Verbinde dich mit deinem lokalen Laden!

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Verbinde dich
mit deinem
lokalen Laden!
Marlene Haas hat in Frankfurt die Initiative
»Lust auf besser leben (Labl.)« gestartet.
Sie möchte eine lebendige Verbindung zwischen lokalen Klein- und Kleinst­betriebe
und den ­Bürgerinnen und Bürgern ihrer
Stadt anstoßen. Wolfram Nolte wollte von
der 24-Jährigen wissen, was sich dadurch
im Leben der Frankfurter verbessern kann.
» Marlene, wie bist du auf die Idee gekom-
men, lokale Betriebe in Frankfurt miteinander und mit den Bewohnern der Stadt zu
vernetzen?
Das Thema Nachhaltigkeit begleitet mich
als Verbraucherin seit einigen Jahren. Es
begann mit Überlegungen zur gesunden
Ernährung und zur Qualität von Lebensmitteln und weitete sich dann auf den Versuch
aus, nur noch ethisch vertretbare Mode zu
kaufen.
Aber auch beruflich wollte ich das
Thema anpacken. Bis dato hatte ich zwar
Kunden ökologisch sinnvolle Alternativen
in den verschiedensten Bereichen, z. B. ökologisch arbeitende Druckereien, aufgezeigt
und generell nur Aufträge aus den Bereichen Soziales und Kultur angenommen,
aber ich wollte meine Selbständigkeit weitergehend nutzen – mehr schaffen!
So stieß ich bei Recherchen auf den
Heldenmarkt, eine Verbrauchermesse für
nachhaltigen Konsum, die ich im Oktober
2013 nach Frankfurt holte.
74 Oya 26 —Mai/Juni 2014
Meine Kontakte erweiterten sich, und
es entstand eine engere Beziehung mit den
Frankfurter Betrieben.
Ich merkte dabei, dass ich – obwohl bewusst konsumierende Frankfurterin – viele
Betriebe noch gar nicht kannte. Und ich
staunte, dass sich auch die Unternehmer
zum Teil untereinander nicht kannten. Deshalb konnten tolle Potenziale für Synergien
und Handlungsspielräume gar nicht genutzt werden. Das wollte ich ändern.
So begann schließlich all das, was heute
»Lust auf besser leben« heißt. Die Beachtung vorhandener lokaler Strukturen stand
dabei immer mit im Fokus, da es zu meinen
Hauptzielen gehört, das Leben in den Stadtteilen anzustoßen. Mir fehlte oft noch das
Gesicht hinter den regionalen Produkten,
und das anonyme Powershopping in den
großen Einkaufzentren oder im Internet
missfiel mir schon lange.
Wieviele Betriebe und Verbraucher nutzen
das Netzwerk bereits? Wie hast du sie dafür
gewonnen?
Es gibt heute rund 25 Betriebe von 200 möglichen, die als Mitglieder aktiv das Konzept von »Labl.FRANKFURT« gestalten. Sie
sind in vielen Lebensbereichen aktiv: BioBurger-Restaurant, wasserfreie Toiletten,
Bio-Gärtnerei, Bio-Babymode, Upcycling/
Recycling, Selbstverteidigung und Psychotherapie/Coaching und vieles mehr.
Ein Netzwerk kann nur positiv und effektiv die Gesellschaft mitgestalten, wenn
die Mitglieder hier gut aufgehoben sind.
Ihre Bedürfnisse sind in diesem Fall sehr
unterschiedlich, sie liegen beispielsweise
in den Bereichen Marketing, Kontaktver-
mittlung, Effizienzsteigerung oder Kundenbetreuung. Das heißt, wir schauen: Was
brauchen die Kleinbetriebe, damit es ihnen
in Frankfurt gutgeht, damit sie in der Stadt
wahrgenommen werden und dauerhaft Fuß
fassen können. Wie können wir gemeinsam
eine starke Lobby für regionales Wirtschaften schaffen? Wie lässt sich gemeinsam ein
sozial-ökologischer Richtungswechsel vorleben und unterstützen?
Es fanden schon tolle Veranstaltungen statt. Wir haben mit Mini-Märkten für
nachhaltige Produkte begonnen – unter
dem Motto »Lust auf etwas Besonderes?« –
und schaffen einen Rahmen für Dialogveranstaltungen und Aktionen. Die Betriebe
sind in der Region die Experten für ihre Bereiche, also sollen sie auch so wahrgenommen werden. Das heißt: Jeder erhält die
Plattform, um über sein Thema zu sprechen,
und die Frankfurter können fragen und
lernen die lokalen Akteure kennen. Der BioBurger schmeckt noch besser, wenn man
weiß, dass die Chefin die dahinter stehende
Haltung voll lebt. Es macht es auch einfacher, etwas mehr Geld für eine Tasche in die
Hand zu nehmen, wenn man den Hersteller
kennt und weiß, wieviel Zeit und Geld in
hochwertigen Materialien stecken. Wichtig
ist, die Menschen on- und offline zu erreichen, sonst funktioniert der Bewusstseinswandel nicht. Daher gibt es einen Führer
im Web und als App, in dem alle Betriebe zu
finden sind – je nach Bedarf kategorisiert.
Auch die Veranstaltungen werden dort angezeigt und Betriebe vorgestellt.
Die Leute, die das nutzen, lassen sich
zum Teil den »Lohas« (»Lifestyles of Health
and Sustainability«, auf Deutsch: auf Ge-
sundheit und Nachhaltigkeit
ausgerichtete Konsum-Lebensstile) zuordnen. Es sind
aber in erster Linie einfach
interessierte Frankfurter, die
darauf achten, was sie sich
und ihrer Umwelt, ihrer Stadt
zuführen. Im Internet sind
es eher die Jungen, die die
Idee cool finden à la »Support
Your Local Dealer – Geh’ zu
deinem örtlichen Händler«.
Es geht darum, zu vermitteln,
dass »besser leben« Spaß machen kann, dass bewusster
und weniger Kaufen, Upcyceln und Selbermachen etwas Lustvolles ist.
Wie funktioniert diese Vernetzung, und was sind die
Vorteile für die Betriebe und
die Verbraucher­innen?
Momentan findet die Vernet▲ Sandra Elm upcycelt abgetragene Shirts und macht Notizbucheinbände daraus. »Labl.FRANKFURT«-Gründerin Marlene Haas
zung auf lokalen Veranstalbesucht Sandras Stand auf dem »Marché du Nuit« (Nachtmarkt).
tungen statt, bei Besuchen
in den Betrieben, via Social
Media, wie z. B. Facebook,
die Gemeinschaft etwas Gutes tun. Wir fühund auf gemeinsamen Treffen. Die Betriebe
len uns dann nicht benachteiligt, sondern
erhalten Gehör, ihre Bedürfnisse werden
lernen, gerne zu geben und auf unsere Umwahrgenommen, und der Austausch unterwelt zu achten. Deshalb finden beispielseinander stärkt und motiviert. Viele sind
weise auch Aktionen wie Meditationen oder
Einzelkämpfer und so mit dem Aufbau und
Gespräche über Lebensqualität statt. Wir
der Realität ihres Betriebs beschäftigt, dass
sind nicht nur grün, sondern bunt eingesie sich manchmal alleine fühlen. Das Zusammensein, gemeinsam für eine Idee zu
stellt, um es mal metaphorisch auszudrücken.
stehen –das gibt viel Energie.
Eine weitere Säule des Projekts ist die
Auf der Seite der Bürger sieht es so aus,
Investition in lokale Bildungsprojekte
dass diese endlich bewussten Konsum und
für nachhaltige Entwicklung, damit auch
eine zukunftsfähige Lebensweise mit positiven Begrifflichkeiten besetzen können.
Kinder und Jugendliche zukunftsfähige
Sie finden gute Produkte und können so ihr Handlungskompetenzen erwerben und
Konsumverhalten, bestenfalls im eigenen
dafür sensibilisiert werden. So wurden beiStadtteil, verändern, ohne dass der erhobene spielsweise in Kooperation mit dem BioBurger-Restaurant »Wiesenlust« und der
Zeigefinder die Laune verdirbt.
Bio-Gärtnerei »Bärengarten« von einer KitaGruppe Grüne-Soße-Kräuter gepflanzt.
Geht es nur um ökologischen Konsum?
Nein. Das ist ein Punkt, der für »Lust auf
besser leben« essenziell ist. Wir sind uns ei- Was sind deine weiteren Perspektiven für
nig: Ein Unternehmen, das – unter sozialen
Labl.FRANKFURT?
Gesichtspunkten betrachtet – die GesellZunächst soll das Konzept detailliert ausgearbeitet werden, so dass die Betriebe
schaft ein wenig besser macht, ist genauso
durch das Netzwerk eine starke Lobby und
wichtig für unsere Lebensqualität wie ein
Unterstützung bei den alltäglichen und
Bioladen mit regionalen Produkten.
perspektivischen Engpässen und HerausAuch eine körper- und geistesbewusste
forderungen erhalten. Es soll ein fruchtHaltung gehört für mich zu dem (Un-)Wort
barer Nährboden entstehen, auf dem sich
»Nachhaltigkeit«. Nur wenn wir uns selbst
neue Ideen entwickeln, Projekte und Synmögen und kennen, können wir auch für
privat
privat
gemeinschaft
▲ »KREIS ZU QUADRAT« heißt der Ort in Frankfurt-Bornheim,
an dem Inhaberin Jeanine Martin den Schwerpunkt auf Recycling-, Upcycling- und Ecocycling-Design setzt.
ergien bilden. So sollen auch immer mehr
Aktionen mit Kindern und Jugendlichen
stattfinden.
Ein weiterer wichtiger Pfeiler ist die
Finanzierung. Wir sitzen gerade an einer
revolutionären Idee, die ich aber noch nicht
verraten kann. Denn Selbstausbeutung hat
nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Deshalb
sollen unsere Koordinatoren für ihre Arbeit
bezahlt werden; ich selbst kann ebenfalls
nur begrenzt unbezahlt arbeiten.
Perspektivisch geht es dann darum,
auch anderswo solche lokalen Netzwerke zu
gründen. Dabei sind Akteure anderer Städte
gefragt, die auch in ihrer Heimat »Lust auf
besser leben« haben.
Danke für das Gespräch, Marlene!
•
Marlene Haas (24), ist als selbständige Unternehmerin im Veranstaltungsmanagement und
im Marketing für soziale und kulturelle Aufträge
sowie im Bereich Nachhaltigkeit tätig. Sie macht
Yoga, verreist gerne und genießt das Leben in ihrer Heimatstadt Frankfurt.
Lust auf »Labl.DEINORT«?
[email protected]
www.lustaufbesserleben.de
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