1 Geschichte Roms - Von den Anfängen bis zur Königszeit 2 Die Stadt Rom, so glauben es die Römer selbst, wurde von Nachfahren der überlebenden 3 Trojanern gegründet, genauer von den Zwillingsbrüdern Romulus und Remus. Deren Mutter 4 Rhea Silvia stammte, so berichtet der Mythos, von Aeneas ab, der 300 Jahre vor Rhea Sil- 5 vias Geburt nach langer Irrfahrt in Italien, genauer in der Landschaft Latium eine Stadt ge- 6 gründet hatte. Diese Stadt namens Alba longa sollte das neue Troja sein, so hatten es die 7 Götter ihm befohlen. Hier zeugte der Kriegsgott Mars mit Rhea Silvia die Brüder Romulus 8 und Remus, die später auf dem Hügel Palatin am Ufer des Tibers eine neue Stadt gründe- 9 ten: Rom. 10 Die Römer wussten aber nicht nur wer ihre Stadt gegründete hatte, sie wussten auch wann 11 das geschehen war. 750 Jahre nach Romulus, zur Zeit des Kaisers Augusts errechnete ein 12 Gelehrter, Rom sei 440 Jahre nach dem Fall Trojas gegründet worden, nämlich im ersten 13 Jahr der siebten Olympiade. In christlicher Zeitrechnung ist das das Jahr 753 v.Chr. Tatsäch- 14 lich ist das genaue, historische Gründungsdatum Roms nicht überliefert. Vielmehr entwickel- 15 te sich Rom erst allmählich durch das Zusammenwachsen der einzelnen Dörfer, die auf den 16 Hügeln am Tiber lagen. 17 Die ersten Siedler im Gebiet am Unterlauf des Tibers waren latinische Hirten und Bauern. 18 Sie kamen aus dem Norden und ließen sich um 800 v.Chr. hier nieder. So entstand auch 19 auf dem Hügel Palatin, dort wo später die römischen Kaiser ihre Paläste hatten, eine kleine 20 latinische Siedlung. Nicht weit entfernt vom Gebiet der Latiner siedelten die Sabiner. Sie 21 waren aus den Bergen in die Ebene am Tiber vorgedrungen, wo sie bessere Lebensbedin- 22 gungen vorfanden. Die Sabiner besiedelten die nördlichen Nachbarhügel des Palatins, näm- 23 lich den Quirinal und den Viminal. Diese 24 Zeit und verschmolzen nach und nach miteinander und in der sumpfigen Senke zwischen 25 den Hügeln entstand das Forum Romanum. So hat der Mythos vom Raub der Sabinerinnen 26 durchaus einen wahrer Kern. 27 Neben den Latinern und den Sabinern spielte ein weiteres Volk bei der Entstehung Roms 28 eine wichtige Rolle: das geheimnisvolle Volk der Etrusker. Geheimnisvoll ist dieses Volk 29 deshalb, weil bis heute kein Wissenschaftler herausgefunden hat, woher die Etrusker kamen 30 und wann sie sich im Gebiet nördlich von Rom niederließen. Im Vergleich zu den Latinern 31 und Sabinern waren die Etrusker kulturell viel weiter entwickelt. Sie hatten von den Griechen 32 die Schrift übernommen, errichteten Städte mit Kanalisation und Frischwasserversorgung, 33 trieben Bergbau, bauten als erste in Italien Wein an, trieben Seehandel auf klug konstruier- 34 ten Schiffen und waren Meister der Metallverarbeitung. Sowohl ihre Waffen als auch ihre 35 Kunstwerke waren von großer Qualität und Schönheit. Die Etrusker lebten in Stadtstaaten, Dörfer der Latiner und Sabiner wuchsen mit der 36 die von Königen regiert wurden, die sich bisweilen miteinander verbündeten und einander 37 dann wieder bekriegten. 38 Der Überlieferung nach wurde Rom in den ersten 150 Jahren von sieben Königen regiert. 39 Der erste König war Romulus selbst. Er war auch der einzige latinische König, während sei- 40 ne drei Nachfolger Sabiner waren. Die letzten drei Könige sollen Etrusker gewesen sein. 41 Auch in diesem Fall haben wir es mit einer Legende zu tun. Und auch in diesem Fall enthält 42 sie einen wahren Kern. Viele kulturelle und religiöse Einrichtungen haben die Römer nämlich 43 von den Etruskern übernommen, so zum Beispiel die Kunst den Willen der Götter am Vogel- 44 flug oder am Zustand der Leber eines Opfertieres zu erkennen. 45 In den Siedlungen auf den Hügeln nahmen seit den Anfängen Roms einige Familien eine 46 besondere Stellung ein, weil sie die große Viehherden besaßen und ausgedehnte Ackerflä- 47 chen bewirtschafteten. Diese mächtigen Familien bildeten, sofern sie miteinander verwandt 48 waren, große Sippenverbände, sogenannte Gentes. Die Mitglieder einer Gens trugen neben 49 ihrem Vornamen den Gentilnamen. Solange das römische Reich existierte, waren die Mit- 50 glieder der alten Sippen stolz auf ihren Gentil-Namen. Es gab die Gens Valeria (die mit dem 51 sabinischen König Titus Tatius nach Rom gekommen sein soll), die Gens Claudia (die 600 52 Jahre land die römische Politik beeinflusste), die Gens Iunia (die den letzten König vertrieben 53 haben soll) oder die Gens Servilia (die angeblich aus Alba longa nach Rom kam). Einige 54 Gentes führten ihren Ursprung sogar bis auf die Trojaner zurück, so etwa die Gens Julia, zu 55 der auch Gaius Julius Caesar gehörte. 56 Die Oberhäupter der mächtigen Gentes wurden Patres genannt, also Väter. Davon leitet sich 57 der Begriff „Patrizier“ als Name für die Ganze Gruppe der Gentes ab. Neben den Patriziern 58 gab es noch die ungleich größere Gruppe der Plebejer. Die Plebejer hatten viel weniger 59 Grundbesitz als die Patrizier, viele von ihnen waren Handwerker oder Händler. Berufe, die 60 von den Patriziern als schmutzig und würdelos angesehen und von ihnen nicht ausgeübt 61 wurden. Die Patres der großen Sippen wählten - so erzählt es der Mythos - seit dem Tode 62 von Romulus den König von Rom, der zugleich oberster Priester und oberster Heerführer 63 war. Bereits von Romulus soll der Senat als Versammlung der ältesten Patres gegründet 64 worden sein. Der Senat beriet den König in allen wichtigen Fragen und nach der Vertreibung 65 der Königs wurden aus seinen Reihen jährlich zwei Konsuln gewählt, die unter Aufsicht des 66 Senats regierten. 67 Die entscheidende Wende auf dem Weg Roms zum mächtigen Stadtstaat wurde mit der 68 Machtübernahme durch die Etruskerkönige eingeleitet. Dass die Etrusker in Rom zu so gro- 69 ßem Einfluss gelangen konnt, hatte etwas mit der Lage Roms zu tun. Sowohl im Süden als 70 auch noch stärker im Norden siedelten Etrusker. Das Gebiet der 12 mächtigen etruskischen 71 Königsstädte begann bereits jenseits des Tibers. Die Handelsstraße zwischen den etruski- 72 schen Gebieten überquerte in Rom den Tiber. Und so kam es, dass sich immer mehr etrus- 73 kische Händler und Kaufleute in Rom niederließen. Vielleicht wäre Rom ohne den Einfluss 74 der Etrusker ein kleines latinisch-sabinisches Dorf geblieben, aber die Etrusker brachten ihre 75 höherstehende Kultur mit: die Schrift, den Wein, die Religion, ihr Können in der Metallvera- 76 beitung und vieles mehr. Schnell wurden die zugewanderten Etrusker so wichtig, dass sie 77 sogar zu Königen gewählt wurden. Zwar haben uns die römischen Geschichtsschreiber nur 78 drei Namen etruskischer Könige überliefert, tatsächlich wird ihre Zahl jedoch weitaus größer 79 gewesen sein. 80 Bei römischen Geschichtsschreibern können wir noch heute nachlesen, dass die etruski- 81 schen Könige viele wichtige Bauwerke und Einrichtung in Rom geschaffen haben. König 82 Servius Tullius ließ z.B. die erste Stadtmauer Roms bauen und organisierte die römische 83 Armee neu, indem er alle römische Bürger nach ihrem Vermögen in 100 Klassen einteilte. 84 Die reichsten Römer kamen in die oberste Klasse. Sie waren verpflichtet sich im Kriegsfall 85 eine teure Ausrüstung zu kaufen, während die unteren Klassen lediglich Schwert und Leder- 86 panzer kaufen mussten. Auf diese Weise entstand die wichtige Gruppe der Equites, auf die 87 Deutsch „Ritter“. Diese Römer gehörten zwar nicht zu den Patriziern, den mächtigen alten 88 Gentes, aber sie waren reicht genug, um sich für den Kriegsdienst ein Pferd zu kaufen. Die 89 meisten Römer aber waren in die mittleren Heeresklassen eingeteilt: Sie mussten sich mit 90 langen Lanzen ausrüsten. Durch diese Neuorganisation war die römische Armee so schlag- 91 kräftig, dass Rom in Auseinandersetzungen mit Nachbarstädten meist Sieger blieb. Und so 92 begann der lange Aufstieg eines kleinen Kudorfes zur Weltmacht. 93