Die Römer kommen ! Völkergruppen oder Stämme : darunter versteht man Menschengruppen, welche über eine gemeinsame Sprache und gleichartige Kulturmerkmale und, sofern dies fassbar ist, über gleiche oder sehr ähnliche religiöse Vorstellungen verfügen. Auf keinen Fall soll man sich darunter ethnisch einheitliche oder gar «reine» Völker vorstellen. Das Wort «Volk» leitet sich von Folgen, Nachfolgen ab, was nichts anderes bedeutet, als dass sich eine Gruppe um einen Anführer schart und diesem nachfolgt. Im 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. hatten die Kelten ihre grösste Ausbreitung und gerieten mit ihren Nachbarn – und damit auch mit den Römern – immer wieder in kriegerischen Kontakt. 387 v. Chr. eroberten Gallier sogar die Stadt Rom, für die Römer eine grosse Schmach, die sie nie vergassen. Mit den Römern und den Kelten treffen zwei Kräfte aufeinander, die sich in der Art und Denkweise gründlich unterscheiden. Beide versuchten, durch Krieg ihr Gebiet zu vergrössern. Immer wieder gerieten sie im Lauf der Geschichte heftig aneinander. Ihre grösste Macht hatten die Kelten aber schon überschritten, als die Römer ihr Territorium und damit ihr Einflussgebiet immer weiter auszudehnen begannen. Die einheitlich straff organisierten Römer erwiesen sich als erfolgreicher gegen die in viele, sich oft gegenseitig bekämpfenden Gruppen gespaltenen Kelten. Titelseite: Beliebtes Ziel für einen Ausflug in die Römerzeit: das antike ­Theater in Augusta Raurica ­(Kaiseraugst AG) Im Gebiet der heutigen Schweiz lebten im 1. vorchristlichen Jahrhundert verschiedene Völkergruppen. Die keltischen Helvetier bewohnten weite Teile der West-, Zentral- und Nordschweiz vom Genfersee bis in die Region Zürich. Ebenfalls zu den Kelten werden die in der Region Basel ansässigen Rauriker gerechnet. In der Region Genf sind es die Allobroger, ein Volksstamm, der ebenfalls zur keltischen Gruppe gezählt wird. Städte: A Genava; B Vivicus; C Octodurus; D Aventicum; E Salodurum; F Augusta Raurica; G Vindonissa; H Tenedo; I Ad Fines; J Brigantium; K Curia In der Ost- und Südostschweiz siedelten die Räter, im Tessin die Lepontier, welche bereits Nachbarn der Römer waren. Das Römische Reich dehnte seit dem 3. Jahrhundert vor Chr. sein Gebiet ständig aus. Immer wieder gerieten die Römer dabei mit keltischen Gruppen in Konflikt, die von ihren Geschichtsschreibern als «Galloi» oder Gallier bezeichnet und als unerschrockene Krieger gefürchtet waren. H F J G 2 Pässe: 1 Grosser St.Bernhard; 2 Hauenstein; 3 Brünig; 4 Grimsel; 5 Simplon; 6 Griespass; 7 Splügen; 8 Julier I E Römische Strassen in H ­ elvetien Auch unsere heutigen Verkehrsverbindungen verlaufen entlang der wichtigen römischen Militär- und Handelsstrassen. D K 3 B 4 7 6 A C 5 8 Als im Jahr 58. v. Chr. die Helvetier ihre ursprüngliche Heimat verliessen, um Richtung Südfrankreich auszuwandern, verhinderte Gaius Julius Caesar dies, indem er nicht nur die Helvetier bei Bibracte ( heute Mont Beuvray bei Autun/F ) besiegte und wieder zurückschickte, sondern gleich das ganze keltische Gallien eroberte. Damit reichte das Römische Reich vom Mittelmeer bis an den Rhein und an den Atlantik. Der Sieg der römischen Armee über die Helvetier und ihre Verbündeten, die Rauriker, ermöglichte es den Römern, erste militärische Kolonien auf dem Gebiet der heutigen Schweiz zu errichten : Nyon am Genfersee 47 v. Chr., Basel 43 v. Chr. und Avench­es, welches später zur eigentlichen ­helvetischen Hauptstadt ausgebaut wurde. In diese Zeit fällt auch die Gründung von Augusta Raurica ( Kaiseraugst ) als zweite römische Kolonie auf dem Gebiet der heutigen Schweiz. Kaiser Augustus, der im Jahre 27 v. Chr. Caesars Nachfolger wurde, setzte in den eroberten Gebieten überall eine straffe Verwaltung durch. Da die Germanen, die jenseits des Rheins wohnten, immer wieder ins römische Gallien eindrangen, waren besondere Massnahmen nötig, um die Grenzen zu sichern. 15 v. Chr. sandte der Kaiser darum seine Stiefsöhne Drusus und Tiberius auf den sogenannten Alpenfeldzug, in dessen Folge das gesamte Gebiet der Schweiz unter römische Herrschaft fiel. Sie schlugen auch die Räter vernichtend und gründeten die Provinz Rätia. Die römische Verwaltung organisierte und kontrollierte das Steuerwesen, die Gerichtsbarkeit, entschied über die Todesstrafe, führte eine Art Polizeidienst ein, unterhielt öffentliche Gebäude usw. Unter Provinz versteht man ein durch die Römer verwaltetes Gebiet aus­ serhalb Italiens, das Teil des römischen Reiches ist. Die Insel Sizilien war erste römische Provinz ausserhalb des italienischen Festlandes. 1 2 thema 1 | 2009 thema 1 | 2009 3