Roland Verwiebe/Matthias C. Müller Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? Die flexiblen Biografien transnational mobiler Europäer zu Beginn des 21. Jahrhunderts Der Beitrag thematisiert die sozialstrukturellen Dynamiken, die transnationalen europäischen Wanderungsbiografien inhärent sind. Empirisch lassen sich in der Kontrastierung dieser Mobilitätsformen und unter besonderer Berücksichtigung berufsbiografischer Aspekte mehrere charakteristische Typen transnationaler Mobilität innerhalb Europas herauskristallisieren. Weiterhin zeigt sich, dass der bestimmende ökonomische Integrationsmodus innerhalb unserer Studie wesentlich über die Verfügbarkeit kulturellen und sozialen Kapitals vermittelt wird. Dabei lassen sich nicht nur europäische Elitenbiografien oder Unterschichtsbiografien finden, wie dies aus der neueren transnationalen bzw. der klassischen Migrationsforschung abzuleiten wäre, sondern auch verschiedene Typen transnationaler Mittelschichtsbiografien. Diese Befunde können als mögliche Erweiterung des soziologischen Verständnisses von Wanderungsbewegungen im 21. Jahrhundert verstanden werden. Empirisch stützt sich der Beitrag auf 27 problemzentrierte Interviews mit in Berlin lebenden Italienern, Franzosen, Briten, Dänen und Polen, die in zwei Wellen 2002 und 2003 realisiert wurden. 1. Innereuropäische Mobilität Das Hauptinteresse der bundesdeutschen Migrationsforschung gilt traditionell der Untersuchung europäischer Arbeitsmigranten und deren Nachkommen im Hinblick auf die Ursachen von Wanderungen sowie den Grad der ökonomischen, sozialen und kulturellen Integration. „Gegenstand der Migrationsforschung sind – etwas überspitzt ausgedrückt – zugewanderte, ethnisch fremde Unterschichtangehörige. Dabei stellen die Tätigkeit und Wohnsituation im Aufnahmeland das Kriterium für die Einordnung in das gesellschaftliche Statusgefüge dar“ (Treibel 2001: 478). Über Migranten, die nicht dem Schema des „klassischen“ Arbeitsmigranten (oder seiner Kinder) entsprechen, ist in der Forschung bisher wenig bekannt. Erst in den letzten Jahren wendet man sich in der Migrationsforschung auch der Analyse anderer Wanderungspopulationen zu und argumentiert verstärkt, dass das push-pull-Konzept (Lee 1966; Castles 1986) und die damit verbundenen Modellannahmen zur Erklärung der Ursachen und des Verlaufs von Migration nicht mehr ausreichen. Insbesondere für die transnationale Migrationsforschung war dies ein wichtiger Ausgangspunkt (Pries 1996, 1999; Hillmann/Rudolph 1997; Levitt/ DeWind/Vertovec 2003; Glick-Schiller/Wimmer 2003). In dieser Forschungsrichtung stimmt man darin überein, dass die alte Unterscheidung von temporärer und dauerhafter Wanderung auf viele Migranten nicht mehr zutrifft, da diese zwischen ihrer alten und neuen Heimat hin- und herpendeln. Die Lebenspraxis von Wanderungspopulationen spannt sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts zwischen verschiedenen Wohnorten und unterschiedlichen sozialen und geografischen Räumen. Migration wird insgesamt im Gesamtzusammenhang eines tiefgreifenden Prozesses wirtschaftlicher, kultureller, politischer und sozialer Globalisierung betrachtet. An diese noch junge Forschungsrichtung knüpft der vorliegende Beitrag an.1 Gleichzeitig wird ein Akzent auf innereuropäische Wanderungen gelegt, die hier als ein Teil von neuartigen länderübergreifenden, d.h. transnationalen sozialen Mobilitätsprozes- 95 R. Verwiebe/M. C. Müller: Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? 96 sen2 konzeptualisiert werden. Es wird dabei gefragt, ob Europa, d.h. die Staaten, die der Europäischen Union angehören, eigene europäische Wanderungsbiografien hervorbringt, die nicht nur im Kontext einer allgemeinen wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Globalisierung zu sehen sind, sondern vielmehr im Zusammenhang mit der europäischen Vergemeinschaftung stehen. Zwischen dem Europäisierungsprozess und innereuropäischen Wanderungen besteht insofern ein Zusammenhang, als der europäische Integrationsprozess die Rahmenbedingungen dieser Wanderungen in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich verändert und die Selektion von Mobilitätspopulationen beeinflusst hat. In den 1960er Jahren waren vor allem niedrig qualifizierte Personen auf der Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten in der Industrie von Süd nach Nord mobil. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind es hauptsächlich Dienstleistungsbeschäftigte, die aus den verschiedensten Regionen Europas stammen und unterschiedliche, oft auch hohe Qualifikationen mitbringen. Die entscheidende Zäsur für innereuropäische Wanderungen stellte die Implementierung der Beschlüsse von Maastricht dar. Ursprünglich war die Freizügigkeit innerhalb der Union an wirtschaftliche Bedingungen und an bilaterale Abkommen zwischen einzelnen Nationen geknüpft. So existierte bereits Ende der 1960er Jahre eine erste EU-Verordnung, die die gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen einforderte. In der Praxis wurden aber die Möglichkeiten der Berufsausübung durch nationale Regelungen (z.B. Sprachtests für Rechtsanwälte, Mitgliedschaft in Berufskammern für Handwerker und Dienstleister) lange erschwert. Erst mit den Beschlüssen von Maastricht Mitte der 1990er Jahre steht die Freizügigkeit allen Bürgern der Mitgliedsstaaten zu und ist nicht mehr an Erwerbstätigkeit gebunden. Damit finden innereuropäische Mobilitätsprozesse innerhalb eines geografischen, institutionellen, politisch besonderen und eingrenzbaren Raumes statt. Das Überschreiten von Ländergrenzen ist ein Bestandteil dieser Form geografischer und sozialer Mobilität. Zugleich stellen Ländergrenzen, als Ausdruck der räumlichen Bestimmung nationalstaatlicher Regime, für Europäer aufgrund der institutionellen und rechtlichen Regulierungen der EU nicht die Hindernisse dar (Verwiebe 2005), wie das beispielsweise für Flüchtlinge aus Kriegsgebieten im Nahen Osten der Fall wäre. 2. Fragestellung und empirische Basis Für einen Beitrag, der an die neuere Migrationsforschung wie auch an die noch junge soziologische Europaforschung (u.a. Walby 1999; Bach 2000; Eder/Giesen 2001; Heidenreich 2003; Mau 2004; Delhey 2005) anknüpft, stellen sich eine Reihe von Fragen. Wenn man davon ausgeht, dass innereuropäische Mobilität aufgrund der wirtschaftlichen, institutionellen und politischen Rahmenbedingungen der EU besondere Formen von Biografien hervorbringt, dann ist zu analysieren, worin sich diese Besonderheiten äußern. Zu klären wäre beispielsweise, wie der europäische Integrationsprozess und seine Institutionen den Verlauf innereuropäischer Mobilität beeinflusst, welche Wanderungsgründe transnationale EU-Bürger haben, über welche Netzwerkstrukturen sie verfügen oder wie sich transnational mobile Europäer sozial und ökonomisch im europäischen Raum integrieren können. Zu fragen wäre auch, wie diese Europäer ihre spezifischen Biografien reflektieren und sich dies in habituellen Dispositionen manifestiert. Diese Überlegungen lassen sich in die folgende empirische Leitfrage bündeln: Wie sind die biografischen Verläufe, insbesondere die Berufsbiografien, von transnational mobilen Europäern strukturiert und welche verschiedenen Typen von europäischen Biografien lassen sich dabei ausmachen? Grundlage der empirischen Analysen dieses Beitrags ist eine leitfadengestützte, problemzentrierte Befragung (Lamnek 1995; Flick/von Kardorff/Steinke 2003; Bohnsack 2003) von Italienern, Franzosen, Briten, Dänen und Polen, die zum Zeitpunkt der Befragung in der Bundesrepublik gelebt haben.3 Insgesamt wurden 30 Interviews in zwei Wellen zwischen Februar und April 2002 bzw. Dezember 2002 und Februar 2003 durchge- Berl.J.Soziol., Heft 1 2006 S. 95-114 führt,4 von denen 27 Interviews für diesen Beitrag genutzt werden konnten. Mit diesen Interviews wurden vor allem berufliche Aspekte europäischer Biografien, aber auch Fragen der Identitätsbildung im Kontext von innereuropäischen Wanderungen sowie die soziale und kulturelle Integration von EUBürgern im europäischen Raum empirisch untersucht. Eingebettet war die biografische Befragung in einen Projektzusammenhang, in dem neben der qualitativen Studie von (Berufs-) Biografien auch eine quantitative Untersuchung der Lebensverläufe transnational mobiler Europäer durchgeführt wurde. Diese Methoden-Triangulation (Esser 1987; Kelle/Erzberger 1999; Merkens 2003) erschien im Vorfeld der Untersuchung des soziologisch unerforschten Zusammenhangs von Europäisierung und sozialstrukturellen Prozessen als angemessene Strategie. 3. Konturen europäischer Biografien zu Beginn des 21. Jahrhunderts Aus der vorgenommenen biografischen Untersuchung transnational mobiler Europäer aus Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien und Dänemark lassen sich fünf verschiedene Typen von biografischen Verläufen gewinnen: Personen mit einer europäischen Elitenbiografie (1); innerhalb der Mittelschicht drei verschiedene Formen von europäischen Biografien (2-4); und am unteren Ende der sozialen Skala Personen mit einer europäischen Unterschichtsbiografie (5).5 Der Typologie liegt ein Merkmalsraum zugrunde, der sich durch die Kombination ausgewählter Kategorien und ihrer Ausprägungen ergibt. Dadurch wird der inhaltliche Zusammenhang der gebildeten Typen gewährleistet, der die Typenbildung an sich erst sinnvoll macht (Wohlrab-Saar 1994; Kelle/Kluge 1999; Kluge 1999, 2000). Vier Kategorien, die aus der vergleichenden Falldiskussion gewonnen wurden, sind Grundlage der Typisierung: Verlauf der Berufsbiografie (1), Verfügbarkeit kulturellen Kapitals (2), Verfügbarkeit sozialen Kapitals (3), Wanderungs- bzw. Mobilitätsgründe (4). 3.1 Europäische Elitenbiografien Der erste Typ besteht aus Personen mit einer europäischen Elitenbiografie. Diesem Typus können zwei Männer im Alter zwischen 40 und 50 Jahren zugeordnet werden. Ihre Berufsbiografien sind durch eine Abfolge hoch bezahlter Tätigkeiten gekennzeichnet. Sie übernehmen durchgehend Führungspositionen bzw. Leitungsaufgaben im oberen und leitenden Management. Berufswechsel, teilweise innerhalb von transnationalen Firmennetzwerken, sind durch Aufstiegsbewegungen gekennzeichnet: „Ich war in Großbritannien zuletzt Leiter einer Abteilung mit 30 Mitarbeitern. (...) Bevor ich (nach Deutschland) kam, habe ich in einem globalen Vorhaben zur Entwicklung von Medikamenten mitgearbeitet. (…) Dieses Projekt hat wirklich (die Abläufe) jeder Niederlassung in den wichtigen Märkten in den USA, Japan, Deutschland und Großbritannien beeinflusst. (…) In der Mitte des Projekts wurde ich gefragt, ob ich die europäische Leitung dieses globalen Projekts übernehme würde. (…) Nun bin ich für 230 Menschen verantwortlich“ (I2: 63ff.). Es gibt vergleichsweise wenig berufliche Wechsel in der europäischen Elitenberufsbiografie. Als ein Zeichen von Standardisierung kann gelten, dass in jedem Job mehrere Jahre gearbeitet wird. Bei einer der interviewten Personen mit einer europäischen Elitenbiografie liegen Beschäftigungen in sechs Unternehmen im Bereich Dienstleistungen, Kommunikation und Handel innerhalb europäischer Konzerne vor. Nach seiner ersten Tätigkeit als Abteilungsleiter Export arbeitete der Befragte für verschiedene europäische Niederlassungen der Firma X2* an leitender Stelle: „Ich habe (...) Gesellschaften, die in Schwierigkeiten waren, wiederbelebt, in Frankreich, Österreich erst, in Deutschland danach“ (I1: 18ff.), formuliert er nicht ohne Stolz. Danach übernahm er die Führung eines Medienunternehmens und später eines großen Kaufhauses in Deutschland, um anschließend zurück nach Frankreich zu gehen und dort die französische Niederlassung eines deutschen Unternehmens zu leiten. Bei der zweiten befragten Person mit einer europäischen Elitenbiogra- 97 R. Verwiebe/M. C. Müller: Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? 98 fie sind es drei Jobs, die innerhalb eines europäischen Firmennetzwerkes realisiert wurden. Diese Tätigkeiten liegen alle in der pharmazeutischen Branche. Insgesamt weisen diese elitären europäischen Berufsbiografien Ähnlichkeiten auf mit dem in der Literatur in den letzten Jahren mehrfach thematisierten Phänomen globaler Elitenwanderung (Hillmann/Rudolph 1997; Cheng/ Yang 1998; Peixoto 2001; Amit 2002; Martin/Lowell 2002; Hartmann 2003; Weiß 2005). Personen, die europäische Elitenbiografien haben, verfügen über hohes kulturelles Kapital, einerseits in Form von Ausbildungstiteln und andererseits in Form von inkorporiertem Kapital. Die Bildungsinstitutionen beider Mitglieder der europäischen Mobilitätselite werben Studenten mit Bestplatzierungen in Ranglisten renommierter Rankingagenturen und Fachzeitschriften. Aufschlussreich ist die Selbstbeschreibung einer der Einrichtungen: „Wenn man einer der gesuchten internationalen high profile Kandidaten ist, für den europäisches Management, multikulturelle und persönliche Entwicklung attraktiv sind, dann wird man hier seine höchsten Erwartungen mehr als erfüllen können“ (Forschungsdokumentation 2003: 35). So erwerben beide Befragten dieser Gruppe elitäres institutionalisiertes kulturelles Kapital. Dies kann als wichtiges Merkmal einer europäischen Elitenbiografie, d.h. als Voraussetzung für das Einnehmen von Führungspositionen in verschiedenen Firmen, betrachtet werden. Mit dem elitären kulturellen Kapital korrespondiert auch ein Eliten-Habitus. Dieser Habitus wird generell signalisiert und verbildlicht sich in verschiedenen Gestalten: durch die demonstrative Anwendung historischer Ereignisse zur Erklärung allgemeiner Sachverhalte („das war wie (...) im Mai ’68“ (I1: 11)), durch den Verweis auf europäische und lateinische Sprachkenntnisse (I1: 174, 416) sowie durch Denk- und Handlungsschemata, die in Bezug auf Positionen in der politischen Öffentlichkeit artikuliert werden (I1: 207-247; I2: 303ff.).6 Betrachtet man das soziale Kapital der europäischen Elite bzw. deren Integration in soziale Netzwerke, dann sind mehrere Dinge auffällig. Als Bestandteil des sozialen Kapi- tals sind zunächst Herkunftsnetzwerke wichtig. Die Äußerung „ich habe einen Bruder, wir sind sehr verbunden wir zwei“ (I1: 367), charakterisiert exemplarisch den Stellenwert dieser Netzwerke. Auskünfte über soziale Netzwerke oder den Charakter des verfügbaren sozialen Kapitals werden von der europäischen Elite jedoch nur zurückhaltend erteilt. Dies kann als ein weiterer Bestandteil eines Elitenhabitus gesehen werden. Für die eigene Berufsbiografie ist die Integration in beruflich orientierte globale Netzwerke noch bedeutsamer als die Herkunftsnetzwerke. Im Fall des einen Befragten wird die enge Verbindung mit einem institutionalisierten Netzwerk seiner Hochschule zur Mobilisierung von beruflichen Spitzenpositionen genutzt: „Meine erste Arbeit (…) habe ich durch den S*-Verein gefunden“ (I1: 272). Auch im Verlauf der weiteren beruflichen Karriere wird dieses soziale Kapital mobilisiert. „Als ich zu X3* gegangen bin, hat sich ein headhunter mir genähert (…) ein Kerl vom S*-Verein“ (I1: 274, 291). Ansonsten sind es „Berufsbeziehungen“ (I1: 280), die er für sein Karrierefortkommen verwertet. Für den anderen Befragten ist eine Integration in globale berufliche und soziale Netzwerke charakteristisch: „Ich stehe in Kontakt (…) mit Menschen, die überall auf der Welt leben“ (I2: 214f.). Der globale Charakter der Netzwerke der europäischen Elite wird noch dadurch betont, dass deren soziale Integration nicht an einen Ort oder eine Nation gebunden ist, weder an die Herkunftsnation noch an die Nation, in der sie gerade leben: „Ich habe noch keine Wurzeln in Berlin entwickelt. Ich könnte mehr oder weniger an jeden Ort in der Welt gehen“ (I2: 259). Ein weiteres Indiz für die geringe Bindung an einen Ort bzw. für eine „globale“ Sozialintegration der europäischen Wanderungselite sind deren relativ geringe deutschen Sprachkenntnisse. So wurden die Interviews mit beiden Befragten in deren Muttersprache geführt. Ein Grund dafür könnte sein, dass die berufliche Kommunikation der Befragten in der Regel in deren Muttersprache oder in „Business-Englisch“ absolviert wird. Vermutlich trägt auch die kosmopolitische Orientierung des sozialen Umfelds in Deutschland zu diesem Tatbestand bei. Berl.J.Soziol., Heft 1 2006 S. 95-114 Die sozialen und geografischen Mobilitätsereignisse der europäischen Wanderungselite sind nicht sofort nach Beendigung der Ausbildung bzw. beim Eintritt ins Erwerbsleben europäisch ausgerichtet. Es ist eher so, dass die Personen dieses Typus’ nach mehreren Jahren Berufserfahrung in ihren Heimatländern in Europa mobil werden. Die Verbindung zum jeweiligen „Aufenthaltsland“ bleibt aber lose. Die Wanderungsgründe sind ausschließlich beruflich bedingt (vgl. Hillmann/Rudolph 1997; Cheng/Yang 1998; Amit 2002). Es sind Karrieregründe, die die europäische Elite dazu bewegt, im europäischen Raum mobil zu sein (I1: 86-104; I2: 180ff.). Dieses Motiv unterscheidet sie von allen anderen betrachteten Typen dieser Studie. Es waren „immer professionelle Gründe, ja, ganz und gar“ (I1: 104), wie einer der Interviewten formuliert. Der andere Befragte äußert sich dazu in der folgenden Sequenz: „Ich sagte ja (zu einem Wechsel nach Deutschland). Das Projekt ist wichtig. Es ist wichtig für die Firma. Und es ist eine Herausforderung für mich, weil es global ist und man mit verschiedenen Nationalitäten zusammenarbeitet“ (I2: 180f.). Und er führt weiter aus: „Als ich mehr und mehr in das Projekt involviert wurde, wurde es klar, dass meine Erfahrung, die zunahm, im Hauptquartier einer globalen Firma viel nützlicher war als in einer Niederlassung“ (I2: 182f.). 3.2 Europäische Biografien in der oberen Mittelschicht Der zweite Typ besteht aus Personen, die der oberen Mittelschicht angehören bzw. eine obere europäische Mittelschichtsbiografie aufweisen. Die beruflichen Positionen, die diese Personen innerhalb Europas einnehmen, sind mit hohem Berufsprestige und im Regelfall mit Weisungsbefugnis ausgestattet. Diesem Typus innereuropäischer Mobilität sind insgesamt neun Personen aus der Untersuchungsgruppe im Alter zwischen 30 und 45 Jahren zuzuordnen, davon fünf Frauen und vier Männer. Alle untersuchten nationalen Gruppen, darunter vor allem Briten, Dänen und Franzosen, sind vertreten. Das berufliche Spektrum in dieser Gruppe umfasst Tätigkeiten als Anwalt, Geschäftsführer, PR-Managerin, Ingenieur, Übersetzerin, Kauffrau oder Mathematiker. Die Aussage eines Juristen zu seiner beruflichen Biografie ist exemplarisch: „Nach einem Job in Kopenhagen (für) drei Jahre bei einer deutsch-dänischen Anwaltskanzlei (...) wohne (ich) seit Juni 2000 in Berlin und arbeite für eine andere deutsch-dänische Anwalts- Tabelle: Typisierung europäischer Biografien Verlauf der Berufsbiografie Verfügung kulturellen Kapitals Verfügung sozialen Kapitals Wanderungsgründe Europäische Elite hoch standardisiert elitäres Bildungskapital, hohes inkorporiertes Kapital sehr hoch; multikulturelle, globale Netzwerke rein karrierebezogene Gründe Europäische obere Mittelschicht weitgehend standardisiert hohes Bildungskapital, hohes inkorporiertes Kapital relativ hoch; hauptsächlich multikulturelle, auf BRD bezogene Netzwerke berufliche und soziale Gründe Europäische Mittelschicht sowohl standardisiert als auch unstandardisiert hohes Bildungskapi- relativ niedrig; haupt- berufliche, aber vor tal, mittleres inkorpo- sächlich herkunftsori- allem soziale Gründe entierte Netzwerke riertes Kapital Europäische untere Mittelschicht weitgehend unstandardisiert hohes bis niedriges Bildungskapital, mittleres inkorporiertes Kapital relativ hoch; sowohl herkunftsorientierte als auch multikulturelle Netzwerke vor allem soziale, kaum berufliche Gründe Europäische Unterschicht vollkommen unstandardisiert niedriges Bildungskapital, kaum inkorporiertes Kapital sehr niedrig; regionale, herkunftsorientierte Netzwerke verschiedene Gründe, darunter keine beruflichen Gründe 99 R. Verwiebe/M. C. Müller: Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? 100 kanzlei (...) als Leiter, (...) (die) hauptsächlich (...) Beratung von dänischen Unternehmen in Deutschland“ (I3: 52ff.) übernimmt. Ein Italiener, der jetzt als Geschäftsführer in einem norddeutschen Dienstleistungsunternehmen tätig ist, war vorher in Italien als stellvertretender Geschäftsführer eines Autohauses beschäftigt und in der Bundesrepublik als Abteilungsleiter in einem Lebensmittelbetrieb für Verkauf und Produktionsleitung zuständig. Dabei hat er „25 Leute beaufsichtigt“ (I4: 297). Eine Kauffrau war in ihrem Heimatland als Berufsoffizier bei der Armee beschäftigt: „Ein Traum, den ich gern verwirklichen wollte. So (...) fing (ich) an in der dänischen Luftwaffe“ (I7: 28f.). Danach absolvierte sie ein Hochschulstudium und wurde anschließend innerhalb Europas mobil. In ihrer ersten Tätigkeit arbeitete sie ein knappes Jahr in Berlin für die dänische Botschaft (I7: 53f.). Insgesamt sind die Berufsverläufe in dieser Gruppe geradlinig und durch Aufstiegsbewegungen gekennzeichnet. Europäer mit einer oberen Mittelschichtsbiografie verzeichnen weitgehend standardisierte Berufsbiografien. Sie können auch in der Bundesrepublik einen guten Lebensstandard realisieren. Personen, die diesem Typus innereuropäischer Mobilität zuzuordnen sind, verfügen über ein hohes kulturelles Kapital in Form von Ausbildungstiteln, im Regelfall Hochschulabschlüsse. Sie haben jedoch, im Unterschied zum ersten Typus, keine Elitenausbildung absolviert. Das Zitat einer Polin verdeutlicht dies: „Ich habe dann zuerst drei Jahre so ein Lehrerkolleg mitgemacht. Und das hat dann mit einem Lizenziat geendet. (...) Danach habe ich ein dreijähriges Ergänzungsstudium (absolviert)“ (I11: 11-13; 35). Dieses Ausbildungskapital in Verbindung mit inkorporiertem Kapital können die transnational mobilen Europäer mit einer oberen Mittelschichtsbiografie nutzbringend auf dem deutschen Arbeitsmarkt verwenden. Eine Tatsache, die nicht nur den generellen Stellenwert von Institutionen für individuelle Biografien belegt (Brose 1986; Fischer/Kohli 1987; Mutz/Kühnlein 1993), wie sich mehrfach in unserer Studie zeigt. Gleichzeitig deutet sich hier eine hohe Übereinstimmung mit den programmatischen Absichten der europäischen Integrationspolitik (European Commission 2002) hinsichtlich der Anerkennung von Berufsabschlüssen an. So bekommt ein befragter Mathematiker in der Bundesrepublik aufgrund seiner Sprachkenntnisse, seines institutionalisierten kulturellen Kapitals sowie der Tatsache, dass es „eine Managerin (gab), die einen Assistenten haben wollte, (...) der international gearbeitet hat“ (I8: 220ff.), eine gut dotierte Stelle bei einer Consultingfirma angeboten. Bei einer anderen Europäerin, die als Betriebswirtin tätig ist, sind es ihre breiten Sprachkenntnisse und ihr Wissen über internationale Handelsbeziehungen, die sich als ein Vorteil gegenüber deutschen Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt erwiesen haben: „Ich glaube am Anfang habe ich nämlich so mir gesagt, o.k. ich muss mit den Deutschen Wettbewerb machen. (…) (Ich) habe eigentlich gedacht, dass ist hier nicht einfach, weil mein Deutsch ist ‚anders’. (...) Aber ich habe die andern Sachen, die ich mir langsam auch klar geworden ist, dass ich kann, was vielleicht viele andere Diplomkaufleute, die ja in Deutschland geboren sind, nicht können. Und das sind meine Sprachfähigkeiten und meine interkulturelle Kommunikationsfähigkeit“ (I7: 223ff.; 233ff.). Personen mit einer oberen europäischen Mittelschichtsbiografie verfügen über sehr hohe Sprachkompetenzen, was für den Verlauf der beruflichen Biografien innerhalb Europas von großer Bedeutung ist (vgl. Weiß 2005). Neben der Muttersprache und Deutsch sind meist noch englische oder französische Sprachkenntnisse vorhanden. Diese Sprachkenntnisse sind höher als bei dem Typus Elitenmobilität, der nicht in demselben Maße über nicht-muttersprachliche Sprachkenntnisse verfügt. „Ich bin (...) zweisprachig aufgewachsen (...) und (kann) Englisch eigentlich auch einigermaßen gut“, ist eine typische Äußerung eines Mitglieds der oberen europäischen Mittelschicht. „Und weil Französisch mich fasziniert hatte, (...) bin (ich) auch wegen dem Französischlernen nach Frankreich gegangen“ (I3: 27ff.), führt der Befragte weiter aus. Das soziale Kapital dieser Gruppe ist relativ hoch. Meist ist es in multikulturellen Netzwerken organisiert, die an die Bundesrepublik als Ort gebunden sind. Die folgende Berl.J.Soziol., Heft 1 2006 S. 95-114 Beschreibung dieser Netzwerke ist exemplarisch: „Mittlerweile würde ich sagen, vielleicht 40% sind Ausländer (...) der Rest sind Deutsche. Habe zwei oder drei sehr gute englische Freunde. (…) Sonst habe ich ziemlich viele Freunde oder Freundinnen, die eher zu diesen City-Freundschaften gehören“ (I8: 500ff.). Auch bei einem anderen Fallbeispiel aus dieser Gruppe, einem Geschäftsführer eines mittelständischen Dienstleistungsbetriebs, ist der Freundeskreis gemischt. Zu etwa einem Drittel ist er multikulturell, besteht also aus Franzosen, Briten oder Italienern. Zu zwei Dritteln setzt er sich aus Personen deutscher Herkunft zusammen (I4: 466). Dabei war gerade zu Anfang seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik eine starke Orientierung auf die Gastkultur feststellbar: „Ich hatte ganz bewusst (...) damals (...) keine große Freundschaften mit Italienern geschlossen. (…) Weil ich wollte nicht (...) absolut isoliert leben, nur in der italienischen Gemeinschaft“ (I4: 145ff.). Die Mitglieder der oberen europäischen Mittelschicht aktivieren auch gezielt ihre sozialen Netzwerkpositionen für berufliche Zwecke. So ließ sich einer der Befragten in den Vorstand eines nationalen Vereins wählen, über den viele berufliche und soziale Kontakte realisiert werden: „Und man (wird) auch durch den *Club (…) zu allen Veranstaltungen in die Botschaft eingeladen, aber auch wo wichtige Leute dabei sind und die wiederum (einen) anderen interessanten (...) Umgangskreis (haben), und so bekommt man verschiedene Einladungen, (...) ins Kanzleramt oder eine Führung durch den Reichstag“ (I3: 549ff.). Auch bei einem Ingenieur ist das soziale Kapital funktional für die berufliche Integration in der Bundesrepublik. „Also ich habe immer Glück beim Stellensuchen. Das war (...) nie einfach. Aber jedes Mal, wenn ich eine Stelle gefunden habe, ist das mehr oder weniger auf Beziehungen gegangen“ (I6: 210ff.). Dieses soziale Kapital besteht aus Kontakten zu ehemaligen deutschen und französischen Studienkommilitonen oder zu Arbeitskollegen. Die berufliche Funktionalität des sozialen Kapitals hat eine wichtige Funktion für den Erfolg der Migrationsbiografien dieses Typus (Granovetter 1990) und unterscheidet diesen auch von den weiter unten betrachteten anderen sozialen Gruppen.7 Die Mobilitäts- bzw. Wanderungsgründe der oberen europäischen Mittelschicht variieren. Neben beruflichen Gründen für den Wechsel über Ländergrenzen gibt es dafür vor allem auch soziale Gründe. Die obere europäische Mittelschicht wandert häufig zur Familiengründung oder wegen eines Partners innereuropäisch – eine Bestätigung anderer Forschungsergebnisse (Beetz/Darieva 1997) –, wie die Sequenz eines Interviews mit einem Briten zeigt: „Ich hatte (...) eine Freundin hier kennen gelernt, die ist Deutsche. (...) Dann bin ich zurückgegangen nach England. Und für die letzten vier, fünf Monate ist sie nach England gekommen und hat in England gewohnt. Und dann sind wir Juli 1999 nach Berlin zurückgekommen“ (I8: 133ff.). Auch bei einer anderen Befragten sind es soziale und familiäre Gründe, die zu innereuropäischen Wanderungen führen: „Wir kannten uns ja schon ein paar Jahre und dann bin ich auch schwanger geworden. (...) Dann hat er (mein Mann) sich entschieden, mir und unseres Sohnes wegen, nach Berlin zu kommen“ (I11: 76ff.). Daneben finden europäische Wanderungen auch auf der Grundlage der institutionalisierten Austauschprogramme (ERASMUS) der EU (I3: 27ff.; I8: 31) oder aus beruflichen Gründen statt. Eine Kauffrau äußert sich dazu exemplarisch: „Ich wollte auch ein Jahr ein (…) Praktikum machen im Ausland. (…) Dann (…) habe ich mich beworben in der Botschaft hier in Berlin“ (I7: 45ff.). Auch bei einem Juristen sind berufliche Gründe für die Wanderung innerhalb Europas ausschlaggebend: „Ich bin gefragt worden, (...) ob es mich interessieren würde, als (...) Anwalt in Berlin zu arbeiten, (...) (in einer) Niederlassung der Kanzlei“ (I3: 122ff.). 3.3 Europäische Biografien in der Mittelschicht Der dritte Typus innereuropäischer Wanderungsverläufe besteht aus Personen, die eine europäische Mittelschichtsbiografie aufweisen, also mittlere Positionen in einer emergenten europäischen Sozialstruktur einnehmen. Dieser Gruppe gehören sieben Perso- 101 R. Verwiebe/M. C. Müller: Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? 102 nen im Alter zwischen 30 und 45 Jahren an, überwiegend Frauen, die aus Frankreich, Großbritannien, Italien und vor allem aus Polen stammen. Die Berufsbiografien dieser Gruppe sind teilweise standardisiert und geregelt, überwiegend jedoch unstandardisiert, mit oft kurzen, befristeten Anstellungen auf Honorarbasis, welche durch Leerzeiten infolge von Mutterschaft, Kinderbetreuung oder Arbeitslosigkeit unterbrochen werden. An anderer Stelle wurde schon belegt, dass solche Brüche zur Normalität von Mittelschichtsbiografien gehören (Mutz/Kühnlein 1993; Helling 1996). Relativ häufig sind in dieser Gruppe Beschäftigungsverhältnisse als freie Mitarbeiter oder Selbstständige zu finden. Im Unterschied zu den Berufsbiografien der europäischen Elite und der oberen europäischen Mittelschicht bringt der Wechsel in die Bundesrepublik für die hier betrachtete Gruppe berufliche Probleme und damit einen Bruch in der Erwerbsbiografie mit sich. Dieser Sachverhalt konnte mit quantitativen Daten bereits nachgewiesen werden (Verwiebe 2004, 2006a) und deckt sich auch mit anderen Befunden aus der Forschung (Weiß 2005). Sowohl die weitgehend unstandardisierten Berufsbiografien als auch die beruflichen Probleme beim Wechsel in die Bundesrepublik unterscheiden diese Gruppe von den beiden oben betrachteten Typen. So findet eine studierte Ökonomin in der Bundesrepublik zunächst keine Arbeit. Erst nach zirka einem halben Jahr bekommt sie für sechs Monate in einem Warenhaus eine Anstellung als Verkäuferin. Sie bezeichnet dies als einen großen Glücksfall für sich: „Der Personalchef hat mir eine Chance gegeben“ (I16: 147ff.). Exemplarisch ist auch der europäische Berufsverlauf einer Britin. Mit hohem Ausbildungskapital ausgestattet und fasziniert von der Dynamik des gesellschaftlichen Wandels in der Bundesrepublik, verlässt sie Anfang der 1990er Jahre Großbritannien. Sie begann sofort als freischaffende Englischlehrerin zu arbeiten: „bei einer Sprachschule so ganz wenig fünf oder sechs Stunden in der Woche. Habe ein bisschen verdient, war super arm am Anfang. (…) Man arbeitet auf Honorarbasis“ (I13: 40ff.). Es ist nicht unüblich, gleichzeitig für verschiedene Arbeit- geber zu arbeiten: „Ich habe mal mit privaten Sprachschulen gearbeitet, ziemlich viel an der Volkshochschule (...), aber auch in einem Ausbildungszentrum einer Berliner Universität“ (I13: 87ff.). Eine promovierte Germanistin kann vor ihrem Wechsel in die Bundesrepublik auf mehrere Jahre Berufserfahrung in gut bezahlten und hoch qualifizierten Positionen in Frankreich zurückblicken. In der Bundesrepublik geht sie hingegen keiner festen, geregelten Tätigkeit nach: „Ich wollte als Übersetzerin arbeiten. Und dann habe ich am Anfang (ein) bisschen gesucht. Das hat ziemlich lang gedauert“ (I12: 50ff.). Nach einigen Jahren als freie Übersetzerin für diverse Auftraggeber, in denen sie sehr wenig verdient hat, arbeitet sie aktuell als „selbstständige Übersetzerin technischer Übersetzungen“ (I12: 63f.). Dadurch erzielt sie jetzt ein ausreichendes Einkommen. Eine Bauingenieurin, die ebenfalls auf mehrere Jahre Berufserfahrung außerhalb der Bundesrepublik zurückblicken kann, teilweise mit Leitungstätigkeit, findet hier in ihrem angestammten Beruf keine Arbeit. Sie beginnt nach mehreren Jahren erfolgloser Arbeitssuche als freie Mitarbeiterin in der Versicherungsbranche zu arbeiten. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist der Verkauf von Versicherungspolicen an nicht-deutsche Bürger. Die Personen mit einer europäischen Mittelschichtsbiografie verfügen, mit einer Ausnahme, über ein hohes Ausbildungskapital in Form von Hochschul- und Universitätsabschlüssen. In dieser Gruppe finden sich Journalisten, Ökonomen, Filmwissenschaftler, Sprachwissenschaftler oder Ingenieure. Zum Teil wurden diese Abschlüsse auch in der Bundesrepublik realisiert, nachdem bereits ein Hochschulabschluss oder ein Teil der Hochschulausbildung im Heimatland erzielt wurde. Auch dieser Befund kann als ein Indiz für die lebensweltliche Bedeutung der Europäisierung und als ein Erfolg der Europäisierungspolitik gewertet werden (European Commission 2002). Das Beispiel einer Journalistin ist exemplarisch für das Bildungskapital dieser Personengruppe. Sie hat zunächst ein Studienkolleg absolviert, dann ein Hochschulstudium in Literaturwissenschaften und Anglistik in ihrem Heimatland abgeschlossen. Über ein europäisches Aus- Berl.J.Soziol., Heft 1 2006 S. 95-114 tauschprogramm kam sie nach Deutschland. Hier hat sie noch zusätzlich einen Magister in Kunstgeschichte erworben (I14: 110ff.). Bei einer Übersetzerin aus dieser Gruppe ist eine ähnliche Bildungskarriere zu beobachten. Sie hat in ihrem Heimatland eine sprachwissenschaftliche Promotion abgelegt und in der Bundesrepublik einen Magistertitel erworben (I12: 22f., 90f.). Auch in dieser Gruppe wird, weniger erfolgreich als bei der oberen europäischen Mittelschicht, versucht, spezifisches kulturelles Kapital beruflich zu mobilisieren. Bei einer Journalistin ist es exemplarisch die Verbindung von Bildungskapital und inkorporiertem Kapital in Form von Sprachkenntnissen und landeskundlichen Kenntnissen, welche auf dem Arbeitsmarkt verwertet werden sollen. Sie schreibt darüber „was passiert zwischen meinem Heimatland und Deutschland“ (I14: 152). Dies ist jedoch als berufliche Spezialisierung auch problematisch, da das öffentliche Interesse an der Bearbeitung einer solchen Thematik und damit die Nachfrage auf dem Markt nicht besonders ausgeprägt ist. Das soziale Kapital basiert bei Personen mit europäischer Mittelschichtsbiografie auf herkunftsorientierten, aber auch auf multikulturellen Netzwerken. Als ein Beispiel ist ein Gastronom zwar in herkunftsorientierte Netzwerke integriert. Nach eigener Aussage hat er jedoch einen multikulturellen Freundeskreis und sich seine „Freunde immer selber ausgesucht“ (I17: 680). Bei einer anderen befragten Europäerin kommt „ungefähr die Hälfte unserer Freunde aus (dem) englischen Freundeskreis, also sprachlich und ungefähr die Hälfte aus dem deutschen (Freundeskreis)“ (I13: 572ff.). Der Kontakt mit Deutschen und die Einbettung in deutsche Netzwerke werden von den Befragten mit einer europäischen Mittelschichtsbiografie zum Teil aktiv angestrebt. Dies wird als vorteilhaft für die eigene ökonomische und soziale Situation eingeschätzt. Dennoch bleibt die ökonomische bzw. berufliche Verwertbarkeit dieser Netzwerke eher gering. Eine interviewte Ökonomin hat beispielsweise bewusst nur deutsche Freunde und Bekannte und findet es nicht erstrebenswert, herkunftsbezogene Freundschaften zu etablieren, weil das die Integration in der Bundesrepublik er- schweren würde. Diese Sicht wird von einer weiteren Befragten geteilt, die vor allem auf die Konsequenzen für die Verfügbarkeit von sozialem Kapital hinweist. Sie berichtet von Frauen aus ihrer Heimat, die in der Bundesrepublik nur die eigene Muttersprache sprechen. „Die kommen mit der deutschen Gemeinschaft einfach nicht klar. Die machen nichts damit. Wir sind ja anders. Wir sind sehr integriert“ (I13: 596). Diese Beschreibung der sozialen Integration durch die Befragte ist auch deshalb interessant, da sie eine Form der positiven Selbstabgrenzung darstellt. Nach Seitter (2002) kann dies als ein allgemeines Muster der Selbstpräsentation, als eine steigerungsbiografische Erzählweise von Migranten aus der Mittel- oder Unterschicht verstanden werden. Die Mobilitäts- bzw. Wanderungsgründe der europäischen Mittelschicht sind heterogen. Neben sozialen und familiären Gründen finden sich in dieser Gruppe häufig auch kulturelle Gründe für innereuropäische Wanderungen, was als ein besonderes Kennzeichen aktueller innereuropäischer Mobilitätsbewegungen verstanden werden kann (Verwiebe 2005). Berufliche Gründe spielen in dieser Gruppe im Unterschied zu den weiter oben betrachteten Typen nur eine geringe Rolle. Eine Britin ist beispielsweise Anfang der 1990er Jahre nach Berlin gekommen, weil es ihr „einfach sehr spannend vorkam, (…) alles ein bisschen ungewöhnt. (…) Ich hatte einen Rucksack dabei und das war’s“ (I13: 32ff.). Bei einem Teil der Befragten wird der berufliche Karrierebruch bewusst in Kauf genommen – auch hier sind Brüche ein Teil der Normalbiografie (Mutz/Kühnlein 1993; Helling 1996) – und durch die Verwirklichung kultureller Interessen kompensiert. Das Berufliche tritt gegen eine kulturell motivierte Selbstverwirklichung in den Hintergrund: „Geld verdienen, (…) das war für mich nicht dringend. Ich habe mir Zeit gelassen“ (I12: 56). Bei einem Gastronom kommt der Mobilitätsentschluss aus Interesse an der deutschen Kultur und Politik, aus beruflichen Motiven und auf der Basis von Netzwerken zustande. Ende der 1970er Jahre gab es in seiner Heimatregion eine Zeit verstärkter Auswanderungen. Der Befragte ist in unserer Studie als einziger zur Gruppe der 103 R. Verwiebe/M. C. Müller: Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? „klassischen“ Arbeitsmigranten zu zählen (Hoffmann-Nowotny 1973; Rist 1978; Morokvasic 1984; Feithen 1985; Bade 1987). Er hatte den Vorteil, dass sein Vater damals schon in Deutschland lebte. „(Dies) habe ich ausgenutzt und bin ich nach Deutschland ohne einen gelernten Beruf zu haben. (...) (Dann) habe ich erstmal versucht, in (der) Industrie zu arbeiten“ (I17: 15ff.). Aber die „politische Situation in Deutschland und speziell Berlin hat mich auch sehr interessiert“ (I17: 216f.). Er hätte, wie viele seiner Freunde aus der Heimat, nach Holland oder nach Skandinavien gehen können, entschied sich aber für die Bundesrepublik. Nach relativ kurzer Zeit gab er die Fabrikarbeit auf und wird als Kellner und Koch in verschiedenen Restaurants und Cafes tätig. Zuletzt war er Besitzer und Geschäftsführer eines eigenen Restaurantbetriebs. 3.4 Europäische Biografien in der unteren Mittelschicht 104 Der vierte Typus umfasst Personen, die eine europäische untere Mittelschichtsbiografie aufweisen. Es handelt sich um jeweils drei Frauen und Männer britischer, italienischer und dänischer Herkunft im Alter von 24 bis 45 Jahren. Das berufliche Spektrum umfasst Beschäftigungsverhältnisse als freier Autor, Künstlerin, Erzieherin, Illustratorin, Postangestellter oder Verwaltungsangestellter. Bis auf einen Befragten haben alle Interviewten dieses Typus außerhalb der Bundesrepublik Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt gesammelt, teilweise im Zuge beruflicher Ausbildungen oder durch wechselnde befristete Tätigkeiten. Sie verfügen somit über europäische, weitgehend entstandardisierte Berufsbiografien. Am Beispiel eines britischen Befragten lässt sich dies gut nachvollziehen. Er hat einen für diese Gruppe typischen Berufseinstieg in Großbritannien: „Meine erste Arbeitsstelle war in einer Fleischerei als Fleischer. Ich habe das vielleicht drei Monate gemacht. Ich hab’ das nicht ausgehalten. (...) Ich war (danach) (...) Schmied (in der) Fabrik sozusagen. Da wurden Metallteile gemacht. Das habe ich vielleicht sechs Monate gemacht, war auch nicht lange aus- gehalten, war sehr unzufrieden. Ich hab’ kein Hauptschul-, kein Schulabschluss gehabt. So es war schwierig. (…) Ich hab’ einfach Glück gehabt, dass ich da arbeiten konnte. Ja dann habe ich in einem elektrischen Großhandel gearbeitet, (...) war kein richtiger Beruf, nur ein bisschen arbeiten. Das war vielleicht ein Jahr, lang hin und her, bisschen da, bisschen hier. Dann habe ich mich entschieden, (als Berufssoldat) zur Armee zu gehen“ (I20: 8ff.). Die beruflichen Positionen der Befragten sind tendenziell mit geringen Verdienstmöglichkeiten9 ausgestattet. So finden sie sich lediglich im unteren Bereich der Sozialstruktur wieder, obwohl ihre Tätigkeiten vielfach an kreative Potenziale geknüpft sind. Gemeinsames Merkmal der Berufsverläufe sind lange Zeiträume der Suche nach beruflicher Selbstverwirklichung, die über häufig wechselnde Ausbildungs- und Qualifizierungsstrategien vermittelt werden. Die mit den Berufsbiografien einhergehenden individuellen Risiken sind noch höher als in der europäischen Mittelschicht. Hervorgerufen werden diese weitgehend entstandardisierten Berufsbiografien in einigen Fällen durch die besonderen arbeitsrechtlichen Vertragsformen und teilweise prekären Arbeitsbedingungen im künstlerischen Bereich. Die einzelnen Erwerbsbiografien weisen Leerzeiten und Phasen der Arbeitslosigkeit auf, die mit Hilfe staatlicher Unterstützung oder beruflicher „Notlösungen“ gemeistert werden. Viele Tätigkeiten werden lediglich aus finanziellen Gründen ausgeübt und besitzen den Charakter einer bloßen Überlebensstrategie. Solche Beschäftigungsverhältnisse werden als ökonomische Grundlage genutzt, um sich dem „eigentlichen“ beruflichen Ziel widmen zu können. Wobei auffällt, dass diese Strategie sehr anfällig ist und in einigen Fällen scheitert. Einzelne Befragte nutzen diese „Freiräume“ zur weiteren Qualifizierung (z.B. Nachholen eines Schulabschlusses). Andere übernehmen ehrenamtliche Tätigkeiten, unternehmen ausgedehnte Reisen oder realisieren einen langgehegten Kinderwunsch. Insgesamt lässt sich anhand der Berufsbiografien dieser Gruppe die weit verbreitete These nachvollziehen, wonach im Zuge der Entstandardisierung von (Berufs-) Berl.J.Soziol., Heft 1 2006 S. 95-114 Biografien die Anteile der entscheidungsverschlossenen Lebensmöglichkeiten abnehmen und die Anteile der entscheidungsoffenen, selbst herzustellenden und damit risikoreicheren biografischen Situationen zunehmen (Kohli/Robert 1984; Beck 1986; Brose 1986; Fischer/Kohli 1987; Helling 1996). Ein heterogenes Bild bietet sich, wenn man das institutionalisierte kulturelle Kapital, die erreichten Ausbildungstitel, betrachtet. Die Spannbreite reicht von Hochschulabsolventen, die jedoch nie direkt in ihrer Disziplin tätig waren, bis hin zu Personen, die die Schule ohne formalen Abschluss verlassen und sich über individuelle Wege zusätzlich qualifiziert haben, was jedoch mit höheren Risiken und Unsicherheiten verbunden ist. Das schwach ausgeprägte Ausbildungskapital erschwert auch die Akkumulation von kulturellem Kapital der Aufnahmegesellschaft (Weiß 2005). Diese Tatsache wiederum beinhaltet Effekte auf das ursprüngliche, herkunftsbezogene kulturelle Kapital, welches innerhalb dieser Gruppe infolge des europäischen Mobilitätsereignisses überwiegend abgewertet wurde. Diese Abwertung herkunftsspezifischen Kapitals kann nach Eder, Schmidtke und Rauer (2004: 155) zu einer Rückbesinnung und Glorifizierung der Herkunftskultur führen. Ein Befund, der sich in unserer Studie, aber auch bei Seitter (2002) finden lässt. Ein anderer Weg besteht darin, diese Entwertung aufzufangen und mit Hilfe individueller Strategien positiv umzudeuten. In diesem Sinne gelang es der Mehrheit der unter diesem Typus subsumierten Befragten, sich inkorporiertes kulturelles Kapital anzueignen. Ein Verwaltungsangestellter malt in seiner Freizeit Aquarellbilder. Mehrmals stellte er seine Bilder öffentlich aus (I20: 343ff., 950ff.). Eine befragte Künstlerin und Restauratorin hat durch unterschiedliche Tätigkeiten in mehreren europäischen Nationen eine große Bandbreite sprachlichen und beruflichen Spezialwissens akkumuliert (I21: 130ff., 201ff.). Ein freier Autor hat über diverse Tätigkeiten in der Kultur- bzw. Medienbranche relevante Fähigkeiten für die Generierung von inkorporiertem kulturellen Kapital erworben (I18: 223). Gerade die Ausstattung mit inkorporiertem kulturellen Kapital sowie bessere deutsche Sprachkenntnisse grenzen diesen Typus von dem anschließend beschriebenen europäischen Unterschichtstypus ab. Wendet man sich der Verfügbarkeit und Verwertung von sozialem Kapital zu, dann fällt auf, dass das relativ hohe soziale Kapital innerhalb dieser Gruppe ein bedeutungsvolles Element für die Bewältigung ihrer diskontinuierlichen Erwerbsbiografien ist. Somit erhält das soziale Kapital eine kompensatorische Funktion gegenüber dem geringer ausgeprägten Ausbildungskapital. Das soziale Kapital beruht mehrheitlich auf multikulturellen Netzwerken, die vorwiegend als stabil beschrieben werden und integrationsfördernd wirken. „Ich habe Verbindungen mit verschiedenen Ländern, verschiedenen Kulturen, verschiedenen Nationalitäten, ist kunterbunt sozusagen, von Türken bis Russen, bis Chinesen, Vietnamesen“ (I19: 71), ist hierzu eine charakteristische Aussage eines italienischen Befragten. Der offensive Einsatz des verfügbaren sozialen Kapitals hat direkten Einfluss auf das Aufspüren von möglichen Tätigkeitsfeldern (Granovetter 1990; Goldring 1996). Insbesondere im künstlerisch-kulturellen Bereich werden diese oftmals über netzwerkartige Strukturen vermittelt. Ein Referenzbeispiel wäre in diesem Zusammenhang die Akquisition der unterschiedlichen Tätigkeiten eines freien Autors (vgl. Fußnote 15). Auch bei einer Dänin findet sich dieses Muster. Sie hat sich ihre Tätigkeiten in der Bundesrepublik in Eigeninitiative beschafft. Zuerst arbeitet sie als Kulissenmalerin in einem kleineren Theater auf Projektbasis. Daraufhin folgt eine Episode bei einer Jugendeinrichtung, für die sie ein Jahr lang Kunstkurse für Jugendliche betreut. Dessen ungeachtet gilt ihr berufliches Hauptinteresse der freischaffenden Kunst. So hat sie, unter anderem durch Besuche der Frankfurter Buchmesse, belastbare Netzwerke aufbauen können, die sich in Tätigkeiten als Illustratorin für verschiedene Verlage umsetzen ließen. Mittlerweile hat sie die Jugendarbeit aufgeben, da sie als freischaffende Kinderbuchillustratorin zu stark beschäftigt ist. Ihre Strategie ist von Erfolg geprägt, obwohl sie lediglich eine Ausbildung als Maskenbildnerin besitzt. Eine andere Befragte kompensiert ihre begrenzten 105 R. Verwiebe/M. C. Müller: Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? Kontakte zu Deutschen über ehrenamtliches Engagement als Vorschulerzieherin in der bilingualen Schule ihrer Kinder. Diese Strategie erlaubt es, soziales Kapital zu erwerben und beruflich zu verwerten. Denn nach einigen Monaten wurde ihr angeboten, diese Stelle über eine staatliche Ausbildung in eine Vollberufstätigkeit zu transformieren (I23: 87ff.). Innerhalb der Untersuchungsgruppe herrschen soziale und kulturelle Mobilitätsgründe vor, die zumeist auf Partnerschaften mit Deutschen beruhen. Berufliche Gründe spielen für die innereuropäische Mobilität der Befragten nur eine untergeordnete Rolle. Die Mobilitätsereignisse erscheinen gewissermaßen zufällig europäisch ausgerichtet. Die Mobilitätsentscheidung wird nach einigen Jahren der Berufserfahrung im Heimatland getroffen und vielfach emotional legitimiert. Beispielhaft ist der Fall einer Britin, deren Ehemann zuerst aus beruflichen Gründen getrennt von der Familie in Berlin lebte. Daraufhin entschloss sie sich, ihm nach Berlin zu folgen: „Aber ja, mein Mann möchte gern in Berlin arbeiten. Und er hat das gemacht für sechs Monate allein. Und denn hab’ ich auch gedacht: Das ist nicht fair für die Kinder, dass sie, you know, ihren Papa vielleicht nur einmal jede sechs Wochen (sehen)“ (I23: 258ff.). Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass die Interviewten nützliche Dispositionen wie Flexibilität und kulturelle Offenheit für eine gelungene Ausgestaltung des Mobilitätsereignisses mitbringen. Die Betrachtung der Mobilitätsgründe der Befragten weist mehrheitlich auf eine individualistische Verlaufslogik hin, die jedoch in einigen Fällen mit typisierenden Sequenzen kombiniert ist. Bei zwei britischen Befragten wurde das Mobilitätsereignis institutionell durch Militärdienst bzw. europäische Austauschprogramme induziert (I20: 12; I21: 57f.,111ff.). Der institutionelle Kontext löste sich aber bei beiden Fällen nach kurzer Zeit auf. Ihr weiterer Aufenthalt in Berlin unterliegt einer ähnlichen Verlaufslogik wie bei den übrigen Befragten. Beide bleiben aus sozialen Gründen, wegen ihrer deutschen Partner. 106 3.5 Europäische Unterschichtsbiografien Schließlich konnten auf der Grundlage des erhobenen empirischen Materials drei biografische Verläufe ausgemacht werden, die Merkmale einer europäischen Unterschichtsbiografie aufweisen. Es handelt sich um zwei Männer und eine Frau, die zwischen 25 und 47 Jahre alt sind und aus Großbritannien und Polen stammen. Im Vergleich dieser Fälle ist es bemerkenswert, dass es sich jeweils um vollkommen unstandardisierte Berufsbiografien handelt. Insbesondere die Häufigkeit von einfachen, nur gering entlohnten, mit wenig Prestige verbundenen und befristeten Beschäftigungsverhältnissen, die oftmals unter prekären Arbeitsbedingungen ausgeführt werden, sticht hervor. Diese Arbeitsverhältnisse sind nicht stabil. Es bleibt fragwürdig, ob auf der Basis dieser Anstellungen ein Leben oberhalb des Existenzminimums möglich ist. Exemplarisch dafür steht die folgende Erwerbsbiografie einer Britin. Ihre erste Tätigkeit übte sie im Alter von 16 Jahren ohne formalen Schulabschluss in der ClearingStelle einer Londoner Bank aus. Aufgrund mangelnder Motivation gab sie diesen Job allerdings nach sechs Monaten wieder auf. Die Befragte schätzt diese Episode wie folgt ein: „Ich denke, ich war ein bisschen am Rumflippen, oder Verantwortung konnte ich halt nicht übernehmen. Dann nach sechs Monate habe ich da aufgehört. Und hatte einfach diverse Jobs in die Nähe von B., irgendwelche Jobs, das war egal“ (I25: 29ff.). Diese Tendenz zu einer vollkommen entstandardisierten Berufsbiografie setzt sich bei ihr auch nach dem Wechsel in die Bundesrepublik fort: „Ich hab’ in alle verschiedenen Jobs reingeschnuppert, im Prinzip. Von Fotoassistentin im Labor bis zum An- und Abbau von irgendwelchen Ausstellungen oder Konzerten, bis zu meinem eigenen Laden, gehabt mit einer Engländerin zusammen, Klamotten genäht und so. Zum Schluss dann bin ich gelandet in einer Kneipe. Da war ich die Kellnerin und dann Geschäftsführerin. (...) Da war ich auch ziemlich lange. Aber zum Schluss hat der Alkohol die Überhand gekriegt. (…) Das lag wahrscheinlich an einer Flucht irgendwie“ (I25: 99ff.). Berl.J.Soziol., Heft 1 2006 S. 95-114 In den folgenden drei Jahren ist die Befragte vollständig mit der Bewältigung ihrer Alkoholabhängigkeit beschäftigt. Im Jahre 1994 nimmt sie erneut eine Tätigkeit in der Gastronomie an: „als Köchin, (zuerst) war ich Kochhilfe und auch ganz schnell Köchin. Alles was ich mache, mache ich gut. Wenn ich das so entscheide, dass ich das mache, mache ich das richtig“ (I25: 133). Dennoch fühlt sie sich aufgrund der Arbeitsatmosphäre genötigt, diese Stelle rasch wieder aufzugeben. Die Interviewte versucht nach diesem Rückschlag, eine Weiterbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin aufzunehmen. Dies scheitert jedoch an ihren schlechten Deutschkenntnissen, die nach über einem Jahrzehnt in der Bundesrepublik noch immer sehr lückenhaft sind. Weiterhin mangelt es ihr an Erfahrung mit Bürotätigkeiten. Ebenso stellt die englische Muttersprache kein Plus gegenüber anderen Bewerbern in diesem Bereich dar. Denn „jeder Zweite kann Englisch, das ist keine großer Vorteil, Englisch zu können“ (I25: 150). Ihre Erwerbshaltung ist insgesamt sehr individualistisch und durch häufigen Wechsel der Tätigkeiten gekennzeichnet. Insbesondere fällt auf, dass sie für sich einen Hang zum Abbruch von Beschäftigungen „kultiviert“ hat. Nur wenn eine Anstellung und das Umfeld genau ihren Erwartungen entsprechen (I25: 160ff.), gelingt es ihr, ein Durchhaltevermögen zu entwickeln. Schließlich verwundert ihr Fazit über die Zeit in Berlin kaum: „Ob ich in Berlin bleibe, weiß ich nicht. Schwierigkeiten wegen Arbeit, also schwer Arbeit zu kriegen hier. Und dass ich da schon viele Jahre rumgeklempnert habe, irgendwie, das bereue ich schwer, also richtig bereue ich. Also wenn ich alles noch mal machen würde, dann wäre ich in Schottland geblieben, hätte erst einmal studiert. Aber als ausgeflippte, durchgedrehte, verprügeltes Mädchen (…) musste ich erstmals auf die Suche gehen, nach meine(m) innere(n) Frieden, damit denke ich, finde ich es langsam“ (I25: 208ff.). Ähnlich unstandardisiert und instabil sind die Berufsbiografien der beiden anderen Befragten dieser Untersuchungsgruppe. Ein Brite, der seit über zehn Jahren versucht, in Berlin als Musiker erfolgreich zu sein, ist heute noch immer darauf angewiesen, seinen Lebensunterhalt als Straßenmusiker zu bestreiten. Ein polnischer Interviewter stellt seine Erwerbsbiografie als Abfolge mehrerer europäischer befristeter Arbeitsepisoden dar, darunter Tätigkeiten als Anstreicher, Barkeeper, Kfz-Mechaniker in Tschechien, Großbritannien, den Niederlanden und der Bundesrepublik. Alle drei Interviewten sind bemüht, eine individualistische Erwerbshaltung zu vermitteln, die die Berufsbiografie als selbst gewählt erscheinen lässt. Bei kritischer Betrachtung trifft dies nur in begrenztem Maße zu. Insgesamt erinnert dieser Typus transnational mobiler Europäer nur partiell an die in der Forschung thematisierten Ausprägungen klassischer Unterschichtswanderung (Hoffmann-Nowotny 1973; Rist 1978; Morokvasic 1984; Feithen 1985; Castles 1986; Bade 1987; Bender/Seifert 1998). Denn die Unterschiede zu den klassischen Arbeitsmigranten, die überwiegend in Industrieberufen beschäftigt waren, sind nicht von der Hand zu weisen. Die ausgeübten Tätigkeiten der Befragten sind fast ausschließlich im Dienstleistungsbereich angesiedelt. Es handelt sich hier um vollkommen individualisierte Biografien, die sich aus sozialisationsbedingten und „abweichenden“ Lebenseinstellungen bzw. Erwerbshaltungen speisen. Die europäischen Mobilitätsereignisse ermöglichen zusätzlichen biografischen Freiraum. Das kulturelle Kapital der drei Befragten ist auf allen Ebenen sehr niedrig, insbesondere wenn man das Ausbildungskapital betrachtet. Nur ein polnischer Befragter schließt die Schule mit dem Abitur ab. Die anderen Interviewten haben die Schule ohne formalen Abschluss verlassen. Die Britin holte noch in Großbritannien ihren Schulabschluss auf der Abendschule nach (O-Level), während einer Lebensphase, in der sie „keine Chance auf Arbeit“ (I25: 38) hatte. Inkorporiertes kulturelles Kapital liegt bei ihr lediglich in schwach ausgeprägter, privatistischer Form vor. Ihre Aussagen entspringen Meinungen und Berichten aus dem Freundeskreis, die zu einer „privaten Philosophie“ verknüpft werden. Dem polnischen Befragten ist es durch zahlreiche mehrmonatige Arbeitsepisoden innerhalb Europas gelungen, bedingt inkorporiertes kulturelles Kapital zu akquirieren. Insgesamt bleibt das kulturelle 107 R. Verwiebe/M. C. Müller: Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? 108 Kapital aber bei allen Befragten unterdurchschnittlich ausgeprägt. Diese Tatsache äußert sich zum einen in den geringen Deutschkenntnissen der Befragten trotz langjähriger Aufenthalte in der Bundesrepublik.10 Zum anderen werden diese Mängel durch eine gering ausgeprägte (Selbst-)Reflexion sowie über die spärlichen Bezüge der Befragten auf kulturelle Institutionen oder öffentliche Diskurse vermittelt. Man kann annehmen, dass das ohnehin schon schwache herkunftsbezogene kulturelle Kapital mit dem innereuropäischen Mobilitätsereignis entwertet und kaum durch location-specific kulturelles Kapital (Weiß 2005) ergänzt werden konnte. Die Folge sind strukturelle Nachteile dieser Gruppe auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Das verfügbare Sozialkapital der Befragten kann das prekär ausgeprägte kulturelle Kapital kaum ausgleichen. Innerhalb der hier untersuchten Fälle spielen tragfähige soziale Netzwerke nur eine untergeordnete Rolle. Da sie kaum in positiven Zusammenhängen erwähnt werden, scheinen diese Netzwerke nicht sehr belastbar. Die Personen dieser Untersuchungsgruppe verfügen vor allem über subkulturell geprägte regionale Freundschaftsnetzwerke. Diese erscheinen zwar zunächst multikulturell, bleiben aber überwiegend herkunftsorientiert. Die Ursache dafür liegt unter anderem in den sprachlichen Barrieren. Die ambivalente Begrenzung des sozialen Kapitals ist in folgendem Zitat enthalten: „Ich bau’ keine Freundschaften auf, nur weil, weil die Engländer sind. Kann keine Beziehung zu jemand aufbauen, weil sie Englisch reden. Entweder da ist Sympathie oder Antipathie. Das ist eigentlich egal aus welche(m) Land. (Ich) kann sehr gut mit, kenne mehrere Afrikaner. Da reden wir auch auf Englisch“ (I25: 504ff.). Der britische Musiker betont, dass alle seine Freunde Englisch sprechen können und für ihn somit kein Anlass besteht, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Die Britin berichtet weiterhin über grundsätzliche „Schwierigkeiten mit den Berlinerinnen“ (I25: 498). Ihrer Aussage folgend werden diese durch soziale Kälte, Oberflächlichkeit und Engstirnigkeit hervorgerufen. Der ökonomische Nutzen der Netzwerke bleibt gering und hat somit kaum einen positiven Einfluss auf die sozialstrukturelle Positionierung. Die Ursachen für das schwach ausgeprägte Sozialkapital sind in der mangelnden sozialstrukturellen Verankerung in der deutschen Gesellschaft, dem niedrigen kulturellen Kapital und einem stark individualisierten Lebensstil der Interviewten zu suchen. Bei den Mobilitäts- bzw. Wanderungsgründen der Befragten mit europäischen Unterschichtsbiografien findet sich eine Reihe unterschiedlicher Motive, die überwiegend sozialer und kultureller Natur sind. Verknüpft sind die Mobilitätsgründe zunächst durch eine stark individualistische Verlaufslogik ihrer Wanderungsgeschichte. Die zweite Gemeinsamkeit besteht darin, dass berufliche Gründe innerhalb dieser Untersuchungsgruppe nicht mobilitätserzeugend sind. Vielmehr kommt spontanen Entschlüssen bzw. Begegnungen eine zentrale Rolle zu, die als Chance wahrgenommen werden, beispielsweise prekären Verhältnissen in der Heimat zu entkommen. Nicht zuletzt fehlende Perspektiven in der Herkunftsgesellschaft sowie Abenteuerlust erleichtern den Befragten die Entscheidung, ohne abgeschlossene Berufsausbildung innerhalb Europas mobil zu werden.11 Dabei ist anzumerken, dass es ihnen im Zuge des Wechsels in die Bundesrepublik nicht gelingt, sich eine wesentlich vorteilhaftere Arbeitsmarktposition zu verschaffen als in ihrer Heimat. Ein britischer Befragter kommt nach eigener Aussage über ein Netzwerk politischer und kultureller Aktivisten nach Berlin, auch weil er in seiner Heimat „nichts mehr zu verlieren hatte“ (I27: 148ff.). Die Aussage einer Britin verdeutlicht wiederum die Verbindung von sozialen und kulturellen Mobilitätsgründen: „Da war ich mit meinem Sohn mehrmals hier und (es) hat ihm auch total gefallen. Und dann haben wir beschlossen, dann ziehen wir hierher, war nicht nur wegen meinem Mann, auch wegen Berlin“ (I25: 63). 4. Fazit Die vorgenommenen Analysen haben sozialstrukturelle Dynamiken im Hinblick auf die charakteristischen Sequenzierungen der Be- Berl.J.Soziol., Heft 1 2006 S. 95-114 rufsbiografien von transnational mobilen Europäern zu fassen gesucht. In der Kontrastierung der Mobilitätsformen dieser Europäer zeigt sich eine Ausdifferenzierung der Formen innereuropäischer Wanderungen. Eine Doppelbewegung von transnationaler Aufwärts- und Abwärtsmobilität wird unterfüttert von „normalen“ Mobilitätsverläufen, die keine besondere Aufstiegs- oder Abstiegsdynamik enthalten. Dabei wird deutlich, wie sozialstrukturelle Biografiemuster in eine soziale und kulturelle Kapitalausstattung eingebunden sind, die die Reproduktion sozialstruktureller Effekte sicherstellt. Ausgehend von der empirischen Leitfrage dieses Beitrags nach den Strukturen innereuropäischer Mobilität lassen sich nach unseren Analysen europäische Wanderungsbiografien in fünf verschiedene Typen unterteilen. Dies ist, für sich genommen, ein wichtiges Ergebnis: Transnationale Mobilität innerhalb der Europäischen Union ist ein facettenreiches empirisches Phänomen und wird in verschiedensten sozialen Schichten realisiert. Der Typus europäische Elitenmobilität ist durch das Ausüben von Tätigkeiten im leitenden Management, eine Ausstattung mit elitärem Bildungskapital als unmittelbarer Voraussetzung für die eingeschlagene Berufskarriere sowie durch eindeutig karrierebezogene Gründe für innereuropäische Wanderungen gekennzeichnet. Das soziale Kapital ist nicht national oder regional gebunden, sondern global organisiert. Es dominieren institutionalisierte Netzwerke, die deutlicher als bei den anderen untersuchten Gruppen beruflich kapitalisiert werden. In den Mittelschichten ergibt sich ein differenziertes Bild im Hinblick auf die Chancen und Risiken europäischer Biografien. Der Typus obere europäische Mittelschichtsbiografie ist gekennzeichnet durch das Ausüben von hoch qualifizierten Tätigkeiten (bei standardisierten Berufsverläufen, häufig verbunden mit Leitungsfunktionen) sowie durch eine Ausstattung mit hohem Bildungskapital und hohem inkorporiertem kulturellem Kapital, besonders in Form von umfassenden Fremdsprachenkenntnissen. Das soziale Kapital der oberen europäischen Mittelschicht ist nicht regional oder national gebunden, sondern europäisch und multikulturell organisiert. Dabei ist es relativ stark auf die Bundesrepublik als den Ort primärer sozialer Netzwerke bezogen und funktional für die Integration in den Arbeitsmarkt. Im Hinblick auf die Gründe innereuropäischer Wanderungen sind sowohl berufliche und soziale Argumente, aber auch institutionelle Gründe zu finden. Der Typus europäische Mittelschichtsbiografie lässt sich durch das Ausüben von Tätigkeiten charakterisieren, für die mittlere oder hohe Qualifikationen nötig sind. Die Berufsverläufe sind teilweise standardisiert, häufig aber auch unstandardisiert. Sie enthalten Leerzeiten, oft kurze, befristete Anstellungen auf Honorarbasis. Als kulturelles Kapital weisen diese Europäer mehrheitlich ein hohes Ausbildungskapital und ein mittleres inkorporiertes kulturelles Kapital auf. Ihr Ausbildungskapital können sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt selten verwerten. Der Wechsel in die Bundesrepublik geht mit erhöhten Abstiegsrisiken einher. Das soziale Kapital ist eher niedrig, jedenfalls nicht ohne weiteres für berufliche Zwecke mobilisierbar. Hauptsächlich handelt es sich um herkunftsbezogene Netzwerke. Bei den Wanderungsgründen lassen sich verschiedene Motive ausmachen. Soziale Motive (zur Familiengründung) treten besonders häufig auf. Bei Europäern mit einer unteren Mittelschichtsbiografie sind unstandardisierte Berufsverläufe mit häufig wechselnden Tätigkeiten, gemischt mit Arbeitslosigkeitsphasen sowie eine Häufung von schlecht entlohnten Anstellungen typisch. Das institutionalisierte kulturelle Kapital in Form von Ausbildungstiteln ist heterogen verteilt. In einigen Fällen, in denen es höher ist, wird es auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht nachgefragt. Das inkorporierte kulturelle Kapital ist bei allen Befragten im Gegensatz zum Ausbildungskapital stärker ausgeprägt, was sich beispielsweise in guten Deutschkenntnissen äußert. Das soziale Kapital ist relativ hoch und erhält eine kompensatorische Funktion bei der Bewältigung der instabilen Berufsverläufe. Dabei bleiben die Netzwerke mehrheitlich herkunftsorientiert. Die Wanderungsgründe sind vor allem sozialen Ursprungs; bindendes Element sind Partnerschaften. 109 R. Verwiebe/M. C. Müller: Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? 110 Bei Europäern mit einer Unterschichtsbiografie herrschen vollkommen unstandardisierte Berufsverläufe vor, verbunden mit gering entlohnten, befristeten Jobs sowie schlechten Arbeitsbedingungen. Die ausgeübten Tätigkeiten haben bei diesem Typus so gut wie keine integrative Funktion. Das kulturelle Kapital bleibt auf allen Ebenen niedrig. Es entsteht kaum transnationales kulturelles Kapital. Seinen Ausdruck findet dieser Umstand in den schlechten Deutschkenntnissen der Befragten trotz mehrjährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik. Auch das Ausbildungskapital ist sehr gering. Das soziale Kapital besteht lediglich aus herkunftsorientierten Netzwerken. Es ist insgesamt schwach ausgeprägt und kann nicht unterstützend abgerufen werden. Die Wanderungsgründe sind individualistisch und durch mangelnde Lebensperspektiven in der Herkunftsgesellschaft hervorgerufen. Kann auf der Grundlage dieser generellen Befunde die weitergehende These postuliert werden, dass innereuropäische Wanderungen aufgrund der wirtschaftlichen, institutionellen und politischen Rahmenbedingungen in der EU besondere Formen von Biografien hervorbringen? Prinzipiell muss diese Frage auch mit anderen Studien weiter verfolgt werden. Die vorliegenden Ergebnisse berechtigen jedoch zu der Annahme, dass die EU tatsächlich auf dem Weg ist, einen eigenen Migrationsraum zu schaffen. Zunächst ist hier anzumerken, dass die Mehrheit der untersuchten EU-Bürger von der Niederlassungsfreiheit profitiert, insbesondere von der wechselseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen. Möglicherweise ist es in diesem Kontext auch kein Zufall, dass die polnischen Befragten, die aufgrund ihrer nationalen Herkunft nicht über diese Privilegien verfügen, in der Regel sozial und ökonomisch risikoreichere Migrationsbiografien aufweisen als die anderen Befragten. Dass ein wesentliches Moment der europäischen Integration eine Grenzziehung nach Außen ist (Mau 2004), wurde in der soziologischen Europaforschung im Übrigen auch an anderer Stelle herausgearbeitet. Zusätzlich zeigt sich in den Mittelschichten die Relevanz kulturell motivierter und von durch die Institutionen der EU geförderter Migration. Diese kulturell-institutionellen Wanderungsgründe sind sinnvoll im Kontext der besonderen Situation eng verknüpfter, am europäischen Integrationsprozess beteiligter EUStaaten zu interpretieren. Ferner kann die empirisch beobachtbare Vielschichtigkeit von europäischen Mittelschichtsbiografien zur Unterstützung dieser These hinzugezogen werden. Die Ausdifferenzierung in den Mittelschichten kann einerseits als ein Beleg für den Wandel von Wanderungspopulationen in Europa und als Indiz für die Relevanz der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa verstanden werden. Andererseits ist sie als Ergänzung des soziologischen Verständnisses aktueller Wanderungsbewegungen zu sehen. Denn für die soziologische Betrachtung innereuropäischer Mobilitätsprozesse scheint die Dualität der „klassischen“ und neueren Migrationsansätze (Unterschichtswanderung vs. Elitenwanderung) nicht mehr auszureichen. Auch bei der innereuropäischen Mobilität in der Unterschicht handelt es sich vermutlich um einen neuen Typus innereuropäischer Wanderungen. Die Biografien dieser Gruppe erinnern nur noch partiell an die Muster der klassischen Arbeitsmigration und sind besonders stark von biografischen Risiken und Entstandardisierungstendenzen betroffen. Auch das Wissen über diesen Typus innereuropäischer Mobilität kann als Erweiterung der Betrachtung von aktuellen Migrationsbewegungen und als möglicher Beleg der These eines besonderen, im Kontext der europäischen Integration stehenden Mobilitätsraumes verstanden werden. Ein etwas detaillierterer Blick auf die Biografien der untersuchten transnational mobilen europäischen Männer und Frauen offenbart, dass deren biografische Formen insgesamt vielfältiger sind als die der Generation ihrer Väter und Mütter. Wahrscheinlich sind sie auch stärker entstandardisiert, als das für (Berufs-)Biografien von Menschen gilt, die nur auf regionale oder nationale Arbeitsmärkte orientiert sind. Transnational mobile Europäer sind nach den vorliegenden Ergebnissen jedoch nicht in besonderer Weise von Normalarbeitsverhältnissen oder attraktiven Positionen auf dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen, weder in der Bundes- Berl.J.Soziol., Heft 1 2006 S. 95-114 republik noch in anderen europäischen Ländern. Der Wechsel in die Bundesrepublik ist in europäischen Berufsbiografien eine besondere biografische Phase und hat mindestens eine doppelte Funktion. Zum einen gehen damit Risiken von Entstandardisierungen und Abstiegen einher. Zum anderen ergeben sich dabei für einige auch berufliche Chancen. Für eine Reihe von Europäern scheint der Länderwechsel keine besonderen positiven oder negativen Folgen nach sich zu ziehen. Neben den individuellen beruflichen Präferenzen und Suchstrategien ist für die (Berufs-)Biografie eines Europäers die Fähigkeit entscheidend, kulturelles und soziales Kapital optimal zu mobilisieren. Dabei spielt der konkrete Berufsabschluss eine wichtige Rolle. Juristen haben z.B. risikoärmere europäische Berufsbiografien als Geisteswissenschaftler, was die obere europäische Mittelschicht von den anderen Mittelschichtstypen mit ähnlich hohen Bildungsabschlüssen abgrenzt. Genauso wichtig ist das soziale Kapital, welches beruflich mobilisiert werden kann. Rein herkunftsbezogene Netzwerke sind dabei weniger hilfreich als multikulturelle oder europäische bzw. globale Netzwerke. Insgesamt erscheinen Biografien, die innerhalb des europäischen Wanderungsraumes realisiert werden, nach unseren Ergebnissen in ihren Strukturen nationalen Biografieverläufen in westlichen Gesellschaften vergleichbar zu sein. Dies ist insofern nicht überraschend, da die europäischen Sozialstrukturen ähnlich verfasst und durch gleichlaufende Wirkungsprinzipien gekennzeichnet sind. Wenn eine emergente europäische Sozialstruktur nicht nur aus der Summe nationaler Sozialstrukturen besteht, dann kann mit diesem Beitrag angedeutet werden, welche transnationalen Mechanismen in einer solchen europäischen Sozialstruktur wirken können. Anmerkungen 1 Der Beitrag basiert auf Daten der „Berliner Studie zur transnationalen Mobilität von Europäern“ (BSTME), welche von 01/200108/2004 am Institut für Sozialwissenschaften 2 3 4 5 6 der Humboldt-Universität zu Berlin (Leitung Klaus Eder, Förderung der DFG bis 12/2002) durchgeführt wurde. Die Autoren danken Johannes Giesecke, Nana Seidel und den Gutachtern dieser Zeitschrift für die kritische Kommentierung einer Vorfassung dieses Beitrags. Transnationale Mobilität ist bisher kein weit verbreitetes Konzept in der Forschung. Erst seit kurzem wird es von einigen Autoren an der Schnittstelle zwischen Arbeitsmarkt- und Migrationsforschung genutzt. Jordan und Düvell (2002) konzeptualisieren beispielsweise Migration als transnationale Arbeitsmarktmobilität. Fassmann (2003) wiederum versteht transnationale Mobilität als eine spezifische Form innereuropäischer Migration. Polen ist erst seit Mai 2004 EU-Mitglied. Zugleich sind Polen und Deutschland durch Wanderungsströme über einen langen Zeitraum verbunden, der bis zur Einwanderung polnischer Arbeiter in das Ruhrgebiet zurückreicht. Überdies ist die Situation von Polen in Deutschland durch die Grenznähe und die gegebenen Pendel- und Rückkehrmöglichkeiten nicht ohne weiteres mit „klassischer“ Einwanderung vergleichbar. Es handelt sich eher um einen Fall „neuartiger“ transnationaler Gesellschaftserfahrung, wie bei Eder/Schmidtke/ Rauer (2004: 152) argumentiert wird. Grundlage der Befragung war nicht das weitverbreitete Schneeballverfahren, sondern eine Gruppe von ca. 200 Personen, die per Zufallsauswahl über das Landeseinwohneramt Berlin ermittelt und schriftlich kontaktiert wurden. Auf der Grundlage von theoretical sampling (Lamnek 1995) und vorhandener Interviewbereitschaft wurden schließlich 30 Interviewpartner ausgewählt. Den Untersuchungspersonen war freigestellt, die Interviews in ihrer Muttersprache oder auf Deutsch zu führen. Alle Angaben zu Personen, Firmen oder anderen Einrichtungen, aus denen Rückschlüsse auf die Interviewten zu ziehen wären, wurden für diesen Beitrag anonymisiert. Dieser Beitrag ist als zusammenfassende, systematisierende Analyse des empirischen Materials zu verstehen. Eine detailliertere Auswertung einzelner Biografien wurde an anderer Stelle vorgenommen (Verwiebe 2006b). So wird beispielsweise die seinerzeit aktuelle Debatte um die Aufnahme der Türkei in die EU von einem der Interviewten auf nahezu „staatsmännische“ Weise einbezogen: „Ich verstehe Giscards Position, weil, offen gesagt, die Türkei in Europa hat zur Folge, dass man sich viele Fragen stellt“ (I1: 462f.). Verschie- 111 R. Verwiebe/M. C. Müller: Gelungene Integration in den Arbeitsmarkt? 112 dene europäische Gesellschaftssysteme werden innerhalb der eigenen berufsbiografischen Erzählung gegeneinander abgegrenzt. Die erkennbaren habituellen Muster einer europäischen Elite sind damit geprägt von einem Sinn für Distinktion (Bourdieu 1982): „Die Franzosen sind polychron. Die Mediterraner im Allgemeinen machen mehrere Sachen in der selben Zeit und drehen in Rotation zu dem Problem, welches ihnen aktuell erscheint. (...) Während die Deutschen und die (…) Amerikaner synchroner sind: Sie machen eine Sache auf ein Mal. Wenn man eine Versammlung abhält, gibt es eine Tagesordnung. Was nicht auf der Tagesordnung steht, wird nicht behandelt“ (I1: 188ff.). 7 Betrachtet man die bekannten Modellannahmen der Literatur, so sprechen die vorliegenden Charakterisierungen der Netzwerkintegration dieses Typus sowohl für klassische Migrations- als auch für neuere Modellannahmen. Für ersteres (Seifert 2000; Treibel 2003) spricht, dass für einige Befragte soziale Beziehungen in die Heimat an Bedeutung verlieren und eine soziale Integration primär im Ankunftsland gesucht wird (I4; I8). Ein anderer Befragter ist hauptsächlich in transnationale Netzwerke integriert, die stark ökonomischen Charakter besitzen (Granovetter 1990; Goldring 1996), aber auch soziale, politische und kulturelle Komponenten enthalten (Faist 2000). 8 Der Grund dafür könnte in der überwiegend geisteswissenschaftlichen Ausrichtung der Hochschulabschlüsse liegen. Die Ökonomin und Ingenieurin, beides eigentlich nachgefragte Qualifikationen auf dem deutschen Arbeitsmarkt, kommen aus Polen. Ihre Bildungsabschlüsse werden in der Bundesrepublik faktisch nicht anerkannt. 9 Typisch ist die Aussage einer freischaffenden Künstlerin: „verdienen kann man nicht so richtig sagen. Ich glaube es war auch so in der Zeit 1990 als Glasgow europäische Hauptstadt war. (...) Da war viel Geld für Kunstprojekte alles möglich, Kulturprojekte. Und ich hab’ dann selber einige Projekte initiiert und auch mit Anderen zusammengearbeitet, überhaupt Projekte gemacht, wo wir was für das Projekt bekommen haben. Aber selber haben wir von Arbeitslosengeld gelebt“ (I21: 28). 10 Die Betrachtung der Sprachkenntnisse aller befragten Personen zeigt interessanterweise, dass die europäischen Mittelschichten über die höchsten nicht-muttersprachlichen Sprachkenntnisse verfügen. Am oberen und unteren Ende der sozialen Skala sind diese, aus unterschiedlichen Gründen, geringer ausgeprägt. 11 Unterstützt wird diese These durch folgendes Zitat: „Ich brauche Menschen, die ähnlich denken wie ich auch. Und das findet man schwieriger in ganz kleinen Orten in Nordschottland, irgendwie, als erstmal hier in Berlin. London hat mich ausgepowert, sehr schnell, fand ich sogar zu schnell, unübersichtlich und auch ziemlich anonym und kalt auch“ (I25: 581). Literatur Amit, Vered (2002): The Moving Expert. In: Ninna Nyberg Sørensen/Karen Fog Olwig (Hrsg.), Work and Migration. Life and Livelihoods in a Globalizing World. London: Routledge, S. 145-160. Bach, Maurizio (Hrsg.) 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