achtgeckos us Madagaskar

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PAROEDURA
achtgeckos
us Madagaskar
In den letzten Jahren hat sich die Artenzahl in derGecko-Gattung Paroedura/asf
verdoppelt, und ein Ende der Neuentdeckungen ist nicht abzusehen. Zeit für eine kurze
Übersicht über diese beliebten Terrarientiere...
Von Frank Glaw, Kathrin Schmidt und Miguel Vences
Paroedura masobe;
die großen schwarzen
Augen machen diesen
spektakulären Gecko
unverwechselbar.
D
-'
L ie Gattung Paroedura ist in Madagas^
verbreitet, kommt aber mit P.
sanctijohannis auch auf den Komoreninseln vor. Fossil wurde die Gattung sogar
auf dem Aldabra-Atoll nachgewiesen, wo sie
allerdings heute nicht mehr lebt.
Bis 1994 kannte man nur neun ParoeduraArten. Neubeschreibungen ließen diese Zahl
(trotz der Synonymisierung vonP. guibeae) bis
zum Jahr 2001 auf 15 Arten und eine Unterart hochschnellen (Nussbaum & Raxworthy
1994, 2000; Rösler & Krüger 1998; Glaw et
al.2001).
Bis 1974 standen die Paroedura-Arten aufgrund der ähnlichen Haftzehenstruktur in
der Gattung Phyllodactylus. Dixon & Kroll
(1974) zeigten jedoch, dass sie durch Merkmale des Schädelskeletts von den übrigen
Phyllodactylus abweichen. Inzwischen hat
man die Gattung Phyllodactylus in sechs
weitere Gattungen aufgespalten; so heißt
zum Beispiel der Europäische Blattfinger
nicht mehr Phyllodactylus europaeus, sondern
Euleptes europaea (Bauer et al. 1997).
Über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Gattung Paroedura sind derzeit noch
keine sicheren Aussagen möglich. Unter den
madagassischen Geckos zeigen die Gattungen Ebenavia und Matoatoa ähnliche Haftzehen und kommen daher als nähere Verwandte besonders in Betracht.
Die großen Augen und die senkrechte
Pupille der Paroedura-Axten deuten schon
daraufhin, dass sie hauptsächlich nachtaktiv
sind. Im Gegensatz zu den anderen madagassischen Nachtgeckos sind zumindest
einige Paroedura teilweise oder vorwiegend
Bodenbewohner. Sie besiedeln die unterschiedlichsten Klimazonen, das trockene und
heiße Südwestmadagaskar ebenso wie den
tropischen Regenwald und das Hochgebirge.
Nach der Lage des Nasenlochs lässt sich
die Gattung in zwei Artengruppen einteilen,
obwohl zweifelhaft ist, inwieweit diese Gruppierung die natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen widerspiegelt. Bei der P.-sanctijohannis-Gmpve (P. gracilis, P. homalorhina,
P. karstophila, P. masobe, P. oviceps, P. sanctijohannis, P. stumpffi, P. tanjaka, P. vazimba)
Paroedura picta (Berenty-Park) ist ein echter Bodengecko.
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grenzt das Nasenloch direkt an das Rostralschild, während es bei derP-^/cto-Gruppe [P.
androyensis, P. bastardi, P. lohatsara, P. maingoka, P. picta, P vahiny) keinen Kontakt mit
dem Rostralschild hat. Dieses Merkmal ist
aber fast nur unter dem Binokular zu erkennen. Daher sind die bisher publizierten Bestimmungsschlüssel für die Identifizierung
lebender Tiere nur eingeschränkt verwendbar. Zum Glück lassen sich die meisten Paroedura auch anhand der Lebendfärbung, der
Größe und der Ausprägung der Hauttuberkel
recht gut erkennen.
Im Folgenden stellen wir die einzelnen
Arten kurz vor. Über die Haltung und Zucht
einiger Arten werden wir zu einem späteren
Zeitpunkt berichten.
Paroedura bastardi, große Form aus der Umgebung von Fort Dauphin.
Die Arten
Paroedura picta (Peters, 1854) ist sicher die
bekannteste und am häufigsten gehaltene
Art. Sie tritt in verschiedenen Farbmorphen
auf (ohne Längsstreifung, mit breitem, hellem Streifen auf der Rückenmitte oder mit
drei parallelen hellen Rückenstreifen) und
hat eine relativ glatte Rückenbeschuppung
ohne stachelige Tuberkel. Eine Besonderheit
sind die hellen Querbänder über dem Körper,
die im Unterschied zu den übrigen Arten nicht
senkrecht, sondern von der Rückenmitte aus
gesehen schräg nach vorn verlaufen.
Paroedura picta ist ein echter Bodengecko
mit recht verkümmerten Haftpolstern und
sehr feinen Schuppen unter den Zehen. Auch
im Terrarium sahen wir die Tiere nie an senkrechten Glasscheiben hochklettern, ganz im
Gegensatz zu anderen Arten [P. bastardi, P.
stumpffi, P. lohatsara, P. masobe, P. tanjaka).
Paroedura picta findet sich in Dornbuschsavannen ebenso wie in Trockenwäldern (so
im Berenty-Park oder im Kirindy-Wald) und
verrät sich nachts beim Weglaufen durch das
Rascheln in der Laubstreu. Beim Fang reißen
die Tiere oft das Maul auf, versuchen zu
beißen und können dabei, wie auch P. bastardi vaidP. lohatsara, deutliche Laute abgeben.
Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von fast neun
Zentimetern ist P. picta ein recht großer und
zudem kräftig gebauter Gecko.
Paroedura maingoka Nussbaum & Raxworthy, 2000 wurde erst kürzlich von zwei
Stellen (Tsimanampetsotsa-Reservat, Itampolo) in Südwestmadagaskar beschrieben
und scheint am nächsten mit P. picta verwandt zu sein. Im Unterschied zu P. picta
verlaufen die hellen Querbänder aber nicht
schräg, sondern senkrecht über den Körper.
Außerdem ist P maingoka mit maximal 7,1
Paroedura bastardi, kleine Form aus der Umgebung von Tulear.
Paroedura bastardi ibityensis vom Mont Ibity, der einzige nachtaktive Hochgebirgsgecko Madagaskars.
Zentimeter Kopf-Rumpf-Länge kleiner und
hat zudem stärker verbreiterte Zehenspitzen.
Das Wort „maingoka" ist madagassisch
und bedeutet „Skorpion". Dieser Name bezieht sich auf ein besonderes Verhalten (Nussbaum & Raxworthy 2000): Bei Beunruhigung oder Bedrohung erheben die Tiere ihren
Schwanz und biegen ihn hoch über den Körper nach vorn. Dieses Verhalten, das der
Drohhaltung von Skorpionen ähnelt, ist nach
unseren Beobachtungen keineswegs auf P.
maingoka beschränkt, sondern tritt auch bei
P. lohatsara, P. stumpffi, der kleinen P.-bastardi-Form und P. sanctijohannis auf und ist
besonders häufig bei Jungtieren zu sehen.
Paroedura maingoka scheint trotz der stärker
verbreiterten Zehenspitzen wie P. picta überwiegend bodenbewohnend zu sein, ist bisher
aber nur auf Kalksteinuntergrund gefunden
worden.
Paroedura bastardi (Mocquard, 1900) unterscheidet sich von P. picta und P maingoka
durch relativ stachelige Rückentuberkel.
Außerdem hat P. bastardi eine Tendenz zur
Ausbildung rübenförmiger Schwänze, was
vor allem bei Regeneraten deutlich wird. Die
Art ist ebenfalls in der Südhälfte Madagaskars zu Hause, kommt aber auch auf dem
Mont Ibity in Zentralmadagaskar bis in fast
2000 Meter Höhe vor. Diese Bergform wurde
als eigene Unterart - Paroedura bastardi ibityensis Rösler & Krüger, 1998 -beschrieben.
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TERRARIEN
PAROEDURA
Paroedura androyensis (südlich von Tulear)
eine dieser beiden Formen neu beschrieben
oder ob die kürzlich mit P. bastardi synonymisierte Art Paroedura guibeae revalidiert
Sie zeichnet sich durch besonders breite und
stark bestachelte Rübenschwänze aus, die werden muss.
wohl als Fettspeicher fungieren und helfen,
Die kleine Form aus der Umgebung von
die kalten Winter zu überstehen. Die Tiere
Tulear scheint übrigens an kalkigen Unterkönnen sich stark abflachen, um sich in Felsgrund gebunden zu sein. Sie findet sich zum
spalten zu verstecken oder auch um Wärme
Beispiel in großer Anzahl auf dem Tafelberg
aufzunehmen. Wildfänge dieser Form sind
Andatabo („La Table"), der oben auf dem
häufig von leuchtend roten Milben befallen,
Plateau in rund 150 Meter Höhe hauptsächdie jedoch anscheinend recht harmlos sind.
lich von Muschelschalen bedeckt ist und
damit anzeigt, dass hier vor nicht allzu langer Zeit noch Meeresboden war.
Die Lebensweise von P. bastardi ist recht
variabel. Die große Form wurde meist kletternd an Bäumen gefunden, die kleine Form
hingegen meist in Bodennähe und die Unterart P. b. ibityensis auf Felsen.
Paroedura androyensis (Grandidier, 1867)
ist von küstennahen Fundorten in Südwestund Südostmadagaskar bekannt. An der
Mündung des Onilahy-Flusses fanden wir ein
Exemplar dieser Art auf Felsen, zusammen
Kalksteinmassiv Montagne des Frangais in
mit P. picta und P bastardi. Das Tier war
Nordmadagaskar, Lebensraum von P. stumpffi,
nachts auf dem Boden aktiv.
P. lohatsara xm&P. cf. karstophila.
Paroedura androyensis ist wie die offenbar
Auch die P-öasfard'-Populationen des Tiefsehr nahe verwandte AitP. vahiny Nussbaum
landes unterscheiden sich zum Teil deutlich
& Raxworthy, 2000 sehr klein (Kopf-Rumpfvoneinander: Während etwa in der Gegend
Länge bis 4,7 Zentimeter) und hat wie sie
von Fort Dauphin im Südosten extrem große
eine dunkle Netzzeichnung auf der Kehle. Die
Tiere vorkommen [bis 8,0 Zentimeter KopfRückenhaut von P. vahiny ist jedoch glatter.
Rumpf-Länge, ZSM 202/2002), sind ExemAußerdem hat P. androyensis ähnlich wie P.
plare aus der Umgebung von Tulear im Südbastardi eine Neigung zur Dickschwänzigkeit,
westen viel kleiner (bis sechs Zentimeter
die bei P. vahiny noch nicht beobachtet wurKopf-Rumpf-Länge). Auch gut ernährte Nachde. Die zuletzt genannte Art ist bisher allerzuchttiere bleiben stets klein; der Größendings nur von zwei Exemplaren aus Westunterschied ist also nicht auf ein untermadagaskar bekannt. Der Holotypus wurde
schiedlich gutes Nahrungsangebot in der
nachts dicht über dem Boden an einer PflanNatur zurückzuführen.
ze im Trockenwald gefunden.
Die Jungtierfärbung der kleinen Form ist
Paroedura lohatsara Glaw, Vences &
etwas heller als die von P. b. ibityensis und Schmidt, 2001 kommt in den Montagne des
der großen Form. Ob es sich hierbei um
Francais an der Nordspitze Madagaskars nur
verschiedene Arten handelt, ist noch nicht
wenige Kilometer südlich von Antsiranana
ganz sicher; außerdem ist es fraglich, ob
vor. Aus diesem mit Trockenwald bewachsegehört zu den kleinsten Arten.
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nen Kalkmassiv stammt übrigens auch das
Fröschchen Mantella viridis.
Bezüglich der Lage des Nasenlochs gehört
P lohatsara in die P-^/cta-Gruppe, doch passt
die Verbreitung (Nordspitze Madagaskars)
nicht zu den anderen Arten dieser Gruppe.
Auch weitere Merkmale, zum Beispiel Ähnlichkeiten in den Jungtierfärbungen, deuten
darauf hin, dass diese Art trotz der Lage
des Nasenlochs eher mit/? stumpffi verwandt
sein könnte.
Paroedura lohatsara wird mit einer Gesamtlänge von 15,6 Zentimetern relativ groß und
macht einen recht stacheligen Eindruck. Die
Augen sind von gelben Ringen umrandet. Die
Kopfoberseite weist eine individuell unterschiedliche dunkle Ornamentierung auf, an
der ein erwachsenes Individuum auch noch
Jahre später wiedererkannt werden kann. Auf
die hübsche Kopfzeichnung spielt auch der
wissenschaftliche Artname an, der aus dem
Madagassischen abgeleitet ist [loha = „Kopf",
Mitte: Paroedura
sanctijohannis (von
La Grille auf Grande
Comoro), die einzige
Paroedura-Art außerhalb Madagaskars.
Paroedura gracilis,
Männchen aus dem
Marojejy-Gebirge in
Nordost-Madagaskar.
tsara = „schön, gut"). In der Regenzeit waren
die Tiere nachts auf Büschen und Felsen in
einer Höhe von bis zu zwei Metern über dem
Boden aktiv.
Paroedura sanctijohannis (Günther, 1879)
ist auf den Komoreninseln endemisch. Auf
Grande Comore ist sie bei „La Grille" im
Norden der Insel in 900 bis 950 Meter Höhe
häufig, während wir sie in niedrigen Lagen
von Grande Comore und Moheli nicht nachweisen konnten. Möglicherweise wird sie in
den küstennahen Gebieten von den dort zahlreich vorhandenen Hemidactylus verdrängt.
Auffällig war auch, dass die meisten der von
uns gefundenen Tiere ihren Schwanz schon
einmal verloren hatten: Von zehn Geckos (vier
Männchen, vier Weibchen, zwei Subadulte)
hatten nur die beiden Halbwüchsigen und ein
Weibchen einen Originalschwanz; alle anderen Tiere besaßen ein Regenerat.
Der Lebensraum von P. sanctijohannis auf
La Grille befindet sich auf vulkanischem
Untergrund und weitab vom Meer, so dass
die Art dort vermutlich nur relativ wenig
Kalk zur Verfügung hat. Die Tiere ließen
sich nachts vor allem an den Stämmen von
größeren Bäumen in ein bis zweieinhalb
Meter Höhe über dem Boden beobachten,
gelegentlich aber auch an Holzhaufen oder
umgefallenen Stämmen in Bodennähe, wobei
sie nicht nur im feuchten Primärwald vorkommen. Das einzige am Tag gefundene Exemplar fand sich unter lockerer Rinde von
einem Baumstamm in etwa einem Meter
Höhe über dem Boden.
Nussbaum &, Raxworthy (2000) halten es
für wahrscheinlich, dass P. sanctijohannis lediglich eine Unterart von P. stumpffl darstellt.
Dieser Vermutung können wir nicht zustimmen: Sowohl die Färbung der Erwachsenen
als auch die der Jungtiere beider Arten ist
deutlich verschieden. Außerdem ist die
Rumpfbeschuppung von P. sanctijohannis viel
weniger rau als die von P. stumpffi.
Paroedura masobe Nussbaum & Raxworthy,
1994 ist zweifellos die spektakulärste Neuentdeckung. Die riesigen Augen {maso = „Auge", be = „groß") verhalfen diesem bizarren
Gecko zu seinem gut gewählten Namen. Der
Eindruck besonders großer Augen wird noch
dadurch verstärkt, dass die Iris anders als bei
den übrigen Paroedura-Arten nicht hell, sondern schwarz ist und sich farblich dadurch
nicht von der Pupille unterscheidet. Zudem
ist bei Dunkelheit zwischen dem Nasenloch
und dem Auge eine dunkle Zone zu erkennen,
die sich kaum vom Auge abhebt. Eine weitere Besonderheit ist der seitlich „zusammengedrückte" Schwanz, der oben zwei Reihen
von Stacheln trägt, was ein wenig an einen
Krokodilschwanz erinnert.
Paroedura masobe erreicht bis zu 17 Zentimeter Gesamtlänge und ist zusammen mit P.
tanjaka die größte Art der Gattung. Bisher ist
sie nur aus dem Tieflandregenwald (415 bis
440 Meter) im Zahamena-Reservat bekannt.
Die Tiere wurden in der Vegetation auf Blättern und Ästen ein bis vier Meter über dem
Waldboden beobachtet.
Paroedura masobe ist unter den madagassischen Geckos in Färbung und Gestalt einzigartig, zeigt aber gewisse Übereinstimmungen
mit dem australischen Gecko Carphodactylus
laevis (große, schwarze und etwas nach vorn
gerichtete Augen, dunkle Zone vor dem
Auge, lange Beine, Schwanzfärbung, Kante
auf der Rückenmitte; vergleiche die Fotos
in Porter 2002), ebenfalls ein Regenwaldbewohner. Bisher ist leider zu wenig über die
Lebensweise der beiden Geckos bekannt, so
dass man über die Ursachen dieser Parallelentwicklungen (Konvergenzen) nicht viel
aussagen kann.
Paroedura gracilis (Boulenger, 1896) ist
ebenfalls im Regenwaldgürtel Ostmadagaskars zu Hause, allerdings viel kleiner (KopfRumpf-Länge bis 6,7 Zentimeter, ZFMK
59797) und weniger beeindruckend als P.
masobe. Dennoch lässt sich aufgrund einiger
Gemeinsamkeiten (lange, schlanke Beine,
dunkle Färbung, große Augen, Kiel auf der
Rückenmitte, sehr lichtscheues Verhalten,
Regenwaldbewohner) vermuten, dass diese
beiden Arten näher miteinander verwandt
sind.
•
Links: Paroedura lohatsara aus dem
Trockenwald von Montagne des Francais;
an der markanten Kopfzeichnung lässt sich
jedes Tier individuell erkennen.
Paroedura masobe, der Riesenaugengecko, stammt
aus dem Regenwald.
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TERRARIEN
PAROEDURA
Paroedura sp., eine noch nicht identifizierte Art aus Montagne d'Ambre.
Paroedura tanjaka ist vermutlich die größte Art der Gattung.
Fotos: Verfasser
Auffällig ist die geografische Variation
von P. gracilis. Tiere aus der Umgebung von
Andasibe im mittleren Osten Madagaskars
sind mehr oder weniger längsgestreift, solche
aus dem Nordosten (Marojejy, AnjanaharibeSud, Nosy Mangabe) überwiegend quer gebändert. Ganz im Norden (im Regenwald
von Montagne d'Ambre) finden sich Tiere,
die noch deutlicher von denen aus Ostmadagaskar abweichen und möglicherweise zu
einer neuen Art gehören.
Paroedura tanjaka Nussbaum & Raxworthy,
2000 ist mit einer Gesamtlänge von annähernd 18 Zentimetern vielleicht die größte
Art der Gattung. Sie ist aus den Kalkmassiven Tsingy de Bemaraha und Namoroka
in Westmadagaskar bekannt und bewohnt
Trockenwaldhabitate in niedrigen Höhenlagen (100 bis 300 Meter). Viele Tiere wurden
an der Basis von bizarren Felsspitzen, den so
genannten Tsingy, gefunden, aber auch an
Zweigen und Baumstämmen. Ein Exemplar
wurde sogar aus dem Magen einer Schlange
[Lycodryas gaimardi) geborgen. Die Kopfoberseite ist wie bei P. stumpffi einfarbig
braun ohne Flecke.
Paroedura oviceps (Boettger, 1881) kommt
im Norden und Nordwesten Madagaskars vor.
Die wenigen Beobachtungen im Lebensraum
deuten darauf hin, dass die Art felsige Umgebung entlang von Bächen und den Stammbereich dicker Bäume im Regenwald bevorzugt. Andererseits kommt sie auch im
Trockenwald von Ankarafantsika vor. Dort
fanden wir P. oviceps in größerer Höhe (zwei
bis fünf Meter über dem Boden) am Stamm
eines einzigen sehr großen Baumes.
Paroedura homalorhina (Angel, 1936) ist
bisher kaum bekannt. Das Typusexemplar
wurde am Eingang einer Höhle im AnkaranaReservat, einer eindrucksvollen Kalksteinformation im Norden Madagaskars, gefunden. Die unscheinbar grau gefärbte Art lebt
dort auf den spitzen Felsen und zeichnet
sich durch sehr lange, schlanke Beine, große
Augen und einen auffällig schwarz-weiß
Paroedura vazimba aus der Nähe von Ampijoroa; diese kleine Art ähnelt P. androyensis.
Rechts: Paroedura homalorhina aus Ankarana hat extrem lange Beine.
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gebänderten (Original-) Schwanz aus, der
keine spitzen Tuberkelschuppen trägt. Den
Lebensraum teilt sich P. homalorhina in Ankarana mit einer Lygodactylus-Art, die ihr
auf den ersten Blick sehr ähnlich, aber viel
kleiner ist.
Paroedura karstophila Nussbaum & Raxworthy, 2000 ist ebenfalls ein Bewohner von
Tsingy-Formationen (Namoroka, Ankarana)
und unterscheidet sich von P. homolarhina
durch stärker ausgeprägte Tuberkelschuppenreihen auf dem Rücken, kürzere Beine
und einen mit Stachelschuppen besetzten
Originalschwanz. Als schwierig erweist sich
die Zuordnung einer Population aus den
Montagne des Frangais, weil sie nämlich
sowohl Merkmale von P. karstophila als auch
Eigenschaften von P. homalorhina aufweist.
Diese Form kommt zusammen mit P. lohatsara vor, während am Fuß des Massivs
(unterhalb der Kalksteinfelsen) P. stumpffi
zu finden ist.
Paroedura vazimba Nussbaum & Raxworthy, 2000 gehört mit einer maximalen KopfRumpf-Länge von 4,9 Zentimetern zu den
kleinen Formen. In Zeichnung und Größe er-
Paroedura oviceps (aus Benavony bei Ambanja) findet sich meist
entlang von Bächen.
innert diese Art an P. androyensis, hat aber
keine dunkle Netzzeichnung auf der Kehle
und eine andere Position des Nasenlochs.
Nussbaum & Raxworthy (2000) vermuten
jedoch trotz dieser Ähnlichkeiten eine engere Verwandtschaft von P. vazimba mit P.
karstophila.
Paroedura cf. karstophila aus Montagne des Francais, ein unscheinbarer
Gecko mit großen Augen.
in Färbung und Größe deutlich voneinander
unterscheiden.
Neben den hier vorgestellten ParoeduraArten sind schon heute weitere Formen bekannt, deren Status noch ungeklärt ist, und
weitere neue Nachtgeckos warten sicher
noch auf ihre Entdeckung.
Paroedura stumpffi, große, breitköpfige Form.
Paroedura stumpffl aus Montagne des Francais.
Paroedura vazimba ist von Ampijoroa und
dem Reservat Bora in Nordwestmadagaskar
bekannt. Beobachtet wurden die Tiere nachts
an Baumstämmen 0,5 bis 1,5 Meter über
dem Boden oder tagsüber unter der Rinde von
Bäumen im Trockenwald. Bei Ampijoroa
fanden wir zwei Exemplare auf Blättern und
Ästen von niedrigen Sträuchern im dichten
Trockenwald, weniger als 50 Zentimeter über
dem Boden.
Paroedura stumpffi (Boettger, 1878) ist im
nördlichen Madagaskar zu Hause. Die
Rückenbeschuppung ist sehr rau, die Kopfoberseite in der Regel einfarbig braun und
ohne Flecke. Diese Art findet sich im Regenwald ebenso wie in Sekundärvegetation und
im Trockenwald und hält sich oft am Boden
oder am Stamm größerer Bäume auf. Tiere
aus verschiedenen Populationen können sich
Viele der Paroedura-Arten wurden bisher
hauptsächlich oder sogar ausschließlich auf
kalkigem Untergrund gefunden. Man kann
also erwarten, dass insbesondere die isolierten und bisher nicht untersuchten Kalksteinformationen noch manche Überraschung bereithalten.
I
Literatur
Bauer, A. M., D. A. Good & W. R. Branch
(1997): The taxonomy of the southern
African leaf-toed geckos (Squamata:
Gekkonidae), with a review of old world
„Phyllodactylus" and the description of
five new genera. Proc. Calif. Acad. Sei. 49
(14): 447-497.
Dixon, J. R., & J. C. Kroll (1974): Resurrection of the generic name Paroedura for
the phyllodactyline geckos of Madagascar,
and description of a new species. Copeia
(1): 24-30.
Glaw, F., M. Vences & K. Schmidt (2001):
A new species of Paroedura Günther
from northern Madagascar (Reptilia,
Squamata, Gekkonidae). Spixiana 24 (3):
249-256.
Nussbaum, R. A., & C. J. Raxworthy
(1994): A new rainforest gecko of the genus Paroedura Günther from Madagascar.
Herpetol. Nat. Hist. 2 (1): 43-49.
- & - (2000): Systematic revision of the
genus Paroedura Günther (Reptilia: Squamata: Gekkonidae), with description of
five new species. Misc. Pub. Mus. Zool.
Univ. Michigan 189: 1-26.
Porter, R. (2002): The husbandry and first
recorded captive breeding of the chameleon gecko Carphodactylus laevis Günther,
1897. Gekko 2 (2): 2-8.
Rösler, H., & J. Krüger (1998): Eine neue
Unterart von Paroedura bastardi (Mocquard, 1900) aus dem zentralen Hochland
von Madagaskar. Sauria 20 (2): 37-46.
56. Jahrgang • Datz. • 9/2003
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