Donau (inkl. Elbe) / Leitha, Raab und Rabnitz / Grundwasser Hydrogeologische Charakterisierung 769775146 GK100192 LEITHAGEBIRGE [LRR] 1 EINLEITUNG Eigentlich stellt der maßgebend Grundwasser führende Corallinaceenkalk (vm. Leithakalk) um den kristallinen Kern des Leithagebirges einen Einzelgrundwasserkörper und keine Grundwasserkörper-Gruppe dar, weil durch Verkarstung grundsätzlich ein zusammenhängender Karstgrundwasserleiter ausgebildet ist! Dieser erstreckt sich entsprechend des besonderen karsthydrologischen Entwässerungsmechanismus über oberirdische Wasserscheiden bzw. Kammlinien hinweg! Durch sedimentologische Heterogenitäten ist dieser oberflächennahe poröse und verkarstete KluftGWL aber lokal unterschiedlich und nicht mit nordalpinen Karstverhältnissen zu vergleichen, wiewohl unterirdische Wasserzirkulationen mit Schwinden und Wasserscheiden übergreifende Entwässerungsverhältnisse ebenso zu beobachten sind. Karstmorphologische Formen (Dolinen, Poljen) fehlen mit Ausnahme von Trockentälern allerdings. Das Leithagebirge im geologischen Sinn hat eine Längserstreckung von 34 km von SW nach NE mit einer maximalen Breite von 9 km. Es ist Bundesländer übergreifend und grenzt im NW an Niederösterreich. Dort bildet den hydrologischen Vorfluter die Leitha, die aber selbst in einer mehrere Kilometer breiten Fußfläche in klastischen neogenen und quartären Ablagerungen nur im Norden die unmittelbare Grenze bildet. Im Osten grenzt das Leithagebirge an den Einzelgrundwasserkörper Parndorfer Platte und weiter im SE an den Neusiedler See, wobei geologisch eine Untergrundfortsetzung der abtauchenden Neogenkarbonate bis in den Seewinkel durch CH-Bohrungen nachgewiesen wurde. Im Süden liegt die Grundwasserkörper-Gruppe Wulkatal (oder besser: Wulkabecken, weil die Neogensedimente darin talübergreifend weit verbreitet sind). Ebenso gehört der schmale Westrand dazu. 2 GEOLOGIE Die Sedimente des Badenium säumen hauptsächlich als sogenannter Corallinaceenkalk (vm. Leithakalk) das Leithagebirge (namengebend). Dieser fossilreiche Kalk stellt die Randfazies des ehemaligen Tethysmeeres dar und zeigt generell eine große lithologische Variationsbreite (ZORN, I. in SCHÖNLAUB, H.P., 2000). Diese Corallinaceenkalkentwicklung, die quasi als ehemaliges Riff um den kristallinen Kern des Leithagebirges ausgebildet ist, transgrediert auf retrograd metamorphen Gesteinen eines variskischen Grundgebirges (in den Hüllschiefern der unterostalpinen Grobgneiseinheit, Gesteinsbestand: grobkörnige Granite und Gneise, durch die nachfolgende alpidische Gebirgsbildung überprägt, teilweise mit phyllitischem Habitus, Chloritsäume um Granat, Biotit weitgehend in Chlorit umgewandelt, Staurolith pseudomorph als Chloritoid bzw. Serizit), während die nachvariskischen Sedimente (Alpiner Verrukano, Semmeringquarzit und Karbonate der Mitteltrias) epizonal metamorph überprägt sind (PAHR, A. in SCHÖNLAUB, H.P. 2000). Die frühen tertiären Ablagerungen des Leithakalks stellen aus aufgearbeitetem Biogendetritus gebildete Kalkarenite der Küstenfazies dar. Da die Feinanteile und damit verbunden die Wirkung der Zementation zur diagenetischen Verfestigung der Sande schwankt, liegen lockere, mürbe und feste Kalkarenite vor. Seite 1 von 7 Donau (inkl. Elbe) / Leitha, Raab und Rabnitz / Grundwasser Hydrogeologische Charakterisierung 769775146 Mergelige Entwicklungen sind im Randbereich als Einschaltungen ausgebildet. Die ältesten karbonatischen Tertiärsedimente stammen aus der Zeit des Badens. Neben einem sehr kleinräumigen und daher in diesem Zusammenhang unbedeutenden Vorkommen der Oberen Lagenidenzone an der Straße Winden Kaisersteinbruch, stammt die Hauptmasse der Kalkarenite aus der großen Transgression der Oberen Sandschalerzone. Innerhalb der in dm bis m-Bereich gebankte Kalksteinsandschichten treten dm-mächtige Mergeleinschaltungen auf. Vor allem im Nahbereich des Kristallins konnte das Auftreten von Quarz, Glimmerschiefer, Muskovit und Quarzit-Komponenten im Kalkarenit beobachtet werden. Die Biosparite weisen ein mittel- bis grobsandiges Komponenten-gestütztes Gefüge auf. Als Zwischenmittel liegen fein bis mittelsandige Bioklaste vor. Die Kalkarenite sind durch grobspätigen Zement verfestigt. Fehlt der feinsandige bis mittelsandige Anteil, dann zeigt auch der Zement nur randliche Bildungen und infolge der 15 - 20 % Zwickelporosität erhält der Kalkarenit einen mürben bis lockersandigen Charakter. Solche Bereiche liegen oft in cm Dimensionen vor und besitzen für Durchlässigkeiten auf Grund des fehlenden kommunizierenden Porensystems nur geringe Bedeutung. Eine Relevanz hinsichtlich der Durchlässigkeit ist allerdings im Zusammenhang mit Klüften und nachfolgend ansetzender Korrosionserweiterung im Sinne einer Verkarstung möglich (KOLLMANN, W. in SCHÖNLAUB, H.P. 2000). Die zweite entscheidende Transgression erfolgte mit der sarmatischen Elphidium reginum-Zone. Die Ausbildung der Kalkarenite variiert von fein- und mittelsandigen zu mittel- und grobsandigen Bänken. Generell handelt es sich um weiße, als Biosparit zu bezeichnende Sedimente, deren Biogenmaterial im wesentlichen dem der vorhergehenden besprochenen Kalkarenite der Oberen Sandschalerzone entspricht. Die Bankung liegt im Meterbereich. Um Mergelzwischenschaltungen tritt dm- bis cm-mächtige Schichtung auf und auch ein Anstieg des Mergelgehaltes der Kalkarenite. Durch sparitische Zementation bleibt nur noch eine Kammerporosität von 15 - 20 %, verursacht durch Schalenlösung und Gehäusehohlräume. Ihre Bedeutung für die Durchlässigkeit ist auf Grund der fehlenden kommunizierenden Porenräume zu vernachlässigen. Durchlässigkeit ist an den seltenen Klüften, bzw. durch fehlendes Zwischenmittel im Bereich der Schichtflächen gegeben. Zwickelporosität ist auf Grund der dichten Packung durch feinsandiges Material und der sparitischen Zementation zu vernachlässigen, jedoch eine entlang von Klüften korrodierende Verkarstung ist vereinzelt zu beobachten. In allen Steinbrüchen konnten offene Zerrungsklüfte beobachtet werden. Mit Ausnahme größerer Störungen enden sie meist bei starker Änderung des lithologischen Charakters, wie z.B. den dm mächtigen Mergeln, an solchen Einschaltungen. Durch Kernbohrungen im Raum Purbach konnten z.T. beträchtliche Korrosionserweiterungen zu Karstschläuchen beobachtet werden, die die Gebirgsdurchlässigkeit in Form von Trennfugendurchlässigkeit zusätzlich zur Porendurchlässigkeit teufenbereichsweise maßgeblich erhöhen (KOLLMANN, W. in SCHÖNLAUB, H.P. 2000). Sedimente des Pannonium in meist tonig-schluffiger, sandiger, selten kiesiger Ausbildung sind um das Leithagebirge meist konkordant, aber auch störungsbedingt tektonisch an das Sarmat angrenzend. Toniges bis sandiges Mittleres bis Oberes Pannon (Zone E bis G) ist bei Neusiedl aufgeschlossen und bildet den nicht absolut stauenden Übergang und die Basis der Parndorfer Platte, welche wie in GK 100021 beschrieben, durch das o.a. Projekt BA 18 hydrogeologisch zu validieren wäre. Seite 2 von 7 Donau (inkl. Elbe) / Leitha, Raab und Rabnitz / Grundwasser Hydrogeologische Charakterisierung 769775146 3 GRUNDWASSERVERHÄLTNISSE Grundsätzlich sind im Leithagebirge zwei verschieden ausgebildete hydrogeologische Einheiten zu unterscheiden: Festgesteine mit Trennfugendurchlässigkeit durch tektonische Zerbrechung, bzw. bei kompakter und massiger oder meist geschieferter Ausbildung mit oberflächennaher Entwässerung in deren Verwitterungsschwarte. Vereinzelt und lokal zeigen karbonatreiche Gesteine durch chemische Lösungsvorgänge der versickernden Niederschlagswässer Korrosionserscheinungen, die zu einer gewissen Porosität - aber auch Verkarstung - Anlass geben (z.B. Kalkschiefer, Marmor, Rauhwacke, Kalkarenite, mürbe Kalksandsteine). Neben den durch Trennfugendurchlässigkeit abschnittsweise in Störungszonen gut wasserleitenden Grobgneisen besitzen die verwitterten Hüllschiefer vor allem geringdurchlässige, stauende Funktionen für die hangend ausgeprägte lehmige Verwitterungsschwarte. Nur die durch Korrosion schwach porösen, aber vor allem geklüfteten und dabei verkarsteten Karbonate besitzen wasserwirtschaftliche Bedeutung. Lockergesteine mit meist geringmächtigen, heterogenen und räumlich begrenzten Porengrundwasserleitern, bzw. weitverbreiteten geringdurchlässigen bis dichten Feinsand-Schluff-TonAbfolgen. Große WVA-Brunnen, teils in HFB-Bauweise, stellen die lokale und regionale- bis überregionale Trinkwasserversorgung sicher. Aus Karstwässern des Leithagebirges fördern die Brunnen in Purbach (2 HFB mit je ca 40 l/s), Winden (Brunnen und Quellen Q: 25 und 50 l/s), Bruckneudorf (10 l/s), Kaisersteinbruch u.a. OrtsWV in NÖ, Neusiedl (7 l/s), Stotzing (12 l/s artesisch), Loretto (7 l/s artesisch), Müllendorf (2 l/s artesisch), Großhöflein (10 l/s) und St. Georgen bei Eisenstadt (Attilaquelle – Brunnen Q = 18 l/s). Diese nutzen das durch hydrogeologische Forschungen (Proj. BA 12 „Aerogeohydrologische Prospektion Leithagebirge“) vermutete Dargebot aber bei weitem noch nicht aus. 4 KOMMENTAR ZUM BISHERIGEN FORSCHUNGSSTAND Sind im o.a. Projekt BA 12 zwar die hydrogeologischen Voraussetzungen geschaffen worden und Aufschlußtiefbohrpunkte festgelegt worden, so sollte bei Fündigkeit eine hydrologischwasserwirtschaftliche Bilanzierung in Hinblick auf die Größe der GW-Neubildung erarbeitet werden. Da in dem Sandwich-artigen Schichtaufbau (basal: Kristallin, darüber Kalk und Überdeckung von Pannon in dessen Einfallen im Vorland des Leithagebirges) auch stagnierende und deshalb alte, unterirdisch eingelagerte, tiefe Karstwässer (z.B. auch unter dem Neusiedler See – deshalb sind diese auch Nitrat frei) mitgefördert werden könnte, ist die Verweilzeit im Speicher zu beachten. MVZ-Datierungen des alten HFB Purbach ergaben eine relativ große mittlere Verweilzeit des Grundwassers von mindestens 30 Jahren (BOROVICZENY, F. et al. 1992), was bei einer Dauerentnahme von 20 – 40 l/s auf eine respektable Größe des Aquiferreservoirs schließen läßt. Grundvoraussetzung der Nutzung dieses wasserwirtschaftlich eminent relevanten Gw-Körpers ist vorerst die Realisierung der vorgeschlagenen Tiefbohrungen (200 m ET) und ein entsprechendes Test- und Monitoringprogramm. Seite 3 von 7 Donau (inkl. Elbe) / Leitha, Raab und Rabnitz / Grundwasser Hydrogeologische Charakterisierung 769775146 5 LITERATUR BOROVICZENY, F. et al. (1992): Wasserhaushaltsstudie für den Neusiedlersee mit Hilfe der Geophysik und Geochemie 1980 – 1990. - Forsch.Ber. 16, Inst. f. Hydraulik, Gewässerkunde & Wasserwirtschaft, TU Wien, 199 S., Wien. KOLLMANN, W. et al. (2002): Konzept zur Beurteilung von Wasserressourcen im Leithagebirge (Burgenland) unter Anwendung integrierter aerogeophysikalischer und terrestrischer hydrogeologischer Methoden. – Unpubl. Endber. d. Geol. B.-A., FA Hydrogeologie, zum Proj. BA12/98-02, 66 S., Wien. SCHÖNLAUB, H.P. et al. (2000): Geologie der Österreichischen Bundesländer Burgenland. Erläuterungen zur Geologischen Karte des Burgenlandes 1:200.000. - Hrsg. Hans P. Schönlaub, 130 S., 96 Abb., 10 Tab., 4 Taf., Geologische Bundesanstalt, Wien. Seite 4 von 7 Donau (inkl. Elbe) / Leitha, Raab und Rabnitz / Grundwasser Hydrogeologische Charakterisierung 769775146 Seite 5 von 7 Donau (inkl. Elbe) / Leitha, Raab und Rabnitz / Grundwasser Hydrogeologische Charakterisierung 769775146 Seite 6 von 7 Donau (inkl. Elbe) / Leitha, Raab und Rabnitz / Grundwasser Hydrogeologische Charakterisierung 769775146 Seite 7 von 7