Der lange Arm der EU reicht in jede Praxis

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politik
Wohin steuert Europa?
Der lange Arm der EU
reicht in jede Praxis
Europa ist ein Tanker. Langsam und behäbig, aber mit
großer Fracht an Bord. So manches Thema dümpelt
über Jahre im Meer der europäischen Institutionen, zwischen Kommission, Parlament, unzähligen Konsultationen und nationalen Ausschüssen. Bis Entscheidungen
getroffen – und besser noch – von den Mitgliedstaaten
umgesetzt werden, gerät so manches Vorhaben bei der
Bevölkerung in Vergessenheit, um dann mit Wucht gewissermaßen aus dem Nichts zu kommen. So kommt es
wohl, dass die Brüsseler Politik den meisten Bürgern der
Europäischen Union (EU) so weit weg erscheint. Doch so
unscheinbar und bürokratisch sie daher kommt, die Auswirkungen sind gewaltig und treffen jeden Einzelnen.
Und auch jede Zahnarztpraxis.
Beispiel Amalgam: Das quecksilberhaltige Material ist eines jener Dauerbrennerthemen der EU, das seit x Jahren auf dem Zettel steht. Amalgamverbot ja oder nein? Hin oder her? Geredet
wird auf europäischer Ebene über die Verwendung des zahnärztlichen Füllmaterials sowie die Folgen für die menschliche
Gesundheit und die Umwelt seit einer gefühlten Ewigkeit. Ge-
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tan hat sich lange nichts. Doch mit einem Mal – und dann wieder mit Wucht – kommt kurz vor der Sommerpause und kurz
nach den Wahlen zum europäischen Parlament ganz überraschend die Meldung: Der wissenschaft liche Ausschuss der Kommission zu Gesundheits- und Umweltrisiken (Scientific Committee on Health and Environmental Risks, SCHER) hat das
vorläufige Ergebnis zu den Umweltauswirkungen von Quecksilber bestätigt: Das in der Zahnmedizin verwendete Quecksilber in Amalgam kann zu einer signifi kanten Umweltverschmutzung und damit zu einer Gefährdung des Ökosystems führen.
Die EU-Kommission erwartete Mitte Juni 2014 den offiziellen
Bericht und die Empfehlung des Ausschusses zu neu identifizierten Gesundheitsrisiken zu den direkten Auswirkungen von
zahnmedizinisch genutztem Quecksilber. Eine öffentliche Konsultation über die Sicherheit von Amalgam und alternativen Materialien wird nun eingeleitet, an der sich alle betroffenen und
interessierten Organisationen und Verbände beteiligen. Das Ergebnis der Konsultation wird das weitere Vorgehen der Kommission, beispielsweise ein mögliches Verbot, bestimmen.
Mit den Grenzen fällt der nationale Einfluss
Es ist eine Randnotiz im riesigen Konglomerat der europäischen
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politik
Politik. Doch hätte ein Amalgamverbot erhebliche, auch finanzielle, Auswirkungen auf jede Zahnarztpraxis. So wird es auch
sein, wenn die noch im Werden begriffene Medizinprodukteverordnung verabschiedet wird. Denn dann werden auch zahnärztliche Materialien in verschiedene Risikoklassen eingestuft.
Betroffen davon sind unter anderem Implantate und Nanomaterialien, die in modernen Füllungswerkstoffen enthalten sind.
„Es ist wichtig, diese Entwicklungen zu beobachten und auch
zu analysieren, einfach am Ball zu bleiben“, sagt Sören Haar, der
als Lobbyist für den Freien Verband Deutscher Zahnärzte
(FVDZ) die Gesundheitspolitik in Brüssel begleitet (siehe Interview, Seite 26). „Denn: Je früher man dabei ist, umso mehr kann
man beeinflussen.“
Wenn das Thema erst in den deutschen Medien angekommen
sei und damit im Bewusstsein der Bevölkerung, sei es meist zu
spät, um noch an den Stellschrauben zu drehen, ist Haar überzeugt. Die fachlichen Konsultationen zu bestimmten Themen
sind deshalb enorm wichtig, um Gehör zu finden und Einfluss
zu gewinnen. „Der FVDZ kann sich da positionieren“, betont
Haar, „denn es gibt ein Interesse in Europa an der Expertise.“
Das sieht auch der FVDZ-Europabeauftragte Dr. Ernst-J. Otterbach so: „Da muss man frühzeitig Stellung beziehen und von
fachlicher Seite Bewertungen treffen.“
So wird es auch sein, wenn es um die anstehende Modernisierung der Datenschutzrichtlinie geht, die derzeit noch auf dem
Stand von 1995 ist und damit der Zeit vollkommen hinterherhinkt. In der Novelle wird es auch um die Verarbeitung, Weiterleitung und Speicherung sensibler Patientendaten gehen. Eine
automatisierte Einwilligung des Patienten zur Datenverarbeitung und -weitergabe, wie sie derzeit angedacht ist, will Otterbach verhindern: „Ein Patient sollte als mündiger Bürger eigen-
verantwortlich Herr seiner Daten bleiben“, betont er. „Wir müssen wachsam sein und ein hohes Maß an Datensicherheit einfordern, aufbauend auf der ärztlichen Schweigepflicht.“
Subsidiarität stößt an ihre Grenzen
Europas Arm reicht weit in die nationale Gesetzgebung, auch
wenn die originäre Aufgabe der EU eigentlich eine vollkommen
andere ist: Defizite ausgleichen, Hürden abbauen, Diskriminierung unterbinden sowie den freien Handel von Waren und
Dienstleistungen und die Niederlassungs- beziehungsweise Beschäftigungsfreiheit gewährleisten. Große Worte mit großen Folgen. Denn die Gesetzesinitiativen der EU-Kommission, die
Grenzen innerhalb Europas zu nivellieren und den Binnenmarkt
zu harmonisieren, haben auch weitreichende Folgen für die nationalen Systeme. Ein Gutteil der Gesetzgebung in den nationalen Parlamenten hat inzwischen ihren Ursprung auf EU-Ebene.
Bei Landwirtschaft und Umwelt gibt es kaum noch nationale Gesetzgebung, bei denen die EU außen vor ist. Wenn es allerdings
um die Rente geht, bleiben etwa vier Fünftel der Entscheidungen
den Mitgliedsstaaten allein überlassen. Der Einfluss der EU im
Gesundheitsbereich liegt irgendwo dazwischen.
Denn auch wenn die Zuständigkeit der EU in diesem Fall im
Prinzip begrenzt ist, weil die unterschiedlichen, in den Ländern
gewachsenen Systeme sehr individuell ausgestaltet sind, stößt
dieses erklärte Subsidiaritätsprinzip an seine Grenzen – spätestens dann, wenn genau diese innerhalb Europas fallen sollen.
Durch die Binnenmarktregelungen innerhalb der EU nimmt die
europäische Politik ganz erheblichen Einfluss auf den Gesundheitsbereich der Mitgliedsstaaten. Für FVDZ-Europaexperten
Otterbach ist hier der Punkt, die Augen offenzuhalten. „Selbstverständlich ist hier eine Angleichung der Nationalstaaten auch
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in sozialen und gesundheitspolitischen Fragen angedacht“, ist
er überzeugt.
Mobilität von Medizinern ankurbeln
Auch wenn die Gesundheit auf dem Papier nationale Angelegenheit ist, so hat die EU ihre Kompetenzen in Sachen Harmonisierung in den vergangenen Jahren durchaus erweitert. Mobilität ist dabei ein Stichwort, die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung ein Beispiel: Seit Ende Oktober 2013 bestätigt
eine Richtlinie das Recht von Patienten, sich in einem anderen
als ihrem Heimatland behandeln zu lassen. In grenznahen Gebieten könnte dies ein durchaus interessantes Modell sein, sowohl in Richtung Deutschland als auch in Richtung Ausland.
Und für Zahnärzte bieten sich völlig neue Möglichkeiten der
Patientenakquise. Um anders herum die Mobilität von Medizinern anzukurbeln, gibt es seit 2005 die Berufsanerkennungsrichtlinie. Sie sollte Abläufe der gegenseitigen Anerkennung von
Angeeckt
Engagement in Europa lohnt sich
Noch nie in der Geschichte unseres Planeten hat die Region, in der wir leben, eine so lange Phase des Friedens, der Verständigung , der wirtschaftlich und kulturellen Akzeptanz und der Weiterentwicklung erleben dürfen, wie dies seit der Gründung der Europäischen Union der Fall ist.
Und trotzdem denken die meisten von uns, wenn es um das Thema Europa geht, als erstes an Schlagwörter wie Bürokratie, Regulierungswahn,
Geldverschwendung, landwirtschaftliche Subventionen – und natürlich
an den Euro. Bei der Gemeinschaftswährung allerdings setzte sich der
Brüsseler Vereinheitlichungswahn nicht durch, mit dem Ergebnis, dass die
beteiligten Staaten ihre über die Jahrhunderte gewachsenen Eigenheiten
im Umgang mit ihren Währungen beibehalten konnten. Die fehlende Gemeinschaftsaufsicht und fehlende klare Regelungen führten zum bekannten Ergebnis: Überschuldete Nationen, die das „Projekt Europa“ samt seiner gemeinsamen Währung gefährdeten. Verständigung hängt eben eng
mit Verstand zusammen, und an diesem mangelt es durch alle gesellschaftlichen Schichten hindurch – natürlich auch bei dem ein oder anderen Politiker.
Europa betriff t andererseits unseren zahnärztlichen Berufsstand in immer mehr Bereichen und die ganz praktische Bedeutung für uns als niedergelassene Zahnärzte reicht von den Möglichkeiten zur direkten Abrechnung von Versicherten aus EU-Ländern über die Freizügigkeit innerhalb der EU, bis hin zu Bestrebungen der EU, die Voraussetzungen für die
zahnärztliche Zulassung zu vereinheitlichen. Dies geschieht nicht immer
in unserem Sinne. Deshalb ist es wichtig und sinnvoll, sich einzumischen
und zu engagieren, damit die Richtung für die Zukunft stimmt – denn der
Grundgedanke des einigen Europa ohne Grenzen ist gut.
Robert Mayerhoff, DFZ-Chefredakteur
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Abschlüssen, Examen und Diplomen vereinfachen und den Zugang zum erlernten Beruf im europäischen Ausland erleichtern.
„Hintergrund dafür war es, den Markt anzukurbeln“, sagt der
FVDZ-Europabeauft ragte Otterbach. „Der Binnenmarkt steht
immer an oberster Stelle.“ Dass dafür auch der Zugang zu den
reglementierten Berufen – zu denen die Ärzte und Zahnärzte
ebenso wie Rechtsanwälte gehören – innerhalb der europäischen Länder erleichtert werden musste, versteht sich aus Sicht
der EU von selbst. Doch gerade in Deutschland, mit seinem System der Selbstverwaltung und Freiberuflichkeit, hat dieser freie
Marktzugang für Mediziner aus dem Ausland nicht nur Freunde gefunden. Es gibt große Befürchtungen, dass sich die Qualität der zahnmedizinischen Standards verschlechtern könnte.
Qualitätsebene wurde eingezogen
Unbeantwortet blieb mit der Richtlinie zunächst lange Zeit die
Frage, welche Ausbildung zum Maßstab gemacht werden sollte.
Ist Zahnarzt gleich Zahnarzt? In den Kammern fürchtete man,
dass das qualitativ hochwertige Studium, das Zahnmediziner
in Deutschland durchlaufen müssen, um praktizieren zu dürfen, von Zahnärzten aus dem EU-Ausland mit zum Teil minderen Abschlüssen unterlaufen werden könnte. Und so wurde einige Jahre nach der Einführung der Berufsanerkennungsrichtlinie (2005) diese bereits wieder überarbeitet. Ein Prozess, der
sich bis zum vergangenen Jahr hinzog. Mit der Novellierung der
Richtlinie hat die EU nun eine „Qualitätsebene eingezogen“, wie
Dr. Alfred Bütter, Leiter der Abteilung Europa/Internationales
der Bundeszahnärztekammer in Brüssel, dies nennt. Die überarbeitete Richtlinie legt eine zeitliche Dauer des zahnmedizinischen Vollzeitstudiums mit fünf Jahren und mindestens
5000 Fachstunden in theoretischer und praktischer Ausbildung
fest. „Das ist nur ein Mindeststandard“, sagt Büttner. „Darüber
hinaus ist auf europäischer Ebene nicht viel auszurichten.“
Befriedigend ist das alles aus deutscher Sicht nicht. Erst vor
Kurzem stellte Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer, seine Befürchtungen beim diesjährigen Europatag
der zahnärztlichen Kollegenschaft deutlich vor Augen: „Die Regeln zum Berufszugang und zur Berufsausübung werden damit aufgeweicht.“ Er warb für ein hohes Qualifi kationsniveau
der Zahnärzte in Europa, denn die Qualitätssicherung sei höher anzusetzen als eine „simple Vereinfachung innereuropäischer Prozesse“.
28 Staaten – schwieriger Konsens
Doch genau das ist eines der Probleme der EU: Es gibt die Interessen von 28 Nationalstaaten, die alle unter einen Hut gebracht werden müssen. Am Ende wird der kleinste gemeinsame Nenner gefunden, der Konsens, auf den sich alle einigen
können. „Wenn zu viel in den Anhängen von Verordnungen
und Richtlinien steht, behindert das die Mobilität innerhalb
Europas“, erläutert Büttner. „Und das ist nicht gewollt.“ Da geht
der Binnenmarkt vor.
Immerhin wurde mit der Novellierung der Richtlinie, ein Projekt auf den Weg gebracht, das ebenfalls schon so lange im Raum
steht, wie der gemeinsame Binnenmarkt forciert werden soll: der
europäische Berufsausweis „European professional card“. Zwar
gibt es diesen Ausweis nicht physisch im Scheckkartenformat,
sondern als eine Art elektronisches Profil, in dem die beruflichen
Abschlüsse einer Person gespeichert werden. Geht es dann darum, im Ausland zu arbeiten, können Informationen und Doku-
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mente mit den jeweiligen Anerkennungsstellen elektronisch und
zügig ausgetauscht werden, ohne dass weitere Wartezeiten oder
Beglaubigungen fällig werden. Damit verkürzt sich – von der EU
gewollt – die Verfahrensdauer für die Berufsanerkennung. Das
neue Verfahren soll in einem ersten Schritt bei einer begrenzeten Anzahl von Berufen eingesetzt und getestet werden, um Erfahrungen zu sammeln, ob es als Instrument der beschleunigten
Berufsanerkennung taugt. In Deutschland stößt auch dieser
Punkt auf Skepsis. Allerdings ist mit der Möglichkeit der Überprüfung der Sprachkenntnisse, die für die konkrete Tätigkeit gefordert sind, ein Sicherheitsnetz eingebaut, dass nicht jeder mit
einem Abschluss in der Tasche eine Approbation in Deutschland
bekommt.
Reglementierte Berufe auf dem Prüfstand
Derzeit steht bei der EU nun nicht mehr nur die Anerkennung
der Abschlüsse im Fokus – die Richtlinie ist verabschiedet –,
sondern vielmehr die Evaluierung der Regulierung von Berufen, um weitere Hürden beim Berufszugang zu nationalen
Märkten zu senken. 152 Berufe fallen in Deutschland unter eine
Reglementierung – damit liegt die Bundesrepublik zwar nicht
ganz vorn, zahlenmäßig EU-weit jedoch im oberen Mittelfeld.
Mehr als die Hälfte der deutschen reglementierten Berufe liegen
im Bereich Gesundheit und Soziales. Der europäische Gesetzgeber hat in der revidierten Berufsanerkennungsrichtlinie die
reglementierten Berufe in allen Mitgliedsstaaten auf den Prüfstand gestellt: Wo sind Zugangshürden zu Berufen notwendig,
wo sinnvoll, wo überflüssig? Wie stark muss die Reglementierung tatsächlich sein? Evaluierung heißt in der Auswertung natürlich auch immer die Suche nach Veränderungspotenzialen.
„Die Berufsreglementierung ist nicht zementiert“, sagt Martin
Frohn, Referats-leiter Binnenmarkt bei der EU Kommission
(siehe dazu auch Gastbeitrag auf Seite 28). „Es wurde in den Mitgliedsstaaten immer wieder reguliert und dereguliert, da gibt es
Dynamik.“ Die Berufsstände sollten sich dieser Dynamik nicht
entziehen, sagt er. Doch die Befürchtung, dass es dem deutschen
Kammersystem und der Selbstverwaltung für Zahnärzte an den
Kragen gehen könnte, weist er gleich wieder zurück. „Das System der beruflichen Selbstverwaltung hat viel für sich, zumal es
ja die staatlichen Strukturen verschlankt“, sagt Frohn. Es sei
nicht das Ziel der EU-Kommission, Dinge zu tun, die dem Berufsstand gefährlich werden könnten“, betonte Referatsleiter
Frohn. „Bei den freien Berufen haben wir keine Sorge der Berechtigung einer Kammer.“ Allerdings könne man schon die
Frage stellen, welche Auswirkungen beispielsweise eine Zwangsmitgliedschaft in Kammern oder Verbänden hat,die keine
Selbstregulierungsaufgaben wahrnehmen.
Normierte Gesundheit – ist das möglich?
Sorgen ganz anderer Natur sollten sich deutsche Zahnärzte allerdings machen, wenn die Revision der Dienstleistungsrichtlinie tatsächlich auf die Länder durchschlägt. Was so müde bürokratisch daher kommt, hat es in sich, denn es geht dabei um
die Normierung von Dienstleistungen nach EU-Standards. Wobei Gesundheitsdienstleistungen ebenso unter eine Norm fallen
sollen wie alle anderen. Der Vorstoß der EU-Kommission stößt
vor allem in Deutschland auf heft igen Widerstand – sowohl in
der Zahnärzteschaft als auch in der Ärzteschaft allgemein. Eine
Normierung im Bereich von Produkten sei durchaus begrüßenswert, so die einhellige Meinung, im Bereich von Gesundheitsdienstleistungen jedoch vollkommen kontraproduktiv. Zumal es sich bei der Gesundheit von Patienten und deren Behandlung um ein individuelles und schützenswertes Gut handelt, das
durch Normierung keinerlei qualitative Verbesserung erfährt.
Eine Standardisierung berge, so Gesundheitsexperten, vielmehr
die Gefahr, dass die bereits in Deutschland bestehenden rechtlichen Vorgaben durch diese Normen unterlaufen würden. Die
Bundeszahnärztekammer sieht dies vor allem dadurch bestätigt, dass die Normung durch die privatwirtschaft lichen Interessen der europäischen Normungsorganisation Comité Européen de Normalisation (CEN) vorangetrieben werde. Wenn
wirtschaft liche Interessen im Vordergrund stünden, laufe dies
„der Gemeinwohlverpflichtung freier Berufe zuwider“, heißt es
bei der Kammer. Doch im Fall der Dienstleistungsrichtlinie
zeigt sich: Der Arm der EU reicht weit in die Zuständigkeit und
Kompetenzen der nationalen Gesundheitssysteme hinein – obwohl eigentlich nur Rahmenbedingungen festgezurrt werden
sollten. „Das Subsidiaritätsprinzip wird da in vielen Bereichen
ganz einfach erodiert“, stellt FVDZ-Europaexperte Otterbach
ganz nüchtern fest.
Sabine Schmitt
EU-Patientenrechterichtlinie
Nationale Kontaktstelle berät für Behandlung im Ausland
Die Nationale Kontaktstelle zur Beratung von Versicherten der
gesetzlichen und privaten Krankenversicherung bei grenzüberschreitender Leistungsinanspruchnahme hat ihre Arbeit aufgenommen. Die Kontaktstelle eu-patienten.de ist auf der Basis der
EU-Patientenrechterichtlinie eingerichtet worden. Seit Oktober
2013 sind alle EU-Länder verpflichtet, die EU-Richtlinie umzusetzen. Patienten können seitdem Gesundheitsdienstleistungen
in allen EU-Ländern in Anspruch nehmen. Finanziert wird die
neue Internetportal-Kontaktstelle gemeinsam vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung, der Deutschen
Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen und der Kas-
senzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der
privaten Krankenversicherung. Das Informations- und Kontaktportal ist eine wettbewerbsneutrale Plattform zur Information von Patienten, gesetzlich und privat Krankenversicherter
sowie Ärzten, Zahnärzten und anderen medizinischen Berufsgruppen. Ziel ist es, bereits bestehende Informationen zur Inanspruchnahme grenzüberschreitender Gesundheitsdienstleistungen – vor allem im Internet – zu bündeln und als gemeinsame sowie zentrale Plattform nutzbar zu machen. Die Nutzung
der zentralen Plattform ist kostenlos.
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Drei Fragen an Kerstin Blaschke, FVDZ-Vorsitzende
„Die Zahnärzteschaft hat einiges in die
Waagschale zu werfen“
Der Einfluss Brüssels auf die deutschen Zahnarztpraxen hat sich in den vergangenen Jahren
deutlich erhöht. Doch eigentlich hat die Europäische Union (EU) gar keine Kompetenzen in den
nationalen Gesundheitssystemen. Die Vorsitzende des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte
(FVDZ), Kerstin Blaschke, sieht in Europa ein Thema der Zukunft für den FVDZ.
DFZ: Frau Blaschke, die Zuständigkeit der Europäischen Union im
Gesundheitswesen der Mitgliedstaaten ist begrenzt, dennoch übt
die EU durch Binnenmarktregeln und Wettbewerbsrecht großen
Einfluss auch auf die nationalen Gesundheitssysteme aus. Könnte
man daraus schließen, dass eine Harmonisierung durch die Hintertür stattfindet?
Blaschke: Dass der Einfluss der EU auf die Gesundheitssysteme
der Mitgliedstaaten begrenzt ist, ist eine der Regeln, die sich die
EU selbst gegeben hat. Rein formal ist festgelegt, dass die Mitgliedsländer für ihre medizinische Versorgung selbst verantwortlich sind. Das ist auch gut so und sollte so bleiben. Zwar
bietet sich Harmonisierung in einigen Bereichen des täglichen
Lebens an, aber im Gesundheitswesen wäre dies eine Gleichmacherei, die niemand möchte und die schon aus der Geschichte
der jeweiligen Systeme heraus gar nicht möglich ist. Mit der Berufsanerkennungsrichtlinie nimmt die EU großen Einfluss –
auch auf das deutsche Gesundheitssystem. Und wenn man sich
die Medizinprodukterichtlinie anschaut, ist dies auch der Fall.
Da kann man im Grunde genommen durchaus von einer „Harmonisierung durch die Hintertür“ reden.
DFZ Wie viel Europa im Gesundheitswesen halten Sie für vorteilhaft
DFZ:
und vertretbar?
Blaschke: Die Möglichkeit zu grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen birgt beispielsweise sowohl für Patienten
als auch für Zahnärzte durchaus Vorteile. Die Patienten profitieren von der hohen Qualität im deutschen Gesundheitswesen,
und die Zahnärzte arbeiten dabei in einem System der Kostenerstattung, das für uns vorbildhaft ist. Die Kostenerstattung ist
für uns die Alternative zum Sachleistungsprinzip und eine der
zentralen Forderungen des FVDZ. In grenznahen Bereichen ist
sie schon Wirklichkeit. Ein weiterer Vorteil der EU ist der europäische Berufsausweis. Damit wird es für Zahnärzte einfacher,
grenzüberschreitend zu arbeiten. Aufpassen müssen wir allerdings an den Stellen, an denen durch mehr Freiheiten EU-weit
unsere Freiberuflichkeit, die ja so in vielen Ländern gar nicht
bekannt ist, in Gefahr gerät. Dahin gehend würden wir immer
versuchen, die Gesetzgebung zu beeinflussen. Worauf wir unser Augenmerk legen, ist, dass es keine Verwässerung der deutschen Ausbildungsstandards geben darf. Bei einer Ausrichtung
an einem niedrigeren Niveau werden wir uns querstellen. Wenn
eine Angleichung der Systeme gewollt wird, dann eine an die
hohen Standards in Deutschland.
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Kerstin Blaschke
Bundesvorsitzende des FVDZ
DFZ: Durch Lobby-Arbeit haben Verbände und Organisationen in
Brüssel vielfältige Einflussmöglichkeiten auf die Politik. An welcher
Stelle kann der FVDZ sich positionieren und sich in die Diskussion
einklinken?
Blaschke: Zunächst einmal ist es für uns als Zahnärzteschaft
wichtig, Flagge zu zeigen. Die politischen Akteure in Brüssel
müssen spüren: Die Zahnärzteschaft ist da und hat einiges an
Kompetenz in die Waagschale zu werfen. Ganz sicher werden
wir uns zu den Auswirkungen eines EU-weiten Amalgamverbots positionieren, falls es so weit kommt. Und auch beim Thema Datenschutz werden wir unsere Position sehr deutlich machen. Das Thema „Medizinprodukte“ ist ebenfalls eines, auf das
wir immer ein Auge haben müssen, um da nicht überrollt zu
werden, denn Medizinprodukte betreffen uns ganz direkt jeden
Tag in der Praxis. Interessant wird es auch an der Stelle, wenn
es um die Normierung von Dienstleistungen geht – dies ist für
uns nicht zielführend und nur kostenträchtig. Die Lobby-Arbeit
der Industrie werden wir sehr scharf im Auge behalten. Denn
wenn „europäische Qualitätsstandards“ nur eine kostenträchtige Ausstattung und Bürokratie für die Praxen bedeuten, werden wir uns dagegenstemmen. Aktuell steht die Erleichterung
des Zugangs zu den reglementierten Berufen im Fokus. In diese Diskussion werden wir uns einklinken.
Interview: Sabine Schmitt
politik
Drei Fragen an Sören Haar, Leiter des FVDZ-Büros in Brüssel
„Interessenvertretung mit langem Atem
und strategisch klug“
Nur wer in Brüssel vor Ort ist, kann die Interessen der deutschen Zahnärzteschaft europaweit
gut vertreten. Deshalb hat der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) in der Hauptstadt der
Europäischen Union (EU) eigene Lobbyisten im Einsatz. Sören Haar leitet das FVDZ-Büro in Brüssel und berichtet, wie die Arbeit dort funktioniert.
DFZ Herr Haar, was sind Ihre Aufgaben für den FVDZ in Brüssel?
DFZ:
Haar: Unsere Aufgabe ist es, die Interessen der Mitglieder des
FVDZ in Brüssel zu vertreten. Brüssel ist neben Berlin der andere Ort, an dem Gesetze und Politik gemacht werden, die sich
auf die Ausübung des Zahnarztberufs direkt auswirken. Nur
wenn man vor Ort vertreten ist, kann man rechtzeitig die Mitgliederinteressen einbringen. Neben der aktiven Interessenvertretung beobachten und analysieren wir gesetzgeberische Entwicklungen, damit der Verband und seine Mitglieder Wichtiges
frühzeitig erfahren und reagieren können.
DFZ: Werden die Vorstellungen und Wünsche der deutschen Zahnärzte auf EU-Ebene wahrgenommen? Und welche Einflussmöglichkeiten gibt es?
Haar: Die deutsche Zahnärzteschaft ist in Brüssel durch uns sowie eine Vertretung der Bundeszahnärztekammer vertreten. In
der Vielzahl von Interessen, die bei politischen Debatten aufeinanderprallen, ist es aber nicht immer einfach, sich Gehör zu
verschaffen. Brüssel ist eine Welthauptstadt des Lobbyings, und
zu jeder zu entscheidenden Frage prallen die Positionen aufeinander. Wichtig ist, dass Interessenvertretung mit langem Atem
und strategisch klug gemacht wird. Kein nennenswerter Verband kann es sich leisten, in Brüssel nicht vertreten zu sein. Wer
vor Ort ist, kann dagegen immer wieder eine Menge bewegen.
DFZ: Welche EU-Themen werden die deutschen Zahnärzte in Zukunft beschäftigen und betreffen?
Haar: Wichtige Themen der kommenden Legislaturperiode 2014
bis 2019 des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission
werden unter anderem sein:
▶ die gesundheitlichen Auswirkungen von Amalgam in der
zahnärztlichen Behandlung und ein mögliches Verbot,
▶ die Umsetzung der europäischen Patientenrechtegesetzgebung und die immer noch existierenden nationalen Einschränkungen bei der Inanspruchnahme von grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen. Gerade Deutschland ist aufgrund seines hohen medizinischen Standards ein
beliebtes Land für Behandlungen,
▶ die anstehende Datenschutzrichtlinie sowie ihre Auswirkungen auf die elektronische Verarbeitung und Weiterleitung von
sensiblen Patientendaten,
▶ die Überprüfung der reglementierten Berufe,
▶ die europäische Arbeitskräftewanderung in Gesundheitsberufen und wie diese Potenziale für Deutschland genutzt werden können sowie
Sören Haar
Büro Leitung FVDZ Brüssel
▶ die langfristige Finanzierung der Gesundheitssysteme und
der Qualität der Versorgung bei zunehmend schlechter Finanzlage der Mitgliedstaaten. Der europäische Trend geht
zum Ausschluss der gesetzlichen Krankenversicherungserstattung für Therapien beziehungsweise für Körperteile wie
Zähne, Augen, Implantante et cetera.
Für den FVDZ gilt es, diese Themen zu begleiten und mit werteverwandten Partnern auf europäischer Ebene die Politik mitzugestalten.
Interview: Melanie Fügner
Berufspolitische Termini
Council of European Dentists (CED)
Berufspolitik der Zahnärzte findet nicht nur national, sondern auch über
die Grenzen der Gesundheitssysteme hinweg auf der europäischen Ebene
statt. Der Council of European Dentists (CED) kümmert sich in Brüssel um
die Interessen der mehr als 340.000 Zahnärzte in Europa. Die gemeinnützige Vereinigung setzt sich derzeit aus 32 nationalen zahnärztlichen Standesvertretungen aus 30 Ländern in Europa zusammen. Die Mitglieder des
CED treffen sich zwei Mal jährlich, um über die Auswirkungen der Europapolitik in den Mitgliedsstaaten zu diskutieren. Hauptziel des CED ist es, Strategien zu entwickeln, um die hohen Standards oraler Gesundheit zu erhalten und die Interessen des zahnärztlichen Berufsstandes zu fördern. Der
CED betreibt Lobbyarbeit in Brüssel und wirkt politisch auf die Vorhaben
der Kommission ein, gibt Stellungnahmen bei Konsultationen geplanter
Richtlinien oder Verordnungen ab oder nimmt an übergreifenden Arbeitsgruppen wie beispielsweise der zur Patientensicherheit teil.
sas
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Gastbeitrag: Zahnärzte in Europa
„Umfassende Deregulierung steht nicht
auf der Tagesordnung“
Es ist eine bekannte Binsenweisheit, dass Regelungen aus Brüssel in vielen Bereichen einen großen Einfluss auf die nationalen Rahmenbedingungen haben. Aber gilt das auch für die Tätigkeit
eines Zahnarztes, wo doch Europa kaum Kompetenzen im Gesundheitswesen hat? Lassen Sie
uns dieser Frage am Beispiel der Neuerungen der EU-Richtlinie zur Berufsanerkennung, die im
Januar in Kraft getreten ist, ein wenig näher nachgehen.
Diese Richtlinie ist nicht neu. Sie baut vielmehr auf Vorläufern
auf, die zum Teil bereits seit Jahrzehnten bestehen und dazu geführt haben, dass berufliche Mobilität in Europa für viele Angehörige reglementierter Berufe ermöglicht wird. Davon profitieren deutsche Zahnärzte ganz erheblich: Seit 2007 sind 1599
in Deutschland ausgebildete Zahnärzte in anderen EU Mitgliedstaaten anerkannt worden. Dem gegenüber stehen lediglich 401
Zahnärzte aus anderen Mitgliedstaaten, die nach Deutschland
kamen. Die nun überarbeitete Richtlinie zielt darauf ab, weitere Erleichterungen einzuführen. Sie tut dies in mehreren Bereichen. Von Interesse sind für den Zahnarztberuf insbesondere
die Anpassungen der Anforderungen an die Ausbildung im
Hinblick auf die automatische Anerkennung, die Einführung
des Berufsausweises (der nicht mehr wirklich ein Ausweis ist,
sondern ein elektronisches Verfahren der Anerkennung, aber
dazu später) und schließlich die gegenseitige Evaluierung der
reglementierten Berufe.
Anforderungen an Beruf anpassen
Unser Gastautor
Martin Frohn
ist seit Anfang 2014 Leiter des Referats „Freizügigkeit von Fachkräften” in
der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen der Europäischen
Kommission nach einer Aufgabe als stellvertretender Referatsleiter im Referat “Unternehmensführung, Soziale Verantwortlichkeit“ mit Verantwortlichkeit für Gesellschaftsrecht und Bekämpfung von Geldwäsche. Zuvor
war er langjährig im Bereich Dienstleistungen und in den Verhandlungen
und der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie tätig. Bevor er zur Europäischen Kommission kam, war Martin Frohn Beamter im Bundesministerium für Bildung und Forschung und an der Deutschen Ständigen Vertretung bei der EU in Brüssel und davor Rechtsanwalt. Er ist Jurist mit einem
Studium der Rechtswissenschaften in Deutschland und den USA.
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Zahnärzte gehören zu den Berufen, in denen die Ausbildungsanforderungen europaweit mindestharmonisiert sind, um darauf aufbauend eine automatische Anerkennung ihrer Qualifikationen zu ermöglichen. Dies heißt konkret, dass ein Zahnarzt,
der seine Ausbildung in Deutschland absolviert hat, ohne weitere Prüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten in jedem anderen Land der EU arbeiten kann. Das an sich ist nicht neu. Neu
ist aber, dass die zur notwendigen Dauer der Ausbildung (mindestens 5 Jahre und 5000 Stunden) hinzukommenden inhaltlichen Ausbildungsanforderungen, die die Richtlinie in Bezug auf
die zu erwerbenden Kenntnisse und Fähigkeiten festlegt, nunmehr in einem rascheren und effizienterem Verfahren, das heißt,
durch einen delegierten Rechtsakt der Kommission, angepasst
werden können. Mit solchen Anpassungen kann und soll den
wissenschaft lichen und technischen Entwicklungen in den betreffenden Berufen Rechnung getragen werden, vor allem um
die notwendige Qualität der Ausbildung zu gewährleisten und
auf einem hohen Standard zu halten. Selbstverständlich ist dafür eine enge Rückkopplung an die Berufsträger und deren Organisationen erforderlich – ein Feld, in dem sich Verbände wie
der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) unbedingt einbringen sollen und können.
Berufsausweis noch nicht für Zahnärzte
Der sogenannte europäische Berufsausweis ist eine weitere Neuerung, die zumindest mittel- bis langfristig auch für den Zahnarztberuf bedeutsam werden kann. Wie bereits angedeutet ist
der Ausweis kein Ausweis im eigentlichen Sinne, das heißt, keine Karte oder vergleichbares offizielles Papier, sondern ein elektronisches Verfahren zur beschleunigten Anerkennung der
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politik
Mobility of dental practitioners 2007-2011
© Europäische Kommission
Qualifi kation. Dieses Verfahren, das maßgeblich auf einer von
der Kommission entwickelten Soft ware zur Verwaltungskooperation zwischen den Mitgliedstaaten beruht (das sogenannte Internal Market Information System – IMI), erlaubt es einem Berufsangehörigen, der seine Tätigkeit in einem anderen Land der
EU ausüben möchte, das zur Anerkennung seiner Qualifi kation
erforderliche Verfahren von seinem Mitgliedstaat aus unter Mithilfe der für ihn zuständigen Heimatbehörden durchzuführen,
und dies auf elektronischem Wege. Dieses Verfahren stellt einen weiteren Baustein auf dem Wege zu mehr elektronischer
Verwaltung dar und führt zu erheblicher Vereinfachung, Beschleunigung und Kostenersparnis für den betreffenden Berufstätigen. Dies wird erreicht ohne negative Auswirkungen auf die
Patientensicherheit, denn der Aufnahmestaat behält die volle
Kompetenz über die Anerkennungsentscheidung und eventuelle Maßnahmen zur Gewährleistung der Patientensicherheit.
Bislang ist die Einführung dieses Verfahrens für eine begrenzte
Anzahl von Berufen vorgesehen; die Zahnärzte sind – noch –
nicht dabei, was daran liegt, dass der Kommission von den betreffenden Berufsverbänden auf europäischer Ebene kein Interesse signalisiert wurde. Der Prozess bleibt offen und die Kommission sieht weiteren Interessenten mit Freude entgegen.
Keine Reformen in großem Stil
Abschließend noch einige Worte zum Verfahren der gegenseitigen Evaluierung der reglementierten Berufe, auf das sich das
Europäische Parlament und alle Mitgliedstaaten bei der Verabschiedung der revidierten Anerkennungsrichtlinie geeinigt haben. In diesem Verfahren unterziehen die Mitgliedstaaten gemeinsam mit der Kommission alle reglementierten Berufe einer
Analyse ihrer jeweiligen Reglementierung. Dies wird in den
nächsten zwei Jahren durchgeführt und soll Transparenz in allen Berufen herstellen, für welche Qualifi kationsanforderungen
bestehen, und ermöglichen, Erfahrungen auszutauschen, auch
zu Reformvorhaben in verschiedenen Mitgliedstaaten. Daher
sind die Mitgliedstaaten eingeladen, die Verhältnismäßigkeit
der bestehenden Anforderungen in Bezug auf die zu erreichenden Ziele dieser Vorschriften sowie ihre wirtschaft lichen Folgen
zu untersuchen und darzulegen. Es liegt auf der Hand, dass in
einem Gesundheitsberuf wie dem des Zahnarztes Reglementierung erforderlich ist, und es ist nicht zu erwarten, dass diese sich
in größerem Ausmaß als reformbedürftig erweisen wird. Wichtig ist auch zu betonen, dass dieser Prozess ergebnisoffen ist und
auf der aktiven Beteiligung der Mitgliedstaaten beruht. Die
Kommission sieht sich in der Rolle des Moderators, der die Diskussionen und den Meinungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fördert. Eine europäische Harmonisierung von Gesundheitsberufen steht ebenso wenig auf der Tagesordnung wie eine
umfassende Deregulierung.
Dieser Artikel gibt die persönlichen Auffassungen des Autors wieder und bindet
nicht die Europäische Kommission oder ihre Dienststellen.
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politik
Wenn sich europäische Zahnärzte im Ausland niederlassen
Von problemlos bis schwierig
Mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie kam 2005 aus Brüssel ein eindeutiges Signal. Die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit soll innerhalb der EU erleichtert und die Qualität der grenzüberschreitenden Dienstleistungen verbessert werden. Aber sind die rechtlichen und
administrativen Hindernisse bei der Zulassung außerhalb des Heimatlandes tatsächlich verschwunden? Der Freie Zahnarzt hat einige ausländische Zahnärzte in Deutschland und eine
deutsche Zahnärztin gefragt, die in Luxemburg praktiziert.
„Probleme gibt es im Kleinen“
Zahnarzt Dr. Georg Linford aus Österreich
Für den Zahnarzt Dr. Georg Linford verlief der Umzug 2009
von Innsbruck nach Mecklenburg-Vorpommern „verhältnismäßig einfach“, wie er sagt. Der sonst übliche Sprachtest war nicht
notwendig, und seine österreichische Approbation wurde in
Deutschland voll anerkannt, so dass die Pflicht zur zweijährigen Assistenzzeit entfiel. „Also, das Große und Ganze an der
europäischen Idee hat gut funktioniert“, meint Linford. „Probleme gibt es vielmehr im Kleinen.“
Zum Beispiel in der Form, dass die Abläufe von Amtsseite her
widersprüchlich seien. Linford wollte mit seiner Frau, die aus
Norddeutschland kommt, in eine Stadt mit einer guten Universität ziehen, weil seine Gattin auf dem Campus arbeitet. Und so
entschieden sie sich für die Uni Hamburg. Der Wohnsitz sollte
jedoch in Mecklenburg-Vorpommern sein, „weil wir uns dort
in ein Haus verliebt haben“, erklärt Linford.
Nun musste er sich in der neuen Heimat anmelden, um eine
Festanstellung als Zahnarzt zu bekommen. Und da knirschte
das System. „Um einen festen Wohnsitz zu bekommen, brauchte ich einen Arbeitsvertrag, doch den bekam ich nur, wenn ich
einen festen Wohnsitz vorweisen konnte“, berichtet der Österreicher von einer etwas absurden Situation. Das Problem ließ
sich nur lösen, indem er der Meldebehörde versicherte, den
fehlenden Beleg nachzuweisen. „Zum Glück spreche ich
deutsch. Sonst wäre das sicherlich deutlich komplizierter geworden“, sagt Linford.
„Ein Rattenschwanz an Papierkram“
Asta Didziulyte aus Litauen und Maik Fritzke
Die Zahnärztin Asta Didziulyte und der Zahntechniker Maik
Fritzke praktizieren seit 2013 in einer eigenen Praxis in
Deutschland. Der Plan war allerdings zwischenzeitlich ein anderer. „Ich wollte eigentlich in Litauen als Zahntechniker arbeiten, aber meine Ausbildung wird dort nicht anerkannt, weil
die Zahntechniker in Litauen ein Studium absolvieren“, erläutert Fritzke. Und so kam nur Deutschland als gemeinsame Arbeitsstätte in Frage.
Für die Zahnärztin Asta Didziulyte hingegen war die Niederlassung in der Bundesrepublik möglich. Wenn auch mit einem
„Rattenschwanz an Papierkram“ verbunden. Bei der Anerkennung der Approbation hatte sie Glück. Da Litauen 2005 in die
EU eingetreten war und Didziulyte vier Monate nach dem Bei-
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tritt ihre Approbation erhielt, wurde diese in Deutschland problemlos anerkannt.
Der Sprachtest war da schon anspruchsvoller. „Wobei die Prüfung in Form eines Gesprächs in der Kammer sehr angenehm
und entspannt war“, erinnert sich Fritzke.
Für die Niederlassung musste Didziulyte sämtliche Scheine aus
dem Studium und alle Zeugnisse auf Deutsch übersetzen und vom
Notar beglaubigen lassen. Das ist nicht ganz billig, aber Pflicht.
Insgesamt sind die Zahnärztin und der Zahntechniker in
Deutschland sehr zufrieden. „Hier kann man sich viel besser
weiterbilden, die Fortbildungsangebote sind einfach traumhaft“,
schwärmt Fritzke.
politik
„Die Niederlassung klappte problemlos“
Bozena Pyra aus Polen
Nach mehr als 25 Jahren als Zahnärztin in Polen ist Bozena
Pyra vor acht Jahren zusammen mit ihrer Familie nach
Deutschland gekommen. Warum? „Es war die Idee meines
Mannes, der Arzt ist“, erzählt die Polin. „Er wollte gerne in
Deutschland praktizieren.“
Gesagt, getan. Die beiden Mediziner und ihre zwei Kinder
zogen in den Nordosten des Nachbarlandes. Während ihr Mann
direkt angefangen hat, als Arzt zu arbeiten, ließ sich Bozena
Pyra etwas Zeit und lernte zunächst die deutsche Sprache. Und
bevor sie vor fünf Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit
wagte, war sie vorübergehend als angestellte Zahnärztin tätig.
In Deutschland fühlt sich Pyra rundum wohl. „Die Niederlassung klappte ohne Probleme“, sagt sie, „unsere Dokumente wurden alle anerkannt.“ Auch die Arbeit läuft reibungslos. Die Zahnärztin hat ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Patienten, die keine Vorbehalte wegen ihrer nicht-deutschen Herkunft haben. Unter ihnen auch viele polnische Patienten, die aber
alle in Deutschland leben. Denn obwohl die Praxis nicht weit von
der polnischen Grenze entfernt liegt, lassen sich die Polen nach
Angaben von Pyra in der Regel in ihrem eigenen Land behandeln. Das sei unterm Strich immer günstiger, erklärt sie.
„Man muss in dem Land auch leben“
Die gebürtige Stuttgarterin Dr. Birgit Braun lebt und arbeitet
seit 1993 in Luxemburg. Sie zog nach der Assistenzzeit in
Deutschland zu ihrem damaligen Mann – einem Luxemburger
– und gründete dort eine Familie und eine eigene Praxis. „Die
Niederlassung war überhaupt kein Problem“, erinnert sich
Braun. „Damals gab es auch noch nicht mal einen Sprachtest,
der heutzutage Pflicht ist.“ Kein Wunder, immerhin ist das kleine Nachbarland sehr international und vielsprachig. „Französisch muss man können, hier ist alles sehr frankophon“, sagt sie.
Die Arbeit mit Menschen aus verschiedenen Ländern und das
Hin-und-Her-Springen zwischen den Sprachen Englisch, Französisch, Luxemburgisch und Deutsch findet Braun besonders
interessant. Und auch als Zahnärztin genießt sie bei der Arbeit
mehr Freiheiten als in Deutschland, weil in Luxemburg mehr
Leistungen privat abgerechnet werden können. Aber der Beruf
alleine reiche nicht aus, um im Ausland glücklich zu werden, ist
Braun überzeugt. „Man muss in dem Land auch leben, in das
man geht. Deshalb sollte man, bevor man auswandert, einige
Zeit in dem Land verbracht haben.“
Für ein komplettes Leben in Luxemburg entscheiden sich
denn auch nicht alle Deutschen, die dort arbeiten. Wie Braun
berichtet, sind 50 Prozent Grenzgänger und kommen nur zum
Arbeiten ins Großherzogtum.
Melanie Fügner
© MH / fotolia.com
Dr. Birgit Braun aus Deutschland, arbeitet in Luxemburg
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politik
FVDZ-Mentoring-Programm
Mit dem Tandem in die Niederlassung
Auf das Speeddating bei der Partnersuche kann beim Mentoring-Treffen dieses Mal getrost verzichtet werden. Die Gespräche zwischen den erfahrenen und jüngeren Teilnehmerinnen des
zweiten Treffens des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) ergeben sich völlig organisch, denn die wichtigen „matching points“, die bei Partnervermittlungen und den schnellen
Kennenlernrunden ja gern für „gemeinsame Interessen“ vergeben werden, sind bei allen eindeutig vorhanden: In der sympathischen belgischen Studentenstadt Leuven geht es bei diesem
Treffen des ZoRA-Netzwerks um die Niederlassung – mit allem, was dazugehört.
sammle erst einmal Informationen und konzentriere mich auf
den Erfahrungsaustausch“, sagt die angestellte Zahnärztin aus
Leopoldshöhe in der Nähe von Bielefeld. „Ich weiß noch nicht,
ob ich mich wirklich niederlassen möchte.“ Um den Entscheidungsprozess in Schwung zu bringen, gab es beim Treffen in
Leuven ein umfassendes Programm rund um die Niederlassung
aus wirtschaft licher und arbeitsrechtlicher Sicht.
Gerade für jüngere Kolleginnen ist das Thema „Niederlassung“ ein ganz großes. Noch immer sind fast zwei Drittel der
niedergelassenen Zahnärzte Männer – und genau umgekehrt
sieht es im Bereich der angestellten Zahnmediziner aus. „Wir
wollen den Frauen hier das Signal geben: Traut euch!“, sagt die
Bundesvorsitzende des FVDZ und ZoRA-Netzwerkgründerin,
Kerstin Blaschke, in Leuven. „Wir wollen den Zahnärztinnen
Mut machen, ihren eigenen Weg zu gehen.“ Denn die Startbedingungen seien zu Anfang des Berufslebens für Männer und
Frauen gleich. Durch das Mentoring-Programm, bei dem sich
jüngere und erfahrene Kolleginnen zusammenfinden, gehe es
Strahlende Laune trifft strahlendes Leuven: In der belgischen Studentenstadt passt alles fürs Mentoring.
Erfahrung trifft Unsicherheit: Beim Mentoring-Treffen kann man
sich einfach mal fallen lassen.
© (5) Schmitt
Die Fragezeichen sind groß zu Beginn der drei intensiven Mentoring-Tage in Leuven. Tatsächlich entschieden, sich freiberuflich niederzulassen, haben sich bisher die wenigsten der Teilnehmerinnen. Den meisten geht es wie Saghi Hesaraki: „Ich
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politik
Kaffee trifft Kommunikation: Selbst die Pausen sind angefüllt mit
fachlichen Gesprächen - selbst ein eingespieltes Mentoring-Tandem
hat noch viel zu besprechen.
Zufall trifft Zahnärztinnen: Vor 30 Jahren haben Cordula Baß (li.)
und Marta Michler-Kozma ein Studentenzimmer in Budapest geteilt
– und sich nun in Leuven wiedergetroffen.
Rosarot trifft Wirklichkeit: Durch die Rosa-Brille sieht in Leuven niemand etwas, es geht um Fakten rund um die Niederlassung.
deshalb hauptsächlich um den Wissenstransfer. „Es ist wichtig,
dass Frauen diese Netzwerke aufbauen“, betont Blaschke.
Sowohl an Information als auch an Wissen und Erfahrung
mangelt es nicht in Leuven. Die Referentinnen Diana Brendel
von fibu-doc-Praxismanagement und Claudia Stender, Rechtsanwältin beim FVDZ, führen die Teilnehmerinnen durch die
komplexe Materie der betriebswirtschaft lichen Grundlagen und
juristischen Fragen zur Praxisgründung oder -übernahme. Besonders interessiert sind die Teilnehmerinnen bei der Frage:
Einzelpraxis oder Gemeinschaftspraxis? Da werden die Vorund Nachteile von allen Seiten abgewogen, denn Hürden gibt es
in diesem Fall ja nicht nur in wirtschaft licher Hinsicht, sondern
auch in juristischer. „In einer Einzelpraxis haben Sie maximale
Chancen, einen hohen Freiheitsgrad und können nach Ihren eigenen Vorstellungen arbeiten“, erläutert Referentin Brendel.
„Aber Sie haben auch die volle Verantwortung und ein hohes
finanzielles Risiko.“ Ihr Tipp: „Erstellen Sie ein Praxiskonzept
– und zwar mit unabhängigen Beratern.“
Danach geht es für die Mentoring-Teilnehmerinnen Schlag
auf Schlag weiter, bis die Köpfe rauchen: Vertragsgestaltung bei
Gemeinschaftspraxen und Übernahme, Mietverträge, Arbeitsverträge, Buchhaltung – die Referentinnen lassen kein Thema
aus. Dass sich ein niedergelassener Zahnarzt in der Praxis später nicht mehr selbst um jedes dieser Details selbst kümmern
muss, ist allen klar; nur, ein wenig Ahnung sollte jeder haben.
„Durch Zahlen“, sagt Diana Brendel, „bekommt man einen
anderen Blick auf die Prozesse.“ Sie spricht von Rentabilität und
Liquidität – böhmische Dörfer für die meisten. Doch am Ende
haben alle mehr Durchblick, und sogar die erfahrenen Zahnärztinnen, die bereits seit vielen Jahren niedergelassen arbeiten,
haben noch etwas dazu gelernt. „Das ist super“, sagt beispielsweise Cordula Baß, Zahnärztin aus Thüringen, „ich kann hier
beides sein, Mentorin und Mentee: Ich kann etwas geben und
nehme auch selbst ganz viel mit.“
Auch für Daniela Benders, angestellte Zahnärztin aus Gangelt, ist das Treffen ein voller Erfolg. Sie ist eine der wenigen,
die bereits konkrete Pläne haben, und will den Sprung in die
Freiberufl ichkeit in einer Gemeinschaftspraxis wagen. „Gerade Betriebswirtschaft ist ja nicht so mein Ding“, sagt sie. „Aber
das war hier sehr ergiebig und hat mir viel Klarheit gebracht.“
Stück für Stück baut sich der Berg der Fragen ab. Und für fachliche Gespräche wird jede Gelegenheit genutzt. Selbst in den
Kaffeepausen bleiben die Kekse liegen. Zwischenmenschlich
passt es einfach, denn niemand hält sich mit Fragen zurück.
Nicht nur im trauten Tête-à-tête zwischen Mentorinnen und
Mentees, sondern im bunten Miteinander, in kleineren und
größeren Grüppchen, zwischen Jüngeren und Älteren, Teilnehmerinnen und Referentinnen – alles ganz zwanglos, aber immer auf den Punkt.
Sabine Schmitt
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politik
Dr. Thomas Wolf, jüngstes Mitglied im FVDZ-Bundesvorstand
Der dynamische Forscher
Ein Tag hat 24 Stunden. Für jeden. Aber es gibt Menschen, bei denen man angesichts ihrer mannigfaltigen Aktivitäten den Eindruck bekommt, ihr Tag hätte mindestens die doppelte Stundenzahl. Dr. Thomas Wolf ist so einer. Im Oktober 2013 wurde der Zahnarzt mit gerade einmal
28 Jahren in den Bundesvorstand (BV) des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) gewählt. Und sein Engagement für den Berufsstand ist nur eines von vielen.
„Ich war schon immer so“, antwortet Wolf kurz und bündig auf
die Frage, wo sein vielseitiger Einsatz herrührt. Bereits zu Schulzeiten war er sehr engagiert: Viele Auftritte in Chören und Orchestern/Bigbands am Klavier und am Bass in seiner Heimat,
dem Saarland – und am Wochenende ging es auf den Fußballplatz. „Ich habe mit 14 Jahren als Schiedsrichter angefangen und
mache das bis heute“, erzählt Wolf. Als Schiedsrichter des 1. FC
Kaiserslautern ist er mit großer Leidenschaft dabei. „Man hat
eine große Verantwortung auf dem Platz, das gefällt mir“, meint
der heute 29-Jährige, der sich auch sonst nicht versteckt, wenn
es darum geht, ohne viel Tamtam Dinge zu bewegen.
Da Wolf schon immer gerne über den Tellerrand geguckt hat,
hörte sein Interesse an der Hochschule natürlich nicht auf.
Während des Zahnmedizinstudiums in Mainz, wo er als wissenschaft liche Hilfskraft im Dekanat arbeitete, hatte er auch
Ämter wie Mitglied im Fachbereichsrat, Ausschuss für die Lehre und Forschungsförderung inne und vertrat die Studentenund Fachschaft. Auch auf den FVDZ wurde er aufmerksam.
„Ich habe in der Klinik den Studentenbeauft ragten Thomas
Walber getroffen, und da bin ich dann einfach mal von mir aus
zum Bezirksgruppentreffen des Verbands gegangen“, erinnert
sich Wolf. Und so begann die berufspolitische Laufbahn früh.
Hypnose ist sein Steckenpferd
Seit einem Dreivierteljahr sitzt der junge Zahnarzt im FVDZBundesvorstand und kümmert sich dort vorrangig um die Themen Internationales sowie Fort- und Weiterbildung. Nach seinem Studium blieb er an der Uni Mainz und ist dort als wissenschaft licher Mitarbeiter angestellt. Forschung ist seiner Überzeugung nach „etwas sehr Spannendes“. Einer von Wolfs
Schwerpunkten: die Schmerzausschaltung mit Hypnose. Neben
der Behandlung mit Hypnose gibt er auch Extravorlesungen
zum Thema und engagiert sich ehrenamtlich im Vorstand der
Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose.
Warum gerade dieser nichtunumstrittene Schwerpunkt? Wolf
argumentiert allürenfrei und ruhig: „Ich möchte, dass sich die
Patienten in der Praxis entspannen und durch eine sanfte Zahnbehandlung zufrieden wieder rausgehen.“ Hypnose sei ein sehr
gutes Mittel, um diesen optimalen Zustand zu erreichen.
Gut vernetzt mit internationalen Experten
Dadurch, dass Wolf häufig auf Kongressen unterwegs ist, hat er
viele Kontakte zu zahnmedizinischen Experten geknüpft. „Ich
bin gut vernetzt und kriege auch mit, wie es in anderen Ländern
aussieht.“ International, so berichtet er, sind Veränderungen mit
Blick auf die Zahnmedizin durchaus in naher Zukunft möglich.
Die Tatsache, dass das Studium in Europa mehr und mehr vereinheitlicht wird, müsse kritisch betrachtet werden. „Es ist wichtig, dass die Qualität des deutschen Studiums erhalten bleibt
und genügend Mittel für Forschung und Lehre zur Verfügung
gestellt werden“, fordert Wolf.
Die Arbeit im FVDZ-Bundesvorstand sieht er mehr als Bereicherung denn als zusätzliche Belastung. Wolf stört auch nicht,
dass er das mit Abstand jüngste BV-Mitglied ist. „Ich fühle mich
immer als vollständiges Mitglied aufgenommen; die Diskussionen sind auf Augenhöhe“, sagt er. Somit sei das Alter irrelevant.
Einfach mal nichts tun bei Latte macchiato
Der neue FVDZ-Bundesvorstand
Seit Oktober 2013 hat der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) neben einer neuen Verbandschefin auch einen neuen Bundesvorstand (BV).
Wir stellen in einer Serie alle BV-Mitglieder vor. In dieser Ausgabe ist
Dr. Thomas Wolf dran.
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Bei solch einem Arbeitspensum bleibt naturgemäß nicht mehr
allzu viel Zeit für Erholungsphasen. Darum eine letzte Frage an
Dr. Thomas Wolf: Können Sie auch einfach mal nichts tun?
„Aber ja“, antwortet er schnell. „Ich gehe sehr gerne mit Freunden in ein Café, trinke einen Latte macchiato und unterhalte
mich.“ Das entspanne, sagt Wolf, guckt auf die Uhr, packt seine
Tasche und muss los – nach Wien, zu einem Hypnose-Workshop.
Melanie Fügner
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