judaica - WarsawTour

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WARSCHAU
JUDAICA
www.warsawtour.pl
In Warschau kann man, trotz der Katastrophen, die der jüdischen Gemeinschaft
während des Zweiten Weltkriegs widerfahren sind, noch immer die Atmosphäre
der jahrhundertelangen Nachbarschaft spüren, die auch das heutige Antlitz dieser
ungewöhnlichen Stadt prägt. Auf das Jahr 2013 fallen zwei
wichtige Ereignisse: die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des
Aufstands im Warschauer Ghetto und die polen- und weltweit
lang erwartete Eröffnung des Museums der Geschichte der
polnischen Juden (Muzeum Historii Żydów Polskich).
GESCHICHTE
D
ie ersten Informationen über die jüdische Bevölkerung in Warschau stammen aus dem 15.
Jahrhundert. Das polnische Land war damals für seine Toleranz bekannt und so zog es viele
Einwanderer dorthin. Die Juden siedelten sich zunächst in der Altstadt an, in der heute nicht mehr
existierenden „Jüdischen Straße” (Ulica Żydowska). Mit der Zeit hatte jedoch ihr wachsender Wohlstand zur Folge, dass die Warschauer Bürger die Einführung eines Verbots gegen die Niederlassung
der jüdischen Bevölkerung innerhalb der Stadtgrenzen forderten. Aus diesem Grunde begannen
die Juden, sich bei Warschau anzusiedeln – der Straßenname Aleje Jerozolimskie („Jerusalemer
Alleen“) erinnert an einer ihrer Siedlungen.
Aleje Jerozolimskie
Im Jahre 1774 wurde in der Gegend des heutigen Plac Zawiszy
eine jüdische Siedlung mit dem Namen Neu-Jerusalem (Nowa
Jerozolima) gegründet, zu der die sogenannte Jerusalemer
Straße (Droga Jerozolimska) führte. Die Warschauer Regierung,
die diese Siedlung als eine Handelskonkurrenz betrachtete, löste
sie bereits nach einem Jahr auf, aber der Name überdauerte
bis zum heutigen Tag. An ihr einstiges Bestehen erinnert auch
das Werk von Joanna Rajkowska („Grüße von den Jerusalemer
Alleen“) – eine künstliche Dattelpalme ähnlich denen, die man
in israelischen Städten sehen kann.
Fot. PZ Studio
Foto aus der Ausstellung
„Und immer noch sehe ich ihre Gesichter“ Fot. T. Nowak
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Foto aus der Ausstellung
„Und immer noch sehe ich ihre Gesichter“ Fot. T. Nowak
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D
ie Juden ließen sich auch im heutigen Stadtteil Praga nieder, der bis 1791 eine unabhängige
Stadt war. Der Hofbankier Szmul Zbytkower, nach dem der heutige Stadtteil Szmulki benannt
ist, erhielt die Erlaubnis, in Bródno einen jüdischen Friedhof anzulegen.
Spuren der jüdischen Präsenz in Praga sind auch die Überreste eines jüdischen Gebetshauses in
den Hinterhäusern der Gebäude an der Targowa-Straße 50/52.
Targowa-Straße 50/52
Ein Komplex dreier Mietshäuser, von denen eines das älteste aus Stein gemauerte Wohngebäude in Praga ist. Vor 1839 befand sich hier eine jüdische Grundschule und die Hinterhäuser
beherbergten drei jüdische Gebetshäuser, die nach dem Krieg zu Lagerhäusern umfunktioniert
wurden. In zweien davon blieben Fragmente von Malereien erhalten, welche die Sternzeichen,
eine Zeichnung der Klagemauer und Rachels Grab zeigen. An einer der Wände steht eine
Aufschrift in hebräischer Sprache, welche besagt, dass die Malereien im Jahr 1934 durch
eine Stiftung der Söhne Dawid Grinsztajns angefertigt wurden. Die restaurierten Innenräume
werden den Besuchern im Rahmen der Eröffnung des Museums
des Warschauer Praga
zugänglich gemacht.
Kommentar zum Talmud, Museum des Warschauer Praga
Fot. J. Jagielski
Targowa-Straße, 1909, Postkarte, Historisches Museum der Hauptstadt Warschau
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P
raga hatte auch eine eigene Synagoge. Das Gebäude wurde nach dem Krieg abgerissen, nur
das daneben befindliche rituelle Tauchbad – die Mikwe – blieb erhalten.
Fot. Stiftung „Centrum Europy“
Mikwe
ul. ks. Kłopotowskiego 31 (früher ul. Szeroka)
Schon im 19. Jahrhundert gab es hier ein jüdisches Tauchbad, aber das heutige Gebäude
stammt aus den Jahren 1911-1914. Nach dem Krieg wurde es umgebaut und beherbergte
zunächst das Büro des Jüdischen Zentralkomitees und später einen Kindergarten. Der Großteil
der Räumlichkeiten des damaligen Tauchbads blieb erhalten.
N
ach der 3. Teilung Polens hoben die preußischen Herrscher das Ansiedelungsverbot für Juden in
Warschau auf. Auch gab man der jüdischen Bevölkerung Namen. Verantwortlich für das Ersinnen
dieser Namen war E.T.A. Hoffmann – deutscher Dichter, Komponist und Schriftsteller (Autor der
berühmten Erzählung „Nussknacker und Mäusekönig”) – der als Stadtbeamter arbeitete. Angeblich
kam er wegen seiner Neigung, sich über Vorgesetzte lustig zu machen, nach Warschau, und es
wird allgemein angenommen, dass auch diesmal seine undemütige Natur zu Tage trat. Die von ihm
erdachten Namen hatten häufig eine humoristische Aussage. Arme Juden nannte er zum Beispiel
Goldberg oder Goldstein, oder er verlieh eine Reihe „pflanzlicher” Namen – wie Apfelbaum oder
Rosenbaum. Die damals in Warschau vergebenen Namen verbreiteten sich in der ganzen Welt.
5
M
it der Wende des 18. und 19. Jahrhunderts kamen auch die Gründung der jüdischen Gemeinde
zu Warschau und die Anlegung des Jüdischen Friedhofs an der Okopowa-Straße.
Fot. T. Nowak
Der im Jahre 1806 gegründete Friedhof ist einer der heute nur noch wenig zahlreichen
betriebenen jüdischen Friedhöfe in Polen. Es blieben hier über 100.000 Grabmäler erhalten,
von denen viele einen hohen künstlerischen Wert besitzen. Auf dem Friedhof wurden viele
hervorragende Persönlichkeiten beigesetzt – Ludwik Zamenhof, der Schöpfer des Esperanto, der
Schriftsteller Jizchok Leib Perez, die Schauspielerin Ester Rachel Kamińska sowie
viele Rabbiner und Zaddiks. Es gibt hier auch Sammelgräber aus der Zeit des
Zweiten Weltkriegs und Gräber von Bewohnern des Warschauer Ghettos, u.a.
von Adam Czerniaków, dem Vorsitzenden des Judenrats, und Professor
Majer Balaban. Im Jahr 2009 wurde hier Marek Edelmann, der
letzte Kommandeur des Aufstands im Warschauer Ghetto und
außerdem ein hervorragender Kardiologe, Sozialaktivist und
Oppositionist, begraben.
Öffnungszeiten:
Mo. – Do. 10.00–17.00 Uhr (in den Herbst- und Wintermonaten bis
zur Dämmerung), Fr. 9.00–13.00 Uhr, So. 9.00–16.00 Uhr.
Fot. T. Nowak
Jüdischer Friedhof
ul. Okopowa 49/51, Tel. 22 838 26 22, www.beisolam.jewish.org.pl
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A
ls sich Warschau nach 1815 wieder unter russischer Herrschaft befand, wurde die Siedlungsfreiheit erneut eingeschränkt. Die Juden sammelten sich in einem Stadtteil, dessen
wichtigster Ort die Nalewki-Straße war. Das noch erhaltene Fragment dieser Straße wurde
nach dem Krieg in Bohaterów Getta-Straße („Straße der Helden des Ghettos“) umbenannt.
Foto aus der Sammlung von Paweł Stala
Bohaterów Getta-Straße („Straße der Helden des Ghettos”) – frühere Nalewki-Straße
Eine der einst wichtigsten Straßen des jüdischen Warschaus, die nach einem heute nicht mehr
existierenden Flüsschen – der Nalewka – benannt war. Ihre gesamte Bebauung, abgesehen vom
Gebäude des Arsenals, wurde zerstört, während die Straßenbahngleise aus der Vorkriegszeit
und das historische Pflaster jedoch erhalten blieben. Den Namen Nalewka trägt heute eine
kleine Siedlungsstraße in Muranów, ihr Verlauf hat jedoch mit der Vorkriegsstraße desselben
Namens nichts gemeinsam.
Arsenał
Fot. T. Nowak
Bohaterów Getta-Straße
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In
Große Synagoge
Sie wurde in den Jahren 1875–1878 erbaut und wurde zum Symbol
des jüdischen Warschaus. Hier fanden feierliche Gottesdienste aus
Anlass staatlicher Feiertage statt, hier sangen Kantore von Weltruhm.
Während des Kriegs befand sie sich zunächst im Gebiet des Ghettos,
wurde dann jedoch im März 1942 einschließlich der benachbarten
Bibliothek (heute der Sitz des Jüdischen Historischen Instituts) aus
dem Ghetto ausgegrenzt und bis zum Ausbruch des Aufstands
im Ghetto als Möbellager benutzt. Nach fast einem Monat der
Kämpfe beschloss der für die Unterdrückung des Widerstands
im Ghetto verantwortliche Gen. Jürgen Stroop, die Synagoge als
Symbol für seinen Sieg zu zerstören. So wurde das Gebäude am
16. Mai 1943 um 20.15 Uhr in die Luft gesprengt und das Datum
steht nun symbolisch für das Ende des Aufstands im Ghetto.
Die Große Synagoge existiert nicht mehr – heute befindet sich
an ihrer Stelle der Blaue Wolkenkratzer.
Fot. W. Hansen
Fot. Jüdisches Historisches Institut
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts blühte in Warschau das gesellschaftliche
jüdische Leben. Im Zentrum der Stadt entstand eine repräsentable jüdische
Synagoge – die Große Synagoge in der Tłomackie-Straße.
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E
in Teil der damals von der jüdischen Gemeinschaft gegründeten Institutionen besteht, in
etwas geänderter Form, noch heute, wie zum Beispiel das damalige Berson-BaumanKinderkrankenhaus, heute das „Krankenhaus der Kinder von Warschau“.
Fot. T. Nowak
Damaliges Berson-Bauman-Kinderkrankenhaus
heute Krankenhaus der Kinder von Warschau
Sienna-Straße 60 / Śliska-Straße 55
Das Krankenhaus wurde in den Jahren 1876–1878 mit Geldern von Majer Berson und seiner
Tochter Paulina Bauman für jüdische Kinder erbaut. Vor dem Ersten Weltkrieg arbeitete und wohnte
hier Janusz Korczak. Am 10. August 1942 wurden Kinder und Personal in das Schulgebäude
an der Ecke der Żelazna-Straße und Leszno-Straße im „großen” Ghetto umgesiedelt und von
dort zum Umschlagplatz gebracht. Heute befindet sich an der Sienna-Straße ein Kinderkrankenhaus für Infektionskrankheiten. Auf der Seite der Śliska-Straße 55 hängt eine Gedenktafel für
Dr. Anna Braude-Heller, eine Direktorin des hiesigen Krankenhauses, die gemeinsam mit kranken
Kindern während des Aufstands im Ghetto im Mai 1943 in einem Bunker ermordet wurde.
In
Warschau wohnten viele jüdische Künstler, Wissenschaftler und Denker, darunter Ludwik
Zamenhof, der Schöpfer der Sprache Esperanto. Die universelle Plansprache sollte Krieg als
Folge von Missverständnissen zwischen Benutzern verschiedener Sprachen eliminieren. Hier schufen
auch hervorragende Literaten, wie Isaac Bashevis Singer. Der spätere Nobelpreisträger wohnte an
der Krochmalna-Straße, die er in seinen Werken häufig beschrieb.
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E
ine weitere mit Warschau verbundene wichtige Gestalt war Dr. Janusz Korczak, ein Arzt, Erzieher
und Schriftsteller, und Autor einer innovativen Methode der Kinderpädagogie. Der „Alte Doktor“,
wie ihn seine Zöglinge nannten, führte in Wola das Janusz-Korczak-Waisenhaus.
Janusz-Korczak-Waisenhaus
(frühere Adresse Krochmalna-Straße 92 heute Jaktorowska-Straße 6
Im Jahr 1912 gründete hier die Gesellschaft „Hilfe für Waisen” ein Heim für jüdische Waisenkinder, das von Anfang an von Doktor Janusz Korczak (eigentlich Henryk Goldszmit) geleitet
wurde. Nach der Einrichtung des Ghettos wurde das Waisenhaus in die Chłodna-Straße 33 und
später die Śliska-Straße 9 (heute im Bereich des Świętokrzyski-Parks) umgesiedelt. Von dort aus
wurden Anfang August 1942 die Kinder zusammen mit ihren Betreuern zum Umschlagplatz
getrieben und zum Vernichtungslager Treblinka abtransportiert. Im Hof des Waisenhauses
steht ein Monument zum Gedenken an J. Korczak und im Świętokrzyski-Park steht ein weiteres
Denkmal des Alten Doktors mit Kindern.
Janusz-Korczak-Waisenhaus. Fot. T. Nowak
Janusz-Korczak-Denkmal – Jüdischer Friedhof .
Fot. T. Nowak
Janusz-Korczak-Denkmal – Park Świętokrzyski.
Fot. W. Panów (PZ Studio)
10
W
egen der wachsenden Anzahl jüdischer Schüler entstand zu Anfang des 20. Jahrhunderts in
Praga ein modernes Schulgebäude – das Michał-Bergson-Erziehungshaus der Jüdischen
Gemeinde von Warschau.
Michał-Bergson-Erziehungshaus der Jüdischen
Gemeinde von Warschau
Jagiellońska-Straße 28
Durch sein spektakuläres Äußeres knüpft das
Gebäude an die Architektur der polnischen
Synagogen der Renaissance an. An der Fassade
blieb eine Gedenkaufschrift erhalten, die darüber
informiert, dass das Gebäude in den Jahren 19111914 erbaut wurde. Es beherbergte eine Schule,
ein Kinderheim und einen Hort für jüdische Kinder.
1940 wurden alle Zöglinge ins Warschauer Ghetto
umgesiedelt. Seit 1953 befindet sich in dem
Saal, der vor dem Krieg als Gebetssaal diente,
das Puppentheater „Baj”, die anderen Räume
werden nun als Kindergarten, Arztpraxen und
Privatwohnungen genutzt.
Fot. J. Jagielski
M
Fot. T. Nowak
it der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens erhielten die Juden die Gleichberechtigung.
Ein bedeutender Prozentsatz der akademischen Gemeinschaft Warschaus waren jüdische Studenten. An der Warschauer Universität studierte Menachem Begin, einer der Anführer der zionistischen
Bewegung, die die Gründung eines jüdischen Staates in Palästina forderte. Während seines Studiums
wohnte der zukünftige israelische Ministerpräsident und Friedennobelpreisträger in
einem Studentenwohnheim an der
Sierakowskiego-Straße.
Jüdisches Studentenwohnheim
Sierakowskiego-Straße 7
Das Gebäude wurde 1926 gebaut und war eine für
damalige Zeiten ausgesprochen moderne Einrichtung mit
Unterbringungen für rund 300 jüdische Studenten. Außer
den Zimmern gab es einen Albert-Einstein-Vortragssaal,
einen Lesesaal und eine Krankenstation. Heute befindet
sich hier ein Polizistenwohnheim
11
In
den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts stellte die jüdische Bevölkerung rund 30% der Bevölkerung der Stadt und nahm aktiv am
Leben der Stadt teil. Viele Warschauer Gebäude wurden von Architekten
jüdischer Herkunft entworfen, darunter Edward Eber, der unter anderem
das luxuriöse Kino Palladium an der Złota-Straße 7/9 (heute ein Klub
und Theater) und die Zentrale Judaistische Bibliothek – heute der Sitz
des Jüdischen Historischen Instituts – entwarf.
Foto aus der Ausstellung
„Und immer noch sehe ich ihre Gesichter“ Fot. T. Nowak
Fot. T. Nowak
Fot. PZ Studio
Jüdisches Historisches Institut mit dem Ringelblum-Archiv
ul. Tłomackie 3/5, Tel. 22 827 92 21, www.jhi.pl
Das Gebäude entstand in den Jahren 1928-1936 in der Nähe der Großen Synagoge an der
Tłomacki-Straße. Es beherbergte die Zentrale Judaistische Bibliothek und das Institut Judaistischer
Wissenschaften, an dem so große Gelehrte wie Majer Balaban, Moses Schorr und Ignacy Schiper
Vorlesungen hielten. Während des Krieges befand sich das Gebäude im Gebiet des Ghettos
und beherbergte die Büros der Jüdischen Selbsthilfe. Hier arbeitete Emanuel Ringelblum, der
ein Untergrund-Archiv des Ghettos anlegte. 1947, nach seinem Wiederaufbau, wurde das
Gebäude zum Sitz des Jüdischen Historischen Instituts. Die üppigen Sammlungen des Instituts
sind in zwei Permanentausstellungen zu besichtigen. Die Ausstellung „Das Warschauer Ghetto
1940–43” präsentiert unter anderem das Untergrund-Archiv Ringelblums, welches in das
Weltdokumenterbe der UNESCO aufgenommen wurde, während die Ausstellung „Judaika”
künstlerische Werke polnischer Juden zeigt.
Öffnungszeiten:
Mo.–Fr. 11:00–18:00 Uhr (Einlass bis 17:00 Uhr), So. 10:00-18:00 Uhr (Einlass bis 17:00 Uhr),
Eintritt 10 PLN, mit Ermäßigung 5 PLN
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Es
erschienen viele jüdische Zeitungen in jiddischer, polnischer und hebräischer Sprache. Sehr
aktiv waren auch die Maler, wie Roman Kramsztyk, dessen Werke im Nationalmuseum
zu sehen sind, und die Bildhauer – darunter Henryk Kuna, dessen Skulptur („Rhythmus”) den
Skaryszewski-Park ziert. Es wurden Filme in polnischer und jiddischer Sprache gedreht und viele
Regisseure waren jüdischer Herkunft. Aus Warschau stammte Samuel Goldwyn, der Mitbegründer
der Hollywood-Filmproduktionsgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer und eine Abteilung der Firma
befand sich an der Marszałkowska-Straße. Kompositoren und Textschreiber jüdischen Ursprungs
schufen gemeinsam Unterhaltungsmusik, darunter
bis heute ausgesprochen beliebte Lieder. Zu den
beliebtesten Künstlern gehörten u.a. Artur Gold,
Henryk Wars, Władysław Szlengel und Władysław
Szpilman, dessen Erinnerungen an die Besatzungszeit
durch den Film „Der Pianist“ von Roman Polanski
berühmt wurden. Die damaligen Hits kann man sich
an der Floriańska -Straße in einer ungewöhnlichen
Interpretation anhören – es spielt sie für uns… das
Denkmal der Pragaer Straßenkapelle.
Fot. I. Gmyrek
Denkmal der Pragaer Straßenkapelle
Kłopotowskiego-Straße, an der Kreuzung mit der Floriańska-Straße
Das Denkmal zeigt eine traditionelle Straßenkapelle, bestehend aus
einem Violinisten, einem Akkordeonisten, einem Gitarrenspieler,
einem Banjospieler und einem Trommler. Um ein Lied der
Straßenkapelle zu hören, schickt man einfach ein SMS
mit dem Inhalt „KAPELA” und der Nummer des Lieds
(aus einer Auswahl von 100 Liedertiteln) an die
Nummer 7141. Das Liederverzeichnis steht an der
Trommel. Unter den Liedern sind viele, die unter
Mitwirkung jüdischer Künstler entstanden. Das
Lied „Chodź na Pragę” („Komm nach Praga” – Nr.
2 auf der Liste) gilt als die inoffizielle Hymne des
Warschauer Praga. Es wurde von Artur Gold
komponiert. Die Texte der Lieder Nr. 6 und 7
schrieb der Dichter Władysław Szlengel. Nicht
alle Lieder stammen aus der Vorkriegszeit – die
Lieder Nummer 90 bis 93 komponierte Władysław
Szpilman nach Kriegsende.
Fot. I. Gmyrek
Besichtigungsrouten
ROUTE 1 – ca. 3 km – 45–60 Min. Anfang: U-Bahn Station „Ratusz-Arsenał“
Jüdisches Historisches Institut mit dem Ringelblum-Archiv – S. 11
2 Große Synagoge (sie existiert nicht mehr – heute befindet sich an ihrer Stelle der Blaue
Wolkenkratzer) – S. 7
3 Bohaterów Getta-Straße („Straße der Helden des Ghettos”) – frühere Nalewki-Straße – S. 6
4 Museum der Geschichte der Polnischen Juden – S. 26
5 Denkmal der Helden des Ghettos – S. 22
6 Gedenkweg des jüdischen Kampfes und Märtyrertums 1940–1943 – S. 19
7 Miła-Straße Ecke S.-Dubois-Straße – S. 21
8 Umschlagplatz – S. 20
9 Gęsiówka – Tafel an der M.- Anielewicza-Straße 34 – S. 23
Jüdischer Friedhof an der Okopowa-Straße – S. 5
in der Nähe:
Denkmal des Gemeinsamen Martyriums der Juden und Polen – S. 22
Janusz-Korczak-Waisenhaus – S. 9
ek
ROUTE 2 – ca. 4 km – 60–75 Min. Anfang: U-Bahn Station „Świętokrzyska”
Próżna-Straße – S. 26
Jüdisches Ester Rachel Kamińska- und Ida Kamińska-Theater – S. 25
Nożyk-Synagoge – S. 24
Twarda-Straße 6 – Weißes Gebäude – S. 24
Chłodna-Straße 20 – S. 20
Kerets Haus – S. 27
Chłodna-Straße 22 – Stelle, wo sich die Brücke befand – S. 19
Waliców-Straße – S. 17
Damaliges Berson-Bauman-Kinderkrankenhaus, heute Krankenhaus der Kinder
von Warschau – S. 8
Fragment der Ghettomauer an der Sienna-Straße 55 – S. 18
in der Nähe:
Prosta-Straße 51 – S. 21
Aleje Jerozolimskie (Jerusalemer Alleen) – S. 2
8
7
6
4
5
3
9
2 1
route 3 – ca. 1,5 km – 20–30 Min. Anfang: Weteranów 1863 roku Platz (Haltestelle „Park Praski”)
Damaliges Jüdisches Studentenwohnheim – S. 10
Denkmal der Pragaer Straßenkapelle – S. 12
Damaliges Michał-Bergson-Erziehungshaus der Jüdischen Gemeinde
von Warschau – S. 10
Mikwe – S. 4
Targowa-Straße 50/52 – S. 3
in der Nähe:
Villa des Zoodirektors – S. 23
Die hier vorgeschlagenen Routen umfassen nicht die gesamte Liste aller Orte, an denen
man jüdische Kultur antreffen kann.
Die jahrhundertelange Anwesenheit
der jüdischen Bevölkerung hatte einen
enormen Einfluss auf viele Lebensbereiche. Das beste Beispiel dafür ist die
Kunst. Jüdische Motive haben viele
– und nicht nur jüdische – Künstler
inspiriert, darunter Aleksander Gierymski,
der Szenen des Lebens im Warschau
des 19. Jahrhunderts malte, u.a. die
hervorragenden Gemälde „Das Fest
der Trompeten“, welches das jüdische
Neujahrsfest Rosch ha-Schana darstellt,
und das kürzlich wiedergefundene Bild
„Die Jüdin mit den Orangen“.
Diese und andere Gemälde kann man
im Nationalmuseum in Warschau
besichtigen.
Aleksander Gierymski, Die Jüdin mit den Orangen, ca. 1881,
Nationalmuseum in Warschau
17
DER
KRIEG
D
J. B. Deczkowski, Museum des Warschauer Aufstands
Waliców-Straße
Ein Teil der Wand des Gebäudes mit der Nummer 11, auf
der westlichen Seite der Straße, gehörte zur Ghettomauer,
wie eine hier angebrachte Tafel mitteilt. Während des
Kriegs wohnte im Hinterhaus der Waliców-Straße 14
Władysław Szlengel, der in seinen Versen die Tragödien
der polnischen Bevölkerung beschrieb. Der Dichter kam
während des Aufstands im Ghetto ums Leben.
Fot. T. Nowak
er Ausbruch des Zweiten Weltkriegs
bedeutete für die Warschauer Juden
das Ende der Welt, wie sie sie kannten.
Die Besatzungsmächte befahlen ihnen,
Judensterne zu tragen und wiesen ihnen ein
Gebiet an, in dem sie wohnen konnten. Im
Oktober 1940 gründeten die Deutschen ein
Ghetto, in dem sie 350.000 als Juden geltende
Personen hinter Mauern einschlossen. Eines
der erhaltenen Fragmente der Mauern
befindet sich an der Waliców-Straße.
18
D
ie Grenze des Ghettos durchschnitt häufig Straßen und Plätze und selbst Innenhöfe – wie
zum Beispiel im Fall des Fragments der Ghettomauer an der Sienna-Straße 55.
Fot. T. Nowak
Fragment der Ghettomauer an der Sienna-Straße 55
(Eingang von der ul. Złota 62)
Einer der erhalten gebliebenen Mauerabschnitte befindet sich in einem Innenhof
zwischen der Sienna-Straße und der Złota-Straße.
An anderen Stellen, wo die
Grenze des Ghettos verlief,
wurden zum Gedenken gusseiserne Platten in die Bürgersteige eingelassen und an 22
ausgewählten Punkten stehen
spezielle Tafeln mit Karten, Fotos
und Erklärungen in polnischer
und englischer Sprache.
Fot. I. Gmyrek
Fot. T. Nowak
19
D
ie im Ghetto zusammengepferchten Juden wurden dezimiert durch Krankheiten, Hunger und die
wachsenden Repressionen seitens der Nazis. An diese Ereignisse erinnert der
Gedenkweg des jüdischen Kampfes und Märtyrertums 1940–1943.
Gedenkweg des jüdischen Kampfes und Märtyrertums 1940–1943
Der Weg führt vom Umschlagplatz zum Denkmal der Helden des
Ghettos. Er besteht aus schwarzen Steinblöcken mit den Namen von
mit dem Ghetto verbundenen Personen.
In
das Ghetto kamen auch Juden aus anderen Städten Polens und Europas. Das Gebiet des
Ghettos wurde ständig verkleinert und Anfang 1942 in ein sogenanntes „großes” und ein
„kleines” Ghetto unterteilt. Die beiden Teile waren nur durch eine Brücke über der ChłodnaStraße miteinander verbunden.
Chłodna-Straße 22 – Stelle, wo sich die Brücke befand
Auf der Höhe dieses Hauses wurde Anfang 1942 eine Holzbrücke für die Juden gebaut, um
vom „kleinen” ins „große” Ghetto zu gelangen. Unter der Brücke verlief die Chłodna-Straße,
die wegen ihrer verkehrstechnischen Bedeutung nicht zum Ghetto gehörte. Heute erinnert hier
eine besondere künstlerische Anlage – die „Brücke der Erinnerung” – mit Hilfe multimedialer
Mittel an diese tragischen Ereignisse.
Fot. Jüdisches Historisches Institut
20
Am
22. Juli 1942 begannen die Deutschen mit der Massendeportation der Juden in die Todeslager.
Als er davon erfuhr, beging Adam Czerniaków, der Vorsitzende des Judenrats, der bis zu
seinem Tod in dem bis heute existierenden Haus an der Chłodna-Straße 20 wohnte, Selbstmord.
Chłodna-Straße 20
Ab Herbst 1941 war die gesamte ChłodnaStraße aus dem Ghetto ausgegrenzt,
aber die Häuser auf ihrer nördlichen
und südlichen Seite von der Elektoralna
-Straßebis zur Żelazna-Straße gehörten
zum „kleinen” und „großen” Ghetto.
Das erhalten gebliebene Gebäude, in
dem Adam Czerniaków, der Vorsitzende
des Judenrats, wohnte, nennt man das
„Haus mit der Uhr“.
Fot. SBT
V
on Mitte Juli bis Mitte September 1942 wurden die meisten Ghettobewohner in Todeslager
deportiert. Zu diesem Zweck benutzte man die Nebengleise an der Stawki-Straße, die die
Deutschen euphemistisch als Umschlagplatz bezeichneten.
Umschlagplatz, Stawki-Straße 10
Von diesem Platz fuhren ab dem
22. Juli 1942 die Judentransporte
zum Vernichtungslager Treblinka
ab. Daran erinnert ein Denkmal,
in dessen Wand 448 Vornamen
von Abel bis Żanna als Symbol
für die Tausende im Warschauer
Ghetto gefangen gehaltenen Juden
eingehauen sind. Daneben steht
ein Vers aus dem Buch von Hiob
16:18 „Verdecke nicht mein Blut,
o Erde, und ohne Ruhestatt sei
mein Hilferuf”.
Fot. J. Bielewicz
21
N
ach der Deportierung blieben im Ghetto einige Zehntausende Menschen zurück, von denen sich
ein Teil versteckte. Man beschloss, den Kampf aufzunehmen. Der Aufstand im Ghetto brach
am 19. April 1943 aus. Die jüdischen Kämpfer waren weder entsprechend ausgerüstet noch im
Kämpfen geschult, dennoch hielten sie lange Widerstand. Der Ausgang des Gefechts war jedoch
vorprogrammiert. Am 8. Mai 1943 entdeckten und umzingelten die Deutschen den Stab der Jüdischen Kampforganisation, deren Mitglieder im Bunker an der Miła-Straße Selbstmord begingen.
Miła-Straße Ecke S.-Dubois-Straße
– an der Stelle des Hauses Miła-Straße 18
Im Keller eines einst hier stehenden Hauses war der
Bunker des Stabs der Jüdischen Kampforganisation.
Hier versteckten sich über 100 Personen. Als der
Bunker von deutschen Abteilungen entdeckt wurde,
begingen die meisten der Aufständischen, die sich dort
aufhielten, mit Mordechaj Anielewicz, einem Anführer
des Aufstands, an der Spitze, Selbstmord. Nach dem
Krieg, im Jahre 1946, wurde auf den Ruinen des Hauses
ein Grabhügel aufgeschüttet und ein Stein mit einer
Aufschrift in polnische, jiddischer und hebräischer
Sprache aufgestellt.
Fot. T. Nowak
T
rotz allem gelang es einem Teil der Aufständischen, aus dem Ghetto zu fliehen – mehrere
Dutzend entkamen durch die Kanalisation. Einer
der Einstiegsschächte wurde vor kurzer Zeit zu
Erinnerung daran mit einem Denkmal versehen. Es
befindet sich in der Prosta-Straße 51.
Prosta-Straße 51
In dieser Straße befindet sich ein Einstiegsschacht,
durch den im Mai 1943 mehrere Dutzend Aufständische, darunter Marek Edelman – einer
der Anführer des Aufstands – aus dem Ghetto
entkamen. Neben dem Schacht steht nun ein
symbolisches Denkmal in Form eines Rohres, das
an einen Kanaleinstieg erinnert.
Fot. T. Nowak
22
A
ls symbolische Geste, die die Unterdrückung des Aufstands markieren sollte, wurde am 16. Mai
1943 die Große Synagoge an der Tłomackie-Straße in die Luft gesprengt. An den heldenhaften
Widerstand der Juden gegen die Nazis erinnert heute das Denkmal der Helden des Ghettos.
Fot. T. Nowak
Denkmal der Helden des Ghettos
Das Denkmal wurde aus Anlass des fünften Jahrestags des
Ausbruchs des Aufstands auf den Ruinen des Ghettos enthüllt.
Die Flachreliefs sind Werke von Natan Rappaport. Die Skulptur
„Kampf” auf der Westseite des Denkmals zeigt Männer, Frauen
und Kinder mit Granaten, Pistolen und Flaschen mit Benzin
in den Händen. Diese Seite des Denkmals symbolisiert die
heldenhafte Auflehnung der Aufständischen. Die andere Seite
hingegen heißt „Zug in die Vernichtung” und stellt das Leiden
und Märtyrertum der unschuldigen Opfer dar. Kopien dieser
Flachreliefs sind auch im Yad Vashem-Institut in Jerusalem, das
sich mit der Erforschung des Holocaust beschäftigt, ausgestellt.
Das Warschauer Denkmal ist mit Steinplatten verkleidet, die
die Deutschen während des Kriegs als Material für geplante
Denkmäler zur Erinnerung an Hitlers Sieg aus Schweden
bestellt hatten. Der Platz gegenüber dem Denkmal ist nach
dem deutschen Kanzler Willy Brand benannt, der im Jahre
1970 zu Füßen des Denkmals einen Kniefall machte, welcher
als Bitte um Verzeihung für die deutschen Verbrechen an der
jüdischen Nation verstanden wurde.
N
ach Ende des Aufstands wurde fast das gesamte Ghetto dem Erdboden gleichgemacht und das
Betreten des Geländes wurde mit dem Tode bestraft. Aus den Ruinen ragte lediglich der Turm
der St. Augustinkirche hervor, die zu einem Lager umfunktioniert wurde. Die Deutschen führten
hier heimliche Exekutionen durch, woran das an der Gibalskiego-Straße befindliche Denkmal des
Gemeinsamen Martyriums der Juden und Polen erinnert.
Denkmal des Gemeinsamen Martyriums der Juden und Polen
Gibalskiego-Straße 21
Das 1989 errichtete Denkmal erinnert an die Massengräber der während des Zweiten Weltkriegs
ermordeten Polen und Juden.
Fot. T. Nowak
Im
verlassenen Ghetto stationierten
die Deutschen und die
noch lebenden Juden
mussten für sie Zwangsarbeiten tun. Ein Teil von
ihnen wurde während
des Warschauer Aufstands befreit, als am 5.
August 1944 polnische
Truppen das Konzentrationslager „Gęsiówka” eroberten.
Konzentrationslager „Gęsiówka”
– Tafel an der M. Anielewicza-Straße 34 (früher ul. Gęsia)
Im August 1943 wurde in den Ruinen des Ghettos das Konzentrationslager Warschau, also das nach dem Straßennamen
Gęsia-Straße „Gęsiówka“ genannte Konzentrationslager
gegründet. In seinen Baracken wurden rund 5000 Juden aus Griechenland, Frankreich und
Ungarn untergebracht, die aus Auschwitz hierher gebracht wurden. Sie arbeiteten im ehemaligen Ghetto, rissen die verbrannten Häuser ab, sortierten Ziegel und Buntmetalle. Am 29. Juli
1944 wurde das Lager evakuiert. Es blieben nur 348 Gefangene, die während dem Warschauer
Aufstand von den Soldaten des Bataillons „Zośka” befreit wurden. Viele von ihnen traten den
Truppen der Polnischen Heimatarmee bei und nahmen am Warschauer Aufstand teil. Daran
erinnert eine Granittafel an dem heute hier stehenden Wohnblock.
M
angels Unterstützung endete der Warschauer Aufstand mit einer Kapitulation am 2. Oktober
1944. Die zerstörte und verlassene Stadt wurde am 17. Januar 1945 von der Roten Armee
besetzt. Nur wenigen Juden gelang es, den Krieg zu überleben und die Geretteten verdankten ihr
Leben der Hilfe und großen Hingabe ihrer nicht-jüdischen Nachbarn, die damit ihr eigenes Leben
aufs Spiel setzten. Einer der Orte, an dem mehrere Dutzende Personen Zuflucht fanden, war die
Villa des Zoodirektors.
Villa des Zoodirektors
ul. Ratuszowa 1/3, Tel. 22 619 40 41
www.zoo.waw.pl
In der modernistischen Villa im zoologischen Garten
versteckten der Zoodirektor Jan Żabiński und seine
Frau Janina während der Besatzung Juden. 1965
erhielten die Eheleute den Ehrentitel der Gerechten
unter den Völkern.
Fot. Zoologischer Garten der Stadt Warschau
Fot. Museum des Warschauer Aufstands
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GEGENWART
B
is 1989 lag der Schatten der kommunistischen Regierung über den polnischen-jüdischen Beziehungen. Infolge der antisemitischen Hetze von 1968 verließen rund 15.000 Menschen jüdischer
Abstammung Polen. Im souveränen Polen ist Warschau nun erneut ein Zentrum des jüdischen
Lebens, welches sich auf die Umgebung des Grzybowski-Platzes konzentriert. Hier befindet sich
die einzige aus der Vorkriegszeit datierende Synagoge – die Nożyk-Synagoge.
Nożyk-Synagoge
ul. Twarda 6,
Tel. 502 400 849,
22 620 43 24
www.warszawa.jewish.org.pl
Besichtigungszeiten:
Mo.– Fr. 9-20 Uhr, So. 11–20
Uhr, Eintritt 6 PLN.
Das neuromanische Gebäude
wurde in den Jahren 18981902 durch die Initiative von
Zalman und Ryfka Nożyk erbaut.
Während des Krieges benutzen
die Deutschen sie als Pferdestall.
Trotz ihrer Beschädigungen
nahm sie kurz nach dem Krieg
ihre ursprüngliche Funktion
wieder auf.
In
der Synagoge finden außer
Gottesdiensten auch diverse
kulturelle Veranstaltungen, wie
Konzerte, Ausstellungen und
Fot. T. Nowak
Zusammenkünfte teil. In ihrer
Nachbarschaft befindet sich der Sitz der jüdischen Gemeinde, in einem Gebäude, welches vor dem
Krieg unter anderem die Ambulanz der Gemeinde beherbergte. Wegen der jetzigen Farbe seiner
Fassade nennt man es das Weiße Gebäude – Twarda-Straße 6.
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Twarda-Straße 6
In der Zwischenkriegszeit waren in diesem Gebäude viele jüdische Institutionen
untergebracht. In seinem Inneren blieben Andenken an die nicht mehr bestehende
Ambulanz – Aufschriften in polnischer, hebräischer und jiddischer Sprache erhalten.
Hier wurden auch Unterlagen von Familien gefunden, die bis zu den Deportationen im
Juli 1942 in diesem Gebäude wohnten.
Heute befinden sich hier u.a. die Jüdische
Glaubensgemeinde in Warschau, die
Stiftung für den Schutz des Jüdischen
Erbes, der Verband der jüdischen
Kriegsveteranen und Geschädigten des
Zweiten Weltkriegs, die Redaktion der
Monatszeitschrift „Midrasz” und die
Prof.-Moses-Schorr-Stiftung. Außerdem
gibt es hier eine koschere Kantine.
A
m Plac Grzybowski Platz befindet sich auch eine der zwei Dauerbühnen in Europa, wo regelmäßig Aufführungen in jiddischer Sprache geboten werden – das Jüdische Ester Rachel
Kaminska- und Ida Kaminska-Theater.
Jüdisches Ester Rachel Kaminska- und Ida Kaminska-Theater
pl. Grzybowski 12/16, Tel. 22 620 62 81
www.teatr-zydowski.art.pl
Das Theater präsentiert Stücke in zwei
Sprachen, Jiddisch und Polnisch. Es
ist gegenwärtig das einzige aktive
jüdische Theater in Polen. Es ist
benannt nach der Schauspielerin
Ester Rachel Kamińska und deren
Tochter Ida Kamińska, Schauspielerin
und Regisseurin, die das Theater bis
1968 leitete, als sie Polen wegen
der antisemitischen Verfolgung mit
einem Teil ihres Ensembles verließ.
Das Theater aber überstand die
politischen Wirren und erfreut sich
auch heute noch großer Beliebtheit.
Theateraufführung „Ach! Odessa – Mama“ Fot. Andrzej Wencel,
Jüdisches Ester Rachel Kaminska- und Ida Kaminska-Theater
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D
ie jüdische Geschichte Warschaus hat viele kulturelle Ereignisse hervorgebracht, vor allem das
Festival der Jüdischen Kultur „Singers Warschau“ das immer in der Próżna-Straße stattfindet.
Próżna-Straße
Die kleine Straße ist eine der wenigen Orte,
die vor dem Krieg von Juden bewohnt waren,
wo die Atmosphäre des damaligen Warschaus
erhalten blieb. Die jüdische Atmosphäre dieser
Gegend wird noch hervorgehoben durch das
jährlich Ende August, Anfang September
stattfindende Festival „Singers Warschau”,
und an den Fassaden einiger Mietshäuser
ist die Freilichtausstellung „Und immer noch
sehe ich ihre Gesichter“ – mit Fotos jüdischer
Einwohner des Vorkriegspolens – zu sehen.
Shalom Stiftung / Fot. S. Szulfer
In
diesem Jahr nimmt eine Institution, deren Ziel es ist, die gemeinsame, wenn auch durch den
Zweiten Weltkrieg fast abgebrochene, Geschichte der Polen und Juden zu zeigen, ihre Tätigkeit
auf – nämlich das Museum der Geschichte der Polnischen Juden.
Museum der Geschichte
der Polnischen Juden
www.jewishmuseum.org.pl
Das fast fertiggestellte Museumsgebäude
befindet sich in Muranów, gegenüber dem
Denkmal der Helden des Ghettos. Das
Gebäude verfügt über einen großen Saal mit
Dauerausstellungen, die den 1000 Jahren der
Koexistenz des polnischen und des jüdischen
Volkes gewidmet sind.
Das Museum soll Ende 2013 eröffnet werden.
Fot. Museum der Geschichte der Polnischen Juden
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E
in Beispiel für einen ganz neuen Platz auf der jüdischen Karte Warschaus ist ein künstlerisches
Projekt, das gleichzeitig Künstleratelier ist. Es handelt sich um das schmalste Haut der Welt,
dessen erster Mieter der israelische Schriftsteller Edgar Keret ist. Von seinem Namen stammt auch
der Name des Gebäudes – Kerets Haus.
Kerets Haus, Raum zwischen den Gebäuden der Żelazna-Straße
74 und Chłodna-Straße 22, www.domkereta.pl
Das 2012 entstandene Gebäude, das an seiner schmalsten Stelle 72
cm und an seiner breitesten Stelle 122 cm breit ist, füllt eine enge
Fuge zwischen einem Nachkriegsblock und einem alten Mietshaus
und ist gegenwärtig das schmalste Haus der Welt. Das Innere wurde
so entworfen, dass der verfügbare Raum optimal genutzt wird.
Auf zwei Etagen bietet es alles, was man zum Leben braucht – ein
Schlafzimmer, eine Küche, ein Badezimmer und auch ein Arbeitszimmer. Es sollen verschiedene Künstler
aus der ganzen Welt in dieses Haus
eingeladen werden. Der erste ist Edgar
Keret – ein israelischer Schriftsteller,
dessen Familie aus Warschau stammte.
Das Projekt soll mindestens bis 2016
dauern. Das Haus kann zu bestimmten Zeiten besichtigt werden
– Einzelheiten dazu auf der Webseite des Projekts.
Im heutigen Warschau werden, wie einst, die
jüdischen Feste – Pessach, Jom Kippur, Rosch
ha-Schana und Chanukah – begangen. Sie
werden begleitet von zahlreichen kulturellen
Veranstaltungen, die auch an Nichtjuden
gerichtet sind. Warschau gewinnt langsam das
Bewusstsein der ungewöhnlichen Geschichte
dieser jahrhundertelangen Nachbarschaft,
die auch das zeitgenössische Antlitz dieser
außergewöhnlichen Stadt immer mehr beeinflusst, zurück.
Chanukah 2012
Fot. T. Nowak
WARSCHAUER TOURISTENINFORMATION
Tel. +48 22 194 31
e-mail: [email protected]
Aktuelle Informationen der Warschauer Touristeninformation
bietet die Webseite:
www.warsawtour.pl
Andere wichtige Seiten:
www.um.warszawa.pl
www.jhi.pl
www.jewishmuseum.org.pl
www.jewish.org.pl
www.shalom.org.pl
Herausgeber:
Warschauer Büro für Touristik (Stołeczne Biuro Turystyki)
Foto vom Umschlag:
Museum der Geschichte der Polnischen Juden / Fot. T. Nowak
Ausgabe I, 2012
Gratisexemplar
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