2. Leseprobe

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Kurzgefasste römische Geschichte (bis zu Augustus)  97
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Kurzgefasste römische Geschichte (bis zu Augustus)
(Insbesondere über die römische Frühzeit wird im Folgenden nicht gemäß
den Erkenntnissen der modernen Geschichtswissenschaft berichtet, sondern
gemäß den Ansichten, welche die Römer selbst über diese Epoche hatten, da
man ihre Texte nur dann richtig verstehen kann, wenn man sie im Lichte ihrer
eigenen Überzeugungen betrachtet.)
Nach der Vorstellung der Römer entstammte ihr Volk der Familie des
Aenéas, eines von der Liebesgöttin Venus geborenen trojanischen Helden,
der nach der Zerstörung seiner Heimatstadt und nach jahrelangen Irrfahrten
über das Mittelmeer letztlich nach Latium gelangt war.
Viele Generationen später gebar eine aus seiner Familie stammende Frau,
Rhea Silvia, die Zwillingsbrüder Romulus und Remus, deren Vater der
Kriegsgott Mars war. Die Zwillinge legten im Jahre 753 v. Chr. den Grundstein für die Stadt Rom, gerieten aber kurz darauf miteinander in einen Streit,
in dem Romulus seinen Bruder tötete.
Beginnend mit Romulus regierten sieben Könige die neue Stadt, wobei jeder
von ihnen einen ganz spezifischen Beitrag zur Entwicklung Roms beisteuerte.
Der letzte der Könige, Tarquinius Supérbus, war jedoch so grausam und unmenschlich, dass er im Jahre 510 v. Chr. von den Römern vertrieben wurde.
Seitdem hatte der Titel rex für jeden Römer einen unangenehmen Beigeschmack.
Um eine neue Willkürherrschaft eines einzelnen Menschen unmöglich zu
machen, wurde als neue Staatsform die Republik eingeführt, deren Politik
von Beamten bestimmt wurde. Nach und nach entwickelte sich für diese eine
festgelegte Ämterlaufbahn (cursus honorum), die sie durchlaufen mussten,
bis sie zum obersten Amt, dem Konsulat, gelangen konnten. Alle Beamten
wurden in der Regel jedes Jahr neu gewählt (Annuität); jedes Amt war mit
mindestens zwei gleichberechtigten Kollegen besetzt (Kollegialität), die sich
gegenseitig kontrollierten und notfalls auch behindern konnten (Interzessionsrecht).
In den folgenden Jahrhunderten setzten die Angehörigen der breiten Volksmasse (plebs) in den sog. Ständekämpfen durch, dass das geltende Recht
schriftlich fixiert wurde (Zwölftafelgesetze, 450 v. Chr.), dass sie eigene Beamte, die Volkstribunen, wählen konnten, welche die Politik der übrigen
Beamten und des Senats kontrollierten, und dass ihnen nach und nach Möglichkeiten eingeräumt wurden, selbst am politischen Geschehen mitwirken zu
können (Zugang zum Konsulat, 367 v. Chr.; Volksbeschlüsse haben Gesetzeskraft, 287 v. Chr.).
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Bis 270 v. Chr. erlangten die Römer die Vorherrschaft über Italien. In den drei
Punischen Kriegen (264 bis 146 v. Chr.) besiegte Rom die ebenbürtige Rivalin Karthago vollständig, sodass der Expansion des Römischen Reiches im
Mittelmeerraum nun kein ernstzunehmender Gegner mehr im Wege stand.
Jedoch brachte diese Zeit der Expansion auch gewaltige soziale Probleme
mit sich, die letztlich den Untergang der Republik verursachten: Durch ihren
Dienst in den vielen Kriegen, die von nun an die Grenzen des Reiches immer
mehr hinausschoben, waren viele Römer – vor allem die Bauern – oft jahrelang von zu Hause abwesend. Ihre Äcker verkamen, die Nahrungsversorgung
der Bevölkerung war gefährdet. Reiche Senatoren und Ritter kauften die heruntergekommenen Äcker der Kleinbauern oft zu einem Spottpreis auf und
verwandelten sie in Großgüter (latifundia), die sie von Sklaven bewirtschaften ließen.
Als die Bauern aus dem Krieg zurückkamen, blieb ihnen – da sie kein Land
mehr besaßen – oft nur die Möglichkeit, als Bettler und Tagelöhner (proletarii) in den Städten, v. a. in Rom, ein Auskommen zu suchen. Für Nahrungsmittel und Unterhaltung (panem et circenses) verkauften sie ihre Wählerstimmen an reiche Politiker, die nun – gestützt auf diese gewaltige Klientel – immer öfter die Vorschriften und Gesetze der republikanischen Verfassung
missachteten und ihre Politik nicht vom Wohlergehen des Staates, sondern
von ihrem persönlichen Ehrgeiz abhängig machten.
Die Agrarreformversuche der Brüder Gracchus (133; 123/122 v. Chr.) und
der dagegen mobilisierte brutale Widerstand des Senats läuteten das Jahrhundert der Bürgerkriege ein, in dem immer wieder mächtige Politiker die
Bürger gegeneinander aufhetzten. Je nachdem, ob sich ein Politiker bei der
Durchsetzung seiner Ziele auf die Volksmasse oder den Senat stützte, rechnete
man ihn zur „Partei“ der Popularen („Volksfreunde“) oder der Optimaten
(„die Besten“).
Der nichtadlige Feldherr C. Marius hatte sich durch eine Heeresreform und
durch die Abwendung eines gefürchteten Germaneneinfalls beim Volk viel
Ruhm und Ansehen erworben. Als man 88 v. Chr. zum Zurückschlagen einer
Invasion des Königs Mithridates von Pontus einen fähigen Feldherrn suchte,
setzte der Senat gegen den Willen des Volkes jedoch durch, dass nicht Marius,
sondern der adlige L. Cornelius Sulla den Oberbefehl gegen Mithridates
erhielt. Im folgenden 1. Bürgerkrieg zwischen den Anhängern des Marius
(Popularen) und des Sulla (Optimaten) siegte Sulla und ließ nach diesem Sieg
zahlreiche seiner politischen Gegner ermorden (Proskriptionen). Anschließend machte er während seiner Zeit als Diktator (82 –79 v. Chr.) die Optimaten wieder zur führenden Kraft.
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