1 Wien 2013 Fanciulla del west - Euro

Werbung
Wien 2013 Fanciulla del west
1
05. Oktober 2013
19:00
Giacomo Puccini: "La Fanciulla del West"
Minnie - Nina Stemme
Dick Johnson - Jonas Kaufmann
Jack Rance - Tomasz Konieczny
Jake Wallace - Alessio Arduini
Ashby, Agente - Paolo Rumetz
Sonora - Boaz Daniel
Trin - Michael Roider
Sid - Hans Peter Kammerer
Chor und Orchester der Wiener Staatsoper;
Dirigent: Franz Welser Möst
(Live-Übertragung der Premiere aus der Wiener Staatsoper in Dolby Digital 5.1 Surround
Sound). Präsentation: Michael Blees
http://kurier.at/kultur/buehne/la-fanciulla-del-west-ein-volltreffer-im-wildenwesten/29.865.674
Ein Volltreffer im Wilden Westen
Kritik. Giacomo Puccinis "La fanciulla del West" mit Franz Welser-Möst am Pult.
Eigentlich wäre ja eine Neuproduktion einer Oper von Giuseppe Verdi viel logischer
gewesen, so wenige Tage vor dessen 200. Geburtstag. Noch dazu, da ja einige Werke des
Jahresregenten im Repertoire der Wiener Staatsoper dringend eine Auffrischung notwendig
hätten – wie zum Beispiel „Aida“, die am kommenden Mittwoch gegeben wird.
Das Logische ist aber stets der Feind des Überraschenden und manchmal auch des Guten, des
Erfreulichen. Darob ist es nur zu begrüßen, dass am Samstag eine selten gespielte Oper von
Giacomo Puccini Premiere im Haus am Ring hatte: „La fanciulla del West“. Auch für diese
Wahl gab es ja zahlreiche gute Gründe.
Das einst für die alte New Yorker Metropolitan Opera komponierte Werk war im Oktober
1913, also vor 100 Jahren, zum ersten Mal in Wien zu hören, feiert demnach auch eine Art
Jubiläum. Ein Vierteljahrhundert lang wurde es an der Wiener Staatsoper nicht mehr gespielt
2
– höchste Zeit also für eine Rückkehr in den Spielplan. Die Protagonisten Nina Stemme und
Jonas Kaufmann sind zur Zeit die denkbar besten für die Rollen der Wirtin Minnie
beziehungsweise des Banditen Ramerrez, der unter dem Namen Dick Johnson in ihrer
Schenke auftaucht. Der Dirigent Franz Welser-Möst ist ein fabelhafter Gestalter der genialen
Partitur, die von zahlreichen Musikern ganz besonders geschätzt wird. Und Regisseur Marco
Arturo Marelli hat sich schon mehrfach als Topprofi für die szenische Umsetzung schwieriger
Stoffe erwiesen.
Ideales Musik-Theater
Was unter diesen Voraussetzungen entstand, ist die faszinierendste Neuproduktion seit
langem an der Wiener Staatsoper. Vielleicht die beste, die bisher in der Amtszeit von
Dominique Meyer entstand, sogar besser als die Donizetti-Premiere „Anna Bolena“. Weil die
dirigentischen und stimmlichen Qualitäten sich auf wunderbare Weise mit einer höchst
professionellen Regie verbinden. Ein Musterbeispiel von gelungenem Musik-Theater.
Aber bleiben wir zunächst bei der Komposition, die von den famosen Musikern des
Staatsopernorchesters mit ihrem Generalmusikdirektor am Pult so sensibel wie höchst
dramatisch, so farbenprächtig wie enorm differenziert, so präzise wie äußerst emotional zum
Leuchten gebracht wurde.
Diese Oper beginnt mit einem kurzen Vorspiel und dem wichtigsten Leitmotiv – so wuchtig
und mitreißend, als hätte Puccini eine Fanfare für eine große amerikanische Filmfirma wie
Warner Bros. oder MGM geschrieben. Man wartet nur auf den brüllenden Löwen.
Den gibt es dann in Form einer packenden musikalischen Gestaltung, von den indianischen
Weisen über die reich instrumentierten Massenszenen bis zu den Pizzicato-Passagen am
Kontrabass, die während des entscheidenden Kartenspiels (Minnie und der Sheriff pokern um
das Leben von Dick Johnson) höchste Thriller-, ja Suspense-Atmosphäre schaffen. WelserMösts Liebe zu dieser Partitur wird in jeder Sequenz hörbar.
Auch auf der Bühne vermittelt sich die Spannung, weil Marellis Regie sehr detailreich ist und
die Personenführung zumeist ausgezeichnet. Er erliegt nicht der Versuchung, Wild-WestFilm-Schmonzes zu zeigen, sondern verlagert die Handlung zeitlich vom Höhepunkt des
Goldrausches um 1850 in die Gegenwart. Das ist weder vordergründig, noch in geringstem
Maße störend. Die Geschichte spielt, völlig im Sinn von Puccini, in einem (durch
Stacheldrähte) abgeschlossenen Containerdorf, in dem Dick Johnson für Aufruhr sorgt.
Passend ironisch ist das Finale, bei dem Marelli den Happy-End-Kitsch überhöht, indem er
das Liebespaar Minnie und Dick mit dem Heißluftballon abheben lässt. In den USA gab es ja
immer schon Tendenzen zu finalen Banalisierungen, denen Puccini hier auch entgegenkam.
Allerdings ist an der Inszenierung nicht alles perfekt: Dass der Sheriff seinen Revolver am
Tisch liegen lässt, während er Dick in Minnies Stube sucht, ist unglaubwürdig. Ebenso wie
die Tatsache, dass er vor dem wichtigsten Spiel seines Lebens die Karten kaum mischt.
Pumuckl trifft Waltons
Grauenhaft ist das erste Kostüm, in das Nina Stemme gesteckt wurde: Ein Pumuckl in
Latzhosen, der bestenfalls noch zu den Waltons passen würde, nicht aber zu einer Frau auf der
Bühne, die von allen Männern begehrt wird.
3
Stemme lässt sich davon nicht irritieren, sondern singt die anspruchsvolle Partie brillant,
dramatisch, zutiefst berührend, sicher in den Spitzentönen. Jonas Kaufmann ist ebenso eine
Idealbesetzung: Er gibt den Dick Johnson kraftvoll, mit seinem atemberaubend schönen
baritonalen Timbre, viel Schmelz und Italianità. Diese fehlt Tomasz Konieczny, seinem
Gegenspieler Sheriff Jack Rance: Er ist dann am besten, wenn er forcieren kann. Die
kleineren Partien sind vor allem mit Norbert Ernst (Nick) und Boaz Daniel (Sonora) bestens
besetzt.
Es wäre schön, wenn man diese „Fanciulla“ auch nach dieser Aufführungsserie noch einige
Male zu hören bekäme.
Fazit: Ein Triumph
Ein Tänzchen in Ehren: Kaufmann mit Nina Stemme als Minnie
Foto: APA/HANS KLAUS TECHT
4
Das Werk: Puccinis „La fanciulla del West“ (Libretto: Guelfo Civinini und Carlo Zangarini
nach einem Schauspiel von David Belasco). Uraufführung 1910 an der MET.
Die Besetzung: Nina Stemme (Minnie) und Jonas Kaufmann (Dick Johnson) begeistern,
Tomasz Konieczny (Sheriff Jack Rance) fehlt es an Italianità und Gefährlichkeit.
Der Dirigent: Franz Welser-Möst sorgt am Pult des Staatsopernorchesters für eine
exemplarisch gelungene Interpretation.
Die Regie, die Bühne: Marco Arturo Marelli setzt auf sanfte Aktualisierung.
Goldrausch und Dreiecksdrama
Ein typisches amerikanisches Sujet für die New Yorker MET
Puccini griff für diese Oper auf das Schauspiel „The Girl of the Golden West “ von David
Belasco zurück. Das Libretto schrieben Guelfo Civinini und Carlo Zangarini. Bei der
Uraufführung sangen Enrico Caruso (Dick Johnson) und Emmy Destinn (Minnie). Dirigent:
Arturo Toscanini.
5
Herunterladen