Factsheet KARL AMMANN/WWF-CANON Bonobo (Pan paniscus) Ordnung Herrentiere Primates Familie Grosse Menschenaffen und Menschen Hominidae Gattung Bonobo, Schimpanse Pan Art Bonobo Pan paniscus Factsheet Bonobo (Pan paniscus) Bonobo Systematik Der Bonobo gehört zur Ordnung der Primaten (Herrentiere), und dort in die Familie der Hominidae (Menschenartige). Die Familie der Hominidae umfasst vier Gattungen mit sieben Arten: Pan (Bonobo, Schimpanse), Gorilla (Westlicher und Östlicher Gorilla), Pongo (Borneo-Orang-Utan und SumatraOrang-Utan) und Homo (Mensch). Bonobos „trennten“ sich vor etwa 1,5 Millionen Jahren von den Schimpansen: Sie haben sich vermutlich aus einer durch geografische Barrieren genetisch isolierten Schimpansen-Population entwickelt. pansen nur bei den Jungtieren ausgeprägt ist. Bonobos sind ausserdem schlanker gebaut, haben längere Beine, kleinere Zähne und eine andere Schädelform. Wegen dieser Unterschiede ist die häufig synonym genutzte Bezeichnung „Zwergschimpansen“ auch irreführend. Die Männchen werden bis zu 83 Zentimeter gross und durchschnittlich 39 Kilogramm schwer. Ausgewachsene Weibchen sind etwas kleiner und leichter. Die Eckzähne der Männchen sind grösser und ihre wichtigste Waffe. Bonobos sind durch ihren Körperbau gut an ein Leben in den Bäumen angepasst. Ihre Arme sind länger als die Beine, die langen Finger bilden eine Kletterhand mit gegenüberstellbaren Daumen. Die Schultergelenke sind höchst beweglich. Zum Umherziehen begeben sie sich jedoch meist auf den Boden, wo sie sich „vierfüssig“ auf den Handknöcheln fortbewegen. Sie können aber auch aufrecht gehen. Bonobos sind die bis heute am wenigsten erforschten Menschenaffen. Deshalb ist ihr Höchstalter in freier Wildbahn noch unbekannt. Sozialverhalten und Fortpflanzung Bonobo (Pan paniscus), David Lawson / WWF-UK Merkmale Bonobos wurden erst 1929 wissenschaftlich beschrieben und gelten, neben den Schimpansen, als die engsten Verwandten des Menschen. Das Fell der Bonobos ist tiefschwarz bis braun gefärbt. Ihre Haut im Gesicht, an den Ohren, Handflächen und Fusssohlen ist nicht behaart. Ihr Gesicht ist, im Unterschied zu den Schimpansen, völlig schwarz gefärbt, mit auffälligen roten Lippen. Weiterhin unterscheiden sie sich von den Schimpansen durch einen weiss gefärbten „Schwanzbüschel“, welcher bei den Schim- Bonobos sind sehr intelligente und soziale Tiere. Ihr Gehirn ist, im Vergleich zur Körpergrösse, sehr gross. Sie benutzen „Werkzeuge“, um beispielsweise Nüsse zu knacken. Sie tun dies jedoch seltener als Schimpansen. Unsere engen Verwandten leben in grossen Gemeinschaften von bis zu 120 Tieren. Innerhalb dieser Gemeinschaft existieren lockere, sich ändernde Kleingruppen von 2 bis 15 Tieren. Den Kern der Gruppe bildet meist ein Weibchen mit ihren männlichen Nachkommen und mehreren anderen, ausgewachsenen Weibchen. Alle Mitglieder einer Kleingruppe unterhalten untereinander soziale Beziehungen. Das Verhältnis zwischen den Kleingruppen ist dagegen eher feindlich geprägt – jedoch in einem geringeren Ausmass als bei den Schimpansen. Bonobos wandern mit der Kleingruppe im gesamten Gemeinschaftsterritorium umher. Dort, wo ausreichend Nahrung zu finden ist, treffen die Kleingruppen oft aufeinander. Dabei kann es manchmal zu heftigen Auseinandersetzungen kommen. Bonobos und Schimpansen zeigen hinsichtlich ihrer sozialen Beziehungen auffällige Unterschiede. Im Gegensatz zu den „Männerbünden“ bei den Schimpansen verbünden sich bei den Bonobos meist die Weibchen miteinander, entwickeln starke soziale Bindungen und dominieren über die Männchen. Beim Fressen haben sie oft den Vortritt und verteilen das Futter. Die sozialen Bindungen innerhalb der Kleingruppen sind stark durch Sexualität geprägt. Sehr häufig kopulieren die Tiere oder reiben ihre Genitalien aneinander. Ihr intensives Sexualverhalten wird von vielen Wissenschaftlern als ein Mittel gedeutet, um Factsheet Bonobo (Pan paniscus) Stress abzubauen und Harmonie im Sozialverband aufrecht zu erhalten. Eine festgelegte Paarungszeit gibt es bei den Bonobos nicht. Bonoboweibchen sind erstmals im Alter von zwölf Jahren geschlechtsreif. Sie gebären, nach einer Tragzeit von etwa sieben bis acht Monaten, meist nur ein Junges. Die Jungtiere entwickeln sich langsam, werden bis zu vier Jahren gesäugt und sind bis zu einem Alter von zehn Jahren auf ihre Mütter angewiesen. Ein Bonoboweibchen kann vier bis fünf Junge in ihrem Leben bekommen. Bonobomännchen bleiben lebenslang in der Grossgruppe, in der sie geboren wurden. Weibchen wechseln jedoch die Gruppen, bevor sie fortpflanzungsfähig sind. Geographische Verbreitung Der Bonobo ist ausschliesslich in den tief liegenden primären Regenwäldern des zentralen Kongo-Beckens, der Cuvette Centrale, in der Demokratischen Republik Kongo heimisch. Sein Lebensraum wird im Westen und Norden durch den Kongo-Strom, im Osten durch den Lomami-Fluss, einen Seitenarm des Kongos, und im Süden durch den Kasai/SankuruFluss, einen weiteren grossen Seitenarm des Kongos, begrenzt. Da der Bonobo nicht schwimmen kann, sind diese mächtigen Urwaldflüsse für ihn natürliche Barrieren. Bonobo (Pan paniscus) David Lawson / WWF-UK Lebensraum Bonobos besiedeln die tropischen Tieflandregenwälder der Demokratischen Republik Kongo in Höhen von bis zu 1‘500 Metern. Sie nutzen in ihrem Lebensraum sowohl die Baumwipfel als auch den Boden für ihre Aktivitäten. Auf Bäumen werden Tag- und Nachtnester aus Zweigen und Blättern errichtet. Nahrung Bonobos fressen hauptsächlich Früchte und Nüsse sowie Blätter, Kräuter, Samen, Blüten, Mark und Rinde. Sie ernähren sich offenbar stärker von Pflanzenmark und -stängeln, als es Schimpansen tun. Gelegentlich fressen Bonobos aber auch tierische Nahrung, darunter Insekten und mitunter kleine Säugetiere. Bonobos jagen jedoch meist alleine und nur, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Schimpansen hingegen jagen gezielt und in Gruppen. Bestandsgrösse und Gefährdungsstatus Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet hat sich wahrscheinlich über weite Teile der 500‘000 Quadratkilometer grossen Cuvette Centrale, einem Gebiet etwa eineinhalbmal so gross wie Deutschland, erstreckt. Es gibt kaum verlässliche Angaben über die Bestandsgrösse von Bonobos. Die langen Bürgerkriegsjahre und die immer noch schwelenden Unruhen haben nur wenige wissenschaftliche Untersu- chungen ermöglicht. Es ist jedoch bekannt, dass die Bestände in ihrem Verbreitungsgebiet sehr verstreut vorkommen und rückläufig sind. Insbesondere in den westlichen und zentralen Bereichen der Cuvette Centrale leben heute nur noch sehr wenige Bonobos. Die Weltnaturschutzunion IUCN schätzt den verbliebenen Gesamtbestand an wildlebenden Bonobos auf mindestens 15‘000 bis 20‘000 Tiere (2012). Die Bonobos werden daher von der IUCN als “stark gefährdet“ auf der Roten Liste geführt. Sie sind im Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES im Anhang I gelistet und somit vom kommerziellen internationalen Handel ausgeschlossen. In der europäischen Artenschutzverordnung (EG Verordnung 338/97) werden Bonobos im Anhang A gelistet. Somit gilt für das Einführen der Tiere und Teilen von ihnen in der Europäischen Union der höchste Schutzstatus. Das heisst, Bonobos dürfen in den Mitgliedstaaten nicht gehandelt werden. Bedrohung Die langen Jahre des Bürgerkriegs und der Unruhen in der Demokratische Republik Kongo und die damit verbundene zunehmende Verarmung der Bevölkerung sind eine Gefahr für die Bonobos. Mittlerweile stellt die Wilderei die grösste Gefahr für Bonobos dar. Sie werden gejagt, um ihr Fleisch zu essen, sie Factsheet Bonobo (Pan paniscus) WWF-Engagement Der WWF ist seit den 1970er Jahren in der Demokratischen Republik Kongo aktiv. Wegen dem Bürgerkrieg musste das direkte Engagement jedoch immer wieder unterbrochen werden. Salonga-Nationalpark Seit 2005 unterstützt der WWF im Rahmen des African Great Apes Programmes wieder ein Projekt im Salonga-Nationalpark. Das rund 34‘000 km2 grosse Schutzgebiet (ungefähr so gross wie die Niederlande) wurde 1970 gegründet und bildet das grösste Regenwaldreservat Afrikas. 1984 wurde es zum Weltnaturerbe der UNESCO erklärt. Zusammen mit seiner lokalen Partnerorganisation, dem Kongolesischen Institut zum Schutz der Natur (ICCN), und anderen Nicht-Regierungs-organisationen unterstützt der WWF dort folgende Massnahmen: · Eine ständige Forschungsstation wurde im Jahr 2005 im Nationalpark aufgebaut. Kongolesische und internationale Wissenschaftler arbeiten dort gemeinsam an der weiteren Erforschung des Bonobos. Dazu zählt auch die Erfassung und Überwachung aller grossen Säugetiere im Park. Nachdem erste Zählungen der Bonobos weniger Tiere als angenommen ergaben, wurden Schutz und Erfassung der Bonobos verstärkt. Die Station wird auch genutzt, um einheimische Mitarbeiter in feldbiologischen Aktivitäten und in Naturschutzarbeit auszubilden. · Anti-Wilderer-Einheiten werden zum Schutz der Bonobos und anderer Wildtiere ausgebildet und mit modernem Material ausgerüstet, um die Tiere dauerhaft schützen zu können. Lac Tumba-Lediima Nature Reserve Der WWF hat die Gründung dieses 7‘500 km2 grossen Naturschutzgebietes unterstützt, nachdem dort eine Bonobo-Population entdeckt worden war, welche die höchste Dichte und Gruppengrösse im gesamten Verbreitungsgebiet besitzt. Initiative gegen die Wilderei Der WWF und TRAFFIC, das gemeinsame Artenschutzprogramm des WWF und der Weltnaturschutzunion IUCN, verstehen die Wilderei und den Artenschmuggel als Probleme, die an mehreren Fronten bekämpft werden müssen, um langfristig im Artenschutz erfolgreich zu sein. Daher werden folgende flankierende Aktivitäten unterstützt: · Identifizieren von Ausmass und Transportwegen des Handels mit Bonobo- und Buschfleisch. · Entwicklung eines landesweiten Trainingsprogramms, damit die Wilderei und der Handel mit bedrohten Arten erkannt und bekämpft werden. Die Zielgruppe dieses Programms sind Personen, die direkt (Forstschutz, Polizei) oder indirekt (Staatsanwälte, Richter) mit der Strafverfolgung zu tun haben. · Der WWF bemüht sich bei den politischen Entscheidungsträgern darum, die Bekämpfung des Problems Buschfleisch zur Staatssache zu machen. WWF Schweiz Hohlstrasse 110 Postfach 8010 Zürich Tel.: +41 (0) 44 297 21 21 Fax: +41 (0) 44 297 21 00 E-Mail: [email protected] www.wwf.ch Spenden: PC 80-470-3 © 1986 Panda Symbol WWF ® «WWF» ist eine vom WWF eingetragene Marke als Haustier zu halten oder ihre Körperteile in der traditionellen Medizin zu verwenden. Auch sind die zahlreichen Fallen, die für Wildtiere aufgestellt werden, eine latente Gefahr für die Affen . Das Fleisch der Tiere dient teils der Selbstversorgung der jagenden Bevölkerung, teils aber auch dem Gelderwerb, indem es an Holzfäller, Plantagenarbeiter und all die Menschen verkauft wird, welche die lokalen Flussläufe als Verkehrs- und Transportwege benutzen. Ebenfalls bedroht die fortschreitende Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes durch kommerzielle Holzfäller und brandrodende Wanderfeldbauern wie auch durch Bergbau das Überleben der Bonobos. Sie reagieren sehr empfindlich auf Störungen durch den Menschen und ziehen sich aus Regionen, in die der Mensch eingedrungen ist, weiträumig zurück. Deshalb kommen die Menschenaffen in vielen Teilen ihres Verbreitungsgebietes nur noch in kleinen, verstreuten und isolierten Populationen vor. Ein GenAustausch ist unter den verbliebenen Gruppen mitunter nicht mehr möglich. Für sehr kleine Populationen sind daher Inzucht und Anfälligkeit für Krankheiten eine ernsthafte Bedrohung für deren Überleben.