Factsheet Asiatisches Nashorn (Rhinoceros unicornis, Rhinoceros sondaicus, Dicerorhinus sumatrensis) Indisches Panzernashorn (Rinoceros unicornis), Jeff Foott / WWF Ordnung Unpaarhufer Perissodactyla Familie Nashörner Rhinocerotidae Art Indisches Panzernashorn Rhinoceros unicornis Java-Nashorn Rhinoceros sondaicus Sumatra-Nashorn Dicerorhinus sumatrensis Art Art Factsheet Asiatisches Nashorn (Rhinoceros unicornis, Rhinoceros sondaicus, Dicerorhinus sumatrensis) Asiatisches Nashorn Systematik Das Asiatische Nashorn gehört zur Ordnung der Unpaarhufer (Perissodactyla) in die Familie der Nashörner (Rhinocerotidae). Die Familie der Nashörner umfasst vier Gattungen mit fünf Arten, von denen zwei in Afrika (Breitmaul- und Spitzmaulnashorn) und drei in Asien (Java-, Indisches Panzer-, Sumatra-Nashorn) vorkommen. Das Indische Panzernashorn bildet zusammen mit dem Java-Nashorn die Gattung Rhinoceros. Vom Java-Nashorn werden drei Unterarten in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) geführt, von denen allerdings nur noch eine lebt: Rhinoceros s. sondaicus. Die zwei anderen Unterarten sind ausgestorben. Vom Sumatra-Nashorn werden drei Unterarten in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) geführt. Von diesen leben nur noch zwei: Dicerorhinus s. sumatrensis und Dicerohinus s. harrissoni, die dritte ist ausgestorben. Merkmale Nashörner sind nach ihrem auffälligsten Merkmal benannt: ihre Hörner. Diese haben allerdings keinen knochigen Kern, sondern bestehen aus zusammengewachsenen Keratinfasern (Keratin: Hornsubstanz). Die beiden afrikanischen Arten und das SumatraNashorn tragen im Gegensatz zu den „einhornigen“ Java-Nashörnern und Indisches Panzernashörnern je zwei hintereinander angeordnete Hörner, von denen das vordere meist das grössere ist. Nashörner haben einen ausserordentlich gut ausgeprägten Gehör- und Geruchssinn. Die Ohrmuscheln lassen sich auf jedes Geräusch ausrichten. Das Volumen der Riechzellen in den Nasengängen wiederum ist grösser als das ihres Gehirns. Solch gut ausgeprägten Sinne benötigen sie, da sie mit ihren seitlich am Kopf sitzenden, kleinen Augen nicht sehr weit sehen können. Alle asiatischen Nashörner besitzen im Gegensatz zu den afrikanischen Nashörnern Schneidezähne, die jedoch eher bei Rivalenkämpfen als bei der Nahrungsaufnahme eingesetzt werden. Indische Panzernashörner sind echte Schwergewichte und bringen mehr als 2‘000 Kilogramm auf die Waage. Ausgewachsene Weibchen sind etwas leichter als die Männchen und wiegen bis zu 1‘600 Kilogramm. Mit einer Schulterhöhe bis zu 1,85 Meter sind die Tiere deutlich grösser als ihre beiden asiatischen Verwandten. Sowohl Männchen als auch Weibchen tragen ein einzelnes Nashorn mit einer 2 Länge von etwa 20 Zentimetern. Charakteristisch für das Panzernashorn sind der grosse Kopf, eine ausgeprägte Nackenfalte und die zwei Hautfalten, die im Bereich der Vorder- und Hinterbeine quer über den Körper verlaufen. Das Java-Nashorn erreicht eine Schulterhöhe bis 170 Zentimetern und ein Gewicht von 1‘500 bis 2‘000 Kilogramm. Im Gegensatz zu seinen afrikanischen Vettern und dem Sumatra-Nashorn trägt das Java-Nashorn wie das Indische Panzernashorn nur ein Horn. Beim männlichen Tier beträgt die Länge des Horns durchschnittlich 15 und maximal 25 Zentimeter. Die Weibchen sind dagegen oft hornlos. Das Sumatra-Nashorn ist mit einer Schulterhöhe von 100 bis 150 Zentimetern und einem Gewicht von 600 bis 950 Kilogramm die kleinste aller weltweit fünf Nashornarten. Ausserdem ist es die einzige Art, die ein – wenn auch recht schütteres – Haarkleid trägt. Mit seiner verlängerten, greiffähigen Oberlippe kann das Sumatra-Nashorn gezielt die von ihm begehrte Nahrung pflücken. Im Gegensatz zu seinen beiden asiatischen Verwandten hat das SumatraNashorn zwei Hörner und Eckzähne. Das vordere Horn kann eine Grösse von 25 bis 80 Zentimetern erreichen, hingegen ist das zweite Horn wesentlich kleiner und oft nicht grösser als 10 Zentimeter. Bei Revierkämpfen mit Artgenossen werden die Eckzähne als Waffe benutzt. Indisches Panzernashorn (Rhinoceros unicornis), Michel Gunther / WWF Sozialverhalten und Fortpflanzung Erwachsene männliche asiatische Nashörner verbringen die meiste Zeit ihres Lebens als Einzelgänger. Ausgewachsene Bullen schliessen sich nur zur Paarung einem Weibchen an. Gelegentlich bilden die Tiere auch kleine, nur lose zusammenhängende Gruppen , die sich zum Beispiel zur Nahrungsaufnahme zusammenfinden. Sumatra-Nashörner sind gewöhnlich nachts unterwegs und gehen stundenlang auf Nahrungssuche. Ausserdem suhlen sich Javaund Sumatra-Nashörner gerne zur Abkühlung ausgiebig im Schlamm. Je nach Art werden die Weibchen im Alter von vier bis sechs Jahren geschlechtsreif und bringen erst- Factsheet Asiatisches Nashorn (Rhinoceros unicornis, Rhinoceros sondaicus, Dicerorhinus sumatrensis) mals im Alter von fünf bis acht Jahren – nach einer Tragzeit von 16 Monaten (Panzer- und Java-Nashorn) bzw. sieben bis acht Monaten (Sumatra-Nashorn) ein einzelnes Junges zur Welt. Die Jungtiere bleiben etwa zwei bis vier Jahre bei der Mutter. Der Abstand zwischen den Geburten beträgt drei bis fünf Jahre Das Revier der Nashornbullen kann bis zu 20 Quadratkilometer gross sein (Java-Nashorn) und wird durch eine „persönliche Duftmarke“ abgegrenzt, indem sie ihre Kothaufen breitkratzen und so ihre „Duftspur“ über das Revier verteilen. Die Revierinhaber verteidigen ihren Bereich je nach Art mehr oder weniger vor männlichen Rivalen. Im Ernstfall gehen die Bullen mit aufwärts gerichteten Hörnern aufeinander los und fügen einander klaffende Wunden zu. Asiatische Nashörner können in freier Wildbahn ein Alter von 35 bis 40 Jahren erreichen. Indisches Panzernashorn (Rhinoceros unicornis), Michel Gunther / WWF Geographische Verbreitung Indisches Panzernashorn: Die ursprüngliche Verbreitung des Indischen Panzernashorns erstreckte sich vom Osten des heutigen Pakistan über Nepal, Nordindien und Bangladesch wahrscheinlich bis nach Myanmar und weiter bis Südchina. Heute kommt das Indische Panzernashorn nur noch im südlichen Nepal, dem Terai Arc-Bogen im Grenzgebiet von Indien und Nepal, und in den indischen Bundesstaaten Westbengalen, Assam (fast 75 Prozent) und Uttar Pradesh vor. Java-Nashorn: Marco Polo glaubte, dass er das legendäre Einhorn entdeckt habe, als er das erste Nashorn in den Wäldern von Mien, dem heutigen Myanmar, nahe der Grenze zu Indien, sah. Dass es sich bei diesem Tier vermutlich um ein Java-Nashorn handelte, liegt nahe, denn im ausgehenden 13. Jahrhundert kam diese Art von den Niederungen Bangladeschs über den Nordosten Indiens, Myanmar, Thailand und weite Teile Indochinas bis nach Indonesien vor. Noch bis in die 1930er Jahre gab es das Java-Nashorn auch in Malaysia. 1959 wurde das letzte Java-Nashorn auf Sumatra erlegt, 2010 das letzte in Vietnam. Heute kommt das Java-Nashorn nur noch in einer Population an der Südwestspitze Javas im Ujung Kulon National Park vor, auf dem asiatischen Festland ist es komplett ausgestorben. Sumatra-Nashorn: Einst waren Sumatra-Nashörner von Assam (Nordostindien) über Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam südwärts bis zur Malaiischen Halbinsel und den Grossen Sundainseln Borneo und Sumatra verbreitet. Heute ist ihr Lebensraum auf wenige kleine, isolierte Gebiete beschränkt. Nur noch drei Bestände mit höchstens einigen Dutzend Tieren sind auf Sumatra bekannt, vereinzelte Nashörner gibt es noch auf Borneo in Ostkalimantan. In Sabah (Borneo) wurden sie seit 2007 nicht mehr gesichtet. Lebensraum Das Indische Panzernashorn scheint ein erstaunliches Anpassungsvermögen zu besitzen. Denn ursprünglich waren die Tiere sowohl in sumpfigen Überflutungsgebieten und Hochgrasfluren als auch in Trocken- und Savannenwäldern zu finden. Die Tiere können sich offenbar gut an einen veränderten Lebensraum anpassen, denn heute kommen sie auch auf Weideflächen und anderem Kulturland vor. Indische Panzernashörner halten sich häufig im Wasser auf und können gut schwimmen. Die Heimat der Java- und Sumatra-Nashörner sind die dichten Regenwälder Südostasiens. Nahrung Die Kost der Java- und Sumatra-Nashörner besteht aus Blättern, Zweigen, Früchten und anderen Teilen einer grossen Vielfalt von Pflanzen. Indische Panzernashörner fressen vor allem Gras, das bis zu 90 Prozent der aufgenommen Nahrung ausmachen kann. Ergänzend werden aber auch Blätter, Zweige, Früchte und andere Pflanzenteile von insgesamt 183 verschiedene Nahrungspflanzen verzehrt, dazu gehören auch landwirtschaftliche Nutzpflanzen. Asiatische Nashörner trinken täglich und besuchen regelmäßig Salzlecken, wo sie die Mineralien zu sich nehmen, die sonst in ihrer vegetarischen Kost fehlen würden. Bestandsgrösse und Gefährdungsstatus Indisches Panzernashorn: Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Indien und Nepal vermutlich nur noch höchstens 100 Nashörner. Die Ausweisung von Schutzgebieten und das Verbot der Jagd führten zur langsamen Erholung der Bestände. Gemäss IUCN lebten 2007 insgesamt etwa 2’575 Nashörner wieder in Indien und Nepal. Dank konsequenter Schutzmas3 Factsheet Asiatisches Nashorn (Rhinoceros unicornis, Rhinoceros sondaicus, Dicerorhinus sumatrensis) snahmen wurde die gesamte wild lebende Population Indischer Panzernashörner 2015 bereits auf mindestens 3‘500 Tiere geschätzt, wovon etwa 60 Prozent allein im Kaziranga-Nationalpark in Assam vorkommen. In Assam leben insgesamt mindestens 2‘500 Tiere in vier Populationen. In Westbengalen leben etwa 200 Tiere und sehr wenige in Uttar Pradesh. Noch in den 1960er Jahren gab es weniger als 100 Indische Panzernashörner in Nepal. Durch die verbesserten Schutzmassnahmen und ein entschlossenes Vorgehen gegen Wilderer erholten sich die Bestände wieder auf 610 Tiere gegen Ende der 1990er Jahre. Doch die politischen Unruhen der vergangenen Jahre sorgten auch für einen Rückgang der Nashornbestände – sogar im Royal ChitwanNationalpark. Nationalparkpersonal wurde für die Sicherung von Strassen abgezogen, mit der Konsequenz, dass Wilderer wieder leichtes Spiel hatten. Eine Nashorn-Zählung im Royal ChitwanNationalpark Anfang 2005 ergab, dass die Zahl der dort verbliebenen Tiere von 544 im Jahr 2000 auf 372 gesunken war. Erhöhte Schutzmassnahmen und konsequente Antiwilderei-Arbeit führten in den folgenden Jahren wieder zum Anstieg der Nashornbestände. Insgesamt leben in Nepal nach neuesten Zählungen von 2015 mittlerweile 645 Indische Panzernashörner. In Pakistan wurde 1983 ein Paar Panzernashörner ausgewildert, das aber bjsher keinen Nachwuchs bekam. Das Panzernashorn wird auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als „gefährdet“ gelistet. Java-Nashorn: Das Java-Nashorn gehört heute zu den seltensten Grosssäugern der Welt. 2008 (IUCN) ging man von einer Gesamtpopulation von 40 – 60 Individuen in Indonesien und Vietnam aus. Die Art lebt aber gemäss neuesten Erkenntnissen nur noch im Ujung Kulon-Nationalpark an der Südwestspitze Javas. Dort leben etwa 60 Individuen (IUCNPressemitteilung 2014). Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN wird die Art als vom „Aussterben bedroht“ geführt. Sumatra-Nashorn: Anfang der 1980er Jahre ging man auf Sumatra noch von bis zu 800 Tieren aus. In Malaysia und Indonesien haben sich die Bestände des Sumatra-Nashorns von 1994 bis 2002 von geschätzten 600 auf nur noch 300 Tiere halbiert. In Thailand und auf der Malaiischen Halbinsel sind keine Nashörner mehr gesichtet worden Lebensraumverlust und Wilderei führten zu einem weiteren dramatischen Rückgang der Gesamtpopulation. Gemäss IUCN-Pressemitteilung 2015 leben nur noch höchstens 100 Sumatra-Nashörner in freier Wildbahn auf Sumatra und Borneo. Nur ein paar wenige Individuen leben auf Borneo. Auf Sumatra gibt es drei bekannte Nashorn-Gebiete. Im 4 Gunung-Leuser-Nationalpark im Norden der Insel und im Bukit Barisan Selatan-Nationalpark sowie im Way-Kambas-Nationalpark im Süden Sumatras leben jeweils etwa 30 Tiere. Das Sumatra-Nashorn gehört zu den seltensten Grosssäugern der Welt. Die Weltnaturschutzunion IUCN führt die Art auf der Roten Liste als „vom Aussterben bedroht“. Im Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) werden die drei Arten seit 1977 im Anhang I gelistet und somit vom kommerziellen internationalen Handel ausgeschlossen. Alle asiatischen Staaten mit Nashornpopulationen in freier Wildbahn haben die Jagd auf Nashörner und den Handel mit Nashornprodukten untersagt. In der europäischen Artenschutzverordnung (EG-Verordnung 338/97) werden die drei Arten im Anhang A gelistet, besitzen somit in der Europäischen Union den höchsten Schutzstatus und dürfen nicht gehandelt werden. Bedrohung Wilderei und illegaler Handel Zum Verhängnis werden den Nashörnern nach wie vor ihre Nasenhörner. Der katastrophale Einbruch begann jedoch erst mit der steigenden Nachfrage nach ihrem Horn in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihr Horn wurde zu kunstvollen Griffen für Dolche verarbeitet, welche bis vor kurzem besonders im Jemen als Statussymbol galten. In der traditionellen asiatischen Medizin hochgeschätzt, übertrifft der Wert der Hornsubstanz mittlerweile den des Goldes. Die chinesische Medizin schreibt dem Horn, zu Pulver verarbeitet, vor allem fiebersenkende Wirkung sowie Heilkräfte gegen Epilepsie, Malaria, Vergiftungen und Abszesse zu. Auch wenn die Heilwirkung des Nashorn-Pulvers in der westlichen Medizin häufig angezweifelt wird, ist der Glaube an die Wirkung solcher Naturpräparate in vielen asiatischen Ländern ungebrochen. Und mit steigendem Lebensstandard in den asiatischen Tigerstaaten wächst auch die Nachfrage und steigt daher der Preis, was wiederum den Anreiz für Wilderer erhöht, ihren illegalen Machenschaften nachzugehen. Ende der 1970er Jahre wurde das Horn von asiatischen Nashörnern in Taiwan für 17.000 US-Dollar pro Kilogramm gehandelt. Damit hatte sich der Preis innerhalb von 15 Jahren verdreifacht. Der steigende Bedarf hatte katastrophale Folgen für die Bestände der verschiedenen Nashornarten in Afrika und Asien. Verbesserte nationale Gesetze, Aufklärungskampagnen und scharfe Kontrollen in den damaligen Hauptabnehmerstaaten China, Südkorea und Taiwan trugen teilweise dazu bei, die Nashörner besser zu schützen. Erst Mitte der 1970er Jahre wurden wirksame internationale Schutzgesetze zum Beispiel durch CITES Factsheet Asiatisches Nashorn (Rhinoceros unicornis, Rhinoceros sondaicus, Dicerorhinus sumatrensis) erlassen, die den legalen internationalen Handel mit Nashornprodukten verboten. Verschiedene Massnahmen wie die Vergabe von Lizenzen durch die Regierung an Kunsthandwerker zur Dolchherstellung sowie hohe Strafen für die illegale Nutzung von Horn führte zu einer Abnahme des Handels in den NordJemen, obwohl er auch heute noch nicht völlig unterbunden ist. Seit 2007 tobt allerdings eine besonders schlimme Wildereikrise in Afrika und Indien. Die steigende Nachfrage kommt hauptsächlich aus Vietnam, wo das Horn inzwischen als Statussymbol und Wertanlage angesehen wird, als Wundermittel für Krebs und andere unheilbare Krankheiten vermarktet wird, und ihm entgiftende Eigenschaften nachgesagt werden, vor allem nach exzessivem Alkoholgenuss und schwerem Essen. Hornpulver wird als Luxusgut vermarktet und für diverse wohltuende Anwendungen empfohlen. Dabei besteht das Horn aus dem gleichen Material wie etwa Pferdehufe oder menschliche Fingernägel. Zur illegalen Jagd werden heute Helikopter, Schnellfeuergewehre und hochmoderne Technologien (u.a. Nachtsichtgeräte) eingesetzt. Die Nähe Assams, dem Hauptverbreitungsgebiet des Indischen Panzernashorns in Indien, zu den durchlässigen Grenzen zu Bangladesch und Myanmar begünstigt wahrscheinlich die Waffenbeschaffung und den Schmuggel. Schwarzmarktpreise pro Kilo Horn liegen mittlerweile zwischen 30‘000 bis 60‘000 US-Dollar. Gehandelt wird das illegale Nashornpulver fast überall: über das Internet, öffentliche Märkte, spezialisierte Geschäfte, aber auch unter der Hand, beispielsweise in Krankenhäusern. Weitere Bedrohungen Neben der Bejagung bedroht auch der Lebensraumverlust durch Ausbreitung menschlicher Siedlungen und landwirtschaftlicher Flächen die Nashörner. Ein Problem für die Indischen Panzernashörner ist die extensive Haltung von Nutztieren, die zuweilen sogar in den Nationalparks weiden. Viele dieser Nutztiere sind ein Reservoir für Krankheiten, die über direkten Kontakt mit Wildtieren bzw. über deren Kot übertragen werden. Besonders extrem virulente Krankheiten wie z.B. der Millzbranderreger stellen eine ständige Gefahr für die Nashörner dar. Im Ujung Kulon Nationalpark konkurrieren die JavaNashörner zum Teil mit den lokalen Banteng-Rindern um Nahrung. Ausserdem kämpft der Park gegen invasive Pflanzenarten (Zuckerpalme), welche die Futterpflanzen verdrängen. Die letzte kleine Population Java-Nashörner ist ebenfalls besonders gefährdet durch Krankheiten und Naturkatastrophen aufgrund ihrer verminderten genetischen Vielfalt. Für die Sumatra-Nashörner sind mittlerweile ihre viel zu kleinen Populationen die grösste Bedrohung. Die Tiere haben grosse Schwierigkeiten Partner zu finden, um sich fortzupflanzen. Zudem werden iso- liert lebende Tiere häufig unfruchtbar. Neben den weiteren Gefahren durch Naturkatastrophen und Krankheiten werden Sumatra-Nashörner besonders durch Lebensraumverlust, dabei lokal durch die illegale Umwandlung von Wald in Kaffee- und Reisplantagen, bedroht. WWF-Engagement Seit seiner Gründung setzt sich der WWF für den Schutz der Nashörner ein. Dabei geht es vor allem um die Bekämpfung der Wilderei und den Schutz und die Überwachung der natürlichen Lebensräume der Nashörner. 1998 wurde das Programm „Asian Rhino and Elephant Action Strategy“ (AREAS) ins Leben gerufen, um die Lebensräume der asiatischen Nashörner zu sichern. AREAS verbindet geografisch beschränkte Schutzmassnahmen (u.a. Einsatz von Anti-Wilderer-Patrouillen) mit Handelsüberwachung, sozioökonomischen Analysen und politischer Lobbyarbeit. Ziel des WWF ist es, die asiatischen Nashorn-Populationen zu schützen und dort, wo es möglich ist, wieder einen stärkeren Bestand aufzubauen. Ein Eckpunkt des Programms ist es, Schutzgebiete auszudehnen sowie neue einzurichten und sie miteinander zu verknüpfen. Über bewaldete und gegebenenfalls aufgeforstete Korridore zwischen den Reservaten sollen sich die Wildtiere bewegen können. Sumatra-Nashorn (Dicerorhinus sumatrensis), naturepl.com, Mark Carwadine / WWF Das Aussterben der Sumatra-Nashörner wird heute wahrscheinlich nicht mehr allein durch den Schutz wildlebender Tiere verhindert werden können. Vielmehr ist eine Kombination aus dem Schutz stabiler Populationen in der Wildnis sowie der Möglichkeit zum Austausch mit anderen Populationen und einer Stützung der Bestände durch Nachzucht notwendig. Dabei wird eine besondere Herausforderung sein, dass die Sumatra-Nashörner durch Isolation oft nur noch eine eingeschränkte Fruchtbarkeit haben. Aber durch die moderne Veterinärmedizin und künstliche Befruchtung eröffnen sich hoffentlich neue Chancen, um das Aussterben der Sumatra- 5 Factsheet Asiatisches Nashorn (Rhinoceros unicornis, Rhinoceros sondaicus, Dicerorhinus sumatrensis) Java-Nashorn: Der WWF ist seit den 1960er Jahren in und um den Ujung Kulon-Nationalpark aktiv. Wichtigstes Ziel ist es, die ökonomische Situation der Landbevölkerung um den Nationalpark zu verbessern, z.B. durch alternative Einkommensquellen, ohne die Nashörner und ihren Lebensraum zu gefährden. Denn illegales Baumfällen, die unsachgemässe Sammlung von Medizinpflanzen und das Anlegen illegaler Feuerstellen sind grosse Gefahren für die seltenen Hornträger und ihren Lebensraum, den Wald. Daneben werden die Nashörner mittels Kamera- und Videofallen sowie DNA-Analysen überwacht. Seit 2011 konzentriert der WWF seine Arbeit darauf, Verhaltensmuster, Ernährungsgewohnheiten und das Krankheitsrisikos der Java-Nashörner zu erforschen. Ausserdem setzt sich der WWF dafür ein, eine zweite Nashornpopulation in einem geeigneten neuen Lebensraum zu gründen, wozu einige Nashörner aus dem Ujung Kulon-Nationalpark umgesiedelt werden. Des Weiteren unterstützt TRAFFIC, das gemeinsame Artenschutzprogramm von WWF und IUCN, mit verschiedenen Massnahmen die drohende Ausrottung der Nashörner. Ziel von TRAFFIC ist es, den illegalen Handel mit Rhinozeroshorn zu stoppen. Dazu klärt TRAFFIC die Naturschutz- und Zollbehörden auf und schult Vollzugsbeamte beim Erkennen von Schmuggelrouten und anderen Präventivmassnahmen gegen den illegalen Handel. Ausserdem werden gezielt Teile der Bevölkerung mit Hilfe von Kampagnen zum Kauf von alternativen Heilprodukten motiviert. Die Aktivitäten von TRAFFIC konzentrieren sich auf Vietnam und China, den Ländern mit den grössten Märkten für illegale Nashornprodukte. WWF Schweiz Hohlstrasse 110 Postfach 8010 Zürich Tel.: +41 (0) 44 297 21 21 Fax: +41 (0) 44 297 21 00 E-Mail: [email protected] www.wwf.ch Spenden: PC 80-470-3 6 © 1986 Panda Symbol WWF ® «WWF» ist eine vom WWF eingetragene Marke Nashörner noch zu verhindern. Im Nationalpark Bukit Barisan Selatan im Süden Sumatras unterstützt der WWF Nashorn-Patrouillen, die sich aus einem ausgebildeten Wildhüter und zwei bis drei lokalen Feldassistenten zusammensetzen. Diese Feldeinheiten kontrollieren den Lebensraum der etwa 30 dort verbliebenen Sumatra-Nashörner. Der WWF unterstützt die Bestandsaufnahme der indonesischen Vorkommen. Für die Artrettung ist eine enge Zusammenarbeit zwischen der Regierung Indonesiens, Naturschutzorganisationen, Forschungsinstitutionen und Zoos erforderlich. Daher arbeitet der WWF auch eng zusammen mit Experten vom Institut für Zoound Wildtierforschung (IZW) in Berlin. In Kalimantan wirkt der WWF im Team der «Sumatran Rhino Conservation» mit und hilft bei der Umsiedlung von Nashörnern in ein Schutzgebiet, wo diese sich gefahrenloser fortpflanzen und eine stabile Population gründen können. Indisches Panzernashorn: Der WWF setzt sich in Indien und Nepal für den Schutz des Nashorns ein, wobei er das Schutzgebietsmanagement und die Anti-Wilderei-Bemühungen stärkt, bei der Umsiedlung von Populationen hilft, um neue Populationen zu gründen, und versucht, die Wanderkorridore wiederherzustellen. In Nepal arbeitet der WWF mit lokalen Gemeinden daran, die Lebensbedingungen in Nashorngebieten zu verbessern. Die langjährige Lobbyarbeit des WWF und seiner Partnerorganisationen haben sich bereits gelohnt, denn die Regierung des indischen Bundesstaates Assam beschloss im Sommer 2005, mehr als 200 Nashörner aus dem Kaziranga-Nationalpark in andere Schutzgebiete des Landes umzusiedeln. Dadurch soll sich die NashornPopulation in Indien bis zum Jahr 2020 auf 3‘000 Tiere vermehren. Der WWF begleitet dieses Projekt «Rhino Vision 2020» in einem Konsortium aus Beratern und finanziert einen Teil der Umsiedlungsaktionen.