Vorlesung Rechtsgeschichte 15.11.16

Werbung
Vorlesung Rechtsgeschichte
Dienstag, den 15.11.2016
Adrian Lingens
Griechische Rechtsgeschichte
1. Geschichte und Wirtschaft
Entwicklung bis 800 v. Chr.
•  2000 v. Chr. – erste Griechen wandern in „Griechenland“
ein
•  Stämme schon kephal organisiert
•  Mitte des 2. Jahrtausends v.Chr. Eroberung des
minoischen Kreta
•  1200 v.Chr. verschwinden diese wieder
•  1200 – 800 dunkle Jahrhunderte
•  Zahl der Bevölkerung geht zurück – trotz Einheit
•  ab 8. Jh. – Städte und griechische Schrift entstehen
Quelle: https://www.welt-atlas.de/datenbank/karten/karte-1-604.gif
8. – 4. Jahrhundert
• 
• 
• 
• 
Fürsten beseitigt – Adel übernimmt die Macht
Vielzahl von Stadtstaaten - Polis
auch der Adel verliert an Macht
Abwehr der Perser im 5. Jh. v. Chr.
•  danach wieder „Bürgerkrieg“
•  Erst Alexander der Große eint die Griechen wieder
Wirtschaft:
•  zentralistische Palastwirtschaft
•  Landwirtschaft überwiegt, aber auch Handel, Fabrikation,
Bergbau und Sklaverei
•  Wirtschaftstheorien
Quellen und Probleme
•  Partikularrechte
•  schlechte Überlieferung – nur Athen und
Gortyn (Kreta)
•  für die klassische Zeit, also Perikles bis
Demosthenes
•  Quellen:
•  100 Gerichtsreden
•  alle parteilich geschrieben
•  aus Sicht von Kläger, Beklagtem oder Ankläger,
Angeklagtem
•  selten überliefert, wie die Gerichte entschieden
•  es gab keine Juristen wie in Rom
Athen
•  Halbinsel Attika schloss sich zu einer politischen Einheit
zusammen (siehe nächste Folie)
•  Gemeinschaft verstand sich personalistisch und nicht
territorial
•  durch die Geldwirtschaft (7. Jh.) entstanden soziale
Spannungen – Auflehnung gegen den Adel
•  Die erste Krise löste Drakon (620 v.Chr.)
•  Nur kurzzeitig besser – dann wieder schlechter und Solon
als Schiedsrichter (594 v.Chr.)
•  Reformen Solons führten zum Machtzerfall des Adels
•  Athener organisierten die Truppen, die die Perser bezwangen
•  PERIKLES: radikale Demokratie (nie wieder so radikal)
•  (a.A.: Frauen und Sklaven)
Attika
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Attiki_in_Greece.svg
Gesetze des Drakon und Solon
•  Recht wurde aufgeschrieben
•  Warum?
• 
• 
• 
• 
Rechtssicherheit
Adel zurück drängen – Patrizier hielten Regeln geheim
dadurch Rechtsprechung als willkürlich empfunden
vor allem: Veröffentlichung (wie XII Tafeln)
•  Drakon: Strafe meist die Todesstrafe (etwa Faulheit/
Felddiebstahl)
•  Verfahren bei Totschlag
•  Gesetzgebung des Solon (Aristoteles)
•  Apellation
•  Verkauf von Kindern wurde verboten und Adoption
ermöglicht
Verfassung von Athen
•  480 v.Chr. Seeschlacht bei Salamis – der attische
Seebund entstand
•  Archonten wurden nun per Los bestimmt -nicht mehr aus
dem Adel
•  462 militärische Operation des Adels scheitert – verliert
die Macht
à politische Rechte werden an die
Volksversammlung übertragen
•  Losverfahren und Rotationsprinzip sollen Machtpositionen
verhindern
•  Auszug aus Aristoteles „Politik“ 6. Buch
Das Zeitalter des Demosthenes
• Verfassungsorgane:
• Volksversammlung (ekklesia)
• Rat der Fünfhundert (boulé)
• Archonten
• gesetzgebende Versammlung
(nomothetai)
• Gerichte (dikasteria)
Prozessrecht
•  Athen war eine Stadt von Richtern
•  Strafverfahren 500 Richter
•  Privatstreitigkeiten 200 – 400 Richter
• 
• 
• 
• 
• 
• 
• 
• 
• 
Archonten verteilten die Richter täglich auf die Gerichte
bis 100 Drachmen 200, darüber 400 Richer
anklagen konnte jeder (Aber 1/5 der Stimmen)
feste Zeiten für die Parteien
Beweismittel
Richter berieten sich nicht – direkt abgestimmt
Abstimmungsverfahren
prozessuale Einwände führten zu zusätzlichen Verfahren
Vollstreckung
Strafrecht
• 
• 
• 
• 
sehr milde unter Solon
ab 4. Jh. deutlich strenger
Gotteslästerung und Kuppelei – Todesstrafe
politisches Strafrecht kam dazu:
•  Landesverrat
•  Verfassungsumsturz
•  „Volksbetrug“
•  krimineller Bereich:
•  gefährliche Körperverletzung
•  Kakosis (Fürsorgepflicht)
•  Hybris (Rowdytum)
•  Vergewaltigung und Ehebruch waren Privatrecht
Der Prozess gegen Sokrates
•  399 v. Chr.
•  Vorwurf: „Er würde die Jugend verderben.“
Privatstrafrecht
•  Bereich sehr groß, etwa: Diebstahl,
Sachbeschädigung, Gewaltakte jeder Art
und üble Nachrede
•  Ehebruch – auch öffentl. Strafrecht
•  bei Sachbeschädigung Klagart: dike blabes
Eigentum und Besitz
• 
• 
• 
• 
• 
• 
• 
• 
• 
Begriffe problematisch
starke verwandtschaftliche Bindung an das Landeigentum
Aristoteles: wie geht Eigentum über – Vergleich zum BGB
Erwerb sobald der Kaufpreis bezahlt wurde – Mobilien
sowie Immobilien
Grundstücke: Publizitätsakt und Grunderwerbssteuer
Schutz des Eigentum über deliktische Rechtsbehelfe à
dike blabes
wie sieht es mit § 1004 BGB im griechischen Recht aus?
Verjährung
Sozialbindung des Eigentums
Erbrecht
•  nur ein gesetzliches Erbrecht – kein Testament
•  nur Söhne – wenn es keine Söhne gab?
• 
• 
• 
• 
Tochter als „epikleros“
sonst nächster männlicher Verwandte
Adoption war möglich
letztwillige Verfügung einen männlichen Erben zu adoptieren
Recht der Personen, Ehe und Familie
•  Rechtsfähig – Frau und Mann
•  Geschäftsfähig – nur die Männer (ab 18.
Lebensjahr)
•  Fremde (Metöken) konnten Grundstücke nur bei
Genehmigung der Volksversammlung erwerben
•  Eheschließung
•  oikos = Familie (Haus)
•  Gemeinschaft von Mann und Frau in rechtmäßiger Ehe
•  Aufnahme des neugeborenen Kindes in die Familie
•  Bürgerrechte wenn Vater und Mutter athenische Bürger waren
Sklaven
•  1/3 der Gesamtbevölkerung in Attika
•  Sklaven waren Eigentum – Kauf, Miete und
Verpfändung waren möglich
•  eigenes Vermögen
•  nicht wie in Rom „nur“ Sache – etwa bei
Tötung auch strafrechtliche Verfolgung
•  Züchtigungsrecht
•  Schlechtbehandlung
•  Freilassung
Verträge
•  alle Prozesse über Vertragsstreitigkeiten liefen über Delikt
•  Griechen – im Gegensatz zu den Römern – nie eine
juristische Vorstellung von vertraglichen Verpflichtungen
•  dike blabes – Sachbeschädigung
•  was ist der Schaden?
•  Aristoteles – Nikomachische Ethik (Paulus)
•  Vertrag entstand in allen Rechten aus dem Delikt
•  Kauf (oné)
•  Kauf auf Kredit?
•  Arrha
•  kein gutgläubiger Erwerb
•  Sachmängelhaftung?
Misthosis
•  Vertragstyp – Vereinbarung, die Miete,
Pacht, Werkvertrag und Dienstvertrag
umfasst
•  Misthos – Lohn bzw. Entgelt für eine
zeitliche Überlassung
•  auch hier keine Vertragsklage auf Erfüllung
•  aber eine deliktische Klage auf das Eigentum, etwa bei der
Pacht (auch gegen Dritte, die sich auf dem Grundstück
befinden)
•  warum dann der Vertrag?
1.  Eigentümer kann während der Vertragszeit nicht auf
Herausgabe klagen
2.  Höhe der Vergütung für die Pacht wurde bestimmt
Darlehen, Bürgschaft, Hypothek und Pfand
•  Darlehen: Schuldner hält Geld zurück
•  bis heute: Er gibt mir mein Geld nicht zurück
•  auch hier die dike blabes – Zinsen?
•  Bürgschaft: eigene Klageart (dike engyes)
•  haftet mit einer allgemeinen deliktischen Klage
•  engyan – auch Ehe
•  Pfand: Üblich war das Faustpfand
•  „Verkauf auf Lösung“ bei Grundstücken
•  Publizitätsakt durch Grenzsteine
•  Hypothek entwickelte sich aus Seedarlehen
» Vielen Dank
Herunterladen