauprozeßserie u. a. berichtet am 15.1. (Nikolaev), 16., 18. und 20.1. (Minsk), 20. und 27.1. (Kiev) sowie am 5.2.1946 über
den Prozeß von Riga.
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sischen Generalen und des deutschen kommandierenden Generals des
XV. SS-Kosaken-Kavallerie-Korps, Generalleutnant Hellmuth von Pannwitz. Auch hier erhielten alle Angeklagten, weil »sie im Auftrag des deutschen Nachrichtenwesens (Abwehr) in der Zeit des vaterländischen Krieges mittels der von ihnen gebildeten weißgardistischen Truppen den
bewaffneten Kampf gegen die Sowjetunion geführt und aktive Spionage,
Diversion und Terror in der UdSSR vollbracht« hatten, nach Ukaz 43 die
Todesstrafe. Andere Verfahren wie das gegen die Gruppe um den
Ataman und »Generalleutnant der weißen Armee« Grigorij Semenov
lagen zeitlich dazwischen, ebenso wie eine ganze Reihe von kleineren
nichtöffentlichen Gerichtsverfahren gegen Wehrmachtsangehörige wie
gegen hohe NS-Funktionäre.66 Auch der vor einem sowjetischen Militärtribunal in Berlin unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit ablaufende Sachsenhausen-Prozeß gegen den Lagerkommandanten und 15
seiner engsten Mitarbeiter fiel in diesen Zeitraum.67
Seit dem Frühjahr 1947 begannen in Abstimmung zwischen Berijas
Nachfolger als Innenminister Sergej Kruglov und Sowjetaußenminister
Molotov die Vorbereitungen für eine zweite Welle von Schauprozessen
gegen deutsche Militärangehörige. Ihre detaillierte Vorbereitung wurde
im September d. J. einer speziellen, interministeriellen Kommission aus
Vertretern des Außen-, Innen- sowie des Staatssicherheits- und des Justizministeriums unter Beteiligung der Unions-Staatsanwaltschaft übertragen, die aus der Masse der vorliegenden Vernehmungsakten insgesamt
136 Angeklagte sowie 152 Zeugen benannte.68
66
67
68
Die sowjetischen Pressebekanntmachungen der Urteile gegen die VlasovGruppe und gegen von Pannwitz in: UF, Bd. XXI, Nr. 3517 c) und d). Ein Beispiel für viele kleinere Verfahren der Jahre 1946/47 bietet der Fall des Hauptmanns Bauer vor einem Minsker Militärtribunal 1946. Siehe Karl Bauer,
Gedächtnisprotokoll. Ein Prozeß in Minsk, Herford/Bonn 1990. Beispielhaft
für einen hohen NS-Funktionär sei erwähnt die Aburteilung des sächsischen
Gauleiters Martin Mutschmann durch das Militärkollegium beim Obersten
Gericht der UdSSR am 30.1.1947 und dessen Hinrichtung 14 Tage später.
Dazu Petrov S. 202.
Der Prozeß lief vom 23.-31. Oktober 1947 und endete mit einer lebenslänglichen Haftstrafe für 14 der Verurteilten. Zwei erhielten 15 Jahre Haft mit
Zwangsarbeit. Rechtsgrundlage war das Kontrollratsgesetz Nr. 10, das die im
sowjetischen Strafrecht nicht vorgesehene lebenslängliche Freiheitsstrafe zuließ.
Zur Presseberichterstattung über den Sachsenhausen-Prozeß siehe TR vom
2. November 1947, S. 3, mit der vollständigen Wiedergabe des Urteilsspruchs.
Vgl. dazu die Berichterstattung des Spiegel, Heft 44/1947, S. 3.
Petrov S. 203f.; Konasov S. 288, nennt 137 Angeklagte, darunter 23 Generale.
31
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Am 17. Oktober 1947 veröffentlichte die Staatsanwaltschaft der
UdSSR ein Kommunique über den Abschluß der Untersuchungen und
nannte u. a. namentlich sieben hohe Offiziere, gegen die zusammen mit
vielen anderen in Kürze Verhandlungen vor verschiedenen Militärgerichten beginnen würden.69 Dieses Kommunique gab den Startschuß für die
zweite Schauprozeß-Welle vom Herbst 1947. In zeitlicher Reihenfolge
handelte es sich um die folgenden neun Gerichtsverfahren in:
1. Stalino vom 27.–30. Oktober 1947 gegen 12 Angeklagte, darunter
den Kommandeur des XXIX. Armeekorps General Röpke,70
2. Bobrujsk vom 28. Oktober – 4. November 1947 gegen 21 Angeklagte, darunter die vier Generale Ochsner, Traut, Conrady und Tarbuck,71
3. Sevastopoľ vom 12.–23. November 1947 gegen 12 Angeklagte, darunter den letzten Befehlshaber der 17. Armee im Kuban-Gebiet,
Generaloberst Jaenecke,72
4. Černigov vom 17.–26. November 1947 gegen 16 Angeklagte, darunter drei deutsche und 13 ungarische Offiziere,
5. Poltava vom 23. November – 1. Dezember 1947 gegen 22 Angeklagte, darunter den letzten Kommandeur der SS-Totenkopfdivision,
SS-Brigadeführer Becker und den Chef der Oberfeldkommandantur
von Dnepropetrovsk, Generalleutnant Schartow,73
6. Kišinev vom 10.–15. Dezember 1947 gegen 11 Angeklagte, darunter
den letzten Kommandanten der Stadt Generalmajor von Dewitz und
einen rumänischen Oberst,74
69
70
71
72
73
32
TR vom 22. Oktober 1947, S. 2. Die nachfolgende Prozeßaufstellung wurde
zusammengestellt aufgrund der damaligen Berichterstattung durch die Tägliche
Rundschau in der Zeit zwischen dem 29. Oktober und 23. Dezember 1947.
Kurt Röpke (1896-1966), Gen. d. Inf., 1943/44 Kmdr. 320. und 46. ID, Sept.
1944 Kd. Gen. XXIX. AK.
Wilhelm Ochsner (1898-1967), Genlt., 1943/44 Kmdr. 31. ID. Hans Traut
(1895-1974), Genlt., 1942-1944 Kmdr. 263. ID und der 78. Sturmdivision,
Juni 1944 Kampfkmdt. Orbuck Edler von Sensenhorst (1886- ?), Genmaj.,
1941-1944 Chef einer Reihe von Feldkommandanturen im Osten, 1945 stellv.
Führer einer Sicherungsdivision.
Erwin Jaenecke (1890-1960), Genob., Juni 1943 bis April 1944 Befehlshaber
der 17. Armee.
Hellmuth Becker (1902-1953), SS-Brigf. und Genmaj. der Wa-SS, 1943 Kampfgruppenkmdr. in der SS-Pz. Div. »Reichsführer SS«, ab Juli 1944 Kmdr. 3. SSPz. Div. »Totenkopf«. 1952 wegen eines angeblichen Sabotagedelikts im Gefangenenlager zum Tode verurteilt und am 18. Februar 1953 hingerichtet. Werner
Schartow (1890- ?), Genlt., 1942/43 Kmdr. 429. Div., dann Chef mehrerer
Oberfeldkommandanturen im Osten, Okt. 1944 Kmdr. 602. Div.
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7. Novgorod vom 12.–19. Dezember 1947 gegen 19 Angeklagte, unter
ihnen die Generale Herzog und Rupprecht,75
8. Gomeľ vom 15.–22. Dezember 1947 gegen 16 Angeklagte, darunter
die Generale von Kurowski, Klammt und Kullmer,76
9. Vitebsk vom Dezember 1947 gegen 7 Angeklagte, darunter den
Kommandeur des LIII. Armeekorps, General Gollwitzer und seine
beiden Divisionskommandeure Müller-Bülow und Hitter.77
Die Anklagepunkte waren weitgehend dieselben wie bei der ersten
Schauprozeßserie von 1945/46, d. h. Verbrechen gegen russische Kriegsgefangene und die Zivilbevölkerung in der Zeit der deutschen Besetzung
der einzelnen Gerichtsorte standen im Mittelpunkt der Verfahren. Wiederum bildete der Ukaz 43 z. T. in Verbindung mit §§ 319, 320 StPO der
RSFSR, bzw. den entsprechenden Paragraphen 296 und 297 der ukrainischen Strafprozeßordnung, wesentlich die Grundlage der Urteilssprüche. Mit ganz wenigen Ausnahmen wurden alle Angeklagten »zur
Höchststrafe« verurteilt. Wie schon im Falle Generalmajor von Erdmannsdorfs im Minsker Prozeß vom Januar 1946 hatten eine Reihe der
verurteilten Offiziere nach ihrer Gefangennahme sich dem ‘Nationalkomitee Freies Deutschland’ (NKFD) angeschlossen. Die Generale Conrady, Gollwitzer, Klammt, Müller-Bülow und Traut gehörten u. a. zu den
16 Unterzeichnern des auf Initiative von Generalleutnant Vinzenz Müller
verfaßten Aufrufs von kriegsgefangenen Generalen der ‘Heeresgruppe
Mitte’ an das Offizierskorps der deutschen Wehrmacht vom 22. Juli
1944.78 Den wichtigsten Unterschied zur ersten Prozeßserie bildete der
74
75
76
77
78
Stanislaus von Dewitz, genannt von Krebs (1892-1948), Genmaj., Juli 1944
Kampfkmdt. von Kišinev und Kampfgruppenführer.
Kurt Herzog (1889-1948), Gen. d. Art., 1941 Kmdr. 291. ID, 1943 Kd. Gen.
XXXVIII. Pz. Korps. Josef Rupprecht (1897-1953), Genmaj., 1944 Chef einer
Feldkommandantur in Kurland. Zu Herzogs Rolle als Kommandeur der 291.
ID im Sommer 1941 siehe: Vestermanis S. 241-259.
Eberhard von Kurowski (1895-1957), Genlt., 1942/43 Chef des Stabes
Pz. AOK 2, 1943/44 Kmdr. 110 ID. Günther Klammt (1898-1971), Genmaj.,
1944 Kmdr. 6. und 260. ID. Arthur Kullmer (1896-1953), Genlt., 1942-1944
Kmdr. 106. und 296. ID, 1945 Kmdr. 558. Vgren.Div. und Kd. Gen. XLIII. AK.
Friedrich Gollwitzer (1889-1977), Gen. d. Inf., 1940-1943 Kmdr. 88. ID,
1943/44 Kd. Gen. LIII. AK. Claus Müller-Bülow (1892-1954), Genmaj., 1944
Kmdr. 246. ID. Alfons Hitter (1892-1984), Genlt., seit Mai 1942 Kmdr. 206.
ID, Juni 1944 Kmdt. Festung Vitebsk. Über den Prozeß von Vitebsk war aufgrund der Lückenhaftigkeit des zur Verfügung stehenden publizistischen Materials am wenigsten in Erfahrung zu bringen. U. a. ist die Anzahl der Angeklagten
nicht ganz klar.
Siehe den Text des Aufrufs in: UF, Bd. XXI, Nr. 3512.
33
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Umstand, daß mit der Abschaffung der Todestrafe durch das Dekret des
Präsidiums des Obersten Sowjet vom 26. Mai 1947 die Höchststrafe nunmehr auf 25 Jahre Arbeitsbesserungslager lautete. Aufgrund einer damals
geltenden internen Verfügung des MVD bedeutete das den Gang nahezu
aller im Jahre 1947 Verurteilten in das in der Polarregion gelegene
Arbeitslager von Vorkuta, wo, angesichts der extremen Lebens- und
Arbeitsbedingungen, ein Großteil von ihnen, insbesondere aus der
Gruppe der Generale, den Tod fand.
Die Gesamtbilanz der beiden Schauprozeßserien von 1945/46 und
1947 belief sich in 17 Gerichtsverfahren auf genau 221 Verurteilte, darunter 41 Generale, 47 Stabsoffiziere im Rang zwischen Oberst und
Major, 60 Hauptleute und Leutnante sowie 73 Unteroffiziers- und Mannschaftsdienstgrade.79 Parallel dazu liefen die kleineren nichtöffentlichen
Verfahren gegen Wehrmachts- und SS-Angehörige weiter, so daß sich
für das Jahr 1947 eine Gesamtzahl von 717 Verurteilten gegenüber 200
in den Jahren 1945/46 ergibt.80
5.
Die Massenverfahren der Jahre 1949/50
Mit dem Abschluß der beiden Schauprozeßserien war zu Beginn des Jahres 1948, das, der alliierten Übereinkunft vom April 1947 gemäß, die
Entlassung der deutschen Kriegsgefangenen zum Abschluß bringen
sollte, ein Einschnitt erreicht. Die von Außenminister Molotov im Frühjahr d. J. von den Organen des MVD erbetene Bilanz der bisherigen
Gerichtsverfahren ergab genau 1 112 Verurteilungen von deutschen Militärangehörigen bis zum April 1948.81 Gemessen an den Tausenden von
Verfahren westalliierter Gerichte in und außerhalb Deutschlands sowie
von Gerichten der von deutscher Besatzung betroffenen europäischen
Länder, nahmen sich – fast drei Jahre nach Kriegsende – die Verurteilungszahlen der Sowjetjustiz vergleichsweise bescheiden aus.82 Dies lag
wohl zum geringeren Teil an den Untersuchungsorganen, die, wie viele
Spätheimkehrer aus der eigenen Erinnerung bestätigten, schon kurz nach
79
80
81
34
Diese Gesamtzahlen nach Petrov S. 200. Von den von Petrov anhand russischer
Archivunterlagen genannten 41 Generalen ließen sich nur 35 namentlich ermitteln, wobei die fehlenden sechs allein auf die zweite Prozeßserie entfallen. Möglicherweise hat Petrov die nichtdeutsche Generalität unter den Verurteilten mitgezählt.
Die Zahlen nach Besymenski S. 39.
Vgl. ebd.
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Kriegsende eine umfangreiche Aktivität in den Kriegsgefangenenlagern
entfalteten, als an den Gerichtsorganen, die aus der großen Zahl der
begonnenen Ermittlungsverfahren bis zu diesem Zeitpunkt nur einen
kleinen Teil zum gerichtlichen Abschluß bringen konnten. Die Gründe
für diesen Umstand mögen im Vorrang der justiziellen Überprüfung von
Millionen eigener Repatrianten – Kriegsgefangene, Ostarbeiter, Wehrmachtshilfswillige und Soldaten der Vlasov-Armee – und ebenso an der
starken Beanspruchung der Sowjetjustiz durch politische Verfahren auf
dem Boden der SBZ gelegen haben. Die fraglose Unzufriedenheit der
politischen Führung mit der vorliegenden Verurteilungsbilanz widerspiegelte nicht zuletzt die Zusage Innenminister Kruglovs vom Januar 1948,
die Verurteilung von Kriegsgefangenen durch sein Ministerium nach
Kräften beschleunigen zu wollen.
Eine wichtige Maßnahme in dieser Richtung bildete die Direktive des
MVD und der Staatsanwaltschaft der UdSSR vom 20. April 1948, die die
örtlichen Untersuchungsorgane des Innenministeriums ermächtigte,
abgeschlossene Ermittlungsverfahren ohne vorherige Begutachtung
durch die GUPVI direkt den Militärgerichten zu übergeben.83 Parallel zu
dieser wichtigen Verkürzung des Verfahrensgangs wurde die Aufklärungstätigkeit der Operativabteilungen des MVD in den Kriegsgefangenenlagern spürbar verstärkt. Doch reichte die in einem MVD-Befehl
vom 14. März 1948 für ein Lager der Größenordnung von 5 000 Mann
geforderte »operativ-tschekistische« Abteilung von mindestens 12 Mitarbeitern bei weitem nicht aus, um ohne die intensive Inanspruchnahme
von Spitzeldiensten deutscher Gefangener zu brauchbaren Ermittlungsergebnissen zu kommen.84 Die seit Mitte 1944 in den Straflagern der
GULAG erreichte Norm von durchschnittlich einem ‘Informanten’ auf
12 Häftlinge wurde in den Kriegsgefangenenlagern der GUPVI, wie das
Beispiel des Lagers Čerepovec von 1947 zeigt, eher noch überboten.85
82
83
84
85
Dazu Zahlenangaben bei Streim S. 275, aufgrund der Unterlagen der Zentralstelle der Länderjustizverwaltungen in Ludwigsburg. Danach verurteilten Belgien, Dänemark, Luxemburg, Holland und Norwegen zusammen über 500
deutsche Staatsangehörige, Frankreich ca. 2 900 und Polen gut 5 300. Zu den
Prozeßaktivitäten amerikanischer Militärgerichte auf deutschem Boden vgl.
Sigel mit den Zahlenangaben auf S. 37f.
Petrov S. 203.
Konasov u. a. S. 44.
Im Offizierslager Čerepovec kamen im Juli 1947 auf ca. 1 500 Gefangene genau
181 ‘Informanten’, von denen die Lagerorgane allein im Laufe eines Monats
fast 200 ‘Berichterstattungen’ empfingen. Konasov u. a. S. 45. Zur Spitzelsituation in den GULAG-Lagern während des Krieges siehe Bacon S. 156.
35
H9TEX.DOC Seite 36 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Die eingeleiteten Maßnahmen erhöhten zwar nochmals kräftig die
Zahl der durch die Operativorgane betriebenen Ermittlungsverfahren,
ohne daß jedoch die Gerichte mit den Verurteilungen entscheidend nachkamen. In einem Bericht an Stalin, Molotov, Berija und Vyšinskij von
Anfang Juni 1949 berichtete Innenminister Kruglov über die bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte Aufspürung von genau 10 007 Kriegsgefangenen, denen Greueltaten und andere Verbrechen nachgewiesen werden
könnten, von denen seit Oktober 1947 jedoch erst 3 750 zur Verurteilung gelangt seien. Gegen weitere 6 036 Personen würden noch Untersuchungsverfahren laufen.86 Da die Sowjetregierung sich in der Zwischenzeit durch Erklärungen gegenüber der Öffentlichkeit dazu verpflichtet
hatte, die Repatriierung ihrer Kriegsgefangenen noch im laufenden Jahr
abzuschließen, begann die Zeit zu drängen. Bereits im Februar d. J. war
das MVD durch den Ministerrat angewiesen worden, hinsichtlich derjenigen Gefangenen, die wegen des Vorliegens von belastendem Material
einer Repatriierungssperre unterlegen hatten, konkrete Vorschläge zu
unterbreiten. Das Innenministerium beschloß daraufhin in einer Beratung seiner leitenden operativen Mitarbeiter vom Mai 1949, verstärkte
Anstrengungen zur Entlarvung von Personen, »die Greueltaten und Verbrechen auf dem Territorium der UdSSR und anderer volksdemokratischer Länder begangen haben,« zu unternehmen »sowie von Mitarbeitern von Aufklärungs- und Spionageabwehrorganen der ehemaligen
deutschen Armee und ihrer Satelliten, um diese den Justizorganen zu
übergeben«.87 Schon am 7. Juni 1949 erhielten Stalin, Molotov, Berija,
Malenkov und Vyšinskij einen Bericht des MVD über die »geleistete
Arbeit bei der Aufspürung und Entlarvung von kriegsgefangenen Teilnehmern an Verbrechen und Greueltaten auf dem Territorium der
UdSSR«.88
Der nächste Schritt erfolgte in Gestalt eines Politbüro-Beschlusses vom
28. September 1949, dessen hauptsächlichen Gegenstand die Staatsgründung der DDR zum 7. Oktober des Jahres bildete. In diesem Zusammenhang wurde unter einem eigenen Tagesordnungspunkt auch die Frage
der deutschen Kriegsgefangenen und ihrer Freilassung behandelt und
bestätigt, daß alle »bis zum 1. Januar 1950 repatriiert werden sollen, mit
86
87
88
36
Petrov S. 205. Kruglovs Bericht vom 7. Juni 1949 findet sich gleichfalls
erwähnt unter den in der ‘Sondermappe Stalin’ gesammelten Berichten des
Sekretariats des NKVD (MVD) an die Partei- und Staatsführung. Siehe: Archiv
novejšej istorii Rossii. Tom I: ‘Osobaja papka’ I. V. Stalina S. 288.
Petrov S. 205.
‘Osobaja papka’ I.V. Stalina S. 288.
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Ausnahme jener, die von Militärtribunalen verurteilt worden sind«.89
Eine Kommission, bestehend aus dem Innen- und Staatssicherheitsminister (Kruglov und Abakumov) sowie einem Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft erhielt den Auftrag, innerhalb von zwei Monaten die Untersuchungsakten derjenigen Kriegsgefangenen zu überprüfen, die in
Einrichtungen und militärischen Verbänden des Polizei- und Sicherheitsbereichs tätig gewesen waren, und zu entscheiden, ob diese an Militärgerichte zu überstellen oder freizulassen sind. Sämtliche Gerichtsverfahren
waren gleichfalls bis zum 1. Januar des kommenden Jahres abzuschließen.
Dieser Maßnahme auf oberster Stufe folgte durch eine MVD-Verfügung vom 14. Oktober die Bildung von entsprechenden zwischenbehördlichen Kommissionen aus Vertretern von MVD, MGB und der Militärstaatsanwaltschaft auf örtlicher Ebene, die in den Gefangenenlagern die
nicht abgeschlossenen Untersuchungsfälle nach Aktenlage überprüften
und ergänzend dazu »Agenturermittlungen« zu den betreffenden Personen einholten. Für die Kommissionen, die ihre Tätigkeit bis zum
15. November 1949 beendet haben sollten, galt die Anweisung, Kriegsgefangene, gegen die aufgrund rein formaler Kriterien und ohne Beweismaterial für eine verbrecherische Betätigung ermittelt worden war, im
Laufe des letzten Jahresquartals 1949 zu repatriieren. Die Entscheidung
über die lediglich formal belasteten Gefangenen und deren Freilassung
zum Jahresende, unterlag der Überprüfung durch eine erweiterte interministerielle Kommission aus Vertretern des Innen-, Justiz- und Außenministeriums sowie der Generalstaatsanwaltschaft. Diese Kommission geriet
im Laufe des November zunehmend unter Druck von Seiten Außenminister Vyšinskijs, der in einem Schreiben vom 18. November eine strenge
Überprüfung aller Untersuchungsfälle forderte, wobei u. a. allein die
Zugehörigkeit zu SS-Einheiten unabhängig vom Dienstrang oder einer
persönlichen Verstrickung in Verbrechen zu einer Verurteilung zu 10
oder üblicherweise 25 Jahren Arbeitslager ausreichen sollte.90 Trotz
anfänglicher Widerstände des Innenministeriums setzte sich die von Stalins Außenminister und ‘Kronjuristen’ forcierte härtere Linie durch.91
Das Resultat schlug sich in einer MVD-Verfügung vom 28. November
1949 nieder, der einen Tag später konkrete Ausführungsbestimmungen
mit Anweisungen für die in den Lagern tätigen Überprüfungskommissio-
89
90
Im folgenden nach Petrov S. 205ff.
Besymenski S. 40.
37
H9TEX.DOC Seite 38 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
nen folgten. Danach teilte man die noch laufenden Untersuchungsfälle
auf in drei Gruppen:
1. Angehörige von Verbänden der allgemeinen und der Waffen-SS,
2. Militärpersonen, die in Kriegsgefangenen- und anderen Lagern
sowie bei Polizeieinheiten und im Heeresjustizdienst gedient hatten,
3. Mitarbeiter von Feindaufklärungs- und Abwehrorganen der Wehrmacht.
Die erste Personengruppe betreffend, lautete die Bestimmung:92
»Beim Nichtvorhandensein einer ausreichenden Menge an Untersuchungsmaterial über eine konkrete verbrecherische Betätigung sollen gefangene Offiziere,
welche in der Vergangenheit Kommando- und operative Posten in den Organen
und Truppen der SS ausgeübt haben, gemäß Artikel 17 des Strafgesetzbuches
der RSFSR und dem Erlaß vom 19.4.1943 allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit
zur SS als Kriegsverbrecher an das Gericht überstellt werden. In allen Fällen
sind die Akten der Sonderkommission93 heranzuziehen, die sich mit den Verbrechen jener Einheit befaßt haben, bei der der Betroffene gedient hat.«
91
92
38
Im letzten der drei Moskauer Schauprozesse vom März 1938 hatte Andrej
Vyšinskij in einer seiner Gerichtsreden als Anklagevertreter seine exzessive Auslegung des Tatbestands der Mittäterschaft nach § 17 StGB der RSFSR mit den
folgenden Sätzen illustriert: »Für die Mitbeteiligung ist es notwendig, daß ein
alle Komplizen des gegebenen Verbrechens vereinigendes Prinzip, ein gemeinsamer verbrecherischer Vorsatz vorhanden ist. Für die Mittäterschaft ist eine
Vereinigung des Willens in einer gemeinsamen und für alle Teilnehmer des Verbrechens einheitlichen Richtung notwendig. Wenn zum Beispiel eine Bande
von Räubern so handeln wird, daß der eine der Komplizen an einem Orte Häuser anzündet, Frauen vergewaltigt, mordet usw. und der andere Teil der Bande
an einem anderen Orte, so werden sie, obwohl die einen und anderen in die von
irgendeinem Teile der allgemeinen Bande getrennt verübten Verbrechen nicht
eingeweiht waren, für die Gesamtheit der Verbrechen im vollen Umfange die
Verantwortung tragen, sobald es bewiesen sein wird, daß sie sich über die Teilnahme an dieser Bande zur Verübung dieser oder anderer Verbrechen verständigt haben.« Prozeßbericht über die Strafsache des antisowjetischen »Blocks der
Rechten und Trotzkisten«. Verhandelt vor dem Militärkollegium des Obersten
Gerichtshofes der UdSSR vom 2.-13. März 1938, S. 871. Allgemein zur Beweistheorie des sowjetischen Rechts der Stalinära und speziell zu Vyšinskijs Lehre
über die materielle Wahrheit auf der Grundlage seines berühmten Aufsatzes
»Das Problem der Beweisführung im Strafprozeß« aus dem Jahre 1937 siehe
Bilinsky: Das Problem der materiellen Wahrheit S. 233f. Zu den juristischen
Fragen der Mittäterschaft hat im Jahre 1941 auch Aron Trajnin in Moskau eine
häufig zitierte Untersuchung veröffentlicht: Trajnin: Učenie o součastii.
Im folgenden nach Petrov S. 208.
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Zur zweiten Gruppe hieß es:
»Offiziere und Soldaten, die in Konzentrationslagern, Lagern für sowjetische
Kriegsgefangene und für die Zivilbevölkerung dienten, sowie Personen, die in
Strafverfolgungseinrichtungen des Gerichtswesens, der Staatsanwaltschaft, der
Polizei und der Untersuchungsorgane tätig waren, sollen gemäß Artikel 17 des
Strafgesetzbuches der RSFSR und dem Erlaß vom 19.4.1943 verurteilt werden.«
Zur dritten Gruppe lautete die Anweisung:
»Mitarbeiter der deutschen Aufklärungs- und Spionageabwehrorgane sollen
gemäß der Artikel 17 und 58,6 des Strafgesetzbuchs der RSFSR dem Gericht
überstellt werden.«
Damit begann in den Kriegsgefangenenlagern das, was ein Betroffener,
damals Insasse des Lagers von Rostov am Don, aus der Erinnerung wie
folgt schilderte:
»Im November [1949] setzte jene Kampagne ein, die im Lager Furcht und
Schrecken verbreitete: Abend für Abend wurden die Namen einer Reihe von
Kameraden aufgerufen, die sich am Tor zu melden hatten, von dort zu einer aus
Moskau angereisten Kommission geführt wurden und danach in einem vergrößerten Bunker streng von den anderen getrennt untergebracht wurden. Trotz
dieser Trennung sickerte es durch, daß gegen diese Kameraden Anklage wegen
Beteiligung an Kriegsverbrechen erhoben werden sollte. … Ich werde nie in meinem Leben die Totenstille vergessen, die sich über das Lager senkte, wenn das
Programm [der lagerweiten Lautsprecheranlage] unterbrochen und neue Namen
verlesen wurden.«94
In gut der Hälfte aller Fälle wurden Ermittlungsakten, die bereits in
einem für den Beschuldigten entlastenden Sinne abgeschlossen schienen,
von den Untersuchungsbeamten ‘aktualisiert’ und im Sinne der verschärften Bestimmungen von oben neu bewertet. So gaben knapp über 51%
der Verurteilten später an, vor ihrem Prozeß mehrfach – oft in großen
Zeitabständen und an den unterschiedlichsten Lagerorten – vernommen
worden zu sein, während sich gut 46% nur an eine einzige Vernehmung
vor der gerichtlichen Hauptverhandlung erinnern konnten.
93
94
Gemeint ist offenkundig jene im November 1942 gebildete ‘Außerordentliche
Staatskommission’, s. o. Kap. 3.1. Unter den deutschen Gefangenen wie bei
den bundesdeutschen Behörden kam schon bald die Vermutung auf, die sowjetischen Untersuchungsorgane würden anhand einer Liste von Wehrmachtseinheiten, die im besonderen Maße Kriegsverbrechen verdächtigt und deren Angehörige einer generellen Repatriierungssperre unterliegen würden, vorgehen. Eine
Liste solcher ‘gesperrter Verbände’ findet sich bei Böhme S. 319-336.
Pust S. 32.
39
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Die Massenverfahren der Monate November und Dezember 1949 liefen nahezu alle nach derselben fließbandartigen Schablone ab, die im
Durchschnitt der Fälle etwa so aussah: Ein Dreiergremium (russ. trojka),
bestehend aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern (alle im Offiziersrang), dazu einem Gerichtssekretär und einem Dolmetscher führte die
Verhandlung im Einzelverfahren in nichtöffentlicher Sitzung. Diese
begann mit der Feststellung der Identität des Angeklagten und der Aufklärung über seine gesetzlichen Rechte. Nach Verlesung der Anklageschrift wurde der Beschuldigte gefragt, ob er deren Inhalt verstehe und
sich schuldig bekenne. Es folgte in der Regel – da die allermeisten Angeklagten sich für ‘nichtschuldig’ erklärten – eine kurze Einlassung zur
Sache mit ergänzenden Angaben zur Person und zum militärischen
Lebenslauf, ohne daß von einer Seite Beweisanträge gestellt wurden.
Nach dem obligatorischen Schlußwort des Angeklagten beendete der
Gerichtsvorsitzende die Verhandlung, die selten länger als 15 bis
20 Minuten dauerte, und verkündete nach wenigen Minuten Beratung
das Urteil mit der fast durchgängigen Verhängung der Maximalstrafe
von 25 Jahren Arbeitslager. Soweit nicht der Spionageparagraph 58,6
StGB der RSFSR in Frage kam, ergingen die Urteile fast sämtlich nach
Teil I des Ukaz 43 in Verbindung mit § 17 StGB der RSFSR (Mittäterschaft) und unter Bezug auf die §§ 319 und 320 der Strafprozeßordnung.
Ebensowenig fehlte in den Urteilsformeln der Hinweis auf den Ukaz des
Präsidiums des Obersten Sowjet vom 26. Mai 1947 über die Umwandlung der Todesstrafe in die neue Höchststrafe von 25 Jahren Arbeitsbesserungslager.
So obligatorisch wie die einheitliche Strafnorm war auch das anschließende formale Revisionsverfahren. Die Verurteilten wurden aufgefordert, innerhalb der gesetzlich geltenden Frist bei der nächsthöheren
Gerichtsinstanz in schriftlicher Form Berufung gegen ihr Urteil einzulegen, was mit der gleichen Regelmäßigkeit mit einem, oft erst nach Monaten, manchmal auch nie vorgelegten schriftlichen Ablehnungsbescheid
endete.95
95
40
Inzwischen gibt es eine große Anzahl von Schilderungen des Ablaufs dieser
Massenverfahren aus der Erinnerung der Betroffenen, wenngleich Verhandlungsprotokolle solcher Verfahren bisher kaum vorliegen. Ein Verhandlungsprotokoll samt Anklageschrift und dem aktenmäßigen Niederschlag des Untersuchungsverfahrens bietet Epifanov/Meyer S. 181-197. Viele Einzelberichte vor
allem von Massenprozeßfällen bringt Wagenlehner: Stalins Willkürjustiz S. 72137.
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Auf diese summarische Weise wurden allein in den beiden letzten
Monaten des Jahres 1949 wegen angeblicher Greueltaten und Spionage
sowie wegen Zugehörigkeit zur SS insgesamt 13 603 Kriegsgefangene
abgeurteilt und weitere gut 7 000 Fälle untersucht, deren gerichtlicher
Abschluß zum geforderten Endtermin des 1. Januar 1950 jedoch nicht
mehr gelang. So kam es, daß im Laufe des Januar 1950 weitere 1 656
Fälle zur Aburteilung an die Militärgerichte überstellt wurden.
Bei einer von bundesdeutschen Dienststellen vorgenommenen Befragung von mehreren Tausend Heimkehrern aus der Entlassungswelle von
1953, deren Verurteilungen zu 62% ins Jahr 1949 und zu knapp 14% ins
Jahr 1950 fielen, gaben 62% an, daß die während des Untersuchungsverfahrens angewandten Vernehmungsmethoden »nicht einwandfrei« gewesen seien, wobei 11% von leichteren und 13% von schwereren Verstößen
berichteten, während fast 39% von »unmenschlichen Vernehmungsmethoden« sprachen.96 Nur knapp 6% erklärten ausdrücklich, diesbezüglich keinerlei Beanstandungen vorbringen zu können. In 83% der Fälle
wurde die Einsicht in die Ermittlungsakte verwehrt, bei 13% gestattet.
49% der Verurteilten gaben an, keine Anklageschrift ausgehändigt
bekommen zu haben, 60% wurden die der Anklage zugrunde liegenden
gesetzlichen Bestimmungen nicht bekanntgegeben. Ein Anklagevertreter
trat in 23% der Verfahren in Erscheinung, einen Verteidiger, der sich
jedoch häufig passiv oder gar im belastenden Sinne verhielt, hatten
knapp 13%. Zeugen traten nur in ca. 15% der Fälle auf, davon gut zwei
Drittel als Belastungszeugen. Beweisanträge wurden in 40% der Verfahren gestellt, wobei die Gerichte denselben nur in gut 2% entsprachen.
93% aller Prozesse waren nichtöffentlich, bei 4% lief das Verfahren auf
dem justiziellen Verwaltungsweg ohne den Angeklagten ab. Bei gut 50%
dauerte die Hauptverhandlung unter 15 Minuten, bei 28% bis zu einer,
96
Berichtet werden häufig monotone Verhöre, massive Drohungen, stundenlanges Stehen im Stehkarzer und gelegentlich auch Schläge. In nicht wenigen Fällen haben Untersuchungsbeamte die Anwendung physischer Gewalt ihren Dolmetschern – häufig ebenfalls Kriegsgefangene rußlanddeutscher Herkunft –
überlassen und sich, um jeden formalen Beschwerdegrund auszuschließen, für
die Zeit des Prügelns aus dem Vernehmungszimmer entfernt. Einen solchen
selbsterlebten Fall schildert Bauer S. 36f. Nach der Repatriierung solcher
‘Schläger’ in die Bundesrepublik kam es dort nicht selten zu sogenannten
‘Kameradenschinderprozessen’. Die folgenden Angaben und Prozentzahlen
beruhen auf dem Auswertungs-Schriftsatz: »Die Abweichungen von den Grundsätzen des Nürnberger Prozesses bei den Verurteilungen deutscher Kriegsgefangener in der Sowjetunion«, in: BA Koblenz, B 305, Bd. 516, S. 30ff.
41
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bei 18% über eine Stunde. 60% der Angeklagten hielten vor dem Gericht
ihren Schlußvortrag.
Zu fast 86% erfolgte eine Verurteilung zu 25 Jahren, nur 11,5% hatten
ein geringeres Strafmaß. Gut 76% wurden für Taten während des Krieges, 9% für solche aus der Vorkriegszeit bestraft. Bei 60% entsprach die
Verurteilung der Anklage, bei gut 17% erfolgte sie nicht der Anklage entsprechend. Eine Ausfertigung des Urteils erhalten zu haben, die ihnen
jedoch in den allermeisten Fällen sogleich wieder weggenommen wurde,
gaben 52% an; nur 2,2% der Heimkehrer waren zum Zeitpunkt der
Befragung im Besitz einer Urteilsausfertigung. Über die Rechtsgrundlagen ihrer Aburteilung befragt, nannten ein Drittel den Ukaz 43 in Verbindung mit § 17 StPO der RSFSR, 60% gaben politische Delikte im Rahmen des Artikels 58 StGB der RSFSR an, wobei die Abschnitte 1
(konterrevolutionäre Handlungen) mit gut 12%, 6 (Spionage) mit 9%
und Organisationsverbrechen nach Abschnitt 11 mit fast 25% am häufigsten genannt wurden.97
Nach Abschluß der Massenprozeßwelle traf das Politbüro der KPdSU
in seiner Sitzung vom 17. März 1950 auf der Basis einer Beschlußvorlage
des Ministerrats der UdSSR eine Auswahl unter den bis dahin Verurteilten und schied die Kategorie von Kriegsgefangenen, die auf Dauer in der
Sowjetunion zurückzubehalten war von jener, deren Repatriierung
schnellstmöglich zu erfolgen hatte.98 Freigelassen werden sollten knapp
über 7 000 der im November und Dezember 1949 durchweg nach dem
Kriterium der formalen Zugehörigkeit zur SS abgeurteilten niederen
Rangchargen aus der Personengruppe 1. Hinzu kamen knapp 5 300
Gefangene derselben Personengruppe, deren Ermittlungsverfahren noch
liefen, sowie gut 5 100 in den Jahren bis 1949 wegen verschiedener Dis97
98
42
Fehlprozente ergeben sich durch fehlende Angaben zur ein oder anderen Frage.
Zur abweichenden Statistik der Urteilsgründe nach Lang, siehe: Stalins Strafjustiz, S. 92f., wo mit Berufung auf einen Mikrozensus bei Bährens (Bd. V, 1)
S. 150 (Tafel 32) der Ukaz 43 nur in 3,7 % der Verurteilungsfälle angegeben
wird. In dem von Kurt Bährens an 1 000 Heimkehrern vorgenommenen Mikrozensus verbirgt sich gewiß die Masse der Ukaz 43-Fälle unter der erheblichen
Zahl derjenigen, die keine konkreten Angaben über ihre Verurteilungsgründe
machen konnten.
Im folgenden nach dem von Genlt. Kobulov unterzeichneten »Plan osnovnych
meroprijatij po vypolneniju rešenija Praviteľstva o repatriacii nemeckich
voennoplennych i koncentracii v speciaľnych lagerjach MVD osuždennych
voennych prestupnikov«, den der stellvertretende Innenminister Generaloberst
Serov am 8. Februar 1950 mit »Einverstanden« abzeichnete. Abgedruckt bei:
Konasov, Suďby nemeckich voennoplennych, Dok. 41. Dazu auch Petrov
S. 209ff.
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ziplinardelikte in den Gefangenenlagern verurteilte Wehrmachtsangehörige. Freizulassen waren auch 22 Generale, über die kein belastendes
Material vorlag, und 19 weitere Offiziere im Generalsrang, die vor 1945
dem ‘Nationalkomitee Freies Deutschland’ und dem ‘Bund Deutscher
Offiziere’ angehört hatten.99 Aus diesen ergab sich die Summe von genau
17 552 Entlassenen, die nahezu exakt jener Zahl von 17 538 entsprach,
die sechs Wochen später die TASS-Erklärung vom 4. Mai 1950 als
Umfang des letzten Rückkehrertransportes aus der Sowjetunion
nannte.100
Zurückbehalten wurden 5 152 in den Jahren bis 1949 wegen Greueltaten abgeurteilte sowie annähernd 6 500 in den Massenverfahren vom
November und Dezember 1949 – ca. 1 800 davon nach formalen Kriterien – verurteilte Kriegsgefangene. Zu diesen hinzu kamen noch exakt
1 819 Personen, deren Fälle von den Ermittlungsbehörden noch untersucht wurden. Auch bei der Kategorie der Zurückbehaltenen ergibt sich
mit genau 13 536 Personen eine hohe Übereinstimmung mit der von
TASS genannten Gesamtzahl von 13 532 von der UdSSR als Kriegsverbrecher zurückgehaltenen Gefangenen, wobei sich die in der TASSErklärung gegebene Aufschlüsselung in 9 717 Verurteilte und 3 815
Beschuldigte aus der Zusammenfassung jener gut 1 800 Ende 1949 nach
reinen Formalkriterien abgeurteilten mit den noch laufenden 1 819
Ermittlungsverfahren erklären läßt.
In der Gesamtbilanz waren demnach bis Anfang Februar 1950 knapp
über 18 750 deutsche Kriegsgefangene von sowjetischen Militärgerichten
wegen Kriegs- und Besatzungsverbrechen verurteilt worden,101 unter
denen 11 117, darunter 104 Generale, von der Repatriierung ausgeschlossen waren, während bei knapp über 1 800 Personen, darunter
136 Generalen, die Untersuchung noch andauerte. Die letztere Gruppe
sollte dem Politbürobeschluß vom 17. März 1950 gemäß einheitlich nach
99
Die meisten von ihnen wie Vinzenz Müller, Arno von Lenski, Martin Lattmann
oder Rudolf Bamler stellten sich für die Organisation der kasernierten Volkspolizeiverbände in der DDR, bzw. den anschließenden Aufbau der NVA zur Verfügung. Stalin hatte dazu vom MVD am 4. Januar 1950 bereits einen gesonderten Bericht erhalten. Siehe: ‘Osobaja papka’ I. V. Stalina S. 303. Siehe auch
Konasov Dok. 31.
100 S. o. Kap. 2.
101 Diejenigen, die zwischen 1943 und 1949 wegen angeblicher Disziplinar-, Diebstahls-, homosexueller oder anderer Delikte in den Gefangenenlagern verurteilt
worden waren, sind hier ausgenommen. Von den Verurteilten dieser Kategorie,
die im Frühjahr 1950 vor ihrer Repatriierung amnestiert wurden, lebten zu diesem Zeitpunkt noch genau 5 126.
43
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dem Ukaz 43 zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden. Am
Ende verblieb, wenn man der Statistik des sowjetischen Innenministeriums glauben darf, die zum 1. März 1952 in den Lagern der
‘Hauptverwaltung für Kriegsgefangene und Internierte’ genau 14 194
verurteilte und 751 nicht verurteilte Kriegsgefangene deutscher Staatsangehörigkeit auswies, nur ein unwesentlicher Prozentsatz mehr an Gefangenen in der Sowjetunion, als die TASS-Erklärung vom 4. Mai 1950
angegeben hatte.102
Ein ca. 50 Personen starker ausgesonderter Kreis besonders ‘hochkarätiger’ Funktionsträger des NS-Staates, darunter neben einer Reihe von
Diplomaten und Aufklärungsspezialisten die Generalfeldmarschälle von
Kleist und Schörner, die ehemaligen Amtschefs im Reichssicherheitshauptamt Bruno Streckenbach und Friedrich Panzinger sowie der frühere Gauleiter von Magdeburg-Anhalt Rudolf Jordan, befanden sich noch
1951 in der Verfügungsgewalt des Ministeriums für Staatssicherheit
(MGB).103 Diese Gruppe wurde im Unterschied zu den übrigen Kriegsgefangenen in strenger Isolation in Gefängnissen, insbesondere in der
Haftanstalt von Vladimir, verwahrt und sollte ebenfalls dem Politbürobeschluß vom 17. März 1950 entsprechend abgeurteilt werden. Ihre Prozesse verzögerten sich jedoch, was u. a. mit der Ablösung Viktor Abakumovs als Staatssicherheitsminister im Sommer 1951 zusammenhing. Ein
Teil, darunter 18 Generale, wurde noch im August 1951, ein anderer,
unter ihnen Personen aus der engeren Umgebung Hitlers wie sein Leibdiener Heinz Linge, sein Adjutant Otto Günsche oder der Leiter seines
persönlichen Sicherheitsdienstes, SS-Gruppenführer Johann Rattenhuber, im Herbst d. J. verurteilt; letztere mittels OSSO-Verfahren, also im
Wege der Administrativjustiz. Bei einer letzten Gruppe hoher Militärs
wie von Kleist, Schörner, Weidling, Gerstenberg und Streckenbach
erfolgte die Verurteilung wegen Kriegsverbrechen erst im Februar
1952.104
Mit dem Abschluß dieser letzten Verfahrenswelle von 1951/52 gegen
das kleine Spezialkontingent der MGB-Gefangenen fanden die Verurteilungen deutscher Kriegsgefangener wegen Kriegsverbrechen durch
sowjetische Militärgerichte im Frühjahr 1952 ihr Ende.105
102 Konasov S. 163, spricht von 2 550 nach dem 5. Mai 1950 unter den deutschen
Lagerinsassen ‘zusätzlich entdeckten’ Kriegsgefangenen, so daß deren Zahl,
entgegen der TASS-Erklärung, mit exakt 16 096 anzugeben sei.
103 Siehe dazu die: Liste der im Gefängnis Wladimir inhaftierten Deutschen, in: BA
Koblenz, B 305, Bd. 519.
44
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Es dauerte von diesem Zeitpunkt an noch vier Jahre, bis sich die letzten der Verurteilten, soweit sie die Haft bis dahin überlebt hatten,106 wieder auf deutschem Boden befanden. Die rund 20 000 Heimkehrer der
beiden letzten großen Entlassungsschübe der Jahre 1953 und 1955 setzten sich nur zu einem Teil – schätzungsweise zu ca. drei Vierteln – aus
Kriegsgefangenen zusammen.107 Zu Beginn des ersten Schubes im
Herbst 1953 befanden sich nach einer Übersicht der Gefängnisverwaltung des MVD vom 21. August d. J. noch genau 19 848 von sowjetischen
Gerichten verurteilte Deutsche in der UdSSR in Haft. Unter ihnen waren
14 128 Kriegsgefangene, darunter 199 Generale und 5 431 Offiziere,
von denen, wie die Pravda am 31. Oktober 1953 meldete, aufgrund einer
Vereinbarung zwischen der Sowjetregierung und der Regierung der
DDR 5 374, davon jedoch nur 11 Generale, entlassen worden seien.108
Von den letzten genau 11 128 Personen, die infolge des AdenauerBesuchs vom September 1955 freikamen, stammten – gemäß einer Auskunft der Bundesregierung vom Februar 1963 – 9 663 aus Lagern. Von
ihnen waren genau 6 557 Kriegs- und 3 006 Zivilgefangene, unter den
104 Petrov S. 214; ebenso das Kapitel: Suďby voenno-plennych generalov, in: Konasov S. 257-297, mit Dokumenten, die Fälle Paulus und Weidling betreffend.
Der letzte Kampfkommandant von Berlin Anfang Mai 1945, Gen. d. Art. Helmuth Weidling, war als einer der letzten am 27. Februar 1952 vom Militärtribunal des Moskauer Militärbezirks nach Ukaz 43 in Verbindung mit Art. 2, § 1 des
Kontrollratsgesetzes Nr. 10 zu 25 Jahren Arbeitsbesserungslager verurteilt worden. Das Urteil wie auch der Revisionsbescheid sind wiedergegeben bei Konasov S. 291-294.
105 Spätere Verfahren wie der Prozeß gegen die Gruppe um den früheren SS-Brigadeführer Hellmuth Becker vom September 1952, der mit fünf Todesurteilen
endete, betrafen ‘Sabotage’ und ‘antisowjetische Tätigkeit’ im Lager. Eine
umfangreiche Akte zum Fall Becker befindet sich in: BA Koblenz, B 305, Bd.
612.
106 Generalfeldmarschall Ewald von Kleist starb im Oktober 1954 in der Haft,
General Helmuth Weidling im November 1955 im Gefängnis von Vladimir,
währenddessen Ferdinand Schörner Anfang 1955 in die Bundesrepublik entlassen wurde.
107 Konasov geht von einem Restbestand von 16 096 deutschen Kriegsgefangenen
in der UdSSR nach dem Mai 1950 aus, von denen im Laufe der folgenden Jahre
noch 964 verstorben seien, so daß die Gesamtzahl der bis zum letzten Kontingent der 1955/56 Zurückgekehrten mit genau 15 132 angenommen werden
müsse, vgl. Anm. 102.
108 Konasov, Dok. 56 und 58. In seinem Artikel über »Die Kriegsverurteilten« im
Neuen Deutschland vom 9. August 1955 sprach Otto Nuschke von »rund zwölftausend Kriegsverurteilten«, deren Entlassung im Zuge der Verhandlungen zwischen der DDR und der UdSSR erreicht worden sei. Der Aufsatz Nuschkes ist
wiedergegeben bei: Ihme-Tuchel: Die Entlassung S. 455ff.
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ersteren die große Masse der bis zuletzt festgehaltenen Generale. Die
übrigen 1 365 nach Deutschland Entlassenen kamen nicht aus Lagern,
sondern waren zumeist Rußland- oder andere Osteuropa-Deutsche, die
zuvor in sogenannten ‘freien Ansiedlungen’ gelebt hatten.109
6.
Resümee und Ausblick auf ein Forschungsprojekt
Der Ausgangspunkt, von dem aus das Thema der juristischen Aburteilung deutscher Kriegsgefangener behandelt wurde, war das von den
Mächten der Anti-Hitler-Koalition in der Moskauer Erklärung von 1943
zum Ausdruck gebrachte Ziel der Ahndung deutscher Kriegsverbrechen
durch das Recht und die Gerichtsbarkeit der betroffenen Länder. Dieser
Ausgangspunkt bestimmte darüber hinaus den allgemeinen Kontext, in
den die gesamte Thematik gestellt wurde. An dem selbstgesetzten
Anspruch, Kriegsverbrechen mit den Mitteln des Rechts ahnden zu wollen, mußten sich grundsätzlich alle an der Verwirklichung dieses alliierten Zieles beteiligten nationalen wie übernationalen Gerichtsbarkeiten
messen lassen. Die Sowjetunion als das Land, das im Zuge der deutschen
Kriegführung zweifellos am stärksten von Verbrechen betroffen war,
war nicht nur Kontrollmacht der flächenmäßig größten unter den alliierten Besatzungszonen Deutschlands, sondern auch Gewahrsamsmacht
des neben den Vereinigten Staaten stärksten Kontingents von deutschen
Kriegsgefangenen. Ihr in den zwanziger Jahren im Zeichen sozialpräventiver Ideen des revolutionären Bolschewismus entstandenes und in der
Folgezeit durch die stalinistische Diktatur zunehmend totalitär überformtes Rechtssystem war zum Zeitpunkt des Kriegsbeginns 1941 neben
anderem gekennzeichnet durch die »Ausgestaltung des Strafrechts und
Strafprozesses zu voll wirksamen Terrormitteln« (Reinhart Maurach).110
Sie hat diese ihre Rechtsordnung, alliierter Übereinkunft gemäß, auf
deutsche Staatsangehörige, ob Militärangehörige oder Zivilpersonen,
sowohl auf dem Boden ihrer Besatzungszone wie auf ihrem eigenen Ter109 Auskunft von Bundesvertriebenenminister Wolfgang Mischnick vor dem Deutschen Bundestag am 6. Februar 1963 auf eine Parlamentsanfrage. Siehe BA
Koblenz, B 305, Bd. 520. Nikita Chruščev hatte in seinem Brief an das ZK der
SED vom 7. Juni 1955 von genau 9 531 deutschen Staatsbürgern gesprochen,
deren Repatriierung »nach einem erfolgreichen Abschluß der Verhandlungen
mit der Deutschen Bundesrepublik« geplant sei. Unter diesen seien exakt
6 436 Kriegsgefangene, zuzüglich 180 Generale und 3 095 Zivilpersonen. Der
Brief ist abgedruckt bei: Ihme-Tuchel: Die Entlassung S. 459f.
110 Maurach: Die Perioden der sowjetischen Rechtsgeschichte S. 118.
46
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ritorium angewandt. Kennzeichen dieser Rechtsordnung war ein extremer Gesetzespositivismus gepaart mit einem teilweise ins Absurde gesteigerten Aktenformalismus und der peinlich genauen Befolgung von
prozessualen Formalvorschriften, denen gegenüber die materielle Wahrung von Prozeßgarantien keine Rolle mehr spielte. Selbst bei den Massenverfahren von 1949, die bei im voraus feststehenden Urteilssprüchen
nur der Erzeugung von neuen, nicht repatriierungspflichtigen Verurteilten aufgrund einer politischen Direktive von oben dienten, schien es
wichtig, wenigstens äußerlich durch strafrechts- und strafprozessuale
Regularien den Boden der ‘Scheinverrechtlichung’ (Martin Fincke)111
nicht zu verlassen. Bereits im Jahre 1950, als die deutsche Öffentlichkeit
erstmals von der Verurteilungswelle in den sowjetischen Kriegsgefangenenlagern erfuhr, hat Reinhart Maurach im Rahmen einer allgemeinen
Einschätzung des sowjetischen Rechtssystems der Stalinära eine Gesamtbewertung der Kriegsgefangenenprozesse gegeben, die heute, angesichts
einer ungleich genaueren Kenntnis der damaligen Prozeßgeschehnisse,
sich mehr als bestätigt hat. Maurach schrieb damals:
»Der gesamte Staatsapparat der UdSSR stellt eine Bürokratie dar, deren Ausmaß westeuropäischem Denken stets unverständlich bleiben wird. Die sogenannte strenge Ordnung des Sozialismus hat den Formalien- und insbesondere
Aktenkult auf eine seltsame Stufe der Vollendung gebracht. Der Akteninhalt
mag sich beliebig weit vom wirklichen Leben entfernen; entscheidend ist stets er,
und nicht dieses. In besonders hohem Maße gilt dies für das Gerichtsverfahren.
Auf die Einhaltung der Formalvorschriften – und damit auch auf die Wahrung
der Prozeßregeln zu Gunsten der Angeklagten – wird an sich großes Gewicht
gelegt, soweit die Einhaltung derselben aus den Akten ersichtlich wird. Wie diese
Akten zustande kommen, interessiert nicht, am wenigsten diejenigen Instanzen,
welche nach dem Gesetz über die Innehaltung der ‘sozialistischen Gesetzmäßigkeit’ zu wachen haben. Die sowjetischen Gerichte schreiben ihre Urteile für
diese Aufsichtsinstanzen, und sie verstehen es, ihre Akten so zu führen und ihre
Entscheidungen so zu begründen, daß sie einer formellen Beanstandung durch
die übergeordneten Kassations-, Protestations- und Dienstaufsichtsinstanzen völlig sicher sind. Ob die Akten den tatsächlichen Hergang des Verfahrens wiedergeben, ist unerheblich, denn Verfahrens- und Urteilsnachprüfungen beschränken
sich auf die formelle Seite, und diese pflegt meist in bester Ordnung zu sein: die
Beweiserhebungen und insbesondere die Geständnisse, auf denen das Urteil
beruht, sind lückenlos und überzeugend, die Fristen waren innegehalten, die
111 Prof. Fincke in seinem Diskussionsbeitrag »Prinzipielle Widersprüche« in:
Wagenlehner: Stalins Willkürjustiz S. 55.
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Gerichte ordnungsgemäß besetzt und dem Angeklagten war laut Niederschrift
‘die Möglichkeit der Verteidigung offengehalten worden’.«112
Der hohe Grad an Aktenkundlichkeit und prozessualistischer Akribie
des sowjetischen Justizsystems, dem die eigenen wie fremde Staatsbürger gleichermaßen unterworfen waren, hat eine Unmenge von Aktenmaterial hinterlassen, das heute nach dem Ende des Sowjetstaates und dessen restriktiven Umgangs mit der eigenen quellenmäßigen Überlieferung
der Forschung in und außerhalb Rußlands zumindest grundsätzlich zur
Verfügung steht. Doch was sagen diese Akten, soweit es sich um solche
der Justiz handelt, aus? Was können sie heute im Abstand von fast einem
halben Jahrhundert und nach dem Tod der meisten Zeitzeugen über die
Prozesse, ihren Ablauf, ihre Motive und Hintergründe mitteilen? Wie
nützlich sind sie, neben dem juristischen Anliegen, Betroffene zu rehabilitieren, für die zeitgeschichtliche Forschung? Schon bei der Frage der
Rehabilitierung Verurteilter zeigen sich Probleme, die vom Material her
gegeben sind. Da es insbesondere für die Massenverfahren in der Regel
zwar Anklageschriften und Urteilsausfertigungen, je nach dem auch
unterschiedlich umfangreiche Ermittlungsakten, jedoch keine Urteilsbegründungen gibt, ist die rechtliche Würdigung der Urteile im Einzelfall
ein schwieriges Unterfangen. So nimmt es kein Wunder, daß die auf
Antrag vorgenommenen Rehabilitierungen durch die heutigen russischen Justizorgane häufig genauso ‘aktenmäßig’ und pauschal erfolgen
wie die seinerzeitigen Verurteilungen selber.113 Um so mehr zeigen sich
für den Historiker die Grenzen einer rein dokumentenmäßigen Betrachtungsweise historischer Geschehnisse. Die lebendige Erinnerung von
Zeugen, möglichst von beiden Seiten, der Verurteiler wie der Verurteilten, oder – angesichts deren rasant abnehmender Zahl – zumindest die
Kenntnis der ‘allgemeinen Verhältnisse’ an Ort und Zeit, die kein papierenes Dokument für sich wiederzugeben vermag, ist deshalb so wichtig
und unverzichtbar. Nur sie sichert die angemessene ‘Kontextualisierung’
der Geschehnisse und liefert einen verläßlichen Boden für das historische
Urteil. Rechtsgeschichtlich ist etwa die Entstehung und universelle Handhabung jenes Ukaz 43 von Interesse, der in einem großen ostsibirischen
Schauprozeß des Jahres 1949 sogar auf Japaner angewendet wurde und
erst 1983 aus dem sowjetischen Recht verschwand.114 Ein anderes Feld
beträfe die Durchführung der Untersuchungsverfahren und den Anteil
von Gewalt und Einschüchterung sowie die Bedeutung von Denunziatio112 Maurach: Die Kriegsverbrecherprozesse S. 76.
113 Siehe dazu den Beitrag: Alles erfunden. In: Der Spiegel 45/1992, S. 226-231.
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nen und Spitzeldiensten bei der Ermittlung von Beschuldigten, daneben
die Frage, in welchem Maße sich die sowjetischen Untersuchungsorgane
bei ihrem Vorgehen sowohl an die eigene Prozeßordnung wie an den
Kriegsgefangenenstatus der Betroffenen gebunden gefühlt haben.115 Lohnend ist möglicherweise auch eine detaillierte Erforschung einzelner
Schauprozesse, ihrer ‘Verfahrensregie’ mitsamt der dazugehörigen akribischen Vorbereitung.116 Generell wäre der Vergleich sämtlicher Kriegsgefangenenprozesse mit in etwa zeitgleichen politischen Geheim- oder
Schauprozessen in der UdSSR und ihren Satellitenstaaten im Auge zu
behalten, um den Grad an ‘Normalität’ oder ‘Unnormalität’ jener Verfahren im Rahmen der generellen Rechtspraxis der späten Stalinära abschätzen zu können.117 Überaus problematisch wäre es, das juristische Bemühen um einen individuellen Schuldnachweis in den Verfahren, die
deutsche Kriegsverbrechen behandelten, als Maßstab für die pauschale
Charakterisierung des Rechtssystems zu verwenden, das solche Gerichtsverfahren durchführte. Hier sollte nicht vergessen werden, daß auch die
westalliierte Militärjustiz in ihren NS-Verfahren diesen für eine Verurteilung nicht voraussetzte, wie z. B. die Amerikaner in den Dachauer Prozessen der Jahre 1945 bis 1948 durch die Verwendung von Rechtsfigu-
114 So im Chabarovsker Prozeß vom 25.-30. Dezember 1949, also zum selben Zeitpunkt als die Massenverfahren gegen deutsche Gefangene ihren Höhepunkt
erreichten, gegen 12 hohe Offiziere der Kwangtungarmee und ihren Oberbefehlshaber General Yamada wegen der angeblichen Vorbereitung des bakteriologischen Krieges in militärischen Laboratorien auf chinesischem Boden. Siehe
dazu die: Prozeßmaterialien in der Strafsache gegen ehemalige Angehörige der
japanischen Armee wegen Vorbereitung und Anwendung der Bakterienwaffe,
Moskau 1950, S. 610f. Japan befand sich zum Zeitpunkt, als der Ukaz 43 erlassen wurde, nicht im Kriegszustand mit der UdSSR, sondern hatte erst im April
1941 mit Moskau einen Nichtangriffs- und Neutralitätspakt auf fünf Jahre
geschlossen. Demzufolge fanden sich Japaner in Artikel I des Ukaz 43 nicht
erwähnt, übrigens auch keine Spanier, obwohl der Rückzug der ‘Blauen Division’ vom russischen Kriegsschauplatz erst im Herbst 1943 erfolgte.
115 Bei den zahlreichen Angaben von Heimkehrern aus der Entlassungswelle von
1953 zum eigenen Verurteilungsfall fällt auf, das Beschuldigte, die aus der
Kenntnis der russischen Sprache und der sowjetischen Verhältnisse heraus
ihren Vernehmern fordernd und selbstbewußt entgegentraten, oft eine den
rechtlichen Verfahrensregeln entsprechende, korrekte Behandlung erfuhren.
Vgl. z. B. den Fall Cartellieri, in: BA Koblenz, B 305, Bd. 620.
116 Dazu einiges bei Petrov S. 186-193.
117 Man denke etwa an den im Sommer 1952 abgelaufenen Moskauer Geheimprozeß gegen die Mitglieder des ‘Jüdischen Antifaschistischen Komitees’, zu dem
das ‘Hamburger Institut für Sozialforschung’ eine dokumentierende Publikation
vorbereitet.
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ren wie der ‘conspiracy’ und des ‘common design’ (gemeinschaftliches
Vorhaben) demonstriert haben. Insofern erscheint der juristische
Umgang mit deutschen NS-Angeklagten generell als ein Ausdruck dafür,
wie angesichts der beispiellosen Verbrechen des Dritten Reiches die alliierten Siegermächte die Deutschen nach 1945 allgemein betrachtet und
dementsprechend behandelt haben. Den politischen Historiker interessieren, anders als den vorrangig auf die juristische Materie blickenden
Rechtsgeschichtler, auch noch andere Fragen an dieser Thematik, wie
etwa außenpolitische und solche, die mit der Entwicklung der Deutschlandpolitik der Großmächte und des allgemeinen Ost-West-Verhältnisses in den Jahren nach 1945 zusammenhängen. Das ab Herbst 1949
erkennbare Interesse Stalins und seiner engsten Umgebung für die Reaktionen in den Kriegsgefangenenlagern auf bestimmte außenpolitische
Maßnahmen wie die Gründung der DDR im Oktober d. J. oder verschiedene Erklärungen der Sowjetregierung zur Deutschlandfrage118 muß
ebenso auffallen wie der Umstand, daß ausgerechnet der erst im Mai
zuvor zum Sowjetaußenminister aufgestiegene Andrej Vyšinskij als die
treibende Kraft hinter der Massenverurteilungswelle vom Jahresende
1949 zu erkennen ist. Die Idee des außen- und deutschlandpolitischen
Faustpfandes drängt sich in diesem Zusammenhang unwillkürlich auf.
Hier wäre die von Kurt W. Böhme 1974 im Abschlußband der MaschkeKommission formulierte These vom offenbaren Zusammenhang zwischen den Massenverurteilungen der Jahre 1949/50 und den anschließend praktizierten ‘außergewöhnlichen’ Haftbedingungen der Betroffenen im Sinne einer maximal ausgespielten Öffentlichkeitswirkung der
zurückgehaltenen Verurteilten einer Überprüfung wert.119 Lohnend
wäre auch die Verfolgung einer Reihe von biographischen Spuren wie die
von Militärs, die durch ihre früh demonstrierte Bereitschaft, am kommunistischen Aufbauwerk in der DDR mitzuwirken, der strafrechtlichen
Verfolgung als Kriegsverbrecher entgingen, während frühere Untergebene von ihnen verurteilt wurden.120 Eine andere interessante Spur
betrifft Offiziere, die vor 1933 im Reichsheer in die geheime militärische
Zusammenarbeit mit der Sowjetunion verwickelt waren, und nun wegen
118 Vgl. dazu ‘Osobaja papka’ I. V. Stalina S. 298f. Allgemein dazu: Kozlov: Politische Einstellung und Stimmung der Deutschen Kriegsgefangenen und der
wegen Kriegsverbrechen Verurteilten in den Jahren 1944 - 1955.
119 Böhme: Hilfen S. 427f.
120 Siehe dazu den Fall eines ehemaligen Hauptmanns im Stab der 14. Pz. Div. in
Stalingrad (Kmdr. Generalmajor Martin Lattmann), in: Wagenlehner: Stalins
Willkürjustiz S. 109f.
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Spionagedelikten angeklagt und zu langjähriger Haft verurteilt wurden.121 Daneben sind auch andere, eher innenpolitische Zusammenhänge denkbar wie der nach den Millionen von Gefangenenrepatriierungen besonders in den Jahren 1949/50 dramatisch zugespitzte Mangel an
Zwangsarbeitskräften in der Sowjetwirtschaft.122 Doch sind dies Fragenkomplexe, die mit Gerichtsakten allein weder zu bearbeiten geschweige
denn zu klären sein dürften.
121 Hier wären z. B. die erst 1955 zurückgekehrten Fliegergenerale Alfred Gerstenberg und Erich Quade, ebenso die Generalmajore Karl Spalcke und Oskar Ritter von Niedermayer zu nennen. Niedermayer starb im Herbst 1948 als MGBHäftling im Gefängnis von Vladimir. Den Tod in der Gefangenschaft fanden
auch die beiden Obersten Heinz von Beaulieu-Marconnay (1945 in Magnitogorsk) und Konrad Baumann (1955 in Sverdlovsk), die vor 1933 an verantwortlicher Stelle in Lipeck und Kazan’ tätig waren.
122 Dazu Kolerov: Arbeitsverwendung der Kriegsgefangenen und Internierten in
der UdSSR (1946-1950), insbes. S. 108ff.
51
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7.
Abb. 1:
52
Dokumente und Abbildungen
Der Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom
19. April 1943 (Ukaz 43). (aus: BA Koblenz, B 305, Bd. 515)
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zu Abb. 1 (Seite 2)
53
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zu Abb 1 (Seite 3)
54
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Übersetzung zu Abb. 1
NICHT FÜR DIE PRESSE
ERLASS
DES PRÄSIDIUMS DES OBERSTEN SOWJET DER UDSSR
ÜBER MASSNAHMEN ZUR BESTRAFUNG DER DEUTSCH-FASCHISTISCHEN ÜBELTÄTER, DIE DER TÖTUNG UND MISSHANDLUNG SOWJETISCHER ZIVILBEVÖLKERUNG UND GEFANGENER
ROTARMISTEN SCHULDIG SIND, SOWIE FÜR SPIONE UND
VATERLANDSVERRÄTER UNTER DEN SOWJETBÜRGERN UND
DEREN HELFER
In den von der Roten Armee von den deutsch-faschistischen Eindringlingen befreiten Städten und Dörfern wurde eine Vielzahl von Ereignissen
unerhörter Brutalität und ungeheuerlicher Gewalttaten aufgedeckt, die
von deutschen, italienischen, rumänischen, ungarischen und finnischen
faschistischen Scheusalen, von Hitler-Agenten und auch von Spionen und
Vaterlandsverrätern unter den Sowjetbürgern an der friedlichen Sowjetbevölkerung und an gefangenen Rotarmisten verübt worden sind. Viele
Tausende von unschuldigen Frauen, Kindern und Greisen und ebenso
gefangene Rotarmisten wurden grausam zu Tode gequält, erhenkt,
erschossen und lebendig verbrannt. Dies geschah auf Befehl von Kommandeuren der deutschen Streitkräfte und des Gendarmeriekorps der
Hitlerarmee, von Gestapochefs, Bürgermeistern und Militärkommandanten von Städten und Dörfern, von Chefs von Kriegsgefangenenlagern
sowie anderen Vertretern der faschistischen Macht.
Inzwischen werden jetzt Vergeltungsmaßnahmen an allen diesen Verbrechern, die an den Bluttaten an der friedlichen Sowjetbevölkerung und
an gefangenen Rotarmisten die Schuld tragen, und ebenso an ihren Helfern aus der örtlichen Bevölkerung unternommen, die ganz offenkundig
den begangenen Verbrechen nicht angemessen sind.
Davon ausgehend, daß Unrechtstaten und Gewaltakte an wehrlosen
Sowjetbürgern und gefangenen Rotarmisten sowie der Vaterlandsverrat
die allerschändlichsten und schwersten Verbrechen darstellen, beschließt das Präsidium des Obersten Sowjet der UdSSR:
1. Anzuordnen, daß deutsche, italienische, rumänische, ungarische
und finnische faschistische Verbrecher, die der Tötung und Mißhandlung der Zivilbevölkerung und gefangener Rotarmisten überführt sind,
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und ebenso Spione und Vaterlandsverräter aus den Reihen der Sowjetbürger mit der Todesstrafe durch Erhängen zu bestrafen sind.
2. Helfer aus der örtlichen Bevölkerung, die der Beihilfe an Verbrechen und an Untaten an der Zivilbevölkerung und an gefangenen Rotarmisten überführt wurden, sind mit Verbannung und Zwangsarbeit von
15 bis 20 Jahren zu bestrafen.
3. Die Verfahren gegen die der Rechtsverletzungen und Gewalttaten
an der friedlichen Sowjetbevölkerung und an gefangenen Rotarmisten
schuldigen, faschistischen Verbrecher wie auch gegen die Spione und
Vaterlandsverräter aus den Reihen der Sowjetbürger und ihre Helfershelfer werden Militärfeldgerichten übertragen, die bei den Divisionen des
Frontheeres zu bilden sind. Diese setzen sich zusammen aus dem Vorsitzenden des Militärtribunals der Division als Gerichtsvorsitzendem, dem
Leiter der Sonderabteilung der Division sowie dem Politstellvertreter des
Divisionskommandeurs unter Beteiligung des Divisionsstaatsanwalts.
4. Die Urteile der Divisionsfeldgerichte sind vom Divisionskommandeur zu bestätigen und unverzüglich zu vollstrecken.
5. Die Vollstreckung der Urteile der Divisionsfeldgerichte – das Erhängen der zum Tode Verurteilten – ist öffentlich und in Anwesenheit der
Bevölkerung durchzuführen; die Leichname der Gehenkten sind für
einige Tage am Galgen zu belassen, damit jedermann zur Kenntnis
nimmt, was derjenige als Strafe empfängt, der Gewalt- und Unrechtstaten
an der Zivilbevölkerung verübt und seine Heimat verrät.
DER VORSITZENDE DES PRÄSIDIUMS
DES OBERSTEN SOWJETS DER UDSSR
M. KALININ
DER SEKRETÄR DES PRÄSIDIUMS
DES OBERSTEN SOWJETS DER UDSSR
A. GORKIN
Moskau, Kreml
19. April 1943
56
A. Gorkin
[Unterschrift]
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Abb. 2:
In Moskau veröffentlichter Prozeßbericht über den Schauprozeß
von Krasnodar im Jahre 1943
57
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Abb. 3:
In Moskau veröffentlichter Prozeßbericht über den Schauprozeß
von Char’kov im Jahre 1943
Abb. 4, 5: Artikel in der englischsprachigen sowjetischen Tageszeitung
Soviet News über die Schauprozesse von Smolensk (vom
17.12.1945) und Riga (vom 6.2.1946); siehe folgende Seiten
58
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59
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60
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Abb. 6:
Einer der äußerst seltenen Fälle, in denen es einem verurteilten
Kriegsgefangenen gelang, sein Urteil mitsamt der Anklageschrift
im russischen Originaltext mit nach Deutschland zu bringen.
Der Fall ist mit seiner typischen Kombination des Mittäterschaftsartikels 17 StGB der RSFSR und des Ukaz 43 ein Musterbeispiel
für die Massenprozesse vom Jahresende 1949 (aus: BA Koblenz,
B 305, Bd. 564)
61
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zu Abb. 6 (Seite 2 der Anklageschrift)
62
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zu Abb. 6 (Urteil)
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Übersetzungen zu Abb. 6
Bestätige
Untersuchungssache Nr. 97
Chef der Operativgruppe UMVD
Gebiet Kujbyšev
für den Angeklagten [handschriftlich]
Oberleutnant (Krokov)
15. Dezember 1949
ANKLAGESCHRIFT
für den Kriegsgefangenen Lesser, Horst Artur, nach
Artikel Art. 17 StGB der RSFSR in Verbindung mit Abs. 1
des Erlasses des Präsidiums des Obersten Sowjet der
UdSSR vom 19. April 1943.
Durch die Operativgruppe der Verwaltung des MVD für das Gebiet
Kujbyšev wird der Oberleutnant der »SS« der ehemaligen deutschen
Armee Lesser, Horst Artur, zur strafrechtlichen Verantwortung herangezogen.
Bei der durchgeführten Untersuchung wurde festgestellt:
Der kriegsgefangene Oberleutnant der ehemaligen deutschen Armee Lesser, Horst Artur, früheres Mitglied der faschistischen Partei und profaschistisch gesinnt, trat im Jahre 1939 freiwillig in die frühere deutsche
Armee in die Truppen der »SS« ein. Im Jahre 1943 befand sich Lesser 7
Monate lang auf dem zeitweilig okkupierten Territorium der UdSSR als
Angehöriger der SS-Panzerdivision »Das Reich« in der Eigenschaft eines
Kompaniechefs im Range eines Oberleutnants. Die Division befand sich
auf dem Territorium der UdSSR in den folgenden Städten:
Char’kov, Kremenčuk, Val’ki [?] im Kursker und Char’kover Gebiet, wo
die Angehörigen der Division massenhaft Verbrechen und Grausamkeiten verübt haben. Für seine aktiven Kriegsverdienste ist der Oberleutnant
der früheren deutschen Armee Lesser mit dem Eisernen Kreuz 1. und 2.
Klasse ausgezeichnet worden.
Der als Beschuldigter vernommene Kriegsgefangene Lesser, Horst
Artur, hat sich zu den ihm eröffneten Beschuldigungen gemäß Art. 17
StGB der RSFSR und Abs. 1 des Erlasses des Präsidiums des Obersten
Sowjet der UdSSR vom 19.IV.1943 nicht bekannt. Er hat jedoch seinen
Dienst bei der SS in jener Einheit, die sich auf dem Territorium der
UdSSR befand, nicht bestritten.
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Auf der Grundlage des oben Dargelegten WIRD ANGEKLAGT:
Lesser, Horst Artur, geboren 1920 in Halle an der Saale, Provinz Sachsen, deutscher Staatsbürger, Mitglied der NSDAP seit 1938, mittlerer Bildungsabschluß, ledig, Herkunft aus einer Arbeiterfamilie, militärischer
Rang Oberleutnant, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz 1. und 2.
Klasse, bis zu seiner Inhaftierung im Kriegsgefangenenlager des MVD
Nr. 399 befindlich:
daß er im Jahre 1939 freiwillig in die frühere deutsche Armee eingetreten
ist und sich im Jahre 1943 als Kompanieführer im Verband der SS-Panzerdivision »Das Reich« auf dem Territorium der UdSSR befunden hat,
wobei die Angehörigen dieser Division auf dem zeitweilig besetzten Territorium der UdSSR Greueltaten und Verbrechen ausgeführt haben,
gemäß Art. 17 StGB der RSFSR in Verbindung mit Abs. 1 des Erlasses
des Präsidiums des Obersten Sowjet der UdSSR vom 19.IV.1943.
Entsprechend Art. 208 StPO der RSFSR wird die Ermittlungssache Nr.
97 des Kriegsgefangenen Lesser, Horst Artur, dem Militärstaatsanwalt
der Verwaltung des MVD für das Gebiet Kujbyšev zur Bestätigung und
Übernahme übergeben.
Die Anklageschrift wurde am 14. Dezember 1949 in der Stadt Sysran
erstellt.
Der Mitarbeiter der Operativgruppe der Verwaltung
des MVD für das Kujbyšever Gebiet
Oberleutnant Baranov
65
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Sache Nr.
GEHEIM
URTEIL
Im Namen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
hat das Militärtribunal der Truppen des MVD des Kujbyšever Gebiets,
bestehend aus dem Vorsitzenden, Oberstleutnant der Justiz Polikarpov,
den Beisitzern Oberleutnant [?] Grigorov und Oberleutnant Nikolenko,
unter dem Sekretariat des Feldwebels Bjurin [?] sowie unter Teilnahme
des Dolmetschers für die deutsche Sprache, Oberleutnant Golovin, in
geschlossener Verhandlung in der Stadt Sysran geprüft die Anklagesache
des:
Lesser, Horst Artur, geboren 1920 in Halle/Saale, Provinz Sachsen,
Deutscher und von deutscher Staatsangehörigkeit, Mitglied der faschistischen Partei, mittlerer Bildungsabschluß, ledig, Kriegsgefangener, bis
zur Gefangennahme als Oberleutnant und in der Dienststellung eines
Zugführers bei der SS-Panzerdivision »Das Reich«, ausgezeichnet mit
dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse, gefangengenommen am 8.V.1945
in der Stadt Pisek in der Tschechoslowakei, angeklagt nach Art. 17 StGB
der RSFSR und Abs. I des Erlasses des Präsidiums des Obersten Sowjet
der UdSSR vom 19.IV.1943.
ES WURDE VERURTEILT:
Lesser, Horst Arthur, auf der Grundlage des Art. 17 StGB der RSFSR in
Verbindung mit Abs. I des Erlasses des Obersten Sowjet der UdSSR vom
19.IV.1943 und gemäß des Erlasses des Präsidiums des Obersten
Sowjet der UdSSR vom 26.V.1947 unter Abänderung der Todesstrafe zu
FÜNFUNDZWANZIG /25/ Jahren Arbeitsbesserungslager, gerechnet
vom 13. Dezember [?] 1949 an. Gegen das Urteil kann innerhalb einer
Frist von 72 Stunden nach Aushändigung der Kopie an den Verurteilten
Lesser beim Militärtribunal des MVD für den Wolga-Militärbezirk [?]
Berufung eingelegt werden.
Vorsitzender
Oberstleutnant der Justiz /Polikarpov/
Beisitzer
66
/Nikolenko/
/Grigorov/
H9TEX.DOC Seite 67 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Abb. 7:
Gerichtsurteil des 1943 in Stalingrad in Gefangenschaft geratenen Generalleutnants Karl Rodenburg vom 15. November 1949
(aus: BA-MA Freiburg, Msg. 200/634).
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Seite 2 zu Abb. 7
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Abb. 8:
Aussage des 1951 durch die Administrativjustiz der OSSO verurteilten MGB-Gefangenen Christian Ludwig von Mecklenburg
nach seiner Rückkehr Ende 1953 auf Befragung zum eigenen
Fall (aus: BA Koblenz, B 305, Bd. 634)
69
H9TEX.DOC Seite 70 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Abb. 9:
70
Heimkehrer-Transportliste vom Oktober 1955 mit Entlassenen
aus dem Generalslager Vojkovo. Sie enthält u.a. die Namen der
in den Schauprozessen von Bobrujsk und Poltava verurteilten
Generale Conrady und Schartow sowie den des späteren Generalinspekteurs der Bundeswehr Friedrich Förtsch (BA Koblenz, B
305, Bd. 565)
H9TEX.DOC Seite 71 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Abb. 10: Heimkehrer-Transportliste vom Oktober 1955 mit Entlassenen
aus dem Gefängnis von Vladimir. Es finden sich z.B. die Namen
des ehemaligen Gauleiters von Magdeburg-Anhalt, Rudolf Jordan, des letzten deutschen Gesandten in Sofia, Adolf-Heinz Bekkerle, und seines Presseattaches, des Journalisten und langjährigen Moskauer FAZ-Korrespondenten, Dr. Hermann Pörzgen
(Nr. 17) (BA Koblenz, B 305, Bd. 565)
71
H9TEX.DOC Seite 72 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Abb. 11: Rehabilitierungsbescheid des Generalstaatsanwalts der Russischen Föderation vom 23. April 1996 für den Anfang 1947 vom
Militärkollegium beim Obersten Gericht der UdSSR zum Tode
verurteilten und hingerichteten Generalleutnant Hellmuth von
Pannwitz
72
H9TEX.DOC Seite 73 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
8.
Abkürzungen
Abk.
Abs.
AdG
AK
AOK
Art.
BA Koblenz
BA-MA Freiburg
Brigf.
DDR
Div.
FAZ
Geb. Korps
Gen. d. Art.
Gen. d. Inf.
Genlt.
Genmaj.
Genob.
GULAG
GUPVI
HSSPF
ID
ITL
JbOR
Kd. Gen.
Kmdr.
Kmdt.
Korück
KPD
KPdSU
MGB
MGM
MVD
Abkürzung
Abschnitt
Archiv der Gegenwart
Armeekorps
Armeeoberkommando
Artikel
Bundesarchiv Koblenz
Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg
Brigadeführer
Deutsche Demokratische Republik
Division
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Gebirgskorps
General der Artillerie
General der Infanterie
Generalleutnant
Generalmajor
Generaloberst
Glavnoe upravlenie lagerej (Hauptverwaltung Arbeitslager im Innenministerium der UdSSR)
Glavnoe upravlenie po delam voennoplennych i internirovannych (Hauptverwaltung für Kriegsgefangene und
Internierte im Innenministerium der UdSSR)
Höherer SS- und Polizeiführer
Infanteriedivision
Ispraviteľno-trudovoj lager’ (Arbeitsbesserungslager)
Jahrbuch für Ostrecht
Kommandierender General
Kommandeur
Kommandant
Kommandeur des Rückwärtigen Heeresgebiets
Kommunistische Partei Deutschlands
Kommunistische Partei der Sowjetunion
Ministerstvo gosudarstvennoj bezopasnosti (Ministerium für Staatssicherheit der UdSSR)
Militärgeschichtliche Mitteilungen
Ministerstvo vnutrennych del SSSR (Innenministerium
der UdSSR seit 1946)
73
H9TEX.DOC Seite 74 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
MW 36
NATO
NKFD
NKVD
NS
OER
OGruf.
OSSO
PA-AA Bonn
Pz. AOK
Pz. Div.
Pz. Korps
ROW
RSFSR
SBZ
SED
SD
SH
SIPO
SJZ
SMAD
SN
SPD
SS
StGB
StPO
SVE
SWN
TASS
TR
UdSSR
UF
74
Mittelweg 36 (Zeitschrift)
North Atlantic Treaty Organisation (Nordatlantischer
Verteidigungspakt)
Nationalkomitee Freies Deutschland
Norodnyj komissariat vnutrennych del SSSR (Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten der UdSSR
vor 1946)
Nationalsozialismus
Osteuropa Recht
Obergruppenführer
Osoboe Soveščanie (Sonderberatung, administrative
Sondergerichte des Innenministeriums)
Politisches Archiv des Auswärtigen Amts Bonn
Panzerarmeeoberkommando
Panzerdivision
Panzerkorps
Recht in Ost und West
Rossijskaja Sovetskaja Federativnaja Socialističeskaja
Respublika (Russische Sozialistische Föderative
Sowjetrepublik)
Sowjetische Besatzungszone Deutschlands
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
Sicherungsdivision
Sowjetunion heute
Sicherheitspolizei
Süddeutsche Juristenzeitung
Sowjetische Militäradministration in Deutschland
Soviet News
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Schutzstaffel
Strafgesetzbuch
Strafprozeßordnung
Sovetskaja Voennaja Enciklopedija (Sowjetische Militärenzyklopädie)
Soviet War News
Telegrafnoe agenstvo Sovetskogo Sojuza (Sowjetische
Telegraphenagentur)
Tägliche Rundschau
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
Ursachen und Folgen (Quellensammlung)
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US
USA
Vgren.Div.
VOVE
Wa-SS
ZK
ZOR
United States
United States of America (Vereinigte Staaten von Amerika)
Volksgrenadierdivision
Velikaja Otečestvennaja vojna 1941-1945. Enciklopedija (Sowjetische Enzyklopädie zum Großen Vaterländischen Krieg)
Waffen-SS
Zentralkomitee
Zeitschrift für osteuropäisches Recht
9.
Quellen und Literaturangaben
9.1
Archivalien und Presseerzeugnisse
Bundesarchiv Koblenz (BA Koblenz):
Bestandsgruppe B305 (Zentrale Rechtsschutzstelle des Auswärtigen
Amts), Bde. 515 f., 519 f., 525, 564 f., 612, 620, 634.
Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg (BA-MA Freiburg):
Bestandsgruppe Msg. 200 (Militärgeschichtliche Sammlung, Elsa Brandström-Gedächtnis-Archiv), Bd. 634.
Politisches Archiv des Auswärtigen Amts Bonn (PA-AA Bonn):
Bestandsgruppe Abteilung Inland II Geheim, Deutsche Kriegsgefangene
in der Sowjetunion, R 100710-100711.
Sächsische Landesbibliothek Dresden:
Tägliche Rundschau, 1945, 1946, 1947.
Seminar für Osteuropäische Geschichte Frankfurt a. M.:
Soviet War News, Jge. 1943, 1944, 1945, Soviet News, Jge. 1945, 1946.
9.2
Publizierte Quellen
(Keesings) Archiv der Gegenwart, Jge. XV (1945) – XXIV (1954).
Archiv novejšej istorii Rossii. Tom I »Osobaja papka« I. V. Stalina. Iz
materialov Sekretariata NKVD-MVD SSSR 1944-1953 gg. Katalog
dokumentov. Pod. red. V. A. Kozlova i S. V. Mironenko, Moskau 1994.
Bundesgesetzblatt, (1954) Teil II.
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H9TEX.DOC Seite 76 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Gesetzblatt der DDR, (1956) Teil I.
Heer, Hannes (Hg.): »Stets zu erschießen sind Frauen, die in der
Roten Armee dienen.« Geständnisse deutscher Kriegsgefangener über
ihren Einsatz an der Ostfront. Hamburg 1995.
Ihme-Tuchel, Beate: Die Entlassung der deutschen Kriegsgefangenen
im Herbst 1955 im Spiegel der Diskussion zwischen SED und KPdSU.
Dokumentation. In: MGM, 53(1994) S. 449-465.
Konasov, Viktor B.: Suďby nemeckich voennoplennych v SSSR: Diplomatičeskie, provovye i političeskie aspekty problemy. Očerki i dokumenty. Vologda 1996.
Ursachen und Folgen. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und
1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart.
Eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte, hg. von
Herbert Michaelis u. a., Bde. XXI und XXIV. Berlin o.J.
9.3
Sowjetische Rechtstexte und publizierte Prozeßmaterialien
Deutsche Greuel in Rußland. Gerichtstag in Charkow. Wien o.J.
Gerichtsprozeß über die Bestialitäten der faschistischen deutschen
Okkupanten in Stadt und Gebiet Charkow während ihrer vorübergehenden Besetzung. Moskau 1944.
Gerichtsverfassung, Strafgesetzbuch und Strafprozeßordnung der
RSFSR, bearbeitet von Hans Fritzsche. Ost-Berlin 1962
Der Minsker Prozeß gegen Verbrechen der deutschen Wehrmacht und
anderer Besatzungsorgane; 15. bis 26. Januar 1946. In: MW 36, H. 3/
1994, S. 32-40.
The People’s Verdict. A full Report of the Proceedings at the
Krasnodar and Kharkov German Atrocity Trials. London/New York/
Melbourne o.J.
Prozeß in der Strafsache gegen die faschistischen deutschen Okkupanten und ihre Helfershelfer wegen ihrer Bestialitäten im Gebiet der Stadt
Krassnodar und des Krassnodarer Gaus während der zeitweiligen Besetzung dieses Gebietes. Verhandelt am 14.-17. Juli 1943. Moskau 1943.
Prozeßbericht über die Strafsache des trotzkistisch-sinowjewistischen
terroristischen Zentrums. Verhandelt vor dem Militärkollegium des
Obersten Gerichtshofes der UdSSR vom 19.-24. August 1936. Moskau
1936.
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Prozeßbericht über die Strafsache des sowjetfeindlichen trotzkistischen Zentrums. Verhandelt vor dem Militärkollegium des Obersten
Gerichtshofes der UdSSR vom 23.-30. Januar 1937. Moskau 1937.
Prozeßbericht über die Strafsache des antisowjetischen »Blocks der
Rechten und Trotzkisten«. Verhandelt vor dem Militärkollegium des
Obersten Gerichtshofes der UdSSR vom 2.-13. März 1938. Moskau
1938.
Prozeßmaterialien in der Strafsache gegen ehemalige Angehörige der
japanischen Armee wegen Vorbereitung und Anwendung der Bakterienwaffe. Moskau 1950.
Strafgesetzbuch, Gerichtsverfassungsgesetz und Strafprozeßordnung
Sowjetrußlands. Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Heinrich
Freund. Mannheim/Berlin/Leipzig 1925.
Strafgesetzbuch der Russischen Föderativen Sowjet-Republik vom 22.
November 1926 in der am 1. Januar 1952 gültigen Fassung mit Nebengesetzen und Materialien. Übersetzt von Wilhelm Gallas. Berlin 1953 (Gallas, Strafgesetzbuch).
Sudebnyj process po delu o zlodejanijach nemecko-fašistskich zachvatčikov na territorii Latvinskoj, Litovskoj i Estonskoj SSR. Riga 1946.
Sudebnyj process po delu o zlodejanijach soveršennych nemeckofašistskimi zachvatčikami v Belorusskoj SSR. Minsk 1947.
9.4
Monographien, Sammelbände, Aufsätze, Erlebnisberichte
Alles erfunden. Eine Moskauer Behörde überprüft die Urteile sowjetischer Militärtribunale gegen deutsche Gefangene und Ostzonenbewohner. In: Der Spiegel, H. 45/1992, S. 226-233.
Artem’ev, Vjačeslav P.: Režim i ochrana ispraviteľno-trudovych lagerej
MVD. München 1956.
Aschenauer, Rudolf: Der Schutz der verurteilten Kriegsgefangenen
nach der Genfer Kriegsgefangenen-Konvention vom 12. 8. 1949. In:
SJZ, 5(1950) S. 899-906.
Bacon, Edwin: The Gulag at War. Stalin’s Forced Labour System in
the Light of the Archives. New York 1994.
Bährens, Kurt: Deutsche in Straflagern und Gefängnissen der Sowjetunion. Bd. 1-3. München 1965.
77
H9TEX.DOC Seite 78 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Bauer, Karl: Gedächtnisprotokoll. Ein Prozeß in Minsk. Herford
1990.
Becker, Eberhard: Das Rätsel des Ukas 43 und eine Erkundung des
Archipel Gulag. Hamburg 1991.
Besymenski, Lew: Kriegsverbrecher oder Kriegsgefangene? In: SH,
Nr. 10/1990, S. 38-41.
Bilinsky, Andreas: Das Problem der materiellen Wahrheit im sowjetischen Strafprozeß. In: ROW, 6(1962) S. 232-238.
Böhme, Kurt W.: Die deutschen Kriegsgefangenen in sowjetischer
Hand – Eine Bilanz. München 1966.
– Hilfen für die deutschen Kriegsgefangenen 1939 – 1956. In:
Maschke, Erich: Die deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkriegs. Eine Zusammenfassung. München 1974, S. 347-446.
Cartellieri, Diether: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion – Die Lagergesellschaft. Eine Untersuchung der zwischenmenschlichen Beziehungen in den Kriegsgefangenenlagern. München 1967.
Epifanov, Aleksandr E.: Straforgane der Stalinschen totalen Despotie
gegen »Kriegsverbrecher« von 1941 bis 1955. In: Epifanov/Mayer
S. 105-127.
Epifanov, Aleksandr E./Mayer, Hein: Die Tragödie der deutschen
Kriegsgefangenen in Stalingrad von 1942 bis 1956 nach russischen
Archivunterlagen. Osnabrück 1996.
Feldmann, Horst: Das Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Essen
1948.
Fleischhacker, Hedwig: Die deutschen Kriegsgefangenen in der
Sowjetunion – Der Faktor Hunger. München 1965.
Frey, Georg: Das Strafverfahren gegen deutsche Kriegsgefangene in
der Sowjetunion. Zur formalrechtlichen Seite der Verurteilungen. In:
OER, 1(1955) H. 1, S. 31-37.
Fricke, Karl Wilhelm: Politik und Justiz in der DDR. Zur Geschichte
der politischen Verfolgung 1945 – 1968. Bericht und Dokumentation.
Köln 1979.
Ihme-Tuchel, Beate: Die SED und die deutschen Kriegsgefangenen in
der Sowjetunion zwischen 1949 und 1955. In: Deutschland Archiv,
27(1994) H. 5, S. 490-503.
Jung, Susanne: Die Rechtsprobleme der Nürnberger Prozesse. Tübingen 1992.
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Karner, Stefan (Hg.): »Gefangen in Rußland«. Die Beiträge des Symposions auf der Schallaburg 1995. Graz-Wien 1995.
Kolerov, Modest A.: Arbeitsverwendung der Kriegsgefangenen und
Internierten in der UdSSR (1946-1950). Nach dem Material in den »Sondermappen« des Sekretariats des NKVD/MVD der UdSSR. In: Karner,
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Konasov, Viktor B./Podoľskij, Vladislav M./Tereščuk, Andrej V.:
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Kopalin, Leonid P.: Die Rehabilitierung deutscher Opfer sowjetischer
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Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn am 16. Mai 1995. Bonn 1995.
Kozlov, Vladimir A.: Politische Einstellung und Stimmung der deutschen Kriegsgefangenen und der wegen Kriegsverbrechen Verurteilten in
den Jahren 1944-1955. Ein quellenwissenschaftlicher Überblick aus
Dokumenten des Sekretariats des NKVD (MVD) der UdSSR. In: Karner,
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Kriegsgefangene – Voennoplennye. Sowjetische Kriegsgefangene in
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Lang, Martin: Stalins Strafjustiz gegen deutsche Soldaten. Die Massenprozesse gegen deutsche Kriegsgefangene in den Jahren 1949 und 1950
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Makarov, A. N.: Die Einführung der Sowjetgesetzbücher in den der
Sowjetunion neu angegliederten Gebieten. In: ZOR, 7(1940/41), S.
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Maurach, Reinhart: Die Kriegsverbrecherprozesse gegen deutsche
Gefangene in der Sowjetunion. Hamburg 1950.
– Handbuch der Sowjetverfassung. München 1955.
– Die Perioden der sowjetischen Rechtsgeschichte. In: JbOR, Bd. I
(1960), S. 107-128.
Messerschmidt, Manfred: Der Minsker Prozeß 1946. Gedanken zu
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Petrov, Nikita V.: Deutsche Kriegsgefangene unter der Justiz Stalins.
Gerichtsprozesse gegen Kriegsgefangene der deutschen Armee in der
UdSSR 1943-1952. In: Karner, Stefan (Hg.): »Gefangen in Rußland«, S.
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Pust, Heinz: Als Kriegsgefangener in der Sowjetunion. In: Kriegsgefangenschaft. Berichte über das Leben in Gefangenenlagern der Alliierten von Otto Engelbert, Kurt Glaser, Hans Jonitz und Heinz Pust, hg.
von Wolfgang Benz/Angelika Schardt. München 1991, S. 17-64.
Ratza, Werner: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion –
Der Faktor Arbeit. München 1973.
Robel, Gerd: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion –
Antifa. München 1974.
Schwarz, Wolfgang: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion – Aus dem kulturellen Leben. München 1969.
Sigel, Robert: Im Interesse der Gerechtigkeit. Die Dachauer Kriegsverbrecherprozesse 1945-1948. Frankfurt a. M./New York 1992.
Simonow, Konstantin: Kriegstagebücher. Zweiter Band 1942 bis
1945. München 1979.
Smith, Arthur L.: Heimkehr aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Entlassung der deutschen Kriegsgefangenen. Stuttgart 1985.
Streim, Alfred: Die Behandlung sowjetischer Kriegsgefangener im
»Fall Barbarossa«. Eine Dokumentation. Heidelberg/Karlsruhe 1981.
Stalin, J. W.: Über den Großen Vaterländischen Krieg der Sowjetunion.
Moskau 1946.
Trainin, A. N.: Hitlerite Responsibility under Criminal Law. London
1945.
Trajnin, Aron N.: Učenie o součastii. 2. Auflage Moskau 1946.
Utevskij, B. S.: Sudebnye processy o zlodejanijach nemecko-fašistskich zavatčikov na territorii SSSR. Moskau 1946
Velikaja Otečestvennaja Vojna 1941 – 1945. Enciklopedija. (Abk.
VOVE). Moskau 1985.
Vestermanis, Margers: Ortskommandantur Libau. Zwei Monate deutscher Besatzung im Sommer 1941. In: Heer, Hannes/Naumann, Klaus
(Hg.): Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 – 1944.
Hamburg 1995.
Wagenlehner, Günther: Stalins Willkürjustiz gegen die deutschen
Kriegsgefangenen. Dokumentation und Analyse. Bonn 1993.
80
H9TEX.DOC Seite 81 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
– Urteil: »25 Jahre Arbeitslager«. Die Prozesse gegen deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion. In: Kriegsgefangene – Voennoplennye.
Sowjetische Kriegsgefangene in Deutschland. Deutsche Kriegsgefangene
in der Sowjetunion, hg. vom Haus der Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland. Düsseldorf 1995, S. 77-84.
81
H9TEX.DOC Seite 82 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Zum Autor
Manfred Zeidler, Dr. phil., geb. 1952, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung.
Veröffentlichungen u.a.: Reichswehr und Rote Armee 1920 – 1933.
Wege und Stationen einer ungewöhnlichen Zusammenarbeit. München
1993 (2. Auflage 1994); Kriegsende im Osten. Die Rote Armee und die
Besetzung Deutschlands östlich von Oder und Neiße. München 1996;
Die Reichswehr im demokratischen Staat 1918 – 1933. In: Studienbuch
zur deutschen Militärgeschichte. Bd. 1. Freiburg 1993.
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Weitere Hefte dieser Reihe:
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 3
Nr. 4
Nr. 5
Nr. 6
Nr. 7
Nr. 8
Gerhard Barkleit, Heinz Hartlepp:
Zur Geschichte der Luftfahrtindustrie in der DDR 1952 – 1961
ISBN 3-931648-00-1
Michael Richter:
Die Revolution in Deutschland 1989/90.
Anmerkungen zum Charakter der »Wende«
ISBN 3-931648-01-X
Jörg Osterloh:
Sowjetische Kriegsgefangene 1941 – 1945 im Spiegel nationaler
und internationaler Untersuchungen. Forschungsüberblick und
Bibliographie
ISBN 3-931648-02-8
Klaus-Dieter Müller, Jörg Osterloh:
Die Andere DDR.
Eine studentische Widerstandsgruppe und ihr Schicksal im Spiegel
persönlicher Erinnerungen und sowjetischer NKWD-Dokumente
ISBN 3-931648-03-6
Gerhard Barkleit:
Die Rolle des MfS beim Aufbau der Luftfahrtindustrie der DDR
ISBN 3-931648-04-4
Christoph Boyer:
»Die Kader entscheiden alles … «
Kaderpolitik und Kaderentwicklung in der zentralen Staatsverwaltung der SBZ und der frühen DDR (1945 – 1952)
ISBN 3-931648-05-2
Horst Haun:
Der Geschichtsbeschluß der SED 1955.
Programmdokument für die »volle Durchsetzung des MarxismusLeninismus« in der DDR-Geschichtswissenschaft
ISBN 3-931648-06-0
Erich Sobeslavsky, Nikolaus Joachim Lehmann:
Zur Geschichte von Rechentechnik und Datenverarbeitung
in der DDR 1946 – 1968
ISBN 3-931648-07-9
Die Hefte können zum Preis von 5,40 DM incl. Mwst. zzgl. Versandkosten bezogen werden über:
Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e. V.
01062 Dresden
Tel.: (0351) 463 32802, Fax: (0351) 463 36079
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H9TEX.DOC Seite 84 Donnerstag, März 15, 2012 2:39 PM
Reihe »Vorträge aus dem Hannah-Arendt-Institut«
Heft 1
Heft 2
Heft 3
Heft 4
Heft 5
Heft 6
Heft 7
Ansprachen zur Eröffnung am 17. Juni 1993
ISBN 3-929048-60-4
Manfred Hagen:
‘Wir sind doch nicht geschlagen?!’ Erste Reaktionen
der SED-Führung auf die Volkserhebung 1953
ISBN 3-929048-61-2
Hans Joachim Meyer:
Gedanken zur Situation der Geisteswissenschaften
ISBN 3-929048-62-0
Götz Bergander:
Kalkül und Routine. Dresdens Rolle in der britischamerikanischen Luftkriegsplanung
ISBN 3-929048-64-7
Norbert Kapferer:
Der Totalitarismusbegriff auf dem Prüfstand
ISBN 3-929048-65-5
Friedrich Pohlmann:
Ideologie, Herrschaftsorganisation und Terror
im Nationalsozialismus
ISBN 3-929048-66-3
Uwe Grüning:
»Vom Leben des Geistes« – Ein Essay
(anläßlich des 20. Todestages von Hannah Arendt)
ISBN 3-929048-67-1
Die Hefte können zum Preis von 4,80 DM incl. Mwst. zzgl. Versandkosten bezogen werden über:
Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e. V.
01062 Dresden
Tel.: (0351) 463 32802, Fax: (0351) 463 36079
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