SN-Beilage April 2017 - Salzburger Festspiele

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SALZBURGER FESTSPIELE
21. JULI –
30. AUGUST
2017
SPEZIAL
Er läuft ja wie ein offenes Rasiermesser durch die Welt,
man schneidet sich an Ihm!“
Hauptmann zu Wozzeck
Workshop zu William Kentridges Inszenierung von Alban Bergs Wozzeck, William Kentridge Studio, Johannesburg, Jänner 2017
BILD: SN/STELLA OLIVIER
SALZBURGER FESTSPIELE
WOZZECK
Alban Berg
Der Südafrikaner William Kentridge (*1955) zählt zu
den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern.
Er ist nicht nur ein Meister der poetisch bewegten
Schatten, der verwehenden Zeichnung und der sich
wie von Geisterhand auslöschenden Bilder. Er ist vor
allem einer der betörendsten Erzähler unserer Zeit.
Für die Salzburger Festspiele setzt er Alban Bergs Oper
Wozzeck mit für ihn typischen Animationen in Szene.
In wenigen Strichen nur zeichnet William
Kentridge die Umrisse eine Pferdes. Dann
zerschnipselt er sie in einzelne Linien und
setzt diese in allen möglichen Strich-Kombinationen wieder zusammen . . . und wir
sehen abermals: ein Pferd. Selbst wenn nur
noch eine Linie auszumachen ist, rekonstruieren wir die Andeutung von einem
Pferd. „Im Inneren ist die Empfindung eines
Pferdes da, die nur darauf wartet, abgerufen
zu werden“, erläutert William Kentridge in
einer der berühmten Drawing Lessons seine
Gedanken zu Wahrnehmung und Kunst.
Ähnlich ergeht es uns mit jener Konstruktion, die William Kentridge aus Stangen
und Lumpen gebaut hat. Wir erkennen darin ein Pferd. – Ist es das Steckenpferd von
Maries und Wozzecks Sohn? Oder ist es eines jener Tiere, die auf den Schlachtfeldern
des Ersten Weltkriegs eingesetzt wurden?
Genau dort nämlich, bei der sogenannten
„Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, setzt
William Kentridge an. „Alban Berg wurde
ganz sicher vom geistigen Klima im damaligen Wien beeinflusst, etwa von Karl Kraus’
Tragödie Die letzten Tage der Menschheit.
All das fand in ihm ebenso Widerhall wie
Büchners Drama Woyzeck, das er ein paar
Jahre zuvor gesehen hatte. Die Figuren des
Doktors und des Hauptmanns hat Büchner
schon in den 1830er-Jahren erfunden, doch
sie nehmen sehr viel von der Grausamkeit
der Ärzte und Offiziere auf den Schlacht-
feldern des Ersten Weltkriegs vorweg“,
erzählt er. „Woyzecks Visionen wirken wie
Vorahnungen der Explosionen und des
unterirdischen Grollens, die wir aus Filmaufnahmen von den Kämpfen in Flandern
kennen.“
Als visuelle Grundlage für seine Salzburger Inszenierung verwendet Kentridge
berückend schöne, in Kohle getauchte
Zeichnungen, die die emotionalen Ausbrüche und düsteren Vorahnungen erspüren
lassen. „Alle Projektionen basieren auf
Kohleskizzen, deren Grobkörnigkeit sehr
gut zu Bergs Musik passt, aber auch zu jener
Welt, die sie darstellt, mit all ihren Veränderungen und unterirdischen Geräuschen,
in der aus einem Igel plötzlich ein Kopf in
einer Landschaft werden kann“, sagt er.
Aus seinem schier unerschöpflichen Reservoir an Formen und Figuren zitiert er etwa
Baumstümpfe, die aus devastierten Landschaften ragen, Trichter, die sich zwischen
Stacheldrähten verlieren, eine Taube, die
einem Kriegsreporter gleich eine Kamera an
der Brust trägt . . .
Der Komponist Alban Berg skizzierte seine
Oper mitten in den Wirren des Ersten Weltkriegs während eines Fronturlaubs. Im
Zentrum des wegweisenden Musiktheaterwerks steht Wozzeck, ein an den Rand der
Gesellschaft gedrücktes, isoliertes Individuum, das – seiner Würde beraubt – schließ-
Giuseppe Verdi
Die iranische Künstlerin Shirin Neshat
wandelt sich ständig: von der Fotografin zur
Videokünstlerin zur Filmregisseurin. Da
erscheint es folgerichtig, dass sie sich nun
auf eine weitere neue Kunstform einlässt.
In Salzburg inszeniert sie zum ersten Mal
eine Oper: Giuseppe Verdis Aida.
Die Lebenssituation der Titelfigur in
Giuseppe Verdis Aida – in einer fremden
Kultur im Exil zu leben – kennt Neshat
aus eigener Erfahrung seit Jahrzehnten.
1957 in Qazvin im Iran geboren, wächst
sie in einer westlich orientierten Familie
auf. Mit 17 Jahren verlässt sie den Iran,
um in den USA Kunst zu studieren. Nach
ihrem Abschluss geht sie nach New York,
gründet eine Familie und arbeitet für die
Organisation Storefront of Art and Architecture. Erst 1990, ein Jahr nach Ajatollah
Khomeinis Tod, kehrt Shirin Neshat in
einen durch die islamische Revolution
völlig veränderten Iran zurück.
Unter den Eindrücken dieses einst als
Heimat bezeichneten Landes beginnt die
Künstlerin mit der Fotoserie Women of
Allah (1993–97), die sie in der westlichen
Kunstszene berühmt macht: SchwarzWeiß-Fotografien von verschleierten,
bewaffneten Frauen, deren unbedeckte
Haut mit Kalligrafien überzogen ist.
Es sind Texte zeitgenössischer iranischer
Lyrikerinnen wie Tahereh Saffarzadeh in
William Kentridge bei einem Workshop zu Alban Bergs Wozzeck
lich an den Umständen zerbricht. „Wozzeck
wird von allen gedemütigt, vom Doktor,
vom Hauptmann, von Marie, vom Tambourmajor. Am Ende verwandelt sich diese
Demütigung in Gewalt, gegen sich selbst
und gegen die Menschen um ihn herum“,
sagt Kentridge.
Trotz der zeitlichen Verortung „haben
das Drama und die Oper bis heute nichts
von ihrer Aktualität verloren“, meint
William Kentridge, „denn der Titelheld ist
ein einfacher Mann – kein Fürst, Baron
oder Graf. Außerdem geht es in dieser Geschichte um das Gefühl extremer Verzweiflung, das es auch heute noch überall in der
Welt gibt. Und es geht um Gewalt von Männern gegen Frauen – auch das ist ein sehr
aktuelles Thema. Deshalb berühren uns die
Themen und Gefühle dieser Geschichte bis
heute.“ Dass es auf der Opernbühne möglich ist, die tiefen Emotionen ganz unverstellt vorzuführen, ohne sich in melodramatischem Pathos zu verlieren, darin sieht
William Kentridge einen besonderen Zauber der Gattung. „In der Oper darf Liebe
einfach nur Liebe sein und Wut einfach
nur Wut. Alle Gefühle werden auf die Spitze
getrieben und jede emotionale Verwerfung
endet tödlich. Dass die Oper Gefühle so
unverstellt, so prall zeigen kann, macht sie
in meinen Augen zu einem absolut unwiderstehlichen Bühnenerlebnis.“
Margarethe Lasinger
BILD: SN/STELLA OLIVIER
Alban Berg
Wozzeck
Oper in drei Akten
Vladimir Jurowski Musikalische Leitung
William Kentridge Regie
Luc De Wit Co-Regie
Sabine Theunissen Bühne
Greta Goiris Kostüme
Matthias Goerne Wozzeck
John Daszak Tambourmajor
Mauro Peter Andres
Gerhard Siegel Hauptmann
Jens Larsen Doktor
Heinz Göhrig Der Narr
Asmik Grigorian Marie
Frances Pappas Margret u. a.
Salzburger Festspiele und
Theater Kinderchor
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Wiener Philharmoniker
Koproduktion mit der
Metropolitan Opera, New York, und der
Canadian Opera Company, Toronto
Neuinszenierung, Haus für Mozart
8. (Premiere), 14., 17., 24., 27. August
Supported by
Bank of America Merrill Lynch
AIDA
der Landessprache Farsi, die für den westlichen Betrachter wie Ornamente der
alten persischen Kunst der Kalligrafie
wirken. – Wer jemals Bilder von Shirin
Neshat gesehen hat, wird sie nicht vergessen. Ihre bildmächtige Kunst lässt nie-
Shirin Neshat, Untitled aus der Serie Women
of Allah, 1996 BILD: SN/COURTESY GLADSTONE GALLERY, NEW YORK
manden kalt, sondern weckt bei allen Betrachtern starke Gefühle.
Seit Mitte der Neunzigerjahre entwickelt Shirin Neshat ihre intensive, faszinierende Bildsprache in Videoinstallationen weiter: genau komponierte, kontrastreiche und verrätselte Bilder von Frauen
und Männern in der islamischen Welt, die
in ihren Videos oft getrennt voneinander
auftreten. Sie zeigen sehr pointiert die
Trennung der Geschlechtersphären in der
Gesellschaft ihres Heimatlandes und die
Auswirkungen auf die Situation der Frau.
Für ihren ersten Langspielfilm Women
Without Men gewann Neshat 2009 bei
den Filmfestspielen von Venedig gleich
den Preis für die beste Regie. Ihr Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von
Shahrnush Parsipur, die seit den Neunzigerjahren im amerikanischen Exil lebt. In
einem mystischen Garten vor den Toren
Teherans kreuzen sich die ungleichen Lebenswege von vier Frauen auf der Flucht
vor ihrem bisherigen Leben. Der Garten
wird zu ihrer Zufluchtsstätte, wo eine
Utopie für kurze Zeit lebbar scheint.
Zuletzt drehte sie in Marokko Looking
for Oum Kulthum: Darin erzählt sie von
Mitra, einer ambitionierten Künstlerin.
Diese versucht, ihren Traum zu verwirklichen und einen Film über Oum Kulthum, die legendäre Sängerin der arabischen Welt, zu drehen.
Bettina Auer
Giuseppe Verdi
Aida
Oper in vier Akten
Riccardo Muti Musikalische Leitung
Shirin Neshat Regie
Christian Schmidt Bühne
Tatyana van Walsum Kostüme
Roberto Tagliavini Il Re
Ekaterina Semenchuk Amneris
Anna Netrebko Aida
Vittoria Yeo Aida (22., 25. 8.)
Francesco Meli Radamès
Yusif Eyvazov Radamès (22., 25. 8.)
Dmitry Belosselskiy Ramfis
Luca Salsi Amonasro u. a.
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Wiener Philharmoniker
Neuinszenierung
Großes Festspielhaus
6. (Premiere), 9., 12., 16., 19., 22., 25. August
Supported by SWAROVSKI
GALA-SOIREE
Nach der Premiere am 6. August findet
eine Gala-Soiree zu Ehren der Künstler
in der Salzburger Residenz statt.
Der Reinerlös fließt in die Jugendarbeit
der Salzburger Festspiele.
LADY MACBETH VON MZENSK
Dmitri Schostakowitsch
Sie sei die größte dramatische Sopranistin unserer Tage – so wird Nina Stemme von Publikum und Presse regelmäßig
gefeiert. In Salzburg verkörpert die schwedische Sängerin Katerina Ismailowa, die Titelrolle in Schostakowitschs
frühem Geniestreich Lady Macbeth von Mzensk. Im Interview beleuchtet Nina Stemme ihren Zugang zu dieser Figur
und warum Katerina Anteilnahme herausfordert, obwohl sie eine Mörderin ist.
Dmitri Schostakowitsch
Lady Macbeth von Mzensk
Oper in vier Akten
Frau Stemme, Sie haben die Titelpartie in
Lady Macbeth von Mzensk vor 16 Jahren schon
einmal gesungen. Worin liegt für Sie der Reiz,
sich nach so langer Zeit in Salzburg erneut mit
dieser Rolle auseinanderzusetzen?
Mariss Jansons Musikalische Leitung
Andreas Kriegenburg Regie
Harald B. Thor Bühne
Tanja Hofmann Kostüme
Schostakowitschs Lady Macbeth ist ein
wunderbares Stück – tragisch, aber auch
mit witzigen, satirischen Zügen –, und als
ich es 2001 für Genf einstudiert habe, dachte ich, es würde ein Kernstück meines Repertoires werden. Weitere Angebote für die
Rolle der Katerina blieben dann allerdings
aus (die Oper wird ja auch nicht allzu oft
aufgeführt) und meine Stimme entwickelte
sich ins hochdramatische Fach, mit Wagners Isolde und Brünnhilde oder Strauss’
Salome und Elektra. Umso mehr freut es
mich, die Katerina nun endlich ein zweites
Mal zu singen, noch dazu unter Mariss
Jansons, der diese Musik kennt wie kein anderer Dirigent. Die Rolle ist auch spielerisch
eine riesige Herausforderung.
Nina Stemme Katerina Lwowna Ismailowa
Dmitry Ulyanov Boris Timofejewitsch
Ismailow
Maxim Paster Sinowi Borissowitsch Ismailow
Maxim Aksenov Sergej
Evgenia Muraveva Aksinja
Andrei Popov Der Schäbige
Stanislav Trofimov Pope
Alexey Shishlyaev Polizeichef
Ksenia Dudnikova Sonjetka
Andrii Goniukov Alter Zwangsarbeiter u.a.
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Wiener Philharmoniker
Das Stück beginnt mit einer langen Arie
Neuinszenierung
Großes Festspielhaus
2. (Premiere), 5., 10., 15., 21. August
der Katerina. In welcher Situation begegnen
wir ihr?
Katerina tut etwas, was Wagners Frauenfiguren völlig fremd ist: Sie langweilt sich,
und zwar wahnsinnig – typisch russisch,
man denke an Tschechow. Sie hat überhaupt nichts zu tun und sie ist verzweifelt.
Katerina ist eine bodenständige Frau, sie
kommt aus einfachen Verhältnissen, hat
keine Schulbildung, ja sie kann nicht einmal
lesen. Sie wurde mit einem Mann aus einer
wohlhabenderen Familie verheiratet, dem
Kaufmann und Mühlenbesitzer Sinowi
Ismailow, den sie nicht liebt. Obwohl sie in
der Hierarchie aufgestiegen ist und einen
gewissen Status genießt, ist ihr Leben von
Zwängen und Unterdrückung bestimmt.
Katerina wünscht sich sehnlich ein Kind,
und ihr patriarchalisches Umfeld macht
natürlich sie dafür verantwortlich, dass
keines kommt. Wie ihre konkrete Lebenssituation aussieht, ist letztlich auch davon
abhängig, wie man das inszeniert. Der Text
lässt beispielsweise offen, was für ein Interesse ihr tyrannischer Schwiegervater Boris
an ihr hat, bis zu welchem Grad er sie bedrängt: Vielleicht hat er einen eigenen Weg
im Sinn, um sich zu einem Enkel und Erben
zu verhelfen?
Grundsätzlich ist es immer schwierig,
detailliert über einen Charakter zu reden,
bevor man ihn im Rahmen einer Produktion mit dem Regisseur und den Kollegen
erarbeitet hat. Ich komme nicht mit einem
fertigen Bild von einer Figur zur ersten Probe: Natürlich bilden Musik und Text den
Ausgangspunkt, Charakter und Handlung
sind durch sie in den Grundzügen vorgegeben. Das Spannende ist für mich dann aber
die Reise zwischen diesen Punkten. Fest
steht, dass Katerina sich gefangen fühlt und
es eigentlich nicht mehr aushält.
In dieser Lage trifft sie Sergej, der von
ihrem Mann gerade als Arbeiter in Dienst
genommen wurde . . .
Er wird für Katerina eine Möglichkeit,
auszubrechen. Sie befreit sich durch etwas,
was sie selbst als echte Liebe empfindet.
Und das, obwohl sie Sergej gleich von seiner brutalsten Seite kennenlernt: bei einem
Übergriff auf die Küchengehilfin Aksinja, vielleicht sogar einer Vergewaltigung. Katerina interveniert und hält ein erstaunliches Plädoyer
für die Frauen und gegen deren Geringschätzung durch die Männer. Und dennoch fühlt sie
sich ausgerechnet zu Sergej hingezogen.
Nina Stemme
Ja, alle hören der „Herrin“ zu, bloß Sergej
reagiert herausfordernd. Klar, es gibt da
auch eine erotische Spannung: Sergej sieht
gut aus, ist jung . . . Warum geht Katerina
überhaupt in den Hof zu den Arbeitern?
Versucht sie bewusst, in Sergejs Nähe zu gelangen? Das sind Dinge, die ich erforschen
möchte. Die Musik, die Schostakowitsch für
Katerina schreibt, ist ganz geradeaus und
stark, die Musik für Sergej etwas gewundener, schlangenhafter: Er weiß genau, wie er
Katerina manipulieren kann – und sie lässt
sich auch manipulieren. Vielleicht handelt
Sergej von Anfang an aus reiner Berechnung, für Katerina jedenfalls ist er wie eine
Befreiung. Alle wissen, dass Sergej ein
Schürzenjäger ist und von seinem vorigen
Arbeitgeber gefeuert wurde, weil er ein Verhältnis mit dessen Frau hatte. Katerina aber
will nicht sehen, wer er eigentlich ist. Deshalb geht alles zu weit und sie wird zur
Mörderin, erst an ihrem Schwiegervater,
dann – gemeinsam mit Sergej – an ihrem
Mann. Hinzu kommt ihre große Angst, dass
Sergej sie verlassen könnte . . . Er hat damit
alle Mittel der Macht in der Hand und
zwingt Katerina geradezu, ihn zu heiraten.
Dennoch durchlebt sie an seiner Seite auch
Momente unbeschwerten Glücks, etwa am
Beginn der letzten Szene des zweiten Akts,
wo wir eine sehr lyrische Musik hören.
Musikalisch ist das Werk äußerst kontrastreich: einerseits ungemein energiegeladene
Passagen, in denen Schostakowitsch die gesamten Kräfte des Orchesters bündelt, andererseits weite Strecken mit einer kammermusikalischen Faktur. Im vierten Akt – Katerina
und Sergej sind auf dem Weg in die Zwangsarbeit – drückt Katerina ihren Schmerz darüber, dass Sergej sich von ihr abwendet, in einer
Arie aus, die zunächst nur vom Englischhorn
bzw. einer Oboe begleitet wird. Erlauben
Ihnen solche Stellen, gesanglich noch feinere
Nuancen zu machen als sonst?
Prinzipiell versuche ich natürlich immer,
möglichst nuancenreich zu gestalten. Im
Fall von Katerina ist es vielleicht ein Glück,
dass ich die Partie gesungen habe, als meine
Stimme noch ein bisschen lyrischer war,
BILD: SN/NEDA NAVAEE
und ich diese Erinnerung stimmlich zurückbringen kann. Dabei hilft, dass Schostakowitschs vokale Schreibweise genial ist: Die
leiseren Stellen liegen im Allgemeinen auch
tiefer. Die dramatischen hingegen liegen
sehr hoch, sind also wirklich dramatisch,
oft mit viel Blech im Orchester.
Wie üben Sie solche dramatischen Rollen,
die ja nicht nur vokale, sondern meist auch
emotionale Extreme bedeuten? Elektra mit
voller Stimme in den eigenen vier Wänden?
Das ist tatsächlich schwierig: Derzeit
muss ich Wagners Kundry üben, inklusive
ihrer Schreie, und die Nachbarn wundern
sich bestimmt . . . Man kann in einem kleinen Zimmer eigentlich nicht voll aussingen,
man braucht die Bühne, um die Stimme
und alle Emotionen richtig entfalten zu
können. Die Arbeit zu Hause ist zu einem
Gutteil auch „mind training“: Ich lese viel –
den Text und die Musik – und überlege,
welche Emotionen an welcher Stelle gebraucht werden; bei der Umsetzung ist es
dann natürlich wichtig, die Emotionen
nicht auf die Stimme gehen zu lassen, die
immer frei ausschwingen muss. Gerade auf
eine dramatische Partie muss man sich wie
auf einen Marathon vorbereiten: Wo ist die
nächste Kurve, wo muss ich hin? Wie stelle
ich mein Instrument auf das emotionale
Niveau ein? Das sind Dinge, die man mit
jedem Atemzug wissen muss.
Nochmals zurück zu zentralen Themen,
die Schostakowitschs Oper aufwirft: das Gefühl, nicht selbst über sein Leben bestimmen
zu können, das Aufbegehren gegen Fremdbestimmung, die Eskalation in Gewalt. Wie
nahe sind wir diesen Themen in unserer
westlichen, liberalen Welt?
Auch heute gibt es rund um uns Gesellschaften, die ähnlich repressiv oder ähnlich
patriarchalisch sind wie Katerinas Umfeld.
Ich denke aber auch an die Situation der
Flüchtlinge, die in ein neues, fremdes Milieu gelangen, ohne von diesem aufgenommen zu werden, und die ein ähnliches Gefühl von Frustration und Machtlosigkeit, ja
von Ausweglosigkeit erfahren wie Katerina.
Supported by
Bank of America Merrill Lynch
Mit der gleichen Möglichkeit, dass dieses
Gefühl in Aggression und (Selbst-)Zerstörung
umschlägt? Katerina scheint alles sehr spontan, wie aus einem Instinkt heraus zu tun . . .
Auch ich glaube, dass Katerina nicht reflektiert oder bewusst handelt. Sie ist intelligent, aber im Gegensatz zu Shakespeares
Lady Macbeth, mit der sie nur das Begriffspaar „Frau und Kriminalität“ verbindet, ist
sie ein sehr emotionaler, keineswegs berechnender Mensch. Überlegung und Reflexion sind ihr fremd. Vielleicht zeigt sich
hier auch ihre fehlende Bildung.
Kennt Katerina Schuldbewusstsein?
Ich glaube nicht – und das ist einer der
Züge, die sie so interessant machen. Nach
der Beseitigung ihres Schwiegervaters und
ihres Gatten kommt ihr nichts zu Bewusstsein, was sie als ethische Bedenken empfindet. Natürlich beeinflusst die Situation ihren Kopf und ihre Sinne: Bereits nach dem
ersten Mord sieht sie Gespenster, kämpft
fast physisch mit ihnen; sie hat Angst. Aber
Gewissensbisse? Nein. Klar, ich spreche
jetzt als jemand, der die Rolle schon einmal
gesungen hat, und würde Katerina vielleicht
anders beurteilen, wenn ich sie von außen
betrachten sollte. Als Darstellerin muss ich
die Figur von innen heraus formen, sodass
sie eine eigene Aura bekommt, d. h. für
mich muss alles an ihr menschlich und
logisch sein. Und ich habe eine große Sympathie für Katerina, auch wenn sie falsche
Dinge macht.
In diesem Licht ist auch das Ende der
Geschichte interessant. Ein weiterer Mord,
der zugleich Selbstmord ist? Das Spannende
an diesem Stück ist für mich auch, dass es
verrückter und verrückter wird, sozusagen
abhebt. Der letzte Akt lässt sich heute kaum
realistisch spielen, auch seine Musik ist
ganz anders als in den Akten davor. Ich
kann noch nicht sagen, wohin mich die
Arbeit mit Andreas Kriegenburg und den
Kollegen führen wird, aber ich glaube, dass
Katerina selbst nach den Demütigungen
durch Sergej und seine Geliebte Sonjetka
noch nicht ganz aufgegeben hat.
Das Interview führte Christian Arseni.
SALZBURGER FESTSPIELE
LA CLEMENZA DI TITO
Wolfgang Amadeus Mozart
Ähnlich wie die szenischen Mozart-Interpretationen des kalifornischen Regisseurs Peter Sellars
erregten die musikalischen Deutungen des in Perm residierenden Dirigenten Teodor Currentzis
weltweit Aufsehen. Nun treffen der Regiealtmeister und der Jungstar unter den Dirigenten
in Salzburg zur Arbeit an Mozarts letzter Oper, La clemenza di Tito, zusammen.
Mozarts letzte Worte
La clemenza di Tito, das letzte Werk, das
Mozart vollendete, ist eine seltsame Oper,
und zwar insofern, als er sie für eine Krönung in Prag schrieb und sehr angespannt
war, da die Herrscher Oper eigentlich hassten. Zugleich wollte Mozart der Menschheit
mit seinem letzten Atemzug eine echte
Vision davon geben, wie Zusammenleben
möglich sei. Diese Oper ist ein großes Stück
über Wahrheit und Versöhnung und nimmt
sich aktueller Fragen an: Wie können wir in
einer Zeit des Konflikts zusammenleben?
Wie können sich Menschen miteinander
versöhnen? Wie können wir gemeinsam
wieder Gerechtigkeit schaffen?
Der erste Akt von Mozarts La clemenza
di Tito endet mit einer in Flammen stehenden „Hauptstadt“ und dem Plan zur Ermordung des „Präsidenten“. Wie reagieren wir
darauf in einer Zeit, in der Europa seinen
eigenen Kampf gegen den Terrorismus
beginnt . . . La clemenza di Tito erzählt von
Europas höchstem Ideal, der Gewalt Milde
und Aussöhnung entgegenzustellen. Das
stellt sich aber als großer Kampf dar.
Mozarts Oper ist auch deshalb so stark,
weil er bereits mit einem Fuß in einer an-
Peter Sellars
BILD: SN/RUTH WALZ
deren Welt steht und sich dennoch dieser
Welt zuwendet und fragt: Wie ist es möglich, sie wiederherzustellen? Wie ist es in
einer Zeit, die voller Zorn ist, möglich, eine
heilende Geste anzubieten? – Ich denke,
dass Mozart über die Jahrhunderte hinweg
zu uns sprechen und Europa einladen kann,
ein neuer Ort der Aufklärung zu werden.
Peter Sellars
ARIODANTE
Georg Friedrich Händel
In Georg Friedrich Händels Ariodante hat
es Regisseur Christof Loy mit drei verschiedenen Zeitebenen zu tun: einer Ritterwelt
der mittelalterlichen Vorlage von Ariosts
Orlando furioso, dem Barock der Entstehungszeit und unserem Heute. Die Neuinszenierung für die Salzburger Pfingstfestspiele
mit Cecilia Bartoli in der Titelrolle wird im
Sommer wiederaufgenommen.
Cecilia Bartoli
BILD: SN/ULI WEBER/DECCA
Für den Regisseur Christof Loy ist das
Händel’sche Meisterwerk ein Stück über
Identitätskrisen und Persönlichkeitsfindung. Der Titelheld personifiziert dabei
das Träumerische einer Figur, die auf der
Suche nach sich selbst ist und ihre Position innerhalb eines Machtsystems, in das
sie selbst nicht gehört, erst finden muss.
Dabei spielt Loy bewusst mit der Idee,
dass der männliche Protagonist von einer
Frau (Cecilia Bartoli) gesungen wird. Ariodante verhält sich durchaus auch unhel-
disch und versucht, sich in den Charakter
einer Frau hineinzudenken, um deren
Handlungsweise besser zu begreifen.
Ginevra ist diese weibliche Hauptfigur,
der in dem Stück übel mitgespielt wird.
Frei von Schuld und ohne eigenes Zutun
ist sie in die Rolle einer Betrügerin gedrängt, was ihr beinahe den Tod bringt.
Ariodante und Ginevra drohen beide
Opfer einer Gesellschaft zu werden, die
eigentlich nicht die ihre ist. Dabei beginnt
die Geschichte zunächst positiv und der
erste Akt schließt mit einem Happy End.
Die Vorstellung könnte hier zu Ende sein,
gäbe es nicht den Schurken Polinesso, der
durch eine Intrige das Glück des Paares
zunichtemacht. Auch er ist auf der Suche
nach Bestätigung und findet seinen Platz
im Leben nicht. Polinesso jedoch erdreistet sich, sich diesen Platz mit unrechtmäßigen Mitteln zu verschaffen.
Christof Loy und sein Bühnenbildner
Johannes Leiacker lassen in einem geschlossenen, historisch anmutenden
Raum spielen, der sich mehrfach öffnet,
um den Blick in die Natur freizugeben.
Dieses Bild entspricht aber eher einer
Sehnsucht oder einer Illusion als der
Wirklichkeit, die für die Protagonisten
immer undeutlich bleibt, bis sie sich von
jenen Zwängen befreien, in die sie sich
selbst begeben haben.
Das Finale bildet schließlich wieder ein
„lieto fine“, weil es dem Paar Ginevra und
Ariodante gelingt, aus der sie umgebenden Enge auszubrechen. Nach einem fehlgeschlagenen Selbstmordversuch wird
Ariodante klar, dass er nicht in die aristokratische Welt passt, in die er hineinheiraten wollte, und das Paar versucht eine
utopische Liebe zu realisieren, in der jeder er selbst bleiben darf. Klaus Bertisch
Teodor Currentzis
BILD: SN/ANTON ZAVJYALOV
Alles Entscheidende steht in der Partitur
Mozart hat mich die Hälfte meines Lebens
begleitet. Ich habe seine Werke immer wieder neu erforscht und fast schon laborartig
an ihnen gearbeitet, um das Geheimnis
Mozarts zu entschlüsseln. Sagen wir so:
Die Komponisten, die wir zu kennen
glauben, sind doch in Wirklichkeit diejenigen, die immer unbekannt bleiben. Alles
Entscheidende steht in der Partitur. Wir
müssen nur ein Auge dafür entwickeln,
die enthaltenen Nachrichten zu sehen,
und die Fähigkeit, diese dem Publikum
zu vermitteln. Mozarts Musik steckt voller
Überraschungen. Er schafft es, aktuell und
jung zu bleiben. Seine Werke sind und
bleiben modern.
Ich dirigiere La clemenza di Tito zum
ersten Mal. Es ist kein ganz ungefährliches
Stück. Gerade bei diesem Werk kommt es
sehr darauf an, mit dem richtigen Regisseur
zu arbeiten und zu denken. Ich hätte bei
keinem anderen Regisseur als Peter Sellars
zugesagt. Wir haben ja oft das Gefühl, dass
alles schon erzählt wurde. Peter Sellars aber
kehrt zurück zum Zentrum, er findet neue
Dimensionen, die das Herz der Menschen
ansprechen. Er ist einer, der es versteht, den
Subtext eines Stücks zu erzählen. Ein Regisseur, der diesen Subtext außer Acht lässt,
läuft Gefahr, zu narrativ zu sein. Verstehen
Sie mich nicht falsch, ich liebe es zu experimentieren! Vorher sollte allerdings die
Basis geklärt sein: Man muss den Kern der
Oper begreifen, erst dann kann das Experiment beginnen.
Teodor Currentzis
Wolfgang Amadeus Mozart La clemenza di Tito Opera seria in zwei Akten
Teodor Currentzis Musikalische Leitung | Peter Sellars Regie |
George Tsypin Bühne | Robby Duiveman Kostüme
Russell Thomas Tito Vespasiano | Golda Schultz Vitellia | Christina Gansch Servilia |
Marianne Crebassa Sesto | Jeanine De Bique Annio | Willard White Publio
musicAeterna Choir | musicAeterna
Koproduktion mit De Nationale Opera, Amsterdam, und der Deutschen Oper Berlin
Neuinszenierung, Felsenreitschule, 27. (Premiere), 30. Juli, 4., 13., 17., 19., 21. August
Orchestra sponsor NOVATEK | Production sponsor Solway Investment Group
SALZBURGER FESTSPIELE PFINGSTEN 2.–5. JUNI 2017
Oper
Georg Friedrich Händel
Ariodante
Gianluca Capuano Musikalische Leitung
Christof Loy Regie
Johannes Leiacker Bühne
Ursula Renzenbrink Kostüme
Nathan Berg Der König von Schottland
Kathryn Lewek Ginevra
Cecilia Bartoli Ariodante
Norman Reinhardt Lurcanio /
Rolando Villazón Lurcanio (August)
Sandrine Piau Dalinda
Christophe Dumaux Polinesso u. a.
Les Musiciens du Prince – Monaco
Salzburger Bachchor
Haus für Mozart, 2. , 5. Juni
Wiederaufnahme: 16., 18., 22., 25., 28. August
Jubiläumskonzert
Anne-Sophie Mutter
Schubert, Vivaldi
Mutter’s Virtuosi, Daniil Trifonov u. a.
Großes Festspielhaus, 4. Juni
Charity Lunch
zugunsten der Jugendarbeit der
Salzburger Festspiele und der
Anne-Sophie Mutter Stiftung
Es kochen Johanna Maier & Söhne
Karl-Böhm-Saal, 4. Juni
Oper konzertant
Gioachino Rossini
La donna del lago
Orchesterkonzert
Orchestra dell’Accademia Nazionale
di Santa Cecilia
Mendelssohn, Wagner, Verdi
Antonio Pappano Musikalische Leitung
Tatiana Serjan, Bryn Terfel Solisten
Großes Festspielhaus, 3. Juni
Gianluca Capuano Musikalische Leitung
Edgardo Rocha Giacomo V (Uberto)
Nathan Berg Douglas d’Angus
Norman Reinhardt Rodrigo di Dhu
Cecilia Bartoli Elena
Vivica Genaux Malcom
Les Musiciens du Prince – Monaco
Salzburger Bachchor
Haus für Mozart, 4. Juni
Ballett
Arienmatinee
La Sylphide
Max Emanuel Cencic
Valery Ovsianikov Musikalische Leitung
Vyacheslav Okunev Bühne
Ballett des Mariinski-Theaters,
Sankt Petersburg
Mozarteumorchester Salzburg
Großes Festspielhaus, 3. Juni
Porpora, Vivaldi, Händel
George Petrou Musikalische Leitung
Armonia Atenea
Stiftung Mozarteum, 5. Juni
Sponsored by ROLEX
„Ich suche eine Gegenwärtigkeit, vor der
Martin Wuttke, Caroline Peters, Max Rothbart und Nicola Kirsch in Simon Stones Inszenierung von Ibsens John Gabriel Borkman, Burgtheater
(Akademietheater), Wien, 2016
BILD: SN/REINHARD WERNER/BURGTHEATER
Aribert Reimann
Die Zahlen sprechen für sich: Aribert Reimanns Oper Lear, 1978 in München uraufgeführt, erlebt diesen Sommer bei den Salzburger Festspielen ihre 27. Neuproduktion. Lear
bescherte dem 1936 geborenen Komponisten den internationalen Durchbruch und hat
sich wie nur wenige weitere zeitgenössische
Musiktheaterwerke einen festen Platz im
Repertoire erobert. Warum, das wird man in
der Salzburger Produktion in der Regie von
Simon Stone mit Franz Welser-Möst am Pult
der Wiener Philharmoniker eindrücklich
erfahren können.
Am Ende der zweiten Szene von Reimanns
Lear merkt der König, wie ihm der Boden
unter den Füßen wankt: Haben Goneril und
Regan die Liebesbekundungen, die er von
seinen drei Töchtern eingefordert hatte, um
im Gegenzug Macht und Reich unter ihnen
aufzuteilen, also nur geheuchelt? Und irrte
Lear, als er Cordelia, die ihm solche Schmeichelei verweigerte, verstieß? So scheint es,
denn Goneril und Regan empfinden ihren
Vater, der sie weiter bevormunden will, nun
bloß noch als Last. Nach einer heftigen
Auseinandersetzung sperren sie den alten
Mann aus dem Haus und überlassen ihn
dem heraufziehenden Sturm. Ein orchestrales Zwischenspiel leitet zur Szene auf der
Heide über: komponiertes Chaos, das nicht
nur das Aufbäumen der Elemente, sondern
vor allem Lears innere Erschütterung verdeutlicht, das Schwinden der existenziellen
Sicherheiten.
Schon vor Beginn des Zwischenspiels
bauen sich in den Streichern 48 Töne –
einige vierteltönig erniedrigt oder erhöht –
sieben Oktaven hoch zu einem stehenden
Akkord auf, der von unten herauf wie ein
Erdbeben zu vibrieren beginnt; zu diesem
Dröhnen treten raumgreifende Äußerungen
der Bläsergruppen und gewitternde Akzente
des Schlagwerks. „Alles beginnt zu rotieren,
weicht vom gewohnten Platz“, notierte der
Komponist. „Der Orchesterapparat, den Reimann verwendet, ist riesig, sodass wir in
Salzburg das Schlagwerk aus dem Orchestergraben der Felsenreitschule auf die Seite
der Bühne auslagern werden“, verrät Franz
Welser-Möst.
Gerd Albrecht, der 1978 die Uraufführung
leitete, berichtete, Lear bedeute für einen
Dirigenten, nach dem ersten Teil mit Puls
190 in die Pause zu gehen und 25 Minuten
später immer noch 180 Schläge zu fühlen.
LEAR
Und für das Publikum? „Das Hörerlebnis ist
ein intensives, unter die Haut gehendes“, so
Welser-Möst, „ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Musik irgendjemanden kalt
lässt. Der erhöhte Puls ist mitkomponiert.“
Reimanns hochdifferenzierte musikalische Sprache ist ebenso fortschrittlich wie
individuell. In einer Zeit, in der viele Komponisten der Avantgarde es allerdings tunlichst vermieden, ihre Musiktheaterwerke
mit dem „reaktionären“ Etikett „Oper“ zu
versehen, ordnete Reimann Lear ausdrücklich dieser Gattung zu – mit Recht, wie
Franz Welser-Möst meint: „Reimanns Sprache ist eine total aus dem Medium Oper
entwickelte. Das heißt, er kennt die Gesetze,
wie man eine Oper schreibt, genau und verlangt dem Orchester und den Sängern nicht
zuletzt auch deswegen neue Klänge ab. Ein
Wiener Philharmoniker hat einmal nach
einer Vorstellung von Reimanns Medea an
der Wiener Staatsoper gesagt, diese Musik
sei moderner Verismo. Da ist ein Körnchen
Wahrheit darin.“ Neben dem Sinn für dramaturgischen Aufbau verrate sich Reimanns „Opernpranke“ aber auch darin,
dass die Stimmtypen in Lear aus der Tradition heraus entwickelt seien: „Darauf haben
die Salzburger Festspiele und ich Bedacht
genommen, und viel gedankliche Arbeit ist
in dieses Thema eingeflossen.“ Unter den
drei Sopranistinnen etwa, die Lears Töchter
singen, erfordert Goneril die dramatischste,
Cordelia hingegen die lyrischste Stimme.
Reimanns umfassendes Gespür für Gesang und die Möglichkeiten der menschlichen Stimme verdankte sich damals wie
heute seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als
Liedbegleiter bedeutender Sänger, darunter
Dietrich Fischer-Dieskau: Der Bariton war
es auch, der Reimann zu einer Oper nach
Shakespeares King Lear anregte und dem
die Titelpartie sozusagen auf die Stimme
geschrieben wurde.
Während Shakespeares Tragödie in ihrem
immensen gedanklichen Reichtum ein
hohes Maß an geistiger Konzentration
verlangt, fordert die Oper das Publikum in
anderer Hinsicht: „Reimanns Lear ist nichts
für schwache Nerven“, ist Franz WelserMöst überzeugt, „die Oper trifft einen mitten in die Magengrube und damit in den
Bereich des eigenen Seins. Die Charaktere
werden schonungslos wie auf einem Röntgenbild bis in ihr innerstes Wesen gezeigt.“
Christian Arseni
es kein Entkommen gibt“: Der junge Regiestar Simon Stone spielt nicht bloß auf das
Hier und Jetzt von Theater an, sondern vor
allem auf die Radikalität, mit der er Klassiker der Dramenliteratur ins Heute holt.
„Überschreiben“ nennt der in Basel geborene Australier das Verfahren, mit dem er sich
diese Werke auf die kreativste Weise interpretatorisch aneignet und sie im aktuellen
Alltag zwischen Medienübersättigung und
Wohlstandsverwahrlosung neu verortet.
Dabei scheut er weder Soaphaftes noch
Melodramatisches, weder Drastik noch
Poesie. Die Resultate sind berührend und
mitreißend, erhellend oder auch beängstigend: so etwa Stones Version von Ibsens
John Gabriel Borkman (Abb. links), die 2016
zum Berliner Theatertreffen eingeladen und
in der Kritikerumfrage von Theater heute
zur Inszenierung des Jahres gekürt wurde.
Auf nicht weniger Begeisterung stieß Stone
mit seinem von Ibsens Wildente inspirierten Kinodebüt, The Daughter (2015).
Auch seine erste Opernregie, Erich Korngolds Die tote Stadt am Theater Basel, erntete im September 2016 Jubel: Ohne die
textliche und musikalische Substanz anzutasten, gelang es Stone, das von Fin-desiècle-Symbolismus durchtränkte Stück mit
psychologischer Hellhörigkeit, realistischer
Unmittelbarkeit und erfrischender Gegenwärtigkeit neu zu erzählen. Auf Stones
zweite Opernarbeit, Aribert Reimanns Lear
bei den Salzburger Festspielen 2017, darf
man höchst gespannt sein.
Aribert Reimann Lear Oper in zwei Teilen
Franz Welser-Möst Musikalische Leitung | Simon Stone Regie |
Bob Cousins Bühne | Mel Page Kostüme
Gerald Finley König Lear | Tilmann Rönnebeck König von Frankreich | Derek Welton Herzog
von Albany | Michael Colvin Herzog von Cornwall | Matthias Klink Graf von Kent | Lauri Vasar
Graf von Gloster | Kai Wessel Edgar | Charles Workman Edmund | Evelyn Herlitzius Goneril |
Gun-Brit Barkmin Regan | Anna Prohaska Cordelia | Michael Maertens Narr
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor | Wiener Philharmoniker
Neuinszenierung, Felsenreitschule, 20. (Premiere), 23., 26., 29. August
Mit Unterstützung der Freunde der Salzburger Festspiele e. V. Bad Reichenhall
SALZBURGER FESTSPIELE
Harold Pinter
Andrea Breth entdeckt ein
neues Werk für Salzburg
und bringt Harold Pinters
Die Geburtstagsfeier
auf die Bühne des
Landestheaters. Harold
Pinter – 2005 mit dem
Nobelpreis für Literatur
geadelt – lässt darin sein
Figurenpersonal an
der Grenze zum
Absurden agieren.
Gerhart Hauptmann
Das aufwühlende
Verfahren um eine
Kindsmörderin inspirierte
den deutschen Dramatiker
Gerhart Hauptmann zu
seinem Drama Rose Bernd.
Karin Henkel inszeniert das
Schauspiel auf der
Pernerinsel in Hallein.
Bei der Bauprobe gewährte
sie erste Einblicke in
ihre Regiearbeit.
Frank Wedekind
Die griechische
Filmregisseurin Athina
Rachel Tsangari, die für
Filme wie Attenberg und
Chevalier ausgezeichnet
wurde, gibt bei den
Salzburger Festspielen
ihr Theaterdebüt.
Auf der Pernerinsel in
Hallein inszeniert sie
Frank Wedekinds
„Monstretragödie“ Lulu.
DIE GEBURTSTAGSFEIER
Ein älteres Ehepaar – Meg und Petey –
führt eine Strandpension, in der der scheue
Stanley der einzige Gast ist. Unvermutet
mieten sich zwei Fremde ein, Goldberg und
McCann. Sie scheinen Stanley aus früheren
Zeiten zu kennen und helfen Meg bei den
Vorbereitungen zu Stanleys Geburtstagsfeier. Doch schwer zu definierende Ängste
und ein unterschwelliges Klima der Gewalt
provozieren eine Atmosphäre, die aus dem
Ruder läuft. Die Party artet zu einem subtilen Ritual der Vernichtung aus.
Andrea Breth erzählt im Interview über
das Unheimliche bei Harold Pinter und ihre
Arbeit mit dem Schauspielerensemble, bestehend aus Martin Reinke, Andrea Clausen,
Max Simonischek, Andrea Wenzl, Roland
Koch und Oliver Stokowski.
Sie haben sich bereits 2014 mit Ihrer Inszenierung des Stücks Der Hausmeister mit
Harold Pinter beschäftigt. Was hat Sie dazu
veranlasst, bei den Salzburger Festspielen
erneut ein Stück von ihm zu inszenieren?
Meiner Meinung nach ist Harold Pinter
zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Für
mich ist er ein besonders wichtiger Dramatiker geworden. Seine Dramen sind sehr
unterschiedlich und man muss für jedes
eine andere Umsetzung finden. Man spürt
genau, dass er viel über das Theater gewusst hat und selbst inszenierte. Er hat
wunderbare Rollen für Schauspieler erfunden. Man muss allerdings sehr genau besetzen, denn die Charaktere sind schwer zu
spielen. Pinter gibt keine genauen Auskünfte über seine Menschen. Deshalb müssen
wir in der Probenarbeit viel erfinden, um
die Tiefe der Menschen zu erwischen, ihnen eine ausführliche Biografie zu geben.
Ich denke, dass es für das Publikum interessant ist, diesen Dramatiker kennenzulernen
beziehungsweise seine Theaterstücke wieder zu erleben.
zum Absurden. Welche Seite ist für Sie
entscheidender?
Man möchte Pinter gern einordnen:
politisch, absurd . . . Das mag ja alles sein,
aber in erster Linie gefällt mir bei ihm das
Unheimliche, das Rätselhafte. Er entführt
uns in eine beunruhigende Welt, die diffuse
Ängste in uns auslöst. Wir erleben dasselbe
wie die Menschen in seinen Stücken. Die
Gewalt oder Bedrohlichkeit, die in der Sprache liegt oder manchmal sogar physisch
Ich möchte angstfreie
Schauspieler sehen und
keine Vollstrecker von
den Ideen der Regie.
Harold Pinter gilt einerseits als politischer
Autor, um ein weitreichendes Schlagwort zu
benutzen, zum anderen als Autor mit Hang
Andrea Breth
Martin Reinke
BILD: SN/REINHARD WERNER
Andrea Clausen
BILD: SN/REINHARD WERNER
Max Simonischek
BILD: SN/JEANNE DEGRAA
Andrea Wenzl
BILD: SN/REINHARD WERNER
ausgeübt wird, erzeugt ein Klima aus Angst
und Unruhe. – Es wird nur nicht erklärt.
Ich empfinde, dass wir, unsere Gesellschaft, ebenfalls von einer diffusen Angst
erfasst sind. Es ist eine beunruhigende Zeit.
Keiner weiß, wie es weitergeht, die Welt ist,
wie Kleist sagt, aus den Fugen. Das Ungewisse, das Gefühl, verloren zu sein, spiegeln
Pinters Stücke auf das Sinnlichste wider.
Wer allerdings eine klare, eindeutige Botschaft erwartet, wird unter Umständen enttäuscht. Pinter bietet viel Projektionsfläche
für den Zuschauer, er entmündigt das Publikum aber nicht. Er überlässt dem Publikum vielmehr die Freiheit, seine Werke zu
erleben. Eines meine ich aber zum jetzigen
Zeitpunkt schon sagen zu können: Eine
Komödie ist es für mich nicht.
Sie pflegen langjährige Arbeitsbeziehungen
mit gewissen Schauspielerinnen und Schauspielern. Was macht für Sie die Qualität dieser
Verbindungen aus? Und wie begegnen Sie
Kollegen, mit denen Sie, wie etwa in der
Geburtstagsfeier, zum ersten Mal zusammenarbeiten?
Michael Prelle
Markus John
Ich arbeite mit manchen Schauspielern
schon über 20 Jahre, das macht Freude,
solange man sich nicht gegenseitig langweilt. Oder der Schauspieler durch meine
Besetzung keine Weiterentwicklung mehr
erfahren kann. Wenn man so lang miteinander arbeitet, ist das Vertrauen groß;
die Angst, sich auf der Probe zu blamieren,
ist auf ein Minimum reduziert.
Für mich sind Schauspieler Partner. Mich
interessiert es sehr, wie sie ihre Rolle sehen
Roland Koch
BILD: SN/REINHARD WERNER
Oliver Stokowski
Andrea Breth
BILD: SN/BERND UHLIG
BILD: SN/JIM RAKETE
und was sie mit ihrer „Figur“ erzählen
wollen. Ich möchte angstfreie Schauspieler
sehen und keine Vollstrecker von den Ideen
der Regie.
Die Begegnung mit „neuen“ Schauspielern ist aufregend und macht auf eine
andere Art neugierig. Ich bilde mir ein,
dass ich ihnen nicht anders begegne. Sie
sollen auch spielen wie die Kinder, ohne
Selbstzensur. Es gibt in den Proben nur
Richtig oder Falsch. Und das entscheidet
der Text oder die Situation, die im Stück
vorgegeben ist. Um Befindlichkeiten kann
und darf es nicht gehen, Stars und Genies
habe ich wunderbarerweise noch nicht
kennengelernt.
Die Fragen stellte Bettina Hering.
Harold Pinter
Die Geburtstagsfeier
Schauspiel
Andrea Breth Regie
Martin Zehetgruber Bühne
Jacques Reynaud Kostüme
Martin Reinke Petey
Andrea Clausen Meg
Max Simonischek Stanley
Andrea Wenzl Lulu
Roland Koch Goldberg
Oliver Stokowski McCann
Koproduktion mit dem Burgtheater Wien
Neuinszenierung, Landestheater
28. (Premiere), 30., 31. Juli,
2., 3., 5., 7., 10., 12., 13. August
ROSE BERND
Noch erfüllt die Kälte des vergangenen
Winters jeden Winkel der ehemaligen Sudhalle der Saline auf der Pernerinsel in
Hallein. Dabei ist der klamme Theaterraum
bereits mit quirligem Leben erfüllt. Gerüste
werden aufgebaut, Praktikabel hin und her
geschoben und Sichtverhältnisse überprüft.
Gemeinsam mit den technischen
Abteilungen begeht die Regisseurin Karin
Henkel die Bühne, kontrolliert den Grundriss der bloß markierten Wände und bespricht die Aufbauten.
„Es ist sehr kalt hier“, sagt Karin Henkel
lachend, „was eigentlich sehr gut zu dem
Stück passt, denn der emotionale Aggregatzustand der Figuren untereinander ist wirklich sehr kühl.“ Im Zentrum von Hauptmanns Stück steht eine junge Frau: Rose
Bernd, die eine starke sexuelle Anziehungskraft auf die Männer in ihrer Umgebung
ausübt und ein heimliches Verhältnis mit
ihrem Arbeitgeber Christoph Flamm hat,
einem älteren verheirateten Mann. Sie wird
von ihm schwanger. Da ihr Geliebter seine
kranke Frau nicht verlassen will, sieht Rose
Bernd nur einen Ausweg, um der Ächtung
in einer wertkonservativen Gesellschaft zu
entgehen. „Sie willigt in die Heirat mit einem körperlich versehrten Mann ein, den
sie nicht liebt“, erzählt Karin Henkel.
Doch der brutale Alkoholiker Streckmann – auch ihm ist sie Objekt sexuellen
Begehrens – weiß von der heimlichen Liaison zwischen Rose Bernd und Christoph
Flamm und erpresst die junge Frau, womit
das Unglück seinen Lauf nimmt. „Letzten
Endes zerbricht Rose Bernd an dieser moralisch sehr engstirnigen Gesellschaft. Sie
wird zur Kindsmörderin und verfällt dem
Wahnsinn. Die Unausweichlichkeit der Tragödie in dieser chauvinistischen Welt, in
der die Frau keine Entscheidungsfreiheit
hat, wird von Hauptmann sehr berührend
und zugleich erschreckend erzählt.“
Im April 1903 war Gerhart Hauptmann
zu einer Verhandlung im Landesgericht
Hirschberg in Schlesien als Geschworener
berufen. Vor Gericht stand eine ledige
Landarbeiterin, die wegen Meineids und
Kindsmordes angeklagt war. Ganz auf die
Lebenswirklichkeit der jungen Frau fixiert,
schildert Hauptmann in Rose Bernd ihren
Kampf inmitten einer starren Konvention,
die der Frau keinerlei Rechte zugesteht und
sie – obzwar Opfer der männlichen Begierde
– als Verführerin stigmatisiert. Die ungeschönte Betrachtung des sozialen Milieus
und die detaillierte Charakterisierung der
Figuren bestimmen die dramatische Handlung, wobei Hauptmann auf wertende Urteile verzichtet. „Es ist sehr schwierig, ein-
sterbenden Vater die Vorkehrungen für
danach zu treffen. Marina hat auch eine
Definition des Menschen. Sie sieht ihn als
Mängelwesen, das für seinen Fortbestand
als Gattung auf die Beschäftigung mit
Feuchtgebieten angewiesen ist, vor denen
sie sich ekelt.
Die erste Szene von Attenberg ist berühmt geworden, weil sie von einem sehr
methodischen Versuch der Überwindung
dieses Ekels erzählt: Zwei Mädchen treten
einander vor einer weißen Wand gegenüber, strecken ihre Zunge heraus und versenken sie jeweils in der Mundhöhle der
Freundin. Der Gedanke, dass ihr Vater einen
Penis hat, wird Marina dadurch nicht gleich
weniger ungeheuer, aber es ist ein erster
Schritt zu ihrer Lockerung.
Ein spielerischer Umgang mit großen
Konzepten wie Evolution, Sprache, Gattung
hat wesentlich dazu beigetragen, dass
Athina Rachel Tsangari nach Attenberg und
ihrem zweiten Spielfilm Chevalier zu den
großen Hoffnungen des Weltkinos zählt.
Zugleich sind deutliche Verbindungen zu
anderen Arbeiten jüngerer griechischer
Filmemacher zu erkennen, etwa zu Dogtooth von Yorgos Lanthimos, ein Film, den
Tsangari produziert hat und in dem die
Theater darf laut sein,
grell, brutal,
widersprüchlich!
Karin Henkel
BILD: SN/MATTHIAS BAUS
Lina Beckmann
BILD: SN/MARIE KÖHLER
BILD: SN/CHRISTIAN SPIELMANN
Julia Wieninger
BILD: SN/MATTHIAS BAUS
Maik Solbach
BILD: SN/MARVIN ZILM
Gregor Bloéb
Karin Henkel
BILD: SN/SF
BILD: SN/ GÜNTHER EGGER
zelne Figuren zu verurteilen, weil sie alle
Unschuldige sind, die sich schuldig machen. Weil sie alle versuchen, im Kampf
ums Überleben nicht unterzugehen. Dass
sie dabei zu solchen Bestien werden, das
ist ganz toll geschrieben und ganz fein gezeichnet – in einer sehr eigenen Sprache“,
erläutert die Regisseurin. „Das Schlesische
– der Dialekt, der zu dieser Zeit gesprochen
wurde – ist unglaublich kraftvoll. Es ist
mehr eine Kunstsprache als ein Dialekt. Es
ist ungemein theatral und sehr archaisch.
Es ist fast so, als würde man oftmals
schreiende Tiere hören . . .“
Auf der Bühne surren Bohrer, die Stahlkonstruktion mit den Scheinwerfern wird
behutsam von der Bühnendecke abgesenkt
und auf transparente Folien werden Videos
zu Probezwecken projiziert. Der Raum wirkt
roh, fast brutal, ganz wie die Atmosphäre in
Hauptmanns Drama. „Das ist eine Welt
ohne Liebe, ohne Mitleid, ohne Gnade“,
schildert Karin Henkel die Grundstimmung,
die der Theaterraum akkurat widerspiegelt.
Womit auch die Relevanz für das Hier und
Heute angesprochen ist: „Jeder schaut egomanisch auf sein Ziel, sein Glück, ist nicht
zur Gemeinschaft fähig. Habgier und Besitz
kennzeichnen die eiskalte Warenwelt.“
Noch ist die ästhetische Welt, die Karin
Henkel auf der Bühne erschaffen wird, bloß
zu erahnen. Die eindrücklichen Bilder entstehen dann erst während der Proben mit
den Schauspielern, wobei der Regisseurin
ein grandioses Ensemble um Lina Beckmann in der Titelrolle zur Verfügung steht.
„Einerseits ist Lina Beckmann virtuos in
ihren Ausdrucksmitteln, andererseits – und
das prädestiniert sie besonders für die Rolle
der Rose Bernd – spielt sie immer mit einer
unglaublich radikalen Emotionalität.“ Mit
verstörender Intensität überzeugte Lina
Beckmann schon 2013 in Henkels fulminanter Inszenierung von Gerhart Hauptmanns
Die Ratten, die zum Berliner Theatertreffen
eingeladen war. Ein ähnlich kraftvoller und
vielschichtiger Theaterabend ist auch für
den kommenden Sommer auf der Pernerinsel zu erwarten. Denn, so die Regisseurin:
„Theater darf laut sein, grell, brutal, widersprüchlich! Es geht nicht darum, ein Maß
einzuhalten, sondern Grenzen zu überschreiten.“
Margarethe Lasinger
Gerhart Hauptmann
Rose Bernd
Ein Schauspiel in fünf Akten
Karin Henkel Regie
Volker Hintermeier Bühne
Adriana Braga Peretzki Kostüme
Michael Prelle Vater Bernd
Lina Beckmann Rose Bernd
Markus John Christoph Flamm
Julia Wieninger Henriette Flamm
Maik Solbach August Keil
Gregor Bloéb Arthur Streckmann
Martin Pawlowsky Kleinert
Koproduktion mit dem Deutschen
Schauspielhaus Hamburg
Neuinszenierung, Pernerinsel, Hallein
29. (Premiere), 31. Juli,
1., 4., 5., 6., 8., 9. August
Rainer Bock
Isolda Dychauk
Philipp Hauß
Athina Rachel Tsangari
LULU
Was ist der Mensch? Das ist eine so große
Frage, dass es dafür zahlreiche Zuständigkeiten gibt. Die philosophische Anthropologie beschäftigt sich mit diesem Thema,
die Biologie hat eine Menge zu sagen und
auch die Religionen wollen gehört werden.
Im Grunde gibt auch jede Erzählung eine
Antwort auf diese Frage. Doch relativ selten
kommt es vor, dass etwa ein Film mehr oder
weniger vollständig dieser Frage gewidmet
ist: Was ist der Mensch? Attenberg von
Athina Rachel Tsangari ist so ein Fall.
Eine der Antworten darin variiert ein
klassisches Motiv. Der Mensch ist das
Wesen, das am Ende die Würmer fressen.
Der Mann, der dies gern vermeiden würde,
heißt Spyros. Er leidet an Krebs, Hilfe ist
nicht mehr zu erwarten, zudem ist er selbst
viel zu vernünftig, um sich gegen den Lauf
der Natur zu sträuben. Er will nur nicht unter die Erde. Lieber wäre ihm eine Leichenverbrennung. Doch diese Form der Bestattung ist in Griechenland nicht erlaubt. So
obliegt es seiner Tochter Marina, für ihren
Lulu ist Begehren,
Horror, Gier,
Sittenlosigkeit,
Verletzbarkeit,
Widerstandskraft,
Freiheit, Zerstörung.
Sie ist alles und nichts!
Athina Rachel Tsangari
BILD: SN/STEFAN KLÜTER
Anna Drexler
BILD: SN/STEFAN KLÜTER
Familie ebenfalls so etwas wie ein Gesellschaftsexperiment unter verschärften Bedingungen darstellt. Bei Chevalier arbeitete
sie mit dem Drehbuchautor Efthymis Filippou zusammen.
Die filmische Herausforderung liegt für
Tsangari darin, ihre intellektuellen Überlegungen nicht an die Stelle der Erzählung
treten zu lassen, sondern sie plausibel aus
Figuren heraus entstehen zu lassen, deren
Darstellung allerdings durch den „ethnologischen“ Blick der Regisseurin stark geprägt ist. Sie blickt gleichsam naturwissenschaftlich auf die Figuren, und diese agieren
ihrerseits so, als wären sie Teil eines Experiments.
Für die Schauspieler bedeutet das eine
beträchtliche Herausforderung, denn sie
BILD: SN/HANNES CASPAR
Martin Wuttke
BILD: SN/REINHARD WERNER
spielen nicht so sehr aus sich heraus, wie
das die klassische Form vor allem der Bühnendarstellung war. Sie spielen an einer
Grenze zwischen Subjektivität und Objektivität, geprägt von dieser spezifischen intellektuellen Ironie, dass niemand sich
selbst durchschauen kann. Reflexivität fügt
der ohnehin schon befremdlichen Arbeit
von Schauspielern an Figuren eine Dimension hinzu, die bei Tsangari vor allem komisch wirksam wird.
Das zeigt sich etwa an dem Wettbewerb,
den die Männer auf einer Jacht in Chevalier
ausrufen. Sie wollen herausfinden, wer „der
Beste“ ist, und zwar nicht einfach in irgendeiner Disziplin, sondern „in allem“. Tsangari
zeigt sie uns, als wären sie Vertreter einer
seltsamen Spezies, doch die Männer neh-
BILD: SN/STEFAN KLÜTER
Fritzi Haberlandt
BILD: SN/JASMIN WALTER
BILD: SN/NADJA KLIER
men sich sehr ernst und die Regisseurin
macht nicht den Fehler, sie auch nur im
Geringsten ins Lächerliche zu ziehen. Das
müssen sie schon selbst tun.
Schauspiel ist für Tsangari eines jener
Spiele, mit dem sich die Menschen an die
Grenzen ihres Daseins herantasten. In den
erotischen Spielen zwischen Marina und ihrer Freundin in Attenberg, in den Balzspielen der Männer auf dem Boot in Chevalier
zeigt sich, dass Kultur aus einer immer
neuen Erprobung des ungewissen Abstands
von der Instinktgebundenheit entsteht. Der
Mensch ist bei Tsangari ein Wesen, das sich
mit todernster Miene gegen die Komik seiner Versuche wehrt, kein Hampelmann zu
sein. Oder eine Hampelfrau.
Bert Rebhandl
Frank Wedekind
Lulu
Eine Monstretragödie (Urfassung 1894)
Athina Rachel Tsangari Regie
Florian Lösche Bühne
Beatrix von Pilgrim Kostüme
Rainer Bock Schigolch / Dr. Goll
Anna Drexler, Isolda Dychauk,
Ariane Labed Lulu
Martin Wuttke Dr. Franz Schöning
Christian Friedel Alwa Schöning
Philipp Hauß Eduard Schwarz / Casti Piani
Fritzi Haberlandt Gräfin Geschwitz
Benny Claessens Rodrigo Quast
Ariane Labed Jack
Neuinszenierung, Pernerinsel, Hallein
17. (Premiere), 19., 20., 22., 24., 25., 27.,
28. August
SALZBURGER FESTSPIELE
Harold Pinter
Andrea Breth entdeckt ein
neues Werk für Salzburg
und bringt Harold Pinters
Die Geburtstagsfeier
auf die Bühne des
Landestheaters. Harold
Pinter – 2005 mit dem
Nobelpreis für Literatur
geadelt – lässt darin sein
Figurenpersonal an
der Grenze zum
Absurden agieren.
Gerhart Hauptmann
Das aufwühlende
Verfahren um eine
Kindsmörderin inspirierte
den deutschen Dramatiker
Gerhart Hauptmann zu
seinem Drama Rose Bernd.
Karin Henkel inszeniert das
Schauspiel auf der
Pernerinsel in Hallein.
Bei der Bauprobe gewährte
sie erste Einblicke in
ihre Regiearbeit.
Frank Wedekind
Die griechische
Filmregisseurin Athina
Rachel Tsangari, die für
Filme wie Attenberg und
Chevalier ausgezeichnet
wurde, gibt bei den
Salzburger Festspielen
ihr Theaterdebüt.
Auf der Pernerinsel in
Hallein inszeniert sie
Frank Wedekinds
„Monstretragödie“ Lulu.
DIE GEBURTSTAGSFEIER
Ein älteres Ehepaar – Meg und Petey –
führt eine Strandpension, in der der scheue
Stanley der einzige Gast ist. Unvermutet
mieten sich zwei Fremde ein, Goldberg und
McCann. Sie scheinen Stanley aus früheren
Zeiten zu kennen und helfen Meg bei den
Vorbereitungen zu Stanleys Geburtstagsfeier. Doch schwer zu definierende Ängste
und ein unterschwelliges Klima der Gewalt
provozieren eine Atmosphäre, die aus dem
Ruder läuft. Die Party artet zu einem subtilen Ritual der Vernichtung aus.
Andrea Breth erzählt im Interview über
das Unheimliche bei Harold Pinter und ihre
Arbeit mit dem Schauspielerensemble, bestehend aus Martin Reinke, Andrea Clausen,
Max Simonischek, Andrea Wenzl, Roland
Koch und Oliver Stokowski.
Sie haben sich bereits 2014 mit Ihrer Inszenierung des Stücks Der Hausmeister mit
Harold Pinter beschäftigt. Was hat Sie dazu
veranlasst, bei den Salzburger Festspielen
erneut ein Stück von ihm zu inszenieren?
Meiner Meinung nach ist Harold Pinter
zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Für
mich ist er ein besonders wichtiger Dramatiker geworden. Seine Dramen sind sehr
unterschiedlich und man muss für jedes
eine andere Umsetzung finden. Man spürt
genau, dass er viel über das Theater gewusst hat und selbst inszenierte. Er hat
wunderbare Rollen für Schauspieler erfunden. Man muss allerdings sehr genau besetzen, denn die Charaktere sind schwer zu
spielen. Pinter gibt keine genauen Auskünfte über seine Menschen. Deshalb müssen
wir in der Probenarbeit viel erfinden, um
die Tiefe der Menschen zu erwischen, ihnen eine ausführliche Biografie zu geben.
Ich denke, dass es für das Publikum interessant ist, diesen Dramatiker kennenzulernen
beziehungsweise seine Theaterstücke wieder zu erleben.
zum Absurden. Welche Seite ist für Sie
entscheidender?
Man möchte Pinter gern einordnen:
politisch, absurd . . . Das mag ja alles sein,
aber in erster Linie gefällt mir bei ihm das
Unheimliche, das Rätselhafte. Er entführt
uns in eine beunruhigende Welt, die diffuse
Ängste in uns auslöst. Wir erleben dasselbe
wie die Menschen in seinen Stücken. Die
Gewalt oder Bedrohlichkeit, die in der Sprache liegt oder manchmal sogar physisch
Ich möchte angstfreie
Schauspieler sehen und
keine Vollstrecker von
den Ideen der Regie.
Harold Pinter gilt einerseits als politischer
Autor, um ein weitreichendes Schlagwort zu
benutzen, zum anderen als Autor mit Hang
Andrea Breth
Martin Reinke
BILD: SN/REINHARD WERNER
Andrea Clausen
BILD: SN/REINHARD WERNER
Max Simonischek
BILD: SN/JEANNE DEGRAA
Andrea Wenzl
BILD: SN/REINHARD WERNER
ausgeübt wird, erzeugt ein Klima aus Angst
und Unruhe. – Es wird nur nicht erklärt.
Ich empfinde, dass wir, unsere Gesellschaft, ebenfalls von einer diffusen Angst
erfasst sind. Es ist eine beunruhigende Zeit.
Keiner weiß, wie es weitergeht, die Welt ist,
wie Kleist sagt, aus den Fugen. Das Ungewisse, das Gefühl, verloren zu sein, spiegeln
Pinters Stücke auf das Sinnlichste wider.
Wer allerdings eine klare, eindeutige Botschaft erwartet, wird unter Umständen enttäuscht. Pinter bietet viel Projektionsfläche
für den Zuschauer, er entmündigt das Publikum aber nicht. Er überlässt dem Publikum vielmehr die Freiheit, seine Werke zu
erleben. Eines meine ich aber zum jetzigen
Zeitpunkt schon sagen zu können: Eine
Komödie ist es für mich nicht.
Sie pflegen langjährige Arbeitsbeziehungen
mit gewissen Schauspielerinnen und Schauspielern. Was macht für Sie die Qualität dieser
Verbindungen aus? Und wie begegnen Sie
Kollegen, mit denen Sie, wie etwa in der
Geburtstagsfeier, zum ersten Mal zusammenarbeiten?
Michael Prelle
Markus John
Ich arbeite mit manchen Schauspielern
schon über 20 Jahre, das macht Freude,
solange man sich nicht gegenseitig langweilt. Oder der Schauspieler durch meine
Besetzung keine Weiterentwicklung mehr
erfahren kann. Wenn man so lang miteinander arbeitet, ist das Vertrauen groß;
die Angst, sich auf der Probe zu blamieren,
ist auf ein Minimum reduziert.
Für mich sind Schauspieler Partner. Mich
interessiert es sehr, wie sie ihre Rolle sehen
Roland Koch
BILD: SN/REINHARD WERNER
Oliver Stokowski
Andrea Breth
BILD: SN/BERND UHLIG
BILD: SN/JIM RAKETE
und was sie mit ihrer „Figur“ erzählen
wollen. Ich möchte angstfreie Schauspieler
sehen und keine Vollstrecker von den Ideen
der Regie.
Die Begegnung mit „neuen“ Schauspielern ist aufregend und macht auf eine
andere Art neugierig. Ich bilde mir ein,
dass ich ihnen nicht anders begegne. Sie
sollen auch spielen wie die Kinder, ohne
Selbstzensur. Es gibt in den Proben nur
Richtig oder Falsch. Und das entscheidet
der Text oder die Situation, die im Stück
vorgegeben ist. Um Befindlichkeiten kann
und darf es nicht gehen, Stars und Genies
habe ich wunderbarerweise noch nicht
kennengelernt.
Die Fragen stellte Bettina Hering.
Harold Pinter
Die Geburtstagsfeier
Schauspiel
Andrea Breth Regie
Martin Zehetgruber Bühne
Jacques Reynaud Kostüme
Martin Reinke Petey
Andrea Clausen Meg
Max Simonischek Stanley
Andrea Wenzl Lulu
Roland Koch Goldberg
Oliver Stokowski McCann
Koproduktion mit dem Burgtheater Wien
Neuinszenierung, Landestheater
28. (Premiere), 30., 31. Juli,
2., 3., 5., 7., 10., 12., 13. August
ROSE BERND
Noch erfüllt die Kälte des vergangenen
Winters jeden Winkel der ehemaligen Sudhalle der Saline auf der Pernerinsel in
Hallein. Dabei ist der klamme Theaterraum
bereits mit quirligem Leben erfüllt. Gerüste
werden aufgebaut, Praktikabel hin und her
geschoben und Sichtverhältnisse überprüft.
Gemeinsam mit den technischen
Abteilungen begeht die Regisseurin Karin
Henkel die Bühne, kontrolliert den Grundriss der bloß markierten Wände und bespricht die Aufbauten.
„Es ist sehr kalt hier“, sagt Karin Henkel
lachend, „was eigentlich sehr gut zu dem
Stück passt, denn der emotionale Aggregatzustand der Figuren untereinander ist wirklich sehr kühl.“ Im Zentrum von Hauptmanns Stück steht eine junge Frau: Rose
Bernd, die eine starke sexuelle Anziehungskraft auf die Männer in ihrer Umgebung
ausübt und ein heimliches Verhältnis mit
ihrem Arbeitgeber Christoph Flamm hat,
einem älteren verheirateten Mann. Sie wird
von ihm schwanger. Da ihr Geliebter seine
kranke Frau nicht verlassen will, sieht Rose
Bernd nur einen Ausweg, um der Ächtung
in einer wertkonservativen Gesellschaft zu
entgehen. „Sie willigt in die Heirat mit einem körperlich versehrten Mann ein, den
sie nicht liebt“, erzählt Karin Henkel.
Doch der brutale Alkoholiker Streckmann – auch ihm ist sie Objekt sexuellen
Begehrens – weiß von der heimlichen Liaison zwischen Rose Bernd und Christoph
Flamm und erpresst die junge Frau, womit
das Unglück seinen Lauf nimmt. „Letzten
Endes zerbricht Rose Bernd an dieser moralisch sehr engstirnigen Gesellschaft. Sie
wird zur Kindsmörderin und verfällt dem
Wahnsinn. Die Unausweichlichkeit der Tragödie in dieser chauvinistischen Welt, in
der die Frau keine Entscheidungsfreiheit
hat, wird von Hauptmann sehr berührend
und zugleich erschreckend erzählt.“
Im April 1903 war Gerhart Hauptmann
zu einer Verhandlung im Landesgericht
Hirschberg in Schlesien als Geschworener
berufen. Vor Gericht stand eine ledige
Landarbeiterin, die wegen Meineids und
Kindsmordes angeklagt war. Ganz auf die
Lebenswirklichkeit der jungen Frau fixiert,
schildert Hauptmann in Rose Bernd ihren
Kampf inmitten einer starren Konvention,
die der Frau keinerlei Rechte zugesteht und
sie – obzwar Opfer der männlichen Begierde
– als Verführerin stigmatisiert. Die ungeschönte Betrachtung des sozialen Milieus
und die detaillierte Charakterisierung der
Figuren bestimmen die dramatische Handlung, wobei Hauptmann auf wertende Urteile verzichtet. „Es ist sehr schwierig, ein-
sterbenden Vater die Vorkehrungen für
danach zu treffen. Marina hat auch eine
Definition des Menschen. Sie sieht ihn als
Mängelwesen, das für seinen Fortbestand
als Gattung auf die Beschäftigung mit
Feuchtgebieten angewiesen ist, vor denen
sie sich ekelt.
Die erste Szene von Attenberg ist berühmt geworden, weil sie von einem sehr
methodischen Versuch der Überwindung
dieses Ekels erzählt: Zwei Mädchen treten
einander vor einer weißen Wand gegenüber, strecken ihre Zunge heraus und versenken sie jeweils in der Mundhöhle der
Freundin. Der Gedanke, dass ihr Vater einen
Penis hat, wird Marina dadurch nicht gleich
weniger ungeheuer, aber es ist ein erster
Schritt zu ihrer Lockerung.
Ein spielerischer Umgang mit großen
Konzepten wie Evolution, Sprache, Gattung
hat wesentlich dazu beigetragen, dass
Athina Rachel Tsangari nach Attenberg und
ihrem zweiten Spielfilm Chevalier zu den
großen Hoffnungen des Weltkinos zählt.
Zugleich sind deutliche Verbindungen zu
anderen Arbeiten jüngerer griechischer
Filmemacher zu erkennen, etwa zu Dogtooth von Yorgos Lanthimos, ein Film, den
Tsangari produziert hat und in dem die
Theater darf laut sein,
grell, brutal,
widersprüchlich!
Karin Henkel
BILD: SN/MATTHIAS BAUS
Lina Beckmann
BILD: SN/MARIE KÖHLER
BILD: SN/CHRISTIAN SPIELMANN
Julia Wieninger
BILD: SN/MATTHIAS BAUS
Maik Solbach
BILD: SN/MARVIN ZILM
Gregor Bloéb
Karin Henkel
BILD: SN/SF
BILD: SN/ GÜNTHER EGGER
zelne Figuren zu verurteilen, weil sie alle
Unschuldige sind, die sich schuldig machen. Weil sie alle versuchen, im Kampf
ums Überleben nicht unterzugehen. Dass
sie dabei zu solchen Bestien werden, das
ist ganz toll geschrieben und ganz fein gezeichnet – in einer sehr eigenen Sprache“,
erläutert die Regisseurin. „Das Schlesische
– der Dialekt, der zu dieser Zeit gesprochen
wurde – ist unglaublich kraftvoll. Es ist
mehr eine Kunstsprache als ein Dialekt. Es
ist ungemein theatral und sehr archaisch.
Es ist fast so, als würde man oftmals
schreiende Tiere hören . . .“
Auf der Bühne surren Bohrer, die Stahlkonstruktion mit den Scheinwerfern wird
behutsam von der Bühnendecke abgesenkt
und auf transparente Folien werden Videos
zu Probezwecken projiziert. Der Raum wirkt
roh, fast brutal, ganz wie die Atmosphäre in
Hauptmanns Drama. „Das ist eine Welt
ohne Liebe, ohne Mitleid, ohne Gnade“,
schildert Karin Henkel die Grundstimmung,
die der Theaterraum akkurat widerspiegelt.
Womit auch die Relevanz für das Hier und
Heute angesprochen ist: „Jeder schaut egomanisch auf sein Ziel, sein Glück, ist nicht
zur Gemeinschaft fähig. Habgier und Besitz
kennzeichnen die eiskalte Warenwelt.“
Noch ist die ästhetische Welt, die Karin
Henkel auf der Bühne erschaffen wird, bloß
zu erahnen. Die eindrücklichen Bilder entstehen dann erst während der Proben mit
den Schauspielern, wobei der Regisseurin
ein grandioses Ensemble um Lina Beckmann in der Titelrolle zur Verfügung steht.
„Einerseits ist Lina Beckmann virtuos in
ihren Ausdrucksmitteln, andererseits – und
das prädestiniert sie besonders für die Rolle
der Rose Bernd – spielt sie immer mit einer
unglaublich radikalen Emotionalität.“ Mit
verstörender Intensität überzeugte Lina
Beckmann schon 2013 in Henkels fulminanter Inszenierung von Gerhart Hauptmanns
Die Ratten, die zum Berliner Theatertreffen
eingeladen war. Ein ähnlich kraftvoller und
vielschichtiger Theaterabend ist auch für
den kommenden Sommer auf der Pernerinsel zu erwarten. Denn, so die Regisseurin:
„Theater darf laut sein, grell, brutal, widersprüchlich! Es geht nicht darum, ein Maß
einzuhalten, sondern Grenzen zu überschreiten.“
Margarethe Lasinger
Gerhart Hauptmann
Rose Bernd
Ein Schauspiel in fünf Akten
Karin Henkel Regie
Volker Hintermeier Bühne
Adriana Braga Peretzki Kostüme
Michael Prelle Vater Bernd
Lina Beckmann Rose Bernd
Markus John Christoph Flamm
Julia Wieninger Henriette Flamm
Maik Solbach August Keil
Gregor Bloéb Arthur Streckmann
Martin Pawlowsky Kleinert
Koproduktion mit dem Deutschen
Schauspielhaus Hamburg
Neuinszenierung, Pernerinsel, Hallein
29. (Premiere), 31. Juli,
1., 4., 5., 6., 8., 9. August
Rainer Bock
Isolda Dychauk
Philipp Hauß
Athina Rachel Tsangari
LULU
Was ist der Mensch? Das ist eine so große
Frage, dass es dafür zahlreiche Zuständigkeiten gibt. Die philosophische Anthropologie beschäftigt sich mit diesem Thema,
die Biologie hat eine Menge zu sagen und
auch die Religionen wollen gehört werden.
Im Grunde gibt auch jede Erzählung eine
Antwort auf diese Frage. Doch relativ selten
kommt es vor, dass etwa ein Film mehr oder
weniger vollständig dieser Frage gewidmet
ist: Was ist der Mensch? Attenberg von
Athina Rachel Tsangari ist so ein Fall.
Eine der Antworten darin variiert ein
klassisches Motiv. Der Mensch ist das
Wesen, das am Ende die Würmer fressen.
Der Mann, der dies gern vermeiden würde,
heißt Spyros. Er leidet an Krebs, Hilfe ist
nicht mehr zu erwarten, zudem ist er selbst
viel zu vernünftig, um sich gegen den Lauf
der Natur zu sträuben. Er will nur nicht unter die Erde. Lieber wäre ihm eine Leichenverbrennung. Doch diese Form der Bestattung ist in Griechenland nicht erlaubt. So
obliegt es seiner Tochter Marina, für ihren
Lulu ist Begehren,
Horror, Gier,
Sittenlosigkeit,
Verletzbarkeit,
Widerstandskraft,
Freiheit, Zerstörung.
Sie ist alles und nichts!
Athina Rachel Tsangari
BILD: SN/STEFAN KLÜTER
Anna Drexler
BILD: SN/STEFAN KLÜTER
Familie ebenfalls so etwas wie ein Gesellschaftsexperiment unter verschärften Bedingungen darstellt. Bei Chevalier arbeitete
sie mit dem Drehbuchautor Efthymis Filippou zusammen.
Die filmische Herausforderung liegt für
Tsangari darin, ihre intellektuellen Überlegungen nicht an die Stelle der Erzählung
treten zu lassen, sondern sie plausibel aus
Figuren heraus entstehen zu lassen, deren
Darstellung allerdings durch den „ethnologischen“ Blick der Regisseurin stark geprägt ist. Sie blickt gleichsam naturwissenschaftlich auf die Figuren, und diese agieren
ihrerseits so, als wären sie Teil eines Experiments.
Für die Schauspieler bedeutet das eine
beträchtliche Herausforderung, denn sie
BILD: SN/HANNES CASPAR
Martin Wuttke
BILD: SN/REINHARD WERNER
spielen nicht so sehr aus sich heraus, wie
das die klassische Form vor allem der Bühnendarstellung war. Sie spielen an einer
Grenze zwischen Subjektivität und Objektivität, geprägt von dieser spezifischen intellektuellen Ironie, dass niemand sich
selbst durchschauen kann. Reflexivität fügt
der ohnehin schon befremdlichen Arbeit
von Schauspielern an Figuren eine Dimension hinzu, die bei Tsangari vor allem komisch wirksam wird.
Das zeigt sich etwa an dem Wettbewerb,
den die Männer auf einer Jacht in Chevalier
ausrufen. Sie wollen herausfinden, wer „der
Beste“ ist, und zwar nicht einfach in irgendeiner Disziplin, sondern „in allem“. Tsangari
zeigt sie uns, als wären sie Vertreter einer
seltsamen Spezies, doch die Männer neh-
BILD: SN/STEFAN KLÜTER
Fritzi Haberlandt
BILD: SN/JASMIN WALTER
BILD: SN/NADJA KLIER
men sich sehr ernst und die Regisseurin
macht nicht den Fehler, sie auch nur im
Geringsten ins Lächerliche zu ziehen. Das
müssen sie schon selbst tun.
Schauspiel ist für Tsangari eines jener
Spiele, mit dem sich die Menschen an die
Grenzen ihres Daseins herantasten. In den
erotischen Spielen zwischen Marina und ihrer Freundin in Attenberg, in den Balzspielen der Männer auf dem Boot in Chevalier
zeigt sich, dass Kultur aus einer immer
neuen Erprobung des ungewissen Abstands
von der Instinktgebundenheit entsteht. Der
Mensch ist bei Tsangari ein Wesen, das sich
mit todernster Miene gegen die Komik seiner Versuche wehrt, kein Hampelmann zu
sein. Oder eine Hampelfrau.
Bert Rebhandl
Frank Wedekind
Lulu
Eine Monstretragödie (Urfassung 1894)
Athina Rachel Tsangari Regie
Florian Lösche Bühne
Beatrix von Pilgrim Kostüme
Rainer Bock Schigolch / Dr. Goll
Anna Drexler, Isolda Dychauk,
Ariane Labed Lulu
Martin Wuttke Dr. Franz Schöning
Christian Friedel Alwa Schöning
Philipp Hauß Eduard Schwarz / Casti Piani
Fritzi Haberlandt Gräfin Geschwitz
Benny Claessens Rodrigo Quast
Ariane Labed Jack
Neuinszenierung, Pernerinsel, Hallein
17. (Premiere), 19., 20., 22., 24., 25., 27.,
28. August
SALZBURGER FESTSPIELE
DER MANN OHNE
EIGENSCHAFTEN
Robert Musil
Edith Clever
reiche Konvolut wirklich gelesen hat. Diesem Umstand wollen wir mit einer Marathonlesung, in der viele der großen Schauspielerinnen und Schauspieler der diesjährigen Festspielproduktionen zu erleben
sind, entgegenwirken.
Thomas Mann prophezeite Robert Musil
1939: „Es gibt keinen anderen lebenden
deutschen Schriftsteller, dessen Nachruhm
mir so gewiss ist.“ Robert Musil, geboren
am 6. November 1880 in Klagenfurt, gestorben am 15. April 1942 im Schweizer Exil,
galt zeitlebens als der bedeutendste
deutsch schreibende Romancier der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts und gleichzeitig
als der unbekannteste. „Seiner Zeit so weit
voraus zu sein, daß man nicht bemerkt wird
von ihr“, notierte er in seinem Tagebuch.
Musil reagierte in seinem literarischen
und publizistischen Werk auf die epochalen
Umwälzungen in Europa im ersten Drittel
des 20. Jahrhunderts und rieb sich über
Jahrzehnte an der Fertigstellung seines
Opus magnum Der Mann ohne Eigenschaften auf. Fragmentarisch, bruchstückhaft, assoziativ führt uns Musil mit seinem
Helden Ulrich in den Jahren 1913 und 1914
nach „Kakanien“, in jenes Land, das er nach
der kaiserlich und königlichen österreichisch-ungarischen Monarchie benennt.
Entstanden ist ein visionärer Roman, der
Sinnbild einer in Auflösung befindlichen
Gesellschaft und Inbegriff der literarischen
Moderne ist.
Der Mann ohne Eigenschaften hat sich
fest in das österreichische Bewusstsein eingeschrieben und gehört zum literarischen
Kanon, wobei kaum jemand das umfang-
Lesung
Robert Musil
Der Mann ohne Eigenschaften
Eine Marathonlesung von
Robert Musils Opus magnum
Mit Benny Claessens, Andrea Clausen,
Anna Drexler, Isolda Dychauk,
Christoph Franken, Christian Friedel,
Philipp Hauß, Eva Herzig, Mavie Hörbiger,
Roland Koch, Stephan Kreiss,
Peter Lohmeyer, Martin Reinke,
Sigrid Maria Schnückel, Johannes
Silberschneider und anderen
Landestheater, 1. August
(bis 2. August, ca. 2:00 Uhr morgens)
Robert Musil, um 1930
BILD: SN/AKG-IMAGES / IMAGNO
Lesung
Ich liebe nicht den Hundetrab
Balladen, Gedichte, Galgen- und
Bänkellieder von Frank Wedekind
und Zeitgenossen
Mit Maria Happel und Thomas Thieme
Landestheater, 18. August
BILD: SN/MARCUS LIEBERENZ
FRÄULEIN ELSE
Die Schauspielerin und Regisseurin
Edith Clever hat als langjähriges Mitglied der legendären und wegweisenden
Berliner Schaubühne das deutsche
Theater wie kaum eine andere geprägt.
Für Jahre hatte sie sich dann vom Theater abgewendet; bei den Salzburger Festspielen war sie zuletzt 1998 in Dantons
Tod zu sehen. Im kommenden Sommer
kehrt sie auf die Festspielbühne zurück
und übernimmt die Rolle von Jedermanns Mutter. Zudem gibt sie im Landestheater eine Lesung von Arthur
Schnitzlers 1924 veröffentlichter Novelle
Fräulein Else – die Schnitzler’sche Figur
spielte Clever bereits 1987 in Syberbergs
Verfilmung. Arthur Schnitzler zeigt in
Fräulein Else männliches Dominanzgebahren und zaghafte emanzipatorische
Ideen auf und eröffnet damit vielerlei
Querverbindungen zu Hauptmanns Rose
Bernd und Wedekinds Lulu.
Lesung
Arthur Schnitzler
Fräulein Else
Mit Edith Clever
Landestheater, 9. August
KASIMIR UND KAROLINE
Ödön von Horváth
Die New Yorker Theaterkompagnie 600
Highwaymen nimmt Ödön von Horváths
Volksstück Kasimir und Karoline wörtlich.
Sie bringt den Klassiker in einem partizipativen Theaterprojekt auf die Bühne. Im
Februar 2017 stellte das Regieteam Abigail
Browde und Michael Silverstone bei einem Casting in Salzburg ein großes Ensemble zusammen, das aus Schauspielern
und Laien unterschiedlicher Herkunft,
unterschiedlicher beruflicher Laufbahn
und unterschiedlichen Alters besteht.
Ein Kopfdrehen, eine Armbewegung,
eine bloß angedeutete Geste, ein Sprung,
eine kurze Phrase: Es sind simple Bewegungsabläufe und wenige Worte, die Abigail Browde und Michael Silverstone den
vielen Interessierten, die der Einladung
zum Casting gefolgt sind, abverlangen. In
nicht einmal einer Stunde entwickelt sich
daraus aber eine komplexe Choreografie
von zufällig Zusammengewürfelten, die
eine mitreißende Kraft entfaltet.
Casting für Kasimir und Karoline, Februar 2017
In unkonventionell spielerischer Atmosphäre gewinnt das Regieteam einen
stimmlichen und darstellerischen Eindruck von der Wirkung der Teilnehmenden. Dabei liegt das Augenmerk weniger
auf einer perfekt einstudierten Darbietung als vielmehr auf der Vielfalt, die sich
in gesanglicher, tänzerischer, sportlicher
oder schlichtweg ausdrucksstarker Bühnenpräsenz manifestiert. Denn Browde
und Silverstone geht es darum, die Individualität der einzelnen Mitwirkenden
zum Leuchten zu bringen. Sie sind an
deren persönlichen Lesarten des Stücks
und der sich daraus entwickelnden Energie des Zusammenspiels interessiert.
Die möglichst reale Abbildung der Gegenwartsgesellschaft verbindet das Volksstück Horváths aus dem Jahr 1932 auf
diese Weise mit den dringlichen Themen
der Generationen unserer Zeit – die durch
jede und jeden von uns dargestellt und
zugänglich gemacht werden kann.
Ödön von Horváth
Kasimir und Karoline
Volksstück
In einer Textfassung von 600 Highwaymen
in Zusammenarbeit mit Saša Čelecki
600 Highwaymen Regie
Anneliese Neudecker Bühne, Kostüme
Brandon Wolcott Musik
Ein partizipatives Theaterstück
mit einem Ensemble aus Laien sowie
Schauspielerinnen und Schauspielern
Neuinszenierung
Universität Mozarteum, Großes Studio
11. (Premiere), 13., 14., 15., 16., 18. August
Mit freundlicher Unterstützung der
Universität Mozarteum Salzburg und
der Internationalen Sommerakademie
Universität Mozarteum Salzburg
BILD: SN/ALEXI PELEKANOS
Christian Friedel in Searching for William?
BILD: SN/KLAUS GIGGA
SEARCHING
FOR WILLIAM?
Christian Friedel ist ein vielseitiger
Schauspieler und Musiker. Für die gefeierte Hamlet-Inszenierung von Roger
Vontobel am Staatsschauspiel Dresden
verarbeitete er mit seiner Band Woods
of Birnam Shakespeare’sche Texte zu
rockigen Popsongs. Diese ShakespeareSongs bilden nun die Grundlage für
einen genreübergreifenden Abend, in
dem sich Christian Friedel zudem in
Sonetten, Monologen und Dramentexten der Musik, dem Rhythmus und der
Sprache Shakespeares nähert. Hamlet
und Macbeth kommen ebenso zu Wort
wie Hexen, Geister und Narren – allesamt der Welt des berühmten Theaterdichters entsprungen. „Was dieser
Abend auf eindrucksvolle Weise kann,
ist Spannung erzeugen und halten“, war
in der FAZ über Searching for William?
zu lesen. „Er ist so reich an Witz, Weltschmerz, Verwechslung und Traurigkeit,
wie Shakespeares Stücke reich daran
sind.“
Konzertperformance
Searching for William?
Texte von William Shakespeare
Mit Christian Friedel, Woods of Birnam
Landestheater, 21. August
Bernard Haitink
BILD: SN/CLIVE BARDA
Andris Nelsons
BILD: SN/MARCO BORGGREVE
Riccardo Muti
BILD: SN/TODD ROSENBERG
Herbert Blomstedt
BILD: SN/M. LENGEMANN
Daniel Barenboim
BILD: SN/PETER ADAMIK
BY COURTESY OF WWW.RICCARDOMUTI.COM
28., 30. Juli, Gr. Festspielhaus
Gustav Mahler Symphonie Nr. 9
6., 7. August, Gr. Festspielhaus
Sergej Prokofjew Klavierkonzert Nr. 2
(Daniil Trifonov Klavier)
D. Schostakowitsch Symphonie Nr. 7
13., 14., 15. August, Gr. Festspielhaus
Johannes Brahms Klavierkonzert
Nr. 2 (Yefim Bronfman Klavier)
P. I. Tschaikowski Symphonie Nr. 4
19., 20. August, Gr. Festspielhaus
Richard Strauss Metamorphosen
Anton Bruckner Symphonie Nr. 7
26., 27. August, Gr. Festspielhaus
Gustav Mahler Symphonie Nr. 7
WIENER PHILHARMONIKER
Welchen Stellenwert nehmen die Salzburger Festspiele im Selbstverständnis der Wiener
Philharmoniker ein?
Gerade das Programm des kommenden
Festspielsommers drückt die enge künstlerische Partnerschaft der Wiener Philharmoniker mit den Salzburger Festspielen aus.
Markus Hinterhäuser hat in seinem ersten
Jahr als Intendant ein fulminantes Programm gestaltet, fordernd und spannend
für das Publikum und die Wiener Philharmoniker zugleich.
Mit kaum einem anderen großen Komponisten verband die Wiener Philharmoniker eine
vergleichbar enge Beziehung wie mit Richard
Strauss, der auch den Festspielen eng verbunden war. In einem der philharmonischen
Konzerte stehen Strauss’ Metamorphosen auf
dem Programm. Was für eine Bedeutung hat
diese „Studie für 23 Solostreicher“ für den
Geiger Andreas Großbauer?
Wenn ich ein Teil der 23 Streicher sein
darf, die eine derart bewegende Komposition zum Erklingen bringen, dann erfüllt
mich das mit Dankbarkeit und Demut.
Dafür habe ich mich ein Leben lang mit Musik beschäftigt. Richard Strauss hat dieses
Stück in den letzten Tagen des Zweiten
Weltkriegs geschrieben. Das lässt niemanden kalt. Vielleicht ist es eine Flucht in die
Gedankenwelt in einer schrecklichen Zeit.
Ein Zeitdokument, das sich tief in die Seele
bohrt – vor allem, wenn man heute viel
mehr noch als damals weiß und versteht,
was passiert ist. Am Ende läuft einem ein
kalter Schauer über den Rücken.
Ähnlich eng war die Verbindung des
Orchesters mit einem zweiten großen
Komponisten: Gustav Mahler.
Gustav Mahler wird mit seinen monumentalen Symphonien Nr. 7 und Nr. 9 vertreten sein. Die Neunte Symphonie wurde
von den Wiener Philharmonikern im Juni
1912, ein Jahr nach Mahlers Tod, uraufgeführt, dirigiert von Bruno Walter. Beide
Symphonien haben einen hohen Stellenwert in der philharmonischen Geschichte.
Für mich persönlich ist es immer wieder
etwas Besonderes, die Werke dieses Komponisten in Salzburg zu spielen, aber auch zu
hören. Mahlers Bezug zur Natur als Kraftquelle der Kreativität ist im Sommer in Salzburg nachvollziehbar und spürbar.
Die Salzburger Festspiele setzen in diesem
Jahr einen großen Schwerpunkt mit Dmitri
Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk;
auf dem philharmonischen Konzertprogramm
steht auch Schostakowitschs Siebente Symphonie. Wie viel Mahler steckt in Schostakowitschs Siebenter?
Schostakowitsch hat sich auf Mahler
berufen. Die Beschäftigung mit Mahler hat
seinen Geschmack verändert, Mahler und
Berg zählten zu von ihm bevorzugten Komponisten. In seiner Siebenten Symphonie
zitiert er übrigens auch Lady Macbeth von
Mzensk. Das Anklingen an die Vergangenheit, verbunden mit einer sich stets steigernden Bedrohlichkeit, das Zitieren von
Militärmärschen – da kann man schon an
Mahler denken. Mahlers Witwe Alma hat ja
auch versucht, Schostakowitsch für eine
Vollendung von Mahlers Zehnter Symphonie zu gewinnen, allerdings vergeblich . . .
Welche Bedeutung hat Schostakowitschs
Oper Lady Macbeth von Mzensk für die Wiener Philharmoniker?
Die Wiener Philharmoniker sind mit
Lady Macbeth von Mzensk sehr vertraut, da
diese Oper auch auf dem Spielplan der Wiener Staatsoper steht. Das ist ein technisch
und musikalisch sehr aufwendiges Werk.
Hier profitieren die Salzburger Festspiele
ganz besonders von der Arbeit im Orchester
graben in Wien. Wir freuen uns sehr, dass
Markus Hinterhäuser Mariss Jansons, der
ein profunder Kenner Schostakowitschs ist,
für diese Produktion eingeladen hat.
Wozzeck von Alban Berg ist ein weiteres
Schlüsselwerk für das Musiktheater des
20. Jahrhunderts. Ist es auch eines für das
Staatsopernorchester?
Wozzeck ist seit den 1930er-Jahren an
der Wiener Staatsoper und seit den 1950erJahren regelmäßig in Salzburg aufgeführt
worden und ein fester Bestandteil des österreichischen Kulturguts. Das Werk stellt für
die Orchestermusiker eine große, vor allem
auch schöne Herausforderung dar. Die Aufführungen unter Karl Böhm [1951, 1971 und
1972] und Claudio Abbado [1997] bei den
Salzburger Festspielen haben Rezeptionsgeschichte geschrieben, sie sind ein großes
Vorbild.
Und dann spielen die Wiener Philharmoniker
noch Aribert Reimanns Lear unter der musikalischen Leitung von Franz Welser-Möst:
ebenfalls ein herausragender Beitrag zur
Opernliteratur des 20. Jahrhunderts . . .
Lear von Aribert Reimann wird eine
komplette Neueinstudierung für uns. Ein
archaisch anmutendes Meisterwerk, das
den Zuhörer packt und nicht mehr loslässt.
Ängste, Zweifel und die Frage nach dem
Sinn bestimmen den Ton. Diese Komposition fordert uns heraus, diese Seelenwelt
zuzulassen und dabei nicht selbst darin zu
ertrinken.
Präsentieren sich die Wiener Philharmoniker
damit beim Auftakt der Intendanz von Markus
Hinterhäuser mit einem besonderen Profil, als
Spezialisten für Musik des 20. Jahrhunderts?
Inwieweit entspricht das dem heutigen Selbstbild des Orchesters – und hat das Zukunftspotenzial?
Es gefällt mir, die Wiener Philharmoniker
im Spannungsfeld zwischen Tradition und
Innovation zu sehen. Und das ganz besonders im Zusammenhang mit unserem Jubiläum 175 Jahre Wiener Philharmoniker.
Dennoch lassen wir uns nicht auf ein bestimmtes Repertoire festlegen. Auch wenn
wir bei den heurigen Festspielen gerne
einen Schwerpunkt für Kompositionen des
20. Jahrhunderts setzen, werden wir uns in
den nächsten Jahren mit genauso viel Leidenschaft den Meisterwerken der Klassik
und Romantik widmen.
Das Interview führte Helga Rabl-Stadler.
In der Geschichte der Wiener Philharmoniker, die heuer
ihr 175-jähriges Bestehen feiern, nimmt Salzburg einen
besonderen Rang ein: Hier traten sie 1877 erstmals
außerhalb Wiens auf. Die Teilnahme an den Salzburger
Musikfesten ergab eine erste Kontinuität. 1922 gastierte
das Orchester erstmals bei den Salzburger Festspielen,
seit 1925 ist die Residenz in Salzburg ein Fixpunkt im
Jahreskalender des Orchesters. Ein Interview mit dem
Vorstand der Wiener Philharmoniker, Andreas Großbauer,
über das philharmonische Festspielprogramm.
SALZBURGER FESTSPIELE
OUVERTURE SPIRITUELLE
Transfiguration
In den vielfältigen Programmen der Ouverture spirituelle erzählen
Sakralkompositionen, religiös inspirierte Werke und über das rein Weltliche
hinausweisende Klänge vom „Überschreiten der Schwelle“.
„Ich weiß beim besten Willen nicht, ob
Blick in die Vierung der Kollegienkirche
BILD: SN/STEFAN ZENZMAIER
„Transfiguration“ meint
die Verklärung Jesu,
eine der rätselhaftesten
Wunderszenen im Neuen
Testament: Sie erlaubte
den Aposteln eine
Ahnung von seiner
göttlichen, die Grenzen
des Diesseits sprengenden
Natur.
ich eine Ästhetik habe. Aber ich kann wohl
sagen, dass meine Vorliebe einer farblich
schillernden, verfeinerten, ja wollüstigen
Musik gehört; einer Musik, die Zartheit
und Heftigkeit, Liebe und Ungestüm kennt;
einer Musik, die den Hörer hin und her
wiegt, die sich aussingt . . . einer Musik, die
die Begrenzung der Zeit und ihre Allgegenwart spürbar werden lässt; einer Musik, die
einem theologischen Regenbogen gleicht“:
So antwortete Olivier Messiaen auf die Frage nach seiner Ästhetik, seinem Begriff von
Musik. Diese Beschreibung trifft zunächst
einmal auf die Eröffnung der diesjährigen
Ouverture spirituelle zu: Mit Messiaens groß
angelegtem Werk La Transfiguration de
Notre Seigneur Jésus-Christ (für gemischten
Chor, sieben Instrumentalsolisten und Orchester nach Bibeltexten und nach Thomas
von Aquins Summa Theologica) nimmt der
Festspielsommer in prominenter Besetzung
seinen prächtigen und bewegenden Auftakt
(mit Kent Nagano am Pult des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks).
Messiaens Musikverständnis spiegelt sich
aber auch im beziehungsreich schillernden
Gesamtprogramm der Ouverture spirituelle
wider – düstere Schatten inklusive. Mit
„Transfiguration“ ist sie überschrieben,
einem Begriff, der vom Theologischen ins
Weltliche hinüberspielt und damit dem
Festspielbeginn neue Assoziationsräume
eröffnet. Schließlich ist die Transfiguration
(griech. metamorphosis), die Verklärung
Jesu, eine der rätselhaftesten Wunderszenen im Neuen Testament: Sie erlaubte
den Aposteln eine Ahnung von seiner göttlichen, die Grenzen des Diesseits sprengenden Natur – und damit auch von der Auferstehung. Das passt zu Musik, denn unter
allen Künsten ist es doch die Musik, die am
überzeugendsten Erfahrungen zu vermitteln vermag, die unsere Sinnenwelt überschreiten: Verheißung eines besseren Zustands, Offenbarung unseres von irdischen
Zwängen befreiten Wesens.
Von Vokalpolyphonie der Renaissance
über barockes und klassisch-romantisches
Repertoire bis hin zu Kompositionen des
20. Jahrhunderts reicht die Werkauswahl.
Epochen, Stile und Besetzungen bilden viele
überraschende, das Erlebnis vertiefende
Kombinationen: etwa Messiaens Visions de
l’Amen für zwei Klaviere (mit Igor Levit und
Markus Hinterhäuser) und Haydns Sieben
letzte Worte unseres Erlösers am Kreuze oder
die älteste erhaltene polyphone RequiemKomposition des 1497 verstorbenen Frankoflamen Johannes Ockeghem (mit den
Tallis Scholars). Auch das bewegende letzte
Werk von Gérard Grisey, der Orchesterliederzyklus Quatre Chants pour franchir le
seuil (Lieder zum Überschreiten der Schwelle), zeugt von dem Übergang vom Leben
zum Tod und ist ein spätes, verwandeltes
Echo auf Mozarts Requiem, das wiederum
Teodor Currentzis mit dem musicAeterna
Orchestra & Choir in der Felsenreitschule
aufführt. Vom Ende des irdischen Daseins
erzählt auch Gustav Mahlers Neunte Symphonie: ein grandioses Loslassen, Abschiednehmen, Verlöschen (Wiener Philharmoniker unter Bernard Haitink).
Zwei Konzerte im Mozarteum verknüpfen facettenreiche Werke Schuberts und
Bruckners einmal mit Mozarts verklärtem Ave verum, das andere Mal mit Frank
Martin, Arthur Honegger und Alfred
Schnittke. Dabei erklingt nicht nur Sakralmusik, sondern kommt auch das Spirituelle
im weltlichen Gewand zu seinem Recht: In
Honeggers düsterer Zweiter Symphonie für
Streichorchester, während des Zweiten
Weltkriegs angesichts des von den Nazis
besetzten Paris entstanden, weist im Finale
plötzlich eine Trompete mit einer Choralmelodie den Weg zum Licht einer besseren
Zukunft.
Walter Weidringer
MONTEVERDI 450
„Seine Musik ist für mich eine Art Leitstern,
und sie hat auf mich immer eine geradezu
magische Anziehungskraft ausgeübt.“ Das
sagt der Dirigent Sir John Eliot Gardiner über
Claudio Monteverdi, jenen Komponisten,
dem Gardiners eigenes Ensemble, der Monteverdi Choir, seinen Namen verdankt und
mit dessen Marienvesper sich dieses Ensemble 1964 erstmals dem Publikum präsentierte
– ein Konzert, das die damalige Alte-MusikSzene in den Grundfesten erschütterte.
Mehr als ein halbes Jahrhundert später
startet Gardiner ein höchst ambitioniertes
Projekt, ebenfalls im Zeichen Claudio
Monteverdis: Ein ganzes Jahr lang widmet er sich aus Anlass von Monteverdis
450. Geburtstag dessen drei erhaltenen
Meisteropern L’Orfeo, L’incoronazione di
Poppea und Il ritorno d’Ulisse in patria.
Gardiner erarbeitet diese Werke, die
auch bei Aufführungen im Konzertsaal
nichts von ihrer packenden Dramatik
verlieren, mit einem handverlesenen
Sängerensemble.
„Eigentlich sind es Kammeropern“, so
Gardiner, „weswegen man ohne Probleme
auf einen Orchestergraben und eine
Guckkastenbühne verzichten kann. Man
muss nur die Möglichkeit haben, Sänger
und Instrumentalisten deutlich voneinander zu trennen und einander gegenüberzustellen. Ich bin davon überzeugt, dass
die Fantasie der Zuhörer allein durch die
Musik genug angeregt wird, und ich glaube zudem, dass diese Fantasie unendlich
viel mehr leisten kann als jeder noch so
schlaue Regisseur oder Bühnenbildner.
Wir müssen Ausdrucksformen und Bühnenkonventionen finden, mit denen wir
die Fantasie beflügeln.“
Doch was ist so einmalig an Monteverdis Musik, dass es den Dirigenten erneut
zu diesen Werken zieht? „Ich empfinde
Monteverdis Opern als unglaublich mo-
dern. Geradezu schonungslos sezieren
sie die gesamte Palette und Bandbreite
menschlicher Leidenschaften und Gefühle. Wie Monteverdi diese Emotionen in
Musik überträgt, ist unerreicht. Es gibt
Ähnliches bei Gesualdo, Marenzio und bis
zu einem gewissen Grad auch bei Caccini,
aber bei Monteverdi ist alles noch eine
Spur besser und intelligenter gemacht.
Ihm geht es immer darum, ein bestimmtes
Gefühl herauszuarbeiten und ins
Bewusstsein zu rücken.“
„Auf der zwischenmenschlichen Ebene
gibt es in diesen Opern dieselbe Spannung zwischen Oben und Unten, denselben Zusammenprall verschiedener Welten wie bei Caravaggio oder Shakespeare,
und die Wirkung ist genauso packend.
Denken Sie nur an die beiden Soldaten in
Poppea, die über Neros Affäre mit Poppea
schimpfen und diese Liebschaft aus der
Perspektive des einfachen Mannes aus
dem Volk kommentieren. Oder an die beiden Dienstboten Valletto und Damigella,
die dem Leben bei Hofe auf unvergleichliche Weise die nötige Bodenhaftung geben. Die Ironie dabei ist natürlich, dass es
ausgerechnet den beiden Aristokraten
Poppea und Nero ganz offensichtlich nur
um Fleischeslust und die Befriedigung
niederer Instinkte geht – wobei sie sich
über alle Regeln hinwegsetzen, angetrieben von politischem Ehrgeiz und schlichter Skrupellosigkeit. Das Erstaunlichste
an dieser Oper ist, wie sehr wir uns trotzdem zu diesem Paar hingezogen fühlen.
Wenn die beiden am Ende ihr letztes Liebesduett singen, möchte man ihnen so
gerne jedes Wort glauben, obwohl man
weiß, dass sie aus reinem Opportunismus
handeln.“
Man spürt, dass Gardiners Begeisterung
für diese Werke im Laufe seiner Karriere
noch gewachsen ist, genährt und bekräftigt durch eine lange Liste von Auffüh-
rungen und seine maßstabsetzenden Einspielungen von Poppea und L’Orfeo. Hat
sich seine Sicht auf Monteverdi seit seiner
ersten Begegnung mit diesem Komponisten verändert? „Ich denke und hoffe“, so
der Dirigent, „dass sich alles organisch
weiterentwickelt hat, auch wenn ich das
wohl kaum objektiv beurteilen kann. Auf
keinen Fall geht es mir darum, etwas
grundsätzlich anderes zu machen als
früher. Mir ist es wichtig, die einmalige
Palette der Klangfarben und Gefühle in
Monteverdis Musik zur Geltung zu bringen. Die Sänger, die ich für dieses Projekt
ausgewählt habe, können diese Vielfalt
nur mit ihren Stimmen ausdrücken, und
für die Instrumentalisten gilt dasselbe. Es
genügt nicht, die Harmonik und den Kontrapunkt zu begreifen; man muss auch
den Fluss der musikalischen Rede verstehen und verfolgen. Wenn das Orchester
sich nur als Begleitung sieht, kommt man
nicht weit. Darum sitzen die Instrumentalisten bei uns mit auf der Bühne und
sind dadurch auch optisch sehr präsent.“
Gardiner und seine Musiker werden in
diesem Sommer alle drei MonteverdiOpern zur Aufführung bringen, und obwohl jedes dieser Werke für sich allein
stehen kann, rät der Dirigent, sie als Teile
eines dramatischen und musikalischen
Ganzen zu begreifen. „Wenn man diese
Opern als Trilogie auffasst, als Triptychon, schärft das den Blick für Monteverdis Genialität insgesamt. Es gibt keine
logische Fortschreitung oder stilistische
Weiterentwicklung über die drei Opern
hinweg, aber sie ergänzen einander,
indem sie drei sehr unterschiedliche
Sichtweisen auf fundamentale Themen
menschlicher Existenz anbieten: auf
Liebe, Ergebenheit, Treue, Untreue,
Sexualität und Spiritualität.“
Alexandra Coghlan
Übersetzung: Eva Reisinger
John Eliot Gardiner
BILD: SN/SIM CANETTY-CLARKE
Monteverdi 450
Claudio Monteverdi
L’Orfeo
Felsenreitschule, 26. Juli
Il ritorno d’Ulisse in patria
Felsenreitschule, 28. Juli
L’incoronazione di Poppea
Felsenreitschule, 29. Juli
Halbszenische Aufführungen
John Eliot Gardiner Musikalische Leitung
Elsa Rooke, John Eliot Gardiner Regie
Mit Krystian Adam, Francesca Biliotti, Hana
Blažíková, Francesca Boncompagni, Gianluca
Buratto, Robert Burt, Michal Czerniawski,
Anna Dennis, Francisco Fernández-Rueda,
Silvia Frigato, Kangmin Justin Kim, Marianna
Pizzolato, Lucile Richardot, Gareth Treseder,
Carlo Vistoli, John Taylor Ward, Zachary
Wilder, Furio Zanasi
Monteverdi Choir | English Baroque Soloists
Anne Teresa De Keersmaeker / Gérard Grisey: Vortex Temporum
Zeit mit
BILD: SN/HERMAN SORGELOOS
Igor Levit
BILD: SN/ROBBIE LAWRENCE
Daniil Trifonov
BILD: SN/DARIO ACOSTA/DG
GRISEY / SCHOSTAKOWITSCH
„Zeit mit Grisey“ bringt die schillernden Farben der Musique spectrale zum Klingen. Wie sich Kunst über
politische Hürden hinweg ihren Weg bahnt, erkundet „Zeit mit Schostakowitsch“. Dort wie da stellen sich
existenzielle Fragen des Daseins und wird konzentriertes Hören zur intensiven Zeit-Wahrnehmung.
„Wir sind Musiker, und unser Modell ist der
Klang und nicht die Literatur, der Klang und
nicht die Mathematik, der Klang und nicht
das Theater, die bildenden Künste, die
Quantenphysik, die Geologie, die Astrologie, die Akupunktur!“ Mit diesen flammenden Worten stiftete Gérard Grisey die Identität jener „Groupe L’Itinéraire“, zu der sich
1973 ehemalige Studenten von Olivier Messiaen zusammenschlossen: Neben Grisey
waren das Michaël Levinas, Tristan Murail
und Roger Tessier, zu denen etwas später
auch noch Hugues Dufourt stieß. Als „Reisende“ schlugen sie damit auch im wörtlichen Sinn einen Weg ein, der sie von außermusikalischen Einflüssen weg- und zum
Klang selbst zurückbringen sollte: Dessen
wissenschaftlich erkundete physikalischakustische Charakteristika allein erklärten
sie zur Grundlage ihres neuen Komponierens einer Musique spectrale, das sich vorrangig auf nuancierte Modifikationen der
Klangfarben stützte.
Die Basis bildete die Erforschung des Teiltonspektrums einzelner Klänge mit damals
neuen computertechnischen Möglichkeiten.
Was in technischen Beschreibungen trocken wirken könnte, entfacht im klingenden
Ergebnis eine schillernde Sinnlichkeit, die
die Musique spectrale nicht von ungefähr in
stilistische Nachfolge des französischen Impressionismus rückt. Klang, so sagte Grisey,
sei ein lebendiger Organismus, der Geburt,
Leben und Tod durchlaufe, eine pulsierende
Form wie der menschliche Atem. In diesem
Sinne lädt „Zeit mit Grisey“ das Publikum
auf Expeditionen in besondere Klangwelten
ein, wobei das Klangforum Wien und das
Vokalensemble Solistes XXI die exzellenten
Reiseführer durch Zeiten und Stile sind,
denn Ockeghem und Monteverdi fungieren
als Referenzpunkte aus ferner, aber lebendiger Vergangenheit.
Zum Finale werden sogar wörtlich die
Türen in immer größere akustische Räume
aufgestoßen: Les Espaces acoustiques nannte Grisey sein magnum opus, ein fesselnder
Zyklus aus sechs Stücken für wachsende
Besetzungen. In Spielfilmlänge entwickelt
er sich von einem Prolog für Viola solo bis
zu einem Epilog, bei dem vier konzertierende Hörner aus dem großen Orchester fulminant hervorragen. Humorvolle szenische
Elemente, vor allem aber die sich immer
weiter entfaltende, faszinierende Musik machen das Werk, das Grisey ursprünglich als
„Versuchsanordnung“ konzipiert hatte, zu
einem mitreißenden Erlebnis. Der Bratscher
Mario Gheorghiu und das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter der Leitung
des Komponisten und Dirigenten Matthias
Pintscher sind dafür ideale Interpreten.
Mit Cornelius Meister legt das RSO Wien
auch Verbindungen zwischen Wagner,
Strauss, Giacinto Scelsi und Claude Vivier
frei – ein Abend im Zeichen der Vereinigung von Liebe und Tod. Die Sehnsuchts-
Gérard Grisey, Paris 1993
BILD: SN/GUY VIVIEN
Wir sind Musiker, und
unser Modell ist der
Klang und nicht die
Literatur, der Klang und
nicht die Mathematik,
der Klang und nicht das
Theater . . .
Gérard Grisey
klänge von Vorspiel und Liebestod aus
Tristan und Isolde verweisen dabei auf
das mit fast klinisch kühlem Blick in Musik
gesetzte Sterben in Strauss’ Tondichtung
Tod und Verklärung. Von da ist es gedanklich nicht weit zum tragisch frühen Ende
des kanadischen Komponisten Claude
Vivier, der der Musique spectrale nahestand: Er wurde 1983, mit knapp 35 Jahren,
ermordet. Auf dem Tisch lag die Partitur
einer Oper, die in jenem Moment abbricht,
in dem der Protagonist Claude von einem
Unbekannten erstochen wird . . .
Ans Unfassbare rühren auch Griseys
Quatre Chants pour franchir le seuil: 1998
hatte sich der 52-Jährige in diesen vier
Orchesterliedern auf ebenso packende wie
subtile Weise mit dem Übergang zum Tod
auseinandergesetzt – und war bald darauf,
noch vor deren Uraufführung, überraschend gestorben. In der Kollegienkirche
verknüpft sich das zu später Stunde mit der
ältesten erhaltenen polyphonen RequiemKomposition, Ockeghems Missa pro defunctis, gesungen von den Tallis Scholars.
Walter Weidringer
Was ist das für eine Musik, von der ihr
Autor wünscht, sie solle so gespielt werden,
„dass die Fliegen in der Luft tot herunterfallen“? In seinem 15. Streichquartett, komponiert ein Jahr vor seinem Tod (1975), lässt
der schwer kranke Dmitri Schostakowitsch
hinter jene Maske blicken, die sein wahres
Gesicht so oft und lange verborgen hat.
Zum Vorschein kommen Trostlosigkeit und
Depression, denen er in sechs durchwegs
langsamen, miteinander verbundenen
Sätzen Ausdruck verleiht. Auf die Interpretation durch das Hagen Quartett bei den
diesjährigen Salzburger Festspielen folgt das
Konzert für Chor von Alfred Schnittke, gesungen von den vereinten Vokalkräften des
Salzburger Bachchores und des Chores von
musicAeterna unter dem elektrisierenden
Teodor Currentzis. In diesem Werk stellt
sich Schostakowitschs Landsmann Alfred
Schnittke auf seine Weise gegen die kommunistische Diktatur, indem er die archaischen Elemente orthodoxer Kirchenmusik
neu interpretiert – plötzlich antwortet dem
hoffnungslosen Streichquartett eine Glaubensgewissheit, die selbst jene berührt, die
sie nicht ohne Weiteres teilen können.
Es sind eben solche Beziehungen aus
Analogien und Kontrasten, die die „Zeit mit
Schostakowitsch“ so anregend machen.
Rund um die Neuproduktion von Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk beleuchtet und kommentiert diese Konzertreihe Facetten eines von der Diktatur geförderten und zugleich behinderten, letztlich
ständig bedrohten Komponistenlebens und
lässt seine Musik mit jener von Vorbildern
und Kollegen reagieren. Etwa mit Johann
Sebastian Bach: In einem Zyklus von 24 Präludien und Fugen für Klavier hat Schostakowitsch dessen Klangsprache schrittweise
und in zum Teil stilistisch ganz unterschiedlichen Stücken mit seiner eigenen
Welt verbunden. Sie stellen eine pianistische Herausforderung dar, wie geschaffen
für den klugen Pianisten Igor Levit.
Auch Schostakowitschs Streichquartette
sollten 24 an der Zahl werden und durch
alle Tonarten führen. Aus den 15 entstandenen Stücken spielt das Hagen Quartett noch
das Achte Quartett, in dem ein unheimliches Dreitonmotiv ertönt, ein geheimes
Klopfzeichen unter Oppositionellen, das
vor einem anwesenden Spitzel warnen
sollte. Diese beklemmende Enge parieren
die epische Weite von Schuberts Streichquintett (mit Sol Gabetta) und Auszüge aus
Bachs Kunst der Fuge.
Acht Monate vor Schostakowitschs Tod
wurde seine Suite auf Verse von Michelangelo uraufgeführt: Drei Lieder aus diesem
autobiografisch düsteren Zyklus bilden den
Kern jenes Liederabends, bei dem der große
Liedersänger Matthias Goerne gemeinsam
mit Daniil Trifonov auch Seelenabgründe
bei Schumann, Brahms, Wolf und Berg auslotet. Der umjubelte Pianist Daniil Trifonov
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Dmitri Schostakowitsch, um 1940 BILD: SN/AKG-IMAGES
Das Warten auf die
Exekution ist eines der
Themen, die mich mein
Leben lang gemartert
haben, viele Seiten
meiner Musik sprechen
davon.
Dmitri Schostakowitsch
ist auch Solist im Zweiten Klavierkonzert
von Sergej Prokofjew, der trotz Stalin die
Notwendigkeit fühlte, in seine Heimat
zurückzukehren – so wie Schostakowitsch
sie nicht verlassen konnte.
Drei seiner Symphonien beleuchten
Schostakowitsch auf unterschiedliche Weise: Unter Simon Rattle spielen die Berliner
Philharmoniker den jugendlichen Geniestreich der Ersten und die gespenstische
Letzte, die 15. Symphonie. Mit Andris Nelsons am Pult steuern die Wiener Philharmoniker die Siebente bei, die „Leningrader“,
teilweise entstanden in der zur Aushungerung belagerten Stadt. Berühmt-berüchtigt
ist vor allem der Mittelteil des monströsen
Kopfsatzes: Über unaufhörlich sich steigerndem Maschinengewehrfeuer des
Schlagzeugs bläht sich ein vulgäres Marschthema zu barbarisch lärmender Bedrohung
auf – im zeitgenössischen Verständnis die
anrückende Wehrmacht. Glaubt man jedoch Schostakowitschs geheimen Memoiren, porträtierte er hier die stalinistische
Fratze. In jedem Fall wird die Banalität des
Bösen zu Klang.
Walter Weidringer
SALZBURGER FESTSPIELE
DER SCHAUSPIELDIREKTOR
Nach W. A. Mozart
keiten zu befriedigen: nämlich um jenen
Zauber, den die Oper durch die Beanspruchung aller Sinne und durch das Zusammenspiel aller Künste entfachen kann!
Erst als der Schauspieldirektor droht, die
Premiere und damit die gesamte Produktion abzublasen, besinnen sich die Mitwirkenden auf das Wesentliche: gemeinsam und unter größtmöglichem Einsatz
aller künstlerischen Qualitäten eine
wunderbare Premiere auf die Bühne zu
bringen!
Die auf Kinderproduktionen spezialisierte deutsche Opernregisseurin Elena
Tzavara unternimmt mit dem Schauspieldirektor Frank eine Reise durch den Kosmos Theater. Gemeinsam mit Henrik
Albrecht, der für das Musikarrangement
verantwortlich ist, und mit dem jungen
Publikum sucht sie nach Antworten auf
die Grundsatzfragen, warum es Theater
überhaupt gibt und wie der Zauber der
Bühne entsteht. Die Reaktion der jungen
Gäste ist bestimmt die ehrlichste Antwort
darauf.
Die diesjährige Kinderoper der Salzburger
Festspiele, Der Schauspieldirektor, lässt
das junge Publikum in die Welt des Theaters und des Theatermachens eintauchen.
Dass die Schwierigkeiten am Theater
heute noch immer dieselben sind wie
zu Mozarts Zeit, tritt in dem komödiantischen Singspiel nur allzu deutlich zutage.
Das Leben des Schauspieldirektors
Frank ist alles andere als einfach: Um sein
neues Stück auf die Bühne zu bringen,
benötigt er noch Solisten und hat dafür
ein Vorsingen angesetzt. Immer mehr
Sängerinnen und Sänger präsentieren ihre
musikalischen und darstellerischen
Fähigkeiten auf der Bühne. Da ist Streit
vorprogrammiert, denn jeder möchte für
die größte Rolle besetzt werden. In dem
immer heftiger geführten Sänger-Wettstreit ist es dem Schauspieldirektor Frank
unmöglich, den Darstellern etwas vom
Inhalt der Oper oder über die Rollen zu
vermitteln. Dabei sollte es doch am Theater um mehr gehen, als persönliche Eitel-
Figurinen von Elisabeth Vogetseder
Der Schauspieldirektor Neuproduktion der Salzburger Festspiele für Kinder (ab 6 Jahren)
Musikarrangement von Henrik Albrecht | Elena Tzavara, Henrik Albrecht Spielfassung |
Elena Tzavara Regie | Elisabeth Vogetseder Bühne und Kostüme | Erina Yashima Dirigentin |
Teilnehmer des Young Singers Project | Salzburg Orchester Solisten
Große Universitätsaula, 28., 30. Juli, 8., 11., 12., 15., 22., 27. August
Mit Unterstützung von Uniqa
KARTENBÜRO der SALZBURGER FESTSPIELE • 5010 Salzburg • Postfach 140 • Telefon +43 662/8045-500 • Telefax +43-662/8045-555 • [email protected] • www.salzburgfestival.at
IMPRESSUM • Herausgeber: Salzburger Nachrichten • Redaktion und Gestaltung: Salzburger Festspiele – Margarethe Lasinger, Christian Arseni, Christiane Klammer
Grafik: Walter Brand • Druck: Druckzentrum Salzburg • Redaktionsschluss: 3. April 2017 • Änderungen vorbehalten
SALZBURGER FESTSPIELE · 21. JULI — 30. AUGUST 2017
DOMPLATZ
RESIDENZ [RZ]
OUVERTURE SPIRITUELLE
GROSSES FESTSPIELHAUS
FR 21.
Jedermann
SA 22.
SO 23.
HAUS FÜR MOZART · FELSENREITSCHULE [F]
• 21:00
Jedermann
MO 24.
Symphonieorchester des BR Nagano (ZmG)
21:00 musicAeterna 1 Currentzis
MI 26.
L’Orfeo
DO 27.
La clemenza di Tito
FR 28. Wiener Philharmoniker Haitink
SA 29.
21:00 Jedermann
17:00 Il ritorno d’Ulisse in patria
SO 30. Wiener Philharmoniker Haitink
11:00
Jedermann
21:00 L’incoronazione di Poppea
MO 31.
MI
1. SK Sokolov
• 18:00
SK Kissin
19:30
Lady Macbeth von Mzensk
19:30
SA
5.
SO
6. Wiener Philharmoniker Nelsons (ZmS)
Aida
DI
LA Gerhaher · Huber
Jedermann
[F] 19:00
La clemenza di Tito
YCA Preisträgerkonzert · ORF RadioSymphonieorchester Wien Shokhakimov
21:00 Jedermann
8.
19:00
DO 10. Lady Macbeth von Mzensk
FR 11.
I due Foscari (konzertant)
SA 12. Aida
Jedermann
19:30
15:00
Wiener Philharmoniker Muti
MO 14. Wiener Philharmoniker Muti
I due Foscari (konzertant)
DI 15. Wiener Philharmoniker Muti
Lady Macbeth von Mzensk
MI 16.
Aida
DO 17.
SK Pollini
FR 18.
West-Eastern Divan Orchestra 1 Barenboim
SA 19. Wiener Philharmoniker Blomstedt
Jedermann
19:30
11:00
15:30 Jedermann
11:00
19:00
20:00
21:00 Jedermann
11:00
19:00
DI 22. Aida
21:00
Aida
SA 26. Wiener Philharmoniker Barenboim
SK Mutter · Orkis
19:30
11:00
21:00 Jedermann
SO 27. Wiener Philharmoniker Barenboim
Lucrezia Borgia (konzertant)
Berliner Philharmoniker 1 Rattle
MO 28. Berliner Philharmoniker 2 Rattle (ZmS)
DI 29. Pittsburgh Symphony Orchestra Honeck
LA Goerne · Trifonov (ZmS)
ORF Radio21:00 Symphonieorchester Wien Meister (ZmG)
La clemenza di Tito
21:00 Wozzeck
SK Uchida
17:00 Ariodante
La clemenza di Tito
KK Frang · Altstaedt · Lonquich · Schmidinger ·
Grubinger · Goerne · Hinterhäuser (ZmS)
21:00 Lear
La clemenza di Tito
Ariodante
19:30
MI 23. SK Argerich · Barenboim
DO 24.
FR 25.
21:00 Wozzeck
Ariodante
La clemenza di Tito
Wozzeck
19:30
Aida
19:30
11:00
SO 20. Wiener Philharmoniker Blomstedt
West-Eastern Divan Orchestra 2 Barenboim (ZmS) 17:00 Jedermann
MO 21. Lady Macbeth von Mzensk
17:00
musicAeterna 2 Currentzis
20:00
SO 13.
ZmG Zeit mit Grisey
ZmS Zeit mit Schostakowitsch
YSP Young Singers Project
[F] 19:30
Mozart-Matinee Gražinytė-Tyla
[F] 19:00
Mozart-Matinee Bolton
[F] 19:00 SK András Schiff 2
Mozart-Matinee Bolton
[F] 19:00 Camerata Salzburg Viotti
19:30
Jedermann
11:00
15:00
20:30
21:00 Jedermann
20:00
19:00
YCA Young Conductors Award
KKKammerkonzert
SKSolistenkonzert
Global Sponsors of the Salzburg Festival
Lear
17:00 Wozzeck
Ariodante
Gustav Mahler Jugendorchester Metzmacher
17:00 Lear
Blasmusikkonzert ***
Wozzeck
17:00 Ariodante
Lear
LALiederabend
LELesung
RERecherchen
SA
11:00 SO
KK Tetzlaff · Andsnes (ZmS)
SK András Schiff 3
MI
KK Hagen Quartett · Gabetta (ZmS)
• 20:00 LA Crebassa · Say
[F] 19:30
SK Levit 1 (ZmS)
20:30
Mozart-Matinee Luks
[F] 20:30 SK Levit 2
Mozart-Matinee Luks
[F] 19:00 LA Yoncheva · Academia Montis Regalis
FR
11:00 SA
19:30
11:00 SO
19:30
19:30 MI
11:00 SO
15:00
19:30
19:30 MO
19:30 DI
19:30 MI
28. Oper für Kinder · Der Schauspieldirektor
29.
30. Oper für Kinder · Der Schauspieldirektor
1.
2.
3. Klangforum Wien Rundel (ZmG)
4.
6.
11:00 SO
19:30
YSP Meisterklasse Martineau
8. Oper für Kinder · Der Schauspieldirektor
9.
13.
YSP Meisterklasse Goerne
MO 14.
DI
15. Oper für Kinder · Der Schauspieldirektor
MI
16. ORF RadioSymphonieorchester Wien Pintscher (ZmG)
DO 17. YSP Meisterklasse Piau
• 19:00
[F] 15:00
20:30
19:30 LA Stoyanova · Springer
[F] 15:00 Mozart-Matinee Carydis
Mozart-Matinee Carydis
[F] 18:30 Camerata Salzburg Norrington
19:00 SK Gringolts
[F] 19:30
20:00 KK Trio Zimmermann
15:00
20:00 Preisträgerkonzert Sommerakademie **
YSP Abschlusskonzert ·
[F] 19:00 Mozarteumorchester Salzburg Kelly
[F] 11:30
20:00
19:30
FR
11:00 SA
11:00 SO
MI
[U] 15:00 RE Die neue Liebesordnung
Die Geburtstagsfeier
20:30 Die Geburtstagsfeier
LE Der Mann ohne Eigenschaften
Die Geburtstagsfeier
20:30 Die Geburtstagsfeier
RE Film- und Bühnenkunst ·
[U] 17:00 Neshat · Tsangari
[U] 15:00
27.
Oper für Kinder · Der Schauspieldirektor
RE Zertretene Rosen
[U] 15:00 Die Geburtstagsfeier
Kasimir und Karoline
[F] 19:00
• Premiere
Stand: 3. April 2017
19:30 Rose Bernd
19:00 Rose Bernd
19:30
19:30
Abschluss Aida-Camp 2 [R] 16:00
Rose Bernd
19:30
19:30 Rose Bernd
[SZ] 11:00
19:30
19:30
Rose Bernd
Rose Bernd
19:30
Abschluss
• [SM] 20:00 Wozzeck-Camp
19:30
19:30
19:30
19:30
[R] 16:30
19:30
[SZ] 11:00
19:30
[SM] 20:00
Kasimir und Karoline
[SM] 20:00 Vortex Temporum (ZmG) [R] 19:30
Kasimir und Karoline
[SM] 20:00
20:30 Kasimir und Karoline
[U] 15:00
[SM] 20:00
[U] 15:00
[U] 15:00
Searching for William?
[U] 15:00
MO 28.
19:00
Rose Bernd
• 19:30
[SZ] 17:00 Abschluss Aida-Camp 1 [R] 11:00
19:30
20:00 Rose Bernd
19:30 DO 24.
FR 25.
19:30
SA 26.
19:30
SO
• 19:30
LE Fräulein Else
19. Schlussmarathon
Angelika-Prokopp- Sommerakademie
der Wiener Philharmoniker
[U] 16:00 / 18:00 / 20:00
20.
RE Die Abstiegsgesellschaft
23.
[HT] 18:15
19:30
LE Ich liebe nicht den Hundetrab
Kasimir und Karoline
22. Oper für Kinder · Der Schauspieldirektor
[HT] 18:15
Die Geburtstagsfeier
Die Geburtstagsfeier
[U] 15:00
20:30 Kasimir und Karoline
[U] 15:00
Die Geburtstagsfeier
18.
19:30 MO 21.
19:30 DI
• [U] 15:00 Die Geburtstagsfeier
Die Geburtstagsfeier
7.
PERNER-INSEL · REPUBLIC [R]
21:00
5.
DO 10.
FR 11. Oper für Kinder · Der Schauspieldirektor
Grubinger · Percussive Planet · œnm Rundel (ZmG)
11:00 SA 12. Oper für Kinder · Der Schauspieldirektor
19:30
19:30
• [F] 19:30
26.
MO 31. Solistes XXI Safir (ZmG)
19:30 DI
20:30
20:00
25. La Capella Reial · Le Concert des Nations Savall
19:30 DO 27.
19:30 c-Moll-Messe * · Mozarteumorchester Bolton [SP] 19:30 DO
YCA Award Concert Weekend 1
15:00 FR
[F] 19:00
Mozart-Matinee Antonini
11:00 SA
[F] 20:00 YCA Award Concert Weekend 2
15:00
Mozart-Matinee Antonini
YCA Award Concert Weekend 3
KK Wiener Philharmoniker
21.
22. YSP Meisterklasse Ludwig
[U] 15:00 Abschluss Jedermann-Camp
23. KK Hagen Quartett · musicAeterna Choir ·
Salzburger Bachchor Currentzis (ZmS)
21:30 Abschluss Jedermann-Camp
MO 24. The Tallis Scholars · Klangforum Wien Pomàrico (ZmG)
21:00
18:00
The Tallis Scholars Phillips
23:30
Camerata Salzburg · BR Chor Arman · Tamestit · Viotti 18:00 DI
• [F] 18:30 SK András Schiff 1
• 18:00 Gala-Soiree [RZ] 22:00
9. Aida
MI 30. Lucrezia Borgia (konzertant)
21:00 LA Garanča · Martineau
11:00
MO 7. Wiener Philharmoniker Nelsons (ZmS)
MI
La clemenza di Tito
21:00
2. Lady Macbeth von Mzensk
DO 3.
FR 4.
[F] 19:00
LANDESTHEATER · HECKENTHEATER [HT]
STEFAN ZWEIG CENTRE [SZ]
STUDIO UNIVERSITÄT MOZARTEUM [SM]
KOLLEGIENKIRCHE · UNIVERSITÄTSAULA [U]
FR
KK Cuarteto Casals · Levit · Hinterhäuser
DI 25.
DI
STIFTUNG MOZARTEUM · STIFTSKIRCHE ST. PETER [SP]
20:00
[SM] 20:00
[SZ] 11:00
20:00
Lulu
• 19:30
Lulu
19:30
Lulu
19:30
Lulu
19:30
Lulu
19:30
Lulu
19:30
Lulu
Lulu
*
In Zusammenarbeit mit der Stiftung Mozarteum Salzburg
** In Zusammenarbeit mit der Universität Mozarteum Salzburg
*** Mit jungen Blasmusiktalenten unter Mitwirkung der Wiener Philharmoniker
19:30
19:30
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