Zur Erinnerung - Aktives Museum Spiegelgasse

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Zur Erinnerung
an Sigmund Neumann und Sophie geb. Mayer
Sigmund Neumann wurde als
einziges Kind der Eheleute
Leopold Neumann und Karoline
geb. Gerson am 5. November
1870 in Mannheim geboren.
Er war zunächst Prokurist, später Direktor der Süddeutschen
Diskonto-Gesellschaft AG in
Worms. Am 1. Januar 1932
wurde er in den Ruhestand
versetzt mit einer monatlichen
Rente von 473,19 RM, die ihm
als Jude von November 1941
an nicht mehr gezahlt wurde.
Im Juni 1903 hatte er Sophie
geb. Mayer, Jahrgang 1880, aus
Böchingen / Pfalz geheiratet.
Zwei Töchter wurden geboren,
beide in Worms: Liesel am 18.
August 1905 und Ruth am 23.
September 1913.
Im April 1936 zogen Sophie und
Sigmund Neumann nach Wiesbaden in die Lessingstraße 8.
Sigmund Neumann
© Foto Familienbesitz
Beide Töchter emigrierten in die
USA. Liesel hatte 1927 Hans
Blumenthal geheiratet. Das junge Ehepaar lebte in Krefeld und begab sich
Ende 1939 von Amsterdam aus auf der „Simón Bolívar“ nach Valparaíso/Chile. Das Schiff lief jedoch im Kanal auf eine deutsche Miene und sank. Hans
Blumenthal starb, Liesel konnte als eine der wenigen Passagiere gerettet
werden. Sie wurde nach England gebracht, wo sie die deutschen Bombardierungen überlebte, bis sie im Oktober 1940 in die USA ausreisen konnte. Sie
heiratete später Richard Wolff aus Berlin, einen Sohn des früheren Chefredakteurs des Berliner Tagesspiegels Theodor Wolff.
Ruth emigrierte im Februar 1938 in die USA und heiratete im gleichen Monat
den Juristen Kurt Levi aus Wiesbaden-Biebrich.
Sophie und Sigmund Neumann wurden noch drei Mal zum Umzug gezwungen: Im Februar 1940 in die Richard-Wagner-Straße 30, im November des
gleichen Jahres in die Parkstraße 4 und im August 1941 in die Rheinstraße
103. Von hier aus sind sie am 1. September 1942 nach Theresienstadt deportiert worden. Beide kamen dort zu Tode: Sigmund am 18. November 1942,
Sophie am 25. April 1944.
Noch nach der Deportation hat das Finanzamt Reichsfluchtsteuer in Höhe von
3.441RM eingezogen. Nach dem Krieg, im Jahr 1946, heißt es von gleicher
Stelle: „Das Mobiliar wurde im Wege öffentlicher Versteigerung verwertet.“
Unterschrift Sigmund Neumann, 1940
mit dem Zwangsnamen Israel
© HHStAW Abt. 519/3 Nr. 5619
Unterschrift Sophie Neumann, 1940
mit dem Zwangsnamen Sarah
© HHStAW Abt. Abt. 519/3 Nr. 5619
„Gesetz
über
Mietverhältnisse
m i t J u d e n“
Am 30. April 1939 wurde
das „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“
erlassen. In § 1 heißt es,
dass Juden sich auf Mieterschutz nicht berufen
können, wenn der nichtjüdische Vermieter nachweisen kann, dass „…die
anderweitige Unterbringung des Mieters sichergestellt ist.“ Daher mussten „arische“ Vermieter
auch mit Juden vereinbarte Mietverträge nicht
mehr einhalten, sobald
die Gemeindebehörde
sicherstellte, dass eine
andere Wohnmöglichkeit
vorhanden war.
Diese Regelung zwang
jüdische Bürger von 1939
an zu häufigen Umzügen
in immer beengtere Verhältnisse, bis sie schließlich teilweise mit mehreren Personen in einem
Zimmer leben mussten,
ohne eigene Kochgelegenheit oder eigenes
Bad und Toilette.
Juden durften Untermietverträge nur noch
mit Juden abschließen.
Denn, so hieß es weiter: „Es widerspricht
nationalsozialistischem
Rechtsempfinden, wenn
deutsche Volksgenossen in einem Hause mit
Juden zusammenleben
müssen.“
Das Ehepaar Neumann
wurde vor der Deportation noch drei Mal zum
Umzug gezwungen.
Juli 2014
I.N-G.
Patenschaft für das Erinnerungsblatt:
Mathilde Corinth-Rabe
© Aktives Museum Spiegelgasse
© HHStAW 685 Nr. 621a
Polizeiliche Anmeldung von Sigmund, Sophie und Ruth Neumann
in Wiesbaden vom 6. April 1936 in der Lessingstraße 8
Schreiben der Deutschen
Bank an die Devisenstelle
vom 9.Oktober1939 zur
Freigabe von 2000 RM
Transkription der Antwort auf die
Anfrage:
„FfM d.10.10.39
1- K. an deutsche Bank Wiesbaden
Zurückgewiesen. Ich gebe einen
Betrag von RM 500.- monatlich
in bar zum Lebensunterhalt frei.
Weitere RM 500.- können einmalig durch Vorlage v. Rechnungen
durch sie direkt bezahlt werden.
© HHStAW Abt.519/3 Nr. 5619
2- …. Sofort. I.A.“
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