Die Scheffnerschule in der Gartenstadt Ratshof In diesem modernen Industrievorort, dessen dynamische wirtschaftliche Entwicklung für Königsberg immer bedeutungsvoller wurde, galt es einen Schulbau zu erstellen, der nicht nur die Aufgabe hatte den Verstand zu schulen, sondern auch das Auge, damit schon früh der Keim für eine ästhetische Ausbildung gelegt werden kann. Denn aus unseren Volksschulen kommen die zukünftigen Handwerker, deshalb sollen schon in Schulen handwerklich gute, einfache und schöne Arbeiten vorhanden sein. Jeder einzelne Gegenstand, wie Fenster, Türen, Treppen oder Treppengeländer und nicht zuletzt das ganze Gebäude, soll einen erzieherischen Anschauungswert in sich haben. Diese hohen Erwartungen für eine Schule, die auf einem Eckgrundstück erbaut werden sollte, also von allen Seiten gut sichtbar war, wurden durch ein architektonisch hervorragendes Bauwerk erfüllt. Durch die Vereinigung von Schule und Turnhalle und einem abgestuften Gruppenbau nach beiden Seiten, dessen Fronten so voll zur Geltung kamen, wurde auch der eingeleiteten neuen Bauweise der Gartenstadt Ratshof Rechnung getragen. Die Fassaden: über dem Backsteinsockel erhob sich das mit gelblichem Terrasitmörtel verputzte Mauerwerk, auf welches das schön gezeichnete und sehr wirkungsvolle Mansardendach aufgesetzt war. Die beiden herausragenden Giebel waren verbrettert und hoben sich so wirkungsvoll ab. Gruppenweise waren die Fenster in beiden Etagen des Mansardendaches verschiedenartig gestaltet und unterstrichen die einfallsreiche Architektur. Ganz besonders apart das gewölbte Fenster in der oberen Giebelecke und der Erker am Zimmer der Lehrerinnen. Über dem halbrunden Hauptportal zierten zwei Bildhauerarbeiten die Eingangsfront. Oberhalb das Relief von Walter Rosenberg „Die Lebensalter“ und darunter das von Balzer modellierte „Rosenornament“. Die Knaben- und Mädchenschule hatte 16 Klassen, zusätzlich weitere Räume für Zeichen- und Gesangunterricht sowie für Handfertigungsarbeiten. Die Einrichtung der Werkstätten stiftete die Waggonfabrik L. Steinfurt. Sinn der Stiftung war, die Schüler zur handwerklichen Tätigkeit anzuregen und damit den notwendigen Nachwuchs für das Unternehmen zu fördern. Weiter vorhanden war ein Rektor-, Lehrer- und Lehrerinnenzimmer sowie die Wohnung für den Schuldiener. Im Untergeschoß befand sich eine helle, luftige Küche mit sechs Herden, eine Waschküche für Schulzwecke, das Brausebad und die Toiletten. Die Flure waren alle breit, bequem und hell, ohne Schmutz und Staubwinkel. Die Mauern teilweise in Pfeiler ausgelöst, boten interessante Durchblicke. An den Pfeilern befanden sich Flachreliefs, modelliert von dem bekannten Königsberger Bildhauer Walter Rosenberg, in denen die „Ackerwirtschaft“ verkörpert wurde. Bemerkenswert war besonders die elegante Haupttreppe mit den 4 Meter breiten Treppenarmen und das fein gegliederte Treppengeländer. Ausgezeichnet gelungen waren die Klassenräume, die in dem so prächtig wirkenden Mansardedach eingebaut waren. Innen war von der Lage im Dachgeschoß nichts zu merken. Über einen Verbindungsflur im Parterre erreichte man die geräumige, mit allen neuzeitlichen Geräten ausgestattete Turnhalle, die wegen ihrer günstigen Lage gleichzeitig als Aula genutzt werden konnte. Unmittelbar am Schulhof grenzend, entstand gleichzeitig das Rektorwohnhaus in der Galtgarbenstraße. Unter der Oberbauleitung des Magistratsbaurates Papendieck und der örtlichen Bauleitung des sehr begabten Architekten Hans Manteuffel wurde ein Schulneubau errichtet, der allen neuzeitlichen Ansprüchen gerecht wurde. Am 1. April 1909 wurde der erste Spatenstich getan und im Oktober 1910 konnte die Schule, die mit einem Kostenaufwand von 397 000 Mark für Schule, Turnhalle Rektorwohnhaus und Inventar erbaut wurde, seiner Benutzung übergeben werden. Für die Vororte Amalienau, Ratshof und Lawsken wurde noch vor Beginn des ersten Weltkrieges in der Arndtstr. 9 eine Hilfsschule, heute Förderschule genannt, gebaut. Im gleichen Gebäude wurde auch eine Volksbibiliothek eingerichtet und eine Übergangsklasse, die der Scheffnerschule angegliedert war, untergebracht. In der sechsstufigen Hilfsschule erhielten 1927 vierzig Knaben und 26 Mädchen Unterricht. Schon damals mußten die auswärtigen Besucher dieser Schule in Begleitung eines Lehrers mit der Straßenbahn zur Schule befördert werden. Diese Lehranstalt, nach den neuesten pädagogischen Erkenntnissen aufgebaut, erhielt den Namen „Franckeschule“. Für beide Schulen diente bis zum Bau des Jahn-Sportplatzes 1927 der Kaporner Platz als Schulspielplatz. Er befand sich hinter dem Zelluloseblock Nr. 51. August Hermann Francke, ev. Theologe und Pädagoge (1663-1727), gründete 1695 die „Franckeschen Stiftungen“. In Glaucha bei Halle/S. baute er die erste Armenschule, die erste Bürgerschule und das erste Waisenhaus. Bis 1725 entwickelte sich daraus eine große Schulstadt mit eigenen Wirtschaftsbetrieben, Buchdruckerei, Buchladen, Apotheke und Gästehaus. Mit seiner berühmten Schulpyramide wurde Francke weltbekannt. König Wilhelm Friedrich I. ließ nach dem Franckeschen Vorbild in Potsdam Berlin und Königsberg Militärwaisenhäuser bauen. Trotz dieses einmaligen Vorbildes zog man in Ratshof keinen Nutzen daraus. Bereits fünf Jahre nach der Einweihung der Scheffnerschule mußten zwei Knabenklassen in Privaträumen unterrichtet werden und 1916 war man gezwungen, zwei Klassen zur Krausschule abzugeben. Darauf wurde 1917 das große Eckgrundstück Wiebestr. 80 und 80a / Arndtstr. 9a und 9b, das schräg gegenüber der Scheffnerschule stand, käuflich erworben. Die Ladengeschäfte im Parterre und einige Wohnungen im Seitenflügel Wiebestr. blieben erhalten. Die anderen Wohnungen wurden schnellstens zu Unterrichtsräumen umgebaut, auch ein Werkraum wurde geschaffen. Zusätzlich konnte ein geeignetes Gelände für Schülergärten bereitgestellt werden. Auch diese getroffenen Maßnahmen reichten lange nicht aus. Ab Anfang der 20er Jahre mußten ständig zwei und mehr Klassen zur Krausschule ausweichen. Nach einem Verzeichnis der öffentlichen Volksschulen vom 1.5.1927 besuchten 473 Knaben und 389 Mädchen die Scheffnerschule. Durch die rege Bautätigkeit ab 1933, der damit verbundenen ständig steigenden Einwohnerzahl und der schulpflichtigen Kinder, blieb als letzte Notlösung nur noch das Aufstellen von Baracken auf dem Schulhof. Als auch dieses Provisorium ausgeschöpft war, mußte die Klassenzahl der zu unterrichtenden Kinder bis zur Grenze des gerade noch Erträglichen aufgefüllt werden, dessen Folge die Überlastung der Lehrkräfte war. Zum Bau einer neuen Volksschule, die auf Grund der dynamischen Entwicklung der Gartenstadt Ratshof schon lange hätte gebaut werden müssen, kam es nicht mehr. Vorrangig in der damaligen Zeit war der Bau von Kasernen und der Ausbau der Flugplätze im Umkreis von Königsberg, die mit den 12 großen Forts im bereits vorhandenen Befestigungsgürtel schon zu dieser Zeit Königsberg zu einer Festung machte. Die Scheffnerschule im OT Ratshof Die Scheffnerschule in der Gartenstadt Ratshof, Architekt war Magistratsbaurat Papendieck Über der Haupteingang das Relief „Die Lebensalter“, modelliert von dem Bildhauer Walter Rosenberg, geboren am 21.8.1882 in Königsberg Pr., Freitod April 1945 in Königsberg Pr. Benannt wurde die Schule nach Kriegsrat Johann George Scheffner, 1736-1820, er gehörte zum Kreis hervorragender Geister und war Tischgenosse Kants. Bauzeit war vom 11.4.1909 bis 10.10.1910 Das Relief „Die Lebensalter“ über dem Haupteingang Über dem Haupteingang das Relief “Die Lebensalter”, modelliert, wie die Reliefs im Treppenhaus, von dem Bildhauer Walter Rosenberg, geboren am 21.8.1882 in Königsberg Pr., Freitod 1945 in Königsberg /Pr. Unter dem Relief das “Rosenornament”, modelliert von dem Bildhauer Balzer Der Erker gehörte zu dem Zimmer der Lehrerinnen Treppenhaus der Scheffnerschule Treppenhaus mit Verbindungstür zur Turnhalle, am Pfeiler vorne rechts das Relief „Die Ackerwirtschaft“ von Walter Rosenberg Willi Freimann, 1984, Westerrönfeld Nach “Die öffentlichen Volksschulen in Preußen”, Stand vom 1.5.1927., bearbeitet und herausgegeben von der Staatlichen Auskunftsstelle für Schulwesen Teil 2: Verzeichnis aller öffentlichen Volksschulen in Preußen, Königsberg i. Pr., Scheffnerschule, Wiebestraße 81 und Arndtstraße 16-18, Ergänzungsbau Wiebestr. 80 und 80a, Arndtstr. 9a und 9b