Florian Hoffmann Als letzter deutscher Gouverneur in Kamerun: Karl Ebermaier (1862-1943) Die Ära des Kolonialismus, ein ebenso exotisches wie umstrittenes Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte, hat in den letzten beiden Jahrzehnten, vor allem nach dem deutschen „Kolonialjubiläum“ 1984, der Unabhängigkeit Namibias 1990 und jüngst besonders im Kontext der Erinnerung an die Niederschlagung der Aufstände in Deutsch-Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika eine vielseitige Aufmerksamkeit erfahren. Die Aufarbeitung dieses vergleichsweise kurzen Zeitabschnitts wurde unter verschiedenen Gesichtspunkten betrieben und hat – etwa in der Bewertung des Verhaltens der Kolonialherren gegenüber den indigenen Gesellschaften – zu mancher Kontroverse geführt. Der noch immer aktuelle Diskurs um den „Genozid“-Begriff im Zusammenhang mit dem Vorgehen der deutschen Schutztruppe gegen die Herero in Südwestafrika zeigt, daß das Interesse ungebrochen ist. Personengeschichtliche Aspekte traten dabei meist in den Hintergrund. Bekannte „Kolonialpioniere“ wie Hermann v. Wissmann, Carl Peters, Gustav Nachtigal oder Adolf Lüderitz haben zwar in früheren Jahren eine umfassende Würdigung erlebt, die Repräsentanten der Verwaltung in der Spätphase des deutschen Kolonialismus hingegen blieben weitgehend unbeachtet.1 Zu den leitenden Beamten der deutschen Schutzgebiete gehörte auch ein Wuppertaler: der letzte Gouverneur von Kamerun, Karl Ebermaier, der von 1912 bis 1916 die Geschicke der Kolonie leitete. Kindheit und Jugend verbrachte Ebermaier in Elberfeld, wo er am 2. Oktober 1862 als Sohn des K. Preuß. Staatsprokurators Friedrich Wilhelm Ebermaier und seiner Frau Sophie, geb. Küntzel zur Welt kam. Hier legte er auch im Frühjahr 1881 am humanistischen Gymnasium seine Reifeprüfung ab.2 Nach dem Abitur ging er zunächst nach Marburg und schrieb sich dort zum Sommersemester 1881 zum Studium der Rechtswissenschaften ein,3 18 wechselte aber schon im folgenden Wintersemester an die Universität Tübingen4 und wurde im Sommersemester 1882 beim dortigen Corps Rhenania rezipiert.5 Zum Wintersemester 1882/83 verließ er die Alma mater Tubingensis.6 Es folgte noch ein Semester in Berlin, dann in Bonn, ehe er im März 1884 in Köln das Referendarexamen ablegte. Ab Herbst 1884 diente er als Einjährig-Freiwilliger beim Infanterie-Regiment Vogel von Falckenstein (7. Westfälisches) Nr. 56 in Cleve, dem er zuletzt als Hauptmann der Reserve angehörte. Gouverneur Dr. Karl Ebermaier (1862-1943) Am 7. Juli 1884 wurde Ebermaier Referendar beim Oberlandesgericht in Köln, im Februar 1888 legte er sein Assessorexamen ab und war als Gerichtsassessor beim Amtsgericht Bonn tätig. 1897 erhielt er eine Stellung als Landrichter in seiner Heimatstadt Elberfeld. Unklar ist, wann er den Entschluß faßte, zur Koloniallaufbahn zu wechseln. Noch im selben Jahr muß er jedoch in die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes eingetreten sein, denn bereits im Januar 1898 wurde er als Oberrichter und Auditeur der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika nach Dar-es-Salâm entsandt.7 Seine Karriere dort war aber recht kurz und endete bereits im Mai desselben Jahres: Wegen eines Pistolenduells mit dem Apotheker Wilms wurde er mit drei Monaten Festungshaft bestraft und aus dem Reichsdienst entlassen.8 Der Vorfall fand auch in der deutschen Presse seinen Niederschlag. Man sprach vom „ostafrikanischen Duellskandal“, „der […] bei einem Gelage entstanden ist und in seiner Entwicklung den ‚häßlichsten Eindruck‘ gemacht“ habe.9 Ebermaier trat also in den preußischen Justizdienst zurück und wurde zum Landrichter in Essen bestellt. Ein Jahr später erhielt er den Charakter eines Oberrichters. Seine Qualifikationen für den Kolonialdienst scheinen nichts desto trotz hervorragend gewesen zu sein. Als sich die Wogen geglättet hatten, wurde er nämlich in die Kolonialabteilung zurückberufen und avancierte 1903 zum Ersten Referenten, Oberrichter und stellvertretenden Gouverneur von Kamerun. Er übernahm dort vorübergehend die Amtsgeschäfte des amtierenden Gouverneurs Jesko v. Puttkamer, der sich auf einer Reise in die deutschen Tschadseeländer befand. Zu seinen besonderen Aufgaben gehörte außerdem zur Steuerung der stetig wachsenden Bürokratie in der Kolonie die Neuorganisation der Gouvernementsbüros und die Gliederung der Landesverwaltung in Fachreferate.10 1904 unternahm er eine Reise in das sogenannte ‚Grasland‘, die Savannenlandschaften Westkameruns, nach Fontem, Bamenda, Batscham-Bagam und in die Chefferie von Bamum.11 Im gleichen Jahr übernahm er erneut die Leitung der Verwaltung für den auf Heimaturlaub befindlichen Gouverneur. In diese Phase fällt u.a. der Ausbruch des Kriegs gegen die Anyang, eine Volksgruppe im Crossfluß-Gebiet (Bezirk Ossidinge, Westkamerun), die von einem größeren Truppenaufgebot unter der Führung des Kommandeurs der Schutztruppe, Oberst Mueller, in monatelangen Kämpfen gewaltsam unterworfen wurden. Charakteristisch ist die distanzierte Haltung Ebermaiers gegenüber den Spitzen der Militärverwaltung, namentlich Mueller, mit dem es wiederholt zu Kompetenzstreitigkeiten, Auseinandersetzungen über das Vorgehen gegen die unruhigen indigenen Gesellschaften des Graslandes und über die Beurteilung des Militäreinsatzes gab.12 Zunächst kehrte er allerdings für einige Zeit als Hilfsarbeiter in der Kolonialabteilung nach Berlin zurück. Die Phase der großen Kolonialkriege – wie in Südwest- und Ostafrika kam es auch in Kamerun in dieser Phase zu weiteren bewaffneten Konflikten – erlebte er am heimischen Schreibtisch.13 Erst 1912 sollte er in leitender Funktion nach Afrika zurückkehren. An dieser Stelle sei ein kurzer Überblick über die Entwicklung der Kolonie vor Ebermaiers Amtsantritt als Gouverneur eingeschoben: Die deutsche Machtposition in Kamerun war nach der Gründung der Kolonie 1884 zunächst auf die Küstenregionen um die Haupthandelsplätze Duala, Victoria, GroßBatanga und Kribi beschränkt, wo es in erster Linie um die wirtschaftlichen Interessen deutscher Handelshäuser ging. Wegen des ungesunden Klimas galt das Schutzgebiet ohnehin nie als Siedlungskolonie und die auf Erhalt ihres Transferhandelsmonopols bedachten segmentären Gesellschaften des Waldlandes im unmittelbaren Hinterland der Küstenregion leisteten der Penetration ihrer Siedlungsgebiete durch europäische Kaufleute und militärische und wissenschaftliche Expeditionen mitunter heftigen Widerstand. Aus diesem Grunde blieb das weitere Vordringen zögerlich und wurde erst ab 1898 unter dem Druck der „Adamaua-Enthusiasten“14 im Reich zur Manifestation deutscher Interessen gegenüber dem Vordringen der Engländer und Franzosen in Richtung Tschadsee forciert. 19 Zur Gewährleistung der inneren Sicherheit war 1891 die Formierung einer Polizeitruppe erfolgt, die nach einer Meuterei (sog. „Dahomey-Aufstand“) 1894 in eine militärisch strukturierte Schutztruppe umgewandelt wurde. Die deutsche Militärmacht bestand im Jahre 1900 aus 40 deutschen Offizieren, 53 Unteroffizieren und 900 afrikanischen Chargen und Mannschaftsdienstgraden. 1891-94 erfolgte sukzessive die „Pazifizierung“ des Waldlandes im unmittelbaren Hinterland der Küste, ab 1898/99 durch den Wute-Adamaua-Feldzug die Eroberung des Hochplateaus von Zentralkamerun und der innerhalb der deutschen Interessensphäre gelegenen Subemirate von Fombina (Adamaua). Die Tschadseeländer (Bornu, Mandara und die Kotoko-Sultanate am Schari) waren 1901 durch die französische Kolonialarmee erobert worden und wurden, soweit sie in den bilateralen Abkommen mit Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich zuerkannt worden waren, 1902 geräumt und von der Schutztruppe besetzt. Besonders in den Bergregionen an der Grenze zu BritischNigerien und in den Urwäldern des Südostens kam es aber immer wieder zu Widerstand und Auflehnung gegen die deutsche Herrschaft. So schrieb noch 1910 der Kolonialwissenschaftler Kurt Hassert: „Da aber die Hochlandbevölkerung sehr kriegerisch ist und der deutschen Herrschaft noch keineswegs unterworfen scheint, so können die Zustände im Kameruner Hinterlande noch lange nicht als befriedigend gelten.“15 Am 4. November 1911 kam es zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich zur Bereinigung der zweiten Marokkokrise zum Abschluß des durch den damaligen Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Alfred v. Kiderlen-Wächter, ausgehandelten „Marokkoabkommens“, das dem Reich als Ausgleich für den Verzicht auf territoriale Ansprüche in Marokko und das Zwischenstromland zwischen Logone und Schari im äußersten Nordosten Kameruns im Süden und Osten der Kolonie eine Flächenvergrößerung um ca. 50% auf Kosten der französischen Besitzungen in Äquatorialafrika einbrachte. Intention dieser Politik war – im Hinblick auf eine erhoffte Aufteilung von Belgisch-Kongo und die Gründung eines großen deutschen Kolonialreichs in Mittelafrika – die Anbindung des Schutzgebiets an das Kongobecken. Die verwaltungstechnische Integration des „Neu-Kamerun“ genannten Gebietes Eine Ehrenkompanie erwartet den Gouverneur Dr. Karl Ebermaier am Bahnhof Duala. 20 dauerte bis Juni 1913 an. In ökonomischer Hinsicht war dieser Gebietszuwachs von vergleichsweise geringem Interesse, er diente trotz des Vorkommens von Kautschuk, Elfenbein, Ölfrüchten und Nutzhölzern vorläufig weder als relevante Rohstoffquelle, noch als Absatzmarkt für deutsche Exportprodukte und galt zudem als endemisches Schlafkrankheitsgebiet für Europäer als ausgesprochen ungesund. Das Land war verkehrstechnisch nahezu unerschlossen und größtenteils an französische Konzessionsgesellschaften vergeben, die durch den Raubbau an den Naturschätzen der weiteren Entwicklung eher schadeten. Somit war das Abkommen allenfalls als bescheidener Prestigegewinn und Ausflucht aus der selbst verursachten Marokkokrise zu betrachten, ohne daß der ebenfalls propagierte Zugewinn des gesamten französischen Kongogebiets geglückt wäre.16 Entsprechend abschätzig fielen neben den Angriffen in der deutschnationalen Presse auch die Kommentare zahlreicher Experten aus: „Von den Kolonialleuten wurde dieser dilettantische Abschluß eines den berechtigten Ansprüchen Deutschlands keineswegs entsprechenden Vertrages im höchsten Maße mißbilligt. Wie der Kolonialstaatssekretär [Friedrich v. Lindequist], reichte deswegen auch der Gouverneur von Kamerun, Dr. Gleim, sofort seinen Abschied ein.“17 Damit war der Posten vakant. Ebermaier sollte diese Lücke füllen und wurde auf Grund seiner früher in Kamerun gesammelten Erfahrungen zu Gleims Nachfolger ernannt. Am 28. März 1912 traf der neue Gouverneur in Kamerun ein. Drei Themenkomplexe sollten seine Tätigkeit in den zwei Jahren bis zum Ausbruch des Weltkrieges bestimmen: die Reorganisation der Verwaltung, namentlich in den Residenturbezirken Nordkameruns, die wirtschaftliche Lage im Südbezirk und Auseinandersetzungen um die Rassensegregation in der Küstenstadt Duala, Kameruns kommerziellem Zentrum Schon im Juni 1912 unternahm Ebermaier Reisen in den Süden der Kolonie, nach Kribi und Ebolowa. Im Juli des gleichen Jahres ist seine Anwesenheit in Jaunde, dem ökono- mischen und militärischen Mittelpunkt Zentralkameruns, belegt,18 und von November 1912 bis Juni 1913 reiste er, zehn Jahre nach Jesko v. Puttkamer als zweiter leitender Beamter der Kolonie, nach Adamaua und dem Tschadsee. Im August 1913 erließ er unter dem Eindruck dieser Expedition neue „Richtlinien für die Ausübung der Verwaltung im Bereiche der Residenturen Mora, Garua und Ngaundere“ (11.8.1913).19 Fombina/Adamaua und die Tschadseeländer waren nach ihrer Okkupation 1901/02 nicht wie die Militärbezirke und zivilen Bezirksämter des übrigen Schutzgebietes unter unmittelbare Verwaltung durch deutsche Offiziere oder Zivilbeamte genommen worden, sondern blieben nach dem System der „indirect rule“ (das die Briten zuvor mit Erfolg in der Nachbarkolonie Northern Nigeria eingeführt hatten) unter der Administration der im Vergleich zu den segmentären Gesellschaften des Südens vermeintlich „höherstehenden“ islamischen Machthaber, denen die Militärresidenten lediglich mit beratender Funktion zur Seite standen. Auch Rechtsprechung und Polizeigewalt blieben weitgehend in den Händen der traditionellen Eliten. Die Schutztruppe diente hier lediglich zum Schutz vor Unruhen, wie sie 1907/09 von islamisch-mahdistischen Predigern hervorgerufen wurden, und zur Unterwerfung und administrativen Einbindung der schwer zugänglichen Bergländer, die als Rückzugsräume für die meist segmentär organisierten autochtonen Gesellschaften vor den islamischen Reitertruppen dienten. Die neuen Residenturinstruktionen bedeuteten die Verlegung des Sitzes der Residentur „Deutsche Tschadseeländer“ von Kusseri am Schari nach dem strategisch günstiger gelegenen Mora im Mandaragebirge und die Teilung der Residentur Adamaua in zwei selbständige Residenturbezirke Garua und Ngaundere. Mit der Neuorganisation ging die Beseitigung der Autonomie der moslemischen Fulbe-Subemirate (Lamidate) einher. Die Residenturen erhielten nun weitgehend freie Hand zur „Eindämmung und Unterdrückung aller Bestrebungen“ gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Die Schutztruppe konnte ohne 21 Genehmigung des Gouverneurs auch zu Polizeizwecken eingesetzt werden, den einheimischen Herrschern wurden Polizeiaufgaben und Gerichtsbarkeit abgesprochen. Der Erlaß, der zu einer Angleichung der Verwaltungsstrukturen an die im Süden des Schutzgebietes geübte Praxis führen sollte, hat allerdings bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges keinen größeren Niederschlag mehr gefunden.20 Auch Überlegungen über die Bildung einer zivilen Provinzialbehörde für den gesamten Norden,21 mit der Ebermaier den Prozeß der Entmilitarisierung der Verwaltung vorantreiben wollte (bisher wurden die Residenturen von Offizieren der Schutztruppe geleitet) kamen nicht mehr zur Ausführung. Mit den zunehmenden politischen Spannungen in Europa kam die Frage einer Verbesserung der Landesverteidigung auf. Nach der zweiten Marokkokrise 1911 wurde die Verteidigung der Kolonien Gegenstand einer ausführlichen Erörterung im Kommando der Schutztruppen in Berlin. Der für Kamerun zuständige Referent betonte die Notwendigkeit einer starken Küstenbefestigung und der Verstärkung der Schutztruppe, um das Schutzgebiet unter allen Umständen bis zum Friedensschluß zu halten. „Bei einem schiedsrichterlichen Austrag der Friedensverhandlungen sei es von wesentlicher Bedeutung, was jede Partei in ihrem Besitz habe. Eine etwaige Rückerwerbung der Kolonien nach dem Kriege werde das Vielfache des zu ihrer Verteidigung Notwendigen kosten.“22 Dagegen sprach sich Ebermaier noch 1913 gegen eine weitere Aufrüstung der Truppe aus, weil er, wie viele führende Kolonialpolitiker und -beamte, der Auffassung war, daß im Falle eines europäischen Krieges die Entscheidung über die Kolonien alleine in Europa fallen werde. Gegenüber Kolonialstaatssekretär Wilhelm Heinrich Solf äußerte er sich in einem Bericht: „Ich würde sogar in der bestimmten Hoffnung auf einen endlichen Sieg der deutschen Waffen in der Heimat eher empfehlen, Teile der Kolonie vorübergehend aufzugeben, als daß von unserer Seite und durch unsere, aus einer entsprechenden Verteilung der Schutztruppe zu entnehmende Absichten der Anlaß zu einem 22 Wettrüsten auf afrikanischem Boden ausgeht, das sowohl unserer Stellung als weiße Rasse, wie auch der Erfüllung unserer kulturellen und wirtschaftlichen Aufgaben den empfindlichsten Abbruch tun muß.“23 Daß die Befestigung der Küste unterblieb, beruhte letztlich eher auf finanziellen Erwägungen. Vier altertümliche Geschütze, die in Duala an den beiden Ufern des Wuri-Flusses in zwei durch Erdwälle geschützten Geschützstellungen positioniert waren und eher zu repräsentativen Zwecken dienten, wurden im Sommer 1913 sogar entfernt, weil ihr Gefechtswert gegenüber gepanzerten Kriegsschiffen ohnehin unzulänglich war.24 Insgesamt kann man für Ebermaiers Amtszeit deutliche Bestrebungen zur Demilitarisierung der Verwaltung feststellen, gekennzeichnet durch die Überführung von bisher militärisch besetzten Verwaltungsstellen in Altkamerun in zivile Strukturen. Wirtschaftspolitisch bemühte sich Ebermaier um Kontinuität zu dem taktischen Vorgehen seiner Vorgänger Dr. Theodor Seitz und Otto Gleim. Die Jahre 1913/14 gelten unter ökonomischen Gesichtspunkten als Krisenjahre des Schutzgebietes. Durch großflächigen Raubbau an den wild vorkommenden Kickxia-Beständen und teilweise Ausfuhr minderwertiger Ware, die mit Plantagenkautschuk aus Malaysia und Ceylon nicht konkurrieren konnte, war die Südkameruner Gummiwirtschaft ab 1910 in eine existentielle Notlage geraten.25 Zur Erlangung günstigerer Produktionsbedingungen forderten die Händler des Südbezirks, organisiert in der Handelskammer von Kribi, die Verbesserung der Verkehrswege, die Erschließung der Wasserstraßen, verstärkten Wegebau und insbesondere den Bau einer Eisenbahnverbindung von Kribi nach Ebolowa (Südbahn), die vom Reichskolonialamt aber verworfen wurde.26 Als die Krise 1913 ihren Höhepunkt erreichte, bewilligte der Gouvernementsrat in seinen Etatverhandlungen eine Million Mark für den Ausbau des Wegenetzes im Süden als Ersatz für den Verzicht der Kautschukfirmen auf den Bau der Bahnlinie. Außerdem erließ Ebermaier eine „Verordnung über den Handel mit und die Ausfuhr von Kautschuk“, die am 1. Oktober 1913 in Kraft trat und in erster Linie eine gleichbleibend hohe Qualität des Produkts gewährleisten sollte.27 Auseinandersetzungen um die Ausfuhrzölle für Kautschuk, deren Abschaffung von den betroffenen Unternehmen und von der Deutschen Kolonialgesellschaft mit Nachdruck gefordert wurden, zogen sich noch bis in die erste Hälfte des Jahres 1914 hin. Ein weiteres großes Problem stellte der Mangel an afrikanischen Arbeitern für den Ausbau der Wege, Eisenbahnen und Wasserstraßen, vor allem aber für den wachsenden Bedarf auf den Ölpalmen-, Kaffee-, Kakaound Kautschukplantagen in den Bezirken Victoria und Buëa in Westkamerun dar, der sich im Jahr 1913 deutlicher denn je bemerkbar machte. Eine Neuordnung der Arbeiteranwerbung zugunsten der Pflanzungsgesellschaften verhinderten allerdings zunächst die Kameruner Kaufleute, die ihre eigenen Interessen bei der Deckung des Trägerbedarfs gefährdet sahen.28 Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern einer amtlichen Arbeiteranwerbung wurde schließlich auch im Reichstag ausgetragen. Trotz der schwierigen Situation, in der er sich in einer Zwickmühle zwischen Verwaltungsrücksichten und den Forderungen der Kolonialwirtschaft befand, unterstützte Ebermaier auch die im Dezember 1913 ursprünglich von Gegnern der kommerziellen „Arbeiterbeschaffung“ gegründete „Deutsche Gesellschaft für Eingeborenenschutz“.29 Besonders angelegen war ihm der Ausbau des Schulsystems für die indigene Bevölkerung. Als er die Gründung von Regierungsschulen in nicht missionierten Gebieten, namentlich in den islamisch geprägten Bezirken des Nordens, vorantrieb, stieß er aber auf Schwierigkeiten bei den in Kamerun tätigen Missionsgesellschaften (Basler Mission, Pallottiner), in deren Händen das Schulwesen bis dahin weitgehend gelegen hatte. Daß er die Tätigkeit der Mission auf dem Bildungssektor durchaus schätzte, beweist der Umstand, daß er bei der Planung eines eigenen Schulausschusses für die Kolonie, auch die Missionen paritätisch berücksichtigte.30 Ebermaiers Verhältnis zur europäischen Bevölkerung des Schutzgebiet, Kaufleuten, Militärs, aber auch den ihm untergebenen Beamten, war auf Grund seines launischen Wesens und harschen Auftretens nicht unkompliziert. Im Falle des Ersten Referenten und stellvertretenden Gouverneurs Hansen stand auch wieder eine Duellforderung im Raum, die nur durch Hansens freiwilligem Abschied aus Kamerun bereinigt wurde.31 In einer Schrift des Forschers Emil Zimmermann ist sogar von einer „kleinen Palastrevolution unzufriedener Beamter“ die Rede.32 Nichts desto trotz füllte Ebermaier seine Funktion weitgehend souverän und unangefochten bis in den Ersten Weltkrieg hinein aus. Überschattet wurde Ebermaiers Amtszeit durch die geplante Enteignung der Bell- und Akwa-Duala in den Jahren 1912/13, die zu einem regelrechten innenpolitischen Fiasko geriet. Die Verwaltung leitete zugunsten einer völligen Rassentrennung die Zwangsumsiedlung der Duala von ihren traditionellen Wohnplätzen in Bonanjo und Bonanku östlich des Kamerunästuars weiter ins Hinterland ein. Der Expropriationsbeschluß fiel schon 1910 unter Ebermaiers Vorgänger.33 Die Durchführung verzögerte sich indes am Widerstand der Bevölkerung, die sich durch das Abschneiden des Zugangs zum Kamerunfluß nicht nur in ihren verbrieften Rechten, sondern auch in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sah. Schon bald nach der Veröffentlichung der Pläne kam es zu Protesten unter der Leitung des Duala-Führers Rudolf Manga Bell, die zunächst wenig Wirkung zeigten und bei der Verwaltung weitgehend auf Unverständnis stieß. So konstatierte das Reichskolonialamt in seinem Jahresbericht für die Jahre 1912/13: „Die Eingeborenen bringen dieser in erster Linie aus hygienischen Rücksichten beschlossenen Maßregel noch nicht das richtige Verständnis entgegen. Sie vermuten dahinter eine gewinnsüchtige Absicht der Regierung oder schützen eine solche Vermutung wenigstens vor, um den eigentlichen Grund ihres Widerstandes zu verschleiern, nämlich den zähen Willen, ihrerseits mit dem Grund und Boden zu spekulieren und aus ihm durch 23 Der Gouverneur besichtigt die Front. – (Alle Fotos aus: Erich Student: Kameruns Kampf 1914/ 16, Berlin: Bernhard & Graefe, 2. Aufl., 1942). Verkauf an die Weißen Gewinn zu ziehen, ohne für die Werterhöhung des Bodens nennenswertes beizutragen.“34 Vordergründig sollte das Projekt eine rassische Trennung der „weißen“ und „schwarzen“ Stadtviertel gewährleisten (die hygienischen Maßnahmen galten in erster Linie dem Schutz der europäischen Bevölkerung35 vor Malaria und anderen Seuchenkrankheiten), darüber hinaus aber auch das Gelände am Fluß als Bauland der expandierenden Industrie (Hafen- und Eisenbahnanlagen) zuführen. Die berechtigten Interessen der indigenen Bevölkerung wurden ignoriert. In einer Petition an den Reichstag36 versuchten die Duala, die Vertreibung aus ihren angestammten Siedlungsplätzen zu verhindern. Die meisten Einwände wurden zwar von der Verwaltung zurückgewiesen, doch war den Duala im Schutzvertrag von 1884, der die Grundlage für die deutsche Herrschaft in Kamerun bildete, ihr Besitz ausdrücklich garantiert worden. Die weitere Enteignung wurde vorübergehend ausgesetzt. Dem entgegen bemühten sich die führenden Vertreter der örtlichen Kolonialwirtschaft, organisiert im Verband der Kamerun- und Togopflanzungen, sowie der Verband der Kameruner Tabakpflanzer in Bremen um die Wiederaufnahme 24 des eingestellten Verfahrens.37 Die Lage eskalierte, als Rudolf Manga Bell und sein Sekretär Ngoso Din trotz der Intervention von Missionaren beider Konfessionen, wegen Hochverrats zum Tode verurteilt wurden, weil sie zur Durchsetzung ihrer Forderungen auch in England und Frankreich um Unterstützung geworben hatten. Belastend waren auch die Aussagen der einflußreichen prodeutschen Potentaten von Bamum und Bagam, die Manga Bell der Anstiftung zum offenen Aufruhr gegen die deutsche Herrschaft bezichtigten.38 Das Urteil, in der Hauptverhandlung von deutschen und afrikanischen Beisitzern einstimmig beschlossen, kam am 8. August 1914 bereits unter dem Eindruck des Kriegsausbruchs zur Vollstreckung.39 Eine Entscheidung, die nachträglich als schwere Fehlentscheidung empfunden wurde. So kommt auch der Historiker H. G. Steltzer zu dem Schluß: „Neben der Vernichtungsstrategie des Generals von Trotha [im Feldzug gegen die Herero in Deutsch-Südwestafrika 1904, d. Verf.] war die Hinrichtung Manga Bells der größte menschliche und politische Fehler, den das Deutsche Reich in seinen Schutzgebieten zu vertreten hatte.“40 Für das ohnehin zerrüttete Verhältnis zwischen den Duala bzw. ihren traditionellen Führern und der deutschen Verwaltung war das rigorose Vorgehen und der Vollzug des Urteils, wie auch die weitere Umsetzung des Enteignungsbeschlusses fatal. Die Duala galten ohnehin als „unzuverlässig“ und arbeiteten im Laufe der weiteren Ereignisse den Ententemächten in die Hände. Die Lage verschärfte sich, als schon kurz nach Ausbruch des Weltkrieges englische und französische Kriegsschiffe die Joss-Platte, das Verwaltungszentrum Dualas, unter Beschuß nahmen, wodurch sich das Gouvernement zum umgehenden Handeln veranlaßt sah. Ebermaier, der versuchte die aufgebrachten Duala zu beschwichtigen, berief die Stadt- und Dorfältesten, soweit sie nicht mit Manga Bell gefangengesetzt worden waren, zu einer Besprechung der Nachfolgefrage ein. Nach der Beschießung der Stadt durch ein englisches Kanonenboot am 11. September wurden die Bell-Duala endgültig zur Umsied- lung gezwungen.41 Viele Duala verließen die Stadt und die umliegenden Dörfer und flüchteten sich in den Busch, wo sie versuchten, die Bewohner des Hinterlandes für die Unterstützung der Briten zu gewinnen. Ebermaier, als Gouverneur formell Oberbefehlshaber der Truppen, leitete nach Ausbruch des Krieges die Mobilmachung ein und unterstellte die gesamte bewaffnete Macht des Schutzgebiets einschließlich der Polizeitruppe dem Kommando der Schutztruppe unter Major Carl Zimmermann.42 Nachdem Verhandlungen über die Neutralisierung der Schutzgebiete Togo und Kamerun gescheitert waren, erklärte der Gouverneur am 8. August den Kriegszustand. An die afrikanische Bevölkerung des Schutzgebiets erließ er am gleichen Tag einen Aufruf zur Loyalität. Obgleich zahlenmäßig unterlegen und alsbald von jeglichem Nachschub abgeschnitten, konnte die deutsche Schutztruppe einige Anfangserfolge erzielen: britische Einheiten wurden im Norden über die gemeinsame Grenze zurückgeworfen, bei Garua am 29./31. August 1914 ein Bataillon fast vollständig versprengt. Der Vormarsch der französischen Verbände erreichte vorläufig nur die Grenzregion Neu-Kameruns. Zum Schwerpunkt der Verteidigung entwickelten sich das Bezirksamt Jaunde östlich von Duala und das Hochland von Ngaundere in Süd-Adamawa. Mit zunehmendem Munitionsund Materialmangel infolge der Blockade der Küste gerieten die deutschen Einheiten dann aber deutlich ins Hintertreffen. Ebermaier und Zimmermann entschieden sich letztlich dazu, das Gros der weißen und farbigen Truppe auf neutrales spanisches Gebiet zu überführen, um Soldaten und Kriegsmaterial nicht in die Hände des Gegners fallen zu lassen. Am 31. Dezember 1915 verließen sie das Hauptquartier in Jaunde und marschierten an den feindlichen Linien vorbei nach Rio Muni (Spanisch-Äquatorialguinea). Mit der Kapitulation von Mora, dem letzten von der Schutztruppe gehaltenen Punkt, war am 18. Februar 1916 der Krieg in Kamerun beendet. Über Santa Isabel auf Fernando Póo wurden die meisten Deutschen zur Internierung nach Spanien verbracht. Ebermaier wurde Leiter der Interniertenverwaltung in Madrid. Trotz der anfänglich entgegenkommenden Haltung der spanischen Behörden wurde er dort mit zahlreichen Hindernissen konfrontiert. Erst nach Wochen erhielt er die Genehmigung, zur Abwicklung der Rechnungsangelegenheiten ein Gouvernementsbüro einzurichten. Spanien hatte den Ententemächten gegen Zusicherung freien Geleits für die Kamerundeutschen zugebilligt, daß nicht nur Militärangehörige, sondern auch Zivilsten, einschließlich Frauen und Kinder, als Internierte zu behandeln seien. Da sie so mangels Arbeitsmöglichkeit ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten konnten, kam es noch während des Krieges zu Entschädigungs- und Unterstützungsforderungen bei der provisorischen Verwaltung.43 Auf Fernando Póo befanden sich unter deutscher Führung noch rund 12.000 afrikanische Angehörige der Schutztruppe bzw. deren Familienmitglieder, die Kamerun mit der Schutzgebietsleitung verlassen hatten. Die Alliierten setzten der spanische Regierung mit der Drohung einer Blockade von Spanisch-Äquatorialafrika zu, für den Fall, daß die afrikanischen Flüchtlinge nicht nach Kamerun zurückgeführt und die restlichen Deutschen nach Spanien überstellt würden. Ebermaier wandte sich energisch gegen diese Bestrebungen – letztlich ohne Erfolg.44 Durch die Niederlage und den erzwungenen Verzicht des Reiches auf seine Kolonien zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte in Art. 119 des Versailler Vertrages war jede weitere Bemühung um das Schutzgebiet ohnehin vergebens. Wie Ebermaier vorausgesagt hatte, war das Schicksal Kameruns „an Maas und Mosel“ entschieden worden. Ende 1919 kehrte Ebermaier als Gouverneur a. D. nach Deutschland zurück. Er wurde Vorsitzender einer Spruchkammer, später Vertreter der Reichsinteressen beim Reichsentschädigungsamt. 1921 trat er in den einstweiligen Ruhestand, wurde 1926 wegen Tropendienstbeschädigung endgültig pensioniert und ließ sich in Freiburg im Breisgau nieder. Später zog sich nach Bernried in Oberbayern zurück und verbrachte dort seinen 25 Lebensabend. 1922, schon sechzig Jahre alt, heiratete er Helene Jung aus Neidenburg in Ostpreußen; die Ehe blieb kinderlos. In Bernried ist Karl Ebermaier am 21. August 1943 verstorben. Anmerkungen: 1 Verdienstvolle Ausnahmen bilden die Überblicksdarstellung von L[ewis] Gann und Peter Duignan: The Rulers of German Africa 18841914, Stanford/California 1977 und die Biographien der Kolonialstaatssekretäre Dernburg (Werner Schiefel: Bernhard Dernburg. 18651937. Kolonialpolitiker und Bankier im wilhelminischen Deutschland, Zürich 1974) und Solf (Peter J. Hempenstall, Paula Tanaka Mochida: The lost man: Wilhelm Solf in German history, Wiesbaden 2005). 2 Alfred Eberhard: Gymnasium zu Elberfeld. Bericht über das Schuljahr 1880-1881, Elberfeld 1881, S. 13. 3 Auskunft von Frau AOR Prof. Dr. Auerbach (Hess. StA Marburg) vom 6.9.1999. 4 UA Tübingen 5/32, fol. 115’. 5 Erich Bauer: Die Tübinger Rhenanen, o.O. [um 1936]. Das Studentenleben in all seinen Facetten scheint er ausgiebig genossen zu haben: Sein Tübinger Abgangszeugnis vermerkt unter dem 19. Januar 1882 eine vom Amtsgericht Elberfeld ausgesprochene Geldstrafe wegen Ruhestörung (UA Tübingen 40/48 Ntr 60). Die Matrikel der Tübinger Rhenanen vermerkt sieben Mensuren, „auf denen er dreimal unberührt auf sein gefürchtetes Dessin Hochquart-Tiefquart abstach.“ (Bauer a.a.O., S. 235). 6 Vgl. UA Tübingen 40/48, Nr. 60. 7 Das Deutsch-Ostafrika-Archiv. Inventar der Abteilung „German Records“ im Nationalarchiv der Vereinigten Republik Tansania, Dar-esSalaam, Band I, Marburg 1973, S. 137. 8 Karin Hausen (Deutsche Kolonialherrschaft in Afrika. Wirtschaftsinteressen und Kolonialverwaltung in Kamerun vor 1914, [Zürich/ Freiburg i. Br. 1970], S. 308), spricht von einer Rückkehr nach Deutschland „aus gesundheitlichen Gründen“, doch ist ein Zusammenhang mit dem Duell kaum anzuzweifeln. 9 Vgl. Leipziger Neueste Nachrichten 19.9.1900 u. Volkszeitung 20.9.1900. 10 Jesko v. Puttkamer: Gouverneursjahre in Kamerun, Berlin 1912, S. 250; [Theodor] Seitz: Die deutsche Verwaltung des Schutzgebietes 26 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Kamerun von 1884 bis 1914, in: Wilhelm Kemner: Kamerun dargestellt in kolonialpolitischer, historischer, verkehrstechnischer, rassenkundlicher und rohstoffwirtschaftlicher Hinsicht, Berlin-Grunewald 2[1941] Vgl. dazu u.a. Ebermaier an Kais. Gouvernement, Fontemdorf, 2.3.1904, BArch. Berlin R 1001/3352, Bl. 48 f. Vgl. u.a Schreiben Ebermaier an die Kolonialabteilung, Buëa, 10.10.1904, BArch. Berlin R 1001/3352, Bl. 155 ff. 1905 erhielt er den Charakter eines Geh. Regierungsrats [vgl. Deutsches Kolonialblatt 16 (1905), S. 5]. 1906 wurde er zum Wirkl. Legationsrat und Vortragenden Rat, später zum Ministerialdirgenten und Geh. Oberregierungsrat befördert. Die effektive Besetzung des Emirats Fombina (Adamaua) und der nördlich daran anschließenden Länder bis zum Tschadsee gehörte zu den Hauptforderungen bestimmter Kreise innerhalb der deutschen Koloniallobby und insbesondere der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG). Unter der Führung des Berliner Verlegers Ernst Vohsen hatte sich ein „Deutsches Niger-BenuëTsadsee-Komitee“ gebildet, dem einflußreiche Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft angehörten, und das sich vehement für die Okkupation und wirtschaftliche Inwertsetzung des Benuë- und Tschadseegebietes in Nordkamerun stark machte. Kurt Hassert: Deutschlands Kolonien. Erwerbungs- und Entwicklungsgeschichte, Landesund Volkskunde und wirtschaftliche Bedeutung unserer Schutzgebiete, Leipzig 1910, S. 140. Dazu u.a. Horst Gründer: Geschichte der deutschen Kolonien Paderborn u.a. 42000, S. 101. Dagegen W. Lochmüller: Das Marokkoabkommen und die wirtschaftliche Bedeutung der neuen deutschen Erwerbungen, in: Zeitschrift für Kolonialpolitik, Kolonialrecht und Kolonialwirtschaft 14 (1912), S. 180-191 u. den Artikel „Neu-Kamerun“ ebd., S. 630-632. Heinrich Schnee: Als letzter Gouverneur in Deutsch-Ostafrika. Erinnerungen, Heidelberg 1964, S. 109. Vgl. u.a. J. Hofmeister: Erlebnisse im Missionsdienst in Kamerun, Bd. 3, Cassel 1926, S. 57. BArch. Berlin R 1001/4231, Bl. 29-31. Hausen a.a.O., S. 109. Denkschrift über die Schaffung einer Provinzialbehörde in Kamerun, BArch. Berlin R 1001/4233, Bl. 164 ff. 22 Heinrich Mentzel: Die Kämpfe in Kamerun 1914-1916. Vorbereitung und Verlauf (= Schriften der Kriegsgeschichtlichen Abteilung im Historischen Seminar der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin Heft XII), Berlin 1936, S. 28f.; siehe auch Erich Student: Kameruns Kampf 1914/16, Berlin 1937, S. 21. 23 Zit. nach Mentzel a.a.O., S. 31. 24 Major Fabricius (stellv. Kommandeur) an Kommando der Schutztruppe im Reichskolonialamt, Soppo, 30.6.1913, BArch. Berlin R 1001/4445, Bl. 59. Auch völkerrechtliche Rücksichten spielten hier eine Rolle, da Duala im Kriegsfall bei der Verteidigung durch Artillerie nicht zur offenen Stadt erklärt werden konnte. 25 Zur Kautschuk-Krise, in: DKZ 30 (1913), S. 575 u. 707 f .; Hausen a.a.O., S. 261 ff. 26 Hermann Hesse: Der Handel in Südkamerun, in: Zeitschrift für Kolonialpolitik, Kolonialrecht und Kolonialwirtschaft 14 (1912), S. 946. Statt dessen entstand eine Trasse von Duala zum Njong (Mittellandbahn). 27 Hausen a.a.O., S. 271. 28 Hausen a.a.O., S. 286. 29 Gann/Duignan a.a.O., S. 35. 30 Heinrich Berger: Mission und Kolonialpolitik. Die katholische Mission in Kamerun während der deutschen Kolonialzeit, Immensee 1978, S. 287 f. 31 Hausen a.a.O., S. 308; Hansen war später – etwa in der Dualafrage – ein eifriger Kritiker von Ebermaiers Politik. – Vgl. auch die despektierlichen Bemerkungen bei Otto v. Proeck: Kreuz und quer durch Kamerun. Selbsterlebtes, München 1938, S. 76 (Proeck war Leutnant der Schutztruppe in Ngaundere und dort mit den Vorbereitungen zu Ebermaiers Adamaua-Reise befaßt). 32 Emil Zimmermann: Meine Kriegsfahrt von Kamerun zur Heimat, Berlin/Wien 1915, S. 136. 33 Ausführlich bei Andreas Eckert, Die Duala und die Kolonialmächte. Eine Untersuchung zu Widerstand, Protest und Protonationalismus in Kamerun vor dem Zweiten Weltkrieg (= Hamburger Studien zur Afrikanischen Geschichte Bd. 2), Hamburg 1991, S. 163; auch Adolf Rüger: Die Widerstandsbewegung des 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 Rudolf Manga Bell in Kamerun, in: Walter Markov (Hg.), Etudes Africaines/African Studies/Afrika-Studien, Leipzig 1967, S. 107128; Ralph A. Austen, Jonathan Derrick: Middlemen of the Cameroons Rivers. The Duala and their Hinterland c. 1600-c. 1960, Cambridge 1999, S. 128 f. Die deutschen Schutzgebiete in Afrika und der Südsee 1912/13. Amtliche Jahresberichte, hg. v. Reichskolonialamt, Berlin 1914, S. 72. 1913 lebten in der 795.000 km2 großen Kolonie nur 1871 Europäer. Vgl. Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des Reichstages 1912-14, Anlagen 301, S. 11141116. BArch. Berlin R 1001/4430, S. 8. u. 45. Ebd., 74. Vgl. auch J. Scholze: Am Kamerunberg 1914 (Masch.schr., BArch./MilitärA Freiburg N 38/25, S. 33-34), der Ebermaiers Entscheidung zur Bestätigung des Urteils ausdrücklich verteidigt. Das Manuskript entstand nach dem Ersten Weltkrieg unter dem Eindruck des Verlusts der Kolonien und der Rechtfertigung der deutschen Kolonialpolitik gegenüber den Anschuldigungen der Alliierten („Koloniale Schuldlüge“) und ist daher mit Vorsicht zu betrachten. Zur gleichen Thematik interessant auch der Bericht des Pflichtverteidigers Dr. Etscheit in der Deutschen Allgemeinen Zeitung vom 11.2.1928, zit. in: Der Kolonialdeutsche 8 (1928), S. 72 f. Hans-Georg Steltzer: Die Deutschen und ihr Kolonialreich, [Frankfurt am Main 1984], S. 311). Scholze a.a.O., S. 84. Mentzel a.a.O., S. 19. Anders als in DeutschOstafrika, wo es zu einer heftigen Kontroverse zwischen Gouverneur und Kommandeur um den Einsatz der Schutztruppe kam, war das Verhältnis zwischen Ebermaier und Zimmermann unverkrampft. Alle militärischen Entscheidungen wurden durch Zimmermann getroffen und von Ebermaier mitgetragen. BArch. Berlin R 1001/3977, S. 78. Einige mittellose Internierte wurden ohnehin durch das Gouvernement unterstützt. BArch. Berlin R 1001/3977, S. 104 u. 171. 27