Resolution zur Türkei-Situation

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Resolution der Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt Bergen für die Bewahrung
der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in der Türkei
Aus kommunal-politischer Perspektive, stellen der in der Türkei seit dem Putschversuch von Juli 2016
herrschende Ausnahmezustand und die seitdem damit einhergehenden massiven Missstände im
gesamten Landesinnern, auf den ersten Blick ein weitgreifendes Anliegen dar, welches grundsätzlich in
die Kompetenzen der Bundesregierung und darüber hinaus der Internationalen Staatengemeinschaft
fällt. Nichtsdestotrotz verfolgt auch die lokale Politik in Deutschland die jüngsten Entwicklungen in der
Türkei mit größter Besorgnis - allen voran das Celler Land.
Der Landkreis Celle, den das Prädikat einer Tradition mit pluralistischer Gesellschaft kennzeichnet, ist
seit mehreren Dekaden die Heimat Tausender türkisch- und kurdischstämmiger Mitbürgerinnen und
Mitbürger, welche in manchen Kommunen des Landkreises - so auch in der Stadt Bergen - inzwischen
die größte ethnische Minderheit bilden.
Im Lichte dessen wird auch die Tragweite und die Resonanz der Türkei-Geschehnisse ersichtlich,
welche ganz offensichtlich nicht allein ein internationales oder nationales, sondern gewiss auch ein
kommunales Anliegen darstellen, das gar bis vor unsere Haustür, in den Landkreis Celle reicht. Bereits
Ende vergangenen Jahres alarmierte der Rat der Stadt Celle die Bundesregierung und die Europäische
Union mit einem Resolutionspapier, über die Gefahren der vom türkischen Staat infolge des
Putschversuches an den Tag gelegten "Säuberungswelle", deren Durchsetzung jenseits von
Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, mit harter Hand und in allen gesellschaftlichen und politischen
Bereichen seitdem forciert wird.
Vor dem Hintergrund immer eklatanter und härter werdenden politischen Maßnahmen, beobachten
auch wir das Geschehen in der Türkei mit großer Sorge. Die vom türkischen Staat ursprünglich gegen
die Putsch-Verantwortlichen gerichteten Säuberungsaktionen haben inzwischen ein weit größeres
Ausmaß angenommen und längst die gesamte Bevölkerung erreicht. Unter dem Deckmantel eines
nicht enden-wollenden Ausnahmezustandes, droht dem Land eine sukzessive Gleichschaltung
sämtlicher rechtsstaatlicher und gesellschaftlicher Organe, sowie die Auösung der demokratischen
Parteien. Der Status-Quo ist alarmierend: Eine Säuberungswelle folgt der anderen. Die systematische
Schließung von Redaktionen und Festnahmen von Journalisten, die Verhaftung demokratisch
gewählter Parlamentarier und Bürgermeister, die Absetzung von Richtern, Staatsanwälten,
Wissenschaftlern und weiteren tausend Staatsbediensteten und Zivilen, verdeutlichen den von der
Regierung verfolgten Kurs einer Ausschaltung sämtlicher regierungskritischer Faktoren.
Umso bedrohlicher für die globale Weltordnung erscheint heute der von der Türkei verfolgte politische
Kurs, auch und vor allem angesichts des immer deutlicher werdenden Einwirkens des NATO-Partners
Türkei, in die Souveränität dritter Staaten: Während die Ausweitung der Eskalationen über die eigenen
Staatsgrenzen hinaus zu den Nachbarländern im vorderen Orient als Souveränitätsbruch zu mahnen
sein müsste, sorgt diese Koniktverlagerung - und darüber hinaus das Einschreiten ausländischer
Staatsmänner in die Politik der Bundesrepublik Deutschland und Europas - für große Empörung und
Unverständnis in der deutschen Bevölkerung.
Schlussendlich - und nicht zuletzt auch durch die Dezimierung der parlamentarischen Opposition
aufgrund der Festnahme von zwölf der ihr angehörenden Abgeordneten - stimmte das Parlament nun
kürzlich der von der türkischen Regierung vorgelegten Verfassungsreform zu, und legte damit den
Grundstein für den Übergang in ein Präsidialsystem. Per Referendum wird das Volk es schließlich in
einigen Wochen selbst in der Hand haben, die Demokratie im Land aufrechtzuerhalten.
Im Hinblick auf die mit der Verfassungsreform verbundene Gefahr einer Erosion von Rechtsstaat und
Demokratie in der Post-Putsch- bzw. autoritär-präsidial geführten Türkei, appellieren die
Fraktionsvorsitzenden aller Parteien im Rat der Stadt Bergen an die Bundesregierung und das
Europäische Parlament, sich eindringlichst mit allem was in ihrer Macht steht dafür einzusetzen, dass
die uneingeschränkte Bewahrung der demokratischen Werte und Menschenrechte gewährleistet wird für alle in der Türkei lebenden ethnisch-religiösen Minderheiten, Presseschaffenden und
Andersdenkenden - aber auch im Sinne der Solidarität mit den vielen hierzulande lebenden türkischund kurdischstämmigen deutschen Bürgerinnen und Bürger.
Die Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt Bergen
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